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Weihnachten steht vor der Tür, die Zeit der Fröhlichkeit und Besinnlichkeit!
Aber die Mächte der Hölle wollen John Sinclair und seinem Team das Fest der Freude gründlich verderben! Ein grausamer, bösartiger Weihnachtsmann fährt auf seinem Motorradschlitten durch London und hinterlässt eine Spur aus Leichen! Sein Hauptziel ist jedoch das Gebäude von Scotland Yard! Dort bereiten seine Höllenwichtel bereits eine mörderische Falle für den Geisterjäger vor!
Für John Sinclair und seine Freunde droht es ein blutiges Weihnachten zu werden!
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Seitenzahl: 117
Cover
Bloody Christmas, John Sinclair!
Briefe aus der Gruft
Vorschau
Impressum
Bloody Christmas,John Sinclair!
Von Michaela Froelian und Logan Dee
London, kurz vor Weihnachten ...
Der Duft von Zimt und gebrannten Mandeln wehte einem entgegen, wenn man das Kaufhaus betrat, und der geneigte Kunde wurde mit Sleigh Ride auf die Vorweihnachtszeit eingestimmt.
Sogar der Weihnachtsmann gab sich an drei Tagen der Woche die Ehre und hörte sich in einer eigens für ihn eingerichteten Ecke die Wünsche der Kinder an.
An diesem Morgen war Santa sogar schon da. Mit einer bunten Lichterkette umwickelt stand er im Schaufenster und starrte sein Publikum aus weit aufgerissenen Augen an.
»Ein bisschen makaber, ihm die Lichter sogar in den Mund zu stecken, findest du nicht auch, Mortimer? Selbst für eine Puppe finde ich das unmöglich«, echauffierte sich eine ältere Dame, als sie mit ihrem Mann am Schaufenster entlang flanierte. Angewidert rümpfte sie die Nase. »Und sieh doch mal, ist das etwa Blut, das ihm da aus dem Mund läuft?«
»Ich bitte dich, Agatha«, sagte Mortimer. »Was du da wieder alles reininterpretierst. Das wird Farbe sein, für die roten Wangen zum Beispiel. Heutzutage muss doch alles schnell gehen, da hat eben einer gekleckert, was weiß ich. Lass uns reingehen, ich will nicht wieder nur die letzte Dose von irgendeinem Honigschinken bekommen, sondern zur Abwechslung mal den guten!«
Das ältere Ehepaar betrat nicht allein das Kaufhaus, hinter ihm schob sich ein ganzer Pulk an kaufwilligen Besuchern durch die Schiebetüren.
Unter ihnen waren auch Bill und Sheila Conolly.
Für die abendliche Weihnachtsfeier im Yard, zu der Superintendent Sir James Powell geladen hatte, wollten sie noch ein paar Kleinigkeiten besorgen, die für das leibliche Wohl gedacht waren. Um die weihnachtlichen Mitbringsel hatten sie sich bereits gekümmert. Lediglich für Sir James fehlte noch etwas. Für den Mann war es auch nicht so ganz einfach, etwas Passendes zu finden.
»Ich bin ja immer noch dafür, ihm eine Flasche exquisiten, aber magenschonenden Mineralwassers mitzubringen«, schlug Bill Conolly vor. »Und dazu eine Schachtel Whisky-Pralinen.«
»Mineralwasser und Whisky-Pralinen ...« Sheila verzog das Gesicht. »Was für eine Schnapsidee!«
Die Unterhaltung der Conollys wurde jäh unterbrochen, als eine Frau Anfang vierzig mit hochrotem Kopf ein etwa fünfjähriges Mädchen vom Schoß des Weihnachtsmanns zerrte und mit stampfenden Schritten in ihre Richtung kam. »Das ist ja unerhört! Was erlauben Sie sich? Das sind doch Kinder!«
Die Stimme der Dame wurde noch eine Spur lauter und schriller, und das Mädchen fing lauthals an zu weinen.
»Wer ist hier zuständig? Ich will den Geschäftsführer sprechen!«
Sheilas Blick huschte hin und her zwischen der Frau und dem Weihnachtsmann, der es sich quer auf seinem ausladenden, rot gepolsterten Stuhl gemütlich machte und die Beine über eine der Armlehnen baumeln ließ.
»Was ist denn passiert?«, fragte sie die Frau, die versuchte, die Kleine zu beruhigen.
Die Dame sah sie mit funkelnden Augen an. »Was passiert ist? Haben Sie denn nicht gehört, was der Kerl von sich gegeben hat? Eine Unverschämtheit, dass so was wie der überhaupt als Weihnachtsmann auf die Kinder losgelassen wird!«
»Nein, leider haben wir uns gerade unterhalten, da haben wir nicht darauf geachtet.« Kurz sah Sheila zu Bill hinüber, der gelangweilt die Luft ausblies, als Jingle Bells abermals aus den Lautsprechern erschallte. Das lief doch schon, als sie das Kaufhaus betreten hatten ... oder nicht?
