Christmas Nights - Frank Böhm - E-Book

Christmas Nights E-Book

Frank Böhm

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Beschreibung

In der ersten Geschichte verliert sich ein Großvater in weihnachtlichen Geschichten und sorgt dafür, dass sein kleiner Enkel Oskar ins Träumen gerät.
Weshalb dabei der Schlitten des Weihnachtsmannes verschwindet und mit wessen Hilfe die Bescherung doch noch stattfinden kann — das kann nur ein Elf wissen.
Die zweite Story handelt von einem völlig technisierten Nordpol, einem Elfen namens Hanno und dem vierzehnjährigen Davin, der mit einer besonderen Aufgabe betraut wird. Er soll am folgenden Weihnachtsfest Kinder bescheren.
Wird und kann er diesen Auftrag erfüllen oder entpuppt sich all das nur als ein Streich seiner Fantasie?
Christmas Nights — das sind zwei weihnachtliche Erzählungen, in denen es um Träume, Elfen, Wünsche und um die Liebe sowie um reine Herzen geht.
Der Inhalt des Buches beträgt ca. 11.500 Wörter.

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Valerie le Fiery, Frank Böhm

Christmas Nights

oder der Zauber von Weihnachten

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Elfen, Rentiere und ein verschwundener Schlitten

Leise knistern die Holzscheite im Kamin und sprühen dabei hin und wieder kleine Funken, wenn der eine oder andere ascheüberzogen in sich zusammenfällt und zischend verglüht. Es ist fast still im Zimmer, nur dieses eine Geräusch wispert gelegentlich durch den Raum, die Schatten des Feuers tanzen an der Wand und werfen Bilder dagegen. Am Adventskranz brennen vier dicke, rote Stumpenkerzen und flackern ein wenig vor sich hin, der Duft der Tannenzweige breitet sich aus und vermengt sich mit dem süßen Geruch von Vanillekipferln, Zimtsternen und frisch gebackenem Lebkuchen, der bereits seit einigen Stunden verheißungsvoll durchs Haus wabert. Aus der Küche erklingt ein helles Lachen, das immer näher kommt, gleich darauf schwingt die Tür auf und ein alter Mann betritt in Begleitung eines blond gelockten Jungen das gemütliche Gemach, in dem die Vorboten des Weihnachtsfestes von der Freude künden, morgen, am Heiligen Abend, im Kreise der Familie gemütlich unter dem Tannenbaum zu sitzen, ein Festessen zu genießen und kleine Geschenke auszutauschen.

„Opa, nur noch einmal schlafen, dann ist endlich Weihnachten, oder?“

„Ja, mein Junge, aber das weißt du doch. Deinen Wunschzettel hast du immerhin schon vor einiger Zeit gemalt und für den Weihnachtsmann fertiggemacht, wenn ich mich nicht irre.“

„Ja, Opa. Ich hatte ihn abends unter mein Kopfkissen gelegt, so wie Mama das gesagt hat, und am nächsten Morgen war der einfach nicht mehr da. Das war ziemlich aufregend, oder findest du nicht? Glaubst du, dass der Weihnachtsmann den tatsächlich bekommen hat?“

„Natürlich, Oskarchen, was denkst du denn bloß?! Der Weihnachtsmann bekommt und liest sie alle.“

„Wirklich alle?“, kommt es ungläubig aus dem Mund des fünfjährigen Jungen, der seinen Großvater aufmerksam beobachtet und dabei vor Staunen große Augen bekommt.

Der alte Mann mit den schlohweißen Haaren und der goldgeränderten Brille nickt bedächtig.

