Der Legionär - Arno Meier - E-Book

Der Legionär E-Book

Arno Meier

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Beschreibung

Caesar, der wohl unbeliebteste Mann Roms, muss Erfolge aufweisen, wenn er nicht in der politischen Bedeutungslosigkeit und im finanziellen Ruin versinken will. Die Völkerwanderung der Helvetier, bietet ihm die Gelegenheit, ganz Gallien mit Krieg zu überziehen. Nach dem Motto: "Teile und Herrsche" hilft er den Häduern gegen die Germanen und verhindert dadurch, dass sich ihm ein geeintes Gallien entgegenstellt. Tiberius, ein siebzehnjähriger Bauernjunge nimmt, als Rekrut der ruhmreichen Legionen, an der Auseinandersetzung Caesars mit der römischen Aristokratie und den Galliern teil. Nach einer gnadenlosen Ausbildung überlebt er zuerst die Schlacht mit den Helvetiern, den Kampf mit den Germanen und lernt dann, durch die Druiden, den Zugang zu einer grausamen keltischen Götterwelt kennen, die einige Überraschungen für ihn bereithält. Cover: Dieter Eckert

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Seitenzahl: 382

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Inhaltsverzeichnis

XI. Legion 4. Kohorte, Gallien.

Häduer

Römer

Ratsversammlung der Häduer

Römer. Im Lager.

Häduer. Ratsversammlung.

Legionslager. 4, Kohorte.

Druidenversammlung.

Im Lager der Legion. 4. Kohorte.

Druidenversammlung. Carnutenwald.

Legionslager. 4. Kohorte.

Legionslager. 4. Kohorte.

Carnutenwald.

Legionen. Aufbruch.

Legion. Alpenüberquerung.

3. und 4. Kohorte, Alpenüberquerung.

3. und 4. Kohorte, Alpenüberquerung.

Legion, 4. Kohorte, Nacht.

Carnutenwald.

Legionen Caesars, Alpenüberquerug.

Häduer. Dumnorix.

Caesars Legionen. Im Gebiet der Häduer.

Häduer. Iosep der Waldläufer

Caesars Legionen. 4. Kohorte.

Häduer. Iosep der Waldläufer

Caesars Legionen. 4. Kohorte.

Caesar Legionen. 4. Kohorte. Morgen.

Häduer. Carnutenwald.

XI. Legion. 4. Kohorte.

Häduer. Carnutenwald.

XI. Legion. 4. Kohorte.

Der Druide. Auf dem Weg nach Bibracte.

XI. Legion. 4. Kohorte.

XI. Legion. 3. Und 4. Kohorte.

Legionslager unweit der Helvetier.

Häduer. Bibracte.

Caesars Legionen vor Bibracte.

XI. Legion, 4. Kohorte, Lager.

Im Hain des Druiden.

XI. Legion, 4. Kohorte.

XI. Legion, 4. Kohorte.

Häduer, Dubghan.

XI. Legion, 4. Kohorte.

Häduer, Dubghan.

X!. Legion, 4. Kohorte.

Häduer. Hain der Druiden.

Häduer, Halle des Druiden.

Häduer, Halle des Druiden.

XI. Legion, 4. Kohorte

XI. Legion, 4. Kohorte.

XI. Legion, 4. Kohorte.

XI. Legion, 4. Kohorte.

Häduer. Lager des Diviciacus.

XI. Legion, 4. Kohorte.

XI. Legion, 4. Kohorte.

Häduer, Lager des Diviciacus.

XI. Legion, 4. Kohorte.

XI. Legion, 4. Kohorte.

Dubghan, Haus des Druiden.

XI. Legion, 4. Kohorte.

XI. Legion, 4. Kohorte.

XI. Legion, 4. Kohorte.

XI. Legion, 4. Kohorte.

XI. Legion, 4. Kohorte.

XI. Legion, 4. Kohorte.

Kriegslager der Häduer.

XI. Legion, 4. Kohorte.

Kriegslager der Häduer.

XI. Legion, 4. Kohorte.

XI. Legion, 4. Kohorte.

Häduer, Haus des Diviciacus.

XI. Legion, 4. Kohorte.

Häduer, Anwesen des Dumnorix.

XI. Legion, 4. Kohorte.

Tiberius.

Lager Caesars.

Caesar vor Vesontio.

Niall, Attentäter.

Sie schienen es nicht besonders eilig zu haben, als sie in Dreierreihen aus dem Wald auf die Lichtung ritten. 80 Legionäre, hoch aufgerichtet in ihren Sätteln. Alles ältere und erfahrene Soldaten, das sah Niall sofort. Wahrscheinlich Männer der zehnten Legion, welche die Leibwache Caesar bildeten. Ruhig nahm der Kelte seinen Pfeil und spannte den Bogen, während er auf die zweite Centurie wartete. Sechs waren es insgesamt und der Feldherr würde nach der dritten auf dieser Lichtung erscheinen. Während die ersten Männer bereits im gegenüberliegenden Wald verschwanden, kam der zweite Trupp. Wieder 80 Legionäre, die quälend langsam, etwa 200 Fuß entfernt, an ihm vorüber ritten. Sie trugen die großen, Schilde unter ihren Wollumhängen auf dem Rücken, während sie ihre Wurfspeere in der rechten Hand hielten. Die kupfernen, einfachen Helme hatten sie aufgesetzt. Einen Pfeil in den Rücken zu schießen war zwecklos, da er das siebenfach geleimte Holz nicht durchschlagen konnte. Die einzige Möglichkeit einen Römer von hinten von seinem Pferd zu schießen war es, die kleine ungeschützte Stelle zwischen Helm und Schild im Nacken zu treffen. Ein aus dieser Entfernung fast unmöglicher Schuss. Aber Caesar würde nur seine übliche Rüstung tragen und die war für seinen Pfeil, den er mit einer dünnen Eisenspitze versehen hatte, kein Problem. Die zweite Centurie war vorüber und die ersten Reiter des dritten Trupps erschienen.

Er dachte daran, wie sein Herr vermutlich vor seinem gemütlichen Herdfeuer saß, während er ihn in das nasskalte Grau dieses Novembertages geschickt hatte, um zu töten.

Feuchtigkeit tropfte von den herrlich bunten Herbstblättern, die selbst noch in diesem fahlen Dämmerlicht leuchteten. Nialls Finger fühlten sich trotz der Kälte warm an. Er hatte sie die ganze Zeit an einem Kaninchenfell gerieben, um den Pfeil im richtigen Augenblick, mit der nötigen Präzision abschießen zu können. Nebel waberte über den Boden und schlierte in dünnen Fäden zwischen den Bäumen des dichten Waldes hindurch. Das Gras auf der Lichtung vor ihm hatte bereits die dunkelbraune Farbe des Winters angenommen.

Und dann war er plötzlich da! Stolz, wie immer in seiner reich verzierten Rüstung und dem mit einem roten Busch versehenen prächtigen Helm.

Leise schnalzte der Kelte mit der Zunge als er das Pferd Caesars bewunderte. Es war schwarz wie die Nacht. Viel größer als die Pferde seiner Soldaten und Niall war sich sicher, dass es aus einer Zucht jenseits des Meeres stammte.

Der Kelte hatte sich Schnee in den Mund gestopft, damit ihn sein Atem nicht verriet und das kalte Wasser schmerzte an den Zähnen. Geduldig wartete er, bis der Feldherr etwa in der Mitte der Lichtung angekommen war und er freies Schussfeld hatte. Dann ließ er den Pfeil los. Es gab ein leises singendes Geräusch, als die Bogensehne zurückschnellte.

