Chefarzt Dr. Holl 2012 - Marlene Menzel - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 2012 E-Book

Marlene Menzel

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Beschreibung

Martin Satzmann hat eine steile Karriere als Bankmanager gemacht, aber der Erfolg hat seinen Preis. Er hat keine Freunde, keine Familie und keinen Spaß am Leben. Dann lernt er Tanja kennen. Für einen kurzen Moment scheint es, als könnte sie Licht in seinen trostlosen Alltag bringen. Doch genauso schnell, wie sie aufgetaucht ist, verschwindet die sympathische Frau wieder aus seinem Leben. Auf der Suche nach Ablenkung stößt Martin auf ein Online-Computerspiel. Nächtelang sitzt er vor dem Bildschirm, völlig gefesselt von dieser neuen Realität. Doch während Martins Spielfigur immer stärker wird, zerbröckelt sein echtes Leben. Er vernachlässigt seinen Job und seine Gesundheit - und schließlich heißt es "Game over" ...


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Seitenzahl: 128

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Dr. Holl und der Zocker

Vorschau

Impressum

Dr. Holl und der Zocker

Das Leben eines Managers gerät außer Kontrolle

Von Marlene Menzel

Martin Satzmann hat eine steile Karriere als Bankmanager gemacht, aber der Erfolg hat seinen Preis. Er hat keine Freunde, keine Familie und keinen Spaß am Leben. Dann lernt er Tanja kennen. Für einen kurzen Moment scheint es, als könnte sie Licht in seinen trostlosen Alltag bringen. Doch genauso schnell, wie sie aufgetaucht ist, verschwindet die sympathische Frau wieder aus seinem Leben.

Auf der Suche nach Ablenkung stößt Martin auf ein Online-Computerspiel. Nächtelang sitzt er vor dem Bildschirm, völlig gefesselt von dieser neuen Realität. Doch während Martins Spielfigur immer stärker wird, zerbröckelt sein echtes Leben. Er vernachlässigt seinen Job und seine Gesundheit – und schließlich heißt es »Game over« ...

»Das schreiben Sie bitte noch einmal nieder, dieses Mal mit den richtigen Zahlen. Wo kommen wir denn da hin, wenn hier jeder macht, was er will?« Martin Satzmann lachte gepresst und feuerte das Blatt als geknüllte Kugel in den Papierkorb neben der Tür. Treffer versenkt!

»Na ja ... wir würden an einen Ort kommen, an dem es auch einmal Spaß macht, zu arbeiten.«

Die patzige Antwort des Angestellten stieß Martin sauer auf.

Er verengte die Augen und nahm den jungen Mann ins Visier, der seinen Job von Anfang an nicht ernst genommen hatte. »Habe ich eben richtig gehört?«

Der andere verdrehte die Augen. »Ich arbeite doch, so gut ich kann. Hinter dieser Scheibe ist es stickig und langweilig. Da kommen schon mal ein paar Zahlen durcheinander. Ich bin auch nur ein Mensch. Sitzen Sie mal so viele Stunden Ihren Hintern platt, zählen Geld und grinsen unfreundliche Kunden an, weil Sie es müssen. Von der drohenden Gefahr durch Banküberfälle will ich gar nicht erst anfangen.«

Martin deutete zur Tür. »Da geht es raus«, sagte er gefährlich ruhig.

»Ist ja gut!« Der Mann hob seine Hände, als wollte er sich ergeben. »Ich mache direkt weiter und setze das neu auf. Kein Problem.« Er wollte schon gehen, aber Martin hielt ihn auf.

»Sie haben mich nicht verstanden, Herr Bruckner.« Der Manager erhob sich und stützte seine Hände auf die Tischfläche. Er beugte sich vor und fixierte den anderen wie eine Schlange ihre Beute. »Sie sollen nicht an Ihren Platz zurückgehen, sondern aus diesem Gebäude. Wir sind hier fertig. Ihre Unterlagen schicken wir Ihnen.«

»Aber ... dazu haben Sie doch gar keine Befugnis!«, rief sein Gegenüber entsetzt.

