Der Manager - J-G Matuszek - E-Book

Der Manager E-Book

J-G MATUSZEK

0,0
9,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Auffassungen variierten nicht nur in der Chef-Etage. Die Mitarbeiter und Sekretariate waren aufgewühlt. Sie hatten irgendein stilles inneres Berufsgeheimnis bei sich selbst zu verarbeiten. Irgendwie erinnerte das Gebilde an einen einzigen Geheimbund... Es ist eine bemerkenswerte Zeit an den Märkten. Die ethischen Aufgaben bestehen darin, die eruptiven Veränderungen nicht aus den Augen zu lassen. Sie müssen festgestellt, gemessen und kommuniziert werden. ...als er im ersten Stock angekommen, die Wohnungstür aufgebrochen vorfand. Vorsichtig tastete er sich in seine Räumlichkeiten hinein und fand erstaunlicherweise keine Unordnung, keine durchstöberten Sachen und es schien auch nichts zu fehlen. Seltsam. Wurde etwa etwas hineingeschmuggelt, Mikrofone, eine versteckte Kamera? Aber wozu? Er war ja kein Experte in Geheimsachen, konnte sich daher nicht vorstellen, wer ihn ausspionieren wollte und womit, wofür... Wie kam Jan Trond ins Management? Es war ein Terrain, für das sich Trond immer mehr interessierte. Dafür lohnte es sich, aus der Warte eines kreativen Managements einiges zu tun.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

39. Kapitel

40. Kapitel

41. Kapitel

42. Kapitel

43. Kapitel

44. Kapitel

45. Kapitel

46. Kapitel

47. Kapitel

48. Kapitel

49. Kapitel

50. Kapitel

51. Kapitel

52. Kapitel

53. Kapitel

54. Kapitel

55. Kapitel

56. Kapitel

57. Kapitel

58. Kapitel

59. Kapitel

60. Kapitel

61. Kapitel

62. Kapitel

63. Kapitel

64. Kapitel

65. Kapitel

66. Kapitel

67. Kapitel

68. Kapitel

69. Kapitel

70. Kapitel

71. Kapitel

72. Kapitel

73. Kapitel

74. Kapitel

75. Kapitel

76. Kapitel

77. Kapitel

78. Kapitel

79. Kapitel

80. Kapitel

81. Kapitel

82. Kapitel

83. Kapitel

84. Kapitel

85. Kapitel

86. Kapitel

87. Kapitel

88. Kapitel

89. Kapitel

90. Kapitel

91. Kapitel

92. Kapitel

94. Kapitel

95. Kapitel

96. Kapitel

97. Kapitel

98. Kapitel

99. Kapitel

100. Kapitel

101. Kapitel

102. Kapitel

1.

Die Auffassungen variierten nicht nur in der Chef-Etage. Die Mitarbeiter und Sekretariate waren aufgewühlt. Sie hatten irgendein stilles inneres Berufs-Geheimnis bei sich selbst zu verarbeiten. Irgendwie erinnerte das Gebilde an einen einzigen Geheimbund. Klar, die Firma war im Umschwung, aber das war sie ja ständig. Und das ist ja an und für sich ein gutes Zeichen. Das Management funktioniert, hieß es. Aber besondere Umstände bahnten sich ganz andere Wege, als es so üblich war. Was war zu erwarten?

Niemand wusste so richtig, woher die neuen Impulse kamen. Was waren sie imstande, zu erzeugen? Da gab es einige, die hoben sich hervor. Andere taten so, als wüssten sie von gar nichts. Das gewohnte Dahingleiten der Geschäfte war an einigen Hot-Spots jäh unterbrochen. Das führte zu den unterschiedlichsten Reaktionen. Es machte die Sache spannend. Dass es auch gefährlich werden könnte, ahnte Jan damals noch nicht. Manches Mal tauchten schon Gedanken auf, in welche Clique er da hineingeraten ist. Waren das alles nur Projektionen, die er durchlebte?

Jan Trond war karrieremäßig sehr schnell in eine Position des mittleren Managements hinein geschossen, in der man viel Ungewöhnliches miterlebte. Unwillkürlich sammelten sich außerordentliche Situationen an. Eines Tages verspürte er überraschenderweise nicht mehr das übliche Aufatmen der Erleichterung nach Feierabend. Eine unangenehme Beklemmung schlich sich über den Horizont des gelebten Berufsalltages ein. Dunkle Wolken illegaler Situationen schienen gar nicht so weit entfernt zu sein. Er sah sie nur noch nicht. Auf einmal könnten Ängste auftauchen. Die Bedrohung spürt man meist dann, wenn sie unausweichlich ist.

