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USA Today Bestseller! Sieben unglaubliche Königreiche, acht heiße Geschichten über Liebe, Angst und Abenteuer! Diese zeitgenössische Märchenserie entführt Sie in eine Welt voller Drachen, Meermenschen, Piraten, Hexen, Monster, Elementargeister und in die eines einsamen Königs, der dringend etwas Hoffnung braucht ...
Wähle deinen Schatz mit Bedacht, Diebin ...
Drago, der König Dracheninsel, ist der letzte der majestätischen Drachen der Sieben Königreiche. Verbittert und allein verlässt er die Leere seines Reiches und zieht sich in die Höhlen unter dem Palast zurück. In der Gestalt seines Drachen versteckt er sich vor der Welt und beschützt das Drachenherz, das letzte Vermächtnis seines Volkes – bis seine Ruhe von einer höchst ungewöhnlichen Diebin gestört wird.
Carly Tates Ausflug zum Yachats State Park nimmt eine Wendung, als sie in einen plötzlich aufziehenden Sturm gerät. Auf der Suche nach einem Unterschlupf stolpert sie durch eine magische Tür in eine Höhle, die voller Schätze ist! Doch so unglaublich die Haufen von glitzerndem Gold und Juwelen auch sind, ihr Blick wird von der schlummernden Gestalt eines majestätischen Drachens gefesselt.
Mit Carlys Erscheinen beginnt eine Reihe von Ereignissen, die nicht nur Dragos Leben auf den Kopf stellen, sondern sich auch auf alle Sieben Königreiche auswirken werden. Kann ein jahrhundertealter Drache seinen wertvollsten Schatz beschützen oder wird das Böse, das seine Rasse zerstört hat, ihm auch Carly nehmen?
Die weltberühmte Autorin S.E. Smith präsentiert ein neues aufregendes Buch voller Leidenschaft und Abenteuer. Durch ihren einzigartigen Humor, die lebhaften Landschaften und die beliebten Charaktere wird dieses Buch garantiert ein weiterer Fan-Favorit!
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Seitenzahl: 296
Ich danke meinem Mann Steve dafür, dass er an mich geglaubt hat und so stolz auf mich war, dass ich den Mut hatte, meinem Traum zu folgen. Ein besonderer Dank gilt außerdem meiner Schwester und besten Freundin Linda, die mich nicht nur zum Schreiben ermutigt, sondern auch das Manuskript gelesen hat; und auch meinen anderen Freundinnen, die an mich glauben: Maria, Jennifer, Jasmin, Rebecca, Julie, Jackie, Lisa, Sally, Elizabeth (Beth), Laurelle, und Narelle. Diese Mädels geben mir Kraft!
Und ein ganz besonderes Dankeschön an Paul Heitsch, David Brenin, Samantha Cook, Suzanne Elise Freeman, Laura Sophie, Vincent Fallow, Amandine Vincent, und PJ Ochlan – die wunderbaren Stimmen meiner Hörbücher!
—S.E. Smith
Der Drachenschatz
Eine Sieben Königreiche Erzählung 1
Copyright © 2021 bei Susan E. Smith
Erstveröffentlichung des E-Books auf EnglischSeptember 2017
Erstveröffentlichung des E-Books auf DeutschFebruar 2021
Umschlaggestaltung von: Melody Simmons und Montana Publishing
ALLE RECHTE VORBEHALTEN: Kein Teil dieses Buches darf ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung der Autorin auf irgendeine Art und Weise vervielfältigt werden, dazu zählen auch vollständige oder teilweise elektronische oder fotografische Vervielfältigungen.
Alle Charaktere und Ereignisse in diesem Buch rein fiktiv. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen oder tatsächlichen Ereignissen oder Organisationen sind rein zufällig und von der Autorin nicht beabsichtigt.
Zusammenfassung: Ein Raum voller Schätze, ein furchterregender Drache, der ihn bewacht, und eine kurvige Diebin, die sich den Drachen als Preis aussucht! Wie kann sie es schaffen, das Herz eines Drachenwandlers zu erobern?
ISBN: 9781952021787 (Taschenbuch)
ISBN: 9781952021770 (eBook)
Science Fiction Romance – Aliens | Romantic Comedy | Action Adventure Romance
Veröffentlicht von Montana Publishing, LLC
und SE Smith von Florida Inc. www.sesmithfl.com
Die Anfänge …
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Epilog
Weitere Bücher und Informationen
Über die Autorin
USA Today Bestseller!
Sieben unglaubliche Königreiche, acht heiße Geschichten über Liebe, Angst und Abenteuer! Diese zeitgenössische Märchenserie entführt Sie in eine Welt voller Drachen, Meermenschen, Piraten, Hexen, Monster, Elementargeister und in die eines einsamen Königs, der dringend etwas Hoffnung braucht ...
Wähle deinen Schatz mit Bedacht, Diebin ...
Drago, der König Dracheninsel, ist der letzte der majestätischen Drachen der Sieben Königreiche. Verbittert und allein verlässt er die Leere seines Reiches und zieht sich in die Höhlen unter dem Palast zurück. In der Gestalt seines Drachen versteckt er sich vor der Welt und beschützt das Drachenherz, das letzte Vermächtnis seines Volkes – bis seine Ruhe von einer höchst ungewöhnlichen Diebin gestört wird.
Carly Tates Ausflug zum Yachats State Park nimmt eine Wendung, als sie in einen plötzlich aufziehenden Sturm gerät. Auf der Suche nach einem Unterschlupf stolpert sie durch eine magische Tür in eine Höhle, die voller Schätze ist! Doch so unglaublich die Haufen von glitzerndem Gold und Juwelen auch sind, ihr Blick wird von der schlummernden Gestalt eines majestätischen Drachens gefesselt.
