2,99 €
Nick - gut aussehend, schwul und Mitte zwanzig - steht in der Blüte seines Lebens. Mit der großen Liebe an seiner Seite scheint alles perfekt zu sein. Die Fassade beginnt jedoch zu bröckeln, sobald man hinter die Kulissen schaut.
Nach einem unvorhergesehenen Schicksalsschlag bricht seine Welt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Nick beweist jedoch Stärke und baut sein Umfeld neu auf - doch dann kommt sein Bruder Robin ins Spiel.
Begleiten Sie einen jungen Mann durch seine Jugend, hören Sie ihm zu, während er von seinen Erlebnissen erzählt. Lernen Sie seine Familie kennen und das Umfeld, das ihn umgibt. Tauchen Sie ein in sein Leben und nehmen Sie Anteil an seinem Schicksal, das Sie mitreißen wird.
Der Inhalt dieses Buches umfasst ca. 47000 Wörter.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Bereits am selben Tag, an dem ich in meine erste Wohnung zog, wurde mir klar, dass diese riesige Marmorfensterbank im Wohnzimmer zu meinem neuen Stammplatz werden würde.
Nun wohne ich bereits sieben Jahre hier und noch immer sitze ich fast täglich darauf und befriedige meine Nikotinsucht. Dabei schaue ich aus dem Fenster und beobachte das Treiben auf den tristen Dächern der Nachbarhäuser oder sehe einfach dem Spiel der Wolken zu. Heute regnet es. Ich verfolge, wie die Tropfen am Boden zerschellen, um sich hinterher zu neuen Formen zu vereinigen. Dabei kann ich völlig entspannen. Häufig bekomme ich dann sexuelle Gedanken.
***
Soeben fällt mir ein, dass ziemlich genau zwölf Jahre vergangen sind, als ich das erste Mal so richtig geil wurde. Ich war dreizehn und bekam morgens unter der Dusche eine gewaltige Erektion. Meine Hand wanderte zu meinem Schwanz und begann, diesen zu kneten. Es war ein so herrliches Gefühl, dass ich überhaupt nicht mehr damit aufhören konnte. Meine Erregung wurde immer stärker, somit wurden meine Bewegungen schneller und fester. Irgendwann spritzte ich weißes Zeugs heraus. Es war mein allererster Samenerguss. Stolz leckte ich an meinem Sperma und duschte den Rest einfach von meinem Bauch. Danach zog ich mich an und war der glücklichste Mensch der Welt. Von nun an tat ich es mehrmals täglich und überall. Im Bett, in der Badewanne, im Wald, im Auto meiner Mutter auf dem Rücksitz unter einer Decke, bei meiner Oma auf dem Dachboden, im Schwimmbad, auf dem Schulklo und sogar auf einer abgelegenen Parkbank – kein Ort war mehr vor mir und meinem Sperma sicher. Ab und zu verglich ich mich mit einem Löwenmännchen, das instinktiv an jedem Platz seine Urinmarken verteilen musste, um sein Revier zu markieren. Ich vollzog das jedoch mit meiner Wichse und das machte mich damals total stolz.
***
Nun, das ist alles sehr lange her, mittlerweile bin ich fünfundzwanzig … ein Jammer, schon ein Vierteljahrhundert alt zu sein. Ich möchte jedoch betonen, dass ich trotz meines Alters nichts von meiner sexuellen Lust verloren habe.
Mein Name ist übrigens Nick, eigentlich heiße ich Nikolaus, aber ich kann es nicht ausstehen, wenn mich jemand so nennt. Meine Mutter muss übrigens bei meiner Geburt völlig geistig umnachtet gewesen sein, mir einen solchen Namen zu geben. Ich weiß bis heute nicht, wie sie auf das schmale Brett gekommen ist, bestimmt war das eine Art Wochenbettfieber oder so. Bei normalem Verstand hätte es niemals zu einer solchen Fehlentscheidung kommen dürfen. Sie kann nur von extremem Glück reden, dass ich sie wegen meines Namens nicht verklagt habe oder deswegen an einer manischen Depression leide.
