Das starke Geschlecht - Hans Werner Kettenbach - E-Book

Das starke Geschlecht E-Book

Hans Werner Kettenbach

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Beschreibung

Das starke Geschlecht handelt von der Angst vor dem Altern, verpackt in einen Thriller um einen Gerichtsprozess, in dem es definitiv nicht nur um die Frage geht: Welche Partei bekommt Recht, sondern: Wer ist in Wirklichkeit das starke Geschlecht?

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Seitenzahl: 533

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Hans Werner Kettenbach

Das starkeGeschlecht

Roman

Die Erstausgabe

erschien 2009 im Diogenes Verlag

Umschlagillustration:

Ramón Lombarte, ›Noche de caricias‹, 1998

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © 2013

Diogenes Verlag AG Zürich

www.diogenes.ch

ISBN Buchausgabe 978 3 257 24051 1 (1.Auflage)

ISBN E-Book 978 3 257 60172 5

Die grauen Zahlen im Text entsprechen den Seitenzahlen der im Impressum genannten Buchausgabe.

[5] 1

Sie hat mir seinen Wagen geschickt. So sagt man doch, nicht wahr? Den Wagen. Den Chauffeur erwähnt man nicht eigens.

Sie also hat mir den Wagen geschickt, den Wagen ihres Mannes. Ihres Gatten. Es ist ja auch sie gewesen, die zuvor den Termin mit mir vereinbart hatte. Und dabei hatte sie mich gefragt, wie ich zu ihnen kommen wolle.

Ich hatte geantwortet, das sei kein Problem; ich hätte zwar für den Tag unseres Termins mein Auto zur Inspektion angemeldet, aber ich nähme ein Taxi. Sie erwiderte, o nein, o nein, das sei aber nicht nötig. Sie werde mich abholen lassen. Ich versuchte zu widersprechen, doch das erwies sich als schwierig, und am Ende gab ich es auf, weil mir der Gedanke kam, es gehöre sich nicht, das Angebot einer Dame abzulehnen, die nach meiner Vermutung um die vierzig Lebensjahre älter war als ich.

Gegen halb elf heute Morgen trat dann wahrhaftig ein graulivrierter, nicht mehr junger Mann, der eine Schirmmütze in der Hand hielt, in unser Sekretariat ein. Ich stand gerade bei Simone Berger, weil ich sie bitten wollte, einen Brief, den ich ihr diktiert hatte, zu ändern. Frau Enke fragte den Mann, was sie für ihn tun könne. Der Mann antwortete, er sei im Auftrag von Frau Klofft gekommen, um Herrn [6] Doktor Zabel abzuholen. Frau Enke und Simone sahen mich an. Ich sagte zu dem Mann, es dauere noch einen Augenblick, er möge sich bitte gedulden. Der Mann erwiderte, selbstverständlich, aber er werde im Auto warten, wenn es recht sei, er stehe nämlich vor der Tür im Parkverbot, und ging mit einer leichten Verbeugung.

Als ich vor unseren Eingang trat, saß er nicht hinter dem Steuer des Autos, einer schwarz-spiegelnden, bulligen Karosse, sondern stand daneben auf dem Gehsteig. Er nahm die Mütze ab, schien die Linke mit der Mütze an die Hosennaht zu legen, langte zur Seite und öffnete mit einem schnellen Griff der Rechten die Tür zum Fond. Ich war so überrascht, dass ich ganz gegen mein Selbstverständnis auf den Rücksitz einstieg und mich mit meinem Aktenkoffer auf dem üppigen, mausgrauen Lederpfühl niederließ.

Ich bin mir fast sicher, dass Simone das hohe Fenster im ersten Stock geöffnet hatte und hinunterschaute und dass auch Frau Enke der Versuchung nicht hatte widerstehen können und über Simones Schulter lugte; vermutlich amüsierten sie sich gackernd über die herrschaftliche Zeremonie, zu deren Objekt/Subjekt ich so überraschend befördert worden war. Aber ich versagte mir, während die Karosse geräuschlos anfuhr, den Blick hinauf zu den Fenstern der Kanzlei.

Die Polster des Rücksitzes waren weich und zugleich glatt und fest. Kalbsleder? Lamm? Rindsleder? Keine Ahnung. Teuer jedenfalls. Und sehr angenehm. Teuer auch die Paneelteile im Fond, irgendein rötlich schimmerndes, marmoriertes Edelholz. Zwischen den beiden hochgeklappten Reservesitzen gegenüber meinem Pfühl gab es einen [7] regelrechten kleinen Schrank aus diesem Holz. Die Bordbar wahrscheinlich.

Ich fragte: »Ist das eine Bar hier in der Mitte?«

Der Chauffeur reagierte nicht, er blickte unbewegt geradeaus auf die Straße. Ich begann mich zu wundern, aber dann merkte ich, dass eine gläserne Trennwand zwischen dem Fahrersitz und dem Fond hochgefahren war. Irgendwo würde es einen Schalter geben, mit dem sich ein Lautsprecherkontakt zwischen dem Fahrer und dem Herrn im Fond herstellen ließe. »Können Sie denn nicht eine Umgehung fahren, Georg? Wie lange sollen wir denn noch hier herumkriechen?«

Hochkeppel hatte gesagt, dieser Mandant werde vielleicht ein bisschen schwierig sein. Er habe sich aus kleinen Anfängen emporgearbeitet, ein nicht sehr großes, aber florierendes Unternehmen aufgebaut und die autokratischen Allüren, deren es dazu vielleicht bedurft habe, nie ablegen können. Das nicht sehr große Unternehmen schien tatsächlich zu florieren, wenn der Chef sich in einer solchen Karosse herumkutschieren ließ. Aber wie war es, wenn er so gern die Leute bevormundete, zu erklären, dass seine Frau nicht nur an seiner statt Termine für ihn absprach, sondern auch, ohne ihn zu fragen, über seinen Wagen verfügte?

Der Chauffeur nahm einen anderen Weg, als ich genommen hätte. An der Grenze der Innenstadt bog er nicht zu der quirligen Hauptstraße des alten Vororts ab, hinter dessen Ausläufern vor fast hundert Jahren die begüterten Kreise ihre Villen in den Wald gesetzt haben. Statt auf diese direkte Verbindung fuhr er hinunter auf die Schnellstraße, die am Ufer des Stroms entlangführt. Man kommt dort [8] natürlich besser voran, aber es gibt weniger zu sehen. Nicht die dicht bewohnten, vierstöckigen Mietshäuser aus dem späten 19.Jahrhundert, nicht das Gewimmel vor den Läden, mit denen die Türken den Vorort koloriert haben. Nur hier und da ein Lastschiff, das mit breiter Bugwelle stromauf stampft, ein anderes, das geschwind und fast lautlos zu Tal gleitet.

Von der Schnellstraße aus gelangt man ziemlich überraschend in das Villenviertel. Eine einsame Ampel gibt einem ohne Ankündigung die Gelegenheit, aus dem Verkehrsstrom auszuscheren in eine schmale Seitenstraße. Rechts und links dieser Abzweigung stehen noch ein paar bröckelnde Wohnhäuser, auf der Ecke auch eine alte Schenke mit niedrigen Fensterbänken, früher vielleicht die erste Rast der Fuhrleute, die stromab mit ihren Pferdekarren in die Stadt kamen. Aber keine hundert Meter weiter verwandelt sich die Straße unversehens zu einer auf beiden Seiten mit hohen Ulmen bestandenen, engen Allee.

Es war ein heißer Tag Ende Juni, und ich hatte unter dem Blättergewölbe plötzlich das Gefühl, in eine Art Refugium eingelassen zu sein. Das stoßartige Rauschen und Zischen des Gegenverkehrs auf der Schnellstraße verebbte, Stille breitete sich aus. Eine seit langer Zeit verschüttete Erinnerung regte sich in mir, an einen der wenigen Tage, an denen ich schon einmal in diesem Viertel gewesen bin. Meine Großtante, die hier bei einem Universitätsprofessor als Haushälterin gearbeitet hat, war zum Sonntagskaffee bei uns zu Hause gewesen, und ich hatte sie auf dem Heimweg begleiten sollen, um ihr ein Paket mit irgendeinem ausgefallenen Küchengerät zu tragen, das mein Vater für sie besorgt hatte.

[9] Ich wäre lieber zu Hause geblieben, um mich vor den Fernseher zu hocken, und das Paket schien mir die Mühe auch nicht wert, die Tante hätte es leicht selber tragen können. Aber nein, ich musste es ihr nicht nur bis vor die eichene Tür unter dem vorspringenden Dachrand bringen, sondern auch noch ins Haus hinein, und dann hieß sie mich zum Überfluss, mich in die Küche zu setzen und bei einem Glas Johannisbeersaft, den ich nicht mochte, einen Augenblick auf sie zu warten.

Es war still in diesem Haus, und totenstill in der unheimlich großen, rundum gefliesten, schimmernden Küche, die Abendsonne verbreitete eine rötliche Melancholie, und es roch befremdlich – nicht übel, gut sogar, aber irritierend, ein wenig süß und zugleich herb, es mussten Gewürze sein, oder besondere Speisen, die ich nicht kannte, die man hier aber alle Tage aß.