Martin blieb ruhig, richtete seine Brille und lächelte kalt. »Und ob. Ich bin der Bankmanager, was bedeutet, dass ich die Geschäfte und Personalangelegenheiten dieser Filiale regle. Packen Sie Ihre Sachen, wir brauchen Sie nicht mehr.«

Der nunmehr ehemalige Angestellte funkelte Martin böse an. »Sie können mich mal!«, zischte er, ballte die Hände zu Fäusten und machte auf dem Absatz kehrt. »In der Hölle ist ein Platz für Sie reserviert!«

»Wenigstens ist es dort schön warm.« Martin musste grinsen. Diesen Satz hörte er nicht zum ersten Mal.

Er setzte sich, schlug die Beine übereinander und lehnte sich zurück. Sein Herz pochte lauter, als er wollte. Es bereitete ihm keinen Spaß, ständig die Neuen rauszuwerfen, aber wer faul war und nicht einsah, dass er nun einmal im ›Bunker‹ begann, wie die Angestellten den Bereich an den Bankschaltern heimlich nannten, der hatte bei ihnen nichts zu suchen.

Martin erwartete, dass sie sich genauso anstrengten wie er zu seiner Zeit.

Er drehte sich mit seinem Bürostuhl zur Seite und betrachtete sich im Spiegel an der Wand. Ein gutaussehender, erfolgreicher Mann im blauen Anzug mit beigefarbener Krawatte und farblich passenden Schuhen sah ihm entgegen. Nichts davon war von der Stange, selbst seine Frisur kostete ein kleines Vermögen. Kleider machten Leute.

Ganz anders sah es in seinem Gesicht aus. Zwar war er frisch rasiert, aber die Mundwinkel hingen herab, selbst wenn er sich um ein Lächeln bemühte. In seinen dunklen Augen erkannte Martin nicht den Enddreißiger, der er heute sein wollte, sondern einen Fremden, den Erfolg und Leistungsdruck aus ihm gemacht hatten.

Martin seufzte leise, straffte die Schultern und verließ den Raum. Es war immer sein Traum gewesen, einmal ein Büro ganz für sich allein zu haben. Einen eigenen Schreibtisch, sogar eine Sekretärin und natürlich ein dickes Bankkonto.

Andere beneideten ihn darum. Vielleicht hatte er deshalb keine echten Freunde, sondern nur Schmarotzer, die sich als welche ausgaben, um von seinem Ruhm zu profitieren. Dabei war er weder prominent noch wirklich wohlhabend. Martin war lediglich ein Bankangestellter, der sich über die Jahre hochgearbeitet hatte. Dafür waren echte Sozialkontakte leider auf der Strecke geblieben. Man musste sich im Leben entscheiden, und das hatte er getan. Zu einem hohen Preis.

Er machte seinen allabendlichen Gang durch die Bank, kontrollierte die Mitarbeiter, deren hasserfüllte Blicke er im Rücken spürte, und prüfte Kassen und Tresor. Am Ende waren er und zwei Angestellte seines Vertrauens damit betraut, das Geld wegzuschließen und alles zu sichern.

Martin hörte, während er Unterlagen im Kassenraum durchging, wie sich die beiden über eine neue Cocktailbar in der Nähe unterhielten. Sie hießen Gregor und Patrick und waren seit ein paar Jahren bei ihnen tätig. Sie waren fleißig, aber tratschten gern.

»Mein Bruder war vor Kurzem dort und hat davon geschwärmt. Hast du Lust, noch was trinken zu gehen? Ich gebe einen aus. Der Tag war anstrengend genug, erst recht unter Satan höchstpersönlich, der einem über die Schulter schaut.« Sie lachten.

Martin stellte die Durchsicht ein und lauschte angespannt.

»Gern, ich rufe schnell meine Frau an und sage ihr, dass es später wird und ich mit dem Taxi nach Hause fahre.«

Martin, den die beiden bis jetzt nicht bemerkt hatten, räusperte sich. »Noch etwas besser soll der Mexikaner gleich gegenüber sein. Lust, hinzugehen?«

Sie zuckten gleichzeitig zusammen. Er erntete erst schockierte, dann irritierte Blicke. Danach tauschten sie einen weiteren aus, der nichts Gutes verhieß.