Er erinnerte sich der Episode, als ihm als Jungspund in der Firma seine Kollegen im Spaß unter die Nase rieben: „mit einem Fuß bist du in diesem Beruf so und so schon im Knast. Das wissen wir alle“. Die Gefährdung lag nicht allein in den verschiedenen möglichen Aspekten von Korruption und Sabotage. Schlimmer noch sind geheime Machenschaften, übersehener oder absichtlicher Betrug. Und dann noch die internen Einflüsse und Erpressungen. Ähnliche Gedanken zogen im Ungewissen dahin und so durchlebte er einem ganz anderen Tagesablaufs als gewohnt. Es war der Vortag eines groß angelegten Meetings.

2.

Trond war gerade dabei, die Power-Point-Charts für die bevorstehende Präsentation des letzten Projektes zusammenzustellen. Zufällig fiel sein Blick auf den neben dem Schreibtisch stehenden Papierkorb. Eine brisante Zeile auf einem weggeworfenen Dokument stach ihm ins Auge. Das Papier gehörte nicht ihm. Wer war da an seinem Schreibtisch gewesen? Ganz so harmlos war die Konstellation offensichtlich nicht. Wie geht man mit noch unbekannten Ideen um? Es ist nicht so schwer, sie zu schaffen. Wie lassen sie sich aber überwinden?

Unwillkürlich begann er darüber nachzudenken, dass Verbesserungen zwar die Qualität der Produkte erhöhen, aber nicht die ideale Methode sein könnten, sobald sie am Gewinn der Aktionäre zu nagen beginnen. Derartige Optimierungen werden allzu leicht zum gefährlichen Bumerang. Wohin also mit all dem Elan? Was sollte ihn einbremsen? Und gerade das sollte es sein, das zum Verhängnis führte. Er wusste es nur noch nicht. Vorläufig waren es nichts anderes als vage Reflexionen über komplizierte Beziehungen zu einer komplizierten Firma. Ein nicht gewolltes Durcheinander an Überlegungen zog in ihm auf. Die Folge war ein unfreiwillig nervöser Gemütszustand. Da er sich soundso schon am Ende seiner Tagesarbeit sah, beschloss er nach Hause zu fahren.

3.

Die U-Bahn war wieder einmal gesteckt voll und nicht gerade mit dem besten Publikum besetzt. Nur aufpassen und den Stänkereien ausweichen, dachte sich Jan. Die Mimik der zu Schau gestellten verachtenden Überlegenheit könnte leicht in ein Handgefecht umschlagen. Es schoss ihm durch den Kopf, nicht gleich die Kompetenz der brutalen Verteidigung auszupacken. Abwarten - aussteigen. Er fuhr die Rolltreppen hoch und hörte bereits aus den Katakomben der U-Bahn von oben her ein ungemütliches Grollen.

Am Ausgang angekommen, sah er schon an den Glastüren die Tropfen eines herannahenden Regens. Er sollte sich bald zu einem massiven Gewitter mit Wolkenbruch entfalten. Gerade noch Glück gehabt, nur leicht von der sich anbahnenden Nässe angefeuchtet erreichte er das Haustor zu seiner Wohnung. Doch im Hausgang holte ihn ein neues ungutes Gefühl ein, so eine Art Vorahnung. Irgendetwas schien ihm an der Atmosphäre nicht zu passen.

Manchmal hat man Tage, da geht man darüber hinweg und manchmal ist die Sensorik höchst empfindlich. Die Überraschung ließ nicht lange auf sich warten, als er im ersten Stock angekommen, die Wohnungstür aufgebrochen vorfand. Vorsichtig tastete er sich in seine Räumlichkeiten hinein und fand erstaunlicherweise keine Unordnung, keine durchstöberten Sachen und es schien auch nichts zu fehlen. Seltsam. Wurde etwa etwas hineingeschmuggelt, Mikrofone, eine versteckte Kamera? Aber wozu? Er war ja kein Experte in Geheimsachen, konnte sich daher nicht vorstellen, wer ihn ausspionieren wollte und womit, wofür.