***
An meinem fünfundzwanzigsten Geburtstag reagierte sie übrigens ähnlich schusselig. Sie schellte bei mir gegen drei Uhr nachmittags, stieg freudestrahlend die Treppe empor, drückte mir einen Kuss auf die rechte Wange und überreichte mir ein seltsames Geschenk.
„Schatzilein, das ist für deine Badewanne!“, schrie sie mir lautstark entgegen.
Jetzt mal ehrlich – dieses Schatzilein war für mich noch schlimmer, als mit meinem vollen Namen angesprochen zu werden. Dabei wusste sie genau, dass ich das nicht ausstehen konnte, dennoch tat sie es immer wieder. Am liebsten wäre ich geplatzt, entschied mich aber doch dafür, ruhig zu bleiben und mir meinen Unmut nicht anmerken zu lassen.
„Bitte? Für die Wanne?“, sagte ich lächelnd und tat dabei hocherfreut, während ich ein unförmiges, in merkwürdigem Geschenkpapier eingeschlagenes Paket in der Hand hielt, mit dem ich beim besten Willen nichts anfangen konnte.
„Ja, dieser Buddha passt so gut in die Ecke. Das perfekte Accessoire für dein Bad. Dort musst du ihn hinstellen. Er bringt dir bestimmt Glück.“
Sie lächelte, umarmte und küsste mich ein weiteres Mal. Dann setzte sie sich erwartungsvoll auf mein Sofa und beobachtete genau mein Verhalten. Ich entfernte unterdessen das Papier und mir wurde klar – es war tatsächlich ein Buddha. Was sollte ich sagen? Als ich auf die Figur schaute, wusste ich sofort, dass ich dieses dickbäuchige Etwas AUF KEINEN FALL AUF DIE BADEWANNE, sondern in die LETZTE ECKE meines Kleiderschranks verbannen und es dort lediglich herausholen würde, wenn die liebe Mama ihren Besuch ankündigte – aber auch nur, um sie nicht zu verletzen. Es war mit Abstand das hässlichste Geschenk, das ich jemals erhalten hatte. Dennoch bedankte ich mich, verdrehte heimlich die Augen, lächelte ihr freundlich zu, küsste sie zurück und tat weiterhin so, als würde mir ihr Mitbringsel gefallen.
Übrigens war meine gesamte Familie an diesem Tag anwesend. Zu meinem Erstaunen ließ sich sogar meine älteste Schwester Lissy (die mit vollem Namen Elisabeth heißt, meine Mutter hatte eben auch bei ihr kein gutes Händchen bei der Namenswahl) blicken.
'Die hat mir zu meinem Glück noch gefehlt!', dachte ich, als sie mit einem Kinogutschein wedelnd vor meiner Tür stand und mir im nächsten Moment noch herzlich gratulierte (kotz!). Mir war sofort klar, dass sie eigentlich nur ihre Neugier befriedigen wollte. Erstens hatte sie niemals zuvor meine Wohnung betreten und zweitens war sie kaum davon abzubringen, mich ständig damit zu löchern, wie ich denn nun mit meinem Leben zurechtkäme. Immerhin wäre Mario ja nun nicht mehr bei mir. Am liebsten hätte ich sie direkt nach dieser Anmerkung wieder hinausgeschmissen. Als ich dann noch den nicht zu deutenden Blick in ihrem Gesicht sah, stieg in mir die Wut ein weiteres Mal empor. Ich war drauf und dran, sie aus voller Kehle anzuschreien. Mein Puls schnellte hoch wie ein Blitz, innerlich stand ich kurz vor einem Schlaganfall. Schließlich war das noch immer ein sehr heikles Thema bei mir, sie schien überhaupt nicht zu bemerken, in welche Art Wunde sie hineingestochen hatte. Lediglich meiner anderen Schwester Daniela, meinem zwei Jahre jüngeren Bruder Robin und meinen Eltern zuliebe habe ich nichts dergleichen unternommen, sondern sie stattdessen mit nur kurzen, knappen und vor allem nichtssagenden Antworten bestraft und dabei mit meinen verachtenden Blicken gedemütigt. Mir war klar, dass ich sie damit auf die Palme bringen würde und sie nichts dagegen tun konnte.