»Ähm, also eigentlich muss ich heute doch nach Hause«, behauptete Gregor auf einmal und fuhr sich durch das kurze schwarze Haar, wie er es immer tat, wenn er sich eine Ausrede einfallen ließ. So lange kannte Martin ihn schon! »Ich habe ganz vergessen, dass ich meiner Frau versprochen habe, den Ofen zu säubern, bevor ihre Eltern zu Besuch kommen. Längst überfällig.«

»Und ich fühle mich ganz erschlagen von heute«, sagte Patrick und lächelte gezwungen. »Schönen Feierabend, Herr Satzmann.«

Sie verschwanden so schnell, als könnten sie es nicht erwarten, die Bank endlich zu verlassen.

Martin seufzte, weil er sie durch das Fenster lachen und in dieselbe Richtung gehen sah. Natürlich würden sie ohne ihn trinken gehen und einen schönen Abend haben.

Er war wieder einmal der Letzte, der ging. Martin hängte noch zwei Überstunden an, weil daheim sowieso niemand auf ihn wartete, nicht einmal ein Hund.

Haustiere passten nicht zu dem geordneten Leben, das er sich mühsam aufgebaut hatte.

Sie verstehen nicht, wieso du bist, wie du bist. Also lass sie doch ihren Spaß haben. Sie wollten dich eben nicht dabeihaben, sagte er sich und schluckte eine Kopfschmerztablette gegen die anbahnende Migräne. Du brauchst niemanden. Deine Arbeit reicht doch und füllt dich genug aus. Wo sollen da bitte noch eine Beziehung und Freunde hineinpassen? Du hast etwas viel Besseres: Ansehen.

Ja, auch Abscheu und Neid der Angestellten waren eine Art Ansehen für Martin. Er lächelte still und ärgerte sich nicht länger über das Verhalten der beiden.

Der Manager löschte das Licht, nachdem er jede Tür, jede Kasse und jedes Zimmer zweimal kontrolliert hatte. Er hatte noch nie einen Fehler gemacht und stellte stets sicher, dass alles nach rechten Dingen zuging.

Die Aktentasche in der Hand verließ er die Bank und schloss auch vorn zweimal ab.

***

Martin betrat mit hängenden Schultern das dunkle Treppenhaus und wartete auf den Lift, der ihn in den dritten Stock bringen würde.

Als das Licht anging, wusste er, dass er nicht mehr allein war, und wappnete sich.

»Guten Abend, Herr Satzmann«, sagte die alte Dame aus dem Erdgeschoss, die ihren kläffenden Hund immer auf dem Arm trug, als könnte er nicht selbst laufen. »So spät noch unterwegs?«

Frau Reckert war Mitte siebzig, hatte perfekt eingedrehte graue Locken, eine Menge Make-up im Gesicht, das ihr wie eine Maske auf der Haut klebte, und liebte echte Pelzmäntel, denen Martin genauso wenig abgewinnen konnte wie ihrem bösartigen Haustier, welches den Manager schon wieder ins Visier nahm und nach ihm schnappte.

Martin hasste dieses Vieh wie die Pest!

Er wich zurück und machte ein wehleidiges Gesicht. »Ich arbeite immer lange und mache danach einen Spaziergang um den Block. Um diese Uhrzeit sind weniger Menschen unterwegs.«

Frau Reckert stutzte, während sie versuchte, ihr kleines Raubtier namens Susi im Zaum zu halten. »Aber wieso wollen Sie denn niemandem begegnen? Es plaudert sich doch besser zu zweit.«

»Eben.« Mehr sagte Martin nicht.

Wann verstand diese Frau endlich, dass er Plaudern als Zeitverschwendung ansah? Ein solches Gespräch brachte keinen der beiden Partner voran, sondern hielt auf und war nach fünf Minuten sowieso vergessen.

