Nur ein Hauch von Zimt - Frank Böhm - E-Book

Nur ein Hauch von Zimt E-Book

Frank Böhm

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Beschreibung

In einem nicht sehr großen Dorf lebt der neunjährige Luan mit seinen Eltern auf einem kleinen Bauernhof. Das Fest der Liebe naht und im Gegensatz zu den meisten anderen Kindern, die er kennt, glaubt er felsenfest an die Existenz des Weihnachtsmannes, wobei er den ganz besonderen Wunsch hegt, diesen am Heiligen Abend auf dessen Schlitten zu begleiten. Eines Nachts sucht ihn eine Fee auf und verspricht ihm, dass genau das tatsächlich in Erfüllung gehen kann, allerdings ist diese Zusage an eine – für Luan nahezu unlösbare – Aufgabe geknüpft. Wird er diesem Auftrag gerecht werden können und wird ihm so sein Herzenswunsch erfüllt oder ist die nächtliche Erscheinung vielleicht nur ein Streich seiner Fantasie?
Nur ein Hauch von Zimt – ein weihnachtliches Märchen, das Herzen sprechen lässt.
Der Inhalt des Buches beträgt ca. 13.500 Wörter.

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Valerie le Fiery, Frank Böhm

Nur ein Hauch von Zimt

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Nur ein Hauch von Zimt

 

Es war einmal vor ziemlich langer Zeit in einem kleinen, abgeschiedenen Dorf. Dort lebte der neunjährige Luan in ziemlich ärmlichen Verhältnissen, doch trotz der misslichen Umstände hegte er einen bescheidenen, für ihn allerdings sehr wichtigen Wunsch. Er träumte bereits seit frühester Kindheit davon, ein einziges Mal im Schlitten des Weihnachtsmannes mitfliegen zu dürfen, die Rentiere zu streicheln und in die unzähligen leuchtenden Augen zu sehen, wenn die Kinder dieser Welt beschenkt wurden. Gleichzeitig war dem Kleinen natürlich klar, dass sich eben dieser Wunsch niemals erfüllen würde, zumal die anderen Jungen und Mädchen im Dorf eher davon erzählten, dass es den Weihnachtsmann gar nicht gäbe und die Erwachsenen die Geschenke kaufen oder selbst herstellen würden. Irgendetwas jedoch ließ ihn an deren Aussage zweifeln. Seine Eltern hatten nämlich eigentlich überhaupt kein Geld für Geschenke, kämpften das ganze Jahr über auf ihrem Bauernhof ums schiere Überleben – die Geschäfte mit dem Vieh und der Ernte gingen sehr schlecht – und zudem litt seine Mutter bereits seit langer Zeit an einer schmerzhaften Krankheit, die es ihr unmöglich machte, mehr als zwei Stunden am Tag zu arbeiten. Dennoch verging kein Jahr ohne eine Bescherung, selbst wenn es nicht immer die riesigsten Präsente waren.

Luan litt sehr unter dem schlechten Befinden seiner Mutter, so gern hätte er etwas dagegen getan, leider war er jedoch nicht in der Lage, ihr die Schmerzen zu nehmen. Nächtelang lag er deshalb wach und grübelte nach, doch in jener Dezembernacht in der Woche vor dem dritten Advent, drängte sich sein innigster Weihnachtswunsch dennoch wieder einmal in den Vordergrund. Irgendwie musste es doch klappen, den Mann mit den Geschenken, dem roten Mantel und dem weißen Bart zu kontaktieren und ihm einfach sein sehnlichstes Begehren vorzutragen. Luan war sogar bereit, sämtliche anderen Wünsche hintanzustellen oder sogar komplett auf selbige zu verzichten. Nur allzu gern hätte er in diesem Jahr endlich ein neues Fahrrad bekommen — auch wenn dieses Ansinnen sicher schon fast unverschämt war — oder vielleicht wenigstens einen schicken Fußball und ein Gesellschaftsspiel, doch mit dem Weihnachtsmann auf Geschenketour zu fliegen, das war nun mal sein absoluter und innigster Herzenswunsch, dem kein irdisches Gut zuvorkam.