Am nächsten Tag setzte sich die Reihe der unerwarteten Ereignisse fort. Per SMS erhielt er eine erschütternde Nachricht von John. Der sympathische Kollege aus den USA, mit dem er nach gemeinsamen Unternehmensseminaren so viele heitere Stunden verbracht hatte, schrieb ihm, dass er von heute auf morgen kein Dach überm Kopf mehr hatte. Das gibt es doch nicht, dachte sich Jan. Freiwillig war die Obdachlosigkeit sicher nicht. Über solche Dinge scherzt man nicht mit einer Message aus heiterem Himmel. Was ist also passiert? Offensichtlich hat er seinen Job verloren. Aber warum? Im Nachhinein erinnerte sich Jan an verschiedene lockere Aussprüche von John. Es klang nach nicht sehr ernst gemeinten Kriminal-Stories. Sie waren ja auch nur so leicht in den Raum hineingeworfen, als dass man darüber hätte ernsthaft diskutieren können.

John war der Sohn eines der geschäftsführenden Kompagnons in der Zentrale des SRV-Konzerns für Konsumgüter in den USA. John‘s Hintergrundwissen über die Verhältnisse im Unternehmen war schon allein aufgrund der familiären Bande ein sehr tieferes als bei den anderen Kollegen seines Alters. Nachdem sein Vater eines völlig unerwarteten und auch nicht ganz geklärten Todes verstorben war, schickte man John in einem üblichen Auslands-Austausch nach Europa zu einer der Konzern-Töchter. Dort hatten sich die beiden Jung-Manager John und Jan kennengelernt. Was ist da an situativen Gefahren ausgebrochen? Deckte sich ein ganzes System auf und was steckte dahinter? fragte sich Jan und versuchte, langsam die Zusammenhänge zu sortieren.

Da Trond nun immer mehr in strategische Aufträge des Managements eingesetzt wurde, öffnete sich das Volumen an Informationen zu einem weit größeren Umfang. Vor allem beschränkte es sich nicht allein auf kommerzielle Bezugspunkte, sondern ließ den gesellschaftlichen Rahmen in einem ganz anderen Licht erscheinen. Und dieses war nicht immer hell.

4.

Dabei hatte für Jan damals alles so cool begonnen. Er erinnerte sich noch genau, wie er sich das erste Mal neugierig seiner Dienststätte genähert hatte. Von außen zeigte sich das Gebäude in einer klassizistischen Architektonik. Einmal ins Innere eingetreten, verspürte man die Raffinesse einer ausgeklügelten Sicherheitsstruktur, aber auch den Einschlag eines gewissen Wohlstandes. Es wurde dafür viel getan, es war beeindruckend. Das System war klug ausgedacht und auf Perfektion ausgerichtet. Vom Erscheinungsbild her war es das Protobeispiel eines modernen Konzerns, der seinen Stil zu pflegen wusste. Lean-Management, also das Ausschalten nebensächlicher Ausstaffierung hatte dort seine Grenzen gefunden. Außenstehende fragen sich, wie in einer solchen Atmosphäre des Glanzes noch ein respektabler Gewinn einzufahren war. Es waren wohl raffiniert ausgedachte Geschäfte, die den Mechanismus am Laufen hielten.

Wie kam nun Trond in dieses Unternehmen hinein? Wie alle Neueinsteiger/innen musste er sich nach einer allgemeinen Bewerbung einem umfangreichen Aufnahmeverfahren unterziehen. Später wurde ihm bewusst, welchen Stellenwert diese akribisch vorbereiteten Assessments hatten. Die Tests waren hochgradig ausgefeilte Rituale, in denen es natürlich darum ging, Kenntnisse zu überprüfen, wobei aber auch Weltanschauung, Benehmen und Auftreten keine Nebensache darstellten. Da war es auch nicht ganz unerheblich, dass bereits eine sportive Ellbogentechnik in Präsentation und Rhetorik zur Schau gestellt wurde. Die vorhandenen Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten wurden darauf zugespitzt, was man von den Kandidaten auf ihren zukünftigen Arbeitsplätzen erwartete.

Was macht es aus einem Menschen, der Erfolg haben will und der sich entschieden durchsetzen möchte? Jan wollte unbedingt diesen Job haben und dann war es endlich geschafft. Nach der Bewältigung des ersten Wettkampfes zum Eintritt in das Unternehmen begann die Zeit einer gewissen Konzilianz, einem Entgegenkommen seitens der Vorgesetzten. Allerdings wie gefährlich das zu üppige Auskosten eines solchen Stadiums sein konnte, sah man an den ersten Abgängen der allzu Leichtfertigen. Da kannte die Firma kein Erbarmen.