Mit Carlys Erscheinen beginnt eine Reihe von Ereignissen, die nicht nur Dragos Leben auf den Kopf stellen, sondern sich auch auf alle Sieben Königreiche auswirken werden. Kann ein jahrhundertealter Drache seinen wertvollsten Schatz beschützen oder wird das Böse, das seine Rasse zerstört hat, ihm auch Carly nehmen?
Die weltberühmte Autorin S.E. Smith präsentiert ein neues aufregendes Buch voller Leidenschaft und Abenteuer. Durch ihren einzigartigen Humor, die lebhaften Landschaften und die beliebten Charaktere wird dieses Buch garantiert ein weiterer Fan-Favorit!
Vor langer, langer Zeit herrschte Frieden auf den Inseln der Sieben Königreiche. Jedes Königreich: die Inseln der Drachen, der Meeresschlangen, der Zauberei, der Riesen, der Elementargeister, der Piraten und der Monster wurden von sieben mächtigen Anführern regiert, die über ihre Reiche wachten. Jeder Herrscher erhielt eine Gabe von der Göttin, die ihre Welt geschaffen hatte; eine Gabe, die Harmonie zwischen den Königreichen versprach, solange diese Gaben sicher aufbewahrt und nicht gegeneinander eingesetzt wurden. Die Herrscher waren fair und gerecht und verstanden, dass ihre Reiche einander brauchten, um zu gedeihen.
Leider war der Frieden nicht von Dauer. Eines Nachts fiel ein seltsames und strahlendes Licht vom Himmel und landete im Meer. Diejenigen, die den Meteoriten über den dunklen Himmel huschen sahen, äußerten wohlwollende Wünsche. Eine junge Meerhexe sah die Sternschnuppe und schwamm aufs Meer hinaus, um sie aufzufangen. Sie wusste nicht, dass in ihrem Inneren etwas Dunkles und Böses lebte – eine Dunkelheit, die sie langsam überwältigen und das Gefüge der Sieben Königreiche bedrohen würde.
„Kehrt auf die Insel zurück, ich werde bald zu euch stoßen“, befahl Drago.
„Drago, glaubst du, dass das sicher ist?“, fragte Theron und blickte den Mann, der aus der tintenschwarzen Dunkelheit aufgetaucht war, über die Wellen hinweg an.
Drago stieß ein warnendes Knurren aus. Sein Stellvertreter kippte seine Flügel und ließ sich zurückfallen, sodass sich der Abstand zwischen ihnen vergrößerte. Fünf Drachen, alle Mitglieder seiner Elitegarde, flogen in seiner Nähe. Die drei Männchen und zwei Weibchen behielten das Wasser unter ihnen wachsam im Auge. Doch selbst mit ihren scharfen Drachenaugen konnten sie nichts sehen, da die Gewitterwolken um sie herum immer dunkler und der Wellengang immer stärker wurden.
„Kehrt sofort zurück“, befahl Drago.
„Ja, mein König“, stimmte Theron widerwillig zu, stieg etwas höher in die Luft und rief den anderen Wachen einen scharfen Befehl zu.
Dragos Blick ruhte immer noch auf Orion. Der Meerkönig sah ihn mit dem gleichen intensiven Blick an. Der große Meeresdrache, auf dem Orion ritt, schüttelte den Kopf, da er die Spannung zwischen den beiden Männern spürte.
„Orion“, knurrte Drago.
„Ich bin gekommen, um einen Waffenstillstand zu erbitten, Drache. Dein Königreich ist das letzte, das noch fehlt. Die anderen haben der Friedenserklärung zugestimmt“, erklärte Orion.
Drago schnaubte, kleine Rauchwolken stoben aus seinen Nasenlöchern, wehten im aufkommenden Wind davon und schwebten auf Orion zu. Der Meeresdrache zuckte erschrocken zusammen. Ein zufriedenes Lächeln umspielte Dragos Lippen, als er sah, wie Orion um die Kontrolle des riesigen Meeresdrachens kämpfte. An dem stechenden, wütenden Blick, den Orion ihm zuwarf, erkannte Drago, dass dem Meerkönig durchaus bewusst war, dass er den Meeresdrachen absichtlich erschreckt hatte.
„Woher kommt dieser plötzliche Wunsch nach Frieden?“, fragte Drago spöttisch.
Orion kniff verärgert die Lippen zusammen. „Alles war gelogen“, antwortete er.
„Was war gelogen?“, fragte Drago.
„Ich wollte weder deinen Schatz noch das Drachenherz stehlen, Drago. Die Insel der Meeresschlange hat ihre eigenen Schätze. Wir brauchen das verzauberte Gold und die Juwelen der Drachen nicht und ich weiß es besser, als zu versuchen, das Geschenk der Göttin zu stehlen“, sagte Orion.
Drago schnappte mit den Zähnen. „Das behauptest du. Und doch beschwören deine Männer, die ich gefangen genommen habe, das genaue Gegenteil. Außerdem hast du die Drachen beschuldigt, dass sie deine Felder über dem Meer versengt haben. Keiner meiner Leute hat dein Königreich angegriffen und dennoch liegen sie auf dem Meeresgrund, während ihre Gefährtinnen und Kinder kummervoll trauern“, entgegnete er.
„Ich weiß, aber ich schwöre auf den Dreizack, dass diejenigen, die du gefangen genommen hast, unter einem Fluch schwarzer Magie stehen, der sie dazu zwingt, Taten zu begehen, die sie sonst nie begangen hätten. Und ich schwöre auch, dass es nicht mein Volk war, das die Drachen vom Himmel geschlagen hat. Sie ... Drago, sie haben als Statuen dagelegen, versteinert durch einen Zauber, den ich noch nie zuvor gesehen habe“, antwortete Orion, seine Stimme war durch das Tosen des Windes und der Wellen kaum zu hören.
