Noch mehr gellendes Höllengelächter - Meinhard-Wilhelm Schulz - E-Book

Noch mehr gellendes Höllengelächter E-Book

Meinhard-Wilhelm Schulz

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Beschreibung

Die Hölle lacht gellend, wenn das Grauen erwacht!

»Noch mehr gellendes Höllengelächter« beginnt mit Grusel-Beiträgen der Antike, von Gruselschulz neu übersetzt und dem Verständnis zuliebe erläutert und/oder teilweise neu geschrieben: Hexen reißen Schlafenden das Herz heraus, um es zu fressen. Ein Krokodilmann lebt von Menschenfleisch. Ein geldgieriges Weib mordet, mordet und mordet … Ein Dieb lässt sich Makabres einfallen. Besen, Besen, seid’s gewesen … Ein Haus verbirgt Makabres im Keller. Ein Werwolf geht um. Wir schließen mit der Story von der untoten Braut.
Eines Tages forderten die Schüler ihren ›Gruselschulz‹ zur Wette heraus, innerhalb der Sommerferien eine gänzlich eigene Horrorsammlung zu schreiben. Er gewann die Wette und legte den Grundstein zu seinen hier vereinigten Short Stories. Es ist kein Platz, sie detailliert vorzustellen. Jede einzelne ist makaber, aber gespensterfrei; nichts für schwache Nerven. Schulz zeigt auf, dass es keiner Geister bedarf, um vor Grauen zu erstarren. Hier ist es der satanische Trieb des Menschen, der dem Mitmenschen genüsslich das Leben zur Hölle macht, jetzt und erst recht in Zukunft. Die ›Gruselschul‹-Stories sind dem Bösen in uns und um uns herum gewidmet. Ein Mitarbeiter der Zeitschrift ARCANA, dem vor Jahren einige Skizzen vorlagen, bekundete, noch nie so Grausiges gelesen zu haben. Als Erzählebene dient der gute alte schwarze britische Humor, der dem Leser (hoffentlich) ein rechtes Höllengelächter entlockt …
Ein Muss für jeden Fan des klassischen Grusels.

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Lucius Apuleius, Herodotos, Lukianos, 

Petronius, Phlegon, Meinhard-Wilhelm Schulz 

 

 

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gellendes Höllengelächter

 

Das 3. große Bärenklau Exklusiv Grusel- und Horror-Lesebuch 

herausgegeben von Meinhard-Wilhelm Schulz

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © by Dieter Rottermund mit Bärenklau Exklusiv, 2023

Korrektorat: Sandra Vierbein

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Das Copyright auf den Text oder andere Medien und Illustrationen und Bilder erlaubt es KIs/AIs und allen damit in Verbindung stehenden Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren oder damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung erstellen, zeitlich und räumlich unbegrenzt nicht, diesen Text oder auch nur Teile davon als Vorlage zu nutzen, und damit auch nicht allen Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs nutzen, diesen Text oder Teile daraus für ihre Texte zu verwenden, um daraus neue, eigene Texte im Stil des ursprünglichen Autors oder ähnlich zu generieren. Es haften alle Firmen und menschlichen Personen, die mit dieser menschlichen Roman-Vorlage einen neuen Text über eine KI/AI in der Art des ursprünglichen Autors erzeugen, sowie alle Firmen, menschlichen Personen, welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren um damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung zu erstellen; das Copyright für diesen Impressumstext sowie artverwandte Abwandlungen davon liegt zeitlich und räumlich unbegrenzt bei Bärenklau Exklusiv

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Noch mehr gellendes Höllengelächter 

Das 3. große Bärenklau Exklusiv Grusel- und Horror-Lesebuch 

1. Lucius Apuleius: Die blutrünstigen Hexen und der Zombie 

2. Lucius Apuleius: Der Leichenwächter 

3. Lucius Apuleius: Der gefräßige Greis 

4. Lucius Apuleius: Ein Weib des Grauens 

5. Herodotos: Pharao und Dieb 

6. Lukianos: Der Zauberlehrling 

7. Lukianos: Das Gespensterhaus 

8. Petronius: Ein römischer Werwolf 

9. Phlegon: Die Untote von Korinth 

10. Die Gruft der Satansanbeter 

11. Der ausgemusterte Beichtstuhl 

12. Giuseppe Giustino 

13. Erika Eisenstein 

14. Sarg des Grauens 

15. Frieda Fleischer vor Gericht 

16. Nächtliches Drama auf dem Friedhof 

17. Der unheimliche Gasthof 

18. Die junge Geigerin und die Spuknacht 

19. Cornelia, die Süße 

20. McMillan und das Zimmer des Grauens 

21. Mörderischer Schatten 

22. Die Gespensterinsel 

23. Eine spiritistische Sitzung 

24. Das Ende der Erde 

25. Kampf mit dem Zombie 

26. Im Hundezwinger 

27. Die Schlange von Bad Schlangenbad 

28. Amanda Fromm 

29. Das Tagebuch des Physikers William M. Shultz 

30. Eine weitere spiritistische Sitzung 

31. Mein Name war Haase 

32. Anton Gräbermann 

33. Friedrich Pabst 

34. Der Mann aus Schlangenbad (GS) 

35. Das Hitlergespenst 

36. Tagebuch eines ehemaligen Gestapo-Mannes 

37. Nachwort von Viktor Auburtin: Das neue Paradies 

Register 

 

Das Buch

 

 

 

 

Die Hölle lacht gellend, wenn das Grauen erwacht!

»Noch mehr gellendes Höllengelächter« beginnt mit Grusel-Beiträgen der Antike, von Gruselschulz neu übersetzt und dem Verständnis zuliebe erläutert und/oder teilweise neu geschrieben: Hexen reißen Schlafenden das Herz heraus, um es zu fressen. Ein Krokodilmann lebt von Menschenfleisch. Ein geldgieriges Weib mordet, mordet und mordet … Ein Dieb lässt sich Makabres einfallen. Besen, Besen, seid’s gewesen … Ein Haus verbirgt Makabres im Keller. Ein Werwolf geht um. Wir schließen mit der Story von der untoten Braut.

Eines Tages forderten die Schüler ihren ›Gruselschulz‹ zur Wette heraus, innerhalb der Sommerferien eine gänzlich eigene Horrorsammlung zu schreiben. Er gewann die Wette und legte den Grundstein zu seinen hier vereinigten Short Stories. Es ist kein Platz, sie detailliert vorzustellen. Jede einzelne ist makaber, aber gespensterfrei; nichts für schwache Nerven. Schulz zeigt auf, dass es keiner Geister bedarf, um vor Grauen zu erstarren. Hier ist es der satanische Trieb des Menschen, der dem Mitmenschen genüsslich das Leben zur Hölle macht, jetzt und erst recht in Zukunft. Die ›Gruselschul‹-Stories sind dem Bösen in uns und um uns herum gewidmet. Ein Mitarbeiter der Zeitschrift ARCANA, dem vor Jahren einige Skizzen vorlagen, bekundete, noch nie so Grausiges gelesen zu haben. Als Erzählebene dient der gute alte schwarze britische Humor, der dem Leser (hoffentlich) ein rechtes Höllengelächter entlockt …

Ein Muss für jeden Fan des klassischen Grusels.

