Dark Land - Folge 004 - Logan Dee - E-Book

Dark Land - Folge 004 E-Book

Logan Dee

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Beschreibung

Ausgerechnet nach Sinatown ist Norek geflohen!

Einst gehörte die "Stadt der Sünde" zu Twilight City. Und offiziell ist sie noch immer nur ein Stadtteil davon. Aber längst gelten dort eigene Regeln. Kaum einer wagt es, einen Fuß dort hinein zu setzen, nicht einmal die Polizei. Man sagt, niemand sei jemals unbeschadet aus Sinatown zurückgekehrt

Doch Wynn ist fest entschlossen, Norek zu folgen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah

Sinatown – Stadt der Sünde

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Timo Wuerz

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-4213-0

www.bastei-entertainment.de

Was bisher geschah

Johnny Conolly hat seine Mutter verloren. Sie wurde von einem Dämon brutal ermordet. Als dieser Dämon durch ein Dimensionstor fliehen will, jagt Johnny ihm zwei Silberkugeln hinterher. Er trifft den Dämon! Eine der Kugeln pflügt eine tiefe Furche in den grässlichen Schnabel des Dämons. Doch sie kann ihn nicht aufhalten. Also springt auch Johnny durch das Tor und folgt dem Mörder seiner Mutter.

Kurz darauf wird das Tor für immer zerstört, sodass es für Johnny keine Möglichkeit zur Rückkehr gibt. Das Dimensionstor spuckt ihn schließlich wieder aus – in einer anderen Welt. Johnny ist in Dark Land gelandet, genauer gesagt in Twilight City, einer Stadt voller Geheimnisse – und voller Gefahren.

Die Fährte des Mörders führt ihn in einen Nachtclub, wo er allerdings herausfinden muss, dass es nicht nur einen Schnabeldämon gibt, sondern viele. Und beinahe tötet er den Falschen. Der Manager des Clubs überwältigt ihn jedoch vorher.

Die Polizei holt ihn ab, und ein Richter, ebenfalls ein Schnabeldämon, verurteilt ihn aufgrund der Geringfügigkeit seines Vergehens zu einer Geldstrafe – die er allerdings mangels hiesiger Mittel nicht begleichen kann. Daraufhin wird aus dem Bußgeld eine Haftstrafe: Fünfzig Jahre soll er einsitzen!

Er ist schon fast auf dem Weg ins Gefängnis, als ihn einer der Polizisten, die er kennengelernt hat, aus dem Transporter holt, um ihn woanders hinzubringen. Wohin und warum, das verrät ihm der unheimliche Panthermann nicht.

Auf dem Weg zu dem unbekannten Ziel kommt es zu einem Unfall. Und zwar zu einem, der absichtlich verursacht wird!

Wynn Blakeston, wie Johnny sich in dieser Welt inzwischen nennt – für den Fall, dass irgendjemand in Twilight City mit seinem Namen John Gerald William Conolly etwas anfangen kann und ihm möglicherweise Übles will –, hat gesehen, wie der andere Wagen auf sie zusteuerte. Allein am direkten Kurs des Fahrzeugs war zu erkennen, dass der Fahrer sie rammen wollte – aber mehr noch hat es sein Gesicht verraten, das Wynn in seinem letzten wachen Augenblick ganz deutlich gesehen hat: das Gesicht nicht irgendeines Dämons, sondern eines Schnabeldämons – und nicht irgendeines Schnabeldämons, sondern das Gesicht des Mörders seiner Mutter!

Er hat es eindeutig wiedererkannt an der Furche, die seine Silberkugel in dem langen Schnabel des Dämons hinterlassen hatte!

Als er nach dem Unfall erwacht, findet er sich im Haus von Sir Roger Baldwin-Fitzroy wieder, in dem auch dessen Tochter Abby und der dämonische Diener Esrath, ein sogenannter Naturalis, leben.

Sir Roger hat Wynn aus dem Gefängnis freigekauft – warum, das weiß Wynn nicht.

Doch im Moment ist auch etwas anderes für ihn wichtiger: Er will Rache am Mörder seiner Mutter!