Tief in Gedanken versunken lag Luan, wie so oft, in seinem Bett und starrte die Zimmerdecke an. Er mochte es, wenn die Schatten der Bäume sich dort in einem Lichtspiel wiederfanden, er dem Treiben der mittlerweile kahlen Äste ein wenig zusehen und dabei einfach ein bisschen träumen konnte. An diesem Abend jedoch war alles anders, denn zwischen den Zweigen war etwas zu erkennen, was ihm nicht vertraut war. Zunächst erschrak er, seine innere Stimme sagte ihm jedoch, dass es nichts war, wovor er Angst haben musste.

Vorsichtig sah Luan aus dem Fenster und glaubte, seinen Augen nicht zu trauen, denn er erblickte vor dem spiegelnden Glas eine Fee, die wispernd um Einlass bat. Sie war vollkommen in Gold gekleidet, trug einen überdimensional großen Hut und hatte ein freundliches Gesicht, das bei Luan für sofortiges Vertrauen sorgte. Er stand auf, öffnete ihr und fragte, was sie wollte.

„Ich bin zu dir gekommen, weil du ein reines Herz hast, vielleicht sogar das reinste dieses Dorfes. Und ich hörte von deinem Wunsch. Den würde ich dir sehr gern erfüllen, doch dafür musst du die anderen Kinder oder auch die Erwachsenen in diesem Ort davon überzeugen, dass es den Weihnachtsmann gibt. Du solltest nämlich wissen, dass der Herr mit dem weißen Bart vom Glauben an ihn lebt. Je mehr Menschen seine Existenz anzweifeln, desto schwächer wird er, bis es ihn vielleicht wirklich irgendwann nicht mehr geben wird. Also gehe hinaus und versuche, die Menschen um dich herum von ihm zu überzeugen. Sofern du in diesem Jahr fünf Personen den Glauben an Santa Claus zurückgeben kannst, wird dein Wunsch Realität werden und du wirst das wahrscheinlich schönste Weihnachten erleben, das du dir nur vorstellen kannst.“

Luan stand mit offenem Mund vor der Fee und wollte soeben zu einer Antwort ansetzen, doch ohne auf diese zu warten, war die freundliche Dame mit dem riesigen Hut verschwunden und ließ lediglich einen zarten Duft zurück. Es war ein Hauch von Zimt, der Luan an das bevorstehende Fest erinnerte und ihm genau das weihnachtliche Gefühl gab, das er so sehr mochte und dem er sich jedes Jahr aufs Neue hingeben konnte.

Völlig irritiert und leicht zweifelnd zog sich Luan in sein Bett zurück. Das konnte doch gar nicht sein, das hatte er sicher alles nur geträumt, oder? Schnell kniff er sich selbst in den linken Oberarm und schrie leise auf. Nein, er war wach und dieser angenehme Duft lag noch immer in der Luft. Schnuppernd zog Luan die Nase kraus. Ja, es roch tatsächlich wie auf dem Weihnachtsmarkt, den er zur Adventszeit so gern besuchte, obwohl er kein Geld hatte, um sich dort etwas zu kaufen. Aber den Duft der Zimtsterne, den sog er stets tief in sich ein. Leider war seine Mutter nicht mehr in der Lage, solche herrlichen Sachen zu backen, ihre Kraft reichte einfach nicht mehr aus, um lange in der Küche zu stehen, Keksteig zu kneten, auszurollen und später zu verzieren. Luans Vater musste sich seinerseits bereits ziemlich oft darum kümmern, dass überhaupt Essen auf den Tisch kam, da konnte er sich nicht mit derart aufwendigen Kleinigkeiten wie Keksebacken belasten. Und Luan selbst war einfach noch zu klein, seine Eltern erlaubten ihm bisher nicht, dass er den Backofen oder den Herd bediente.

