Das Haus der guillotinierten Schwestern – Ein Venedig-Krimi - Meinhard-Wilhelm Schulz - E-Book

Das Haus der guillotinierten Schwestern – Ein Venedig-Krimi E-Book

Meinhard-Wilhelm Schulz

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Beschreibung

Dr. med. Sergiu Petrescu informiert:
Kürzlich konnten wir bei unseren venezianischen Abenden im Hause des Detektivs G. Tartini einen neuen Gast begrüßen, Kommissar a. D. Corrado Corelli, der bei feuchtfröhlicher Runde über seine spannendsten Fälle berichtete. Den Anfang machte er mit ›Das Haus der guillotinierten Schwestern‹.
Neben einer maroden Autowerkstatt und einem einzigen weiteren Gebäude liegt dieses Haus an der gespenstisch einsamen Landstraße von Mestre nach Mira. Ebenda wird eine Frau ermordet und in der Garage des obigen Hauses versteckt. Hauptverdächtiger ist der dort hausende Österreicher Anton von Wels. Er bestreitet die Tat. Niemand will die schöne Tote gekannt haben. Das Ganze ist rätselhaft. Beweise fehlen.
Corrado begibt sich vor Ort und findet drei seltsame Paare vor: Einen Werkstattbesitzer samt seiner Freundin, einer Ex-Nutte; einen Vertreter samt früher ›lebenslustiger‹ Frau … und Sofia, die Schwester des Barons. Corrado beginnt mit den Ermittlungen, ja, es kommt noch schlimmer: Vor seinen Augen ereignet sich ein hinterhältiger zweiter Mord. Corrado verfolgt den Täter über die Äcker, vergebens. Jetzt kommt er zum Schluss, dass er aus einem der drei Häuser gekommen sein sollte, aber aus welchem?
Um weiterzukommen, betritt er das ›Haus der guillotinierten Schwestern‹ …

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Ähnliche


 

 

 

 

Meinhard-Wilhelm Schulz

 

 

Das Haus der

guillotinierten

Schwestern

 

 

 

 

Ein Venedig-Krimi

mit Commissario Corrado Corelli 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © by Steve Mayer, nach einem Motiv von Steve Mayer by NightCafe (KI), 2024

Korrektorat: Claudia Müller

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Das Copyright auf den Text oder andere Medien und Illustrationen und Bilder erlaubt es KIs/AIs und allen damit in Verbindung stehenden Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren oder damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung erstellen, zeitlich und räumlich unbegrenzt nicht, diesen Text oder auch nur Teile davon als Vorlage zu nutzen, und damit auch nicht allen Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs nutzen, diesen Text oder Teile daraus für ihre Texte zu verwenden, um daraus neue, eigene Texte im Stil des ursprünglichen Autors oder ähnlich zu generieren. Es haften alle Firmen und menschlichen Personen, die mit dieser menschlichen Roman-Vorlage einen neuen Text über eine KI/AI in der Art des ursprünglichen Autors erzeugen, sowie alle Firmen, menschlichen Personen , welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren um damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung zu erstellen; das Copyright für diesen Impressumstext sowie artverwandte Abwandlungen davon liegt zeitlich und räumlich unbegrenzt bei Bärenklau Exklusiv. Hiermit untersagen wir ausdrücklich die Nutzung unserer Texte nach §44b Urheberrechtsgesetz Absatz 2 Satz 1 und behalten uns dieses Recht selbst vor. 13.07.2023. 

 

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Das Haus der guillotinierten Schwestern 

Vorwort des Herausgebers Dr. Sergiu Petrescu; Januar 2024 

›Zustände‹ in den sechziger Jahren 

1. Teil: Am Tag und in der Nacht nach Brigittas Tod 

2. Teil: Am zweiten Tag nach Brigittas Tod 

3. Teil: Am dritten Tag nach Brigittas Tod 

4. Teil: Das Drama in der Nacht darauf 

5. Teil: Nachwort zum Jahr 1982 

6. Teil: Noch einmal bei Giuseppe Tartini zu Venedigs 

7. Teil: Schlussbemerkungen des Dr. med. S. Petrescu 

Anhang 

Daten zu den Hauptpersonen 

Folgende Bände von Meinhard Wilhelm Schulz sind ebenfalls erhältlich oder befinden sich in Vorbereitung: 

 

Das Buch

 

 

Dr. med. Sergiu Petrescu informiert:

Kürzlich konnten wir bei unseren venezianischen Abenden im Hause des Detektivs G. Tartini einen neuen Gast begrüßen, Kommissar a. D. Corrado Corelli, der bei feuchtfröhlicher Runde über seine spannendsten Fälle berichtete. Den Anfang machte er mit ›Das Haus der guillotinierten Schwestern‹.

Neben einer maroden Autowerkstatt und einem einzigen weiteren Gebäude liegt dieses Haus an der gespenstisch einsamen Landstraße von Mestre nach Mira. Ebenda wird eine Frau ermordet und in der Garage des obigen Hauses versteckt. Hauptverdächtiger ist der dort hausende Österreicher Anton von Wels. Er bestreitet die Tat. Niemand will die schöne Tote gekannt haben. Das Ganze ist rätselhaft. Beweise fehlen.

Corrado begibt sich vor Ort und findet drei seltsame Paare vor: Einen Werkstattbesitzer samt seiner Freundin, einer Ex-Nutte; einen Vertreter samt früher ›lebenslustiger‹ Frau … und Sofia, die Schwester des Barons. Corrado beginnt mit den Ermittlungen, ja, es kommt noch schlimmer: Vor seinen Augen ereignet sich ein hinterhältiger zweiter Mord. Corrado verfolgt den Täter über die Äcker, vergebens. Jetzt kommt er zum Schluss, dass er aus einem der drei Häuser gekommen sein sollte, aber aus welchem?