 

 

***

Noch mehr gellendes Höllengelächter

 

Das 3. große Bärenklau Exklusiv Grusel- und Horror-Lesebuch

 

von Meinhard-Wilhelm Schulz

 

 

1. Lucius Apuleius: Die blutrünstigen Hexen und der Zombie

 

Leute, hört erst mal, wer ich bin: Aristomenes aus Ägion bei Korinth. Freunde, vernehmet die Kunde, mit was für einem Beruf ich mich über Wasser halte: Mit Honig, Käse und dergleichen Kram für die Kneipen ziehe ich kreuz und quer durch halb Griechenland.

Neulich schnappte ich also auf, dass in Hypata, der Hauptstadt von Thessalien, frischer Käse von Supergeschmack für ein paar Kröten verhökert wird. Nix wie hin, um alles an mich zu raffen! Doch, wie das halt so kommt, ich war mit dem linken Fuß zuerst losgesaust, und die Hoffnung auf den guten Gewinn ging flöten. Den ganzen Mist hatte mir nämlich tags zuvor Herr Wolf, ein Großhändler, weggeschnappt. Von dem nutzlosen Gehetze war ich jetzt fix und fertig und tappte in der Abenddämmerung zur Badeanstalt.

Und da sah ich meinen alten Kumpel Sokrates. Im Dreck hockte er und war von einem löchrigen Umhang halb verhüllt; kaum wiederzuerkennen vor Blässe; zur Jammergestalt abgemagert; ein Tippelbruder, einer von denen, die an Straßenkreuzungen betteln gehen. Zu dem ging ich näher hin, ganz unsicher, obwohl er doch eigentlich ein alter Freund von mir war.

»Hallo, Sokrates«, sagte ich, »was iss-en los? Wie siehste denn aus? So ’ne Schande! Und zu Hause hat man sich deinetwegen schon die Augen raus geheult und dich für tot erklären lassen. Deine Kinder haben vom Kreisgericht einen Vormund bekommen. Deine Frau hat sich nach der Leichenfeier vor lauter Trauer und Jammern fast umgebracht. Die Augen hat sie sich halb blind geweint. Und jetzt machen ihr die Eltern Dampf, deine verlassene Hütte mit einem neuen Lover und der Freude von ’ner Hochzeit zu erfüllen. Aber du – was für eine Affenschande – lässt dich hier blicken, wie ein Gespenst.« 

»Oh, mein Aristomenes,« sagte er, »du hast keinen blassen Dunst von den glitschigen Pfaden des Glückes, von seinen unberechenbaren Wendungen und Drehungen.« 

Kaum hielt er die Klappe, da zerrte er auch schon den Umhang hoch über seine Rübe, die vor Scham längst knallrot angelaufen war. Dabei zeigte er aus Versehen seinen total nackten Unterleib vom Nabel bis zu den Schamhaaren.

Dieses Schmierentheater hielt ich nicht länger aus, packte ihn, zerrte an ihm, damit er sich aufrappelte. Doch der Kerl, wie er da hockte, mit verhülltem Kopf, jammerte:

»Hör auf! Soll doch das Schicksal seinen Spaß haben an mir elendiglich Zerschmettertem.« 

Ich kriegte es dennoch irgendwie hin, dass er mir folgte. Eines meiner neuen Gewänder streifte ich ihm über und bekleidete, besser: bedeckte ihn damit, und dann schnellstens ab ins Bad mit dem Stinktier! Salböl und Rubbeltuch lieferte ich ihm gratis. Eine unglaublich dicke Schmutzkruste kratzte ich ihm runter. Fertig damit schleppte ich ihn – der Kerl konnte sich ja vor Schwäche kaum aufrecht halten – selbst abgeschlafft, wie ich war, aus dem letzten Löchlein pfeifend, in ’nen Gasthof. Dort steckte ich ihn in ein warmes Bett, stopfte ihn mit Essen voll, gab ihm einen guten Schluck zu trinken und erzählte ein paar abgestandene Witze.

Schon quakten und schnatterten wir vergnügt miteinander und fingen zaghaft an, Späße über einander zu machen, da stieß er aus tiefster Brust einen erbärmlichen Seufzer aus und drosch sich mit der rechten Hand vor die Stirne:

»Ich Unglücksrabe! Nur weil ich Blödmann hinter einem berühmten Gladiatorenkampf her war, bin ich in diesen Schlamassel rein geraten. Denn du weißt ja ganz gut, dass ich als Geschäftsmann nach Mekedonien (Nordgriechenland) losgezogen war. Nach neun Monaten machte ich mich mit platzend vollem Geldbeutel auf den Heimweg. Bevor ich in der südlich von Makedonien gelegenen Stadt Larissa ankam, wollte ich durch eine Schlucht abkürzen, um das genannte Spektakel rechtzeitig zu erreichen.

Da fallen in einem weglosen, zerklüfteten Talkessel die Räuber, Riesenkerle, über mich her und knöpfen mir alle Moneten ab. Ich kann immerhin abhauen und komme fix und fertig zu einer Kneipwirtin rein gehechelt. Sie heißt Meroe (›Säuferin‹) ist ältlich, aber eine recht nette Weibsperson. Da bleibe ich und berichte ihr den Grund meiner Weltumseglung, dazu vom Pech auf der Heimreise, und wie man mich völlig ausgeplündert hat.

Da fängt sie an, mich verdammt nett zu behandeln. Fressalien kriege ich umsonst. Doch dann kommt die Kehrseite der Medaille. Von mächtiger Geilheit überwältigt zerrt sie mich in ihr Schlafzimmer. Und ich Depp! Sobald Ich’s mit ihr getrieben habe, ziehe ich mir dafür eine jahrelange, gottverfluchte Hörigkeit zu. Selbst die Lumpen, die mir die gutmütigen Räuber noch gelassen hatten, hab ich ihr vermacht. Ich schuftete dann als Ladearbeiter für sie – damals hatte ich ja noch Mumm – bis mich diese liebe Frau und mein verfluchtes Missgeschick in eben die Jammergestalt verwandelt haben, die du grad gesehen hast.« 

»Bei den unsterblichen Göttern«, so ich, »du hast es wirklich verdient, in der Scheiße zu hocken, falls es nicht noch was Schlimmeres gibt. Deine widerwärtig säuischen Gelüste bei einer verhurten Hure hast du Heim und Herd vorgezogen!« 

Aber der Kumpel hielt vor Entsetzen erstarrt den Zeigefinger vors Maul. »Ruhe, Ruuhee!« brüllte er und blickte sich um, ob er auch ungestört reden könnte; dann flüsternd:

»Vorsicht vor dem Hexenweib! Sonst hast du mit deinem losen Mundwerk gleich einen Schaden weg.« 

»He«, sagte ich, »ist die so mächtig, diese Kneipenkönigin?« 

»Eine Hexe ist sie«, so er, »und mit ihrer zauberischen Macht holt sie den Himmel runter oder stemmt die Erde hoch. Quellen werden steinhart, Berge flüssig. Tote zerrt sie aus den Gefilden der Unterwelt, Götter bannt sie dort rein. Sterne löscht sie aus und bringt dafür Licht in die Hölle der Unterwelt.« 