„Aber sicher, das muss er doch. Immerhin will er sämtliche Wünsche erfüllen, dafür sollte er schließlich wissen, was auf den einzelnen Zetteln und in jedem noch so kleinen Brief steht oder eben auch gemalt wurde. Nächstes oder übernächstes Jahr kannst du bestimmt schon richtig schreiben, das macht es bestimmt etwas einfacher für dich.“

„Aber wie schafft er das? Gibt es nicht ganz furchtbar viele Kinder auf der Welt?“, gibt Oskar ein wenig altklug zu bedenken. „Hat er denn keinen, der ihm hilft?“

Der Großvater lacht leise und nickt dazu, bevor er antwortet. Es ist ihm täglich aufs Neue eine Freude, wenn er sich mit seinem Enkel unterhalten kann. Da seine Tochter erst mit beinahe vierzig das Glück der Mutterschaft zuteilwurde, war er immerhin schon über siebzig, ehe er endlich Opa wurde. Nun ist der aufgeweckte Fünfjährige sein ganzer Stolz und er genießt es, dass der Kleine und dessen Eltern, seine Tochter Sandra und sein Schwiegersohn Volker, vor Jahren zu ihm gezogen sind, wobei der Anlass dafür eher ein trauriger gewesen war. Seine geliebte Frau Edelgard, die der Ankunft ihres Enkels ebenso wie er aufgeregt entgegengefiebert hatte, erlag bereits wenige Monate nach Oskars Geburt einer schweren Krankheit und ließ die Familie in tiefster Trauer zurück. Über vier Jahre ist das mittlerweile her und doch kommt es ihm so vor, als müsste jeden Moment die Tür aufgehen und Edelgard mit einer großen Schale Weihnachtsgebäck im Zimmer stehen, wobei die Aufgabe der Bäckerin seitdem von ihrer Tochter übernommen wird, die jedes Jahr dafür sorgt, dass die verschiedensten Düfte das alte Haus erfüllen und für wenige Stunden die vergangenen Zeiten wieder aufleben lassen. Auch Sandra wird durch diese Tätigkeiten glücklicherweise ein wenig davon abgelenkt, dass Volker, ein viel gefragter Ingenieur, es in den allermeisten Fällen nicht schafft, die Feiertage bei seiner Familie zu verbringen, da er im Auftrag einiger Hilfsorganisationen im Ausland vor Ort sein muss, um dafür zu sorgen, dass wichtige Anlagen, vor allem in Kriegs- oder Notstandsgebieten, die Versorgung der einheimischen Bevölkerung garantieren können. Erst ein einziges Mal hat er es geschafft, mit ihr und dem gemeinsamen Sohn unter dem Weihnachtsbaum Geschenke auszupacken, wobei Oskar zu dem Zeitpunkt gerade mal ein Jahr alt war.

„Selbstverständlich hat er Hilfe, mein Junge. Da wären vor allem natürlich die ganzen Weihnachtselfen.“

„Was sind Weihnachtselfen, Opa?“

„Das weißt du nicht? Ich dachte, ich hätte es dir im letzten Jahr schon erzählt. Also …“

„Bist du mal wieder bei deinen Weihnachtsgeschichten, Paps?“, kommt es in diesem Moment mit einem Lächeln von Sandra, die gerade das Zimmer betritt und eine große Schale mit den leckersten Sachen aus der heimischen Backstube auf den Tisch stellt. Zwei Hände, eine große und eine kleine, greifen sofort hinein und angeln sich je einen frischgebackenen Keks, bevor der Großvater sich rasch seiner Tochter zuwendet.

„Na wenn der Oskar mich fragt, muss ich ihm doch alles vom Weihnachtsmann und den Elfen erzählen, oder meinst du nicht, meine Süße? Und vom Nordpol, den Spielzeugfertigungshallen, den Rentieren und natürlich dem Schlitten. Du wolltest das damals auch alles wissen und hast deiner Mutter und mir beinahe Löcher in den Bauch gefragt.“

„Löcher in den Bauch?“, kommt es ungläubig von Oskar, der sich im nächsten Moment beinahe vor Lachen ausschütten will. „Das gibt es doch gar nicht, dann wärst du ja kaputtgegangen und die Oma auch.“

„Das sagt man aber so, wenn jemand fragt und fragt und fragt“, erwidert Sandra und streicht ihrem Sohn rasch einmal über die blonden Locken, wobei ein leises Seufzen in ihr aufsteigen will, als ihr zum ungezählten Mal die Ähnlichkeit Oskars mit seinem Vater auffällt. Genauso muss Volker als Kind ausgesehen haben.