Innerlich zitterte ich jedoch wie Espenlaub.
'Bleib ruhig!', dachte ich immer wieder. Ich spürte, wie schwer mir das fiel. 'Bleib verdammt noch mal ruhig, Nick!'
Als die Sippe endlich weg war, war ich heilfroh. Robin durfte gern ein wenig länger bleiben, da ich schon immer ein sehr inniges Verhältnis zu ihm pflegte. Das hatte sich bereits in früher Kindheit entwickelt, da ich ihn sehr häufig vor meinem damals noch gewalttätigen und ständig besoffenen Vater beschützt hatte. Papa war bis vor einigen Jahren dem Alkohol noch mehr verfallen als ich den meisten Männern heutzutage, und sobald sein Pegel im Promillebereich nach oben ging, wurde er immer extrem aggressiv.
Ich erinnere mich noch an einen Tag kurz vor Weihnachten. Daniela und ich waren dabei, den Baum zu schmücken. Wir gaben uns viel mehr Mühe als in den Jahren zuvor, aber Papa hatte nichts Besseres zu tun, als diesen in seinem Vollrausch durch unser Wohnzimmer zu schmeißen und mit den Christbaumkugeln nach uns zu werfen. Sogar Wochen später fanden wir noch Scherben davon auf dem Fußboden. Robin war damals erst zwölf. Er weinte fürchterlich und hatte Angst. Natürlich nahm ich ihn sofort in den Arm und tröstete ihn. Das tat ich übrigens immer, wenn die Situation mal wieder eskalierte und am Brennpunkt stand. Sobald ich ihn festhielt, wurde er ruhiger und fühlte sich sicher. Mama war natürlich – wie jedes Mal – völlig aufgebracht und schrie wie eine wilde Furie herum. Sie bemerkte überhaupt nicht, dass sie Papa damit noch viel wütender machte. Er war wie von Sinnen, beschimpfte uns alle auf das Übelste und knallte die Türen, bis er sich schließlich auf sein Bett schmiss, um seinen Rausch auszuschlafen. Mit der Weihnachtsstimmung war es in jenem Jahr auf jeden Fall endgültig vorbei.
Meine sexuelle Lust wurde durch die familiären Ereignisse jedoch nicht getrübt. Ständig stand mein kleiner Freund wie eine Eins, das konnte ich überhaupt nicht verhindern. Vor allem, wenn ich mich abends ins Bett legte, bekam ich sofort einen Steifen. Ich konnte nicht einschlafen, bevor ich mir nicht mindestens einmal einen runtergeholt hatte. Dabei dachte ich jedoch niemals an Mädchen, für mich standen schon immer die Jungs im Vordergrund. Immer wieder stellte ich mir vor, einen von den Typen aus meiner Klasse zu vernaschen. Dabei lag ich mit heruntergelassener Schlafanzughose und freiem Oberkörper auf meinem Bett und bearbeitete mein hartes Ding. Jeden Abend tat ich es. Ab und zu sogar zweimal. Niemals dachte ich auch nur ansatzweise daran, meine Tür zu verriegeln, auch nicht an jenem Abend vor Weihnachten, an dem plötzlich der Türdrücker herunterging.
„Was machst du denn da?“, hörte ich Robin fragen. Ehe ich mich versah, knipste er das Licht an.
Augenblicklich versuchte ich, mir die Bettdecke über den Körper zu schmeißen, doch Robin war viel zu schnell im Raum. Ich konnte nichts sagen, sondern lag einfach nur da, mit meinem harten Schwanz in der Hand, und lief rot an. Robin begann zu grinsen.
„Ich habe komische Geräusche gehört und gedacht, dass vielleicht etwas nicht stimmt – wegen Papa oder so. Aber dann ist es ja gut.“
Verschämt legte ich meinen Arm über die Stirn.
„Ist nicht schlimm, ist doch ganz normal, brauchst dich nicht zu schämen!“, fuhr er fort.
Ich glaubte, mich verhört zu haben. Felsenfest hatte ich damit gerechnet, dass er mich verspottete oder so. Aber er reagierte so cool, das hätte ich niemals erwartet. Er kam auf mich zu und setzte sich zu mir auf die Bettkante. Mein Schwanz war mittlerweile erschlafft.
