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Hamburg zur Adventszeit.
Kearon Hopster, Sohn eines amerikanischen Geschäftsmannes, verschwindet spurlos. Rasch stellt sich heraus, dass der Junge entführt wurde.
Die zuständige Polizeibehörde ermittelt auf Hochtouren, tappt jedoch zunächst im Dunkeln, bis Kearons Freund Jason zumindest ein wenig Licht in die Angelegenheit bringt.
Nach nervenaufreibenden Tagen und Wochen bekommt der ganze Fall zum Schluss jedoch eine völlig unerwartete Wendung.
Tauchen Sie ein in eine etwas andere Weihnachtsgeschichte, in der die Liebe innerhalb einer Familie im Vordergrund steht.
Der Inhalt des Buches beträgt ca. 11.500 Wörter.
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Es ist Sonntag, der dritte Advent. Still ist es in der Uhlenhorster Villa von Matt Hopster. Mit sorgenvollem Blick schaut die Haushälterin Margret aus dem Esszimmerfenster. An der langen Tafel hat sie soeben das Abendbrot für ihren Schützling Kearon angerichtet – wie so oft nur für ihn allein, denn leider befindet sich sein Vater derzeit auf Geschäftsreise in Los Angeles und wird aller Wahrscheinlichkeit nach erst kurz vor Heiligabend zurückerwartet. Drei Kerzen leuchten im Adventskranz still flackernd vor sich hin und geben dem Raum ein feierlich angehauchtes Ambiente – Margrets inneres Gefühl ist jedoch alles andere als vorweihnachtlich. Es ist mittlerweile halb sechs Uhr abends und Kearon ist bisher nicht nach Hause zurückgekehrt. Draußen hat es zu schneien begonnen und für die Nacht ist ein Sturm angekündigt. Wo mag der Junge nur stecken? Ob sie ihn suchen sollte?
Margret ist völlig verunsichert und läuft hektisch auf und ab. Einerseits obliegt ihr die Pflicht, über Kearon Aufsicht zu führen und dafür Sorge zu tragen, dass ihm nichts geschieht, andererseits möchte sie ihn natürlich nicht auf Schritt und Tritt überwachen. An diesem Tag wollte er einen Freund besuchen, zumindest hatte er sich mit dieser Aussage am Mittag von ihr verabschiedet und ihr beim Hinausgehen mit einem freudigen Gesichtsausdruck zugewinkt. Sie hatte ihm noch hinterhergerufen, dass er bitte pünktlich zur abendlichen Mahlzeit zurück sein sollte, was von Kearon nickend bestätigt worden war. Und nun ist er trotz seines Versprechens nicht zum Essen zu Hause eingetroffen.
Margret kann ihre Sorge nicht mehr unterdrücken oder gar ignorieren. Mit hastigen Schritten rennt sie die breiten Treppen des Hauses hinab und streckt soeben die Hand nach ihrem Mantel aus, als ihr auf dem weitläufigen Flur ein großer Zettel auffällt, der anscheinend durch den Briefkasten geflattert kam. Ihre Hände zittern, als sie diesen aufhebt und mit klopfendem Herzen zu lesen beginnt, was in großen, leicht schief geklebten Zeitungslettern darauf geschrieben steht:
„WIR HABEN KEARON IN UNSERER GEWALT! FALLS SIE IHN LEBEND WIEDERSEHEN WOLLEN, ERWARTEN WIR EIN LÖSEGELD IN HÖHE VON 500.000 EURO! KEINE POLIZEI, SONST IST ER TOT! ZWECKS GELDÜBERGABE WERDEN WIR UNS MIT IHNEN IN VERBINDUNG SETZEN. HO HO HO!“
Für einen winzigen Augenblick überlegt Margret. Soll sie diese Zeilen etwa für einen schlechten Scherz halten? Nein, das Schreiben ist allem Anschein nach bitterer Ernst. Schwer atmend eilt Margret ans Telefon und wählt die Nummer der Polizei. Was in Gottes Namen wird Kearons Vater dazu sagen? Sicherlich wird er sie mit Vorwürfen überhäufen und ihr nahelegen, sich eine andere Beschäftigung zu suchen. Seine eh schon ziemlich cholerische Art ihr gegenüber hat sie bereits einige Male in schlechte Stimmung versetzt und über eine Kündigung ihrerseits nachdenken lassen.