Um weiterzukommen, betritt er das ›Haus der guillotinierten Schwestern‹ …

 

 

***

Das Haus der guillotinierten Schwestern

 

mit Sofia und Commissario Corrado Corelli

 

 

ein Krimi von Meinhard-Wilhelm Schulz

 

 

Vorwort des Herausgebers Dr. Sergiu Petrescu; Januar 2024

 

Liebes verehrtes Lesepublikum,

obwohl mein Freund Giuseppe Tartini, den man ob seiner roten Haare sowie seines kriminalistischen Scharfsinns ›il volpe‹ (›Fuchs‹) nennt, zurzeit als Geiger und Maler gefordert ist, hat sein Interesse an Kriminalfällen nicht nachgelassen.

Regelmäßig trifft sich bei ihm zu fröhlicher Runde, was Rang und Namen hat in der Kripo des Veneto; so auch am Abend des 30. November 2023. Ambrosio di Fusco, der tüchtige Tenente Commissario, hatte diesmal einen ganz besonderen Gast mitgebracht, den neunzigjährigen Kollegen Corrado Corelli, der seit den 1960er Jahren für drei Jahrzehnte einer der erfolgreichsten Verbrecherjäger des Veneto gewesen war; noch heute ein Mann von verblüffender Vitalität; die Legende eines Commissario.

Man stelle sich einen drahtigen schlanken Signore von 1,80 Meter. vor; fein geschnittenes Gesicht; voller Mund; hohe Stirn; üppiger weißer Haarschopf; muntere Augen; lebhafte Gestik; ein Signore, der auf Anhieb einnehmend wirkte. Kein Wunder, dass ich es kaum erwarten konnte, ihn über seine Fälle berichten zu hören.

Nachdem wir die Cena (Abendessen), von Volpes Faktotum Giovanni schmackhaft zubereitet, hinter uns hatten, saßen wir bei Kerzenschein in fröhlicher Runde beisammen, um zu plaudern. Der Lambrusco mundete köstlich. Ich nickte Corrado zu. Er nahm das Wort und trug uns den gruseligen Fall aus dem Jahre 1966 vor, den er ›Das Haus der guillotinierten Schwestern‹ nannte.

Ich habe mir Notizen gemacht, die ich für meinen gleichnamigen Kriminalroman von der ersten in die dritte Person übertrug und entsprechend ausarbeitete. Hier und heute lege ich den ersten Band meiner geplanten ›Corrado Corelli Serie‹ vor.

Damit Dein Vergnügen, geliebter Leser (m/w/d), Du Kind des 21. Jahrhunderts, ungeteilt bleibe, stelle ich einige wenige Bemerkungen über die damaligen ›Zustände‹ voran. Solltest Du zur älteren Generation zählen, magst Du die folgenden Zeilen überspringen.

 

 

›Zustände‹ in den sechziger Jahren

 

• Autos waren damals noch recht selten

• Die Bahn fuhr gemächlich; oft noch mit Dampfloks

• Autobahnen gab es in Italien fast keine

• Vielerorts war man mit Schotterstraßen zufrieden

• PKWs ab 50 PS galten als ›PS-Protz‹

• Schlauchlose Reifen warteten auf ihre Erfindung

• Der Cinquecento war der italienische ›Volkswagen‹

• Kaum jemand konnte sich einen Telefonanschluss leisten

• Man ging zum Münzfernsprecher in die Telefonzelle oder suchte einen Nachbarn bzw. ein Geschäft oder eine Kneipe auf

• Das Mobiltelefon samt Netz oder E-Mail war noch nicht erfunden

• Die Polizei war auf Funk angewiesen, falls vorhanden

• Wer eine eilige Nachricht hatte, ging zur Post und gab dort ein ›Telegramm‹ auf, das ans gewünschte Postamt gesendet und von dort aus dem Empfänger unverzüglich zugestellt wurde

• Nichteheliche Partnerschaften und Ehebruch waren strafbar

• Eltern, die Sex von Jugendlichen im Kinderzimmer zuließen, wurden, falls erwischt, bestraft. Doch immer mehr Mädchen schluckten, um freien Sex zu betreiben, die kürzlich erfundene ›Pille‹.

• Schwangerschaftsabbruch war strafbar; manche Emanzen starteten erste Feldzüge für die Legalisierung und machten, was sie wollten.

• Röcke und Kleider sollten das Knie bedecken, aber mutige Mädchen packten die Oberschenkel in fast voller Länge aus und führten Minirock und Hot Pants ein. Die erklärten Emanzen lehnten es ab, immer noch einen Büstenhalter zu tragen, ja, sie verbrannten ihn ganz offen und weigerten sich, den Busen ›künstlich‹ zu ›bearbeiten‹ bzw. etwas vorzutäuschen, was nicht vorhanden war. Es hieß, ›lasst hängen, was hängt‹. Das ›Silikoneuter‹ war noch nicht erfunden. Auch sonst steckte die Schönheitschirurgie noch in den Kinderschuhen. Männer mussten vor der Verehelichung noch kein ›Echtheitszertifikat‹ verlangen.

• (Knallenge) Jeans trugen nur Emanzen, während sich vornehme ›Damen‹ grundsätzlich Kleider, Blusen und Röcke überstreiften. Leggings waren noch nicht Mode, nur Strumpfhosen, die man aber ›drunter‹ trug, ohne den Hintern, knalleng umhüllt, zu präsentieren.