„Du schwörst? Wer ist dann für diese dunkle Magie verantwortlich? Die Einzigen, die über solche Kräfte verfügen, sind die Bewohner der Zauberinsel“, sagte Drago.
Orion zögerte und blickte auf das Meer hinaus, bevor er seinen Blick wieder Drago zuwandte. Drago konnte das Bedauern in den Augen des anderen Königs sehen. Aber auch die Aufrichtigkeit.
„Nein, es war nicht die Zauberinsel, es war meine Cousine Magna“, erwiderte Orion schließlich.
„Die Meerhexe?“, fragte Drago.
„Ja, irgendetwas ist mit ihr geschehen. Ich habe sie verbannt, aber ich fürchte, das reicht nicht aus. Ihre Zauberkräfte werden immer stärker und sie muss ein für alle Mal gestoppt werden. Ihre Lügen und ihr Verrat haben die Kriege zwischen den Königreichen ausgelöst. Sie hat einen Zauber ausgesprochen – sie trägt eine Dunkelheit in sich, wie ich sie noch nie zuvor gesehen habe, Drago. Das ist nicht normal. Je mehr wir uns gegenseitig bekämpfen, desto stärker wird sie. Die einzige Möglichkeit, den Zauber zu brechen, ist, zusammenzuarbeiten“, drängte Orion.
„Ich habe die Dunkelheit in ihr gespürt, als sie zu mir gekommen ist, um mich um Asyl zu bitten. Ich hätte sie damals töten sollen, aber stattdessen habe ich ihr mein Wort gegeben, sie vor dir zu beschützen, als sie gesagt hat, du seist verrückt geworden. Wenn ich sie zuerst finde, wird all das Wasser im Ozean und ihre schwarze Magie sie nicht vor dem Feuer meines Drachen retten, dessen kannst du dir sicher sein, Orion“, schwor Drago.
„Ich hoffe, dazu wird es nicht kommen. Akzeptierst du den Waffenstillstand, Drago? Ich verspreche, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um für Gerechtigkeit für die abscheulichen Taten zu sorgen, die Magna begangen hat“, verkündete Orion in feierlichem Ton.
„Ja, Meerkönig, ich habe kein Verlangen danach, den Kampf fortzusetzen – vor allem keinen, der die dunkle Magie der Meerhexe schürt. Es hat schon genug Tod und Zerstörung gegeben. Ich akzeptiere deinen Waffenstillstand, Meerkönig, aber sei gewarnt – die Meerhexe wird für ihren Verrat bezahlen, falls sich unsere Wege jemals kreuzen sollten“, sagte Drago und neigte seine Flügel, um sich von den Winden höher noch oben treiben zu lassen.
„Ich verstehe. Gehe in Frieden, Drachenkönig“, antwortete Orion.
Drago sah zu, wie Orion an den Zügeln seines Meeresdrachens zog. Der Drachen drehte sich bereitwillig um und tauchte mit dem Kopf unter. Innerhalb von Sekunden war nur noch die unruhige See zu sehen. Blitze zuckten über den Himmel, gefolgt von Donnergrollen.
Drago drehte sich um und dachte über Orions Worte nach – ein Waffenstillstand, das Ende der Großen Schlacht. Endlich war wieder Frieden in den Sieben Königreichen eingekehrt, aber nicht bevor es großes Leid gegeben hatte, das durch die Machtgier einer Frau verursacht worden war. Wut brannte tief in Dragos Innerem. Er hatte das, was er zu Orion gesagt hatte ernst gemeint – er würde gegenüber der Meerhexe keine Gnade walten lassen.
Als König der Dracheninsel und Herrscher über alle Drachen war es seine Pflicht, für die Sicherheit seines Volkes zu sorgen. Als die Meerhexe am Ufer Dracheninsel angespült worden war, hatte er ihre Lügen geglaubt. Ihr Körper war zusammengeschrumpft und bleich gewesen. Sie hatte ihm geschworen, ihr Cousin sei verrückt geworden. Ihre Behauptung, Orion wolle den Drachenschatz stehlen, um seinen Wunsch zu finanzieren, die Dracheninsel zu übernehmen, hatte töricht geklungen, bis die Räuber gefangen genommen worden waren, die aus dem Meer gekommen waren. Sie hatten alle dasselbe gesagt.
Als nächstes waren die Angriffe auf die Drachen erfolgt, die in andere Königreiche geflogen waren. Viele waren verschwunden, da sie in den Tod gestürzt waren, in den tiefen Abgrund unter dem Ozean, der die einzelnen Königreiche, einschließlich dem seiner Eltern, trennte. Die Meerhexe, Magna, hatte Drago ins Ohr geflüstert, dass dies nicht passiert wäre, wenn er nur die Steine des Dreizacks gehabt hätte. Damit hätte er nicht nur die Kontrolle über diejenigen unter den Wellen, sondern auch einen Schatz von unvorstellbarer Macht.
Drago war sich der Gefahren, die mit der Kontrolle eines Artefakts einhergingen, das nicht aus seinem Reich stammte, bewusst. Dabei könnten die zarten Fäden der Magie zerreißen, die die Sieben Königreiche zusammenhielten. Es gab einen Grund, warum Drachen den Dreizack nicht kontrollieren konnten, ebenso wie es einen Grund gab, warum die Meermenschen das Drachenherz nicht stehlen konnten. Die heiligen Steine kontrollierten die Grundessenz einer jeden Spezies – Wasser und Feuer. Jedes Königreich verfügte über ein antikes Artefakt.
Sein Vater hatte im eingebläut, stets die weitreichenden Folgen seiner Entscheidungen zu berücksichtigen. Was nutzte es, einen so mächtigen Schatz zu besitzen, wenn die Welt nicht mehr existierte? Schließlich war ihm Magnas leises Flüstern zu viel geworden und er hatte ihr gedroht, sie wieder ins Meer zu werfen, damit Orion sich um sie kümmerte, wenn sie nicht aufhörte. Am nächsten Tag war sie verschwunden.