»Bitte, bitte«, sagte ich, »weg das ganze Theater mit all seinem Brimborium! Drück dich gefälligst normal aus!« 

»Willst du«, so er, »das eine oder andere, ja, jede Menge von dem Zeug hören, das sie da angerichtet hat? Denn dass in sie nicht nur die Mitbürger verliebt sind, sondern ganz Afrika und Indien, ja sogar die Leute, die auf der Rückseite der Erde leben, das sind doch nur läppische Kleinigkeiten ihrer Kunst. Was aber eine Menge Leute miterleben konnten, wie sie’s grad machte, das hör an:

 

Ein Liebhaber von ihr hatte es nebenbei mal mit einer anderen gehabt. Da hat sie ihn aus Rache mit einem einzigen Wort in einen Biber verwandelt. Wenn nämlich dieses Vieh Angst hat, man könnte es fangen, um wie üblich aus seinen Hoden Manneskraft (Viagra von damals) zu saugen, beißt es sich diese lieber selbst ab, lässt sie liegen und rennt ums restliche Leben. So sollte es auch dem da gehen.

Und dann erst! In der Nachbarschaft wohnte ein Kneipwirt und war ihr Konkurrent. Den verwandelte sie in einen Frosch. Der Greis schwimmt jetzt im eigenen Weinfass rum und begrüßt die Stammgäste – in die Hefe geduckt – mit unterwürfigem Quaken.

Einen Mann vom Marktplatz, der gegen sie eine Gerichtsrede gehalten hatte, den hat sie in einen Widder verwandelt. Und so führt er eben als Schafskopf, hihihi, weiter seine Prozesse.

Die Frau eines ihrer Geliebten hatte sich über diese Hexe das Maul zerrissen. Da hat sie die – sie war gerade in anderen Umständen – zu ewiger Schwangerschaft verdammt. Alle rechnen es nach. Die Ärmste wird jetzt schon durch die Last von acht Jahren ausgeleiert, als wollte sie einen Elefanten zur Welt bringen.

Weil sowas aber überall passierte, und schon viele Leute zu Schaden gekommen waren, köchelte allmählich die Volksseele. Man beschloss, das Dreckweib am nächsten Tag mit Steinen totzuschmeißen. Doch sie kam diesem Plan mit der Macht ihrer Zauberkünste zuvor, und sie machte es wie die sagenhafte Medea: Die bekam ja von Herrn Kreon nur einen einzigen Tag Aufschub, und da verbrannte diese wüste Hexe sein ganzes Haus samt Tochter und seiner Alten mit ihrem glühenden Stirnreif. Und so ähnlich machte es meine Meroe jetzt, nur mit einem Leichenzauber an einer Gruft. Im Suff hat sie’s mir erzählt, wie sie’s gemacht hatte:

Durch stumme Geistermacht bannte sie alle Nachbarn in ihre Häuser. Volle zwei Tage lang konnte kein Riegel abgerissen, keine Tür aus den Angeln gehoben und nicht mal eine Wand durchgebrochen werden. Endlich einigte man sich und schrie im Chor und schwor die heiligsten Eide, man werde ihr nichts tun. Wenn’s jemand anderes vorhabe, werde man ihr wirkungsvoll zu helfen wissen.

So hat sie gnädig die ganze Stadt wieder laufen lassen. Den Anstifter dieser Revolution verschleppte sie aber in stockfinsterer Nacht samt ganzem Haus, also mit Mauern, Fundament und Estrich, zugesperrt, wie’s war, in eine andere Stadt, die hoch auf einem Berg liegt und daher nach Wasser lechzt. Und weil das Häusergewimmel keinen Platz für den neuen Gast bot, schleuderte sie die Hütte schlicht und ergreifend vors Stadttor und machte sich aus dem Staub.« 

 

»Interessantes und auch grässliches Zeug«, so ich, »erzählst du mir da, mein Sokrates. Schließlich hast du mir keinen kleinen Schreck eingejagt: Nein, ich bin geschockt! Das ist ja alles andere, nur keine Lappalie. Nein, knüppeldick kommt es mal wieder! Was nur ist los, wenn diese alte Hexe mittels dienstbarer Geister jetzt gleich von unserer Unterhaltung erfährt? Daher gehen wir besser etwas früher in die Falle und machen uns dann im Morgengrauen auf und davon, so weit die Füße tragen.« 

Noch gab ich wohlgemeinte Ratschläge, da lag der gute alte Sokrates schon flach – vom ungewohnten Suff benebelt und der ewigen Plackerei erschöpft – und sägte und orgelte.

 

Ich mache die Tür zu, schiebe den Riegel vor, stelle das Bettchen hinter die Türangeln und verziehe mich drauf. Zuerst bleibe ich vor Schiss noch eine Weile wach. Dann, so um Mitternacht, fange ich an zu rüsseln. Doch kaum penne ich, da werden die Türflügel mit krachender Wucht nach innen gedrückt, mit mehr Gewalt, als wären es nur Räuber. Mit zerbrochenen, ja, heraus gefetzten Angeln stürzen sie um. Mein liebes altes Bettchen, für mich Lulatsch ohnehin zu kurz – außerdem endete ein Bein in einem Stumpf – überschlägt sich durch den brutalen Anprall. Ich kugle rum, fliege raus und klatsche auf den Boden. Das umgestülpte Bett rumpelt über mich und verschüttet mich mit Haut und Haar.

Da reagierte ich ganz anders, als man es erwartet hätte: So wie man nämlich immer mal wieder vor Freude heult, konnte ich mir jetzt den Lachanfall nicht verkneifen, weil aus mir, dem Aristomenes, mit dem Bett auf dem Buckel eine komische Schildkröte geworden war.

Im Mist der Nobelherberge liege ich also und schiele unter den Laken raus, was denn hier los ist, verdeckt und versteckt durch den tollen Schutz und Schirm des Bettes.

Da sehe ich zwei ziemlich verhutzelte Weiber stehen. Die eine hat eine brennende Lampe mitgebracht, einen Schwamm und ein nacktes Schwert die andere. In dieser prächtigen Aufmachung umzingelten sie den lieben Sokrates, der gemütlich vor sich hin schnärchelt. Die mit dem Schwert reißt die zahnlose Klappe auf und keift:

»Da ist er ja, Schwesterchen Panthia (›die Göttliche‹) mein himmlischer Liebhaber und Bettgeselle. Tag und Nacht hat er in meinen besten Jahren an mir herumgefummelt, der nackte Affe, und jetzt?! Jetzt hat er von meiner Schönheit und Liebe die Nase voll, reißt blöde Witze über mich und will auch noch abhauen. Und ich?! Wie anno dazumal die saudumme Kalypso, die der trickreiche Odysseus hat hocken lassen, so werd ich in alle Ewigkeit vereinsamt heulen wie ein Schlosshund.« 

Dann streckt sie den rechten Arm samt Schwert als Verlängerung nach mir hin, zeigt mich ihrer Schwester Panthia und faucht:

»Aber der Kerl da, das ist sein heimtückischer Anstifter Aristomenes. Der hat den Fluchtplan ausgeheckt. Nun aber hat er sein eigenes Abkratzen schon vor Augen. Platt auf dem Boden ausgestreckt liegt er unterm Bett und glotzt sich das alles an. Und der Schuft meint, ich lasse ihn ungeschoren davonkommen. Na warte, Bürschlein! Demnächst, nein bald, nein jetzt gleich wirst du diese Äußerungen aus deinem Schandmaul und auch deine widerliche Neugier bereuen.« 

Wie ich das hörte, schoss mir der Angstschweiß aus sämtlichen Poren. Ich schlotterte bis in die Gedärme, dergestalt, dass das Bettchen durch meinen Schüttelfrost ins Taumeln geriet und auf meinem Buckel zuckend tanzte. Aber die gutmütige Panthia meinte:

»Lass den Quatsch, Schwesterherz! Erst machen wir uns über den anderen her. Wir reißen ihn in Stücke oder säbeln ihm wenigstens seine männlichen Anhängsel runter.« 

Darauf entgegnet Meroe, so hieß das Weib tatsächlich, und der Name passte zum Gerede des Sokrates wie die Faust aufs Auge:

»Eija! Dann soll der halt überleben, um die Leiche des Sokrates in einem Bisschen Sand zu verscharren.« 

Das zischt sie, biegt des Kumpels Kopf zurück und rammt ihm auf der linken Seite der Kehle das Schwert bis an den Griff nach unten in den Leib, rein und wieder raus! Schon schießt das Blut wie verrückt hervor. Da hält sie einen kleinen Schlauch dran und fängt alles so genau auf, dass nirgendwo ein Blutstropfen zu sehen ist. Die rote Soße ist wohl ihr Leib- und Magengesöff.

Ja, das hab ich mit eigenen Augen gesehen!

Dann lässt die liebe gute Meroe – wie eine echte Opferpriesterin bei einem Schaf – den rechten Arm durch die Wunde flutschen, wühlt Grimassen schneidend in den Eingeweiden rum und zerrt schließlich das noch zuckende Herz meines Kumpels raus, um es in einem Beutel zu verstauen.

Sokrates aber ließ da, wo sie ihn aufgeschlitzt hatte, so ein Geräusch, hm, so eine Art Zischen rausfahren, und dann – blubb-blubb-blubb – verröchelte er seinen Geist.

Da aber, wo der Spalt der Wunde breit auseinanderklaffte, zwängte Panthia den mitgebrachten Schwamm rein und brabbelte folgenden Hexenspruch:

»Hallo, Schwamm, im Meer geboren, geh in einem Fluss verloren!« 

Kaum hatte sie das raus gequasselt, da zerrten die beiden im Gehen das Bett von mir weg und hockten sich, als wäre ich ein alter Esel, breitbeinig mitten auf meine Fresse und entleerten ihre Blase drüber, bis sie mich schließlich endlich in der Jauchebrühe ihres Urins eingeweicht und halb ersäuft hatten.

Kaum waren sie verduftet, da sprangen die Türflügel empor und sausten an die alte Stelle. Die Angeln fanden ihre Löcher wieder, an die Pfosten stürmten die Querhölzer zurück. Die Riegel schnappten in die Schlösser. Der Spuk war vorbei.

Ich aber lag noch immer in Dreck und gelber Pfütze, halbtot, nackt, eiskalt und mit Pisse begossen; besudelt, wie frisch aus dem Mutterleib gekrochen, aus den letzten Löchlein pfeifend. Ja, ich hatte mich schon selbst überlebt. Natürlich war ich Kandidat Nr. 1 für die nächste Kreuzigung, denn ich sagte zu mir selber:

»Was wird wohl morgen früh passieren, wenn sie den massakrierten Sokrates auf meiner Bude finden? Wer wird schon für wahr halten, was ich vorbringe?

»Du hättest wenigstens um Hilfe schreien können, wenn du, ein so starker Mann, sich nicht gegen eine Frau wehren konntest. Vor deinen Augen wird jemand abgestochen, und du hältst das Maul! Warum hat dich das Weib nicht auf ähnlich satanische Weise umgebracht? Warum hat sie trotz ihrer grässlichen Blutgier – nur damit man sie später verpetzen kann – den Zeugen laufen lassen? Also, wenn du da schon dem Tod entronnen bist, Marsch! jetzt schnellstens zu ihm zurück mit dir!« 

Das alles wiederholte ich ununterbrochen. Die Nacht ging, es kam der Tag. Da schien es mir das Schlauste zu sein, mich noch vorm Morgengrauen in aller Heimlichkeit zu verziehen und mit schlotternden Knien auf die Socken zu machen. Ich schnappte also meinen Rucksack, steckte den Schlüssel unter den Riegel und wollte ihn zurückdrehen [antike Technik mit der Zahnleiste am Riegel].

Doch diese gottverdammt zuverlässige Tür, die in der Nacht ganz von selbst aufgesprungen war, ließ sich jetzt nur mit aller Kraft öffnen. Schweißtriefend schuftete ich am Schlüssel. Endlich nach draußen auf den Korridor gelangt, schrie ich:

»He, Pförtner, wo steckst du? Reiß mir die Herbergstür auf, ich will noch vor Tagesanbruch fort.« 

Der faule Sack pennte hinterm Eingang auf dem Boden und grunzte im Halbschlaf:

»Was?! Weißt du denn nicht, dass Räuber auf den Straßen ihr Unwesen treiben, wenn du dich mitten in der Nacht auf den Weg machst? Und falls du eine Schandtat auf dem Kerbholz hast und deshalb dein Leben riskierst, kannst du Gift drauf nehmen, dass unsereiner keinen derartigen Hohlkopf hat, dass wir für dich abkratzen wollen, nur weil wir dich laufen lassen.« 

»Es wird ja schon hell, und außerdem: Was können Ganoven einem so bettelarmen Reisenden wie mir schon wegnehmen? Du Blödmann, weißt du denn nicht, dass auch zehn Bademeister einen Nackedei nicht mehr entkleiden können?« 

Der träge Kerl aber wälzte sich auf die andere Seite und blökte:

»Und woher soll ich wissen, ob du nicht deinen Kumpel, mit dem du gestern hier eingeschneit bist, den Hals abgeschnitten hast und jetzt dein Heil in der Flucht suchst?« 

In dieser Sekunde – ich weiß es noch ganz genau – spaltete sich vor mir gewissermaßen die Erde. Ich sah bis zum Grund der Hölle und dort den Wachhund Kerberos mit seinen drei Köpfen voller gefletschter Zähne, der gierig nach mir schnappte. Jetzt begriff ich, dass die gutmütige Meroe meine Kehle nicht aus Erbarmen verschont hatte. Nein, in ihrer Heimtücke hatte sie mich tatsächlich für die Kreuzigung aufgespart.