Er ließ sie stehen und nahm lieber die Treppe. Von Weitem hörte er noch das Bellen von Susi, dem Pitbull in Form eines Yorkshire Terriers.

Er war heilfroh, als er endlich vor seiner Wohnungstür stand.

»Keinen guten Tag gehabt, was?«

Die Stimme ließ ihn zusammenzucken. Auch das noch! Die hatte ihm gerade noch gefehlt!

Martin tat, als hätte er sie nicht gehört, damit sie von selbst verschwand, aber das tat seine neue Nachbarin natürlich nicht.

Er war Tanja Paulsen seit deren Einzug ins Appartement gegenüber geschickt aus dem Weg gegangen. Von der neugierigen und tratschenden Frau Reckert wusste er, dass Tanja die Wohnung von ihrem verstorbenen Onkel übernommen hatte, der sie als Alleinerbin eingesetzt hatte. Nun konnte sich die Grundschullehrerin ein schönes und etwas sorgloseres Leben machen.

Martin wusste bereits mehr, als ihm lieb war. Er drehte sich immer noch nicht um und suchte hektisch nach dem Schlüssel.

»Geht es Ihnen gut, Herr Nachbar?«

Ihre glockenklare Stimme vibrierte in seinen Ohren. Nicht unangenehm, aber sie setzte bei Martin ganz automatisch Stresshormone frei.

Seine Bewegungen wurden fahriger, bis er den Schlüsselbund auch noch fallen ließ. Mit einem lauten Klimpern ging er zu Boden. Als er sich danach bückte, schnellte bereits eine Hand vor und hob ihn für den nervösen Bankmanager auf.

Tanja lächelte ihn breit an. Ihr langes blondes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, und ihre grünen Augen strahlten, als würde sie sich sogar freuen, ihren grantigen Nachbarn zu sehen.

Wieso ließ ihn eigentlich niemand in Ruhe, wenn er allen die kalte Schulter zeigte? Hatte er dadurch eine Art umgekehrte Psychologie ausgelöst? Hingen sie gerade deshalb so an ihm und suchten seine Nähe?

»Danke«, presste er durch die Lippen, die sich einfach nicht zu einem Lächeln formen wollten. Martin brachte höchstens ein kurzes Zuckes der Mundwinkel zustande.

Tanja schien das nicht zu stören. Sie war eine Frohnatur.

Das hatte Martin bereits am ersten Tag erfahren, als eine Tüte mit frisch gebackenen Keksen auf seiner Fußmatte gestanden hatte. Er hatte sie nicht gegessen und stattdessen an die Tauben im Park verfüttert. Martin machte sich nichts aus Süßem. Das vernebelte den Verstand, den er für die Arbeit brauchte.

»Wie haben Ihnen meine Kekse geschmeckt?«

Konnte sie Gedanken lesen? Wohl eher nicht, sonst wäre ihr das Grinsen ganz schnell abhandengekommen.

»Lecker, danke.« Er wollte sich an ihr vorbei zur Tür drängen. Diesmal hielt er den Schlüssel fest in der Hand und würde nicht noch einmal daran scheitern.

»Ich habe noch mehr da, falls Sie oder Ihre Familie Lust haben.«

Martin seufzte innerlich. Tanja versuchte wohl das, wovon Frau Reckert aus dem Erdgeschoss so schwärmte: Sie wollte plaudern.

»Entschuldigen Sie, aber es ist recht spät geworden.« Ausnahmsweise schaffte er es, zu lächeln. »Man sieht sich.«

Tanja hatte ein Einsehen. Sie wich zur Seite aus und ließ ihn an sein Türschloss. »Oh, natürlich! Manchmal weiß ich nicht, wann Schluss ist. Tut mir leid.«

Na, wenigstens erkennst du es selbst, dachte er.

»Man sieht sich bestimmt mal. Falls Sie etwas brauchen oder einfach nur Gesellschaft wollen, müssen Sie nur an die Nummer 33 klopfen.« Sie zwinkerte verschmitzt.

»Danke, das werde ich.« Nicht.