• Am Strand zeigten sich Damen anfangs noch in umfangreichen Badeanzügen, deren Oberteil durch eine spitze Kunststoffeinlage ›stabilisiert‹ wurde; ›Brustpanzer‹, für Männer trügerisch

• Der Bikini war anfangs nur etwas für Mutige, bevor er sich auf breiter Front durchsetzte. Er war noch ›riesig‹ im Vergleich zum späteren Tanga-Bikini und sein Oberteil ›gepolstert‹. Bereits den weiblichen Nabel zu zeigen, galt konservativen Zeitgenossen als frivol

• Barbusig am Strand Flanierende riskierten, verhaftet zu werden. Emanzen traute sich trotzdem und sagten, der Busen sei nichts anderes als bei Männern der Adamsapfel. An den meisten Stränden gingen sie straflos aus. Nur dem echten Nackedei ging es an den Kragen, wenn er sich nicht mit dem FKK-Strand begnügte.

Die Schauspielerin Brigitte Bardot zeigte sich hüllenlos und wurde bald von anderen ›Sternchen‹ ums Monopol gebracht.

Pubertierende Jungs gingen ins Kino, um ›Fräulein Michael‹ in der Serie des barbusigen Urwald-Mädchens ›Liane‹ zu genießen. Man stritt darüber, ob es ›unanständig‹ sei, wenn in diesen ›Märchenfilmen‹ zwischen den sich nur im Baströckchen tummelnden schwarzen Mädchen ein weißes ebenso offen herum hüpfte. In den Urwäldern (wo sind sie geblieben?) flanierten die eingeborenen Damen noch mit blankem Oberkörper. Heute bevölkern sie, mehr oder weniger, aber vollständig bekleidet, Millionenstädte, die damals Dörfer waren.

Die ›Sexfilme‹ der Sechziger und Siebziger wirken heutzutage wie eine Kinderstunde. Ob das, was damals als ›sexuelle Revolution‹ gepriesen wurde, gut war? Mehr als so nackt wie heute geht es nicht.

• Die Mädchen waren durchweg rank und schlank. Schon leicht mollige Teenager hatten es schwer, einen Partner zu finden. Polster kaschierte man mit lockerer Kleidung. Heutzutage sind allzu viele Damen übergewichtig und kleiden sich, wie die Wurst in der Pelle. Viele leben in der ›wilden Ehe‹ und belächeln die ›Achtundsechziger‹.

• Zähe Germanen fuhren in 3 oder 4 Tage mit dem ›Käfer‹ zur Adria … oder mit dem ›Liegewagen‹ (Eisenbahn) an die Costa Brava, um das andere Geschlecht in luftiger Badekluft bewundern zu können

• Managerinnen und Politikerinnen waren eine Seltenheit

• Scheidungen waren selten. Scheidungswaisen gab es nur wenige

• Kinder zu haben, war normal, doch schon bald meldete sich der ›Pillenknick‹ und die Geburtenrate schrumpfte dramatisch

• ›Wilde Ehen‹ waren verpönt. Immer mehr junge Leute kümmerten sich aber nicht mehr drum

• Der Einfluss der Kirche war größer als heutzutage.

• Klöster jammerten noch nicht über fehlenden Nachwuchs.

• Selbstbedienungstankstellen gab es so gut wie keine. Der freundliche Tankwart polierte die Frontscheibe umsonst.

• Dass es eines Tages zu Rauchverboten kommen würde, konnte sich niemand vorstellen. Kaum ein Kripo-Mann, der nicht qualmte. Sämtliche Western-Helden rauchten. Als ›Mann‹ rauchte man eben. ›Mannweiber‹ ahmten es nach und machten sogar den Führerschein

• Männer trugen sehr oft noch Hut, als Kommissar sowieso

• In der Schule herrschten raue Sitten, wie z.B. Prügelstrafe

• Ins Gymnasium kam man nur über strenge Aufnahmeprüfungen, bei denen jede Menge Interessenten durchfielen. Von denen, die es geschafft hatten, blieb irgendwann noch die Hälfte auf der Strecke.

• Volksschulabschluss hieß: gut rechnen, lesen, schreiben können, jedenfalls besser als heutige Gymnasiasten, denn man musste die Aufgaben ohne den nicht erfundenen Taschenrechner lösen.

• Fast alle Wohnungen wurden mit Kohle oder Koks geheizt; erste Öl- oder Gasheizungen machten sich breit

• Erste Schwarzweißfernseher; flimmernde Röhrenungetüme; nur ein Programm; und das erst gegen Abend; Programmende ca. 22.00 Uhr

• Das Mittelwellenradio wurde allmählich von der UKW verdrängt

• Dass es eines Tages Computer geben könnte, war unvorstellbar. Die ersten Rechenmaschinen hatten die Größe eines Schrankes. Kopfrechnen wurde in einem Maße gepflegt, das heute unvorstellbar ist.

• Bücher zu lesen, statt auf den Screen zu glotzen, war normal.

• Man konnte noch Briefe usw. von Hand schreiben.

• Turnschuhe trug man nur, um Sport zu betreiben. Schuhe hatten aus Leder zu sein, wurden wiederholt neu besohlt und hielten (im Unterschied zu den kurzlebigen Turnschuhen) ein Jahrzehnt. Damen flanierten in irrsinnig hohen Stöckelschuhen

• Wälder belegten mehr als die doppelte Fläche wie heute; dafür hat sich die Weltbevölkerung seit damals mehr als verdoppelt.

• Es gab keine so große Vermüllung wie heute.

• Plastikverpackungen und Schuhe aus Plastik waren selten.