Zimtsterne! Leise seufzend schob sich Luan tiefer unter die Decke und grübelte weiter. Was hatte dieses merkwürdige Wesen gesagt? Falls er es schaffen würde, fünf Menschen in seinem Umfeld davon zu überzeugen, an den Weihnachtsmann zu glauben, dürfte er mitfliegen und könnte vielleicht sogar den Nordpol sehen oder mit den Rentieren kuscheln. Seinen Eltern durfte er davon jedoch nichts erzählen. Sie würden ihm ohnehin keinen Glauben schenken und sich bestimmt nur unnötig Sorgen um ihn machen, was vor allem der Gesundheit der Mutter sicher nicht besonders zuträglich wäre. Vielleicht könnte er die Fee bei ihrem nächsten Besuch fragen, ob der Weihnachtsmann eventuell in der Lage wäre, seiner Mutter die vielen Schmerzen zu nehmen. Oder durfte man sich solche Dinge nur vom lieben Gott wünschen? Und was wäre, falls er sich entscheiden müsste, wenn es später hieß: Entweder mitfliegen oder die Mama könnte gesund werden, was würde er in einem solchen Fall tun? Mit einem Schniefer wischte sich Luan die salzigen Tränen ab, die ihm während seiner Gedanken immer wieder aufs Neue über die Wangen kullerten. Nein, keine Frage, es war wichtiger, dass seine Mutter ganz in Ordnung kam, selbst wenn er dafür alles andere opfern müsste. Doch egal, wie auch immer die Antwort der Fee oder gar des Weihnachtsmannes ausfallen könnte, zunächst musste er erst einmal eine Menge Überzeugungskraft aufwenden und das würde bestimmt schwer genug werden, davon war Luan vollkommen überzeugt.

Am nächsten Morgen, Luan hatte sich sein Frühstück selbst zubereitet, das zumindest war ihm erlaubt, rannte er förmlich zur Schule. In der ersten Stunde hatten sie Unterricht bei Frau Winter, ihrer Klassenlehrerin. Geschichte stand auf dem Stundenplan, und selbst wenn viele der anderen Schüler dieses Fach nicht mochten, Luan liebte es. Er fand es spannend, wie die Menschen früher gelebt hatten, warum es keine Dinosaurier mehr gab und wie sich das Leben überhaupt entwickeln konnte. Ob er Frau Winter eventuell fragen sollte, wie das früher mit dem Weihnachtsmann gewesen war? Immerhin unterrichtete sie nicht nur Geschichte, sondern neben Deutsch auch Religion, deshalb glaubte Luan, in ihr die richtige Person gefunden zu haben, um über solche Dinge zu reden. Ja, genau das würde er tun, in diesem Fall konnten die anderen Schüler auch nicht gleich wieder lachen oder ihn verspotten, sofern er nach wie vor behauptete, dass es ganz sicher einen Weihnachtsmann gäbe.

Luan war deutlich zu früh in der Schule, doch das machte nichts, so konnte er hoffentlich noch ein bisschen mit seinem besten Freund Peter quatschen; die Pausen waren eh viel zu kurz und nach der Schule eilte er in den meisten Fällen sofort nach Hause, um dort ein paar kleine Aufgaben zu übernehmen, damit seine Mutter entlastet wurde, aber das tat er ohnehin gern. Später am Nachmittag standen bei ihm, wie bei jedem Schüler, die Hausaufgaben an, die Luan jedoch mit großer Freunde und überschwänglichem Eifer erledigte, da er ohnehin fleißig war, eifrig lernte und bislang in diesem Jahr als Klassenbester bezeichnet wurde. Von daher blieb ihm im Allgemeinen eben nicht viel Zeit für Plaudereien oder Unternehmungen mit seinem besten Freund, der ihn allerdings ab und zu auf dem Hof besuchte.

Peter kam gleichzeitig mit ihm an der Schule an, doch weil es lausekalt war, zogen sich die beiden Jungs in den Schulflur zurück und setzten sich mit baumelnden Beinen auf eine der Fensterbänke. Noch waren sie ziemlich allein im Gebäude, denn die Schüler trudelten erst nach und nach ein, wie sie durch die Glasscheiben sehen konnten. Luan atmete tief ein.

„Sag mal, Peter, was wünschst du dir dieses Jahr eigentlich vom Weihnachtsmann?“

„Wieso Weihnachtsmann?“, kam es leicht knurrig zurück und mit einer mehr als deutlichen Handbewegung an die Stirn machte Peter seinem Freund klar, dass er ihn für bekloppt hielt. „Fängst du jetzt jeden Tag damit an? Ich hab dir bereits mehrfach erklärt, dass meine Eltern das ganze Zeugs kaufen, das sie mir unter den Baum legen. Natürlich tun sie immer so, als ob der Weihnachtsmann käme, beispielsweise mit einem Klingeln, wenn ich grad auf dem Klo bin oder so. Früher hat sich einer meiner Onkel sogar verkleidet, da war ich fünf, glaub ich, doch ich hab seine dämlichen Stiefel erkannt. Nee, Luan, glaub mir, das mit dem Mann, der mit einem Schlitten um die Welt fliegt, ist eine verdammte Lüge.“