Schließlich kam die Tante zurück, sie lächelte, als sei sie voller Erwartung, aber auch ein wenig beklommen, und dann erschien hinter ihr der Professor. Mittlerweile habe ich begriffen, dass sie ihm ihren kleinen schlauen Großneffen hatte präsentieren wollen. Doch die Vorführung fiel aus. Der Professor, vermute ich, hatte sich nach dem Mittagessen aufs Ohr gelegt und hatte verschlafen, die Tante hatte ihn zur Unzeit vom Sofa aufgeschreckt, er kam mit seinen struppigen weißen Haaren und dem weißen Schnauzbart in die Küche getapert, rannte dabei mit der Schulter gegen den Türpfosten, rieb sich die Schulter mit einer wilden Grimasse, rang sich ein Lächeln ab, als ich in sein Blickfeld geriet, nickte und brummte etwas Unverständliches.

Ich stand auf, aber bevor ich, was auch immer, antworten [10] konnte, war er an mir vorbeigetapert, er öffnete die Tür des gewaltigen Kühlschranks, holte eine Milchpackung heraus und öffnete den Verschluss. Zu Weiterem kam er freilich nicht, denn die Tante trat mit zwei langen Schritten neben ihn, nahm ihm die Milch ab und füllte ein Glas, das sie ihm reichte. Er trank es glucksend leer, hielt es ihr vor die Brust, sie füllte es abermals, und er gluckste auch noch ein drittes hinunter, bevor er einhielt. Die beiden standen einen Augenblick voreinander, die Tante mit der Milchpackung, er mit dem Glas in der Hand, der Professor ins Leere blickend, als erwarte er eine Art hilfreicher Eingebung.

Unversehens blies er die Backen auf. Die Tante nahm die Schultern zurück und fixierte ihn mit unverkennbarer Schärfe, der Professor zögerte eine Sekunde lang, dann ließ er mit einem unterdrückten Grunzen die aufstoßende Luft durch die Nase entweichen. Ohne sich weiter zu äußern, wandte er sich von der Tante ab, er stutzte, als er mich abermals wahrnahm, nickte mir zu, lächelte auch noch einmal und verließ die Küche.

Auf der Heimfahrt in der Straßenbahn versuchte ich, meine Eindrücke zu verarbeiten, aber es fiel mir schwer, zu entscheiden, was bemerkenswerter gewesen war – die abgehobene, makellose Stille in diesem Viertel, in dem niemand herumschrie; der Geruch des Hauses, der Geruch der Küche, bei dem es sich vermutlich um den heimischen Geruch der besseren, der reichen Leute handelte; oder die Aufführung des Professors, der – da war ich mir sicher – die Milch aus dem Tetrapack getrunken hätte, wäre die Tante nicht davor gewesen; und ich hatte sogar wenig Zweifel daran, dass er nach den drei Glas sehr laut und mit [11] offenem Mund gerülpst, wenn die Tante ihn nicht so streng angesehen hätte.

Auch die Villa unseres Mandanten, in einer verwinkelten Seitenstraße gelegen, hatte ein tief herabgezogenes Dach und eine Tür aus Eichenholz. Ich konnte zwar, indem ich beschleunigt ausstieg, sobald die Karosse in die Einfahrt abgebogen war und vor dem Eingang hielt, die erneute Ehrenbezeigung des Chauffeurs vermeiden, ich verließ die Karosse und winkte ihm zu, während er um die Kühlerhaube bog, rief: »Danke schön!«, und ging ohne sein Geleit die drei Stufen zur Haustür empor. Aber das ließ er nicht auf sich sitzen, er überholte mich noch auf den Stufen und läutete auch an meiner statt.

Ich erwartete, dass über den Lautsprecher, der neben der Tür eingebaut war, zunächst ein Befragungsritual abgehalten und dass dann ein schwarzgekleidetes Hausmädchen mit weißem Schürzchen oder auch ein Butler mir Einlass gewähren würde. Aber die Tür öffnete sich auf der Stelle, und es erschien eine mittelgroße Frau mit dichten, kurzgeschnittenen grauen Haaren und grauen Augen. Sie streckte die Hand aus und sagte: »Guten Tag, Herr Doktor Zabel. Ich bin Cilly Klofft.« Die Hand war kühl und trocken.

Sie lächelte, doch die Augen musterten mich gründlich. Ich folgte ihr, während der Chauffeur die Haustür von außen zuzog. Sie trug ein buntgeblümtes Sommerkleid und an den bloßen Füßen Sandalen. Die Frau konnte die siebzig Jahre nicht alt sein, auf die ich sie nach den Mitteilungen meines Chefs über ihren Mann geschätzt hatte. Wären ihre Haare nicht so grau gewesen, hätte man sie von hinten für eine Frau von dreißig oder vierzig halten können. Ich nahm [12] den vagen, fremden Geruch wahr, der mich plötzlich anrührte. Nein, nein, es war nicht der abweisende Geruch der reichen Leute; es musste ihr Parfum sein. Es war sehr sympathisch.

Sie führte mich in ein weiträumiges Wohnzimmer, dessen Außenwand im Wesentlichen aus Glas bestand. Dahinter lagen die Terrasse und ein anscheinend nicht sehr großer, aber reich bepflanzter Garten.

Sie fragte mich, ob ich einen Saft trinken möchte. Ich sagte, nein, danke; vielleicht nachher. Sie sagte, ich könne mich aber doch einen Augenblick lang zu ihr setzen; sie werde mich gleich zu ihrem Mann bringen. Ich setzte mich in den Sessel, auf den sie gewiesen hatte, sah hinaus in den Garten und sagte, dieser Garten sei aber sehenswert. Sie sagte: »Nun ja. Der Gärtner kommt zweimal die Woche.« Sie lächelte und setzte sich mir gegenüber.

Ihr Gesicht war gebräunt, ebenso wie ihre Arme und Füße und die Beine bis über die Knie. Wahrscheinlich besuchte sie regelmäßig ein Sonnenstudio. Oder sie hatte die Sonnenbank zu Hause. Neben dem Fitnessraum im Kellergeschoss.

Die unteren Ränder ihrer Augen und die Augenwinkel waren von winzigen kleinen Fältchen gesäumt. Die Mundwinkel auch, übrigens. Sie war wohl doch schon ein wenig älter.

Vielleicht legte sie sich trotzdem auf die Terrasse, um zu bräunen; dieser Garten war natürlich von außen nicht einsehbar.

Mir wurde jäh bewusst, dass ich sie anstarrte, stumm wie ein Fisch. Ich holte Luft, aber sie kam mir zuvor. Sie [13] sagte: »Arbeiten Sie schon lange bei Herrn Doktor Hochkeppel?«

»Etwas mehr als ein Jahr.« Meine Stimme klang belegt, ich räusperte mich. »Ein und ein Vierteljahr in der nächsten Woche, ja.«

Sie nickte. »Und er hat jetzt also den Ruhestand angetreten, mehr oder weniger?«

»Herr Hochkeppel, meinen Sie?« Während ich noch die Frage stellte, hörte ich die Alarmglocken läuten. Sie hatte doch mit Hochkeppel telefoniert, bevor er mir den Auftrag gab, sie anzurufen. Hatte er ihr etwa erzählt, er habe sich zur Ruhe gesetzt? Und warum das?

Sie nickte. »Ja, natürlich. Herrn Hochkeppel meine ich.«

»Nun ja… mehr oder weniger, ja. Eine Art Ruhestand. So kann man vielleicht sagen.«

Sie nickte. Nach einer kleinen Pause sagte sie: »Sicher. Das Alter hat er ja nun auch erreicht.« Ich hob die Schultern, lächelte – ein ziemlich dummes Lächeln, fürchte ich. »Ich weiß offen gestanden gar nicht, wie alt er ist.«

»Siebenundsiebzig.« Sie schwieg wieder einen Augenblick lang. Dann sagte sie: »Ein Jahr jünger als mein Mann.«

»Ah ja!«

In der Diele schlug eine Klingel an, zweimal kurz, doch sie schien das Signal zu ignorieren. Sie warf einen Blick hinaus in den Garten. Dann sah sie mich wieder an. »Aber… es geht ihm doch gut, hoffe ich?«

»Herrn Hochkeppel?« Schon wieder – war ich denn blöd?! Ich hätte mir auf die Zunge beißen können. »O ja, o ja, ich denke schon! Es geht ihm gut… soweit ich das beurteilen kann. Er ist… wohlauf.«

[14] Sie nickte. Nach einer Weile sagte sie: »Sagen Sie ihm einen schönen Gruß von mir.« Sie stand auf, lächelte. »Dann bringe ich Sie jetzt mal zu meinem Mann. Er scheint ungeduldig zu werden.«

Ich folgte ihr hinaus. Sie ging mir voran zur Treppe, die in das ausgebaute Dachgeschoss führte. Am oberen Ende der Treppe sah ich einen dieser Sitzlifte aus den kleinen Inseraten. Treppen im Haus? Kein Problem!

Im letzten Augenblick fiel mir ein, was mein Vater mir aus seiner Tanzstunden-Erziehung in den sechziger Jahren überliefert und anempfohlen hat – es sei denn, ich wolle, dass Frauen mich für einen Flegel hielten: Ich schob mich an Frau Klofft vorbei und ging ihr voraus die Treppe empor.

Als wir oben angekommen waren, fasste sie nach meinem Arm und blieb stehen. Ich sah sie an.