Nach zweimaligem Klingeln hört sie eine Stimme am anderen Ende der Leitung, die sich mit „Polizei-Notruf“ meldet.
„Guten Abend, mein Name ist Margret Wilkening. Ich bin Haushälterin im Hause Hopster und betreue auch den Sohn Kearon. Er hat heute Mittag das Haus verlassen, um einen Freund zu besuchen. Als er nicht pünktlich heimkam, wollte ich mich auf den Weg machen, um nach ihm Ausschau zu halten oder ihn abzuholen, und da fiel mir ein Brief in die Hände, auf dem steht, dass er entführt wurde. Bitte kommen Sie schnell.“
Der Beamte erfragt die genaue Adresse und verspricht, umgehend einen Streifenwagen zu schicken und die zuständigen Kriminalbeamten zu informieren. Margret ist mittlerweile derart aufgeregt, dass sie kaum in der Lage ist, das Mobilteil der Telefonanlage auf die Station zurückzulegen. Ihr Blutdruck scheint erhöht zu sein, ihre Wangen haben sich dunkelrot gefärbt und auf ihrem Hals breiten sich hektische Flecken aus. Mit weichen Knien hastet sie die Stufen wieder hinauf und rennt von einem Raum in den nächsten – weshalb sie das tut, ist ihr selbst nicht klar. Jedoch einfach nur still dazusitzen und darauf zu warten, bis sich seitens der Polizei etwas tut, ist ihr in diesem Moment nicht möglich. Mehrfach schickt sie Stoßgebete gen Himmel, in denen sie Gott bittet, dass sich vielleicht doch noch alles zum Guten wenden möge. Dieser scheint sie jedoch nicht erhören zu wollen, denn Kearon steht leider nicht im nächsten Moment unversehrt vor der Tür, sooft sie auch in der Zwischenzeit nachsieht. Vielleicht wird er niemals mehr wiederkommen. Ein Gedanke, der ihr die Tränen in die Augen treibt.
Sie schnäuzt sich mehrfach geräuschvoll die Nase, bevor sie die drei Kerzen am Adventskranz ausbläst. Endlich ertönt der erlösende Klang der Türglocke. Mit hastigen Schritten läuft sie nach unten, um zu öffnen. Der winzige Hoffnungsschimmer, dass es sich bei dem Brief um einen schlechten Scherz handelt und Kearon jetzt doch unbeschadet den Hausflur betritt, erlischt sofort, als sie zwei junge Männer und einen älteren, dicklichen, etwas zu kurz geratenen Herrn vor dem Eingang stehen sieht, die sie mit ernstem Blick eingehend mustern.
„Ich bin Kommissar Stark vom Landeskriminalamt, das sind die Beamten Schmuder und Ranzow. Sind Sie Frau Wilkening?“
Der Beamte in Zivil schaut Margret aufmerksam in die Augen, während er sich und seine Kollegen vorstellt. Diese nickt und bittet die drei Herren in den Flur.
„Oh, zum Glück sind Sie endlich da. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie nervös ich wegen dieses Briefes bin. Entschuldigen Sie bitte meine hektische Art, ich bin völlig außer mir“, sprudelt es aufgeregt aus Margret heraus. Im gleichen Augenblick will sie mit flatternden Händen nach dem beklebten Schriftstück greifen, wird jedoch von Kommissar Stark daran gehindert.
„Nicht, bitte nicht nochmals anfassen, sonst laufen wir Gefahr, dass etwaige Fingerabdrücke nicht mehr erkennbar sind. Das ist ein Beweisstück und kommt sofort ins Labor, immerhin könnten sich noch andere Spuren darauf befinden, die für uns von großen Nutzen sein können. Hat einer der Herren eine Plastikhülle griffbereit?“, wendet er sich an seine Begleiter. Einen Augenblick später bekommt er das Gewünschte gereicht, woraufhin er den Brief vorsichtig mit einer Pinzette an einer Ecke anhebt und ihn langsam in die Hülle gleiten lässt. Erst jetzt nimmt er selbigen komplett in die Hand und beginnt, ihn aufmerksam zu studieren. Endlich hebt er den Kopf und wendet sich an Margret, die weiterhin am ganzen Körper zittert.