Glaubte sie etwa, er wäre einsam? Das strahlst du ja auch aus, du Trauerkloß!, schrie sein Gewissen. Du bekommst ja nicht einmal ein entspanntes Lächeln zustande!

»Einen schönen Abend, Frau Paulsen.«

»Sagen Sie ruhig Tanja zu mir.« Sie stand bereits halb in ihrer Wohnung. »Ich halte es nicht so mit den Nachnamen. Das ist so distanziert, finden Sie nicht?«

Habe ich gemerkt. Dann habe ich ja Glück, dass du mich noch nicht duzt.

Martin konnte einen Blick auf das bunte Chaos in ihrem Rücken werfen. Nie im Leben würde er auch nur einen Fuß in diese Bude setzen!

Er schloss die Tür, ehe sie noch mehr sagen konnte. Besser, er hielt sich fern von ihr. Die schöne, fröhliche Tanja war zwar nett anzusehen, aber sie bedeutete Unordnung und Tumult für sein Leben. Besser, er ließ sie nicht zu nah an sich heran. Gar nicht so einfach, wenn sie direkt gegenüber wohnte und ihm somit ständig über den Weg lief.

Martin öffnete eine Flasche Rotwein und ließ Couch und Fernseher links liegen, weil er sich sofort ins Arbeitszimmer setzte und die letzten Mitarbeitergespräche durchging, die er aufgenommen und nach Feierabend abgetippt hatte.

Es ging um die Neubesetzung der Sekretärinnenstelle. Die fleißige und schweigsame Antonia hatte die Firma leider verlassen. Martin wusste, dass sie perfekt gewesen war und nicht so einfach ersetzt werden konnte. Antonia hatte, ohne zu murren, ihre Arbeit erledigt und ihn nicht mit lästigem Small Talk oder einem albernen Flirt gelangweilt.

Nun war sie nach Schleswig-Holstein umgezogen, und das stellte Martin vor ein großes Problem.

Keiner der Angestellten war geeignet für die Stelle. Er würde also wieder einmal eine Ausschreibung hochladen müssen und abwarten, wer sich bewarb. Das bedeutete eine Menge Stress extra, weil er Bewerbungsgespräche führen und diesen Leuten dann auch noch die Bank zeigen musste. Sie würden aber nicht jeden Bereich zu sehen bekommen, da vieles streng geheim war.

Er warf nach zwei Stunden Durchsicht alle Papiere auf einmal in den Müll. Nein, seine jetzigen Angestellten waren nicht aus dem Holz geschnitzt, aus dem eine Antonia gewesen war. Martin vermisste sie schmerzlich, eben weil er sie nie bemerkt hatte und die Arbeit wie von Geisterhand erledigt worden war.

Weder wollte er Gregor noch Patrick oder Melanie auf diesem Platz sitzen haben.

Martin bemerkte erst, als er wieder zum Glas griff, dass er in diesen zwei Stunden nicht nur dieses, sondern auch den Rest der Flasche ausgetrunken hatte.

Mit schwirrendem Kopf stellte er sich unter die Dusche und ließ eine Weile kaltes Wasser über Kopf und Körper laufen. Danach ging es ihm besser. Er fühlte sich wacher und war gestärkt, um jetzt auch noch die Kreditanträge der letzten zwei Wochen durchzugehen und ein paar E-Mails zu schreiben. In einer Bank war eben immer viel zu tun.

Als er seine Mailbox öffnete, hatte er schon wieder jede Menge Spam bekommen und sortierte alles aus, was er nicht brauchte. Auch online hielt Martin eine gewisse Ordnung ein und mistete regelmäßig aus. So behielt er den Überblick und fühlte sich selbst besser.

Jetzt landete eine E-Mail nach der anderen im Papierkorb.

Bei der Werbung eines Online-Spiels hielt er inne. Die bunten Farben und toll gestalteten Figuren in mittelalterlichen Gewändern bannten ihn für den Bruchteil einer Sekunde. Martin war aber nicht blöd. Er wusste, dass man bei so einem Spiel irgendwann eine Menge Geld zahlte, um weiterzukommen.