Also tappte ich zurück ins Schlafzimmer und überlegte, wie ich mich möglichst schmerzlos aus dieser Welt verabschieden könnte. Aber Frau Fortuna [Göttin des Schicksals] stellte mir keinerlei todbringende Waffen zur Verfügung. Nur das Bettchen stand im Zimmer herum. Das redete ich also, wie folgt, an:

»Ach, du Bettlein, herzallerliebstes Bettlein, dass du den ganzen Schlamassel miterlebt und mit erlitten hast, du einziger Augenzeuge der nächtlichen Ereignisse, du, den ich vor Gericht als einzigen Zeugen meiner Unschuld aufrufen könnte, spendiere du mir die segensreiche Waffe, damit ich ins Reich der Toten flüchten kann.« 

Nach diesen Worten machte ich mich über den Strick her, mit dem es notdürftig zusammengeschnürt war, löste den Knoten, warf das Seil über einen Balken, der oberhalb des Fensters aus der Wand ragte, zog das Ende zu einer Henkers-Schlinge zusammen, kletterte aufs Bett und streckte hoch oben stehend den Kopf hindurch. Dann stieß ich mit einem Fuß die Stütze weg, die mich hielt, damit meine Gurgel durch die Kraft des Gewichtes zugeschnürt würde. Doch da riss das vergammelte Seil mitten durch, und ich fiel von oben runter auf meinen Sokrates. Der lag nämlich ganz in der Nähe. Ich klatschte also auf ihn und rollte mit ihm zusammen auf den Boden.

Doch da! Im selben Augenblick platzt der Türsklave rein und brüllt wie ein Stier:

»Wo bist du, Kerl!? In stockfinsterer Nacht hattest du’s verflixt eilig, und jetzt sägst du wohl wieder, in deine Decken eingerollt.« 

In diesem Augenblick – entweder weil ich auf ihn gefallen war oder wegen dieses abscheulichen Gezeters – wurde Sokrates aus dem Schlaf gerissen, sprang noch vor mir in die Höhe und tobte:

»Mit Fug und Recht verfluchen sämtliche Gäste diese dreckigen Herbergssklaven. Da dringt dieser neugierige Bursche hier mir nichts dir nichts ein, vermutlich um was zu klauen, und reißt mich ohnehin klapprigen Mann aus dem tiefsten Schlaf.« 

Ich taumelte, hingerissen vor Freude, nun auch empor und schrie:

»Oh edelster Herr Portier! Da ist er, mein Gefährte und Bruder! Und du hast im nächtlichen Vollrausch ausgesprudelt, ich hätte ihn umgebracht!« 

Dann küsste ich meinen Sokrates gründlich ab und umarmte ihn. Aber der schauderte zurück, angeekelt vom widerlichen Duft der Jauche, mit der mich diese Hexen gedüngt hatten, und wütete:

»Hau ab, du! Du stinkst ja wie der letzte Donnerbalken.« 

Anschließend bekriegte er sich und fragte mich ganz freundlich nach der Ursache des Gestanks. In meiner genauen Not erfand ich ganz schnell einen Witz und lenkte ihn rasch auf ein anderes Thema ab. Dann legte ich ihm die Pfote auf die Schulter und sagte:

»Auf, Kumpel, bade die irdische Brust im Morgenrot!« 

Er nickte zustimmend. Ich nahm den Rucksack auf den Buckel, zahlte dem Wirt die ausgemachten paar Kröten, und schon gewannen wir die Straße.

 

Ein Mordsstück hatten wir schon hinter uns. Der Sonnenaufgang überstrahlte alles. Ich aber stierte mit nicht enden wollender Neugier auf die Kehle meines Kumpels, genau dahin, wo ich den Frosch-Abstecher hatte runter sausen sehen, und sagte zu mir selber:

»Du dämlicher Blödmann! Besoffen, wie du warst, hast du das Letzte geträumt. Der Sokrates da, der ist putzmunter und gesund. Wo ist die Wunde? Wo steckt der Schwamm? Wo ist schließlich die Narbe, die rot klaffende, die frische?« 

Und dann zu ihm:

»Mit Fug und Recht verkünden die lieben Ärzte, diese treuen Seelen, dass hemmungslose Säufer im Rausch die grausigsten Albträume haben. Und ich habe ja gestern eimerweise Wein gekübelt. Daher hat mir die Nacht grässliche und wüste Bilder serviert. Noch jetzt kommt’s mir vor, als wäre ich mit Menschenblut bespritzt.« 

Sokrates grinste breit und sagte:

»Nein, nicht mit Menschenblut, mit Pisse hat man dich vollgeschüttet. Allerdings kam’s auch mir im Traum so vor, als würde ich abgemurkst. Denn mein Hals tat weh, und ich glaubte, mir riss jemand das Herz aus dem Leib. Noch jetzt keuche ich vor Atemnot, die Knie schlottern, und ich taumle nur so dahin. Also brauche ich dringend was Essbares, um wieder zu Kräften zu kommen.« 

»Wo ist das Problem?« so ich, »das Frühstück steht bereit.« 

Sagte es und zog den Rucksack von der Schulter, reichte ihm hektisch Käse und Brot und sinnierte:

»Da drüben im Schatten der Platane können wir uns hinhocken.« 

So machten wir’s. Ich gab ihm Atzung und holte mir auch selber was raus. Dann beobachtete ich ihn, wie er mit Wolfesgier fraß, dabei immer mehr in sich zusammenfiel und ganz gelb anlief. Schließlich war er käseweiß, wie tot.

Da dachte ich wieder an die nächtlichen Satansweiber. Vor Grauen blieb mir ein Bissen Brot – gerade erst in den Schlund geschleudert – mitten im Halse stecken, obgleich er winzig war. Nicht nach oben, nicht nach unten wollte er marschieren.

Außerdem belebten zu meinem Schrecken erste Wanderer die Straße. Wer nämlich könnte daran zweifeln, wenn der eine Kumpel umgebracht ist, dass der Lebende der Mörder ist!?

Sokrates hatte mittlerweile jede Menge in sich rein geschlungen und von meinem Käse den größten Teil vertilgt. Da begann ihn ein fürchterlicher Durst zu foltern, und er jammerte nach einem erfrischenden Trunk.

Nicht weit weg, dicht neben der Platane, glitt sanft und träge, fast wie ein Teich aussehend, ein wie Silber oder Glas blinkender Fluss vorüber.

»Da« sagte ich, »da ist kristallklares Quellwasser! Fülle dir damit deinen Wanst!« 

Der nickt, steht auf, sucht sich eine flache Uferstelle aus, geht in die Knie und beugt sich lechzend hinab. Aber kaum berühren die vorgewölbten Lippen den Wasserspiegel, da klafft an seinem Hals die Wunde wieder weit, weit auf und zeigt einen tiefen tiefroten Spalt. Der Schwamm stürzt heraus. Ein Bisschen Blut tröpfelt hinterher. Schon platscht die Leiche ins Wasser. Ich aber kriege sie an einem Fuß zu fassen und zerre sie mit letzter Liebesmüh ans Ufer. Hier heul ich mir eins und dann verscharre ich ihn hastig und hektisch im Sand des Ufers, gleich neben dem Fluss.

Dann machte ich mich, vor Todesangst schlotternd, durch wegloses Gelände aus dem Staub, ganz so, als hätte ich ihn tatsächlich ermordet. Heim und Herd ließ ich freudig links liegen, samt meiner grässlichen Alten. Ja, ich stürzte mich freiwillig ins Exil und lebe jetzt hier in Ätolien. Da habe ich mir natürlich schnellstens ein auffällig hübsches neues Weib genommen.