„Echt?“

Mit weit aufgerissenen Stauneaugen schaut Oskar nun wiederum auf seinen Opa, der bestätigend nickt.

„Ganz echt. Trotzdem es ist ja gut, wenn man fragt, oder? Wie soll man sonst etwas lernen? Wo genau waren wir stehen geblieben?“

„Bei den Weihnachtselfen. Sind das Männer oder Frauen?“

Interessiert schaut Oskar seinen Opa an und lauert gespannt auf die Antwort.

„Das ist eigentlich nicht wichtig, sie können alles sein. Vor allem aber sie sind eher klein, nur ein bisschen größer als du.“

„Bloß was machen die Elfen denn nun? Die Wunschzettel lesen? Alle?“

„Also, das funktioniert folgendermaßen. Alle Kinder auf der ganzen Welt schreiben, malen oder basteln ihren Wunschzettel für den Weihnachtsmann. Hast du ja auch gemacht“, beginnt der Großvater zu erklären und bemerkt mit einem Schmunzeln, dass Oskar dazu derart eifrig nickt, dass seine blonden Locken hin und her wippen. „Größere Kinder schicken den Brief direkt an den Weihnachtsmann, der bekanntlich am Nordpol wohnt. Du musst wissen, der hat dort eine eigene Poststation, eine ganz richtige mit einem kleinen Schalter und einem riesengroßen Briefkasten. Kinder, die wenig Geld haben und sich die Briefmarke nicht leisten können, legen den Zettel stattdessen auf die Fensterbank, damit die Weihnachtselfen die nachts abholen können, ganz kleine Kinder, die ihre Zettel noch malen, schieben die unter ihr Kopfkissen. Später macht man das mit den ersten Zähnchen übrigens genauso, aber das nur am Rande. Der Weihnachtsmann und die Zahnfee sind schließlich gut miteinander befreundet.“

„Paps, nicht alles vermischen, wir sind derzeit bei Weihnachten“, wirft Sandra leise seufzend ein, die nur zu gut weiß, dass ihr Vater ab und zu mal zum Abschweifen neigt und sich gern in Geschichten verliert. Dennoch ist sie froh, dass er nach wie vor rüstig ist, sich mit einer wahren Engelsgeduld um seinen Enkel kümmert und ihm nichts zu viel wird, so lange Oskar nur glücklich ist.

„Deine Mutter hat recht, Oskar, schnell zurück an den Nordpol. Also, wenn die Elfen alle Zettel und Briefe abgeholt haben, fangen sie an zu lesen und teilen sie ein bisschen unter sich auf, je nachdem, was für Wünsche darauf stehen. Manche Elfen können zum Beispiel gut Puppen basteln, andere sind zuständig für Eisenbahnen aus Holz und wieder andere verstehen sich auf das Herstellen von Trommeln und Mundharmonikas. Natürlich wird jeder Zettel, bevor die Elfen anfangen, irgendetwas zu basteln, mit dem großen Buch abgeglichen.“

„Was ist das große Buch?“, fragt Oskar, während er sich den mittlerweile dritten Keks aus der Gebäckschale angelt.

„Du weißt doch, dass man immer artig sein muss und der Weihnachtsmann jedes Kind sieht und genau beobachtet, oder? Weil der Weihnachtsmann natürlich schon ganz schön alt ist, notiert er alles, was ihm besonders auffällt. Er hat dafür ein ziemlich dickes, schwarzes Buch, in dem es für jedes Kind auf der ganzen Welt eine eigene Spalte gibt. Da trägt er ganz genau ein, was er wissen muss, um zu entscheiden, ob der Junge oder das Mädchen tatsächlich jederzeit brav gewesen ist. Wenn alles in Ordnung ist, macht er einen kleinen, grünen Haken an den Namen und die Elfen fangen sofort mit der Produktion an.“

„Für jedes Kind? Das Buch muss aber wirklich ganz schön dick sein, oder Mama?“

Fragend schaut Oskar seine Mutter an, die eine zustimmende Kopfbewegung macht.

„Das ist es sicher, mein Schatz. Möchtest du vielleicht einen Kakao trinken? Und du einen frisch gebrühten Kaffee, Paps?“