Der gute Gott von Manhattan von Ingeborg Bachmann: Reclam Lektüreschlüssel XL - Ingeborg Bachmann - E-Book

Der gute Gott von Manhattan von Ingeborg Bachmann: Reclam Lektüreschlüssel XL E-Book

Ingeborg Bachmann

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Beschreibung

Reclam Lektüreschlüssel XL – hier findest du alle Informationen, um dich zielsicher und schnell vorzubereiten: auf Klausur, Referat, Abitur oder Matura! Differenziert, umfassend, übersichtlich! - Präzise Inhaltsangaben zum Einstieg in den Text - Klare Analysen von Figuren, Aufbau, Sprache und Stil - Zuverlässige Interpretationen mit prägnanten Textbelegen - Informationen zu Autor:innen und historischem Kontext - Hilfreiche Infografiken, Abbildungen und Tabellen - Aktuelle Literatur- und Medientipps - Prüfungsaufgaben mit Lösungshinweisen - Zentrale Begriffe und Definitionen als Lernglossar Ingeborg Bachmanns Hörspiel handelt von einem zunächst unverbindlichen Flirt zwischen zwei jungen Menschen, der sich zu einer ekstatischen Liebe steigert. Eine solche tief gefühlte Liebe wird im kapitalistischen Manhattan jedoch nicht geduldet, sie wird bestraft – mit dem Tod.

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Seitenzahl: 162

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Ingeborg Bachmann

Der gute Gott von Manhattan

Lektüreschlüssel XL für Schülerinnen und Schüler

Von Joseph McVeigh

Reclam

Dieser Lektüreschlüssel bezieht sich auf folgende Textausgabe:

Ingeborg Bachmann: Der gute Gott von Manhattan. Hörspiel. München: Piper, 42019.

 

 

Lektüreschlüssel XL | Nr. 15513

2020 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2020

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN 978-3-15-961554-7

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015513-4

www.reclam.de

Inhalt

1. Schnelleinstieg2. InhaltsangabeDas Verhör und der AngeklagteErste Begegnung und erste Station der Liebenden: das StundenhotelDie Stadt der Städte: Die Welt und seine OrdnungZweite Station der Liebenden: Im 7. Stockwerk des Atlantic HotelsMarionetten-Theater im Central ParkTrennung und WiederfindenDritte Station der Liebenden: Im 30. Stockwerk des Atlantic HotelsVierte Station der Liebenden: Im 57. Stockwerk des Atlantic HotelsBedenkzeit und Explosion3. FigurenHauptfigurenNebenfiguren4. Form und literarische TechnikGattungAufbauSpracheStil5. Quellen und KontexteDer historische KontextLiebe und UtopieDie Problematik der Sprache6. InterpretationsansätzeDie »verkrustete Welt« und ihre OrdnungDer ›andere Zustand‹ / Die GegenzeitDie weibliche Tragik7. Autorin und Zeit8. Rezeption9. Wort- und Sacherläuterungen10. Prüfungsaufgaben mit LösungshinweisenAufgabe 1: Die Liebesbeziehung analysierenAufgabe 2: Eine Textstelle interpretierenAufgabe 3: Stilistische AnalyseAufgabe 4: Figuren analysierenAufgabe 5: StilanalyseAufgabe 6: Medienübergreifend arbeitenAufgabe 7: Interpretation11. Literaturhinweise/MedienempfehlungenTextausgabeHörbuchInterviews mit Ingeborg BachmannZum Leben und Werk Ingeborg BachmannsZum Hörspiel Der gute Gott von ManhattanQuelle zur Debatte um das Hörspiel der NachkriegszeitFernsehfilm (1972)Internetquellen12. Zentrale Begriffe und Definitionen

1. Schnelleinstieg

Autorin

Ingeborg Bachmann (1926–1973), österreichische Schriftstellerin

Erstsendung

29. Mai 1958 (Ursendung im Bayerischen Rundfunk, Norddeutschen Rundfunk und Südwestfunk); erste Druckfassung 1958

Gattung

Hörspiel

Ort und Zeit der Handlung

Erzählt wird eine Liebesgeschichte im Sommer 1955 in der amerikanischen Großstadt New York. Die Schauplätze sind verschiedene Orte in der Stadt (Grand Central Bahnhof, Central Park, Atlantic Hotel) sowie ein Gerichtssaal in der Stadt.