Zusammen mit Abby begibt er sich auf die Suche nach dem Schnabeldämon. Inzwischen hat er rausgefunden, dass dieser Norek heißt und skrupelloser und gefährlicher ist als alle seine Artgenossen.

Auch Sir Roger und Esrath sind auf der Suche nach Norek, denn Sir Roger hat noch eine Rechnung mit dem Dämon offen. Als sie herausfinden, dass Norek nach Sinatown geflohen sein soll, beschließen sie, Wynn dorthin vorzuschicken, denn die sogenannte »Stadt der Sünde« ist gefährlich. Man sagt, niemand sei jemals unbeschadet aus Sinatown zurückgekehrt …

Sinatown – Stadt der Sünde

von Logan Dee

Als sich die Ladentür öffnete, zuckte Aang zusammen. Ein Blick in das Gesicht des Kunden genügte, und er erkannte seinen Vater wieder. Obwohl das halb verweste Fleisch in Fetzen herunterhing und die rechte Kopfhälfte nur noch aus blankem Knochen bestand, war es unverkennbar Tian, sein Erzeuger.

Er trug das schwarze Leichenhemd der Sünder. Erde rieselte davon hinab auf den Boden. Seine Füße waren nackt und schmutzig, so als hätte er einen langen Weg hinter sich.

»Was willst du?«, fragte Aang zitternd.

»Hunger«, antwortete Tian mit einer Stimme, die direkt aus dem Grab zu kommen schien. »Ich habe Hunger.«

Aang hatte das Geschäft der 1000 Wunder von seinem Vater Tian übernommen, der vor einem halben Jahr einem Herzschlag erlegen war. Und der wiederum hatte den Laden vor Jahren weitergeführt, als sich sein Vater mit neunzig Jahren zu alt gefühlt hatte, um Tag für Tag hinter der Theke zu stehen. Der alte Chi war dennoch nach wie vor bei bester Gesundheit und residierte in einem kleinen Kabuff, das durch einen Perlenvorhang vom Verkaufsraum abgetrennt war. So bekam er nach wie vor alles mit, was sich in dem Geschäft abspielte.

Nun erhob sich der alte Chi mit einer Gewandtheit, die man seinem ausgemergelten Körper nicht zugetraut hätte, von seinem Sitz und eilte in den Verkaufsraum.

»Wir haben nichts für dich!«, herrschte er den Wiedergänger an, hob mit der Linken seinen Stock und machte mit der Rechten das Zeichen Rakshasas, um den Eindringling in die Schranken zu weisen.

Aber Tian knurrte nur. Das Grollen kam aus tiefster Kehle und klang wie das eines gereizten Raubtiers.

Eines sehr hungrigen Raubtiers.

Ohne Vorwarnung sprang der Untote seinen Vater an. Chi wurde zu Boden gerissen. Tian kauerte auf seinem Brustkorb, entriss dem Alten den Stock und zerbrach ihn in der Mitte. Beide Hälften bildeten nun gefährliche Waffen, zugespitzten Pfählen gleich.

Einen davon warf Tian fort, den anderen setzte er in Höhe des Herzens an.

Chi schrie vor Angst. Ein hilfloser Blick irrte zu seinem Enkel, aber Aang war selbst zu sehr erschrocken, als dass er überhaupt einen Finger rühren konnte.

»Nicht, Sohn!«, schrie Chi nun. »Verschone uns, und wir werden deinen Hunger stillen!«

»Ich habe nicht mehr lange Zeit«, antwortete der Wiedergänger. »Der Weg vom Friedhof hierher hat viel Kraft gekostet.«

»Jemand kommt!«, rief plötzlich Aang. »Ein Kunde steht vor dem Fenster …«

Tian sprang auf, und fast ebenso schnell war sein Vater auf den Beinen. »Rasch, verbirg dich hinter dem Vorhang. Alles andere werden wir richten.«

»Versuche nicht, mich zu übertölpeln!«, knurrte Tian. »Bevor du noch an der Tür bist, reiße ich dir das Herz aus dem Leib.«

»Geh schon, ich habe nicht die Absicht, dich reinzulegen.« Der Alte schob den noch immer Unentschlossenen zu dem Vorhang und verschwand mit ihm dahinter.