„Hallo, wir sind Brüder, da brauchen wir uns nicht zu verstecken. Meinst du etwa, ich mache das nicht?! Ist doch total normal!“
Ich war völlig durcheinander. Er war der Jüngere von uns. Eigentlich war er es, der von mir lernen sollte und nun verdrehten sich die Welten. Vom allerersten Mal an war die Wichserei meine Privatsache, meine persönliche Art, mich zurückzuziehen und zu entspannen. Aber nun machte genau Robin es zu einer Sache zwischen Brüdern. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Dann ging er zur Tür. Er verließ aber nicht, wie ich zunächst erwartet hatte, den Raum. Stattdessen schloss er ab, verdunkelte das Zimmer wieder und legte sich zu mir. Dann nahm er mich in den Arm und beruhigte mich. Mehrmals streichelte er mir über die Wange. Mein Schwanz war mittlerweile auch wieder hart, was ihm nicht verborgen blieb.
„Es ist alles okay!“, sagte er mit einer beruhigenden, erwachsen klingenden Stimme, die so beruhigend klang, dass ich darüber an diesem Abend einschlief.
Robin wuchs mit der Zeit zu einem meiner besten Freunde heran. Uns verband schon immer mehr als nur Brüderlichkeit, wir wussten, dass wir uns aufeinander verlassen konnten, wir ergänzten uns in unserer schwierigen Familie und mit unseren Problemen völlig.
Irgendwann unterzog sich mein Vater dann freiwillig einer Therapie für Alkoholkranke. Zur selben Zeit lag Mutter ebenfalls im Krankenhaus, nicht unbedingt die schönste Zeit, vor allem, da bei ihr ein Herzfehler festgestellt wurde. Lissy übernahm somit das Regiment im Haus, das jedoch weder von Daniela noch von Robin und ganz zu schweigen von mir akzeptiert wurde. Wir führten sie vor, wo es nur ging.
Robin wollte partout in diesen Tagen mit bei mir im Zimmer schlafen. Obwohl ich es nicht unbedingt für die beste Lösung hielt, konnte ich seinem Wunsch nicht widersprechen. An drei Abenden ging es gut. In beschissenen drei Nächten konnte ich meine Lust unter Kontrolle halten. Dann jedoch versagte ich auf ganzer Linie. Mein Schwanz war so hart wie ein Eisenrohr, die Beule in meiner Schlafanzughose war nicht mehr zu unterdrücken. Mehrere Lusttröpfchen hatten sich bereits abgesetzt. Ich schaute zu meinem Bruder hinüber und vergewisserte mich, dass er schlief. Eigentlich wollte ich es vermeiden, mich zu wichsen, wenn er direkt neben mir lag, doch in dieser Nacht konnte ich nicht anders, ich war einfach zu scharf.
Heimlich begann ich, meinen Schwanz zu bewegen, es war ein so geiles Gefühl. Mein Herz begann laut zu schlagen, ich atmete schneller. Dann zog ich meine Hose bis zu den Knien herunter, mein Hammer und meine Eier lagen nun völlig frei. Während ich meinen feuchten Riemen immer schneller wichste, berührte ich mich überall. Dann schaute ich instinktiv noch einmal zur Seite und sah, dass Robin alles andere als schlief. Er war hellwach und schaute mich direkt an. Relativ schnell bemerkte ich, dass auch er an sich herumspielte. Seine rechte Hand hatte er bereits an seinem Steifen und mit der linken streichelte er seine Brust. Ich hörte, wie er keuchte.
Obwohl ich wusste, dass es völlig falsch war, konnte ich es nicht verhindern, dass mich das noch mehr erregte. Hemmungslos verwöhnte er seinen Körper, ich konnte zusehen, wie er sich immer mehr in Ekstase brachte, vernahm sein Stöhnen. Seine Blicke waren fordernd, es war Geilheit in seinen Augen zu sehen. Meine Augen fixierten ihn. Auf diese Weise hatte ich ihn nie zuvor angeschaut. Mehrmals fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen, sie waren voll und rot, ein so süßes Gesicht und der Kussmund mit diesen strahlenden, perfekten Zähnen. Sein Anblick brachte mich zum Orgasmus, er war es, der dafür sorgte, dass ich kam. Eine volle Ladung spritzte ich mir auf den Bauch. Robin kam kurz nach mir zum Höhepunkt. Dann begann er, zu grinsen.