Für Jan war es eine ungemein aufschlussreiche Zeit der sozialen Kontaktaufnahme zu Mitstreitern in anderen Abteilungen und Branchen des Unternehmens. Der gesellschaftliche Rundumblick war für die neue Manager-Generation überhaupt ein gigantisches Erleben. Das gesamte Milieu gliederte sich ideal in die Arbeit des Analysierens und Projektierens ein. So vergingen die ersten Jahre des Einstandes und der Bewährung.

Woher kam eigentlich die übertriebene Eile? Immerhin führte sie dazu, dass sich Jan von einem Tag auf den anderen mittendrin im etablierten Management befand. Er fragte sich, ob das nun Programm für sein weiteres Berufsleben war. Die Überraschungen ließen nicht lange auf sich warten. Mit jeder hinzukommenden Aufgabe wuchsen die Wellen der Herausforderung.

Für Jan war das Schöne an diesem Konzern das international ausgerichtete Flair. Die Positionen wurden gewechselt, die Schauplätze änderten sich ständig. Im gesellschaftlichen Aspekt der Horizont-Erweiterung kam er voll auf seine Rechnung. Er hatte ein gutes Auftreten, war immer gut gekleidet – ein absolutes Muss in dieser Stellung – und bei aller an den Tag gelegten Entschlossenheit war er stets freundlich, höflich und zuvorkommend. Polyglott mit zehn Fremdsprachen ausgerüstet, war er für das internationale Management geradezu prädestiniert. Und da kam sie auf einmal, die Periode der Aufregungen und des Durchschüttelns. Man lässt sich nicht im Arbeitssessel der Routine nieder. Innerlich aufgewühlt wird von einer Klippe auf die andere gesprungen. Dazwischen liegen die Abgründe, ohne dass man sie vielleicht gar bemerkt.

5.

Die Bekanntschaft mit John war für Jan ein sehr aufhellendes Erlebnis gewesen. Obwohl die familiären Hintergründe der letzten Zeit für John eher düster erscheinen mussten, war er es, der immer lustig unterwegs war. Die beiden verstanden sich gut, waren sie nicht nur beruflich, sondern auch sportlich sehr engagiert. Es war weniger die typisch amerikanische Art, den Körper in Fitnessstudios zu stählen als die sehr ausgedehnten Aktivitäten im Freien, sei es auf dem Tennisplatz, beim Mountain-Biken oder am Wasser. Spaß und Freude schränkten dabei gar nicht den wettkämpferischen Ehrgeiz ein. Beide wollten sie immer gewinnen. Und dann wurde John plötzlich in die USA zurückbeordert.

Irgendetwas Unerklärliches lag in der Luft. Je mehr Aufgaben Jan übertragen wurden, desto hektischer wurde der Arbeitsrhythmus und der Überblick über die Geschäftsbeziehungen immer undurchsichtiger. Der Konzern war riesig und stellte auch ein gewisses Machtpotenzial dar. Die Abteilungen waren zwar gut durchstrukturiert, aber man hatte das Gefühl, dass die wichtigen Entscheidungen im Unternehmen von unsichtbarer Hand getroffen wurden. Welche Teil-Unternehmen in wessen Hand lagen, war nicht zu durchschauen. Es war auch nicht die Aufgabe der eingesetzten Manager, dies zu hinterfragen. Es lag nicht in deren Arbeitsdefinition. Welche Teilbereiche ausgegliedert und welche neu akquiriert wurden, lag in der Verantwortung einer ganz anderen Ebene, die der Chairmen. Auf dieser Stufe war ja auch Johns Vater tätig gewesen.

Die Tochter-Unternehmen von SRV waren je nach Branche autonom in ihrer Geschäftsgebarung. Gelangte eines in Schieflage, musste es ordentlich strampeln, um zu überleben. Wenn auch viel an Wissen ausgetauscht wurde, untereinander durften die konzerneigenen Firmen sogar konkurrieren. In welche Richtung der Firmen-Obrigkeit man zu handeln wagte, gestaltete sich immer als eine einzigartige Spielkunst. Es fühlte sich wie das ‚Pressing‘ bei einem Fußball-Match an.

Die Vielfalt der Tochter-Unternehmen variierte immer öfter. Teile wurden neu errichtet, aufgekauft, andere wieder abgestoßen. Das Spektrum war weit gefächert, von Produktionsunternehmen bis in die Dienstleistungen von Werbung und Medien. Der schicksalshafte Schwenk begann mit der Entscheidung auf höchster Ebene, sich zusätzlich im Finanzsektor zu etablieren. Als die Sparte der Kapital-Beteiligungen die ertragsreichste und mächtigste wurde, änderte sich vieles fast unbemerkt im Gehäuse des Konzerns.