Allmählich hatte sich das kleine Mädchen beruhigt, und die Frau forderte Sheilas Aufmerksamkeit zurück, indem sie zu erzählen begann. »Dieser ... Weihnachtsmann ... der hat meiner Tochter Angst gemacht, als sie ihm ihre Wünsche erzählt hat! Er hat gesagt, sie wäre eine verwöhnte Rotzgöre, und ihre Wünsche könnte sie sich sonst wohin stecken! Eine Unverschämtheit!«
»Ma'am, haben Sie nach dem Geschäftsführer verlangt?«
Ein junger Mann, der ein Namensschild auf dem roten Weihnachtspullover trug, hatte die Frau mit dem weinenden Mädchen angesprochen.
»Ja, ganz recht. Ich möchte mich über Ihren Weihnachtsmann beschweren!«
»Ich bin Marvin Glass, Ma'am, zwar nicht der Geschäftsführer, aber der Personalleiter der Weihnachtsabteilung. Was ist denn genau vorgefallen?«
Während er dies fragte, sah Marvin an ihr vorbei zu der Ecke, die er persönlich für den Weihnachtsmann und den Besuch der Kinder hergerichtet hatte. Es war das erste Jahr, dass Marvin dafür zuständig war, und er wollte alles richtig machen. Vor einem Dreivierteljahr hatte er seine Ausbildung beendet und direkt die freie Stelle in diesem Kaufhaus erhaschen können. Und vielleicht würde er im neuen Jahr befördert werden, wenn er seine Sache gut machte und durch seine Dekorationen, die stimmungsvolle Weihnachtsmusik und den Duft von Äpfeln, Zimt und Mandeln die Verkaufszahlen steigern konnte.
Die Frau holte gerade Luft und wollte Mr Glass erklären, was der Grund des Ärgernisses war, als er Sheila ansprach.
»Haben Sie ebenfalls ein Problem mit unserem Weihnachtsmann gehabt?«, wollte er wissen.
»Nein, nein, alles in Ordnung«, winkte sie gleich ab und ging zwei Schritte zur Seite, wo Bill bereits genervt die Augen rollte.
»Und ich dachte schon, du wolltest dich da weiter einmischen und Father Christmas höchstpersönlich die Leviten lesen«, stöhnte er theatralisch, konnte sich allerdings auch ein Grinsen nicht verkneifen. »Lass uns die Einkäufe möglichst schnell hinter uns bringen und dann wieder von hier verschwinden. Wenn ich nämlich noch einmal Jingle Bells höre, sehe ich mich gezwungen, Geiseln zu nehmen!«
Inzwischen hatte sich Santa von seinem Stuhl erhoben und fuhr sich grinsend durch den Bart. Der schien sogar echt zu sein, da er, wie sein Haar unter der roten Mütze, mehr grau als weiß war. Er zupfte seinen roten Mantel zurecht und entließ schließlich ein dunkles, brummiges und überlautes »Ho Ho Ho« aus seiner Kehle.
»Sieh dir den Kerl an!«, raunte Sheila ihrem Mann zu. »Der ist mindestens zwei Köpfe größer als du und dazu auch doppelt so breit. Und dieses Benehmen. Nicht gerade vertrauenerweckend ...«
»Dafür ist mein Benehmen umso besser!«, meinte Bill und gab sich völlig überzeugt von seinen Worten. »Vergiss den ungehobelten Klotz. Hier, einhaken, Ma'am, und dann auf zu unserer weihnachtlichen Mission in Sachen Leckereien und Chef-Geschenk.«
Bill hielt seiner Gattin gut gelaunt den Arm hin, den sie amüsiert ergriff, und dann stürzten sie sich ins Getümmel, um ihre Einkäufe zu erledigen.
In dem Moment schritt Abteilungsleiter Glass mit der aufgebrachten Kundin und deren Tochter auf den Weihnachtsmann zu, den sein Chef Seymour Evans engagiert hatte. Einige Eltern verließen mit ihren Kindern bereits die Warteschlange. Es dauerte ihnen schlichtweg zu lange.
Die Gesichtsausdrücke sprachen Bände, und der ein oder andere Kommentar war nicht eben positiv, während sie den Ausgang ansteuerten.