In der selben Sekunde wurde die Ladentür aufgestoßen. Das Windspiel, das darüber angebracht war, geriet in Bewegung und die Glöckchen, Knochen und magischen Steine begrüßten den Kunden mit ihrem Klangspiel.

Aber es war kein Kunde, wie Aang, der noch immer totenbleich und vor Schreck wie erstarrt hinter seiner Ladentheke ausharrte, erkannte. Es war Quan, der affengesichtige Geldeintreiber, der seinen Besuch eigentlich erst für morgen angekündigt hatte.

Normalerweise betrat Quan arrogant und selbstbewusst wie ein Gorilla den Laden, doch heute schien er nervös. Er hatte den Kopf etwas eingezogen, immer wieder schnüffelte er umher. Auch bewegte er sich nicht auf geradem Wege direkt auf Aang zu, sondern sprang hierhin und dorthin, wie um sich sicher zu sein, dass keine Gefahr auf ihn lauerte.

»Ich wittere einen Shoggot, eine von Sinawas Kreaturen«, sagte er schließlich. Trotz seiner piepsigen Stimme war Quan ein Koloss. Er war über zwei Meter groß, mit breiten Schultern, die den Trenchcoat, den seine muskulöse Gestalt umgab, zu sprengen drohten. »Und ich meine, jemanden hier hineingehen gesehen zu haben, kurz bevor ich kam.«

»Unmöglich«, versicherte Aang schnell. »Ich bin allein mit meinem Großvater. Die letzten Tage kam kaum ein Kunde, das Geld ist knapp …«

»Ich hoffe nur, du hast die Beads für diese Woche zusammen«, knurrte der Dämon drohend. »Ansonsten …« Er fletschte das gewaltige Gebiss mit den rasiermesserscharfen Hauern.

»Noch nicht ganz«, stammelte Aang. »Aber ich habe für einen wohlhabenden Kunden eine Lieferung besorgt. Er wird sie noch heute Nachmittag abholen lassen …«

»So lange habe ich keine Zeit! Es ist nicht das erste Mal, dass du in Verzug bist! Diesmal werde ich leider eine Maßnahme einleiten müssen, damit so etwas nicht mehr vorkommt.«

Er zog ein Messer aus der Manteltasche hervor. »Ich werde dir den rechten Zeigefinger abschneiden, damit jeder sieht, dass du ein Dieb bist.« Drohend kam er näher.

»Ich bin kein Dieb!«, stammelte Aang leichenblass.

»Doch, du bist einer, denn du bezahlst dein Schutzgeld nicht. Also stiehlst du nicht nur mir meine wertvolle Zeit, sondern Rakshasa seinen Lohn.«

»Ihr bekommt alles! Ich zahle noch heute, sobald mein Kunde …«

Aang kam nicht mehr dazu, den Satz zu beenden. Mit einer Schnelligkeit, die man dem schwergewichtigen Dämon kaum zugetraut hätte, sprang dieser über die Ladentheke und fasste Aang beim Kragen.

Aang schrie auf. Zunächst vor Angst. Dann aber vor Überraschung, als er sah, wer sich seinem Angreifer von hinten näherte. Eine Wolke übelkeitserregenden Gestanks drohte ihn zu überwältigen.

Ein Brüllen ließ Quan herumfahren. Der Geldeintreiber hob das Messer, war aber nicht schnell genug.

Einer der spitzen Pfähle durchbohrte die Wange des affengesichtigen Dämons und kam auf der anderen Wangenseite wieder hervor. Ehe Quan reagieren konnte, stieß sein Angreifer mit dem zweiten Pfahl zu. Er traf Quans Kehle. Schwarzes Blut spritzte wie eine Fontäne hervor. Wo es aufkam, brodelte und zischte es wie zerstörerische Salzsäure.

Während Aang noch immer wie erstarrt dastand, schrie sein Großvater, der hinter dem Untoten aufgetaucht war, ihm zu: »Steh nicht rum wie ein Ölgötze! Hilf deinem Vater!«

Aang versuchte sich von dem Schock zu lösen. Wenn er etwas mehr fürchtete als den Geldeintreiber, dann war es sein Großvater. Verzweifelt sah er sich um. Sein Blick fiel auf eine gusseiserne Schüssel, die er erst heute aus dem Lager hervorgeholt hatte, um sie zu putzen und ins Schaufenster zu stellen. Er musste beide Hände zu Hilfe nehmen, so schwer war sie.