Einen Augenblick lang tat es Niall fast leid, den Pfeil auf die Reise geschickt zu haben, aber jetzt war es zu spät.

„Was für ein seltsamer Morgen das ist“, dachte er und wunderte sich, dass er so viel denken konnte, während das Geschoss durch die Luft sauste.

Sein Herr hatte ihm schon viele solcher Aufträge gegeben und immer hatte er sie schnell und präzise erledigt. Nie hatte er gefragt, warum er einen Mann in die Anderwelt zu schicken hatte und es hatte ihn auch nie interessiert. Nur einmal hatte er sich geweigert. Einmal, als sein Herr ihm befohlen hatte, eine Familie auszulöschen. Er war ein Krieger und ein Jäger, aber er tötete keine Frauen und Kinder!

„Warum kann ich so viel denken, wo doch ein abgeschossener Pfeil nur einen Augenblick braucht bis er sein Ziel erreicht?“

Schnurgerade flog er, und die weißen Gänsefedern drehten sich nur ganz wenig um den Eschenschaft. Rote Mäntel, die sich vor ihm, auf dem Rücken der Pferde auf und ab bewegten. Er hatte den Pfeil selbst geschnitzt und auch die eiserne Spitze eigenhändig eingefügt. Nur so konnte er sicher sein, dass er sein Ziel nicht verfehlte. Es würde bestimmt nicht leicht sein zu entkommen. Aber Niall hoffte zuerst einmal auf Verwirrung und Chaos, wenn die Legionäre sahen, wie ihr Imperator tot zu ihren Füßen lag. Genug Zeit, um zu seinem Pferd zu gelangen und im dichten Unterholz zu verschwinden. Und trotzdem hatte der Kelte heute das Gefühl, als ob etwas anders sei, als würde er die ganze Zeit beobachtet, ja, als stünde irgendjemand direkt hinter ihm. Doch wenn er sich umsah, waren da nichts als schwarze Stämme, tropfende Blätter und dichtes Unterholz.

Der Rücken des Feldherrn hob sich ganz leicht und fiel im Trab wieder nach unten. Auch das hatte Niall berücksichtigt und obwohl er durch die Lücke der Leiber schoss, welche die Körper der Leibwache hinter Caesar offen ließ und obwohl diese Lücke sehr klein war, zischte sein Pfeil in genau diese Lücke hinein.

Und dann, plötzlich das erwartete Chaos und der darauf folgende Tumult. Pferde bäumten sich auf. Soldaten schrien und Caesars Körper fiel langsam vornüber zu Boden. In seinem Rücken steckte Nialls Pfeil. Er war sehr tief eingedrungen und Niall wusste, dass er sein Herz durchbohrt hatte. Der Römer war tot. Der Krieg beendet, die Kelten frei!

XI. Legion 4. Kohorte, Gallien.

„Schlaf nicht ein Tiberius! „ Der Stock des Centurios fuhr von oben herab auf die Kettenringe des jungen Rekruten und verursachte ein klackendes Geräusch.

Der Legionär sah nach oben und blickte in zwei kalte, graue Augen, die ihn mitleidlos anstarrten. Die rote, fingerdicke Narbe, die sich unter dem Helm des Centurios von einer Wange zur anderen zog, machten das harte, wettergegerbte Gesicht zu einer Landkarte, auf der es eindeutig zu viele Flüsse und Schluchten gab. Der rote quergestellte Helmbusch wippte auf und ab und Tiberius starrte auf die bronzenen, reich verzierten Beinschienen seines Ausbilders, in denen zwei kräftige, glatt rasierte Beine steckten.

Bis zur Brust stand Tiberius mit seinen Kameraden in dem etwa drei Schritte breiten Verteidigungsgraben, den sie wie jeden Tag rund um das Lager zogen.

480 Mann, von denen 100 die Erde aufrissen und den Dreck und das Geröll nach oben schaufelten, während weitere 100 Legionäre den Aushub in Weidenkörben auf den Schanzhügel schichteten, der in einem genau abgemessenen Quadrat ihr späteres Lager umgab. Die restlichen 300 Männer waren damit beschäftigt die Wälder dieser Lichtung zu durchkämmen oder Wache zu schieben, damit sie ungestört arbeiten konnten.

Wie er diesen Marc Anton hasste! Seit fünf Wochen hetzt er sie täglich durch die oberitalischen Wälder. Dieser Kerl war überall! Vergrößerte sich der Abstand zum Vordermann - Stockhiebe. Fiel man über eine Wurzel - Stockhiebe. Verfehlte man mit den schweren Holzpilum, das sie für die Übungen bekommen hatten, das Ziel - Stockhiebe. Konnte man das schwere Holzschwert nicht mehr halten - Stockhiebe. Wie gerne hätte er diesem Kerl nachts aufgelauert um ihn mit seinem eigenen Stock einmal kräftig durchzuprügeln!

Er lächelte grimmig und das Schaufeln fiel ihm für kurze Zeit etwas leichter.

„Tiberius“, hatte sein Vater an seinem 18. Geburtstag zu ihm gesagt, „wie ich höre hebt der Senat hier in der Gegend zwei neue Legionen aus. Es wird Zeit, dass du Rom gegenüber deine Pflicht tust.“

Tiberius sah seinen Vater an, der selbst über 16 Jahre lang Legionär in der Zehnten gewesen war und wusste, dass er in diesem Punkt nicht mit ihm reden konnte. Cornelia, seine Mutter, eine Hispanierin, die sein Vater als Sklavin von seinen Feldzügen mitgebracht und später geheiratet hatte, sah ihn mit ihren großen, dunklen Augen traurig an. Er hatte noch fünf jüngere Geschwister, zwei Schwestern und drei Brüder. Alle waren sie am Abend zu ihm gekommen um ihn zu trösten.

Tiberius war entsetzt gewesen. Natürlich wusste er, dass der Militärdienst früher oder später auf ihn zukommen würde, aber gerade jetzt!

Am Abend war er zu der Buche gegangen, die inmitten eines umgepflügten Feldes stand, umgeben von Büschen und Hecken. Der ideale Platz für zwei Liebende, die sich erst vor ein paar Wochen gefunden hatten.

Lucia war schon da gewesen und als er ihr erzählte was vorgefallen war, hatte sie geweint. Für beide war es die erste große Liebe ihres Lebens und der Gedanke getrennt zu werden, schien unerträglich.

Metall auf Stein, das Reißen von Gras, der Duft von frischer Erde und Schweiß. Rhythmisches Hacken, das Stöhnen gequälter Muskeln, Sehnen und Rücken, die weit über ihre Leistungsfähigkeit hinaus strapaziert wurden. Aber auch Stolz wenn das Lager fertig war und fast unüberwindlich dort thronte, wo vor wenigen Stunden nur Wildnis gewesen war.