• Chruschtschow stationierte Raketen auf Kuba … bei Fidel Castro. Die Amerikaner kündigen den Einmarsch an. Der Dritte Weltkrieg drohte. Russland zog die Raketen ab. Mitten durch Berlin bauten sie aber eine Mauer. Europa wurde durch Stacheldrahtzaun und Todesstreifen, den ›Eisernen Vorhang‹, geteilt. Es war die Zeit des ›Kalten Krieges‹ … und man hatte Angst vor der Atombombe … wie jetzt wieder …

• Konrad Adenauer sagte: ›Die Lage war noch nie so ernst‹.

• … und dennoch waren es die ›wilden Sechziger und Siebziger‹; eine Zeit des Aufbruchs; die Zeit eines riesigen (abhanden gekommenen) Optimismus’ und der überschäumenden Lebensfreude.

Die ›Achtundsechziger‹ lehnten sich gegen die ›Unterdrückung‹ durch die Kriegsgeneration auf. Heute sind sie entweder tot oder alt geworden, heben den moralischen Zeigefinger und schimpfen über die ›losen Sitten‹ der jetzigen Jugend: Ce la vie!

• Nicht zu vergessen: Im Jahr unseres Kriminalfalls, also 1966, verlor die deutsche Fußballnationalmannschaft das Endspiel gegen England nach Verlängerung im Wembley-Stadion durch ein Tor, das nachweislich keines war. Das Fußballtor bestand aus hölzernen Balken. Der Schuss des in Rückenlage den Ball tretenden Briten prallte an die Unterkante der Latte und dann auf oder vor die Torlinie; nicht hinein. Heute kann das jede Computersimulation nachweisen. Moderne Tore aus runden Alustangen verhindern inzwischen solche Fehlentscheidungen. England verlor vier Jahre später im Viertelfinale in Mexiko gegen Deutschland und schied aus. Der Fußballlegende Uwe Seeler gelang dabei auf seine alten Tage noch ein spektakuläres Tor, als er das Leder mit dem Hinterkopf in den Winkel zirkelte. Spielführer war Franz Beckenbauer, der sogar schon 1966 dabei war … und natürlich ›Bomber‹ Gerd Müller.

Genug der Vorbemerkungen! Man könnte noch jede Menge hinzufügen. Hinein ins Abenteuer! Beginnen wir mit dem Bericht über …

B. Das Haus der guillotinierten Schwestern

 

 

1. Teil: Am Tag und in der Nacht nach Brigittas Tod

 

Corrado Corelli wischte sich den Schweiß von der Stirn. Tropfen rieselten von seiner Nasenspitze auf den Schreibtisch herunter. Es war ein fast schon heißer Tag Ende Mai 1966. Er schob den Stuhl, der unter ihm ächzte, zurück und erhob sich, todmüde; Ringe unter den Augen; übernächtigt. Auf dem linken Fuß stehend, ließ er den rechten kreisen. Das Bein war eingeschlafen und ohne Gefühl. Seit über zwölf Stunden verhörte er den österreichischen Baron Anton v. Wels, ohne auch nur den kleinsten Schritt weitergekommen zu sein.

Mürrisch schaute er aus dem Fenster, ins muntere Treiben der Stadt Treviso bei Venedig. Es war bereits Mittag geworden. In den Bars und Trattorie war kein einziger Platz mehr frei; alles proppenvoll vor der Theke, hinter der die Kellnerinnen hin und her wuselten.

Längst hätte sich Corrado dort unter die Gäste begeben müssen, aber er hatte sich den Espresso verkniffen, um Antonio, wie er ihn nannte, nicht aus der Mangel zu lassen.

Darüber wurde es allmählich Nachmittag und Abend; Feierabend. Die Richtung, in der die Passanten nun in großer Zahl hetzten, zielte auf den Bahnhof. Dämmerung überschwemmte die Piazza. Erste Leuchtreklame der Nachtbars flimmerten zuckend auf.

Immer noch währte das Verhör. Von der Adria her, über das Häusermeer Venedigs und die schlammige Lagune dahinter waberte eine ungesunde Mischung von Dunst, Feuchtigkeit und Nebelschwaden hinweg. Sie eroberte die Ebene westlich von Mestre, vereinigte sich mit dem fauligen Geruch der starr daliegenden tausend Entwässerungsgräben voller Frösche, eroberte Treviso und machte das Atmen schwer. Allmählich kehrte Stille ein, bleierne Stille. Die meisten Menschen waren inzwischen zu Hause.

Auf dem wuchtigen Schreibtisch befand sich nichts als ein voller Aschenbecher. Dahinter hockte auf erhöhtem Stuhl der Commissario; davor stand, durch den Tisch von ihm getrennt, Anton v. Wels, der vermeintliche Mörder einer auffällig schönen Donna aus Napoli.

Der Baron hielt sich aufrecht wie eine Tanne. Er trug nur eine winzige Unterhose, sonst nichts, ohne eine Sekunde vergessen zu machen, dass er ein Adeliger war, denn ›noblesse oblige‹.

Sein Körperbau, das musste der Neid ihm lassen, war vorzüglich; schlank und rank; gut ausgebildete Muskeln; dichtes, in Italien beneidenswert blondes Haar, das ihm üppig über die Stirn und in breitem Fluss in den Nacken hinab fiel. Dies war einer der Gründe gewesen, warum man keine schmachtende Commissaria am Verhör teilnehmen ließ. Er war fast so groß wie der Commissario; von ebenso muskulöser Gestalt, und das sollte schon etwas heißen! Er hätte wirklich für einen schönen Mann gelten können, wie geschaffen zur Abbildung in einem Magazin, wäre da nicht die pechschwarze Augenklappe gewesen, die seine rechte Gesichtshälfte verunstaltete. Es fiel ihm sichtlich schwer, sich immer noch freistehend aufrecht zu halten.