Mit einem lauten Seufzer rauschte Drago so schnell über das Wasser, wie ihn seine Flügel tragen konnten. Sein Körper bewegte sich mit den Wellen nach oben und unten. Gewitterwolken brauten sich hoch am Himmel zusammen und der grollende Donner und das statische Gefühl der Elektrizität, die sich in der Atmosphäre aufbaute, warnten vor dem heftigen Sturm, der bald losbrechen würde.
Drago und seine Wachen hatten vor dem Sturm noch einmal die Gewässer um die Insel herum kontrolliert, als er auf Orion getroffen war. Ein kurzer Blick in den Himmel warnte ihn, dass sich der Sturm wahrscheinlich in einen ausgewachsenen Zyklon verwandeln würde. Wie um seine Gedanken zu bestätigen, prasselte plötzlich strömender Regen auf die dicke Blätterschicht und durchbohrte sie wie eisige Speere.
Drago war mehrere Kilometer entfernt, als er den ersten Hilferuf seines Volkes hörte. Verwirrung machte sich in ihm breit, als immer mehr Angstschreie ertönten. Angetrieben von einer ungewohnten Furcht kämpfte er gegen die heftigen Winde an und flog in einem rücksichtslosen Tempo in Richtung Heimat. Die Furcht galt allerdings nicht seinem eigenen Leben, sondern seinem Volk.
Die verzweifelten Schreie seines Volkes hallten durch seinen Kopf. Seine Verwirrung wuchs, als ihre durchdringenden Schreie plötzlich zu verklingen begannen.
Dragos Blut kochte. Er peitschte mit seinem Schwanz durch die Luft und flog so schnell, dass er die Schallmauer durchbrach. Der Knall hallte blitzartig durch die Luft. Er war verraten worden – allerdings nicht von Orion. Etwas anderes griff sein Volk an – etwas Fremdartiges.
Die Schreie der anderen Drachen durchbohrten seine Seele und ließen seine Bemühungen, sie zu erreichen, auf qualhafte Weise sinnlos erscheinen. Als alle Stimmen verstummt waren, überkam ihn ein Gefühl der Angst. Dort, wo einst seine Verbindung zu den anderen Drachen gewesen war, war nichts als eine schwarze Leere und Panik stieg in ihm auf.
„Nein!“, brüllte Drago, als er die Dracheninsel durch den Regen erblickte.
In der Ferne konnte er erkennen, wie sich eine Gestalt auf der Felsklippe umdrehte und ihn triumphierend ansah – die Meerhexe! Ihr schwarzes Haar wirbelte um ihre blasse Gestalt. Dunkle Fäden der Magie strahlten von ihren Fingern. Drago sah Theron und zwei weitere Mitglieder seiner Elitegarde auf sie zufliegen. Die dunklen Fäden durchbohrten sie. Drago sah ungläubig zu, wie ihre Körper erstarrten und zu Stein wurden. Wie in Zeitlupe fielen alle Drachen vom Himmel. Zwei der Drachen stürzten ins Meer und verschwanden in den Wellen. Therons Gestalt stürzte zu Boden und kippte nach vorne um, bevor sie zum Stillstand kam – das Feuer seines Drachens war für immer eingefroren, nur wenige Zentimeter von der Meerhexe entfernt.
„Sie sind weg, Drago. Du bist ganz allein. Gib mir das Drachenherz und ich gebe dir dein schwaches, armseliges Volk zurück“, flüsterte die Meerhexe, deren Worte auf magische Weise über den Wind zu ihm hinübergetragen wurden.
„Niemals! Stirb, Hexe!“, brüllte Drago.
„Ich werde es sowieso bekommen, wenn du weg bist. Ein Drache kann nicht lange allein überleben. Nicht einmal dein kostbarer Schatz wird dich am Leben erhalten“, erwiderte sie mit einem spöttischen Lächeln.
Wütend stieß Drago einen mächtigen Ball aus weißem Drachenfeuer aus. Das wütende Gelächter der Meerhexe übertönte das Tosen des Sturms, als sie von der Klippe in die Wellen sprang und in den dunklen Tiefen um die Insel herum verschwand. Das Drachenfeuer explodierte an der Klippe, woraufhin eine Lawine aus überhitztem Gestein ins Meer rollte und Therons versteinerte Gestalt versengte.
Drago ließ seinen Blick über die Ränder der Klippen schweifen. Die regungslosen Gestalten seiner Leute starrten ihn an. Auf ihren Gesichtern war für immer ein Ausdruck des Grauens eingebrannt. Doch alles, was Drago sehen konnte, war sein Versagen, sie zu beschützen.
Er glitt über den Rand der Klippe. Dann klappte er seine kräftigen Flügel ein, ließ sich neben Theron fallen und verwandelte sich in seine zweibeinige Gestalt. Er hob eine zitternde Hand, um seinen Freund und Kameraden zu berühren. Eine noch nie dagewesene Trauer durchströmte ihn und hüllte sein Herz ein, als wäre es ebenso versteinert wie sein Volk. Drago kippte seinen Kopf nach hinten und stieß ein wütendes Brüllen aus, das über die Sieben Königreiche hinweghallte. Jeder Herrscher spürte die Leere und wusste, dass, auch wenn die große Schlacht zwischen ihnen vorüber war, ein weitaus tödlicherer Krieg beginnen würde. Furcht griff nach ihnen und schlang ihre gierigen Hände um die Herzen und Seelen der anderen Bewohner. Dann ging Dragos Brüllen in eine ohrenbetäubende Stille über und die Welt verstummte.
Einige Tage später trat Drago zurück, um seine Arbeit zu begutachten. Er hatte allen seinen Leuten, die er finden konnte, befohlen, in ihren Häusern zu bleiben, um sie vor den Elementen zu schützen. Diejenigen, die in der Burg lebten und arbeiteten, hatte er in die große Halle beordert.
