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Katrin Hansens kleine Tochter Ella kämpft tapfer gegen ihre schwere Asthmaerkrankung. Regelmäßig ist sie zur Behandlung in der Berling-Klinik. Auch diesmal begleitet Katrin ihre Tochter zur Therapie. Nur kurz verlässt sie das Behandlungszimmer, weil sie das Auto umparken muss. In diesen wenigen Minuten geschieht das Unfassbare: Als sie in die Klinik zurückkehrt, herrscht Chaos. Menschen flüchten aus dem Gebäude, Schreie durchdringen die Luft. Verwirrt fragt Katrin, was passiert ist, und die Antwort schockiert sie: Es soll einen bewaffneten Überfall auf die Klinik gegeben haben. Angeblich werden Geiseln festgehalten. Im ersten Stock. Dort, wo Ella ist ...
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Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Ella, dein Held ist da
Vorschau
Impressum
Ella, dein Held ist da
Als es auf der Kinderstation zu einem SEK-Einsatz kam
Von Marlene Menzel
Katrin Hansens kleine Tochter Ella kämpft tapfer gegen ihre schwere Asthmaerkrankung. Regelmäßig ist sie zur Behandlung in der Berling-Klinik. Auch diesmal begleitet Katrin ihre Tochter zur Therapie. Nur kurz verlässt sie das Behandlungszimmer, weil sie das Auto umparken muss.
In diesen wenigen Minuten geschieht das Unfassbare: Als sie in die Klinik zurückkehrt, herrscht Chaos. Menschen flüchten aus dem Gebäude, Schreie durchdringen die Luft. Verwirrt fragt Katrin, was passiert ist, und die Antwort schockiert sie: Es soll einen bewaffneten Überfall auf die Klinik gegeben haben. Angeblich werden Geiseln festgehalten. Im ersten Stock. Dort, wo Ella ist ...
Katrin Hansen stand eine Weile vor dem Geschäft und sah sich das Schaufenster an. Sie fragte sich, ob ihre Tochter Ella inzwischen zu alt für den Teddybären war, der dort ausgestellt wurde. Ein großer brauner Bär mit kuscheligem Fell, schwarzen Knopfaugen und ausgebreiteten Armen, als wollte er sie jeden Moment umschließen.
»Nehmen Sie ihn«, sagte eine sanfte Stimme in ihrem Rücken.
Katrin fuhr herum. Ihre schulterlangen Haare wehten im Wind. Sie hatte nicht bemerkt, dass sich ein Mann hinter sie gestellt und ihr eine Weile zugesehen hatte. Doch statt ihn gruselig zu finden, musste sie sogar lächeln.
Der Fremde war groß und hatte breite Schultern. Sie mochte die Art, wie er sich durch das wuschelige braune Haar fuhr. Ein wenig wirkte es, als wäre er heute Morgen genau so aus dem Bett gestiegen. Dazu passte auch der Dreitagebart – vielleicht waren es auch sieben Tage. Dennoch war er nicht verlottert oder schmutzig, sondern duftete, ganz im Gegenteil, nach einem angenehmen Duschgel, das ihre Sinne betörte. Männlich, aber nicht zu herb. Paul hatte so ein Duschgel auch benutzt ...
Seine schokobraunen Augen waren noch immer auf Katrin gerichtet, die mit offenem Mund dastand und den schönen Naturburschen ganz genau scannte.
Sie riss sich endlich zusammen und kehrte ins Hier und Jetzt zurück.
»Sie haben mich erschreckt.« Das Lächeln lag noch immer auf ihren Lippen.
»Nehmen Sie ihn«, wiederholte er und zeigte auf das Kuscheltier hinter der Scheibe. »Sie starren den Teddy schon die ganze Zeit an. Entschuldigung, dass ich Sie dabei beobachtet habe. Das ist sonst nicht meine Art, aber ich saß im Café dort drüben und schaue mir meine Mitmenschen allgemein ganz gern an.«
Katrins Blick folgte seinem Fingerzeig zu ein paar roten Schirmen mitten auf dem kleinen Platz am Englischen Garten. Dort konnte man Eis und Kuchen essen, seinen Kaffee trinken und den Sommer genießen.