Quan kniete noch immer. Sein Brüllen klang nun verzweifelt. Tian hatte beide Pfähle aus dessen Fleisch gezogen und stieß damit erneut zu.

Aang stand direkt neben den beiden Kämpfenden. Plötzlich spürte er eine Hand, die seinen Knöchel umklammerte. Quan! Der Dämon hielt ihn fest, drückte seine Klauen tief in Aangs Fleisch. Aang hob den schweren Topf und schlug damit zu. Der Schädel des Angreifers platzte. Das Gebrüll verstummte. Die Klaue löste sich. Aang war wieder frei.

Doch noch immer war der dämonische Lebensfunke in Quan nicht verloschen. Erst als Tian ihm das Messer aus der anderen Klaue entwand und damit begann, ihm das Herz aus der Brust zu schneiden, war der Koloss endgültig besiegt.

Aang musste sich abwenden und sich übergeben, als er sah, dass sein untoter Vater das Herz des Dämons zum Mund führte. Dabei weitete sich dieser zu einem riesigen Maul, welches das Herz an einem Stück aufnahm.

»Nun, mein Sohn, habe ich gelogen?«, hörte er seinen Großvater triumphieren. »Ich habe dir versprochen, deinen Hunger zu stillen. Jetzt wirst du uns wieder verlassen, nicht wahr?«

Eine Weile hörte man nur das widerliche Schlingen und Würgen des Wiedergängers. Erst als er das Herz vollständig zerkaut hatte, antwortete er. Es war nur ein einziges Wort.

»Hunger!«

***

»Wir müssen ihm weitere Herzen besorgen«, bläute Chi seinem Enkel ein. Sie hatten die Ladentür geschlossen und sich in das Hinterzimmer begeben, um zu beraten.

Tian hatte unterdessen damit begonnen, den toten Dämon weiter zu verspeisen.

»Er wird damit ein paar Stunden beschäftigt sein und dann erst mal ruhen. Aber danach wird er weitere Herzen verlangen«, fuhr Chi fort. »Er ist zu einem Shoggot geworden, einem Sklaven der Affengötzin.«

Aang nickte. Er zitterte noch immer am ganzen Körper. Allein die widerlichen Fressgeräusche, die aus dem Ladengeschäft herüberdrangen, ließen ihn frösteln. Wie konnte sein Großvater nur so ruhig bleiben?

Shoggots, das wusste er, befanden sich auf der untersten Dienerstufe der Affengötzin Sinawa. Sie hatte seinen Vater aus dem Grab wiedererweckt, um ihn für ihre Zwecke zu missbrauchen. Selbst Aang wusste, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis Rakshasas Anhänger auftauchen und den Tod ihres Kollegen rächen würden.

»Wir müssen flüchten, Großvater«, flüsterte er. »Bevor er fertig ist mit seiner – Mahlzeit.«

Chi schüttelte den Kopf, sodass sein Zopf hin und herflog. »Nein, er ist mein Sohn und dein Vater! Wir werden ihn nicht im Stich lassen.«

»Er ist ein Shoggot!«, widersprach Aang. Nichts mehr an diesem Wesen erinnerte ihn an seinen Vater.

»Wenn die Götzen[1] streiten, sind wir Menschen nur Figuren in einem Spiel«, philosophierte der Alte. »Dass plötzlich Sinawa einen Diener vorschickt, mitten in Rakshasas Hoheitsgebiet, hat etwas zu bedeuten, mein Junge. Und ich bin nicht so vermessen, mich ihnen in den Weg zu stellen.«

»Aber Sinawa hat uns noch nie Schwierigkeiten bereitet. Was bedeutet es also?«

»Es bedeutet Krieg, mein Junge. Und wir beide müssen zusehen, dass wir nicht zwischen den Armeen zermalmt werden.«

***

Eigentlich hätte es ein Vieraugengespräch werden sollen. Zumindest nach dem Willen Sir Rogers. Doch nun saßen sie in der Bibliothek beisammen, und Abby und Esrath hatten es sich nicht nehmen lassen, dem Gespräch beizuwohnen. Wobei Letzterer sich in eine der vielen dunklen Nischen zurückgezogen hatte und still lauschte.