Das wievielte Lager war das eigentlich? Tiberius hatte aufgehört zu zählen. 25 Meilen Fußmarsch jeden Tag. Danach Bäume fällen, Gebüsche ausreißen, den Boden roden. War der Platz groß genug - den Graben ausheben, das Erdreich zu einem Wall aufschütten und danach die Schanzpfähle einschlagen. Wenn sie dann endlich ihr Lederzelt, das sie sich mit acht Kameraden teilten aufgestellt hatten, holten sie die schweren Holzschwerter, Weidenschilde und Wurfpili ab, um vor den Palisaden zu üben. Erst wenn es so dunkel war, dass sie nichts mehr sehen konnten, ließ Marc Anton sie in das Lager zurückmarschieren. Dann folgte das Reinigen der Waffen und Rüstungen und erst danach durften sie sich vor das kleine Feuer setzen, das vor jedem der Zelte brannte und ihren Brei mit etwas Käse und Oliven essen. Danach waren sie so müde, dass sie ohne noch groß zu reden auf ihr Lager fielen und sofort einschliefen, bis sie am frühen Morgen das Tubasignal zu einem neuen, nicht weniger anstrengenden Tag weckte.

Den Dienst bei der glorreichen Legion hatte sich Tiberius nun wirklich anders vorgestellt!

Seit zwei Monaten ging das nun schon so und der Abend mit Lucia war für Tiberius schon so weit weg, dass er sich manchmal fragte, ob er überhaupt stattgefunden hatte.

Am Anfang waren sie kaum in der Lage gewesen in ihren schweren Kettenhemden, den wuchtigen Schilden, den Gladii, die bereits nach etwa einer Stunde das Gewicht von großen Steinen zu haben schienen, die ganze Strecke zu schaffen. Das zusätzliche Gepäck mit den Grabegeräten, Schanzpfählen, Mahlsteinen und Töpfen scheuerte ihre Schulter wund und nicht selten fielen einige der Rekruten einfach um und mussten von den nachfolgenden Ochsenkarren in das Lager transportiert werden.

Nach ein paar Wochen wurde es besser. Sie lernten wie man die Rüstung anlegen musste um nicht wundgescheuert zu werden, ihre Muskeln schmerzten nicht mehr so sehr und ihre Kondition verbesserte sich von Woche zu Woche.

Tiberius sah zu den Legionären der zweiten und dritten Centurie hinüber die das Lager sicherten.

Wald, nichts als Wald. Ganz Gallien war überzogen davon und ständig war es finster und kalt. Wie sehr sehnte er sich nach Hause zurück, in die Wärme und Gemütlichkeit ihres Hauses, wo seine Mutter und die Mägde für ihn und seine Geschwister sorgten. Wie anders und freundlich hell waren die Olivenhaine, die Zypressenwälder, die offenen freien Felder um ihr Anwesen herum.

Ihr Bauernhof war in der Nähe von Mediolanum gewesen und Tiberius Vater hatte ihn als Belohnung für seine Dienste vom Senat erhalten. Fruchtbares, üppiges Land. Die Ernten waren gut, aber durch die Getreideimporte aus Ägypten und Sardinia waren die Preise miserabel.

Trotzdem, sie hatten immer genug zu essen und er hatte sich nie arm gefühlt, auch wenn die Landgüter um sie herum, gegen ihr bescheidenes Haupthaus, wie Paläste gewirkt hatten.

Auf einem dieser Landsitze hatte er dann Lucia kennen gelernt.

Tiberius sah zu Lucullus hinüber. Sein Zeltgenosse war kleiner als er. Sein schwarzes, dichtes Haar hing schweißnass und wirr in seinem ebenmäßig, aber verschlagen wirkenden Gesicht. Verbissen schwang er den Spaten und wuchtete die Erdschollen in einen Korb, den ein anderer Legionär dann auf den Schanzhügel trug, um ihn dort auszuschütten.

Lucullus war der einzige aus ihrem Zelt, der direkt aus Rom kam und in seinem Viertel überlebte nur wer brutal und rücksichtslos genug war, um es mit den dort herrschenden Banden aufzunehmen. Seine ganzen Bewegungen, seine Haltung erinnerte an ein Wiesel. Seine Augen funkelten wie glatt polierte Kohlen.

„Ich bin zur Legion gegangen um reich zu werden“, hatte er verkündet als sie zum ersten Mal vor ihrem kleinen, mit Ziegenleder überzogenen Zelt saßen. In der Zwischenzeit wussten sie, dass das Wiesel, wie sie ihn nannten eine ganze Horde von finsteren Gestalten aus seinem Stadtviertel mitgebracht hatte, die nur ein Ziel kannten: zu rauben und zu plündern, wo immer das möglich war.

„15 Jahre! Welche Frau wartet schon 15 Jahre auf einen Mann?“, dachte Tiberius und dieser Gedanke machte ihn mit einem Male mutlos und verzweifelt. 15 Jahre Dienst und dann noch 5 Jahre als Reservist, in denen er aber immerhin heiraten und eine Familie gründen durfte.

Er schaute die lange Reihe schweißglänzender Körper entlang, die wie er in dem Verteidigungsgraben standen und schaufelten.

„Würdest du 15 Jahre auf eine Frau warten?“

„Was?“

Lucullus hörte auf zu hacken und sah ihn fragend an.

„Würdest du 15 Jahre lang auf eine Frau warten, die du liebst um sie dann zu heiraten?“

„Nein.“

Wie aus dem Nichts war der Centurio zur Stelle und verpasste Lucullus und Tiberius ein paar weitere Hiebe mit seinem Weinstock.

„Hier wird gearbeitet und nicht geredet!“, fauchte er sie an.

Der kleine Römer machte eine heftige Bewegung, beherrschte sich aber sofort wieder. „Irgendwann dreht er mir den Rücken zu", zischte Lucullus als Marc Anton weitergegangen war. „Und dann..."

Tiberius wusste, dass er das ernst meinte.

Zwei Stunden später, nachdem sie das Lager fertig hatten, begannen sie die Pfähle vor dem Lager mit ihren Holzschwertern zu attackieren. Tiberius fühlte gar nichts mehr. Sein Körper war eine einzige Wunde und er war erstaunt, dass er noch nicht zusammengebrochen war. Es war schon längst dunkel, als sie endlich vor ihrem Zelt saßen, ihren mit Wasser verdünnten Essig tranken und den Brei und Puls, den ihr Trossknecht zubereitet hatte, aßen.

„Seht euch mal den Dicken an", spottete Lucullus, „wenn er nicht aufpasst hat er gleich seinen ganzen Getreidevorrat für den Rest der Woche verputzt!"

Octavio den alle nur den Bären nannten warf ihm einen bösen Blick zu. Er kam wie Tiberius von einem Bauernhof und wie dessen Vater war auch sein Vater Legionär gewesen.

Von Anfang an hatte Octavio den kleinen Römer gehasst und keinen Hehl daraus gemacht, dass er ihm am liebsten sofort den Hals umgedreht hätte.

„Morgen gibt es wieder eine Feldschlacht“, brummte er nur, „und dafür brauche ich etwas im Magen!“

Tiberius stöhnte. Immer wieder traten sie gegen ältere und erfahrene Hastati und Príncipes der Legionen an, die ganz in der Nähe lagerten und deren Legate sich ein Vergnügen daraus machten sie zu überfallen und ihnen handgreiflich klar zu machen wie viel sie noch zu lernen hatten.

Mindestens alle drei Tage gab es Feldschlachten und immer wieder setzte es Prügel und blaue Flecken.

Trotz ihrer Verschiedenheit war die Zeltgemeinschaft in den letzten Wochen zu einer festen Einheit zusammen gewachsen. Der Dicke erhob sich langsam. Er war gut zwei Köpfe größer als sie und fast doppelt so breit, was den Zeugmeister vor einige Probleme gestellt hatte. Schließlich hatte ihm der Lagerschmied einen eigenen Kettenpanzer angefertigt. Octavio schaute seinen Kameraden aus kleinen, immer noch böse funkelnden Augen an. „Wenn ich so winzig wäre wie du, bräuchte ich auch nichts zu essen. Wahrscheinlich bist du von uns der Einzige der lebend zurückkommt, weil dich die Gallier einfach übersehen!"