Werkaufbau

Das Hörspiel ist nicht in Akte unterteilt, sondern besteht aus einer lockeren Folge von Szenen, die abwechselnd im Gerichtssaal und an den verschiedenen Orten, wo sich das Liebespaar aufhält (Hotelzimmer, Bar, im Park), spielen.

Erzählperspektive

Die Handlung wird abwechselnd aus der Perspektive der Titelfigur, des guten Gottes, und derjenigen der jungen Menschen Jan und Jennifer gezeigt. Die Aussagen des guten Gottes und die vom Richter vorgelesene Gerichtsakte in einem Gerichtsverhör bilden den Rahmen der Handlung, die die Liebesbeziehung zwischen Jan und Jennifer bildet.

Handlung

Ein Angeklagter steht zum Verhör vor einem Richter. Die beiden kennen sich schon, da sie sich vor einiger Zeit in einem ähnlichen Fall – einem Bombenattentat auf ein junges Liebespaar – im Gerichtssaal begegnet sind. Der Tatbestand ist klar: Der Angeklagte, der unter dem Spitznamen »Der gute Gott von Manhattan« oder »Der gute Gott der Eichhörnchen« bekannt ist, wurde am Tatort gefasst und leugnet die Mordtat nicht. Mit Hilfe seiner tierischen Handlanger, der Eichhörnchen Frankie und Billy, verfolgt er Liebespaare, die die gesellschaftlichen Konventionen solcher Beziehungen nicht beachten und somit die Grenzen des normalen Zusammenlebens zu sprengen drohen.

 

Das Verhör des guten Gottes bildet den Rahmenhandlung im GerichtssaalRahmen der zentralen Handlung, einer Liebesgeschichte mit tragischem Ende zwischen dem jungen Europäer Jan und der amerikanischen Studentin Jennifer. Sie begegnen sich im Zentralbahnhof von New York und verbringen zusammen fünf Tage in der Stadt. Aus dem, was als sexuelles Abenteuer beginnt, wird plötzlich etwas mehr. Aber Jan hat schon eine Schiffskarte für die Rückreise nach Cherbourg gelöst und wartet nur noch auf die Bestätigung seines Platzes auf dem Schiff. Die Affäre soll also von vornherein eine »Vereinbarung auf Distanz« (S. 37) sein. Doch zwischen den beiden entwickelt sich eine immer intensiver werdende, sich steigernde Liebe, was durch den Umzug in immer höhere Stockwerke des Hotels symbolisiert wird: vom Erdgeschoss ins 7. Stockwerk, dann ins 30. und schließlich ins 57. Stockwerk des Atlantic Hotels.

Die zentrale Die zentrale Handlung des StücksHandlung des Hörspiels, die Liebesgeschichte, wird eigentlich in die innere Welt der Empfindungen verlegt, in der die Vertiefung und Stärkung der Beziehung verfolgt wird. Der manchmal lyrische Charakter des Dialogs zwischen Jan und Jennifer erschwert die Auslegung der hier ausgedrückten Gefühle, hat aber die deutliche Absicht, die »neue[ ] Sprache« (S. 85) einer absoluten ekstatischen Liebe wiederzugeben.

Die Schauplätze und Bilder aus der Metropole New York und »The American Way of Life«New York lassen offensichtlich werden, dass das Hörspiel in den Worten der Autorin »ohne die Amerika-Reise nicht zu denken« war, die Bachmann im Sommer 1955unternahm.1 Und im Verlauf der Liebesgeschichte bekommt der Leser einen Einblick in die moderne Weltordnung, für die die Metropole New York als Symbol steht. Als Befürworter dieser Ordnung malt der gute Gott in seinen Aussagen vor dem Richter das Bild einer gnadenlosen modernen Welt, deren Regeln den Menschen ein konformes Leben abverlangen und die ihnen als Belohnung hierfür die Erfüllung aller materiellen Bedürfnisse verspricht. Dieses Bild basiert in vielem auf dem »American Way of Life«, mit dem Bachmann sich im Sommer 1955 in Boston (USA) als Teilnehmerin am Harvard International Summer Seminar intensiv beschäftigte. Konsum, Gewinn, Konformität und das Nützliche als Maßstäbe des gesellschaftlichen Lebens bilden in dem Stück die Hauptmerkmale der von den USA geprägten neuen Weltordnung nach dem Zweiten Weltkrieg, obwohl solche Eigenschaften auch früher im 20. Jahrhundert mit Amerika verbunden wurden.