6.

Die Geschehnisse der letzten Tage waren das Einläuten einer neuen Phase in Jans Berufsleben. Das Verhältnis zum Unternehmen entwickelte sich so, dass völlig ungeahnte Szenarien sich öffneten. Das kribbelnde Gefühl war eine Mischung aus unbändiger Neugier und einer doch leicht aufkeimenden Besorgnis. Hatte er es mit einer unauffälligen Verfolgung zu tun? Woher kam sie? Wie organisiert man seinen eigenen Schutz?

Seine Unterlagen unterm Arm verließ Trond das Büro und ging in Richtung Konferenzraum. An der Tür wartete schon sein unmittelbarer Vorgesetzter, der auch Jans Personalakte am Laufenden hielt. Er rief ihm zu:

Hallo Herr Trond, wir müssen unbedingt nebeneinander sitzen

und fügte geheimnisvoll leise hinzu

heute kommt es zu ein paar konkreten Personalbeschlüssen, die auch Sie betreffen könnten. Ich möchte mit meinen Ratschlägen in Ihrer Nähe sein.

Das steigerte natürlich die Stimmung bei Jan und stachelte gleichzeitig seine Beflissenheit an, einen möglichst guten Eindruck zu hinterlassen.

Das Verhältnis zu Herrn Heintmann, seinem Vorgesetzten, war sehr positiv geprägt. Sie hatten an verschiedenen strategischen Aufgaben zusammen gearbeitet und waren dann auch für die operative Gestaltung mehrerer Markenentwicklungen gemeinsam tätig. Jans Business-Papers fanden stets Heintmanns Zustimmung. In den zahllosen Stunden der Ausfeilung der Programme in Werbung und Präsentation lernten sie sich gegenseitig schätzen. Die Arbeit verlief natürlich immer konzentriert, aber dennoch in einer Stimmung lockerer

Unbeschwertheit. So war es jetzt auch nicht verwunderlich, dass Heintmann seinem Schützling beim nächsten Karriere-Schritt unter die Arme greifen wollte.

Die Sitzung begann mit den üblichen Einleitungen und Themen-Besprechungen. Nach einigen Kaffeepausen war endlich die Abteilung ‘Development & Innovations‘ mit Heintmann und Jan am Zug. Ein minutiös erarbeiteter Businessplan wurde aufgelegt und fachgerecht präsentiert. Es entspann sich ein weitgefächerter Gedankenaustausch. Jan legte sich ordentlich ins Zeug. Es ging bis in den Nachmittag hinein. Und am Ende ist alles gut verlaufen. Er konnte mit der Anerkennung aller rechnen.

Heintmann sprach noch mit Herrn Demirel unter vier Augen. Demirel war der Vorstandsvorsitzenden der Gesellschaft für Nahrungsmittel, für die Heintmann und Trond arbeiteten. Die Company war eine nicht unbedeutende Tochter des SRV-Konzerns. Heintmann kam freudestrahlend auf Jan zu mit der Mitteilung

Herr Trond, es ist so weit, wir sind zu weiteren Gesprächen mit Damen und Herren der Konzernleitung eingeladen. Wir fahren zu einem gemeinsamen Abendessen in die Innenstadt. Bleiben Sie gefasst und versuchen Sie einen ebenso guten Eindruck zu machen wie bei der eben durchgeführten Präsentation. Wir treffen uns in einer viertel Stunde in der Tiefgarage.

Trond begab sich noch schnell in die Waschräume, machte sich frisch und eilte die Treppen hinunter. Nicht mit dem Aufzug fahren, sondern sich noch ein wenig zur Auflockerung ausstrampeln, dachte er bei sich. Unten wartete bereits Heintmann und sie begaben sich zum Abstellplatz der Firmenautos. Um den Schwierigkeiten des Parkens im überfüllten Stadt-Zentrum zu entgehen, war für sie ein Wagen mit Chauffeur bereitgestellt und ab ging es zum Dinner.