»Ist das so ein Hobby von Ihnen?«, fragte sie mit hochgezogener Braue und verschränkte die Arme.
Bei jeder Bewegung fühlte sie sich von seinen dunklen Augen verfolgt, aber das Gefühl, das sich in ihrem Inneren ausbreitete, war angenehm und nicht unheimlich. Sogar eine leichte Gänsehaut überspannte ihre Arme und Beine, die angenehm kribbelte. Das letzte Mal, dass Katrin solch eine erste Reaktion bei einem Mann gezeigt hatte, war vor neun Jahren gewesen.
Er schmunzelte charmant und sah dabei noch attraktiver aus als ohnehin schon. »Nennen wir es eine Berufskrankheit.«
»Sind Sie Psychotherapeut oder ein Serienkiller?« Es sollte ein Scherz sein, aber Katrins Stimme wackelte so sehr, dass sie sich lächerlich anhörte. Sie entschied, besser keine Witze mehr zu machen, solange er in der Nähe war.
Zu ihrer Überraschung wurde sein Grinsen noch breiter. »Tatsächlich eine Mischung aus beidem, würde ich meinen. Ich bin übrigens Hendrik.« Er streckte ihr seine Hand hin, die Katrin zögernd ergriff.
Sie lernte Männer normalerweise nicht auf der Straße kennen. »Katrin, freut mich.« Und wie angenehm diese Begegnung war!
Seine Haut auf ihrer sorgte für den nächsten wohligen Schauer bis in ihre Haarspitzen. Hendriks Haut strahlte Wärme aus, und er hatte leichte Schwielen an den Fingern, als würde er in der Industrie oder Landwirtschaft arbeiten. Auf jeden Fall in einem Beruf, in dem man hart anpacken musste.
Lass dich bloß nicht auf ihn ein! Nachher ist er wirklich ein sexy Serienkiller wie in diesen True-Crime-Serien, die du abends verschlingst, wenn Ella im Bett ist, warnte sie sich selbst.
»Wie haben Sie sich nun entschieden, Katrin?«, riss Hendrik sie wieder aus ihren Träumereien.
Sie konnte nicht anders, als seinem kantigen Kinn dabei zuzusehen, wie es sich bewegte, während er sprach. Ihr Hals war auf einmal komplett ausgetrocknet. Katrin hatte das Leben auf Slow Motion gestellt, seit er ihr gegenüberstand und ihren Körper in Wallung und ihren Kopf ins Grübeln brachte.
»Entschieden?« Katrin wusste schon gar nicht mehr, worum es ging, so durcheinander brachte er sie. Sie sprach fast wie in Trance. Hendrik musste glauben, dass sie verrückt war.
Was ist auf einmal los mit dir? Reiß dich zusammen, oder hast du noch nie mit einem Mann gesprochen, der dir auf Anhieb gefiel?
Jetzt, wo sie so darüber nachdachte ... nein. Katrin hatte immer nur Augen für Paul gehabt, seit der ihr Herz erobert hatte. Und danach war ihre kleine Familie das Wichtigste gewesen. Bis zum schlimmsten Tag ihres Lebens hätte sie nicht im Entferntesten daran gedacht, sich für andere Männer zu interessieren.
Doch nun lag der Fall anders. Paul war nicht mehr da und würde auch niemals zurückkommen.
»Sie wollten doch den Teddy kaufen. Ob für sich oder jemand anderen, ist doch egal. Geben Sie sich einen Ruck, und lassen Sie sich nicht von anderen Meinungen davon abhalten. Ich habe zu Hause einen Stoffhasen, der mir am Herzen liegt.«
»Sie haben Stofftiere?«, fragte sie erstaunt.
Sein charmantes Lächeln traf sie unvermittelt. »Ich bin zwar erwachsen, aber ein Herz habe ich auch. Ich sage immer, dass es eine bessere Welt wäre, wenn wir alle ein bisschen Kind bleiben würden.«
Fasziniert sah sie ihm in die Augen und lächelte. »Das ist wirklich wahr.«
Katrin atmete tief ein und riss sich von Hendrik los, um klar zu denken. Ihr Gehirn brauchte etwas Sauerstoff. In der Schaufensterscheibe sah sie sein nicht minder attraktives Spiegelbild. Ihre Augen ruhten nun wieder auf dem Bären, der die Arme nach wie vor für sie ausbreitete und Katrin zuzurufen schien: Nimm mich mit!