In ihrer Darstellung einer tragisch endenden Liebesgeschichte stellt Bachmanns letztes Hörspiel die gesellschaftlichen Zwänge in Frage, die die individuelle Freiheit radikal einschränken. Insofern nimmt dieses Werk den sozialen Umbruch der 1960er Jahre vorweg, in dessen Mittelpunkt die Spannung zwischen Individuum und Anpassung an gesellschaftliche Konventionen stand.

2. Inhaltsangabe

Die zentrale Handlung des Hörspiels, die Liebesbeziehung zwischen Jan und Jennifer, spielt sich über fünf Tage in der Stadt New York ab, und zwar hauptsächlich im Stadtteil Manhattan, dessen Name auf den indianischen Ausdruck manna-hatta zurückgeht und ›himmlische Erde‹ bedeutet.

Das Verhör und der Angeklagte

Im Gerichtssaal (S. 7–15): Die Eröffnungsszene der Handlung spielt im Sommer 1955 in einem Das Verhör beginntGerichtssaal in der Stadt New York, wo ein Angeklagter vor einem Richter über einen Mord aussagt, den er an einer jungen amerikanischen Studentin verübt haben soll. Der Dialog zwischen dem Richter und dem Angeklagten ist mehr Gespräch als Verhör, da der Angeklagte, der seine Schuld keineswegs leugnet, nicht zum ersten Mal vor dem Richter steht. Er war bereits früher ein Verdächtiger in anderen Fällen von Bombenattentaten und galt unter den gerichtlichen Psychiatern als wahnsinnig. Der Richter lehnte diese Diagnose jedoch ab, als er den Angeklagten kennenlernte. Nun entnimmt er den Akten, dass der Angeklagte allgemein als »[d]er gute Gott von Manhattan« oder »der gute Gott der Eichhörnchen« (S. 10) bekannt ist und über Hunderte solcher Nagetiere in der Stadt verfügt. Der gute Gott nennt die Tiere »mein[en] Nachrichtendienst, die Briefträger, Melder, Kundschafter, Agenten« (S. 11). Sie werden von den Tieren Frankie und Billy angeführt. Am Ende dieser Szene fängt der gute Gott an zu erzählen, wie die beiden jungen Menschen, der europäische Student Jan und die amerikanische Studentin Jennifer, zueinanderfanden. Den Übergang zur nächsten Szene bilden anonyme Stimmen »ohne Timbre, ohne Betonung, klar und gleichmäßig« (S. 15), die eine Reihe kurzer Sätze aus dem Alltag, der Werbung, der Politik usw. sprechen, die jedoch keinen Zusammenhang ergeben. Darunter befinden sich auch kurze Sätze, die als Mahnungen an Jan und Jennifer verstanden werden könnten: »DENK DARAN SOLANGE ES ZEIT IST« oder »DU KANNST ES NICHT HALT!« (S. 15). Durch das ganze Hörspiel hindurch werden diese beiden Sätze von den Stimmen wiederholt.

Erste Begegnung und erste Station der Liebenden: das Stundenhotel

Auf dem Grand Central Bahnhof (S. 15–20): Im Zentralbahnhof New Yorks lernt Die erste Begegnung der LiebendenJennifer den Europäer Jan kennen, der schon bald per Schiff nach Europa zurückreisen soll. Er ist ihr nicht ganz unbekannt, da sie ihn einige Tage zuvor auf dem Tanzfest ihrer Universität in Boston gesehen und auch im Zug von Boston nach New York ein paar Reihen hinter ihm gesessen hatte. Jennifer spricht ihn zuerst an, doch er reagiert eher desinteressiert. Er hat jedoch Hunger und will essen gehen; Jennifer kauft an einem Automaten im Bahnhof Nüsse für ihn. Jan erkennt die Nüsse als Eichhörnchenfutter und erwähnt, dass eines dieser Nagetiere ihm einen Brief zugesteckt hat, in dem steht, dass er den Abend mit Jennifer »auf der himmlischen Erde« (S. 19) verbringen wird. Jennifer willigt in ein kurzes Abenteuer mit ihrem neuen Bekannten ein.