»Die sollten sich den Lebenslauf mal genauer ansehen, bevor sie solche Typen einstellen.«
»So eine Frechheit, wir haben es James versprochen, und jetzt müssen wir uns noch in das Getümmel des nächsten Kaufhauses stürzen ... und uns dort wieder ganz hintenanstellen! Wofür waren wir denn extra so früh hier?«
»Unglaublich, die bekleckern sich hier nicht mit Ruhm, dabei war es im letzten Jahr so schön ...«
Marvin Glass war nicht taub, und er hatte das Gefühl, dass es mit der Beförderung nichts werden würde. Langsam war ihm das hier nicht nur peinlich, der Mann im roten Kostüm, der sich jetzt sogar noch Zuckerstangen und Schokokugeln vom Weihnachtsbaum zupfte, brachte ihn auf hundertachtzig.
»Mister Trent, in mein Büro! Sofort!«, zischte er dem flegelhaften Weihnachtsmann zu. Anschließend griff er hinter den rot gepolsterten Sessel nach einem Schild mit der Aufschrift Vorübergehend geschlossen und stellte es auf die Sitzfläche.
Entschuldigend wandte sich Glass an die noch verbliebenen Eltern und Kinder. »Es tut mir sehr leid, aber ... Santa braucht eine kurze Pause.«
Marvin war klar, dass auch die letzten Wartenden nun angesäuert das Kaufhaus verlassen würden, aber er konnte momentan nichts daran ändern.
Entweder er bekam Devon Trent wieder in die Spur, und ein klärendes Gespräch gepaart mit der Androhung von Gehaltsabzug würde Abhilfe schaffen. Oder er würde sich eben nach einem freundlicheren Ersatz umsehen müssen. Das würde allerdings Zeit in Anspruch nehmen und dazu auch noch Mr Evans' Entscheidung der Mitarbeiterwahl infrage stellen.
Nein, dieser Morgen verlief ganz und gar nicht so, wie Marvin Glass sich das vorgestellt hatte.
Frustriert und immer noch schwitzend steuerte Glass sein kleines Büro an, das sich unweit der Weihnachtsabteilung im Mitarbeiterbereich des Kaufhauses befand.
Als er die Tür aufschloss, sah er sich nach Trent um, ob der ihm auch gefolgt war. Er würde dem Kerl inzwischen auch zutrauen, sich einfach aus dem Staub zu machen.
So unsympathisch er Marvin auch war, eine Alternative gab es erst mal nicht. Also lief es auf eine Einigung hinaus, und Devon Trent würde im besten Fall seine Umgangsformen überdenken.
Tatsächlich war der Weihnachtsmann ihm gefolgt, der gelangweilt auf der Zuckerstange herumkaute.
»Kommen Sie, Trent, nehmen Sie Platz!«
Marvin zog die Bürotür auf und ließ den Mann eintreten, der sich auch gleich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch niederließ. Viel mehr gab es in dem kleinen Büro auch nicht.
Einen Wasserspender, einen Spint, zwei künstliche Zimmerpflanzen. Unter dem einzigen Fenster im Büro, mit Blick auf die weihnachtlich dekorierte Ecke für Santa und von einer bunten Lichterkette umrahmt, stand ein Aktenschrank.
Ein bösartiges Lächeln breitete sich in Trents Gesicht aus.
»Also gut, Mister Trent, dann erzählen Sie mal«, forderte Marvin, der sich hinter seinen Schreibtisch setzte, in den gebrauchten Chefsessel, mit dem bestimmt schon drei seiner Vorgänger hatten vorlieb nehmen müssen. »Seymour Evans hat Sie doch bestimmt informiert, was Sie in dem Job zu tun haben, nicht wahr? Wieso halten Sie sich nicht daran und verärgern die Kundschaft?«
Marvin Glass fielen beinahe die Augen aus dem Kopf, als sein Gegenüber breit grinsend die Füße auf dem Schreibtisch ablegte, genüsslich an der Zuckerstange lutschte und sich dann erst zu einer Antwort herabließ.
»Ganz einfach, Jungchen. Es liegt nicht in meiner Natur, freundlich zu sein. Es gibt den Weihnachtsmann, und es gibt ... mich. Santa Claus ist freundlich und nett, beschenkt die Artigen und gibt sogar den Unartigen noch eine Chance.«
Er nahm die Füße vom Schreibtisch und beugte sich weit nach vorn, um dem Jungspund besser in die Augen sehen zu können, der sich instinktiv zurücklehnte.