„Es ist alles okay!", flüsterte er mir erneut ins Ohr.
Da war er wieder. Dieser Satz, der mir noch immer im Gehirn festgebrannt war. Es war alles andere als okay, immerhin war er mein Bruder. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, lag fast die gesamte Nacht wach und wälzte mich von einer Seite auf die andere. Warum nur hatte ich das getan? Er jedoch schlief tief und fest.
Am nächsten Morgen stand Robin auf, als wäre nichts geschehen. In mir stieg eine Art von Scham auf, ich traute mich nicht, meinem Bruder in die Augen zu schauen.
Heute können wir beide darüber lachen. Noch auf meinem Geburtstag kamen wir darauf zu sprechen.
„Du warst damals viel zu verklemmt!“, meinte er.
Ja, vielleicht war ich das. Verklemmt. Zumindest widersprach ich ihm nicht.
Robin tat so viel für mich. Nachdem ich Mario verlor, kam ich allein überhaupt nicht zurecht. Ich begann, meine Wohnung und meinen Beruf zu vernachlässigen, brach den Kontakt zur Außenwelt ab und verbrachte den Großteil meiner Freizeit lediglich vor dem Fernseher. Robin war derjenige, der mich aus diesem Sumpf wieder herausholte. Ihm habe ich es zu verdanken, dass es mir wieder gut geht. Eines Abends brachte er mir einen kleinen Hund vorbei.
„Damit du jemanden hast, um den du dich kümmern kannst“, meinte er.
Ich schloss das Tier sofort in mein Herz und gab ihm den Namen Bobby.
***
Manchmal, wenn ich abends wieder einmal auf meiner Fensterbank sitze und hinausschaue, springt er mir auf den Schoß, als wollte er mir sagen, dass er sich bei mir wohlfühlt. Das hilft mir immer sehr, wenn mich der Verlust von Mario wieder einmal traurig macht.
„Froschkönig sucht Märchenprinz!“ Sonst hatte ich außer einer Chiffrenummer nichts. Rein gar nichts. Eine Anzeige von vielen, dennoch las ich sie mir mehrmals nacheinander durch.
„Was soll das denn?“, fragte ich mich und verspürte dabei erhebliche Neugier und starke Aufregung. Meine Hände begannen zu zittern und mein Hals wurde trocken, sobald ich auf diese Zeile schaute. Ich legte die Lokalzeitung aus der Hand. Dann nahm ich mir eine Zigarette aus meiner fast leeren Schachtel, öffnete das Fenster, da es mich nicht nur nach Nikotin, sondern auch nach frischer Luft gelüstete, setzte mich auf meinen Stammplatz, rief meinen Bruder Robin an und erzählte ihm von diesem Satz.
„Soll ich darauf antworten?“, fragte ich ihn.
Scheinbar war er noch nicht so ganz wach. Seine Stimme klang belegt und die Worte flossen nur zäh über seine Lippen.
„Du musst doch nicht auf so eine Kontaktanzeige antworten. Was hat dich denn geritten? Wer weiß, auf wen du dich da einlässt.“
Aber genau das war ja der Punkt. Ich hatte keinerlei Ahnung, wer dahintersteckte. Das machte mich neugierig. Mehrmals versuchte ich, es Robin zu erklären, doch er schien mich nicht zu verstehen, sondern faselte von irgendwelchen Betrügern, die nur an das Geld ihrer Opfer gelangen wollten und von hässlichen Fregatten, die sonst bei niemandem landen würden. Zum Schluss sagte er mir, dass ich so etwas doch nicht nötig hätte. Bestimmt würde ich bald jemanden finden, auch ohne auf ein so blödes Inserat zu antworten.