„Wo genau haben Sie den gefunden?“
„Dort drüben, gleich hinter der Eingangstür lag er. Der muss irgendwann durch den Schlitz eingeworfen worden sein. Ich habe nichts davon mitbekommen, erst als ich zur Haustür gehen wollte, um nach Kearon zu suchen, habe ich ihn dort liegen sehen. Es wirft sonst niemand etwas durch diese Öffnung - die normale Post kommt stets in den Kasten am Tor.“
„Wo haben Sie sich den Nachmittag über aufgehalten und wann haben Sie den vermissten Jungen das letzte Mal gesehen?“
„Ich habe mich nachmittags um den Haushalt gekümmert und anschließend den Tisch für das Abendessen eingedeckt. Kearon hat mittags das Haus verlassen, danach habe ich ihn nicht mehr gesehen. Wollen wir nicht ins Esszimmer gehen?“
„Aber sicher. Und natürlich würde ich mir gern Kearons Zimmer näher anschauen“, kommt es nickend von Kommissar Stark, bevor er sich an seine Kollegen wendet. „Herr Schmuder und Herr Ranzow, sichern Sie bitte gleich etwaige Fußabdrücke, die nicht von uns stammen, immerhin hat es geschneit, eventuell kann man …“
„Um Himmels Willen, der Entführer hat doch extra geschrieben, keine Polizei. Wenn der jetzt das Haus beobachtet und Sie hier herumschleichen sieht. Ich mache mir solche Vorwürfe, vielleicht hätte ich doch Herrn Hopsters Erlaubnis abwarten sollen, ob ich Sie überhaupt einschalten darf. Aber …“, wirft Margret ein, die es plötzlich mit der Angst zu tun bekommt, dass sie mit ihrem Verhalten das Leben Kearons gefährdet haben könnte.
„Machen Sie sich keine Sorgen, Frau Wilkening, Sie haben genau das Richtige getan. Jeder Entführer will, dass man die Polizei außen vorlässt. Das ist völlig normal. Meine Männer machen das alles nicht zum ersten Mal, zudem denke ich, dass von eventuellen Spuren inzwischen ohnehin nichts mehr zu sehen sein wird. Unseren Wagen haben wir übrigens unauffällig um die Ecke geparkt, nur falls Sie sich deswegen sorgen sollten. Und nun würde ich gerne die Räumlichkeiten in Augenschein nehmen, während die Herren sich um alles Weitere kümmern.“
Der Kommissar überreicht seinen Kollegen, die inzwischen den Flur wieder betreten haben, den Erpresserbrief.
„Bitte sofort an die Spurensicherung!“
Augenblicklich verschwinden die uniformierten Herren mit dem Beweisstück, während der Kriminalbeamte Margret ins Esszimmer folgt.
„Hübsch haben Sie es hier. So ein Kamin ist an solchen kalten Wintertagen wirklich gemütlich. Sagen Sie, mit welcher Begründung ist denn nur für eine Person gedeckt?“
„Der Hausherr, also Kearons Vater Herr Hopster, befindet sich auf Geschäftsreise in den Vereinigten Staaten und wird erst kurz vor den Feiertagen zurückerwartet. Ich esse üblicherweise allein, leiste Kearon allerdings auf Wunsch gern Gesellschaft. So wurde mir das ausdrücklich aufgetragen.“
„Den Namen nach könnte die Familie Hopster amerikanischen Ursprungs sein. Stimmt das? Wo ist Kearons Mutter? Und haben Sie Kearons Vater überhaupt schon verständigen können?“
Aufmerksam sieht sich Kommissar Stark um, registriert den Wohlstand, der deutlich zu erkennen ist, und schüttelt innerlich den Kopf.