Er richtete seinen Blick auf die Gestalt, die ihm am nächsten stand. Theron erwiderte seinen Blick. Er hob seine Hand und fuhr reumütig über den schwarzen Streifen an der Seite des Drachenhalses.
Drago hielt inne und schloss die Augen, als der vertraute, quälende Schmerz ihn erneut durchschoss. Einen Moment lang wünschte er sich, der Schmerz wäre stark genug, um ihn einfach umzubringen. Der Schmerz, die Leere und die Gefühle der Hilflosigkeit und Reue waren fast mehr, als er ertragen konnte.
Alle seine Versuche, die Meerhexe durch Zauberei aufzuspüren, waren erfolglos gewesen. Es war, als ob sie nicht mehr existierte. Ohne zu wissen, wie sie es geschafft hatte, sein Volk in Stein zu verwandeln, gab es keine Möglichkeit, es wieder rückgängig zu machen. Er konnte nichts tun. Nicht einmal das Drachenherz hatte die Macht, einen solchen Zauber zu brechen – das wusste er, weil er bereits versucht hatte, ihn anzuwenden. Er holte tief Luft, öffnete die Augen und straffte die Schultern. Eines Tages würde die Meerhexe wieder auftauchen und wenn es soweit war, würde er bereit sein. Bis dahin würde er diejenigen beschützen, die nicht selbst auf sich aufpassen konnten.
Drago drehte sich um, ging durch die Tür der großen Halle und schloss die massiven Türen hinter sich. Er sprach einen Zauberspruch, um die Türen des Raumes zu versiegeln, bevor er durch die Doppeltüren trat, die nach draußen führten. Dann flüsterte er einen Zauberspruch, um das Schloss zu verzaubern. Dasselbe würde er auch für den Rest der Dracheninsel tun. Niemand würde in der Lage sein, einen Fuß auf die Insel zu setzen – nicht einmal die Bewohner der Zauberinsel. Es war ein Zauber, den niemand außer ihm kannte. Alle, die das Pech hatten, an die Küste zu gelangen, würden zugrunde gehen, gefangen zwischen den hohen Klippen und dem Wasser.
Er verwandelte sich und stieg in die Luft. Er umkreiste die Insel fünf Mal und verstärkte den Zauber, bis der Nebel dicht und schwer wurde. Erst als er zufrieden war, kehrte er zum Schloss zurück. Er landete auf dem höchsten Turm und ließ seinen prüfenden Blick ein letztes Mal über die Insel schweifen. Dies war das letzte Mal, dass er sie sehen würde.
Drago blinzelte und richtete seinen Blick auf den Boden. Dann stieß er sich von dem Turm ab und stürzte nach unten. Einen Augenblick, bevor er auf der harten Oberfläche des Hofes aufschlug, öffnete sich der Boden und er verschwand darin. Der Abgrund war fast dreißig Meter tief und nachdem er hindurchgeflogen war, verschloss sich die Öffnung über ihm wieder. Leicht zusammengekrümmt sauste er die kunstvollen Steintreppen hinunter und durch die gewölbten Türen in die massive Höhle darunter. In der tiefsten Kammer flog er über das Meer von Schätzen, bis er auf einem Berg von Goldmünzen und Juwelen landete. Er glitt an der Schatzlawine hinunter, an deren Fuß eine große Plattform emporragte.
Drago stieg die Treppe hinauf. Mit einer Bewegung seines Schwanzes fegte er die Münzen und Juwelen weg, die auf die Steinplattform gefallen waren, bevor er sich im Kreis drehte und sich hinlegte. Sein Blick wanderte über den unermesslichen Reichtum der Drachen. In der Ferne konnte er die Statuen seines Vaters und seiner Mutter sehen. Die beiden waren als erste verschwunden, kurz bevor die große Schlacht begonnen hatte. Sie waren auf die Monsterinsel zu Nali gereist. Ihr Verlust hatte ihn und die anderen Drachen schwer getroffen.
„Ich habe dich enttäuscht, Vater, aber ich werde nicht aufgeben“, schwor Drago mit Blick auf die Statue seines Vaters. „Ich habe nichts mehr zu beschützen außer dem Drachenherz in deinen Händen. Ich werde es bis zum bitteren Ende bewachen.“
Drago senkte den Kopf, schloss traurig die Augen und als die Stille wuchs, begann er mit seiner Aufgabe, den Schatz seines Volkes zu bewachen. Bald verwandelten sich die Stunden in Tage und Tage wurden zu Wochen. Aus den Wochen wurden Jahre und die Jahre verschwanden im Abgrund der Leere, die in Drago wuchs. Schließlich wurde er müde und schlief noch mehr, denn seine Einsamkeit und die Magie, die er brauchte, um seinen Körper bei Kräften zu halten, begannen, ihren Tribut zu fordern. Er erwachte kurz, als die Insel erschüttert wurde. Der Boden unter ihm zitterte, aber er spürte keine andere Gegenwart und schlief bald darauf wieder ein.
Das Drachenherz leuchtete und schimmerte hell, als ob die Göttin wüsste, dass der letzte der Drachen vom Untergang bedroht war. Doch Drago bekam nicht mit, dass sich ein riesiger blutroter Diamant, der sich zuvor in den Händen der Statue seines Vaters befunden hatte, erhob. Verloren im Reich der Träume schlief er tief und fest weiter, während sich in seiner Nähe langsam ein Durchgang zu einer anderen Welt öffnete.
Carly Tate summte zur Musik aus dem Radio und kam vor dem vorderen Eingang des Yachats State Parks zum Stehen. Heute war es soweit! Sie übernahm die Kontrolle über ihr Leben. In Wahrheit war heute der dritte Tag von „Heute war es soweit“. Sie wollte mit dem Training beginnen, ein paar Kilo abnehmen, sich einen besseren Job suchen und vielleicht sogar darüber nachdenken, aus Yachats, Oregon, wegzuziehen. Verdammt, sie könnte sich sogar vorstellen, nach Portland oder Seattle zu ziehen.