„Ja, ja! Du musst es ja wissen!“, hauchte ich leicht ignorant und voll Selbstmitleid durch den Hörer.
„Ich verstehe dich nicht. Wenn du jemanden zum Ficken brauchst, dann such dir doch in deiner Szene einen. Dann weißt du wenigstens, mit wem du es zu tun hast. Falls du da keinen Bock drauf hast, dann lass die Handmaschine rattern, das tut’s auch. So und nun entschuldige mich, ich habe einen tierischen Druck auf der Blase.“
'Tolle Hilfe!', dachte ich, als mir klar wurde, dass Robin soeben das Gespräch beendet hatte. Ein wenig wütend drückte ich meine Zigarettenkippe mit Daumen und Zeigefinger tief in den Boden meines Aschenbechers hinein, schloss das Fenster wieder, holte mir ein Handtuch und ging duschen.
Froschkönig sucht Märchenprinz. Während des Telefonats hatte ich den Satz mit einem Textmarker fett angestrichen. Sogar vom Bad aus konnte ich den überdimensionalen, gelben, durch die Druckerschwärze leicht abgedunkelten Strich auf der Zeitung erkennen.
„Froschkönig sucht Märchenprinz!“
Ständig musste ich auf diese Zeile starren. Mir wurde dabei immer klarer, dass ich den Typen, der den Satz verfasst hatte, treffen musste. Dabei ging es mir nicht ums Ficken - zumindest nicht in diesem Fall. Vielmehr hatte ich Sehnsucht nach genau jenem Froschkönig. Ich wollte sein Märchenprinz sein. Deshalb ging ich zur Schublade, holte Briefpapier und einen Füller heraus und begann die ersten Zeilen zu verfassen. Obwohl ich schon gefühlte Jahrhunderte keinen Brief mehr per Hand geschrieben hatte, entschloss ich mich dennoch dazu. Immerhin sollte es ja etwas Besonderes sein.
Ich hegte keinerlei Hoffnung, dass ich jemals eine Antwort bekommen würde. Deshalb beschloss ich, mit niemandem darüber zu reden, auch nicht mit Robin, weil ich keinen Bock darauf hatte, dass er gleich wieder übers Ficken labern würde. Es ging mir tatsächlich nicht ums Vögeln. Mein Teil zu versenken war noch niemals ein Problem für mich gewesen.
Als wir abends im Kino waren, sprach mich Robin noch einmal kurz darauf an. Ich belächelte das Thema, überspielte damit meine eigene Nervosität, meinte, dass das lediglich eine Spinnerei von mir gewesen war, und winkte ab. Für meinen Bruder war die Sache somit vom Tisch. Der Brief war jedoch längst im Postkasten.
Bereits fünf Tage später bekam ich eine Antwort aus Berlin. Im Umschlag lag ein Foto, begleitet von einem kurzen Schreiben mit schlecht lesbarer Handschrift. Das Bild versprach eine Menge.
'Hübsch!', dachte ich und die Zeilen klangen sehr sympathisch. Mario hieß er also, der Froschkönig – und er wollte ein Treffen – recht bald schon. Vielleicht sogar noch am selben Tag. Er hatte eine Telefonnummer hinterlassen, doch bei dem Gedanken, ihn sofort anzurufen, pumpte mein Herz das Blut von jetzt auf gleich in dreifacher Geschwindigkeit durch meinen Körper, sodass ich zu zittern begann und sowieso kein einziges Wort herausgebracht hätte. Also wartete ich ein paar Zigarettenlängen, bis ich wieder ruhiger war, wischte die Fensterbank feucht ab, um die Aschereste zu beseitigen, putzte sie fein säuberlich trocken, setzte mich auf meinen Stammplatz zurück und nahm den Hörer zur Hand. Noch immer flatterte ich wie Espenlaub.
'Und wenn Robin recht gehabt hatte und er tatsächlich nur ficken wollte?'
Egal, den konnte ich mir nicht entgehen lassen. Ich bekam ein Freizeichen, nahm eine weitere Kippe aus der Packung, steckte sie zwischen meine Lippen, zündete sie jedoch nicht an. Ich fühlte mich sicherer so, es war, als würde ich mich an der Fluppe festhalten können.