 

 

Bibliographische Notiz

 

Lucius (?) Apuleius (2. Jh. n. Chr.) war Nordafrikaner, studierte in Karthago und Athen; war dann als Wanderredner tätig. Als lateinischer Schriftsteller war er ungemein fruchtbar. Ein Teil seiner Werke hat die Unbilden der Zeit überlebt, darunter sein Bestseller, der sog. ›Goldene Esel‹. Er weist freilich einige Passagen auf, die noch heute am Rande der Pornographie stehen.

Der klassischen (leider) ›kastrierten‹ Übersetzung von A. Rohde (1783) und der inzwischen ebenfalls ›verstaubten‹ Übersetzung der Altphilologen R. Helm (1957) und Brandt-Ehlers (1958) müde (alles geistert noch als Nachdruck herum), hat Gruselschulz 2016 eine ›literarische‹ Übertragung in ›saftiges‹ reißerisches Deutsch erstellt; daraus in Neubearbeitung das obige Beispiel. Apuleius stellt übrigens allerhöchste Anforderungen an den Übersetzer.

Weil’s aber so hübsch blutig zuging, folgt unten noch ein zweites Beispiel der Fabulierkunst unseres großartigen Lucius Apuleius.

 

***

2. Lucius Apuleius: Der Leichenwächter

 

Liebe Festgenossen und Saufkumpane!

Als ich noch ein Junge war, machte ich mich auf zu den olympischen Spielen. Weil ich unterwegs das hexenverseuchte Thessalien kennen lernen wollte, durchkreuzte ich diese ganze Provinz und kam endlich nach Larissa, der Hauptstadt, während die Raben krächzend ihre Kreise über mir zogen, Unheil verkündend.

Angekommen, durchirrte ich alle möglichen Gassen. Meine letzten Kröten hatte ich längst ausgegeben, und ich dachte nach, was ich gegen die Schwindsucht meines Geldbeutels tun könnte.

Da! Was sehen meine Adleraugen? Mitten auf dem Marktplatz steht ein klapperdürrer Greis auf einem Felsblock und krakeelt:

»Wenn jemand Lust hat, einen Toten zu bewachen, soll er seine Gehaltswünsche mitteilen.« 

Darauf ich zu einem Passanten:

»Was hör ich da? Hier hauen die Toten ab?« 

»Halt dein Maul, junger Dummkopf! Und auch noch ein Ausländer! Keinen blassen Schimmer haste. Du bist nämlich hier in Thessalien. Da metzeln die Hexen überall das Fleisch aus den Gesichtern der Verstorbenen. Das brauchen sie als leckere Zutat, wenn sie ihre Zaubersuppe kochen.« 

»He Kumpel, sag an, was hat so ein Leichenwächter zu tun?« 

»Erstens mal muss man die ganze Nacht hellwach sein; die Augen weit aufgerissen, immer auf die Leiche starrend. Wehe du riskierst einen klitzekleinen Seitenblick! Dann nämlich schleichen sich allerlei Bestien ein, in aller Heimlichkeit. Sie verstehen es, sich umzustülpen, um eine neue Gestalt anzunehmen. Selbst der Sonnengott oder Frau Justitia, die sonst alles sehen, haben dagegen keine Chance. Diese Hexenweiber verwandeln sich nämlich mal in Vögel, mal in Hunde und Mäuse. Ja, sogar als Fliegen schwirren sie heran.

Dann umnebeln sie die Leichenwächter mit ekelerregenden Zaubersprüchen, sodass sie in tiefsten Schlaf versinken. Und niemand hat genug Phantasie, sich auszudenken, was für heimliche Sauereien diese Weiber ersinnen, um ihre widerlichen Lüste mit Hilfe der abgeschnittenen Teile zu befriedigen. Übrigens wird für diese gottverfluchte Schinderei ein Lohn von kaum mehr als vier bis sechs Goldstücken bezahlt.

Äh, was ich ums Haar vergessen hätte: Wenn dieser Nachtwächter am nächsten Morgen die Leiche nicht absolut unversehrt wieder abliefert, oh mein Gott! Alles, was der Leiche aus dem Gesicht gefetzt und gemetzelt ist, muss er sich aus der eigenen Fresse schneiden lassen, um so den Schaden zu ersetzen.« 

Soweit mein Informant. Ich aber gebe mir einen Ruck und laufe zum alten Krakeeler:

»Mann, hör auf herumzubrüllen! Hier steht schon der Wächter in den Startlöchern. Her mit dem Zaster!« 

»Tausend Münzen wird man dir zurücklegen«, so er, »aber hoppla, junger Spund! Pass bloß mit genauer Sorgfalt auf die Leiche auf! Er gehört zur High Society dieser Stadt. Vorsicht vor den Leichenfresserinnen, mein Bester!« 

»Was für ein Quatsch!«, entgegnete ich, »du erzählst mir lauter Unsinn. Vor dir siehst du einen Mann aus Eisen. Schlaf kenn ich gar nicht. Ich pass besser auf als Meister Argus mit seinen hundert Augen. Ich bin ganz Auge.« 

Kaum hatte ich die Klappe wieder zu, da führte er mich zu einem Haus. Das Haupttor war verrammelt. Er ließ mich durch den Dienstboteneingang rein und öffnete ein dunkles Zimmer; Läden alle geschlossen; drin eine verheulte Frau, schwarz angezogen. Er ging zu ihr und sagte:

»Dieser Mann hier hat sich vertraglich verpflichtet, deinen Gatten sorgsam zu bewachen.« 

Ihr aber flossen die Haare breit übers Gesicht. Sie wischte sie beiseite. Mann, oh, Mann! Ein verführerisch entzückendes Gesicht kam zum Vorschein, trotz aller Trauer. Sie sah mich und sprach:

»Ich bitte dich sehr, möglichst sorgsam zu wachen!« 

»Keine Sorge, schöne Frau«, so ich, »halten Sie einstweilen schon mal die Moneten bereit!« 

Wir schüttelten die Hände; abgemacht! Sie führte mich in ein anderes Zimmer. Da lag die Leiche unter schneeweißen Leinentüchern. Sieben Zeugen wurden hereingeführt. Sie zog die Lappen weg, weinte eine Weile und bat dann die Hammelherde um Hilfe. Peinlich wurde Musterung sämtlicher Körperteile des Toten abgehalten. Ein Notar schrieb alles auf. Sie säuselte dann:

»Meine Herren! Die Nase ist unbeschädigt; Augen in Ordnung; Ohren heil; unversehrt die Lippen; Kinn in Bestzustand. Legt in dieser Angelegenheit, liebe Mitbürger, Zeugnis ab!« 

So geschah es: Nach diesen ihren Worten wurde das vorbereitete Protokoll unterzeichnet und versiegelt. Schon wandte sich die Witwe zum Gehen.