Im Nobel-Restaurant angekommen, wurden sie in einen abgesonderten Raum geführt, wo ein vornehm geselliger Kreis von zwei Damen und vier Herren sich bereits beim Aperitif unterhielt. Heintmann ging mit Jan auf Demirel zu, der sie den anderen vorstellte. Jan bekam den Platz zwischen Heintmann und Demirel zugewiesen. Ihnen gegenüber saß Mr. O’Donnel, einer der Vice-Presidents von SRV, wie Heintmann Jan ins Ohr flüsterte. Er sollte am heutigen Abend Jans neuen Schritt seiner Karriere besiegeln. Wie schwerwiegend diese Rolle war, würde sich im Laufe des Gesprächs noch erweisen.

Neben O’Donnel saß eine elegante Dame, Mrs.

Sunderman, die Stabs-Chefin der Konzernzentrale in New York. Sie musterte Jan mit taxierendem, aber durchaus wohlwollendem Blick. Im schicksalsvollen Ablauf des Geschehens wird sich herausstellen, dass sie eine wertvolle Freundin Jans werden sollte. Neben ihr saß ihre Assistentin, Ms. Boyer, die eine intimere Rolle spielen wird. Auf der anderen Seite von Boss O’Donnel saßen zwei kühl und reserviert sich gebende Manager, der eine aus der Firmengruppe in den USA, der andere aus Europa. Beide gaben sich, wie übrigens die anderen auch, ziemlich geheimnisvoll bis arrogant vornehm.

Zunächst wurde viel Belangloses diskutiert, aber immer mit einem Schuss bohrender Aufmerksamkeit für Jan, dem Mittelpunkt des Interesses in der Runde. Das Essen in vier Gängen mit einem exzellenten Wein wurde serviert und schmeckte allen offensichtlich sehr gut. Dieser Umstand lockerte die Atmosphäre leicht auf. Jan wurde nicht nur über berufliche Hintergründe befragt, auch sein Privatleben wurde angesprochen. Heintmann gab ihm natürlich die besten Referenzen ab. Demirel schien offensichtlich ein guter Bekannter des Konzern-Granden O’Donnel zu sein.

Zu später Abendstunde kam es dazu, dass O’Donnel das Gespräch plötzlich betont an sich riss. Es wurde merklich still am Tisch.

Mister Trond,

sagte er mit leiser Stimme,

ich habe einiges über Sie erfahren und Sie nun auch persönlich kennengelernt. Heute haben Sie offensichtlich meinen alten Freund Demirel mit einer gekonnten strategischen Präsentation überzeugen können. Es wird Ihnen ja sicherlich nicht entgangen sein, dass es in dieser Besprechung hier vorwiegend um Ihre Person geht. Könnten Sie sich vorstellen, eine Sonderaufgabe in unserem Unternehmen zu übernehmen, die klarerweise gut bezahlt ist, aber Ihren vollen Einsatz in jeder Hinsicht fordert?

Nach einer kurzen Pause fuhr er fot

Fürs erste bedeutet es, dass Sie in eine neue Rolle hineinschlüpfen werden. Da gibt es zuerst viel zu lernen. Sie haben ja in Ihrem Curriculum bisher bewiesen, dass Sie mit einer raschen Auffassungsgabe auch schnell dazulernen können. Und ich zweifle überhaupt nicht an Ihren intellektuellen Fertigkeiten. Diese werden aber nicht ausreichen.

Ich will sie vollen Ernstes darauf aufmerksam machen, dass es ein extrem hartes Business werden wird und wir vor allem auf eine uneingeschränkte Loyalität zählen müssen.

Besprechen Sie das ruhig mit Ihrem Vorgesetzten, Herrn Heintmann und dann reden wir weiter. Und nun, um nüchtern und bei Laune zu bleiben, bestellen wir uns einen starken Kaffee und ein gutes Dessert.

Heintmann stieß Trond kurz an und schlug vor, hinaus zu gehen, um die Dinge zu besprechen. Draußen unterhielten sich die beiden sehr intensiv, fast schon freundschaftlich und obwohl es erst um eine Art Vor-Antwort ging, die jederzeit noch zurückgenommen werden konnte, entschied sich Jan für ein klares Ja. Was sollte er denn sonst auch anderes tun! Diese Chance wollte er sich keineswegs entgehen lassen. Sie kehrten zu den anderen zurück und setzten sich. Die Blicke von Mr. O’Donnel und Trond kreuzten sich sofort. O’Donnel fragte unumwunden

Und - wären Sie bereit?

Trond stand auf und antwortete ohne Umchweife

Ja Sir , ich könnte mir das sehr gut vorstellen, ich bin bereit.

Gut, dann sollten Sie auch wissen worum es prinzipiell dabei geht.