Die Anderen lachten.

Octavio setzte sich wieder und aß weiter. Seine ganzen Bewegungen waren träge und erinnerten wirklich an den Gang eines Bären. Wenn er sprach, klang es wie ein tiefes Brummen. Wenn er jedoch einmal in Fahrt kam, war er nicht wieder zu erkennen. Mit einer wahren Urgewalt schwang er das Pilum, stieß mit dem Schwert zu oder knallte seinem Gegner mit einer solchen Wucht den Schild auf den Leib, dass der nicht selten minutenlang ohne Besinnung dalag. Es war gut, ihn in den Manövern an der Seite zu haben, denn die kampferprobten Milites machten bald einen großen Bogen um den grobschlächtigen Bauern, wie sie ihn nannten.

Die Grillen zirpten und weit draußen in den Wäldern heulte ein Wolf. Nacht senkte sich auf das Lager.

„Glaubt ihr wirklich dass Cäsar einen Krieg mit den Galliern vom Zaume bricht?", fragte Livius, ein etwa 20 Jahre alter Handwerkersohn aus der Nähe von Segesta.

Tiberius sah seinen Kameraden an, der wegen seines schmächtigen Körperbaus gerade noch in die Legion aufgenommen worden war, und dem die großen Strapazen am meisten zu schaffen machten. Auch jetzt sah er, wie die Augen von Livius wieder nervös in seinem bleichen Gesicht zuckten.

Lucullus schüttelte den Kopf. „Sie haben dem großen Feldherrn nicht umsonst die gallische Provinz gegeben", erklärte er herablassend. „Das kommt einer Entmachtung gleich. Pompeius hat jetzt das Sagen in Rom und Cäsar kann nicht zurück, weil er ansonsten von Cicero und Cato vor Gericht geschleppt wird. Bis das bereinigt ist, hat er allen Einfluss verloren! Außerdem“, fügte Lucullus hinzu, „erzählt man sich in meinem Viertel, dass der große Mann enorme Schulden hat.“

„Ihr meint also wirklich, dass Cäsar vom Senat kaltgestellt wird?“, fragte Tiberius ungläubig.

„Es sei denn", sagte Aurelius, stand auf und streckte sich, „es sei denn, der Glatzkopf macht sich hier einen Namen als Eroberer. Der Plebs liebt den Erfolg mehr als alles Andere! Und am Plebs kommt auch der Senat nicht vorbei, seit Pompeius Magnus den Volkstribunen wieder ihre alten Rechte verschafft hat!"

Aurelius kam als einziger von ihnen aus einer hoch angesehenen Adelsfamilie, die, als Sulla sein Blutbad in Rom anrichtete, nach Capua geflohen war. Seine rote Tunika war aus Seide und die Waffen die er trug waren reich verziert und von allerbester Qualität. Anfangs war er ihnen arrogant und hochnäsig vorgekommen, doch als sie sahen, dass er sich vor keiner Arbeit drückte und sogar den Latrinendienst ohne Murren versah, nahmen sie ihn in ihre Gemeinschaft auf. Später erfuhren sie, dass Aurelius es abgelehnt hatte als Offiziersanwärter in die Legion einzutreten, wie es seinem Stand entsprochen hätte. Er bestand darauf als einfacher Soldat zu dienen. Tiberius, der trotz seiner bäuerlichen Herkunft die Erziehung eines griechischen Sklaven genossen hatte und mit den Schriften von Aristoteles oder Platon gut vertraut war, genoss es mit ihm über Philosophie diskutieren zu können. Aurelius Vater war der Meinung gewesen dass sein 19 Jahre alter Sohn entschieden zu stark dem Wein und den Frauen zusprach und dass es nun an der Zeit war im Dienste des Imperiums zum Manne zu reifen.

Schon zwei Mal waren feine Damen aus der oberen Gesellschaft im Lager gewesen um ihn zu besuchen und an der Art wie sie gekleidet waren und der Tatsache, dass ihr Legat Felix Graccus sie höchstpersönlich zu Aurelius gebracht hatte, sahen sie, dass ihr Freund wirklich Beziehungen in höchste Kreise hatte. Tiberius war sich sicher, dass der gut aussehende, athletische Aurelius mit seinem offenen und sympathischen Gesicht schon manche Frauenherzen gebrochen hatte, bevor er zu ihnen gekommen war.

Allerdings schien Aurelius der lockere Lebenswandel nicht das Geringste angetan zu haben, denn im Gegensatz zu ihnen ertrug er alle Strapazen mühelos.

„Jeden Abend musste ich mit unseren Sklaven Ringkämpfe austragen, damit ich in guter Verfassung blieb. Das war in unserer Familie immer das Wichtigste", erzählte er.

„Ich glaube eher dass wir in Richtung Illyrien geschickt werden", gähnte Tiberius. „Mit den Galliern treiben wir schließlich seit über 50 Jahren Handel und die Zeiten, als sie römisch Legionen angegriffen und besiegt haben, sind längst vorbei.“

„Gallien", sagte Lucullus der nun ebenfalls zum Zelt ging, „ihr werdet schon sehen!"

Häduer

Wie ein König thronte Dumnorix auf seinem reich verzierten Stuhl, der mit einem Bärenfell ausgelegt war, inmitten seiner Halle. Sein etwa 50 Krieger starkes Gefolge saß zu seinen Füßen an den niederen Tischen, die zu einer Tafel zusammengestellt waren. Träge kroch der Rauch der Herdfeuer aus dem Abzug in die klare Nacht und der Geruch von Gebratenem, Schweiß und Wein hing in der Luft.

Der Häduerfürst ließ wieder einmal unwillig den Blick über seine Gefolgschaft gleiten und verfluchte wohl zum tausendsten Mal die Sitte, dass sich der Einfluss und die Macht eines Fürsten in der Größe seiner Anhängerschaft zu spiegeln hatte.

Über 100 nutzlose Mäuler, die er Tag für Tag stopfen musste. Es wurde Zeit wieder einmal ein paar Dörfer zu überfallen, damit dieser träge Haufen von Tagedieben nicht ganz aus der Übung kam.

Unwillig trank er einen Schluck unverdünnten Weines, aber auch das vermochte seine Laune nicht zu verbessern. Erst als er Sosana sah, die Tochter seines Freundes Orgetorix, der nun auch schon seit einiger Zeit in der Anderwelt weilte, hellte sich seine Miene auf.

Es war keine Liebesheirat gewesen. Orgetorix, der damals noch Führer und oberster Fürst der Helvetier gewesen war, hatte ihm seine Tochter als Frau gegeben, um seine Verbündeten, die Häduer, für seine Auswanderungspläne zu gewinnen.

„Wir müssen vielleicht durch euer Stammesgebiet marschieren“, hatte ihm Orgetorix damals eröffnet, als sie sich in Genova, in den Gauen der Allobroger getroffen hatten.

„Du bist der Vergrobeter deines Stammes Dumnorix, wirst du uns den Durchzug erlauben?“

Dumnorix sah sein Gegenüber mit seinen wasserblauen Augen prüfend an.