Sie lächelte warm und stellte sich Ella damit vor. »Er ist für meine siebenjährige Tochter. Sie liegt gerade in der Berling-Klinik hier am Englischen Garten.«
»Dann ist ein Teddy doch genau das richtige Geschenk, um sie aufzuheitern. Und sieben ist bestimmt nicht zu alt dafür. Wie gesagt, selbst ich habe heute noch meinen alten Stoffhasen aus der Kindheit auf dem Regal sitzen. Ein wenig fühlt es sich an, als würde er nachts auf mich aufpassen, wie er es immer getan hat. Auch Erwachsene brauchen ein Gefühl von Sicherheit.«
Wow, er spricht mir aus der Seele, dachte Katrin beeindruckt und war erfreut, dass er sie nicht über Ella ausfragte.
Seit das Bett neben ihr leer war, wachte Katrin manchmal noch heute schweißgebadet auf, suchte nach ihrem Mann und fühlte eine grausame Leere in sich, wenn die Erinnerungen über sie hineinbrachen.
»Haben Sie Kinder, Hendrik?« Die Frage war ihr ganz von selbst über die Lippen gerutscht.
Genauso schnell und ehrlich antwortete er: »Nein, aber ich wollte immer welche. Ich liebe Kinder und habe drei Neffen.«
Es war, als würden sie sich seit Ewigkeiten kennen, auch wenn Katrin vorsichtig blieb.
Sie wusste nicht, woher auf einmal ihr Mut kam, solche privaten Dinge zu bereden. Sie stand hier mit einem völlig Fremden, der sie vor dem Schaufenster eines Spielzeuggeschäftes angesprochen hatte. Skurriler hätte die Situation kaum sein können.
»Was hat Sie gehindert?«, fragte sie heiser und räusperte sich.
»Ich habe nie die richtige Frau getroffen.« Sein durchdringender Blick über die Fensterspiegelung fesselte sie.
Sie fasste einen Entschluss. »Wenn Ella ihn nicht will, nehme ich ihn.« Entschlossen drehte sie sich Hendrik zu und suchte seine Augen. »Danke.«
»Ich habe nichts getan. Die Entscheidung für den Teddy haben Sie ganz allein getroffen.«
»Aber Sie haben mich bestärkt. Wie ich mich kenne, wäre ich doch weitergegangen und hätte Ella nur wieder etwas Süßes geholt. Sie liebt diese sauren Lutschbonbons aus dem Kiosk so sehr.« Katrin lächelte verträumt, als sie an ihre Kleine dachte. Ein Lächeln von Ella war unbezahlbar.
Hendrik schob seine Hände tief in die Taschen seiner Jeans und spannte dadurch seine Armmuskeln an. Katrins Augen ruhten wieder ganz auf ihm. Unter dem blauen T-Shirt zeichnete sich ein durchtrainierter Oberkörper ab.
Nicht rot werden, jetzt bloß nicht rot werden ... Ihr Kopf erhitzte sich von ganz allein.
»Einen schönen Tag noch, Hendrik«, sagte sie schnell und verschwand im Geschäft. Nach seiner Nummer fragte sie nicht, und er machte auch keine Anstalten, mitzugehen.
Also, ein Perverser konnte er schon einmal nicht sein. Denn dann würde er sich ja an sie heften. Katrin war noch ganz durcheinander, als sie längst den Bären aus dem Schaufenster genommen und zur Kasse gebracht hatte.
Er weiß, in welcher Klinik deine Tochter liegt!, schrie es in ihr, doch eine zweite Stimme beruhigte sie sogleich. Er kennt deinen Nachnamen nicht, also wird er sie nicht finden.
Sie bezahlte das Stofftier und trat vor den Laden in die Mittagssonne. Reger Trubel erwartete sie. Automatisch sah Katrin sich noch einmal um, aber der Fremde namens Hendrik war verschwunden. Er hatte also nicht auf sie gewartet, was sie beruhigen sollte, doch aus unerfindlichen Gründen war sie enttäuscht.