„Hallo?“
„Ja, hey, hier ist Nick!“, stotterte ich. „Wir hatten uns geschrieben und ich wollte mich auf deinen Brief zurückmelden!“
Mein Herz war mir mittlerweile in die Hose gerutscht.
„Ja super! Das freut mich. Dein Brief hat mir echt gut gefallen. Vielen Dank noch einmal dafür, ich habe sehr viel Post bekommen, aber keiner hat so tolle Sachen geschrieben wie du.“
„Danke!“, krächzte ich hinaus. Meine Stimme schien zu versagen, in meiner Kehle spürte ich einen extremen Hustenreiz. Ich nahm mein Feuerzeug, knipste es an und zog hastig an meiner Zigarette, in der Hoffnung, es würde sich legen.
„Ich würde mich ganz gern mit dir treffen, um dich kennenzulernen, das hatte ich ja schon geschrieben. Wie sieht dein Zeitplan denn morgen aus?“
„Ich kenne ein gutes Café in Zehlendorf. Das wird nicht so weit von deinem Wohnort entfernt sein. Morgen habe ich Zeit.“
Noch immer rollten die Sätze nicht flüssig über meinen Kehlkopf. Ich trank ein wenig Wasser und betete heimlich, mich dabei nicht zu verschlucken.
„Meinst du das Mex?“
Ich nickte, ohne anfangs zu bemerken, dass er mich ja überhaupt nicht sehen konnte. Er wiederholte die Frage deshalb und ich antwortete lediglich mit einem kurzen „Ja!“
„Um acht?“
„Geht klar!“
„Super, freut mich, dass du dich gemeldet hast.“
„Gerne, ich freue mich auch.“
Ich beendete das Gespräch und schaute aus dem Fenster. Mein Herz schlug mir noch immer bis zum Hals. Mehrmals musste ich husten, dann drückte ich die Kippe aus. Es hatte leicht zu schneien begonnen. Frau Schubert, meine allwissende Nachbarin, fegte bereits die ersten Flocken vom Gehweg, obwohl das eigentlich noch überhaupt nicht notwendig war. Es bot sich immer dasselbe Bild. Trügerische Kleinstadtidylle im Mehrfamilienhaus - und ich auf meiner Fensterbank. Mir war schlecht, wahrscheinlich hatte ich zu viel geraucht. In dem Moment fand ich meine Nikotinsucht abscheulich. Für einen Moment schaltete ich den Fernseher ein, doch das Ablenkungsmanöver wollte mir nicht gelingen. Mehr und mehr wurde mir klar, was soeben geschehen war.
Ich hatte ein Blinddate.
Am nächsten Abend war ich überpünktlich. Bereits eine halbe Stunde vor der verabredeten Zeit saß ich in diesem Lokal, bestellte mir, da es draußen heftig kalt war, einen heißen Kakao und schaute mir die vielen Portraits an der Wand an. Allmählich kehrte meine Nervosität zurück. Ich stellte mir die üblichen Fragen, ob meine Frisur auch richtig saß, meine Zähne sauber genug waren, ich das richtige Outfit gewählt hatte und so weiter und so fort. Diese Fragen machten mich wahnsinnig. Ständig schaute ich zur Uhr. Dann bestellte ich einen weiteren Kakao. Die Bedienung brachte ihn zum Tisch, ich lächelte einen Moment, drehte mich um, um in meiner Jacke nach meinen Zigaretten zu suchen, streckte nur kurz meinen linken Arm falsch aus und schon war das Missgeschick geschehen. Die heiße Schokolade verließ auf unglückliche Weise ihren Becher, erstreckte sich durch die Lokalität und platschte dabei jemandem direkt auf das rechte Hosenbein.
'Oh nein!', dachte ich. 'Ist das etwa …?' Ich musste nicht weiterdenken, er war es.
„Na das ist ja eine feine Art der Begrüßung.“
Warum nur musste ich immer in solche Fettnäpfchen treten?