„Was gibst du mir dafür?“

Orgetorix lächelte listig. Er war ein Mann um die 50 Jahre alt, mit schlechten Zähnen und einer kräftigen, untersetzten Statur. Seine scharfen Züge in seinem kantigen Gesicht, das von einem großen Schnauzbart beherrscht wurde, verriet Ehrgeiz und eine große Willenskraft.

„Nun“, antwortete er. „Ich habe gesehen, wie du bei deinem letzten Besuch bei uns Sosana, meine jüngste Tochter angesehen hast. Ich gebe sie dir als Gegenleistung und zum Zeichen unserer immerwährenden Freundschaft zur Frau!“

Orgetorix musterte sein Gegenüber, um die Wirkung seiner Worte abzuschätzen. Zwei dunkelgrüne Augen unter dichten, buschigen Augenbrauen.

„Wählen sich nicht bei euch die Frauen ihre Männer selbst aus?“, fragte Dumnorix den Helvetierfürsten.

„Natürlich“, antwortete der, „aber Sosana ist eine gehorsame Tochter und sie wird meinem Wunsch entsprechen!“

„Wann habt ihr den Auszug geplant?“

„Wir werden für die Vorbereitung gut drei bis vier Jahre benötigen“, antwortete der Fürst der Helvetier.

„Du weißt, dass ich bei eurem Auszug wahrscheinlich kein Vergrobeter mehr sein werde?“

„Ja“, erwiderte Orgetorix. „Trotzdem bleibst du der mächtigste Mann der Häduer und wenn du für uns bist, werden dir die anderen folgen!“

Orgetorix zögerte einen Moment, so als müsse er erst abschätzen, ob er seinem Gegenüber wirklich vertrauen konnte.

„Ich will dir noch etwas vorschlagen“, sagte er dann vorsichtig.

„Du weißt, die Helvetier sind ein mächtiges und wildes Volk von unerschrockenen Kriegern...“

Dumnorix nickte zum Zeichen seiner Zustimmung.

„Nehmen wir einmal an, ich wäre der König meines Volkes...“

Unruhig sah sich Dumnorix in dem großen Gästehaus der Allobroger um und verfiel dann in ein kaum hörbares Flüstern.

„Bist du wahnsinnig so etwas zu sagen?“, zischte er. „Wenn dich jemand hört, bist du des Todes! Oder steht seit neuestem der Versuch die Königswürde zu erlangen bei deinem Volk nicht mehr unter Todesstrafe?“

„Doch“, erklärte Orgetorix ruhig, „das tut es und trotzdem werde ich in einigen Monaten nach der Krone greifen. Ich habe umfangreiche Vorkehrungen getroffen und die meisten Adligen meines Stammes unterstützen mich!“

Das große gemauerte Haus in dem sie saßen wimmelte nur so von Knechten und Mägden. Die Gastfreundschaft war den Allobrogern, wie auch den anderen Keltenstämmen heilig und so hatte der oberste Verwalter des Stammes seinen besten Ochsen geschlachtet, als er hörte, dass sich die beiden Fürsten bei ihm treffen wollten. Nach einer langwierigen Begrüßungszeremonie hatte er sie dann allein gelassen, denn er wusste natürlich, dass seine Gäste wichtige Dinge zu besprechen hatten. Orgetorix und er waren an dem niederen Tisch zusammen gerückt und sahen sich in die Augen.

„Was hat das mit mir zu tun?“, fragte Dumnorix schließlich nach einer Weile.

Der Fürst der Helvetier lächelte. „Nun mein Freund, wenn du es schaffst, dass wir in ein paar Jahren durch euer Gebiet ziehen können, kommen wir mit einer Streitmacht von 90.000 Kriegern und einem Tross von 200.000 Menschen. Es wäre mir somit ein leichtes, dir Dumnorix, auch bei deinem Volk den Platz zu verschaffen, der dir gebührt!“

Orgetorix wusste, dass er damit den Finger in eine Wunde des ehrgeizigen Fürsten legte, denn in einigen Monaten musste Dumnorix das Amt des Vergrobeten wieder abgeben und wer die Macht einmal in den Händen hatte, lässt sie nicht so schnell wieder los.

„Du bist von Sinnen“, erklärte Dumnorix kopfschüttelnd.

„Mag sein“, nickte Orgetorix. „Aber sag selbst: viele deiner Stammesgenossen folgen dir, oder sind dir einen Gefallen schuldig. Keiner von ihnen würde etwas gegen dich unternehmen und wenn doch...“ Der Fürst der Helvetier legte den Kopf schief. „Haben wir immer noch meine 90.000 Krieger, die jeden Widerstand im Keime ersticken können!“

„Auch bei uns wird jeder verurteilt und getötet, wenn er die Königswürde anstrebt“, gab Dumnorix zu bedenken.

Orgetorix nickte. „Dann tragen wir beide wohl das gleiche Risiko, aber sag selbst mein Freund: ist es nicht an der Zeit, dass unsere beiden Völker gemeinsam wieder zu der Größe gelangen, die ihnen zusteht? Ist es nicht an der Zeit das Joch der Sueben abzustreifen und diese Barbaren wieder in die Wälder zu treiben, aus denen sie gekommen sind? Wollt ihr ewig tributpflichtig bleiben, das Knie vor diesen Wilden beugen? Wo ist dein Stolz geblieben Fürst der Häduer? Gemeinsam werden wir sie schlagen und diese Schwächlinge, die sich vor einem Krieg fürchten, werden uns nach unserem Sieg zujubeln!“

Dumnorix Augen waren dunkel geworden, als sein Freund die Sueben erwähnt hatte. Wieder einmal tauchte die große Schlacht, mit all ihren schrecklichen Bildern in seinem Inneren auf. Sie hatten verloren! Dieser Ariovist hatte sie besiegt und all seine Versuche die Stämme zu einigen und erneut gegen den Suebenkönig zu führen, waren gescheitert. Freiheit! Es ziemte einem Kelten frei zu sein. Sie waren Krieger, die vor niemandem auf der Erde kriechen sollten, aber um das Joch abzuschütteln waren starke Verbündete nötig.

„Wir kämpfen seit 10 Jahren gegen diese Barbaren“, erklärte Orgetorix selbstbewusst. „Nie wurden wir besiegt, nie haben es diese Wilden geschafft unsere Gaue zu besetzen. Gemeinsam können wir gar nicht verlieren. Es ist das Beste für dein Volk mein Freund und wenn du Ariovist vertrieben hast, kannst du die Krone ja wieder zurückgeben!“

So hatte Dumnorix zugestimmt und wenige Monate später Sosana geheiratet.

„Sosana!“ Er seufzte. Nie hatte sie ihn spüren lassen, dass es eine Zwangsheirat gewesen war, nie ein zorniges Wort verloren. Wie selbstverständlich hatte sie seinen Haushalt und die damit zusammenhängenden Geschäfte übernommen und dabei - fast unmerklich – auch sein Herz erobert.

Bereits nach einem Jahr hatte sie ihm einen Sohn geschenkt und sie waren beide sehr stolz gewesen, bis Sosana die Nachricht vom Tode ihres Vaters erreicht hatte.

Orgetorix war verraten worden und bevor die Helvetier über ihn Gericht halten konnten, hatte er sich umgebracht.

In der Nacht hatte Dumnorix seine weinende Frau in den Armen gehalten und ihr immer wieder über ihr kräftiges, weizenblondes Haar gestrichen, bis sie allmählich ruhiger wurde.