Corrado nahm den Hörer des Haustelefons ab und nuschelte ein paar unverständliche Sätze in die Sprechmuschel. Kurz darauf erschien Commissario Luca Signorelli, der Adjutant, um an seiner Stelle das Verhör fortzusetzen, denn Corrado verspürte ein menschliches Rühren in den Gedärmen. Er ging also hinaus. Luca hingegen hockte sich in den aufstöhnenden Stuhl und überflog fürs Erste die spärlichen Notizen des Chefs, die auf herausgerissene Blätter eines Schreibblocks gekritzelt waren. Das brauchte seine Zeit.

Corelli kam zurück, ließ sich auf einen Sessel in der Ecke fallen lassen und gönnte sich ein Nickerchen. Luca führte das Verhör unverdrossen weiter; eine Plackerei ohne Ende. Schon war es gegen drei Uhr morgens. Treviso war noch wie ausgestorben; ferner Klang einer Turmuhr, drei Schläge; sonst nur Stille.

Seit einer Stunde saß Corrado dem Verdächtigen wieder gegenüber und ließ nicht locker. Luca hatte sich erschöpft zurückgezogen. Antonio musste ein Mann von eisernen Nerven sein. Warum legte er nicht endlich ein Geständnis ab? Danach konnte er sich doch aufs Ohr hauen. Auch ein Mann wie er musste irgendwann kapitulieren.

 

Allmählich kam Leben ins Präsidium. Eine Putzkolonne hatte das Gebäude mit Eimern und Schrubbern erobert. Ganze Seen von Lauge ergossen sich über Gänge und Zimmer. Der Bass von Männern dröhnte zwischen dem Kichern der Weiber.

Corrado hatte die Schnauze voll. Es reichte ihm. Einen neuen Zigarillo zwischen den Zähnen, sprang er so unvermittelt auf, dass der Stuhl krachend hinter ihm zu Boden polterte.

Er blickte dem Baron giftig und garstig ins halb verhüllte Gesicht. Über achtzehn Stunden sinnlosen ergebnislosen Verhörs hatte er hinter sich. Erst nach dreiundzwanzig Uhr hatte er es dem Baron gestattet, Platz zu nehmen. Dem armen Teufel war der Schweiß in die Unterhosen gelaufen. Penetranter Gestank von ungewaschenem Körper verpestete das Verhörzimmer. Er war nicht nur dem Baron entströmt. ›Ein ganzes Königreich für eine Dusche!‹, mochten der Angeklagte und seine beiden Verhörenden gleichzeitig seufzen.

Corrado hatte in der Zwischenzeit den dritten Stiefel Mineralwasser geleert. Ein Blick auf sein Opfer, und so etwas wie Mitgefühl brandete in ihm auf. Kurz entschlossen nahm er den Stiefel, stapfte zum Spülstein in der Ecke, spülte das Glas gründlich aus, gab einen Schuss Martini hinein, schäumte es randvoll mit Leitungswasser auf und stellte es vor Antonio:

»Auf Ihr Wohl, Signore Conte!«

»Grazie, Commissario«, erwiderte der Baron, sprang empor, nahm das Gefäß in beide Hände und leerte es im Stehen, ohne es auch nur ein einziges Mal abzusetzen. Corrado schob ihm einen inzwischen zäh gewordenen Weck über den Tisch zu. Er war mit Butter bestrichen und Gorgonzola belegt. Gierig schlang ihn Antonio herunter, während Corrado das Glas wieder auffüllte.

»Falls Sie mal müssen …«

Corrado wies auf die Ecke des Zimmers, in der eine fensterlose Nasszelle untergebracht war. Dankbar huschte der Baron hinein. Die Tür blieb angelehnt. Man hörte ihn die Blase entleeren und vernahm dann das Rauschen der Spülung. Obwohl Luca und Corrado einander beim Verhör abgelöst hatten, fühlten sie sich wie gerädert. Heimliche Bewunderung für den tapferen Mann von Adel keimte auf. Er hatte alles bislang Dagewesene in den Schatten gestellt.

Nichts, nicht das Geringste hatten sie aus ihm herausgequetscht. Sie hatten buchstäblich auf Granit gebissen. Corrado zündete sich einen neuen Zigarillo an und paffte schweigend. Er musste sich eingestehen, dass ihm Antonio überlegen gewesen war. Sogar als er gründlich gefilzt wurde und sich dabei nackend ausziehen musste, hatte er Haltung bewahrt. Die Demütigung, als man ihn zu Erkennungszwecken zwischen Kleinganoven gestellt hatte, die sich hämische Bemerkungen nicht verkneifen konnten, hatte er weggesteckt.

Auch noch nach diesem unglaublich harten Verhör strahlte er vornehme Eleganz aus. Es war faszinierend. So etwas hatte Corrado im Jahrzehnt seines Dienstes bei den Carabinieri noch nicht erlebt und kam sich angesichts dieses Edelmannes wie Abschaum vor. In einem letzten Versuch, den Eisernen kirre zu kriegen, fauchte er ihn an:

»Nehmen Sie die Augenklappe herunter, Signore von Wels!«

Antonio zögerte sichtlich; er fragte:

»Jetzt sofort? Muss es wirklich sein!«

»Avanti! Subito!, wütete Corrado.«

Leise lächelnd nahm sie der Baron ab. Wie in Zeitlupe schob er sie zur Stirn hinauf. Offenbar war er sich der Wirkung bewusst, die er damit erzeugte. Corrado erstarrte nämlich beim Anblick, der sich ihm bot. Eine üble Mischung von Ekel, Abscheu und Mitleid überwältigte ihn:

»Woher?«

»Krebs, Augentumor; erst Tränenfluss und Sehprobleme rechts; dann gründliche Untersuchung in der Klinik. Der Arzt stellte einen bösartigen Knoten in der Netzhaut fest. Er sagte, wenn er das rechte Auge herausnehme, könne er mir das linke vielleicht noch retten. Augennerven kreuzen sich nämlich hinter der Stirn; das ist es: Die Gefahr, dass es aufs gesunde Auge übergreift. Dann wirst du blind. Ich habe es mir natürlich herausschneiden lassen; alternativlos.«

»Sie dürfen sich die Klappe wieder überstreifen.«

»Grazie, Commissario!«

»Warum tragen Sie kein Glasauge?