In einer Nachtbar, dann auf der Straße, später in einem Stundenhotel (S. 20–31): Die beiden gehen in eine Bar, wo ihnen eine Die Zigeunerin und Mack der BettlerZigeunerin die Zukunft aus der Hand zu lesen versucht. Bei Jennifer misslingt dieser Versuch, weil die zu lesenden Linien der Handfläche durch die Spuren von Jans Fingernägeln entstellt wurden. Jan hingegen prophezeit die Seherin ein langes Leben, ohne dass sie sich seine Hand anschaut. Kurz darauf macht sich das Paar auf die Suche nach einem Hotel. Auf dem Weg begegnen sie einem Bettler namens Mack, der das Los der Bettler in New York beschreibt. Die Armen »[h]aben keine Farbe. Neiden den Weißen und Schwarzen die Haut« (S. 24). Kurz darauf mieten sie ein Zimmer in einem schäbigen Stundenhotel. Jennifer zögert anfangs, mit ihm ins Bett zu gehen, weil sie sich in dem schmutzigen Zimmer unwohl fühlt. Jan spielt nach wie vor den autoritären Mann in der Beziehung und gibt Befehle – »Zieh dich aus!« (S. 26). Er spricht mit Jennifer wie mit einem Kind: »Musik? Meine liebe Jennifer, jetzt wirst du keine hören […] denn ich werde es nicht dulden« (S. 28). Jennifer reagiert machtlos (»Warum tust du das? Warum, warum, warum?«, S. 28), lässt sich alles gefallen, einschließlich Jans emotionaler Kälte – er gesteht, nur daran zu denken, dass er am nächsten Morgen aufs Schiffsbüro muss. Erst am Mittag des folgenden Tages wachen die beiden auf. Zu diesem Zeitpunkt deutet alles im Dialog zwischen den beiden auf baldige Trennung hin. Jan will zwar weg, schlägt jedoch vor, dass sie frühstücken gehen und »in Ruhe darüber sprechen« (S. 29). Zum Schluss hört man wieder die anonymen Stimmen mit ihren wirren Sprüchen, unter anderem einem zur Besinnung auf den Charakter ihrer Beziehung: »WARUM NICHT GENUSS OHNE REUE« (S. 30).

Die Stadt der Städte: Die Welt und seine Ordnung

Im Gerichtssaal (S. 31–35): Der gute Gott bemerkt mit Sorge in Jans schwindender Unsicherheit über die Beziehung zu Jennifer und in Jennifers »Hunger auf alles« einen sich anbahnenden Die ersten Anzeichen eines GrenzübertrittsGrenzübertritt über die Hemmschwelle gesellschaftlicher Erwartungen. Jan erfährt telefonisch, dass er immer noch keinen sicheren Platz auf dem Schiff hat, was ihm ermöglicht, bei Jennifer zu bleiben. Die zunehmenden Liebesgefühle zwischen Jan und Jennifer vergleicht der gute Gott mit dem »wütende[n] Hymnus […] eines wiedererstandenen Ninive und New York als das neue BabylonBabylon« (S. 33) und benutzt eine Reihe von grotesken TodessymbolikTodesbildern – »Schädel der Gigantenhäuser«, »Hunderte von Leichen wurden in den Trauerhäusern manikürt, geschminkt und zur Schau gestellt« (S. 33) –, um den Charakter von New York zu veranschaulichen, dieser »Stadt der Städte, […] in der alles gedeihen konnte! Alles. Auch dies« (S. 34). Der Richter liest aus den Akten vor, was das Liebespaar als Nächstes getan hat: sie sind mit der Untergrundbahn nach Harlem gefahren, haben etwas Zeit in einer Bar, einer Kirche und einem Musikgeschäft verbracht. Die beiden beziehen schließlich ein Zimmer im 7. Stockwerk des Atlantic Hotels. Der gute Gott fügt hinzu, dass dem jeweiligen Stockwerk, in dem sich das Liebespaar befindet, eine gewisse Bedeutung zukommt.

Abb.1: Die heutige Skyline von New York. – © Image by A. H. from Pixabay

Zweite Station der Liebenden: Im 7. Stockwerk des Atlantic Hotels

Halle des Atlantic Hotels (S. 35–37): Jan und Jennifer erfahren, dass ein Zimmer im 7. Ein Zimmer im 7. StockwerkStockwerk des Atlantic Hotels frei geworden ist. Jennifer freut sich auf die Klimaanlage und »Sauberkeit jede Stunde« (S. 36), wobei ihr immer noch bewusst ist, dass das Liebesabenteuer wegen der bevorstehenden Abreise von Jan nur kurze Zeit dauern wird.