Gegen Morgen, als er schon glaubte, sie sei eingeschlafen, fragte sie ihn: „Wirst du dein Wort halten und mein Volk durch euer Land ziehen lassen?“

„Du willst, dass ich deine Leute unterstütze, obwohl sie meinen Freund Orgetorix, - deinen Vater -getötet haben?“

Sosana nickte. Dumnorix spürte es an der Art, wie sie auf seiner Brust den Kopf bewegte. „Meine Geschwister und meine Mutter sind immer noch dort und niemand denkt daran sie für die Taten meines Vaters zur Rechenschaft zu ziehen. Meine Familie hat ihr Vermögen, ihr Ansehen und alle Privilegien behalten. So ehrt mein Volk die Verdienste eines großen Mannes, auch wenn er versucht hat gegen das Gesetz zu verstoßen.“

„Ich werde tun, was ich kann“, versprach Dumnorix.

Da hatte sie ihn geküsst und mit einer verzweifelten Leidenschaft geliebt, die ihm das ganze schreckliche Ausmaß ihres Schmerzes zeigte.

Ob sie wusste, was ihr Vater und er ansonsten noch besprochen hatten?

Wusste sie etwas über ihr Treffen bei den Allobrogern und warum sie mit ihm verheiratet worden war?

Wer hatte Orgetorix verraten?

War seine Rolle in diesem Spiel schon bekannt geworden? Dumnorix wusste, dass er das in Erfahrung bringen musste, denn sein Leben und das Leben seiner Sippe hingen von diesen Informationen ab. Die Häduer würden nicht so großzügig sein wie die Helvetier, dessen war er sich sicher und wenn er unterging, dann war auch seine Sippe verloren. Er erwischte sich bereits dabei, wie er in die Nacht hinaus lauschte und sah im Geiste, wie der Rat seines Stammes Häscher schickte, um ihn zu ergreifen.

Römer

Mitten in der Nacht hörte Tiberius wie die Pferde in der Koppel am anderen Ende des Lagers unruhig wurden. Als Sohn eines Bauern war er es gewohnt auf solche Unregelmäßigkeiten zu achten, hieß das doch oft, dass ein Wolf oder Bär um den Hof herum schlich. Auch Octavio hob den Kopf und sah zu seinen Kameraden hinüber. Tiberius legte den Zeigefinger auf die Lippen und sie horchten in die Dunkelheit hinein. Eine Weile lang war nur das unregelmäßige Tropfen der feuchten Atemluft von der Zeltwand herab zu hören. Doch dann, der gedämpfte Klang von Stimmen, der klare Befehl eines Centurios, Hufschlag und dann wieder Stille. Die Pferde beruhigten sich wieder und fast unmerklich glitten Tiberius Gedanken in eine andere Welt. Es war Nacht und er stand auf einem schneebedeckten, hohen Berg, der zuerst steil und dann weiter unten immer flacher abfiel. Links von ihm ein Wasserfall der sich tosend in eine Schlucht ergoss. Am Ende des Tales ein großer See dessen Fläche vom Licht des riesigen Mondes gelblich glänzte. Tausende von schwarzen Punkten bewegten sich zum Ufer, blieben dort stehen und warteten. Worauf wusste er nicht. Sie trugen Rüstungen und es waren Legionäre und Barbaren. In seiner rechten Hand fühlte er das kalte Metall einer großen Münze.

Er schreckte auf, als jemand ihn beim Namen rief.

„Tiberius! "

Anfangs wusste er nicht ob das zu seinem Traum gehörte oder nicht.

„Tiberius!"

Das leichte Rütteln an seiner Schulter machte ihn endgültig wach.

„Was.."

„Still!"

Eine Hand hielt ihm den Mund zu.

„Im Lager ist ein Mädchen, das sich verzweifelt nach einem Tiberius Malus erkundigt".

Es war stockdunkel in ihrem Zelt und außer den geflüsterten, eigentlich mehr gezischten Worten, war nur das regelmäßige Atmen der Kameraden zu hören.

„Ich dachte das interessiert dich", flüsterte Lucullus. Es war eindeutig die Stimme des Wiesels.

Tiberius nickte und sofort nahm Lucullus die Hand von seinem Mund.

Vorsichtig, um die anderen nicht zu wecken, schlichen sie auf den Ausgang zu.

„Wartet", raunte da der tiefe Bass von Octavio. „Ich komme mit!"

Sie schlugen die Zeltplane zurück und sofort strömte ihnen eiskalte, klare Nachtluft entgegen.

Tiberius fror.

Sie gingen alle drei in die Hocke, damit die Wachen sie nicht sehen konnten.

„Was für ein Mädchen?", flüsterte Tiberius. Und noch bevor das Wiesel ihren Namen sagte, wusste er schon wer es war.

„Lucia!"

Alles krampfte sich in ihm zusammen.

„Lucia?"

Hier draußen war es hell. Der Mond schien klar und leuchtend in einen mit Sternen übersäten Nachthimmel. Lucia! Das konnte nicht sein. Sie waren einige Tagereisen von Mediolanum entfernt und ihr Vater würde ihr nie erlauben den armen Bauernbengel, wie er ihn nannte, zu besuchen! Wenn das wirklich Lucia war, musste etwas Furchtbares passiert sein.

„Bist du sicher Lucullus, das kann doch gar nicht sein!“ Vielleicht waren seine Eltern krank, oder eines seiner Geschwister? Aber nein, dann wäre seine Mutter gekommen oder sein Vater, aber nicht Lucia!

Das Wiesel grinste. „Scheint gestern mit dem Verpflegungstross hier eingetroffen zu sein“, sagte er.

„Ich muss zu diesem Mädchen!"

Octavio legte ihm seine schwere Hand auf die Schulter.

„Wenn du das Lager verlässt, verlierst du deinen Gürtel!"

Lucullus schüttelte den Kopf. „Nein", sagte er. „Was glaubt ihr wohl woher ich komme?"

„Du warst bei den Händlern?", fragte ihn Octavio mit seiner tiefen Stimme.

Das Wiesel grinste. „Nicht direkt".

„Und wie bist du an den Wachen vorbei gekommen?"

„Gar nicht", flüsterte Lucullus. „Das sind Geschäftsfreunde von mir."

„Geschäftsfreunde?", wunderte sich Octavio.

„Sie bezahlen einen gewissen Betrag an mich", raunte Lucullus leise, „und dafür beteilige ich sie an der Beute, die meine Freunde und ich machen werden. Ihr glaubt nicht, wie viele Partner ich schon habe!"

„Können wir das später besprechen", drängte Tiberius, der nicht so richtig wusste, ob Angst oder Freude in seinem Inneren die Oberhand gewinnen sollte. Ihm war abwechselnd heiß und kalt und sein Herz klopfte, dass er befürchtete, das ganze Lager damit aufzuwecken.

„Nicht so schnell", sagte Lucullus. „Ich bringe euch in das Lager, wenn ihr euch an meinem Unternehmen beteiligt."

„An Raub, Mord und Plünderungen? Ich drehe dir den Hals um, wenn du uns nicht sofort..."

„Falsche Antwort", sagte Lucullus seelenruhig und erhob sich. „Also dann gute Nacht".

„Warte Lucullus, bitte!"

Tiberius hielt ihn am Arm fest. „Was würde mich das kosten?"

„Ein Drittel deines Soldes und ich garantiere dir, dass dich das reich machen wird!"

„Ich bringe dich um!"

„Bitte Octavio!", flehte Tiberius und zu Lucullus gewandt flüsterte er: „Einverstanden".