***
Ella verfolgte das Geschehen auf dem Monitor gespannt. Immer wenn sie in der Klinik war, durfte sie viel länger fernsehen als zu Hause. Ihre Mutter betonte ständig, wie schädlich eine zu lange Bildschirmzeit für Kinder sei. Sie konnte eine richtige Spielverderberin sein, aber Ella liebte auch ihre Bücher, mit denen sie sich dann in ihr Zimmer zurückzog. Das Lesen hatte sie schon vor der Schule gelernt, einfach, weil sie es wollte.
Ella ließ die Beine baumeln und sah sich in dem kleinen, hellen Krankenzimmer um. Bunte Bilder hingen an den Wänden, darunter auch eines von Ella, das sie, ihre Mutter und Dr. Stolz zeigte. Außerdem waren Spiel- und Malsachen verteilt worden, sodass sich Kinder jederzeit eine Weile beschäftigen konnten, wenn sie hier waren. Ella nahm sich meistens ein Buch aus dem Regal und blätterte darin.
Es gab immer etwas zu entdecken, aber das Behandlungszimmer von Dr. Stolz und Dr. Cohn hatte es ihr ganz besonders angetan, weil sie dort die vielen Geräte bewundern konnte, mit denen die Ärzte Menschen wie ihr halfen, wieder gesund zu werden.
Eigentlich freute sie sich sogar ein bisschen, wenn sie wieder herkommen durfte. Ella mochte den Kontakt zu anderen Menschen, vor allem zu den Kindern. Sie hatte bei einer kleinen Erkundungstour mit Dr. Cohn, ihrem Oberarzt, gleich zwei neue Freunde kennengelernt:
Justin kam regelmäßig her, weil er Krebs hatte und eine Chemotherapie machte, aber die Ärzte hatten ihm versichert, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er krebsfrei war. Wegen seiner Behandlung hatte er all seine Haare verloren, doch das störte Ella nicht. Sie freute sich immer, wenn sie ihn sah.
Und Marie war hier, weil sie eine böse Allergie hatte und nicht mehr in die Sonne durfte, bis die Ärzte sie mit Medikamenten richtig eingestellt hatten. Sonst passierte irgendetwas Schlimmes mit ihrer Haut.
Ella war nun schon seit einem halben Jahr regelmäßig hier und musste Luft atmen, was ihr seltsam vorkam, weil sie doch immer Luft atmete. Aber da war etwas mit ihrer Lunge. Die Ärzte nannten es Asthma. Ellas Brustkorb wurde dann eng, und sie musste husten, bis sie würgte. Kein schönes Erlebnis. Manchmal hatte sie das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen und zu ersticken, aber dank dieses Gerätes erholte sich ihre Lunge, und auf Dauer sollte es ihr dabei helfen, keine Anfälle mehr zu haben.
Nach einer Weile vergaß sie diesen seltsamen Inhalator meistens sogar und war ganz froh, dass sie danach viel besser atmen konnte. Gäbe es nur nicht diese unbequeme Maske, die ihr jedes Mal tiefe Spuren ins Gesicht drückte, weil sie so eng saß!
Aber Ella nahm es sportlich und lachte gerade über eine witzige Szene im Cartoon, als Dr. Annemarie Stolz von der Pneumologie das Zimmer betrat. Sie war die neue Fachärztin, arbeitete unter Dr. Nicolas Cohn und kannte sich perfekt mit Lungenkrankheiten aus.
Die Ärztin war groß, schlank und wunderschön, fast wie eine Prinzessin. Das kleine Mädchen war wieder ganz verzaubert von Dr. Stolz' großen braunen Rehaugen und den langen Wimpern, die diese umrahmten. Sie hatte langes braunes Haar und außerdem dieses nette Lächeln. Ihr Mund war immer rot geschminkt, als wollte sie damit Küsse an die Kollegen verteilen.