»Aber meine Dame!«, so rief ich hinterher, »lasst mir bitte alles bringen, was man als Leichenwächter so braucht.« 

»Und das wäre?« 

»Eine besonders große Lampe, ein Krug Öl, damit die Funzel nicht ausgeht, bevor es Tag wird; heißes Wasser samt Wein und Becher zum Mixen des Gesöffs und ein anständiges Abendessen!« 

Sie schüttelte den Kopf:

»Geh fort, du Depp! Verlangst in einem Trauerhaus eine volle Mahlzeit, in dem seit Tagen der Herd kalt geblieben ist! Oder glaubst du, ich hab dich zum Festschmaus eingeladen?! Besser, du passt dich der Situation an und klagst und weinst.« 

Das sagte sie und blickte sich nach einem knackigen Mägdelein um:

»He, du da, bring dem Mann eine Lampe und Öl, aber rasch! Sperr dann den Wächter ein und mach dich davon!« 

So geschah es. Im Nu war ich allein gelassen, als Tröster der Leiche. Meine Äuglein rieb ich und machte sie fit zur Nachtwache, vor mir der Tote auf der Bahre. Schon blubberte mir der Angstschweiß aus allen Poren. Ich trällerte Lieder dagegen. Schon kam die Dämmerung. Die Dunkelheit brach herein. Es kam die tiefe, schwarze Nacht und mit ihr kam das Grauen.

Eiskalt lief es mir den Buckel runter, denn ein Wiesel schlich plötzlich rein und hockte sich hin, mir genau gegenüber. Es schleuderte einen starren, unvorstellbar stechenden Blick in meine Augen. Alles begann, sich ringsumher im Kreise zu drehen. Schließlich fand ich die Sprache wieder und schrie:

»Kratz die Kurve, widerliches Biest! Verzieh dich zu deinesgleichen, mein Mäuschen, bevor ich dir das Fell über die Ohren ziehe. Hau endlich ab!« 

Das brave Wiesel kehrte ruck zuck um, und schon war’s raus aus dem Sterbezimmer. Doch in derselben Sekunde fiel ich – mir nichts dir nichts – in einen abgrundtiefen Schlaf. Nicht mal der Hellsehergott Apollo aus dem schönen Delphi hätte weissagen können, wer mehr tot war, die Leiche oder ich.

So lag ich denn so gut wie leblos am Boden. Oh, hätte ich nur selbst einen Wächter gehabt! Was aber die Bewachung des Verstorbenen anging, da war ich trickreich ausgeschaltet.

Doch dann plötzlich: Das schmetternde Krähen der Armee mit dem roten Kamm auf dem Helm! Das schrillte durch die Totenstille der Nacht. Ich schreckte hoch, endlich! Vom Eises-Schock durchzuckt hetzte ich zur Leiche hin und hielt die Lampe dran, um all die Teile zu inspizieren, die im Vertrag untergebracht waren.

Doch da stürzt schon die verheulte Witwe rein, die Ärmste! Hinter ihr die gestrigen Zeugen. Voller Angst und Besorgnis wirft sie sich längelang über den toten Gatterich und küsst ihn lange und gründlich ab. Dann überprüft sie alle Teile im Lampenlicht, dreht sich um, ruft nach dem Hausmeister, und gibt ihm einen Befehl:

»Zahl dem da sofort den Lohn aus!« 

Das macht er. Ich schnappe die Moneten, und sie sinniert:

»Aller-allerbesten Dank, junger Mensch! Bei Jupiter, von nun an sollst du zu den Freunden unseres Hauses zählen.« 

Ich war ganz aus dem Häuschen über so viel Zaster zwischen den Pfoten. Das Gold blinkte und blitzte fröhlich. Da war’s restlos um meinen Verstand geschehen, und ich brüllte:

»Nein, nein, gnädige Frau! Nicht als Freund, als deinen Diener stelle mich ein! Ich will künftig hier jede Leichenwacht mit Freuden übernehmen. Du brauchst nur zu befehlen.« 

Kaum hatte ich alles raus gequasselt, da ging’s schon los. Die ganze Meute der Hausangestellten tobte, wütete und schäumte:

»Dieser verdammte Unglücksprophet! Unerhört! Frechheit! Ein gottloser Kerl! Wartet schon auf die nächste Leiche hier bei uns.« 

Man raffte Waffen zusammen und fiel über mich her. Der eine ballte die Fäuste, und ich erntete Kinnhaken. Ein anderer rammte mir die Ellenbogen in die Schultern. Der dritte teilte Tiefschläge aus und hatte es auf mein Gedärm abgesehen. Fußtritte in rauen Mengen; Haare ausgerauft; Klamotten zerrissen. Grün und blau geprügelt flog ich schließlich im hohen Bogen aus dem Haus.

Bäuchlings auf der Gasse gelandet, kam ich wieder zu Atem. Jetzt wusste ich natürlich – leider ein wenig zu spät – was für eine üble Prophezeiung ich da ausgesprudelt hatte:

»Dafür«, so ich zu mir selbst, »hättest du noch viel mehr Prügel verdient, das musst du zugeben.« 

 

Doch da! Lautes Heulen und Jammern! Die häusliche Trauerfeier war vorbei. Der staatlich organisierte Leichenzug zog, wie dort üblich, über den Marktplatz. Der Tote war ja ein hohes Tier gewesen.

Entgegen stürmte plötzlich ein schwarz angezogener Greis; die grauen Haare gerauft. Tränenüberströmt hielt er die Bahre mit beiden Händen an und rief unter Schluchzen und Glucksen:

»Hilfe, Hiiilfee, ihr Mitbürger! Bei der öffentlichen Moral! Helft einem meuchlings umgebrachten Mitbewohner unserer Stadt! Rächt das unglaubliche Verbrechen dieser verbrecherischen Frau da mit aller Strenge!« 

Er zeigte auf die bezaubernd schöne Witwe:

»Denn diese Frau da und sonst keiner hat, weil sie’s mit einem Ehebrecher trieb und auf die reiche Erbschaft scharf war, den Sohn meiner Schwester mit Gift aus dem Wege geräumt.« 

So zeterte und jammerte und wimmerte der Alte allen nacheinander die Ohren voll.

Inzwischen tobte auch das Volk. Der Vorwurf erschien der Meute glaubhaft. Rasch war man von der Schuld der Witwe überzeugt. Man schrie nach Feuer. Man sammelte Steine. Man forderte die Jugendlichen auf, das Weibsbild totzuschlagen.

Sie aber heulte scheinheilig Ströme von Krokodils-Tränen, schwor nacheinander sämtliche heiligen Eide und stritt das Verbrechen ab.