Sie sagte halblaut: »Mein Mann hat… gewisse Ausfälle. Unvorhersehbare. Verlieren Sie bitte nicht die Geduld. Auch nicht, wenn er vielleicht einmal… grob wird.«

2

Herbert Klofft saß in einem Lehnstuhl an der offenen Balkontür. Vor ihm stand ein mittelgroßer Arbeitstisch, auf dem einige Bücher, Papiere und Zeitungen lagen. Ich erkannte das BGB, auch das dicke, blau eingeschlagene »Personalbuch«, das juristische Kompendium, dessen sich nicht zuletzt Leute, die heuern und feuern, gern bedienen. Daneben standen ein schwerer kristallener Aschbecher und ein Trinkglas, ebenfalls aus Kristall. Auf einem anderen, [15] kleineren Tisch hinter der Balkontür waren ein Laptop und ein Drucker zu sehen. In der Luft hing noch der würzige Geruch der Zigarre, die Klofft offenbar schon zu dieser Morgenstunde geraucht hatte.

Der Unternehmer trug ein dunkelbraunes Hemd mit offenem Kragen, das einen Teil seiner graubehaarten Brust und seine sehnigen Unterarme freiließ. Sein Haupthaar war mit Ausnahme der angegrauten Schläfen dunkel, er trug es kurz geschnitten. Dunkel waren auch seine dichten, buschigen Augenbrauen. Seine Haut war blass, nur auf der Stirn und auf den Wangen zeigte sich eine leichte Röte.

 Er ließ die Zeitung sinken, wartete, bis seine Frau die Tür von außen geschlossen hatte, fixierte mich und sagte: »Sie sind Herr Zabel?«

»Ja. Alexander Zabel. Guten Tag, Herr Klofft.«

Er faltete umständlich die Zeitung zusammen, legte sie ab, sah mich an. »Sie sind also der junge Mann von Bruno Hochkeppel?«

»Ich bin nicht der junge Mann von wem auch immer. Ich bin Rechtsanwalt und arbeite in der Kanzlei von Herrn Doktor Hochkeppel. Wie Sie ja auch schon wissen.«

Er zog die Augenbrauen hoch, hielt sie eine Weile in dieser Position und fragte schließlich: »Wie alt sind Sie denn?«

Ich legte meinen Aktenkoffer auf seinen Arbeitstisch, zog mir den Stuhl heran, der danebenstand, und setzte mich. »Ich bin neunundzwanzig.«

Er starrte eine Weile auf den Aktenkoffer, hob dann die Augen. »Und wie lange sind Sie schon Rechtsanwalt?«

Nach einer kleinen Pause sagte ich: »Zwei Jahre. Warum?«

[16] Er begann, verhalten den Kopf zu schütteln, zeigte ein Lächeln, als sei er amüsiert, brach plötzlich diese Darbietung ab und starrte mich an. Nach einer Weile fragte er langsam und akzentuiert: »Haben Sie überhaupt irgendeine nennenswerte Erfahrung mit Arbeitsgerichtsprozessen?«

Ich sagte: »Wissen Sie was, Herr Klofft? Rufen Sie Herrn Hochkeppel an, und sagen Sie ihm, er solle Ihnen einen anderen Kollegen schicken.«

Ich stand auf und nahm mein Köfferchen vom Tisch.

Er hob beide Hände. »He, he, Moment mal! Sind Sie meschugge?! Was soll denn das jetzt, zum Teufel?!«

Mir fiel ein, dass die sympathische Frau Klofft mich gewarnt und um Geduld mit diesem Kotzbrocken gebeten hatte, aber es war zu spät; ich weiß auch nicht, ob ich anders reagiert hätte, wenn es mir beizeiten eingefallen wäre. Ich sagte: »Das ist ganz einfach. Ich kann Sie nicht vertreten, wenn Sie mich für ungeeignet halten.«

»Wer hat denn das gesagt? Ich glaub, Sie spinnen?«

»Sie haben das gesagt, mehr oder weniger deutlich. Und nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass ich nicht spinne und auch nicht meschugge bin und dass ich mir schon gar nicht so etwas von Ihnen sagen lasse.«

Er warf beide Hände in die Luft. »Du meine Güte, was sind Sie denn nur für ein Sensibelchen?! Jetzt beruhigen Sie sich erst mal!« Er wies auf den Stuhl. »Und setzen Sie sich wieder!« Als er bemerkte, dass ich stehen blieb, hob er den Blick. Nach einem Zögern sagte er: »Ich entschuldige mich auch, Herrgott noch mal! Natürlich spinnen Sie nicht! Und meschugge sind Sie auch nicht!« Nach einer kleinen Pause fügte er hinzu: »Genügt das denn nun?«

[17] Ich nahm betont langsam wieder Platz.

Er schnaufte auf, als habe er gerade einen störrischen Esel in den Stall gezerrt, schob die Papiere auf dem Tisch auseinander und zog einen Aktendeckel hervor, starrte darauf, sah dann mich an. Die Röte auf seiner Stirn und den Wangen war ein wenig kräftiger geworden. Er holte einmal tief Luft. »Also, es geht um Folgendes.« Er starrte wieder auf den Aktendeckel, blickte auf. »Sie wissen über meinen Betrieb Bescheid?«

Ich zögerte. »Nicht im Detail, ich habe…«

»Was soll das heißen? Hat der alte Schwätzer Ihnen etwa nur erzählt, dass wir zusammen auf die Jagd gegangen sind? Oder ein paar Geschichten aus unserem Kegelklub?«

Ich antwortete, nein, natürlich nicht. Aber Herr Hochkeppel habe sich darauf beschränkt, mir zu sagen, dass er, Klofft, vor nicht ganz fünfzig Jahren einen kleinen Handwerksbetrieb übernommen und zu einem weltweit operierenden Unternehmen mit fast hundert Mitarbeitern gemacht habe, von denen die meisten –

Er winkte ab: »Ja, ja, den Schmus können Sie sich sparen. Wir haben nicht fast hundert, sondern genau zweiundsechzig festangestellte Mitarbeiter«, er hob den Aktendeckel halb hoch, »einundsechzig jetzt, nachdem ich… diese Dame rausgeschmissen habe.«

Ich sah, dass der Aktendeckel in seiner Hand zu zittern begann, er ließ ihn nach einem kurzen Zögern auf den Tisch fallen, legte die Hand darauf, schien die Finger fest auf den Deckel zu pressen, als wolle er das Zittern unterdrücken. Sein Blick wich ab, er wanderte hinaus auf die Wipfel der Bäume, kehrte dann zu mir zurück.

[18] Er sagte: »Spezialisiert. Wir sind Spezialisten, deshalb läuft der Laden so gut. Und natürlich sind wir besser als die anderen. Dosiertechnik. Mess- und Regeltechnik, ich weiß nicht, ob Sie sich darunter etwas vorstellen können. Druck…« Er stockte. Seine Augen wurden starr, dann stieß er jäh hervor: »Druckmesssysteme. Durchflusssensoren.« Er hielt ein, starrte auf die Akte. Nach einer kleinen Pause sagte er: »Sagen wir: Ventile. Wir verkaufen sie auch ins Ausland, ja. Schauen Sie sich die Prospekte an, ich hab sie zu der Akte heften lassen.«

Er hob die Hand, deutete auf den Aktendeckel, legte die Hand sofort wieder darauf. »Und wir… und wir haben in den deutschsprachigen Ländern die Generalvertretung für zwei führende ausländische Hersteller. Eine englische Firma. Und einen Schweden.« Er richtete den Blick hinaus in den Garten.

Unversehens griff er nach dem Trinkglas, das zur Hälfte mit Wasser gefüllt war, setzte es an und trank es leer. Seine Hand zitterte, ich hörte das leise Klappern, mit dem das Glas gegen seine Zähne schlug.

Er stellte das Glas ein wenig zu heftig ab, bückte sich zur Seite und brachte eine Mineralwasserflasche hervor, die neben seinem Lehnstuhl gestanden hatte. Dann zögerte er, warf einen Blick auf die Flasche. Es sah so aus, als frage er sich, ob es ihm gelingen werde, das Glas nachzufüllen.

Ich streckte die Hand nach der Flasche aus. »Darf ich?« Er überließ mir, offenbar überrascht, die Flasche, ich füllte das Glas und stellte es auf den Tisch. Die Flasche stellte ich daneben.

Er sah mir schweigend zu. Dann wandte er den Blick [19] wieder hinaus in den Garten. Nach einer Weile fing er an, die Lippen stumm zu bewegen.

Ich sagte: »Und in welcher Abteilung hat die Dame gearbeitet?«

Er sah mich an, als verstehe er die Frage nicht.

Ich sagte: »Die Dame, die Sie… entlassen haben?«

»Ah ja. Ja, natürlich.« Er nickte. »Diplomingenieurin. Wirklich vielversprechendes Mädchen. Ich hab sie vor elf Jahren eingestellt. Sie hatte… hatte gerade Examen gemacht.« Er lächelte. »Damals hatte sie noch lange Haare. Eine Mähne bis auf den Hintern. Wie diese… Wetterfee im Fernsehen. Wirklich sehr schön. Oder sagen wir… na egal, wie!« Er lachte. »Ich hab sie natürlich nicht wegen der Mähne eingestellt.«

Er wollte nach dem Glas greifen, brach die Bewegung ab, legte die Hand wieder auf den Aktendeckel. Eine Weile schwieg er, sah vor sich hin. Dann rieb er sich die Stirn. Unversehens hob er den Blick. »Ja, richtig! Ich hatte eine Anzeige im Ingenieur aufgegeben. Hab schon in den ersten Tagen drei Dutzend Bewerbungen… oder so… oder so bekommen. Lauter Männer. Sie war die einzige Frau. Aber sie hatte das beste Examen.« Er lachte.