Das Wiesel nickte. „Du wirst es nicht bereuen."

„Oh doch", erklärte Octavio bestimmt, „das werden wir und nun bringe uns endlich durch das verdammte Tor!"

„Also gut, abgemacht“, nickte Lucullus. „Ihr lauft jetzt die Palisade entlang. Wenn euch jemand fragt, dann geht ihr auf die Latrine. Vielleicht müsst ihr euch ein paar anzügliche Bemerkungen anhören, warum ihr das zu zweit tut, aber so kommt ihr am besten zum Eingang. Ich warte dort auf euch.“

Obwohl der Mond das Lager hell erleuchtete, nahm Octavio zur Sicherheit eine Fackel mit.

„Du musst das nicht tun", sagte Tiberius, während sie die Zeltreihen entlang liefen, bis sie den Erdwall mit den eingeschlagenen Schanzpfählen erreicht hatten.

„Das weiß ich", brummte der massige Schatten neben ihm.

„Du wirst deinen Gürtel verlieren", sagte Tiberius weiter.

„Deinen Sold, du wirst unehrenhaft entlassen..."

„Ja", sagte Octavio nur. „Das werde ich."

„Wer da?"

Die Wache war so unvermittelt über ihnen auf dem Wehrgang der Palisade aus der Dunkelheit aufgetaucht, dass sie beide zusammen fuhren.

„Verdammt. Bist du das Cornelius?"

„Ich stelle hier die Fragen!"

Noch immer sahen sie nur einen dunklen Schatten über sich, der beinahe mit den schwarzen Konturen der Holzpalisade über ihnen verschmolz.

„Also wer da?"

„Octavio Ursus und Tiberius Malus von der vierten Kohorte auf dem Gang zur Latrine!"

„Zu zweit?"

„Ja".

„Na dann viel Spaß ihr beiden", klang es anzüglich von oben herab.

Noch immer konnten sie nicht mehr sehen, als einen dunklen Schemen, der sich wieder im Nichts auflöste.

Sie liefen weiter die endlosen Reihe der Zelte an der Palisade entlang

„Was glaubst du warum sie hier ist?", fragte Tiberius.

„Ob etwas geschehen ist? Ihre Eltern - ihr Vater ist so ein dekadenter Gutsbesitzer der seine Sklaven schlecht behandelt, - der bringt mich um, wenn er das erfährt!"

„Hast du sie..., ich meine habt ihr...."

„Ja.“

Octavio seufzte. „Sie ist schwanger", sagt er dann.

Sie waren bei den überdachten Latrinen angekommen und bogen nun Linkerhand Richtung Tor ab.

„Was soll ich machen?", fragte Tiberius ratlos, der spürte, dass ihn aller Mut verließ. „Wenn sie schwanger ist, was wird dann aus dem Kind und ihr? Ich bin die nächsten 15 Jahre in der Legion!"

„Wer da?"

Die beiden Torhüter traten ihnen in den Weg. Sie standen, von zwei Fackeln beleuchtet, mit ausgestreckten Pili vor dem Tor, welches das Lager von der Stadt der Händler trennte. Tiberius wusste, dass in dem Zelt daneben, noch eine komplette Centurie als Verstärkung unter Waffen stand. Und über ihnen auf den Palisaden waren noch einmal einige duzend Bogenschützen um den Zugang zu sichern.

„Tiberius Malus und Octavio Ursus von der vierten Kohorte!"

„Lasst sie durch Kameraden", sagte Lucullus der nun auch angekommen war. „Sie müssen im Lager für uns ein paar Geschäfte erledigen!"

„Die Händler schlafen", beschied ihn ein bärtiger, muskelbepackter Bursche, dessen Kettenhemd im Schein der zwei Fackeln matt glänzte und machte keine Anstalten zur Seite zu treten.

Lucullus sah die andere Wache an. „Was ist los mit dem Kerl?"

Der Torhüter hob ratlos die Achseln. „Der ist schon den ganzen Tag so", winkte er ab.

Das Wiesel reagierte sofort.

„Hier bitte", sagte Lucullus, „dein Geld". Und er steckte der verblüfften Wache einen Lederbeutel in den Gürtel.

„Was - ich lasse mich nicht bestechen!", schnaufte der Bärtige überrascht.

Lucullus kleines, frettchenhaft verzerrtes Gesicht wirkte im Fackelschein fast ein wenig dämonisch. „Das ist keine Bestechung Vulvus, das ist dein Anteil an unserem Unternehmen. Du bist draußen!"

„Was..."

Der Bärtige nahm den Beutel und drehte ihn unschlüssig in seiner tellergroßen Pranke.

„Idiot", schüttelte der zweite Wächter nur den Kopf und wandte sich mit einer geringschätzigen Bewegung von ihm ab.

„Was...", wiederholte der Bärtige.

„Kommt", Lucullus winkte seinen Zeltgenossen und zwinkerte ihnen so zu, dass nur sie es sehen konnten.

Sie folgten dem Wiesel.

„Wartet!"

Lucullus lief einfach weiter.

„Lucullus!"

„Ja?“

„Also ..., ich meine wenn es unbedingt nötig ist...."

„Ist es nicht", erwiderte Lucullus seelenruhig und sah nach hinten über die Schulter. „Wir brauchen ja jetzt deutlich weniger Gold, da du ausgestiegen bist. Bleib also ruhig vor deinem Tor stehen und verbaue dir deine Zukunft. Mir ist das gleich!"

„Idiot", sagte der zweite Wächter noch einmal an den Bärtigen gewandt.

„Lucullus bitte!"

Das Wiesel seufzte, wobei er beide Hände in den kalten Nachthimmel hob und drehte sich endgültig um.

„Was?"

„Nimm das Geld", sagte der Legionär, „bitte - und natürlich könnt ihr in das Lager!"

Lucullus schüttelte den Kopf, ging auf den Soldaten zu und nahm ihm den Lederbeutel aus der Hand. Kritisch öffnete er ihn und sah nach, ob noch alles da war. Dann nickte er und winkte ihnen mit ihm zu kommen.

Ratsversammlung der Häduer

„Gibt es einen unter euch der gegen diese Wahl ist?" Das heilige Feuer flackerte in dem großen viereckigen, fensterlosen Ratshaus, in dem sich in dieser Nacht alle Adligen der Häduer versammelt hatten.

Eubix Gewand leuchtete schneeweiß und in seiner Rechten hielt er den mächtigen, flammenden Speer des Gottes Lug, der stets der Schirmherr bei der Wahl eines Vergrobeten war. Der Druide ließ sich Zeit und musterte ruhig die Rechtskundigen, Heiler, Barden, verdienten Krieger, Kunsthandwerker und Schmiede die zu der führenden Schicht seines Volkes gehörten. Augenpaare die unter buschigen Brauen im Halbdunkel blitzten. Die farbenprächtigen Gewänder der Männer, die in vier Reihen um das Feuer im Kreis saßen. Die großen, kunstvoll geschmiedeten Schwerter, die sie alle, den Griff nach rechts, vor sich auf den Boden gelegt hatten.