»Habe es probiert; verdammt unangenehm; reibt die Haut wund; gab immer nur Entzündungen. So ist es besser. Es ist mir egal, was andere darüber denken, scheißegal.«

 

Antonio hatte den Verhör-Marathon mit stoischer Ruhe über sich herein prasseln lassen; über acht Stunden sogar im Stehen, ohne Essen und Trinken. Jetzt aber sah er aus dem Fenster, um das Morgenrot auf Trevisos Dächern tanzen und die ersten Gassen feurig überfluten zu sehen. Der Anblick war bezaubernd, überwältigend. Immer noch stand er aufrecht wie ein Soldat in ›Habt-Acht-Stellung‹. Corrado schreckte ihn aus den Träumen, indem er bellte:

»Sie haben ihren Aussagen nichts mehr hinzuzufügen, Conte?«

»Nicht das Geringste. Warum wollen Sie mich dazu bringen, wüste Geschichten zu erfinden?«

»Ich halte Ihre Aussage für wenig glaubhaft.«

»Das kann ich Ihnen nicht verdenken. Mir ginge es an Ihrer Stelle ebenso. Dennoch kann ich Ihnen nichts vor flunkern, nur, damit Sie mich endlich schlafen lassen. Vielleicht erkundigen Sie sich einmal bei Ihren sowjetischen Kollegen, wie man das Opfer derart kirre kriegt, dass es sein eigenes Todesurteil unterschreibt, obwohl es unschuldig ist. Wenn man den Vorverurteilten nur lange genug am Schlafen hindert und ihm nichts zu essen gibt, gesteht er alles. Sagen Sie mir, was Sie hören wollen. Ich gebe es zu Protokoll, um es später zu widerrufen. Vielleicht sind Sie dann endlich zufrieden. Soll ich?«

»Natürlich nicht. Wir sind keine Stalinisten. Aber erwarten Sie etwa, dass wir Sie mangels Beweise auf freien Fuß setzen? Noch ist nicht aller Tage Abend.«

»Natürlich nicht. Ich weiß, wie langsam sich die Mühlen des Gesetzes drehen. Ich bin nur müde. Ist doch kein Wunder, oder? Geben Sie mir die Klamotten zurück und gönnen Sie mir einen Strohsack, auf dem ich ein paar Stündchen pennen kann. Dann können Sie in Gottes Namen ihr sinnloses Verhör fortsetzen.«

Antonio war bis zum Umfallen erschöpft. Sein näselnd schleppender österreichischer Tonfall überlagerte sein gepflegtes Italienisch mehr und mehr. Er wischte sich über die Stirn. Corrado schüttelte den Kopf und verwies auf einen Stapel von losen Blättern:

»Hier ist das Vernehmungsprotokoll. Wollen Sie es vor dem Unterschreiben noch einmal durchlesen?«

»Reine Zeitverschwendung. Ich weiß, dass Sie ein korrekter Staatsbeamter, ja, sogar ein anständiger Kerl sind und mir keine Schweinereien unterstellen. Her mit dem Kugelschreiber!«

Corrado schob schweigend die Blätter über den Tisch. Für Sekunden unterbrach ein kratzendes Geräusch die Stille. Der Tenente holte den Stapel wieder auf seine Seite und sagte:

»Signore Conte, mir kommt das spanisch vor: Vor ungefähr fünf Jahren sind Sie aus Wien nach Venedig gekommen, haben sich für kurze Zeit am Canal Grande angesiedelt, um sich schließlich an der Landstraße von Mestre nach Mira in einem abbruchreifen uralten Palazzo niederzulassen … in Begleitung Ihrer Schwester Sofia.

Im Volksmund heißt es das ›Haus der guillotinierten Schwestern‹. Wie man munkelt, wohnten dort zwei oder drei nette Mädchen, welche die Franzosen hassten. Als Napoleons Armee vorüberzog, eröffneten sie das Feuer aus den Fenstern des Obergeschosses und richteten ein Massaker an. Schließlich ging ihnen die Munition aus. Man nahm sie fest und brachte sie unter das Fallbeil der mobilen Guillotine. Eine hübsche, aber durch nichts bewiesene Geschichte. Immerhin ist der Palazzo alt genug, um damals bereits existiert zu haben; etwas anderes: Sie sind Dreiundvierzig; Ihre Schwester Vierunddreißig, so meine Unterlagen. Entspricht das wenigstens den Tatsachen?«

»Wenn Sie es bereits ermittelt haben, warum die Frage?«

»Ist es nicht seltsam, dass man die als Schönheit geltende Donna in den vergangenen vier Jahren nur höchst selten zu Gesicht bekommen hat? Sie soll so gut wie keinen Kontakt zu ihren Nachbarn gepflegt haben, dem Werkstattbesitzer Federico Fellini samt, äh, Gattin sowie dem Staubsaugervertreter Luigi Albanese und Frau, die beide unweit gegenüber Ihrer Villa hausen. Im nahe gelegenen Dorf Mira ist Ihre Schwester so gut wie unbekannt. Soweit meine bisherigen Ermittlungen, die sicherlich noch ergänzt werden müssen.«