Gefährlich leise sprach der bärtige Mann in der roten Kleidung weiter. »All das, mein junger Freund, bin ich nicht und tue ich auch nicht. Ich bin eher für das Gegenteil zuständig, verstehen Sie? Ich bin eher der Bad Santa!«
Wie automatisiert schüttelte Marvin langsam den Kopf. Nein, er verstand das ganz und gar nicht. »Aber ... Sie haben sich doch für den Job beworben. Unter den Voraussetzungen, die Mister Evans Ihnen genannt hat und wofür Sie bezahlt werden.«
Trents Grinsen wurde noch breiter. »Ja, ich hab mich für den Job beworben, die Voraussetzungen sind mir allerdings völlig schnuppe. Wichtig war nur der Job. Ich hab andere Intentionen. Und die haben ums Verrecken nichts mit Freundlichkeit, ekelhafter weihnachtlicher Vorfreude oder auch nur entfernt mit dieser lästigen Wünscherei zu tun!«
Marvin presste die Lippen aufeinander, und ihm wurde in diesem Moment klar, dass es wohl keine weitere Zusammenarbeit geben würde.
Nicht so. Auch wenn ihn das vor die schwer zu lösende Aufgabe stellen würde, einen neuen Weihnachtsmann zu finden.
Aber möglicherweise hatte von den Kollegen noch jemand einen Vater oder Großvater zu Hause, der den Job spontan übernehmen könnte. Zumindest solange, bis er einen festen Ersatz gefunden hatte.
Glass erhob sich und ging seufzend zum Fenster, während Trent ungerührt sitzen blieb und weiterhin an der Zuckerstange lutschte.
Als Marvins Blick auf den großen, rot gepolsterten Sessel fiel, ließ der junge Leiter der Weihnachtsabteilung die Schultern hängen und seufzte. »Nun, ich denke, dass sich unsere Wege dann hier und heute trennen werden. Mister Trent, Sie sind gefeuert!«
Er konnte hören, dass hinter ihm der Stuhl zurückgeschoben wurde, und er schloss kurz die Augen. Hoffentlich hatte sich dieser Bad Santa im Griff.
»Und ich denke, Mister Glass, dass Sie recht haben! Nur befürchte ich, anders als Sie denken ...«
Marvin hörte das Rascheln des roten Kostüms. Es kribbelte verdächtig in seinem Nacken, und sämtliche Härchen richteten sich auf, während ihm zugleich eine Gänsehaut über den Rücken rieselte.
Langsam drehte er sich um.
Trent hatte nur zwei Schritte gehen müssen und stand nun direkt vor ihm.
Marvin konnte nicht anders, starrte Trent in die Augen und glaubte zu halluzinieren. Die Pupillen leuchteten tiefrot, und es schien, als würde es in ihnen lodern, als würden dort kleine, zuckende Flämmchen flackern.
Er schluckte und wollte etwas sagen, als Santa den rechten Arm hob. In der Hand hielt er die angelutschte Zuckerstange.
Beide Männer sahen auf die rot-weiße Süßigkeit. Devon Trent hatte sie so abgelutscht, dass das Ende, das er im Mund gehabt hatte, spitz war wie ein Holzpflock, mit dem sie in den alten Horrorfilmen Vampire pfählten!
Eine schnelle Bewegung ‒ dann steckte die spitze Zuckerstange in der Brust des Leiters der Weihnachtsabteilung, genau dort, wo sich das Herz befand!
Santa grinste, seine Augen glühten förmlich.
Mit einem letzten Röcheln brach Marvin zusammen ...
Ein Blick durch die Scheibe verriet Trent, dass die Warteschlange zum Weihnachtsmann weiterhin leer war und niemand gesehen hatte, was sich in dem kleinen Büro abgespielt hat.
Sehr gut, seine Mission hatte bestens begonnen.
Der Mann im Weihnachtsmannkostüm richtete seinen Blick auf Marvins Leiche. »Ach ja, nur fürs Protokoll: Mein Name ist nicht Trent, sondern in der Tat Santa. Manch einer nennt mich auch Satans Santa oder eben Bad Santa ... aber Letzteres klingt irgendwie billig, findest du nicht?«
Er lachte grollend und zog die blutverschmierte Zuckerstange aus der Leiche, um sie sich wieder zwischen die Lippen zu schieben.
»Nummer eins. Mal sehen, wie viele Geschenke von Nöten sind, um Einlass bei Scotland Yard zu bekommen ...«
Wieder lachte der Mann im roten Kostüm, dann griff er in die rechte Manteltasche und zog eine Rolle rotes Schleifenband heraus. Damit umwickelte er den toten Glass, wobei er dessen Leiche immer wieder anhob und drehte, als wäre sie so leicht wie eine Stoffpuppe.
Es handelte sich augenscheinlich um eine ganz normale Rolle Schleifenband, doch Santa zog immer mehr von der Rolle, als wäre das Band endlos, bis der ganze Körper damit umwickelt war wie eine Mumie.
Danach lud er sich die eingepackte Leiche auf die Schulter und trug sie zum Hinterausgang, der sich unweit des Büros befand.
Draußen stand Santas Gefährt. Es war ein Trike, ein Motordreirad, nur dass der Bereich hinter dem Sitz komplett wie ein Schlitten aussah.