Es dauerte eine ganze Weile. Am Ende, nach mehreren absonderlichen Abschweifungen und einigen Pausen, in denen er einfach schwieg, hatte ich immerhin eine ungefähre Vorstellung von der Geschichte des Rechtsstreits, in dem ich ihn vor Gericht vertreten sollte.

Fristlos gekündigt hat er die stellvertretende Leiterin seiner Fertigungsabteilung, die Diplomingenieurin Katharina Fuchs, 34Jahre alt und unverheiratet. Er sagte, sie habe zehn [20] Jahre einwandfrei für ihn gearbeitet, ungewöhnlich gut sogar, aber dann, vor etwa einem Jahr, habe sich das deutlich verändert.

Sie sei wiederholt verspätet zur Arbeit gekommen, habe den Betrieb auch schon einmal über Tag für ein oder zwei Stunden verlassen oder sei vor fünf Uhr, vor dem Büroschluss also, nach Hause gegangen. Insgesamt habe sie deutlich erkennen lassen, dass sie – ganz im Gegensatz zu den vorangegangenen Jahren – an ihren Aufgaben nicht mehr sonderlich interessiert gewesen sei, sondern die Arbeit eher als lästige Notwendigkeit betrachtet habe.

Ihm sei nichts anderes übriggeblieben, als sie abzumahnen. Sie habe daraufhin ihr Verhalten auch geändert, aber das sei nicht von langer Dauer gewesen. Vor zwei Wochen nun, Mitte des Monats, ja, oder ungefähr um diese Zeit, es sei jedenfalls ein Mittwoch gewesen, aber das könne ich ja alles in der Akte finden, an diesem Mittwoch also sei sie zu Herrn Pauly, seinem Geschäftsführer, gekommen und habe gesagt, sie müsse in der darauffolgenden Woche Urlaub machen. Aus dringenden privaten Gründen. Die ganze Woche.

Pauly habe gefragt, was das denn für Gründe seien. Daraufhin sei sie patzig geworden, sie habe dem Geschäftsführer geantwortet, ob er denn nicht gehört habe, dass es private Gründe seien, und das dürfe doch wohl genügen. Nein, habe Pauly gesagt, das genüge eben nicht, und deshalb werde er über diesen Urlaubsantrag auch nicht entscheiden, sie müsse sich damit schon zum Chef persönlich bemühen.

Am nächsten Morgen sei sie dann hier angetanzt und habe ihm dasselbe erzählt, private Gründe, und er habe sie [21] dasselbe wie Pauly gefragt, nämlich, was das denn heiße, private Gründe, und ein bisschen genauer müsse er das schon wissen, und sie habe saufrech geantwortet, nein, das müsse er ganz bestimmt nicht genauer wissen, und private Gründe, das heiße ja gerade, dass diese Gründe niemanden außer ihr etwas angingen. Und dann…

Er verstummte plötzlich, blickte wieder hinaus in den Garten, begann unversehens, mit dem Kopf zu nicken.

Nach einer Weile sagte ich: »Und dann haben Sie den Urlaub abgelehnt?«

Er sagte, ohne mich anzusehen: »Ja, natürlich.«

Ich fragte: »Sie haben den Urlaub abgelehnt, weil sie Ihnen nicht sagen wollte, was das für private Gründe waren?«

Er wandte sich wieder mir zu, lächelte. »Nein, natürlich nicht.« Er warf noch einmal einen Blick in den Garten, dann sagte er: »Ich habe sie darüber informiert, dass ich für die kommende Woche, also die Woche, in der sie in Urlaub gehen wollte, dass ich genau für diese Woche einen dicken Auftrag erwartete. Von einem sehr interessanten Kunden im Ausland. Und dass ich die Konditionen noch nicht genau wüsste, aber damit rechnete, dass wir sehr schnell liefern müssten, dass wir also alle Mann an Bord brauchten. Und dass sie deshalb ihren Urlaub leider aufschieben müsste.«

Nach einem schweren Nicken sagte er, die Dame freilich, dieses Weibsstück habe das anscheinend nicht einsehen wollen. Sie habe doch tatsächlich eingewendet, über einen solchen Auftrag habe Herr Pauly aber kein Wort verloren. Darauf habe er ihr gesagt, das sei Herrn Pauly auch [22] nicht möglich gewesen, der wisse nämlich bis zur Stunde von dem Auftrag noch gar nichts. Er selbst, Klofft, habe das letzte Gespräch mit dem Kunden erst an diesem Morgen geführt und Pauly noch nicht verständigen können, weil er, statt die wirklich wichtigen und notwendigen Sachen zu erledigen, sich eben jetzt mit ihren extravaganten Urlaubswünschen herumschlagen müsse.

Ja. Und das sei es dann gewesen. Sie sei abgezogen, wütend wie ein Stier.

Er schwieg. Dann begann er die Lippen zu bewegen, als habe er etwas zu nagen zwischen den Vorderzähnen.

Ich sagte: »Aber das war noch nicht alles.«

»Nein, das war noch nicht alles. Weiß Gott nicht alles.« Er zog den Aktendeckel heran, öffnete ihn, als wolle er etwas nachschlagen, schaute aber gar nicht hinein. »Sie ist danach, also nach diesem Gespräch, das ich mit ihr geführt habe, in den Betrieb gegangen und hat… hat ihre Arbeit getan, als ob nichts gewesen wäre. Über den Urlaub hat sie keinen Piepser mehr von sich gegeben. Auch zu Pauly nicht. Auch am Freitag nicht, das war der darauffolgende Tag.«

Er schlug den Aktendeckel zu, begann wieder zu nicken, hörte nach einer Weile auf damit und sagte: »Aber am Samstag!«

Er nickte, und dann sagte er, an diesem Samstag nach dem Gespräch mit ihm habe sie die Bombe platzen lassen. Auf eine geradezu hinterhältige Art. Und das habe sie wie folgt inszeniert, eiskalt: Pauly sei, wie er das schon einmal tue, am arbeitsfreien Samstagmorgen in den Betrieb gefahren, um ein paar Sachen aufzuarbeiten. Bevor er dann gegen Mittag nach Hause gefahren sei, habe er der Ordnung [23] halber noch einmal in den Briefkasten am Eingang des Betriebs geschaut. Und dabei habe er einen Brief gefunden, der offenbar durch einen Boten und nicht durch den Briefträger eingeworfen worden war, jedenfalls sei er nicht frankiert gewesen und habe auch keinen Poststempel getragen.

»Ja.« Er beugte sich vor. »Und mit diesem Brief hat die Dame sich dann krankgemeldet, wie aus heiterem Himmel!« Und zwar habe sie sage und schreibe behauptet, sie leide an einem LWS, einem Lendenwirbelsyndrom. »Früher hat man das ganz schlicht einen Hexenschuss genannt! Und man hat sich eine Wärmflasche mit ins Bett genommen oder ein Heizkissen und ist am anderen Morgen wieder zur Arbeit gegangen!« Nicht diese Dame, o nein! Ein ärztliches Attest habe sie gleich dazugelegt. Und dieser Arzt, ihr Haus- und Leib-und-Magenarzt, wie er zufällig wisse, habe sie offenbar ohne Skrupel für die ganze nächste Woche krankgeschrieben. »Die ganze Woche! Merken Sie was?«

Ich fragte ihn, was er damit sagen wolle. Er antwortete, während sich unübersehbar die Röte in seinem Gesicht vertiefte, er wolle damit sagen, dass die Dame ausgerechnet auf die Dauer der Woche, in der sie eigentlich habe Urlaub nehmen wollen, krank geworden sei. Und wenn ich – das wolle er mir gleich auch noch sagen für den Fall, dass ich diesen Zufall noch immer nicht merkwürdig fände –, wenn ich nun etwa glaubte, dass sie diese Woche zu Hause im Bett verbracht habe, dann sei ich gewaltig auf dem Holzweg.

Ich fragte: »Und wieso?«

»Und wieso? Wieso?« Er starrte mich an. »Weil sie sich mit ihrem süßen Arsch, mit ihrem angeblich so schlimm verrenkten Gesäß nicht ins Bett gelegt hat, sondern in die [24] Schweiz geflogen ist! Nach Genf, und nicht per Holzklasse, versteht sich. Ein Kerl mit einem BMW 6er Coupé hat sie auf dem Flughafen abgeholt. Und zusammen sind diese beiden dann in ein Luxushotel in der Waadt/Léman gefahren. Fünf Sterne, darunter hat sie’s natürlich nicht getan! Man möchte ja schon was haben von so einer Krankheit!«

Er griff mit einer jähen Bewegung nach dem Glas, ein paar Tropfen schwappten über, als er es zum Mund führte, er beugte sich vor und schnappte mit den Lippen nach dem Rand des Glases, trank es mit lauten Schlucken halb leer, stellte es ab, ein wenig zu heftig. Vornübergebeugt musterte er die Wassertropfen, die er versprengt hatte. Dann zog er ein Taschentuch hervor, tupfte das Wasser vom Tisch, tupfte auch sein Hemd ab, wischte noch einmal über den Tisch und steckte das Tuch wieder ein.