»Herzlichen Glückwunsch zu Ihren grandiosen Recherchen! Sie haben herausgefunden, was jedes Kind dort schon weiß.«

»Sie fahren einen betagten FIAT Europa, mit dem Sie in Abständen nach Milano gurken; nicht wahr, alle vierzehn Tage? Etwa zum Einkaufen? Wozu so weit? Fressalien und Klamotten gibt es in Mestre, binnen einer Viertelstunde erreichbar.«

»Nein! Nur, um meine Entwürfe bei den Fratelli Gino & Luigi Giardino abzuliefern. Ich bin Künstler. Sie sind Kunsthändler.«

»Entwürfe? Künstler!?«

»Hihihi! Das wenigstens ist Ihnen bei Ihren Ermittlungen durch die Lappen gegangen. Ich bin gelernter Architekt und als externer Mitarbeiter der beiden Giardini tätig; aber ich male auch.«

»Wie viel? In welchen Abständen? Wie ist die Bezahlung?«

»Einmal im Monat; tausend Dollar; Lire sind nichts wert.«

»Gut zu wissen. Neben Ihrer Schwester, sagt man, pflegten auch Sie keinen Kontakt zu den Nachbarn oder zum Kuhkaff Mira, die paar hundert Meter weiter. Ist das korrekt?«

»Wie Sie sagen. Ich hasse Klatsch.«

»Warum haben Sie Österreich verlassen?«

»Ich bin pleite, arm wie eine Kirchenmaus. Mein Schloss ist futsch. Die Gläubiger sind hinter mir her. Im vergammelten Palazzo, in dem Sofia und ich zur Miete wohnen, haben wir weder Strom noch Telefon.«

»Warum geht Ihre Schwester nicht arbeiten?«

»Sie hat nichts gelernt; Adelsschicksal! Sie sieht gut aus. Aber soll sie sich deshalb selbe verkaufen? Würden Sie das befürworten?«

»Natürlich nicht! Kommen wir zur Mordangelegenheit: Am ominösen Montag begaben Sie sich erst gegen zweiundzwanzig Uhr zu Bett, ohne dass Ihnen etwas aufgefallen wäre, nicht wahr?«

»So war es.«

»… und Ihre Schwester Sofia war zu Hause, von Ihnen wie üblich, so vernahm ich es, hinter Schloss und Riegel gebracht und ins Zimmer gesperrt?«

»Sie fragen nach dem, was Sie wissen, Signore Commissario.«

»Gut, gehen wir weiter: Am Dienstag stiefelte ihr Nachbar, der Staubsaugervertreter Luigi Albanese, stolzer Besitzer eines Mercedes 190, in seiner Garage, um in den nagelneuen Daimler zu steigen. Doch statt seiner Edelkutsche findet er daselbst Ihre rostige Asphaltwanze vor und der süße Mercedes ist verschwunden.

Geschockt rannte er rüber zu Ihnen, über die elende Schlaglochpiste der Chaussee. Er läutete Sturm an Ihrer Tür, um Ihnen sein Leid zu klagen. Die Kiste war nämlich nicht gegen Diebstahl versichert. Das brachte ihn fast um den Verstand. Aber Sie öffneten dem armen Trottel nicht. Niemand öffnete ihm, nicht wahr? Alles war wie ausgestorben; Bude zu; Affe verschwunden, nicht? Sie hatten die süße Schwester eingesperrt im Obergeschoss zurückgelassen, nicht wahr? Wollten Sie, dass das Mädchen verhungert?«

»Ich war nur vorübergehend nicht zu Hause.«

»Luigi rannte zur FIAT-Werkstatt, weil dort das nächste Telefon zu finden war, um die Carabinieri zu alarmieren. Mit jaulender Sirene kamen zwei Kollegen aus Mestre, um sich der Chose anzunehmen. Weil sie aber das ›Haus der guillotinierten Schwestern‹ verriegelt und verrammelt vorfanden und sich niemand meldete, öffneten sie die Haustür mit einem Dietrich; kein Problem bei diesem uralten Schloss. Niemand außer der weggesperrten Sofia war zu Hause, oder?«

»Yes, Sir. Ich waren abwesend. So etwas kommt vor.«

»Sie befreiten die Süße, wiederum per Dietrich und sahen sich dann in Haus und Park um, ohne etwas Verdächtiges zu entdecken. Schließlich öffneten sie auch die Garage. Das führte zu einer faustdicken Überraschung. Dort stand nämlich der verschwundene Mercedes 190, frisch poliert, blitzend und funkelnd vor Chrom.

Reglos saß am Steuer eine dufte Biene von üppiger Gestalt und ließ den Kopf auf das Lenkrad baumeln; die Hände mit den rot gefärbten überlangen Nägeln daneben. Sie war stark geschminkt; das schulterlange Haar blondiert; Scheitel schwarz. Der Oberkörper steckte in einem auf der Rückseite geschnürten schwarzen Bustier mit rosa Tupfen, aus dem zwei Handbälle quollen. Ein am oberen Rand angenähter Streifen aus Gardinenstoff umspielte die Brustwarzen. Unterhalb des Fummels quoll das Bäuchlein als kleiner Speckwulst hervor, gekrönt von einem übergroßen Nabel. Auf den ausladenden Hüften klebte ihr ein grünes Dreieckshöschen wie eine zweite Haut. Sie war barfuß; Fußnägel hellgrün lackiert. Ihre linke Brust wies ein schwarz gerändertes rotes Einschussloch auf. Warum musste die kesse Biene sterben, Signore Conte di Wels? Sie müssten es doch wissen. In Ihrer Garage war die Leiche versteckt. Sie waren auf der Flucht.«

»Wenn ich das wüsste, sagte ich es Ihnen. Ich vernahm es nur in den lokalen Nachrichten, Tenente.«

»In der auf dem Beifahrersitz lungernden Handtasche fanden wir ihren Personalausweis: ›Brigitta Leone; Kauffrau; internationale Immobilienmaklerin; Napoli; Via Romana No. 11‹.