„Einen kleinen Schritt nach dem anderen“, sagte sie laut und wiederholte ihr neues Mantra.
Sie musste sich nur darauf konzentrieren, dran zu bleiben, was sie nicht besonders gut konnte. Glücklicherweise liebte ihre Mitbewohnerin und langjährige beste Freundin sie genau so, wie sie war – meistens zumindest. Die arme Jenny hatte die besten Schultern zum Ausweinen und flippte nur ein bisschen aus, wenn Carly völlig am Durchdrehen war, nachdem sie sich mal wieder mit der falschen Sorte Mann verabredet hatte – wie Ross Galloway.
„Wie viele?“, fragte der Ranger in leicht gelangweiltem Tonfall.
„Nur ich“, antwortete Carly und überreichte ihm ihren State Park-Ausweis.
„Seien Sie vorsichtig auf den Wegen; es sieht aus, als würde ein Sturm aufziehen. Der Park schließt bei Sonnenuntergang. Bitte parken Sie nur in den ausgewiesenen Bereichen und füttern Sie keine Wildtiere“, informierte sie der Ranger und gab ihr ihren Ausweis zusammen mit einer Karte und dem Parkticket für ihr Auto zurück.
„Danke“, erwiderte Carly.
Sie kam zu dem Schluss, dass es wahrscheinlich das Beste wäre, dem Ranger nicht mitzuteilen, dass sie die letzten drei Tage schon dasselbe Gespräch geführt hatten. Dies war ihr viertes Mal in ebenso vielen Tagen. Mittlerweile hatte sie einen schönen Stapel Karten auf ihrem Beifahrersitz herumliegen.
Sie beschleunigte und folgte der kurvenreichen Straße. Die gleichen alten Gefühle begannen sie zu ersticken, je weiter sie fuhr. Sie drehte die Musik auf, genauso wie sie es die letzten drei Tage getan hatte, in der Hoffnung, dass dadurch ihr Adrenalin und nicht ihre Fantasie angeregt werden würde.
Hohe Mammutbäume und andere Immergrüne säumten die schmale, kurvenreiche Straße. Auf den Felsen wuchs grünes Moos, das sie rutschig machte, und üppige Farne ragten bis über ihre Hüfte empor. Carly wusste genau, wie glitschig das Moos und wie hoch die Farne waren, denn gestern, als sie oben angekommen war, war sie für eine Rocky Pose wie im Film auf einen Felsen gestiegen und prompt – äußerst ungeschickt – mitten in ein paar Farnen auf dem Hintern gelandet.
Carly war keine anmutige Athletin. Tatsächlich reichte schon die Verwendung des Wortes Sport und ihres Namens im selben Satz aus, um sich für den Preis als beste Komikerin bei einem Comedy-Wettbewerb zu qualifizieren. Am Tag zuvor hatte sie beschlossen, dass die Chancen, dass sie als Komikerin zum Megastar wurde, besser standen, als endlich etwas Gewicht zu verlieren und die gesamte Strecke zu wandern, ohne dabei umzukippen. Dennoch hatte sie Jenny – ihrer unglaublich sportlichen besten Freundin – geschworen, dass sie es tun würde, selbst wenn es sie umbringen würde.
„Leider könnte das durchaus passieren“, murmelte Carly, als sie sich auf den Fahrersitz ihres dunkelroten Ford Focus setzte und die Prellungen und ihre protestierenden Muskeln von ihrem Sturz am Vortag spürte.
Immer noch vor sich hinmurmelnd fuhr sie auf den Parkplatz in der Nähe des Eingangs zu einem Wanderweg und schaltete die Zündung aus. Diesen Wanderweg hatte sie noch nicht ausprobiert. Sie schnappte sich eine der Karten vom Stapel und studierte sie. Sie rümpfte die Nase und stieß ein leises Stöhnen aus.
„Sechs Kilometer“, schnaubte sie und lehnte ihre Stirn gegen das Lenkrad. „Du schaffst das, Carly. Es sind nur sechs Kilometer. Das wird wie ein Spaziergang im Park.“ Bei diesen Worten entwich ihr ein Schnauben. „Okay, du schaffst das und zur Belohnung kannst du dir auf dem Heimweg ein kleines Eis im Dairy Queen gönnen. Na, wie klingt das?“
Sie lehnte sich in ihrem Sitz zurück, schnappte sich ihren Rucksack, der auf dem Boden lag, und schob die Karte hinein. Dann öffnete sie die Tür und stieg mit einem weiteren lauten Stöhnen aus, bevor sie sich umsah, um sicherzustellen, dass niemand sie sehen oder hören konnte. Sie drehte sich um, knallte die Tür zu und steckte ihre Autoschlüssel ein.
„Eis. Denk an das Eis“, murmelte sie leise, als sie ihre schmerzenden Muskeln in Bewegung setzte.
Sie betrat den Wanderweg und warf sich den Jeans- und Lederrucksack über die Schulter. Die Riemen fest umklammert ging sie den unebenen Weg entlang. „Eis ...“ murmelte sie bei jedem der ersten zweihunderteinundsiebzig Schritte, bevor sie begann, sich auf andere wichtigere Dinge zu konzentrieren – wie hungrige Bären, Berglöwen und Bigfoot.
Fast vier Kilometer später, als Carly gerade einmal die Hälfte des Weges hinter sich gebracht hatte, hatte sie miese Laune. Sie war – wieder einmal – gestürzt, als der große Eiskaffee, den sie zuvor getrunken hatte, ihre Blase überflutet und sie wegen einer dringenden Angelegenheit einen Boxenstopp eingelegt hatte. Da es entlang des Weges keine Toiletten gab, war sie gezwungen gewesen, einen Busch zu gießen.