Ich sagte: »Und daraufhin haben Sie Frau Fuchs fristlos gekündigt.«

»Ja, was denn sonst?!« Er sah mich an. »Ich hab mir das gestattet, sobald ich erfahren hatte, wo die Dame ihre Krankheit pflegte! Wollen Sie genau wissen, wo? Im Beauté du Lac, so nennt sich der Schuppen!« Sein Mund verschob sich zu einem bösen Grinsen. »Das heißt, bevor die Kündigung rausgegangen ist, hab ich mich natürlich kundig gemacht. Aber so bald wie möglich ist der Brief ihr dann zugestellt worden, am Freitag, in ihren Briefkasten zu Hause. Durch einen Boten, der einen Zeugen bei sich hatte.«

Ich fragte: »Bei wem haben Sie sich kundig gemacht?«

Er wies auf die Bücher: »Na, im Gesetz, wo denn sonst? Ich hab ihr geschrieben, dass sie sich… dass sie sich…«

Einen Augenblick lang irrte sein Blick hin und her, er [25] streckte die Hand nach der Akte aus, als wolle er sich bei ihr Rat holen, aber dann zog er die Hand zurück und sagte hastig: »…dass sie sich offenbar ein ärztliches Attest erschlichen hat! Ja. Natürlich!« Er lehnte sich zurück, lachte. »Ich meine – wenn sie das widerlegen will, kann sie ja erklären, dieser Hausarzt habe ihr aus freien Stücken angeboten, sie krankzuschreiben, obwohl sie nicht krank gewesen sei. Oder er habe ihr den Gefallen getan, weil sie ihm was Schönes versprochen habe. Und das wird sie wohl kaum ausplaudern, nehme ich an! Oder sehen Sie das anders, Herr Anwalt?«

Er lachte, und dann beugte er sich vor. »Und zweitens habe ich ihr geschrieben, dass sie eigenmächtig einen Urlaub angetreten hat, der ihr nicht genehmigt worden war! Und dass sie damit zwei wesentliche Gründe geliefert hat, wie sie für eine fristlose Kündigung erforderlich sind.«

Er sah mich an, schwieg, lächelte offenbar selbstzufrieden.

Ich fragte: »Ihren Betriebsrat haben Sie angehört?«

Er fixierte mich. »Halten Sie mich für beschränkt? Natürlich habe ich den Betriebsrat angehört.« Er setzte noch einmal dieses böse Grinsen auf. »Und stellen Sie sich vor: Er hat sogar zugestimmt!«

Ich nickte. Dann fragte ich: »Abgemahnt haben Sie Frau Fuchs vorher nicht?«

»Nein.« Er zog die Augenbrauen hoch. »Das war in diesem Fall auch nicht erforderlich. Wie Sie sicher wissen!«

Ich sagte: »Nein, tut mir leid. Das weiß ich nicht.«

Er sah mich giftig an, richtete sich in seinem Lehnstuhl auf: »Die Abmahnung ist nicht erforderlich bei einer [26] besonders schweren Pflichtverletzung des Arbeitnehmers!« Er deutete auf seine Papiere: »Soll ich Ihnen das Urteil raussuchen?!«

»Nein danke, das ist nicht nötig. Wissen Sie… die Frage ist nur, ob auch der Richter, den wir in einem Prozess bekommen, das, was Frau Fuchs verbrochen hat, für eine besonders schwere Pflichtverletzung hält.«

Er fixierte mich. »Das ist doch wohl keine Frage?!«

»Da bin ich nicht so sicher.« Ich lächelte ihn an. »Lassen Sie mir ein wenig Zeit, mich mit dem Fall auseinanderzusetzen. Aber was ich noch wissen wollte: Wie hat Frau Fuchs auf die Kündigung reagiert? Von der Reise ist sie doch zurück, nehme ich an?«

»Das wäre ja auch noch schöner!« Er schüttelte heftig den Kopf. Unversehens hörte er auf damit. Ich sah, wie innerhalb von Sekunden seine Stirn feucht wurde. Er fingerte das Taschentuch aus der Hosentasche hervor, rieb sich über die Stirn und die Wangen, die sich hochrot färbten. Aber wenig später glänzte die Haut schon wieder von Schweiß.

Er sagte: »Sie ist am vergangenen Sonntag zurückgekommen. Und am Montag ist sie im Betrieb erschienen und hat sich pro forma gesundgemeldet. Und dann hat sie Pauly wegen der Kündigung… wegen der Kündigung… einen Riesenzirkus gemacht. Typisch für diese Frau! Pauly hat sie vor die Tür setzen müssen. Mehr oder weniger.« Er atmete tief.

Ich nickte. Einen Augenblick lang zögerte ich, dann fragte ich: »Geht es Ihnen gut? Oder sollen wir eine Pause machen?«

[27] Er zog die Augenbrauen zusammen. »Was soll denn das?! Ich bin okay, also machen Sie gefälligst weiter!« Er fuhr sich einmal hastig mit dem Tuch über die Stirn.

Nach einer kleinen Pause fragte ich: »Und sie hat Ihrem Geschäftsführer angekündigt, dass sie gegen die Kündigung klagen wird?«

»Aber logo!« Er lachte. »Ich hätte mich auch sehr gewundert, wenn sie uns damit nicht auf der Stelle gedroht hätte!«

Ich nickte, und dann schwieg ich. Ich vergegenwärtigte mir noch einmal seine Schilderung des Falles. Er beobachtete mich, offenbar misstrauisch.

Am Ende sagte ich: »Woher wussten Sie eigentlich, dass Frau Fuchs in die Schweiz gereist ist?«

Er lächelte. »An dem Samstag vor einer Woche, an dem Pauly die Krankmeldung im Briefkasten gefunden hat, an demselben Samstag habe ich einen Detektiv engagiert.«

»Einen Detektiv?«

»Aber ja! Wer dieses Weib aufs Kreuz legen will, der muss sich was einfallen lassen!« Er lachte. »Pauly hat mich gleich mittags informiert, und ich habe den Detektiv engagiert. Am Samstagnachmittag hat er schon seinen Posten vor ihrer Wohnung bezogen. Während der Nacht hat er sich vertreten lassen, und am Sonntagmorgen ist er ihr gefolgt. Als sie zum Flughafen fuhr, verstehen Sie? Er hat mich von dort angerufen und mir gesagt, dass sie nach Genf fliegt, und ich habe ihm gesagt, er soll mit ihr fliegen.« Er lachte. »Am anderen Morgen, als klar war, dass sie bis zum nächsten Sonntag bleiben würde, ist er dann zurückgekommen.«

[28] Ich nickte.

Er sagte: »Sonst noch Fragen?«

Ich dachte einen Augenblick nach, dann sagte ich: »Ja, eine noch.«

»Und das wäre?« Ich sagte: »Haben Sie eine Aushilfe einstellen müssen… anstelle von Frau Fuchs? Um diesen großen Auftrag erledigen zu können?«

Er warf den Kopf nach hinten, als erinnere er sich an etwas Ärgerliches. »Ach, der Auftrag, ja!« Er sah mich an, schüttelte den Kopf. »Den habe ich nicht bekommen, leider. Ein Konkurrent hat ihn mir weggeschnappt, in letzter Minute. Hat dem Kunden einen Dumpingpreis gemacht. Wie’s heutzutage unter ordentlichen Kaufleuten so zugeht.« Er schüttelte den Kopf. »Aber bei so was mache ich nicht mit. Nicht mit mir!«

Ich blieb noch einen Augenblick sitzen, dann stand ich auf.

Er sah mich prüfend an. »Das war’s?«

»Ja.« Nach einer Pause sagte ich: »Es sei denn, Sie hätten mir noch etwas zu sagen?«

Er schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich wüsste.«

Ich nahm meinen Aktenkoffer. »Sagen Sie mir bitte Bescheid, sobald das Gericht sich meldet.«

»Na klar, werde ich.«

Ich deutete auf seinen Aktendeckel. »Das ist für mich?«

»Ja, sicher, sicher.« Er nahm die Akte auf, hielt sie in der Schwebe, sah mich an. »Und… wie geht der Prozess aus?«

Ich sagte: »Ich weiß es nicht.« Nach einer Weile, in der er mich mit offenbar wachsendem Groll anstarrte, sagte ich: »Ich bin nicht sicher, dass wir ihn gewinnen werden.«

[29] »Was?!« Er funkelte mich an. »Können Sie mir dann mal sagen, warum Sie mich hier so lange aufgehalten haben?«

Bevor ich antworten konnte, warf er den Aktendeckel vor mich auf den Tisch. »Ach, hol’s doch der Teufel! Da, packen Sie das Ding ein, und amüsieren Sie sich damit!«

3

Während ich noch die Treppe hinunterging, schlug die Klingel in der Diele wieder an, zweimal. Cilly Klofft kam aus dem Wohnzimmer und mir entgegen. Sie sagte, einen Augenblick hätte ich doch hoffentlich noch Zeit, ich solle bitte auf sie warten, es werde sicher nicht lange dauern. Ich blieb auf der Treppe stehen und ließ sie vorbei.

Wieder nahm ich, als sie an mir vorüberging, das Parfum wahr.

Bevor ich ins Wohnzimmer trat, hörte ich plötzlich eine entfernte Stimme von oben, Kloffts Stimme. Ich konnte nicht verstehen, was er sagte, aber er schien ziemlich laut und grob zu sprechen. Dann hörte ich eine Tür ins Schloss fallen. Ich tat einen schnellen Schritt ins Wohnzimmer und setzte mich wieder in meinen Sessel.