Eubix sah zu Dumnorix hinüber als erwarte er von ihm eine Reaktion, aber der Häduerfürst saß regungslos da und starrte scheinbar unbeteiligt auf den Boden. Es war nicht ungewöhnlich, dass sich zwei Brüder um das Amt des Vergrobeten bewarben und es war für die gesamte Sippe eines Fürsten eine große Ehre, wenn einer von ihnen die Wahl gewann. Und doch - dieses Mal war es anderes gewesen. Noch vor einer halben Stunde war heftig gestritten worden, da Dumnorix ein entschiedener Gegner Roms, sein Bruder hingegen, der eifrigste Fürsprecher dieses mächtigen Volkes jenseits der Alpen war.

Jenseits der Alpen? Die Allobroger, ihre Brüder, hatten erst vor kurzem den Fehler begangen die Römer herauszufordern und waren von deren Legionen vernichtend geschlagen worden. Seitdem standen etwa 10.000 Soldaten auch diesseits der Alpen und waren dadurch den Grenzen zu ihren Gauen gefährlich nahe gekommen.

So war diese Wahl auch eine Entscheidung gewesen, wie die Häduer mit dieser neuen Situation umgehen wollten.

„Mein Bruder scheint vergessen zu haben, dass er und ich in der steinernen Stadt waren und uns von Cäsar Hilfe gegen Ariovist erbaten. Hat er uns geholfen? Hat er Truppen geschickt, um uns im Krieg gegen die Sueben und die Sequaner zu unterstützen? Nein!"

Einige der Ratsmitglieder waren aufgesprungen und schrien wild durcheinander.

Eubix hatte Mühe gehabt sie wieder zu beruhigen. Es hätte nicht viel gefehlt und es wäre wieder einmal zu einer der üblichen Raufereien gekommen. Aber schließlich beruhigten sich seine Stammesgenossen wieder und setzten sich. Lediglich Dumnorix war stehen geblieben.

„Mit Geschenken und freundlichen Worten hat uns der Senat nach Hause geschickt und unserem Erzfeind den Titel „Freund des römischen Volkes„ verliehen. Und jetzt? Jetzt sind wir die Vasallen und Tributpflichtigen unserer Erzfeinde, nachdem wir die Schlacht gegen sie verloren haben!"

Die Kelten schwiegen. Jeder, auch Diviciacus der ein Römerfreund war, wusste das Dumnorix Recht hatte. Die Römer hatten sie in diesem Krieg schmählich im Stich gelassen!

Nun stand auch Diviciacus auf. „Mein Bruder hat Recht", gab er zu. „Das Volk von Rom hat sich nicht gerade um unsere Freundschaft bemüht!"

Die Anwesenden nickten zustimmend.

„Wir haben deshalb den Krieg gegen die Sueben und Sequaner verloren! Und trotzdem - sollen wir uns jetzt, in unserem geschwächtem Zustand, gegen sie erheben? Sollen wir das gleiche Schicksal, wie unsere allobrogischen Brüder erleiden?"

„Dir ist wohl der Mut abhanden gekommen!", schrie Roanix, der dritte Bewerber für das Amt des Vergrobeten, der ebenfalls aus einem hoch angesehenen Geschlecht der Häduer stammte. „Seit wann verstecken sich wahre Krieger hinter Weiberröcken statt zu kämpfen und zu sterben, wie es den Göttern gefällt?"

Der Druide seufzte. Innerhalb weniger Augenblicke verwandelte sich der Raum in ein Schlachtfeld. Niemand nannte Diviciacus ungestraft einen Feigling. Selbst Dumnorix stellte sich hinter seinen Bruder. Fäuste die in Gesichter krachten, das wütende Schnaufen und Schreien von etwa 50 Männern, die wahllos im Halbdunkel aufeinander einschlugen, das Röcheln der Verletzten, der feine Geruch von Schweiß und Blut, der plötzlich in der Luft hing. Der Priester wusste, dass er nichts tun konnte, als zu warten. Fest umklammerte er den mächtigen Speer und rammte das stumpfe Ende immer wieder auf den Schädel des einen oder anderen Mannes, der versuchte, nach den am Boden liegenden Waffen zu greifen. Dann, nachdem er merkte, dass bei einigen die Kräfte und die Wut nachzulassen begann, gab er einem seiner Novizen einen Wink, der mit einem schweren Klöppel auf die große, bronzene Sonnenscheibe des Belenus schlug, so dass der Raum fast augenblicklich von einem großen wummernden Ton ausgefüllt war. Die Streithähne hielten sich erschrocken die Ohren zu. Eubix war sehr zufrieden. Niemand würde es jetzt noch wagen, nachdem der Gott seine mächtige Stimme erhoben hatte, den Ratsfrieden zu stören. Mit niedergeschlagenen Mienen, zerbrochenen Nasen und ausgeschlagenen Zähnen nahmen die Adligen der Häduer leise stöhnend wieder Platz. Der Priester seufzte. Diese ewige Rauflust war einfach nicht in den Griff zu bekommen. Bei jedem auch noch so kleinem Anlass brach sie aus und hatte schon manchem von ihnen das Leben gekostet. Nach einer solchen Prügelei taten sie stets, als sei nichts gewesen und tranken und aßen und feierten einfach weiter. Auch jetzt saßen die Adligen seines Stammes wieder vor ihm und warteten darauf, dass er endlich weiter machte.

Der Druide deutete auf Diviciacus. „Sprich!"

Der Häduerfürst erhob sich erneut. „Nicht mangelnder Mut ist es, der mich die Freundschaft der Römer suchen lässt", beschied er Roanix knapp, dem er zuvor einige Backenzähne ausgeschlagen hatte. „Sondern die Sorge um unsere Familien und unsere Götter. Was passiert mit euren Sippen, wer opfert fortan unseren Göttern, wenn wir heldenhaft in die Anderwelt eingegangen sind?

Ich habe keine Angst vor dem Tod, aber ich führe auch kein Volk in eine Schlacht, die jetzt nicht zu gewinnen ist! Deshalb will ich den Römern unsere Freundschaft anbieten, deshalb will ich ein Bündnis mit ihnen abschließen, damit unser Volk, unsere Kinder, unsere Frauen nicht in die Sklaverei geraten oder getötet werden! Solange wir durch unsere Uneinigkeit nicht einmal die Sueben besiegen können, sollten wir uns erst recht nicht mit den Römern anlegen!“

Die Ratsmitglieder hatten geschwiegen und dann hatten sie gewählt.

Römer. Im Lager.

Die Händler, Schankwirte und Huren hatten sich vor dem Lager niedergelassen.

Der Zugang in die Befestigung war ihnen verwehrt. Sie besaßen jedoch ein großes Geschick im Errichten ihrer eigenen kleinen Stadt und zum Schutz ihrer Waren hatten manche der Kaufleute Söldner angeheuert, die sie als Leibwache rund um die Uhr begleiteten. Ja, die Sklavenhändler besaßen sogar regelrechte kleine Armeen, damit die kostbare Fracht unbeschadet in Rom oder Massalia angeliefert werden konnte.

Einige dieser Krieger, meistens Gallier, empfingen sie am Eingang der Zeltstadt.

Die meisten der Bewohner schienen bereits zu schlafen, aber hier und da huschte ein Schatten durch die dunklen Gassen. Wie geduckte kleine Tiere lagen die verschiedensten Zelte als dunkle Schemen vor Tiberius.

Die Wachen waren von ihrem Lagerfeuer aufgestanden und Tiberius konnte sehen, wie ihre Hände auf den Schwertgriffen lagen.

Alle diese Söldner waren mindestens einen Kopf größer als sie, nur Octavio überragte sie alle. Da das Feuer im Rücken der gallischen Krieger brannte, konnte er ihre Gesichter nicht sehen.