Natürlich hatte sie weit und breit keine ebene Stelle gefunden. Ihre einzige Möglichkeit war es gewesen, eine Felswand hinauf oder einen steilen Abhang hinunterzuklettern. Aufgrund ihrer protestierenden Muskeln, ihrer mangelnden Koordination sowie der Tatsache, dass es nichts gab, hinter dem sie sich verstecken könnte, wenn sie hinaufkletterte, hatte sie sich dafür entschieden, den steilen Abhang hinunterzuklettern. Sie hatte es geschafft, allerdings nicht ohne ein paar Mal auszurutschen und hinzufallen. Der Hosenboden ihrer Jeans und ihre Knie waren mit feuchtem, kaltem Schlamm bedeckt, was die Qualen ihres schmerzenden Körpers nur noch verstärkte.
Glücklicherweise hatte sie einen kleinen Bach entdeckt, der etwas weiter oben aus einem Felsen entsprang, um sich ein wenig sauber zu machen. Mit dem eisigen Wasser wusch sie sich den Schmutz von den Händen und machte sich zumindest ein bisschen frisch. Natürlich waren ihre Finger danach eiskalt.
Denk positiv, Carly. Wenigstens bist du jetzt nicht mehr völlig verdreckt, dachte sie reumütig, während sie den Weg weiter entlangstapfte.
Carly konnte den Gedanken einfach nicht abschütteln, dass zumindest das unvorhersehbare Wetter in Oregon sie davon überzeugen hätte sollen, einfach ins Fitnessstudio zu gehen, wenn all ihre früheren Missgeschicke dazu schon nicht ausgereicht hatten. Die sinkenden Temperaturen und die herannahenden, dichten Wolken sagten ihr, dass es dumm von ihr gewesen war, ihre Knausrigkeit und ihre Scham siegen zu lassen. Diese beiden Gründe hatten sie nämlich davon abgehalten, ins örtliche Fitnessstudio zu gehen – das Geld und Ross – und nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.
Sie hatte gezögert, die Jahresmitgliedschaft abzuschließen, da sie sich nicht sicher gewesen war, ob sie sich an ihren Trainingsplan halten würde. Sie hatte sich vor ein paar Jahren schon einmal im Fitnessstudio angemeldet und war nie hingegangen. Natürlich war sie jetzt älter und reifer, was bedeuten sollte, dass sie auch disziplinierter war. Doch Carly kannte sich selbst gut genug, um zu wissen, dass sie es nicht war, wenn es ums Training ging. Wenn sie besser darüber nachgedacht hätte, wäre der Monatsvertrag die bessere Option gewesen, aber der hätte sie jeden Monat fünf Dollar mehr gekostet, was in einem Jahr ganze sechzig Dollar mehr als die Jahresmitgliedschaft gewesen wären.
Der wahre Grund dafür, dass sie nicht ins Fitnessstudio ging, war jedoch der, dass sie Ross Galloway auf keinen Fall begegnen wollte. Ross war der Inbegriff eines „Bad Boys“. Jenny hatte sie gewarnt, aber Carly hatte ganz weiche Knie bekommen, als Ross in seiner verblichenen Jeans, seinem schäbigen T-Shirt, seiner schwarzen Lederjacke und seiner lässigen Haltung in der örtlichen Bar in der Nähe des Hafens aufgetaucht war. Sie hatte gewusst, dass es keine gute Idee war, mit einem Typen auszugehen, den sie in dieser Bar kennengelernt hatte. Sie hatte gewusst, dass es keine gute Idee war, sich mit Ross Galloway zu verabreden – verdammt, er war schon auf der High School ein übler Typ gewesen! Trotzdem hatte sie sich nach ihrem ersten Bier ziemlich entspannt gefühlt, als er sie um ein Date gebeten hatte – etwas, das nicht allzu oft vorkam. Er ging auch ins Fitnessstudio – das einzige in der Stadt.
Beim ihrer vierten Verabredung hatte Carly ihren Fehler erkannt und Jenny angerufen, um sich von ihr abholen zu lassen. Zugegeben, es war nicht alles Ross‘ Schuld gewesen. Sie hatte das Fischernetz auf seinem Boot nicht absichtlich ausgeworfen. Es war ein Unfall gewesen. Außerdem war er derjenige gewesen, der eine rauchen wollte! Es war nicht so, dass sie das Streichholz absichtlich fallen gelassen hätte. Man sollte meinen, dass ein Typ, der ein Boot besaß, es wüsste, wenn sich brennbare Gegenstände an Bord befanden.
Carly sah auf, als ein dicker Regentropfen auf ihrer Wange landete. Den Tränen nahe konzentrierte sie sich auf den Weg vor ihr, doch da fiel ein weiterer Tropfen auf ihre Nasenspitze. Blitze zuckten über den Himmel, gefolgt von einem erderschütternden Donnergrollen.
„Im Ernst? Denkst du, ich habe zu viel Spaß hier, dass du das Ganze noch spaßiger machen musst? Damit hättest du wirklich warten können. Ich bin schon fast auf halbem Weg zurück. Nur noch eine Stunde ... oder zwei“, stritt Carly mit dem Himmel. Sie wurde mit drei weiteren großen Tropfen und einem dichten Nebel belohnt, der in einem rasanten Tempo auf sie zuwaberte. „Großartig! Danke vielmals ... nicht! Ich hoffe, du hast Spaß, denn ich muss dir sagen, dass das wirklich total beschissen ist. ICH HASSE SPORT!“
Natürlich wusste Carly, dass kein normaler Mensch, der noch ganz bei Verstand war, sich mit dem Himmel streiten würde, aber zumindest fühlte sie sich dadurch ein bisschen besser. Sie zuckte zusammen, als ein Blitz so dicht neben ihr einschlug, dass sie dachte, ihr stünden die Haare zu Berge. Okay, vielleicht haben die Götter im Himmel zugehört und waren nicht erfreut, dass sie sie angeschrien hatte.