Cilly Klofft lächelte, als sie hereinkam. Sie fragte, ob ich denn jetzt einen Saft möchte, und ich sagte, obwohl es ziemlich spät geworden war, ja. Sie goss den Saft aus einer kristallenen Karaffe ein, brachte ihn mir und setzte sich mir gegenüber, schlug die Beine übereinander. Ich trank, setzte das Glas ab. Als ich den Blick wieder auf sie [30] richtete, sah ich, dass sie noch immer lächelte. Die kleinen Fältchen traten ein wenig deutlicher hervor.

Nach einem Augenblick sagte sie: »Sie haben ihm widersprochen, nicht wahr?«

Um ein Haar hätte ich gefragt: »Wem? Ihrem Mann?« Aber auf der Stelle wurde mir auch klar, dass diese Frau solche rhetorischen Ausweichmanöver nicht mochte und dass sie mich nicht entkommen lassen würde.

Ich sagte: »Ich habe ihm gesagt, dass wir nach meiner Einschätzung diesen Prozess noch nicht gewonnen haben.«

»Ah ja.« Sie nickte. »Das überrascht mich nicht. Ich habe es gleich gewusst, dass… sein Temperament wieder einmal mit ihm durchgegangen ist. Um es freundlich auszudrücken.« Sie sah hinaus in den Garten. »Man könnte auch sagen, dass er wieder einmal die Kontrolle verloren hat. Er glaubt noch immer, dass er Menschen, die nicht das tun, was er möchte, ganz einfach überfahren kann.«

Sie wandte sich mir wieder zu, lächelte. »Das war gut, dass Sie ihm die Meinung gesagt haben! Und halten Sie’s auch weiter so! Leute, die einmal vor ihm kneifen, haben ausgespielt. Er glaubt, er kann mit ihnen machen, was er will. Und meistens gelingt ihm das ja auch.«

Mir wurde unbehaglich. Die Frau war mir sympathisch, ja. Aber war sie etwa darauf aus, in mir einen Verbündeten gegen ihren despotischen Ehemann anzuwerben? Ich mochte den Mann überhaupt nicht, aber er war mein Mandant, immerhin. Mit der Akte, die fast vor meinen Füßen gelandet war, hatte ich, mehr oder weniger explizit, seinen Fall übernommen.

Ich stand auf. »Es tut mir leid, aber…«

[31] »Natürlich. Sie haben ja sicher noch mehr zu tun, als sich um… um einen Betriebsunfall meines Mannes zu kümmern.« Sie stand auf, lächelte. »Einen Augenblick noch, ich sage Karl Bescheid.«

Karl also, nicht Georg. Aber Karl war genauso passé. Wer hieß heute noch Karl?

Als sie aus irgendeinem hinteren Bereich des Hauses, vielleicht der Küche, zurückkam, fasste sie mich am Arm und geleitete mich zur Haustür. »Vergessen Sie bitte nicht, Herrn Hochkeppel von mir zu grüßen.«

»Nein, natürlich nicht.«

An der Tür ließ sie meinen Arm los. Sie trat vor mich, lächelte mich an. »Und wann sehen wir uns wieder?«

Die kleinen Fältchen prägten sich aus. Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber sie ließen sie nicht alt aussehen, eher alert und zugleich hintergründig – ein Mensch mit Erfahrung, der sein Gegenüber durchschaut und sich insgeheim darüber ein bisschen lustig macht.

Ich sagte: »Ich weiß nicht… wahrscheinlich, wenn der Anwalt der Gegenpartei sich geäußert hat.«

»Natürlich.« Sie lachte. »Sie werden ja nicht auch noch freiwillig hierherkommen.«

»Oh, bitte, das…«

Sie streckte mir die Hand entgegen. »Auf Wiedersehen, Herr Doktor Zabel!«

Ich nahm die Hand. Ich wollte meinen Oh-bitte-Satz vollenden, aber mir fiel nicht ein, wie. Ich sagte: »Auf Wiedersehen, Frau Klofft.«

Karl stand bereits neben dem Wagen, die Mütze in der Linken, er öffnete die Tür zum Rücksitz. Ich ging auf ihn [32] zu, hörte den Kies unter meinen Füßen knirschen, aber nahm das kaum wahr, weil die Überlegung mich absorbierte, ob dieser Abschied etwas zu bedeuten hatte, was ich nicht verstand. Hatte sie erwartet, dass ich ihrer Vermutung, ich würde nicht freiwillig in ihr Haus kommen wollen, entschiedener widersprach? Aber warum sollte sie Wert auf ein solch plattes Kompliment legen?

Ich war schon im Begriff, auf den Rücksitz einzusteigen, als ich einhielt. Ich sah Karl an, der den Blick ein wenig überrascht erwiderte. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich nach vorn zu Ihnen setze?«

Er zögerte einen Augenblick, dann sagte er: »Aber nein, natürlich nicht.«

Ich konnte es nicht verhindern, dass er mir die Tür zum Beifahrersitz öffnete, ich stieg ein. Als wir durch die Einfahrt hinausfuhren, sagte ich: »Ich heiße Alexander Zabel. Und wie heißen Sie?«

Er antwortete: »Karl Schaffrath. Sie können mich Karl nennen.«

Nach einer kleinen Pause sagte ich: »Ach, wissen Sie…, Herr Schaffrath…, das sollte ich aber nicht tun, denke ich.«

Er lächelte, ohne mich anzusehen. Ich fragte: »Wie lange arbeiten Sie schon für Herrn Klofft?«

Er warf einen Blick in den Rückspiegel, schaute dann wieder voraus auf die schattige Straße. Schließlich sagte er: »Mehr als vierzig Jahre.«

»O Donnerwetter! Das ist ja ein ganzes Arbeitsleben!«

»Ja.« Er lächelte. »Kann man so sagen.«

Ich schwieg eine Weile. Dann sagte ich: »Das wird nicht immer einfach gewesen sein.«

[33] Er schwieg noch ein wenig länger als ich. Am Ende sagte er: »Ich kann mich nicht beklagen.«

Wahrscheinlich vermutete er, dass ich ihn über seinen Herrn ausholen wollte, was ja auch nicht falsch war. Aber ich sah ein, dass der Versuch mir nicht viel einbringen würde. Ich sagte: »Wie schön für Sie.« Dann schloss ich demonstrativ die Augen.

Als wir unter den Ulmen der Allee entlangfuhren, sah ich hinter dem rötlichen Vorhang meiner Lider die unruhigen, flirrenden Lichter, die die Sonne durch die Baumkronen warf.

Ob Frau Klofft mittlerweile schon auf der Terrasse lag und etwas für ihre Bräune tat? Es gelang mir gerade noch, das unwillige Kopfschütteln zu unterdrücken, das mich überkommen wollte.

Was zum Teufel brachte mich auf so einen Gedanken? Cilly Klofft beim Sonnenbaden! Diese Frau war doch nicht der Typ, der nichts anderes zu tun fand, als sich um sein Aussehen zu kümmern! Außerdem… dafür war sie nun wohl doch zu alt!

Wirklich? Was hatte das denn mit dem Alter zu tun?

Ich öffnete die Augen, als wir wieder auf die Schnellstraße fuhren, und sah hinaus auf das glitzernde Wasser. Vor dem jenseitigen, begrünten Ufer kroch ein Verband von Schubleichtern stromauf. Die bunten Wimpel hingen schlaff an den Masten.

Unversehens wurde mir klar, warum Hochkeppel ihr gesagt hatte, er habe den Ruhestand angetreten. Er war mit ihr befreundet gewesen, mit ihr nicht weniger als mit ihrem Mann, aber ja! Und deshalb hatte sie mir auch aufgetragen, [34] Hochkeppel von ihr zu grüßen, zweimal hatte sie das getan. Und ebendeshalb hatte er ihr zuvor, als sie in der Kanzlei anrief und ihn fragte, ob er ihren Mann vor Gericht vertreten könne, auch nicht unverhohlen nein sagen wollen, nein, ich will ihn nicht vertreten, dieses Ekel, mit dem du verheiratet bist.

Aber er hatte ihn unter gar keinen Umständen vertreten wollen. Er kannte ihn ja, das Ekel. Sie hatten gemeinsam gekegelt, und später waren sie gemeinsam zur Jagd gegangen und – wie ich schon von Hochkeppel selbst erfahren hatte – abermals später, als sie beide bei ihren so unterschiedlichen Tätigkeiten jeweils Geld und Nimbus genug eingeheimst hatten, gemeinsam auch in den Golfclub.

Sie mussten einige Erinnerungen teilen, saftige, robuste Erinnerungen der männlichen Art, vielleicht an Ausflüge in ein polnisches oder tschechisches Jagdrevier oder zum Golfen nach Andalusien oder in eine exquisite portugiesische oder tunesische Destination. Und so, wie ich Herbert Klofft kennengelernt hatte, würde er bei Vergnügungen ebenso ungehemmt und ebenso unangenehm aus der Rolle fallen wie im Gespräch mit einem Anwalt, den er für unfertig hielt. Vielleicht waren Hochkeppel und er einmal aneinandergeraten, wegen einer schwarzhaarigen Dame vielleicht, die mit wachen Augen im Hotel der Golfer an der Bar gesessen und auf Herren aus Deutschland gewartet hatte.

Diesen Mandanten mit den aufgekrempelten Ärmeln wollte Hochkeppel sich nicht aufhalsen. Er hatte Cilly Klofft gesagt, es tue ihm leid, aber er habe faktisch den Ruhestand angetreten. Er sei nur noch gelegentlich im Büro, [35] und es sei ein Zufall, dass sie ihn gerade erwischt habe. Aber er werde ihr, wenn sie einverstanden sei, einen jungen Anwalt schicken, der seit einiger Zeit für seine Sozietät arbeite, einen sehr tüchtigen Anwalt. Und sie hatte ja gesagt, und er hatte sie mit mir verbunden, und sie hatte den Termin mit mir ausgemacht. Und mir den Wagen geschickt, ja.