Ich entschuldigte mich mehrfach und bat die Bedienung, mir ein Tuch für Marios Jeans zu geben. Er nahm die Sache mit Humor und bestellte im selben Augenblick zwei weitere Heißgetränke. Immer wieder beteuerte ich, dass ich das nicht mit Absicht getan hatte.
„Ja, ist schon gut. Ich bring dir die Hose morgen zum Waschen vorbei und die Sache ist aus der Welt.“
„Das ist absolut kein Problem“, antwortete ich und nahm den Satz natürlich für bare Münze. Seine Ironie übersah ich dabei völlig, da mir das dermaßen peinlich war. Meine Wangen waren so heiß und rot, als wäre ich durch ein Fegefeuer gelaufen.
Immerhin hatten wir ein Gesprächsthema. Wir kamen vom Wäschewaschen auf meine Schusseligkeit zu sprechen, von dort aus drifteten wir ab zu meinem Altenpflegejob. Er erzählte über sich, dass er in einer WG lebte, sich jedoch auf jeden Fall wohntechnisch verändern wollte und darüber, wie kalt und nass Berlin doch war. Der Fleck vom Heißgetränk war irgendwann nicht mehr Thema und meine Wangen nahmen mit der Zeit auch wieder Normaltemperatur an. Wir verstanden uns gut, hatten viele gleiche Interessen und verplauderten die Zeit. Dabei übersahen wir völlig, dass wir mittlerweile die letzten Gäste waren und es allmählich an der Zeit war, zu gehen.
Draußen war es mittlerweile richtig winterlich. Dick in unsere Jacken eingepackt schlenderten wir über die Straßen. Ich fröstelte stark und begann heftig zu zittern. Als Mario das bemerkte, legte er seinen linken Arm um mich und strich mir mehrmals über den Rücken, um mich zu wärmen. Augenblicklich begann es, in mir zu prickeln. Am Bahnhof stellten wir fest, dass um diese Uhrzeit keine Bahn mehr nach Potsdam fuhr.
„Dann musst du wohl mit zu mir kommen!“, betonte er grinsend, stellte sich vor mich, legte beide Arme auf meine Schultern und kam mir mit seinem Gesicht so nah, als wollte er mich küssen. Er tat es jedoch nicht, sondern wich zurück. Dabei war ich in dieser Situation alles andere als abgeneigt. Am liebsten hätten meine Lippen ihn sofort verschlungen.
'Du musst reagieren!', befahl mir mein siebter Sinn.
„Ich komme gern mit zu dir!“
Diesmal stellte ich mich ihm in den Weg, legte beide Arme auf seine Schultern und kam mit meinem Gesicht so nah, als wollte ich ihn küssen. Nur dass ich nicht zurückwich. Seine Lippen waren so zart - fast wie ein Babypopo. Er öffnete seinen Mund und unsere Zungen begannen, sich zu berühren. In meiner Hose wuchs mein Schwanz augenblicklich auf Rekordgröße. Ich wollte ihn! Er wollte mich! Deshalb gingen wir.
In der notdürftig eingerichteten Wohnung brannte noch Licht. Ein junger Mann mit langen, ungepflegten Haaren, die er mit einem Gummiring zusammengebunden hatte, saß im Schneidersitz und freiem Oberkörper auf einem alten 50er-Jahre Sofa und spielte Gitarre. Dabei rauchte er selbstgedrehte Zigaretten aus billigem Tabak. Der Typ war mir nicht sympathisch, aus Anstand grüßte ich ihn jedoch und hielt ein wenig Smalltalk. Ich spürte, dass auch er mich nicht sonderlich mochte, deshalb war es umso schöner, als Mario und ich uns endlich zurückziehen konnten.
Sein Zimmer war für mich eine absolute Katastrophe. Allerhöchstens drei mal vier Meter – mit einem Schlafsofa als Bett, einem Kleiderschrank, der fast auseinanderfiel, und einem Schreibtisch mit einem Fernseher darauf. Mir wäre mir das persönlich viel zu klein und unkomfortabel gewesen. Dennoch war das nebensächlich, wir konzentrierten uns lediglich auf uns, begannen uns zu streicheln, küssten uns innig und zogen uns dabei langsam immer weiter aus, bis wir völlig nackt waren.