7.

Wer sich mit Finanz-Beteiligungen beschäftigt, kann sehr leicht ins Fahrwasser höchst gefährlicher Manipulationen abdriften. Das ist nun einmal nichts Neues. Wenn aber eine Unternehmensgruppe, die mit klassischen Produkten und Dienstleistungen seriös am Markt ist, auf einmal eine Beteiligungsgesellschaft als neue Konzerntochter in ihren Reihen hat, ist es zumindest atypisch, wenn nicht gar verdächtig.

Mit diesen Tatsachen wurde Jan Trond konfrontiert. Ihm war nur unklar, was er dabei tun sollte, wo er doch ein ausgewiesener Marketing-Stratege und zuletzt als Innovations-Manager tätig war, aber so gar nichts von Finanzgeschäften verstand. Als O’Donnel den unsicheren Blick von Jan bemerkte, schwenkte er sofort von der Hintergrund-Story ab. Er erklärte ihm, dass er einen Scout für die Beteiligungsgesellschaft brauche und ihn dafür vorgesehen habe. Die Finanzierungs-Details wären dann nicht mehr Tronds Angelegenheit. Seine Funktion wäre zu recherchieren und den Markt aufzubereiten. Das Abtasten des Marktes und natürlich auch das Heranziehen potenzieller Kunden wären sein Betätigungsfeld. Das war verständlich und klang verlockend.

Nach dem semi-offiziellen Part in der Innenstadt von Wien knüpfte sich trotz der späten Stunde noch ein Besuch eines Wiener „Heurigen“ an, eines der sehr beliebten Ausschank-Gaststätten, wo ausschließlich Eigenbauwein des Wirtes offeriert wird. Diese Tradition geht noch auf die Alte-Donau-Monarchie zurück, auf eine Verordnung Kaiser Josef II. aus dem Jahre 1784. Diese Lokale entwickelten sich zu Gaststätten, die zu einer ganz besonderen Geselligkeit beflügeln. Auch O’Donnel und Trond ließen sich aus gegebenem Anlass von der Gemütlichkeit anstecken.

Sie wurden sich in der Sache schnell einig. Per Handschlag schlossen sie ihre Absichtserklärungen ab. Die Formalitäten würden in den nächsten Wochen von den Personalabteilungen durchgezogen werden. So begann eine neue Periode in der Laufbahn des Jan Trond. Was sie ihm an Gefahren bringen würde, ahnte er in diesem Augenblick noch nicht. Auf jeden Fall war es ein gelungener Abend. Auch die beiden Damen schienen sich in dem gemütlichen Ambiente köstlich zu unterhalten. Jan konnte ja nicht wissen, dass er das Hauptthema ihres Meinungsaustausches war.

8.

Es dauerte nicht lange und Jan Trond übersiedelte in seine neue Dienststätte in die Schweiz. Komfortabel waren sowohl Wohnung als auch die Bürolokalität. Die beiden Manager, die beim Erstgespräch in dem Restaurant in Wien anwesend waren, Pierre Boulin aus Paris und Frank Stoning aus New York, gehörten nun zu seinem neuen Team. Wöchentlich trafen sie sich zu einem Meeting im exquisit ausgestatteten Konferenzraum, in dem modernste Kommunikations-Geräte installiert waren. Sonst gab es noch eine EDV-Spezialistin und zwei Mitarbeiterinnen im Sekretariat, also ein kleines bunt gemischtes Team aus sechs Personen. Außer Trond haben sich alle in der Zentrale in New York hochgedient. Sie kannten den strengen Wind der Corporate-Identity des Konzerns vor Ort.

Die Aussicht von Jans Büro auf den See mit den Bergen im Hintergrund war fulminant. Es hatte etwas Beruhigendes an sich und förderte gleichzeitig die geistige Kreativität. Berge ebenso wie das Meer oder Seen sind für das Finden von Ideen ein wichtiger Incentive. Man muss am Horizont Dinge erblicken können, nicht in der Ferne ins Leere schauen – das würde die Sinne stumpf machen.

Jan schwelgte gerade ganz allgemein in Gedanken und erinnerte sich an seinen Schulfreund Klaus, der Physik studiert hatte und ein recht erfinderischer Typ war. Jan suchte seine Telefonnummer heraus und rief ihn an. Sie waren beide sehr erfreut, sich wieder einmal zu hören und so beschloss Jan kurzerhand, seinen Freund nach Luzern am Vierwaldstättersee einzuladen. So spontan dieser Anruf war, so kurz entschlossen trafen sich beide gleich in der nächsten Woche.