Als wir die Innenstadt erreicht hatten und an einer Ampel hielten, wandte Karl sich unversehens mir zu und fragte: »Wird das ein schwieriger Prozess?«

Ich zuckte die Schultern. »Das kann schon sein. Aber so etwas lässt sich schwer vorhersagen.«

Er nickte, dann sah er wieder auf die Straße.

War das ein Friedensvorschlag gewesen?

Als die Ampel auf Grün sprang, sagte er: »Na ja, der alte Klofft hat schon eine Menge schwieriger Prozesse hinter sich gebracht.« Er lachte. »Das ist für ihn nichts Neues.«

Ja, er wollte den Kontakt mit mir nicht einfrieren. Ich wartete eine Weile ab, dann sagte ich: »Er ist ein ziemlich streitbarer Charakter, nicht wahr? Das ist jedenfalls mein Eindruck.«

Er lachte. »Das können Sie laut sagen. So, da sind wir.«

Er hielt den Wagen vor der Kanzlei an. Ich gab ihm die Hand. »Bleiben Sie bitte sitzen, Herr Schaffrath. Wir sehen uns wieder, denke ich.«

»Das denke ich auch.« Er schüttelte mir die Hand.

Ich stieg aus, beugte mich noch einmal in den Wagen. »Und halten Sie die Ohren steif!«

Er lachte, zeigte mir den emporgestreckten Daumen.

[36] 4

Hochkeppel saß entgegen meiner Erwartung noch an seinem Schreibtisch. Er hatte seine Mittagspause anscheinend aufgeschoben, weil er wissen wollte, wie mein Besuch bei seinem Freund verlaufen war.

Er blieb leicht vornübergebeugt sitzen, hob nur die Augen von dem Schriftsatz, in dem er las, und lächelte. »Na, wie war’s?«

»Ich nehme an, Sie haben eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie es war.« Ich ließ mich in seinem Besucherstuhl nieder und holte Kloffts Aktendeckel aus meiner Tasche. »Aber bevor ich’s vergesse: Vor allem anderen soll ich Sie von Frau Klofft grüßen. Sie hat mir das aufgetragen. Zweimal.«

»Ach ja. Hat sie das?« Er rückte sich in seinem Sessel zurecht. Dann ließ er sich langsam gegen die Lehne zurücksinken. »Und was haben Sie… was für einen Eindruck haben Sie von ihr?«

»Von ihr?« Ich zuckte die Schultern. »Eine sehr sympathische Dame. Und klug, denke ich. Aber ich glaube, sie hat es nicht leicht mit diesem Mann.«

»Da haben Sie wohl recht, ja.« Plötzlich richtete er sich auf, sah mich an. »Hat er sie etwa… Ich meine, er hat sie hoffentlich nicht schlecht behandelt? In Ihrer Gegenwart?«

»Nein, nein. Sie war ja gar nicht dabei, bei unserem Gespräch. Sie hat mich zu ihm gebracht und sich dann gleich zurückgezogen. Ich hab damit nur sagen wollen, der Mann ist doch nicht… ganz gesund, offenbar. Und es würde mich nicht wundern, wenn er das gelegentlich an ihr ausließe.«

[37] Er nickte, verzog den Mund. »Nein, das würde mich auch nicht wundern.«

Fast sah es aus, als müsse er sich beherrschen, um nicht Schlimmeres über seinen Freund zu sagen.

Nach einer kleinen Pause fragte ich: »Was fehlt ihm denn eigentlich?«

»Die Rücksicht auf andere!« Er räusperte sich heftig, nahm in seinem Sessel eine andere Position ein. Dann sagte er: »Nein, sie nimmt an, dass er die Parkinson’sche Krankheit ausbrütet. Oder sie schon hat.«

Ich nickte. »Ich weiß nicht genau, wie sich das äußert, aber mir ist aufgefallen, dass seine Hände schon mal… nun ja, ins Zittern geraten. Und dass er manchmal… den Faden verliert. So war jedenfalls mein Eindruck.«

»Ja, ja, der Tatterich gehört dazu, und diese Aussetzer auch. Und… wie soll ich sagen? Gehstörungen. Sie hat mir gesagt, dass er ein paarmal ohne jeden Anlass hingefallen ist. Es zieht ihn vornüber, sozusagen.« Nach einer kleinen Pause sagte er: »Deshalb geht er ja auch nicht mehr vor die Tür. Und schon gar nicht mehr in seinen Betrieb.« Er sah mich an, lächelte grimmig. »Er hat Angst, dass seine Leute sehen, was mit ihm los ist. Das könnte er nicht ertragen.«

»Das kann man ja auch verstehen, denke ich. Nur… Sie haben gesagt, seine Frau nimmt an, dass er diese Krankheit hat?«

Er nickte. Ich sagte: »Aber was sagt denn sein Arzt dazu? Oder die Ärzte?«

Er lachte. »Sie glauben doch wohl nicht, dass dieser Kraftlackel sich einmal gründlich untersuchen ließe? Nein, nein. ›Ich hab in meinem ganzen Leben noch nicht einen [38] Tag krankgefeiert.‹ Sie kennen doch solche Narren, nehme ich an. ›Habe noch nie im Betrieb gefehlt!‹« Nach einer kleinen Pause sagte er erbittert: »Da fällt er lieber seiner Frau zur Last!«

Er schwieg, starrte vor sich hin. In einer solchen Stimmung hatte ich ihn selten gesehen. Nein, ich hatte ihn noch nie so gesehen. Und hinter dieser Verdüsterung steckte mehr als der Zorn auf einen Freund, der einen mit seinem Macho-gehabe herausfordert.

Mir war ein leiser Verdacht, eine Ahnung schon gekommen, als ich Cilly Klofft von Hochkeppel hatte sprechen hören, aber nun war ich mir fast sicher: Zwischen den beiden war etwas gewesen, vielleicht ja nur eine zarte Neigung zueinander, vielleicht auch eine starke Sympathie, die jedoch von beiden unter Kontrolle gehalten wurde, von beiden oder nur von ihr. Vielleicht hatte es aber auch einen nicht zu bändigenden Ausbruch von Leidenschaft gegeben, eine handfeste Affäre. Ein höchst riskantes Abenteuer, wenn man ihren Ehemann in Betracht zog; er hätte einen Liebhaber seiner Frau, wenn er ihm auf die Schliche gekommen wäre, vermutlich kurzerhand totgeschlagen.

Dass Hochkeppel verwegen genug hätte sein sollen, ein solches Risiko einzugehen, wunderte mich. Aber wer wusste, was für ein Kerl er in seinen jüngeren Jahren gewesen war. Und dass Cilly Klofft dazu imstande gewesen wäre, schien mir durchaus möglich. Traute ich ihr nicht sogar immer noch ein solches Abenteuer zu?

Ich erschrak, als er sich plötzlich heftig räusperte. Er fragte: »Was hat er Ihnen denn zu sagen gehabt?«

Ich antwortete, dass Klofft zunächst einmal meine [39] Kompetenz in Frage gestellt habe. Ich sei ihm offenbar zu jung gewesen, und auch zu unerfahren.

Hochkeppel lachte. »Machen Sie sich nichts draus. Wenn es das nicht gewesen wäre, hätte er etwas anderes gefunden. Und wie haben Sie reagiert?«

»Ich habe ihm gesagt, dass er Sie bitten solle, ihm einen anderen zu schicken.«

»Und trotzdem hat er mit Ihnen über sein Problem geredet?«

Ich nickte.

Er lachte. »Donnerwetter! Das war aber schon mal ein starker Anfang!«

Es dauerte, wie zuvor bei seinem Freund, eine ganze Weile, bis wir auf den Punkt kamen. Er verlor sich immer wieder in seine Erinnerungen an die Rücksichtslosigkeit, mit der Klofft zeit seines Lebens seinen Willen gegen Widerstände und Widersacher durchgesetzt habe, und nicht zuletzt gegen seine eigene Frau.

Schließlich, und nachdem ich wie beiläufig einen Blick auf meine Uhr geworfen hatte, sagte er: »Also, und was ist nun mit dem Fall, in dem wir ihn vertreten sollen? Seine Frau hat mir nur gesagt, er hat eine langjährige Mitarbeiterin fristlos rausgeworfen; und jetzt ist ihm anscheinend bange geworden, dass er sich damit in die Nesseln gesetzt hat?«

Ich sagte, das sei wohl der Kern der Geschichte; allerdings müsse ich die Akte, die Klofft mir gegeben habe, noch durchsehen, und auch die Klage der Mitarbeiterin stehe noch aus. Aber nach dem, was er mir erzählt habe, seien die Kündigungsgründe, die er ihr genannt habe, reichlich wacklig. [40] Ich erzählte ihm die Vorgeschichte dieser Kündigung, so wie Klofft sie mir berichtet hatte, und sagte dann, der Herr Unternehmer sei der Meinung, dass die Mitarbeiterin sich erstens ein ärztliches Attest erschlichen und zweitens einen Urlaub genommen habe, der ihr nicht genehmigt worden sei.