Im Zimmer des 7. Stockwerks (S. 36–37): Diese kurze Szene besteht aus einem knappen spielerischen Dialog zwischen Jan und Jennifer, in dem er sie über die Wortspiele um die ZeitBegriffe »morgen«, »heute« und »jetzt« (S. 36. f.) prüft.

Im Gerichtssaal (S. 37–39): Der Richter und der gute Gott sehen die Details des Falles unterschiedlich. Was der Richter die »Intimitäten« des Liebespaars nennt, versteht der gute Gott im Gegenteil als Die »Vereinbarung auf Distanz«eine »Vereinbarung auf Distanz« (S. 37). Er glaubt jedoch, in dieser noch bestehenden Distanz zwischen den beiden die ersten Bruchstellen zu erkennen: »Sie lachen in der Öffentlichkeit und doch unter deren Ausschluß […] wie Verschwörer, die andere nicht wissen lassen wollen, daß die Spielregeln bald außer Kraft gesetzt werden« (S. 38). Als Beispiel der Unberechenbarkeit der beiden führt der gute Gott ihren Spaziergang um Mitternacht zur Brooklyn-Brücke an.

Im Freien (S. 39–40): Jan und Jennifer fahren fort mit dem verliebten, spielerischen Dialog, in dem Jan verspricht, dass er allein sie noch lange lieben will, sogar wenn sie »noch alt und hinfällig« (S. 39) ist. Mitten im Gespräch bekommen sie einen vom Eichhörnchen gelieferten Brief, der sich wie eine geheimnisvolle Einladung liest, allerdings mit Hinweis auf zwei Reklamewände, die als Orientierungspunkte dienen sollen: »Sag es niemand. Heute nacht erwartet dich Jennifer auf dem Broadway unter dem Wasserfall aus Pepsi Cola neben dem großen Rauchring von Lucky Strike« (S. 40).

Im Gerichtssaal (S. 40–42): Die ersten Anzeichen echter Liebesgefühle alarmieren den guten Gott. Was ursprünglich nach Reisebekanntschaft und kurzer Affäre aussah, scheint sich nun in etwas anderes zu verwandeln: »Sie verstießen gegen jeden vernünftigen Brauch, den man davon machen kann« (S. 40). Nach einem nächtlichen Spaziergang durch die Stadt kehrt das Paar ins Hotel zurück, wobei sie »noch unter dem Gesetz« (S. 41) handeln. »Aber nicht lange mehr. Nicht mehr lange« (S. 41), wie der gute Gott hinzufügt. Mit diesen Worten meint der gute Gott, dass die Beziehung der Liebenden noch nach den üblichen gesellschaftlichen Erwartungen verläuft. Er deutet aber auch an, dass sie sich bald ändern wird. Der Richter hört sich den Kommentar des guten Gottes an, meint jedoch frustriert, er sehe in dessen bisherigen Erklärungen kein Kein klares Motiv für den MordMotiv für den Mord. Der gute Gott erzählt, wie er das Liebespaar vorgewarnt hat, etwa durch eine Theatervorstellung im Central Park.

Marionetten-Theater im Central Park

Im Theater (S. 42–45): Während einer Fahrt in der Pferdekutsche durch den Central Park in New York treffen die Verliebten auf ein von den Eichhörnchen schnell aufgestelltes Die Liebenden als MarionettenMarionettentheater, dessen Programm eine Aufführung von »fünf der schönsten Liebesgeschichten der Welt!« (S. 42) verspricht: Romeo und Julia, Tristan und Isolde, Abälard und Heloïse, Francesca und Paolo sowie Orpheus und Eurydike. Jan und Jennifer sollte dabei auffallen, dass alle fünf Geschichten mit dem Tod enden. Billy gibt für jede Geschichte eine kurze Einleitung, während Frankie aus lauter Blutrünstige Inszenierung tragischer LiebesgeschichtenBlutrünstigkeit ständig Details aus dem grausamen Schicksal der Paare ausruft: »Zur Hölle mit ihnen. […] Tot. Zerrissen. Zu Ende!« (S. 43). Die eigentliche Aufführung der fatalen Liebesgeschichten wird jedoch im Text des Hörspiels nicht näher beschrieben.