Die Carabinieri haben mich, Chef der Mordkommission, umgehend informiert. Ich habe Brigittas Mann vom Tod der Gattin in Kenntnis gesetzt; eine unangenehme Aufgabe. Er hat sich bereits mit dem Schnellzug auf die Reise gemacht und wird noch heute in Mestre erwartet; nun zu Ihnen, Conte:

Alles deutet darauf hin, dass Sie angesichts des Mordes die Flucht ergriffen. Wären unsere Beamten nicht so aufmerksam gewesen und hätten Sie an der Schweizer Grenze festgenommen, wären Sie uns entkommen. Das war doch wohl Ihre Absicht, nicht wahr? Wie können Sie noch leugnen, etwas mit der Ermordung der Signora Leone zu tun zu haben? Das glaubt Ihnen doch kein Hutmacher, Conte. Hatten Sie ein Verhältnis mit ihr?«

»Ich hatte sie zuvor noch nie gesehen und habe sie nicht getötet.«

»Sie wollen also weiterhin behaupten, die bezaubernde Person in Ihrer Garage nicht gekannt zu haben?«

»Genau so ist es.«

»Warum haben Sie dann so hektisch die Fliege gemacht?«

»Ich habe etwas gegen den italienischen Knast. Als ich vom Haus aus in die Garage ging und die Tote vorfand, konnte ich mir ja denken, was die Carabinieri mit mir machen würden. Ich geriet in Panik. Mein darauffolgendes Verhalten war ganz normal. Weil mein Wagen verschwunden war, schwang ich mich auf unser rostiges Fahrrad und radelte zum Bahnhof Mestre.«

»Sonst noch was?

»Nicht, dass ich wüsste.«

»… und Sie haben nichts bemerkt? Weder das Rumpeln des Garagentors noch einen Schuss?«

»Ich schlafe so fest, dass mich nicht einmal ein Kanonenschuss weckt. Wie oft soll ich Ihnen das noch sagen? Immer dieselbe Frage und dieselbe Antwort. Geben Sie es doch endlich auf! Sagen Sie mir lieber, wie es Sofia geht!«

»Sie hält sich tapfer, sagen die wachhabenden Carabinieri, die Ihre Schwester ob ihrer bezaubernden Figur anhimmeln.«

 

Corelli wusste nicht mehr weiter und schwieg. Der Baron war ihm über. Corrado musste kapitulieren. Er rief Luca herein, betraute ihn mit der Bewachung des Barons und ging nach nebenan, um mit dem Untersuchungsrichter zu telefonieren. Das Gespräch war kurz und ergebnislos. Keiner der beiden konnte sagen, wie es weitergehen sollte. Der Beamte setzte keine Hoffnung auf ein erneutes Verhör des Verdächtigen. Er sah schwarz, rabenschwarz und murmelte:

»Signore Tenente, haben Sie eine Idee, warum Mercedes und FIAT in die falschen Garagen gesteckt wurden? Das ist doch grotesk. Warum versuchte v. Wels, in die Schweiz zu flüchten statt die Carabinieri zu verständigen? Er hätte nur zur Werkstatt hinübergehen müssen. Dort hat es ja ein Telefon.

Außerdem wirft der Tod von Signora Leone zwei Fragen auf: Warum wurde sie umgebracht? Etwa weil sie eine Edelnutte war und jemanden erpresste? Doch was suchte sie ausgerechnet in dieser abgelegenen Gegend, wo sich Fuchs und Hase ›Gute Nacht‹ wünschen?

Der Baron selber gibt uns ein weiteres Rätsel auf. Er hat ein Verhör von zwanzig Stunden bravourös überstanden. Entweder ist er mit allen Wassern gewaschen und ein ausgekochter Ganove, oder er ist tatsächlich unschuldig und nur in Panik verduftet. Da wir auf die übliche Tour nichts aus ihm herausbekommen, schlage ich vor, ihn auf freien Fuß zu setzen; natürlich unter der Bedingung, dass er sich in seiner Bude, dem, äh, ›Haus der guillotinierten Schwestern‹ für weitere Befragungen bereithält und die Gegend nicht wieder verlässt. Man sollte ihn jederzeit observieren. Vielleicht macht er ja einen Fehler und verrät sich. Kommt Zeit, kommt Rat.«

»Auf Ihre Verantwortung lasse ich ihn laufen; aber da ist noch seine reizende Schwester.«

»Ganz recht! Sie heißt, äh, äh, Sofia und gilt als männermordende Bestie, wie ich vernahm. Sie ist zu Hause und hütet, wie üblich, ihre Räumlichkeiten. Passen Sie gut auf sie auf … hihihi … und auch auf sich selber. Sollten sich einer der beiden Geschwister aus dem Staub zu machen versuchen, haben Sie die Aufgabe, eine sofortige Verhaftung vorzunehmen. Wenn sie erst einmal im Ausland untergetaucht sind, kommen wir kaum noch an sie heran.«

 

Damit war das Gespräch beendet.

---ENDE DER LESEPROBE---