Hochkeppel starrte mich an. »Wer hat ihm denn das erzählt?«

»Niemand. Das heißt… er selbst, könnte man sagen. Mir hat er jedenfalls gesagt, er habe sich im Gesetz kundig gemacht.«

»Ist der denn jetzt total übergeschnappt?!«

Ich zuckte die Schultern.

»Er will sich doch wohl nicht im Ernst auch noch mit dem Arzt anlegen?« Er sah mich an, mit offenem Mund. Als ich noch einmal die Schultern zuckte, beugte er sich vor. »Ich rate Ihnen dringend: Lassen Sie die Finger von diesem Argument! Ich hab noch keinen Prozess gewonnen, weil ich einem Arzt hätte nachweisen können, dass er jemanden zu Unrecht krankgeschrieben hat.«

»Ja, das glaube ich Ihnen gern. Bloß… Er braucht natürlich dieses Argument. Er kann es ja gar nicht fallenlassen.«

Er starrte mich einen Augenblick lang an, dann nickte er. »Ich verstehe.«

Ich sagte: »Wenn er akzeptiert, dass Frau Fuchs zu Recht krankgeschrieben wurde, dann löst auch sein zweiter Kündigungsgrund sich in heiße Luft auf.«

Er nickte. »Ja. Natürlich. Denn dann hat die Dame eben nicht sich eigenmächtig beurlaubt. Sondern sie war halt krank.« Er schüttelte den Kopf. »Das sieht aber wirklich finster aus.«

[41] »Das habe ich ihm auch gesagt.«

Er sah mich an. »Und wie hat er reagiert?«

»Ich hab gedacht, er wirft mich raus. Aber dann hat er mir nur diese Akte zugeschmissen.« Ich nahm Kloffts Aktendeckel und tat, als wolle ich ihn Hochkeppel zuwerfen.

Anscheinend fühlte er sich versucht zu lachen, aber er unterdrückte das. Nach einer Weile sagte er: »Wie wollen Sie vorgehen?«

»Ich werde mir erst mal in aller Ruhe die Akte ansehen. Und dann werde ich mir überlegen, was sich eventuell noch ausgraben und ins Feld führen lässt. Es wäre ja zum Beispiel möglich, dass man Frau Fuchs ein genesungswidriges Verhalten vorwerfen kann. Es war zwar ein Luxushotel, in dem sie die Woche verbracht hat, und man wird sie von vorn und hinten bedient haben, aber vielleicht lässt sich darlegen, dass diese ganze Reise zu strapaziös war. Und dass sie den Heilungsprozess zumindest verzögert hat. Notfalls müsste man einen Gutachter bemühen.«

Er hob den Finger. »Vorsicht! Der Gutachter kann Ihnen jede Menge bescheinigen, aber die Gerichte sind ziemlich großzügig in diesen Fällen. Wie Sie auch sicher wissen. Man muss ja nicht unbedingt das Bett hüten, wenn man krankgeschrieben ist. Und nicht einmal das Haus.«

»Ich weiß.« Ich lachte. »Ist da nicht sogar mal einer durchgekommen, der krankgeschrieben war und dann verreist ist, weil er an einer Wallfahrt teilnehmen wollte?«

Er winkte ab. »Ja, und das ist nur eines von einer ganzen Reihe von Urteilen. Erst vor ein, zwei Jahren hat’s noch eins gegeben, ich glaube, das war das LAG Hamm, da ist eine Frau, die krankgeschrieben war, zu einem Fußballspiel [42] gegangen, und dann hat sie sich auch noch ein Ordnerleibchen angezogen, weil sie bei dem Verein hin und wieder als Ordnerin gearbeitet hat, und der Arbeitgeber hat geglaubt, jetzt kann er sie fristlos kündigen, wegen genesungswidrigem Verhalten und ohne Abmahnung. Ja, Pustekuchen. Er hat vor dem Arbeitsgericht mit Pauken und Trompeten verloren, und dann auch noch die Berufung.«

Nach einer kleinen Pause fügte er hinzu: »Diese Frau hat’s übrigens auch am Rücken gehabt.« Er lächelte. »Womöglich auch ein LWS.«

»Okay, ich werd mir alles genau ansehen.«

Er nickte. »Halten Sie mich auf dem Laufenden. Und noch etwas!« Er richtete sich in seinem Sessel auf, sah mich eindringlich an. »Tun Sie alles, was für dieses Mandat nötig ist. Und alles, was möglich ist! Darum bitte ich Sie dringend!« Er fuhr sich übers Kinn. Nach einem Zögern sagte er: »Ich möchte unter allen Umständen den Eindruck vermeiden, ich… oder vielmehr wir, wir hätten den Fall ohne Not gegen die Wand gefahren. Und dafür sei letzten Endes ich verantwortlich.« Wieder nach einer Pause fügte er hinzu: »Weil ich gewollt hätte, dass er den Prozess verliert. Um ihm eins auszuwischen.«

»Ich werd mir Mühe geben.« Ich stand auf, nickte ihm zu, nahm Kloffts Aktendeckel und ging zur Tür. Als ich schon hinausgehen wollte, sagte er: »Moment mal, Alexander, einen Augenblick noch!«

Ich blieb stehen, wandte mich zurück. Er saß da in seinem Sessel, hatte die Arme aufgestützt, rieb sich die Stirn. »Was haben Sie gesagt, wie hieß diese Mitarbeiterin noch mal… Frau Fuchs?«

[43] Ich sagte: »Ja. Frau Fuchs, genau.«

»Doch nicht etwa Katharina?«

»Doch. Katharina Fuchs. Diplom-Ingenieurin.«

Er stöhnte auf. »Nein!« Er wandte den Blick hinaus. »Auch das noch!«

Ich fragte: »Was denn?«

Er winkte mich heran. »Kommen Sie noch mal, bitte. Und schließen Sie die Tür!«

Als ich schließlich wieder vor ihm saß, räusperte er sich, beugte sich über den Schreibtisch und sagte: »Mit dieser Frau Fuchs hat er jahrelang ein Verhältnis gehabt. Ich weiß es nicht genau, aber ich glaube, das hat schon angefangen, als er sie eingestellt hat.«

Ich sagte: »Das war aber vor elf Jahren? Und damals wäre er immerhin auch schon siebenundsechzig gewesen, oder?«

»Ja, das war er wohl. Aber nicht, dass Sie glauben, das sei bei ihm ein Anfall von Torschlusspanik gewesen. Von Alters… Altersgeilheit, oder wie man das nennt. Mit fremden Frauen hat er zu allen Zeiten geschlafen. Der gute Herbert hat keine Gelegenheit ausgelassen. Und wo es keine gab, da hat er sie gesucht. Und meist auch gefunden.« Er richtete den Blick hinaus durchs Fenster, dann sah er mich an. »Aber das hier war anders, diese Sache mit der Frau Fuchs. Ich glaube, er hat ihr sogar eine Wohnung gekauft. Gekauft und geschenkt, wenn ich nicht irre.«

Nach einer Weile, in der er nachzudenken schien, sagte er: »Er hat diese Liaison auch nicht breitgetreten, im Unterschied zu seinen sonstigen Eroberungen. Bei mir allerdings hat er hin und wieder einen Satz fallenlassen. Vielleicht, um [44] mich neidisch zu machen.« Er lächelte. »Oder weil ihm ganz einfach der Mund überlief. Bemerkungen über sein Käthchen, so hat er sie genannt. Käthchen, die so tüchtig war im Betrieb. Die die ganzen Kerle in die Tasche steckte und die zugleich so ein… so ein Vollweib war. Die Traumfrau.« Er lächelte. Und dann schwieg er. Er betrachtete seine Hände, die er auf dem Schreibtisch zusammengelegt hatte.

Nach einer Weile sagte ich: »Aber dieses Verhältnis scheint mittlerweile ja doch ernstlich gestört.«

Er sah mich an, als verstehe er nicht. Dann sagte er hastig: »Ja, ja, das scheint wohl so.«

Ich sagte: »Und wenn ich mir vergegenwärtige, wie er von ihr spricht, dann kommen mir auch starke Zweifel, ob er sie jemals… ich meine, ob er jemals etwas Tiefergehendes für sie empfunden hat.«

Er sah mich an. »Wie spricht er denn von ihr?«

»Na ja… er kennt mich doch gar nicht. Aber er berichtet mir wortwörtlich von ihrem… ›Hintern‹, und nicht nur das, nein, er spricht auch von… na, von ihrem ›süßen Arsch‹, ich meine, das hört sich ja nicht gerade so an, als respektiere er diese Frau!«

»Ah ja, nun…« Er rieb sich das Kinn. Ich traute meinen Augen nicht, aber er lächelte tatsächlich und musste sich offenbar große Mühe geben, dieses Lächeln zu unterdrücken. Schließlich sagte er: »Also, wissen Sie, Alexander… vielleicht missverstehen Sie da etwas. Dieser… diese Formulierung bedeutet für ihn ein Kompliment. Ihr… der Körperteil, den er da so plump benannt hat…«, er hob die Schultern, hielt sie eine Weile oben, ließ sie dann fallen und lächelte, »er liebt sie halt so, wie sie ist, auf seine Art. Sein [45] Käthchen. Und dieser Körperteil… der ist nun mal ein wesentlicher Bestandteil von ihr. In seinen Augen.«

Ich sah ihn eine Weile stumm an, dann sagte ich: »Na gut. Wenn Sie meinen.«

Er nickte, lächelte. Ich fragte: »Wegen ihr also haben Sie gesagt: ›Auch das noch‹?«