Im Freien (S. 45–46): Jan und Jennifer hat die Theatervorstellung im Park gefallen. Jennifer entdeckt in ihrer Handtasche einen Zettel von den Tieren mit der Nachricht »Heimgehen, bitte« (S. 46).

Im Gerichtssaal (S. 46): Den guten Gott alarmiert, dass die Liebenden in ihr Zimmer zurückkehrten und »an die nächste Umarmung [dachten]«, denn er hält die sich vertiefende Beziehung für »weder natürlich noch gesund« (S. 46).

Trennung und Wiederfinden

Im Zimmer des 7. Stockwerks (S. 47–49): Jan hat weiterhin vor, mit dem Schiff abzufahren, sobald er einen Platz bekommt. In der Zwischenzeit spielt er weiter mit den Gefühlen Jennifers, indem er ironischerweise verspricht, ihr zu schreiben, wenn er wieder zu Hause ist. Jennifer hofft naiv darauf, dass hinter den liebevollen Jans Sprache als MachtinstrumentWorten des Scherzbriefes echte Gefühle stehen. Jan macht sich im weiteren Dialog mit Jennifer über diese Illusion lustig: »Meine Gefühle habe ich ausgezogen und zu den Kleidern gelegt« (S. 48). Kurz darauf kommt ein Telefonanruf mit der Nachricht, dass nun für Jan ein Platz auf dem Schiff reserviert ist. Die Szene endet wieder mit den Stimmen und ihrer Warnung vor einer Fortsetzung der Liebesbeziehung.

Im Zimmer des 7. Stockwerks (S. 49–51): Jan und Jennifer packen ihre Koffer und bereiten sich auf die endgültige Ein Missverständnis trennt die Liebenden kurzTrennung vor. Während Jan die Rechnung für das Zimmer bezahlt, geht Jennifer aus dem Hotel in der falschen Annahme, dass ihre Zeit mit Jan zusammen nun zu Ende ist. Jedoch bucht Jan am Empfang eigentlich ein Zimmer in einem höheren Stockwerk, damit sie weiterhin zusammen sein können. Die Stimmen treten am Ende der Szene erneut auf. Zur üblichen Warnung – »SOLANGE ES ZEIT IST DENK DARAN« – kommt eine neue Mahnung für Jennifer hinzu: »NÄHER ZU IHM NÄHER ZU NICHTS« (S. 51).

Auf der Straße (S. 51–55): Jan bedauert, dass Jennifer fortgegangen ist. Er verlässt das Hotel und sucht auf der Straße nach ihr. Plötzlich taucht sie neben Jan auf und hat sich anscheinend entschieden, reuevoll zu ihm zurückzukehren. Anstatt sich zu freuen, dass er sie wiedergefunden hat, Jennifers Erniedrigung durch Janbedroht er sie: »Ich sollte dich schlagen vor allen Leuten, schlagen werde ich dich …« (S. 53). Sie antwortet nur: »Ja, ja« (S. 53). Jan berichtet, er habe beim Bezahlen des Zimmers erfahren, dass nun eines im 30. Stockwerk frei geworden ist, sogar mit Blick zur Straßenseite. Jennifer scheint bereit, sich mit Jan zu versöhnen, und freut sich auf den Umzug in ein höheres Stockwerk: »Küß mich. Auch auf der Straße« (S. 54). Die beiden kehren ins Hotel zurück.

Im Gerichtssaal (S. 56–58): Der gute Gott erklärt dem Richter, welche Wirkung ein Aufenthalt im oberen Der Umzug ins 30. StockwerkStockwerk eines hohen Gebäudes auf die Menschen generell hat: »Aus einiger Entfernung betrachtet, schrumpft der gesunde Menschenverstand ein und sieht einem Gran Stumpfsinn zum Verzweifeln ähnlich« (S. 56). Solche Umstände, so der gute Gott, wirken auf Liebespaare wie Jan und Jennifer umso stärker, als man hier etwas erlebt, was nicht auf dem Boden zu erleben ist: »Es gibt nämlich einiges in den Höhen, wo die Adler nicht wohnen. Freiheit. Ein Unwesen, das die Phalanx der Liebenden in Besitz nimmt und verteidigt voller Verblendung« (S. 56 f). Schuld an dieser Intensivierung der Liebesbeziehung ist auch, so meint der gute Gott, seine Widersacherin, die Die Zigeunerin als Widersacherin des guten Gottes