Carly steigerte ihr Tempo und versuchte, den unebenen Weg halb gehend, halb joggend zurückzulegen. Sie unterdrückte einen Schrei, als ein weiterer Blitz einschlug. Wusste das Wetter denn nicht, dass es nur regnen und nicht gleich ein Gewitter losbrechen sollte? Sie hätte die Wettervorhersage prüfen sollen, bevor sie aus dem Auto gestiegen war.
„Hätte der Ranger nicht darauf bestehen sollen, dass niemand wandern gehen darf? Er hat doch verdammt genau gewusst, dass ein Sturm aufziehen würde. Ist es nicht seine Pflicht, Idioten wie mich vor sich selbst zu schützen?“, fluchte Carly vor sich hin.
Sie blieb ruckartig stehen, als mehrere Steine vor ihr auf den Weg rollten. Dann begann es in Strömen zu regnen, sodass sie innerhalb von wenigen Sekunden völlig durchnässt war. Sie zog sich die Kapuze ihrer Jacke über den Kopf und fluchte erneut, als sie sich in ihrem Rucksack verfing. Sie musste einen sicheren Unterschlupf finden, wo sie ausharren konnte, bis der Sturm vorüber war. Als sie ein lautes Knacken hörte, blickte sie auf. Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen, als sie einen schiefen Baum sah, der sich gefährlich in ihre Richtung bog. Kleine Steine regneten um sie herum zu Boden und trafen ihre Schultern.
Carly eilte näher zur Felswand und war überrascht, als sie eine dunkle Spalte bemerkte, die vertikal vom Boden bis fast einen halben Meter über ihrem Kopf verlief. Die schmale Öffnung schien in eine Höhle hineinzuführen. Vielleicht hatte sich ihr Glück gewendet. Es war zwar kein Luxushotel, aber immerhin besser, als vom Blitz getroffen oder von umstürzenden Bäumen und Felsen zerquetscht zu werden.
Carly zwängte sich durch den engen Spalt in der Felswand und gab ein frustriertes Stöhnen von sich. Warum konnte die blöde Öffnung nicht nur ein paar Zentimeter breiter sein? Erst als sie sich schon halb durch die Felsspalte hindurchgezwängt hatte, schoss ihr plötzlich ein Bild von schrecklichen, furchterregenden Käfern durch den Kopf. Sie hoffte wirklich, dass sich keine Spinnen, Schlangen oder andere unheimliche Krabbeltiere in den dunklen Nischen versteckten.
Als es blitzte und die Luft knisterte, zog sie verzweifelt ihren Bauch ein, sodass sie hineinschlüpfen konnte. Natürlich blieb sie dabei stecken. Sie rutschte hin und her und fluchte laut, als sich ein paar neue Blutergüsse zu ihrer Sammlung gesellten, bevor sie durch die Öffnung in die tintenschwarze Dunkelheit tauchte.
Sie drehte sich um und hob einem Ast auf, der direkt vor der Öffnung lag; dann wedelte sie wild mit dem feuchten Zweig herum und hoffte, dass er wider Erwarten ausreichen würde, um die fiesen Kobolde und ihre klebrigen Netze, die in der Nähe des Eingangs lauern könnten, zu verjagen. Der Regen wurde noch stärker und rauschte an der Seite des Berges hinunter, bis der Eingang der Rückseite eines Wasserfalls glich. Carly hickste in der Dunkelheit.
„Deshalb hasse ich Sport“, stöhnte sie schaudernd.
Sie wandte sich von der Wasserwand ab und wedelte abwesend mit dem Ast in ihrer linken Hand herum, während sie mit der rechten Hand nach ihrem Handy tastete. Sie versuchte, den Bildschirm zu entsperren und fluchte lauthals, als es nicht funktionierte. Dann schob sie den dünnen Ast zwischen ihre schmutzigen Knie und öffnete mit ihrem rechten Zeigefinger die Taschenlampenoption auf ihrem Mobiltelefon. Langsam leuchtete sie an den Wänden und am Boden entlang und sah sich in der engen Höhle um.
„Ich habe Jenny gesagt, dass das mein Tod sein würde. In tausend Jahren werden Archäologen meinen mumifizierten Körper finden und sagen: ‚Ja, das ist ein perfektes Beispiel für Darwin‘“, murmelte sie mit ihrer besten Wissenschaftlerinnen-Stimme. Mit wachsender Furcht betrachtete sie die Mauern, fest davon überzeugt, dass sie sehen konnte, wie alle möglichen tödlichen Käfer darüber krabbelten, die sie aussaugen wollten. „Vergesst das mit dem mumifizierten Körper. Ich werde bis auf die Knochen abgenagt werden!“ Sie atmete tief durch, dann kräuselten sich ihre Lippen. „Ich schätze, das ist auch eine Möglichkeit, etwas abzunehmen.“
Jenny Ackerly, ihre beste Freundin und Mitbewohnerin, hatte heute Morgen gelacht, als Carly auf dramatische Weise ihren eigenen Tod durch Sport vorausgesagt hatte. Nun, Jenny würde das Lachen schon noch vergehen, wenn Carly als vermisst gemeldet wurde.
Carly schwor, dass sie von den Toten auferstehen würde, nur um Jenny darauf hinzuweisen, dass Wandern nicht für jedermann geeignet war. Natürlich würde sie auch zugeben müssen, dass Jenny recht gehabt hatte. Immerhin war Jenny diejenige gewesen, die darauf hingewiesen hatte, dass Carly unsportlich war und dass es besser – und viel sicherer – wäre, sich einfach im Fitnessstudio anzumelden.