Klaus übernachtete bei Jan in seinem Gästezimmer und sie ließen ihre Seelen in den Erinnerungen an die alte Schulzeit baumeln. Das Wetter war schön, das Flanieren an der Uferpromenade angenehm und die Altstadt bot zahlreiche Möglichkeiten des kulinarischen Genusses. Die Unterhaltungen spitzten sich immer intensiver auf eine herausragende Thematik zu. Klaus erzählte ihm von seiner Erfindung, deren Tragweite sich Jan noch nicht ganz so bewusst war, aber deren Konturen sich immer mehr in die beruflichen Gedankengänge des Managers einnisteten. Es war eine tolle Sache, deren Alleinstellungsmerkmal der Marketing-Profi sofort erkannt hat. Klaus‘ Technologie war eine Wasseraufbereitung ganz besonderer Art. Er hatte ein System entwickelt, wie man Wasser mit stark angereichertem Sauerstoff anreichern konnte.

Das Prinzip war oft schon angedacht, konnte aber nie realisiert werden, da es aus rudimentär physikalischen Gründen unmöglich sei, Sauerstoff in einem geschlossenen Gefäß an Wasser zu binden. Viele Produkte trugen schon den Namen Sauerstoffwasser, ohne dass diese Ansage real nachweisbar war. Es mag wohl der Inhalt mit Sauerstoff angereichert worden sein, aber beim Öffnen der Flaschen oder Dosen war der Sauerstoff schon längst entwichen. Dies ließ sich an Probanden mit Hilfe des sogenannten Sauerstoff-Partialdruckes messen.

Da stand nun ein Verfahren zur Verfügung, das eine Lösung des Problems: ankündigte. Bei den Testpersonen, die das angereicherte Wasser tranken, stieg in kürzester Zeit der Sauerstoff-Partialdruck an, der entscheidende Indikator für die Sauerstoffsättigung des Blutes. Bei ihrem nächsten Treffen führte Klaus den Beweis vor. Er hat einen Prototyp des Gerätes mitgebracht. So konnte er gleich aus dem Trinkwasser der Wasserleitung angereichertes Sauerstoff-Wasser produzieren. Er gab Jan zu Trinken. Wenige Minuten danach zeigte das Messgerät bei ihm ein Ansteigen des Sauerstoffpartialdrucks an.

Sofort schossen Jan die verschiedensten Vermarktungsideen durch den Kopf. Die Allgemeinheit weiß ja, dass Wasser eines der kostbarsten Güter unseres blauen Planeten ist. Denn Wasser ist Leben. Was stellt aber mit Sauerstoff veredeltes Wasser für die Volksgesundheit dar? Im Zuge seiner Marktforschung hatte Trond festgestellt, dass 35 % der Menschen unter chronischem Sauerstoffmangel leiden. Die Folge sind gravierende Gesundheits-Probleme, unter anderem Zellschädigungen. Er lernte, wie lebensnotwendig Sauerstoff für den Zellmetabolismus ist. Das hat alles mit der Vitalkapazität und anderen medizinischen Indikatoren zu tun. Je tiefer er in die Materie eindrang, umso klarer wurde ihm, dass es sofort medizinischer Untersuchungen bedurfte, um sich auf den gewaltigen Stoff zu stürzen.

Es gab ja auch schon Labortests, deren Resultate in der einschlägigen Literatur dokumentiert waren. Es war beeindruckend, wie facettenreich die Anwendungsmöglichkeiten sein könnten. Aber niemandem ist es bislang gelungen, die Wunder-Mischung effektiv, also bei vollem Erhalt des Sauerstoffs in eine marktgerechte Getränkeverpackung zu bändigen. Die Erfindung von Klaus war zweifelsohne eine berauschende Innovation.

9.

Bei einem der nächsten Meetings seines Teams brachte Jan die Thematik zur Sprache. Alle sahen die grandiosen Vermarktungs-Möglichkeiten vor Augen. Pierre, der schon früher Kontakte zur medizinischen Forschung hatte, erklärte sich bereit, ein medizinisches Institut mit den Untersuchungen zu beauftragen. Der Aufwand war sicherlich umfangreich. So beschlossen sie, in der Zentrale um grünes Licht für das Projekt anzusuchen. Es würde sicherlich ein lang andauernder kostspieliger Prozess erforderlich sein. Und sie erhielten freie Hand.