»Hallo, Ella. Wie geht es dir heute?«
»Ganz gut«, sagte das Kind ehrlich und lächelte munter unter seiner Maske. »Kann ich jetzt gehen?«
»Noch nicht, aber zuerst stelle ich das hier mal ab und befreie dich von der unbequemen Maske. Du warst wieder sehr tapfer. Viele Mädchen in deinem Alter würden nicht so still dasitzen und sich das hier gefallen lassen.« Dr. Stolz lächelte warmherzig, als Ella stolz ihr Kinn reckte. »Ich habe dir ja erklärt, wieso du hier bist und den Inhalator noch eine Weile brauchst, nicht wahr?«
Es war eine Testfrage, die Ella schon kannte. »Na klar, damit ich wieder frei atmen kann und keine Atemnot bekomme.«
»Richtig.« Die Ärztin setzte sich an ihre Seite und half Ella aus der Atemmaske. Das Gerät daneben wurde per Knopfdruck bedient und abgestellt. Es hörte sofort auf zu brummen. »Wir machen jetzt noch ein paar Übungen zusammen. Auch das kennst du bereits.«
Ella brachte sich in Position. Sie stellte sich mit den Beinen schulterbreit auf und atmete gemeinsam mit Dr. Stolz immer durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus. Das war besonders wichtig. Auch, dass die Zeit für das Ausatmen länger als die für das Einatmen war. Darauf bestand Dr. Stolz schon seit Beginn ihrer Übungen.
Zuerst atmete Ella durch die Nase ein und durch den spitzen, nur zum Spalt geöffneten Mund langsam und kontrolliert gegen ihre Lippen wieder aus. Das Geräusch, das dabei entstand, erinnerte sie an einen Luftballon, aus dem langsam die Luft entwich.
»Diese Übung hilft dir dabei, deinen Atem zu kontrollieren«, erklärte die Ärztin. »Durch diese Methode wird das Ausatmen verlangsamt. Die Atemwege bleiben dabei weit geöffnet, deine Lunge wird komplett geleert und kann mit neuer, sauerstoffreicher Luft gefüllt werden.«
Das wiederholten sie ein paar Mal, ehe es zu Übung zwei weiterging, die Ella auch schon kannte und etliche Male zu Hause mit ihrer Mutter gemacht hatte. Dazu legte sich Ella mit dem Rücken auf eine Yogamatte, die Dr. Stolz mitgebracht hatte. Ihre Hände musste sie mit gestreckten Fingern flach auf den Oberbauch unter den Rippenbogen legen. Die Stelle wurde ihr noch einmal gezeigt.
»Und nun ganz ruhig durch die Nase einatmen«, sagte die Fachärztin. »Dein Bauch soll sich nach oben wölben. Das machst du sehr gut, Ella.«
Ihr kleiner Bauch wölbte sich wie gewünscht.
»Nun lässt du die Luft durch die leicht geöffneten Lippen entweichen. Genauso wie beim letzten Mal.«
Ellas Bauch senkte sich wieder, und der Brustkorb bewegte sich nach unten. Mit der tiefen Bauchatmung nutzte sie ihr gesamtes Lungenvolumen und bekam besser Luft.
»Wo ist meine Mama?«, fragte Ella plötzlich.
»Sie müsste jeden Augenblick wieder hier sein. Bis dahin sind wir bestimmt fertig mit unseren Übungen. Heute zeige ich dir auch noch zwei weitere, die du bitte zu Hause täglich einmal morgens und einmal abends machst.«
Ella setzte sich auf und nickte eifrig. Dabei flogen ihre hellen Zöpfe herum. »Ist gut.«
Sie legte sich wieder hin, weil sie genau wusste, dass sie nun die Beine anwinkeln und dabei ausatmen musste, bis ihre Knie auf Höhe ihres Nabels waren. So wurde mehr Luft aus der Lunge gepresst. Im Anschluss streckte sie die Beine wieder aus und atmete ein. Auch das passierte mehrmals. Das kannte sie alles schon.
Danach setzte sie sich bequem auf und atmete abwechselnd jeweils vier Sekunden lang durch das rechte und das linke Nasenloch ein. Zwischen den Wechseln hielt sie den Atem ganze sechzehn Sekunden an und atmete durch das jeweils andere Nasenloch acht Sekunden aus. Manchmal auch kürzer, weil Ellas Lunge noch nicht so trainiert war, aber sie konnte es von Mal zu Mal besser.