Daher schniefte der Greis weiter:

»Dann wollen wir die Wahrheitsfindung in die Hände der Götter legen. Hier ist Zatklas aus Ägypten, ein Prophet erster Güte. Mit dem hab ich schon vorher gegen ein Mordshonorar ausgemacht, dass er die Seele des Toten aus der Unterwelt zurückholt und sie in diese Leiche da fahren lässt, damit der Verstorbene für eine Weile wieder zum Leben zurückfindet.« 

Das sagte er und führte einen jungen Burschen in die Mitte. Tücher aus Leinen hatte er an. Seine Füße steckten in Latschen aus Palmfasern. Sein Schädel war ratzekahl rasiert. Ihm küsste er nun lange die Hände ab, umfasste gar seine Knie und sprach:

»Erbarmen, Priester, Erbarmen! Im Namen der Sterne des Himmels; im Namen der Geister der Unterwelt; im Namen des Schweigens der Nacht; im Namen des jährlichen Anschwellens des Nils; im Namen deiner Götterstadt Memphis, lass diesen da für ganz kurze Zeit sich erfreuen an den Strahlen der Sonne! Gieß seinen auf ewig geschlossenen Augen ein klein Wenig Licht ein! Nicht dass wir uns dem unabänderlichen Laufe der Dinge widersetzten, nein! Die Erde soll ihn haben. Ihr gehört er auf ewig. Aber wir sehnen uns nach dem Trost der Rache. Daher gib ihm für wenige Minuten das Leben zurück!« 

Der Prophet ließ sich gnädig stimmen. Er legte der Leiche ein Kräutlein auf den Mund und ein anderes auf die Brust. Dann wandte er sich nach Osten und betete schweigend die Majestät der Sonne an, die am Himmel aufstieg. Seine feierliche Vorstellung ließ alle Anwesenden – den einen mehr, den anderen weniger – mit gespannter Aufmerksamkeit auf die bevorstehende Sensation warten.

Ich mischte mich unters Volk und stellte mich gleich hinter der Bahre auf einen Steinblock, um alles desto besser mit neugierigen Augen zu überblicken.

Schon hebt sich schwellend die Brust. Schon pulsiert die Schlagader. Jetzt beginnt die Leiche zu atmen. Sie setzt sich auf. Der junge Mann spricht:

»Warum, ich bitte dich, warum rufst du mich, den Toten, der schon im Boot den Fluss der Unterwelt ins Jenseits überqueren wollte, zu kurzem irdischen Dasein zurück? Hör auf, hör auf und lass mich bitte in Ruhe!« 

Soweit die Leiche. Der Prophet gerät darüber in Wut und ruft:

»Willst du wohl den Leuten hier die Geheimnisse deines Todes erhellen?! Oder muss ich die höllischen Plagegeister auf dich hetzen, damit sie dir die schlaffen Glieder foltern?« 

Da stöhnt der auf der Bahre auf, aus tiefstem Inneren. So redet er die Menge an:

»Meine frisch geheiratete Frau hat mich mit üblen Tricks beseitigt. Gift gab sie mir zu trinken! So musste ich mein noch lauwarmes Bett ihrem Liebhaber, einem Ehebrecher, überlassen.« 

Doch da rafft sich diese mustergültige Ehefrau zur Frechheit und Unverschämtheit auf, zankt sich in rasender Tobsucht mit ihrem verstorbenen Manne herum und brüllt schließlich:

»Du elender Lügner!« 

Die Menge ist außer sich. Man ist geteilter Meinung. Die einen fordern, man solle dieses Hurenweib lebendig begraben. Die andern schreien hingegen:

»Die Leiche lügt! Einer Leiche kann man nicht glauben!« 

Jetzt wusste niemand mehr weiter; Aussage gegen Aussage! Da gab die folgende Rede des jungen Toten den entscheidenden Hinweis:

»Ich werde euch klipp und klar beweisen, dass ich die Wahrheit gesprochen habe. Hört nur an, was außer mir niemand weiß!« 

Er richtete den Zeigefinger auf mich:

»Das da ist der Mann, der meine Leiche so überaus genau bewacht hat, als die Totenfresser-Weiber in allerlei Gestalten hinter meinem faulen Fleisch her waren. Doch dieser edle Wächter ließ sich nicht übertölpeln. Da warfen sie einen Hypnose-Nebel über ihn. Er fiel sofort in den Schlaf und sank zu Boden. Da lag er wie tot. Darauf zischten sie unablässig meinen Namen; sie riefen ›Thelyphron, Thelyphron, komm zur Tür!‹

Allmählich begannen meine kalten Gelenke und Gliedmaßen, sich träge zu bewegen. Sie versuchten, dem Befehl der Hexen folgend, sich aufzuraffen. Doch unterhalb der Bahre lag dieser Mann da. Er war zwar lebendig, aber im Schlaf so gut wie tot. Der arme Teufel heißt ebenfalls ›Thelyphron‹, genau wie ich. So erhob sich der Ahnungslose Junge, bevor ich’s noch tun konnte und begann willenlos, wie eine lebendige Leiche zu wandeln.

Die Zimmertür war verschlossen. Er kam nicht weiter. Doch ein Spalt klaffte zufällig im Holz. Dorthin hielt er sein Gesicht und ließ sich von hindurch zuckenden Spinnenfingern zuerst die Nase und dann die Ohren abfetzen. So erlitt er die Metzelei an meiner Stelle.

Damit aber keiner was merken konnte, machten sie täuschend echte Prothesen aus Wachs, und klebten ihm die künstliche Nase und die neuen Ohren an. Guckt hin, sie sehen genauso aus wie die abgesäbelten! Und jetzt steht er da, der arme Wicht. Sein Lohn besteht – statt im Dank für treue Dienste – in seiner Verstümmelung.« 

 

Soweit die Leiche. Mich durchrast ein eisiger Schock. Ich grabsche ins Gesicht und ziehe an der Nase: Sie bleibt mir in der Hand. Ich zerre an den Ohren: Sie fallen ab.

Schon zeigte der ganze Pöbel mit Fingern aus allen Richtungen auf mich. Grölendes Gelächter blubbert donnernd über den Platz. Was tun? Runter und zwischen den Beinen der drum herum Stehenden durch! Kalter Schweiß eimerweise aus allen Poren! Ich haue ab.

 

Liebe Saufgenossen, sollte ich etwa so nach Hause gehen, so lächerlich?! Nein! Da blieb ich lieber weg. Hier in der Fremde ließ ich mir die Haare lang wachsen und auf beiden Seiten runter hängen. Hihihi, so kann niemand sehen, dass ich gar keine Ohren mehr habe. Den Nasenstummel aber habe ich abgedeckt, und zwar mit diesem Pflaster aus Leinenstoff. So sieht’s ganz annehmbar aus.

Jetzt lasst uns die Gläser heben und anstoßen! Prosit!

 

***

3. Lucius Apuleius: Der gefräßige Greis

 

Uns Sklaven lächelte eines Tages das holde Glück zu. Der Chef war nämlich umgekommen und sein Erbe noch nicht in Sicht. Was also tun? Nun, wir plünderten eben ganz gemütlich und mit der gebotenen Gründlichkeit das herrenlose Anwesen und machten uns dann aus dem Staub. Es lebe die Freiheit!

Schon hatten wir eine schöne Strecke Wegs hinter uns gebracht, da kamen wir zu einem Wäldchen mit mächtigen Bäumen und lieblich sich ausbreitenden Lichtungen. Hier beschlossen unsere Führer, zur Erholung ein wenig auszuruhen.

Währenddessen blickte ein alter Mann von einem benachbarten Hügel auf uns herunter. Um ihn herum weideten Ziegen, ein Hirte also. Dem rief einer von uns zu:

»He du da oben, kannst du uns Milch verkaufen oder frisch gemachten Käse?« 

Der Greis schüttelte lange den Kopf und sprach schließlich:

»Waaas?! Ihr denkt an Speis und Trank und überhaupt an eine Erfrischung!

---ENDE DER LESEPROBE---