Abby dagegen saß direkt neben Wynn auf dem Ledersofa. Sie hatte Wynn zu verstehen gegeben, dass sie ihrem Vater nicht über den Weg traute und es daher besser für Wynn war, wenn sie bei dem Gespräch zuhörte. Also hatte Wynn darauf bestanden, und Sir Roger hatte schließlich nachgegeben.

»Du bist also auf der Suche nach dem Mörder deiner Mutter«, fasste Sir Roger Wynns Anliegen zusammen.

Erst gestern hatte Wynn ihm die Wahrheit verraten. Dass er durch ein Dimensionstor unfreiwillig nach Twilight City gelangt war und seitdem hinter dem Dämon her war, der seine Mutter getötet hatte. Ein paar Mal hatte er ihn gestellt, aber der Kraak, wie man die Schnabeldämonen hier nannte, war ihm immer wieder entkommen. Zumindest wusste er nun seinen Namen: Norek. Aber half ihm das wirklich weiter?

»Was würdest du sagen, wenn ich wüsste, wo sich der Mörder aufhält?«, fragte Sir Roger nun.

Wynns Kopf zuckte hoch. »Ich würde … ich würde alles dafür geben, um es zu erfahren!«

Bereits im selben Moment, in dem er die Worte ausgesprochen hatte, wurde ihm bewusst, wie einfältig sie klangen. Noch immer besaß er nicht einen einzigen Bead, wie die hiesige Währung genannt wurde. Sir Roger hatte ihn in sein prunkvolles Anwesen aufgenommen, nachdem sein Diener Esrath ihn wiederbelebt hatte. Und noch immer war Wynn nicht klar, ob dies alles aus Uneigennützigkeit geschehen war, oder ob Sir Roger etwas dafür verlangen würde. Und wenn ja, was?«

Sir Roger lehnte sich in seinen Sessel zurück und führte das kristallene Whiskyglas zum Mund. Genießerisch trank er einen Schluck. Dabei behielt er sein Gegenüber die ganze Zeit hinter seinen schwarzen runden Brillengläsern im Auge.

Er spielt mit mir, erkannte Wynn. Wenn ich nur wüsste, welches Spiel.

»Du solltest Wynn reinen Wein einschenken, was du vorhast«, mischte sich Abby in das Gespräch und fing sich dafür einen tadelnden Blick ein.

»Ich will dir nur helfen, Junge«, antwortete Sir Roger nun. »Norek ist nach Sinatown geflüchtet. Dort wird er so lange untertauchen, bis er glaubt, dass er sich hier wieder sehen lassen kann.«

»Sinatown?« Davon hatte Wynn noch nie gehört.

»Die Stadt der Sünde«, flüsterte Abby.

»Einst gehörte Sinatown zu Twilight City. Und offiziell ist es noch immer nur ein Stadtteil davon. Aber längst gelten dort eigene Regeln. Keiner unserer Beamten setzt einen Fuß dort hinein. Und auch kein Bürger. Es sei denn, er gehört zu demselben Abschaum, oder aber er begehrt etwas, das es nur in Sinatown gibt.«

»Waffen, Drogen, Schadenszauber. In Sinatown wird mit allem gehandelt, was bei uns verboten ist«, sagte Abby. »Du kannst dir jegliche Art der Vergnügung kaufen, wenn du bereit bist, genug dafür zu zahlen. Nicht nur mit Beads, sondern auch mit deiner Seele, so heißt es.«

»Was bedeutet das?«, fragte Wynn.

»Das ist nur Geschwätz!«, fuhr Sir Roger dazwischen. »Abby weiß nicht, wovon sie redet. Lass dich nicht von ihr ins Bockhorn jagen. Mit meiner Unterstützung wird dir nichts passieren.«

Wynn setzte sich aufrecht hin. »Also gut, wo liegt dieses Sinatown? Wie komme ich dorthin?«

Sir Rogers schmallippiges Lächeln war nicht zu deuten, als er antwortete: »Wir werden dich dorthin fahren. Wenigstens bis zu einer bestimmten Stelle. Danach bist du auf dich allein gestellt …«