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Die Polizei in Dresden beunruhigen mysteriöse Tötungsdelikte in Sachsen. Es sind Genossen einer langjährigen DDR-Seilschaft. Gibt es einen Zusammenhang mit den vielen verschwundenen DDR-Millionen? Die Ermittler der Spezialeinheit des Bundes entdecken mehrere Scheinfirmen. Ein Karussell aus historischer Zeit vor der Wende beginnt sich im Dresden der Neuzeit weiterzudrehen. Ein grausamer Fund von Skeletten in einem Bunker aus der Kriegszeit bringt ein Familiendrama ans Licht. Nachforschungen bringen die Ermittler auf eine brisante Spur. Ist das überlebende Mädchen der Familie aus dem Feuersturm 1945 entkommen und die lange gesuchte Strippenzieherin eines dubiosen Machtspiels? Der Gerichtsreporter Norbert Heinze wird neben seinen Gerichtssitzungen in einen Mordkomplott verwickelt. Seine in Vergessenheit geratene Stasi-Vergangenheit holt ihn ein und begleitet ihn nun Tag und Nacht.
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Seitenzahl: 237
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Für
meine Dresdener Freunde!
Gute Unterhaltung mit dem „Dresden-Krimi“.
Norbert Heinze
Kerstin Heinze
Petra Heinze
Ute Volkmann
Robert Bauer
Sonja Schulze
Julia Bender
Thorsten Leubner
Michael Weiser
Peter Franke
Christa Berger
Ralf Förster
Tobias Werner
Egon Walther
Klaus Täuber
Susanne Reuter
Sahra Reuter
Vaclav Tolov
Thomas Gladow
Laurenzo Fiol
Maria Fiol
Constanze Hielscher
Walter Domröse
Gudrun Johann
Monika Trebusch
Werner Schmitz
Martin Baum
Ralf Kramer
Bernd Borchardt
Alina
Rainer Michel
Roberto James
Jörg Röttger
Klaus Böger
Dieter Busch
Tarek
Umar Harab
Mike Wohlers
Gabi Wohlers
Wolfgang Wohlers
Piet Jordan
Peter Busch
Alles, was zählt, ist diese Entscheidung.
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Epilog
Glossar
Kapitel 1
Kapitel 2
Anmerkung
Der Schatten des Systems veränderte im Jahr 1983 von einem zum anderen Tag das Leben der jungen Familie Heinze in Dresden.
Fortwährender Verdruss über mangelnde Reisefreiheit, wegen Ablehnung der Parteizugehörigkeit, Ablehnung von Urlaubsquartieren an der Ostsee und später auch Ungarn und die Perspektivlosigkeit in der beruflichen Weiterentwicklung, insbesondere eigene Selbstständigkeit als Gebäudereiniger, veranlassten Norbert Heinze den Ausreiseantrag zu stellen.
Er, seine, mit 23 Jahren gleichaltrige Ehefrau Kerstin und die 3-jährige Petra wollten in den Westen, in die BRD. In das Land des Klassenfeindes. Für Norbert das gelobte Land.
Dort, wo die Selbstständigkeit gefördert wurde, im Gegensatz zur DDR, wo es keine Förderung des Kapitalismus gab.
Bekannte, Freunde, Arbeitskollegen wandten sich von der Familie ab. Norbert bemerkte eine verstärkte Beobachtung und Fotodokumentation vieler seiner privaten und beruflichen Aktivitäten.
Seine Fahrten mit dem Pkw wurden verfolgt.
Die Wohnung wurde verwanzt. Rund um die Uhr hatte die Stasi die Familie abgehört. Gespräche in der Wohnung erfasst.
Im Jahr 1983 wurde der Familie Post zugestellt.
Von der Abteilung Inneres.
Eine Vorladung. Grund: IHR ANLIEGEN.
Norbert und Kerstin begaben sich zu der Adresse in Dresden. Radeberger Straße. Ein konspiratives Objekt der Stasi.
Ein unverfänglich wirkendes Haus. Norbert und Kerstin Heinze wurden in getrennte Räume gebeten.
Schnell entwickelte sich ein Verhör. Der Druck auf die Befragten nahm zu. Erreicht werden sollte die Zurücknahme der Ausreise.
Drei Stasi-Leute waren im Raum anwesend.
Die Angebote reichten von Anwerbung als freier Mitarbeiter für das MfS, also als IM. Sofortige Haftverschonung bis zum Wiedersehen des Kindes.
Norbert und Kerstin Heinze lehnten ab.
Baten darum gehen zu dürfen.
Das konnten sie auch.
Nach dem Verlassen der Befragungszimmer warteten zwei Männer. Handschellen klickten. Es folgte am 2. Oktober 1984 die Überführung in einem LADA Fahrzeug der Staatssicherheit zur U-Haft.
Getrennt von den Verbrechern wurden die Eheleute in den politischen Bereich gebracht.
Im Aufnahmeraum erfolgte die komplette Leibesvisitation, bei Norbert inklusive Analbereich, bei Kerstin die Scheide.
Die psychische Schikane ergänzte die Unterbringung in Einzelhaft.
Das karge Zimmer mit einer Liege, die an der Wand angebracht war, einem fest betonierten Holzhocker, einem Holzbretttisch an der Wand und einem Klo in der Ecke des Raumes.
Nachts wurde Lichtterror verübt. Immer wieder wurde der Schlaf so gestört.
Am Tag erfolgten Vernehmungen durch die Stasi.
Es ging um die Preisgabe von Namen etwaiger Gleichgesinnter.
Die spätere Gerichtsverhandlung am 13.12.1984
ergab eine Haftstrafe für Norbert von 1 Jahr und 8 Monaten, für Kerstin wegen Mittäterschaft 1 Jahr und 4 Monate.
Das Strafmaß wurde begründet mit „öffentlicher Herabwürdigung“ gleichbedeutend mit „Äußerung gegen den Staat“ und „Beeinträchtigung staatlicher Tätigkeit“ wegen „Nichtzurücknahme des Ausreiseantrages“.
Norbert saß in Bautzen ein.
Seine Frau im Frauengefängnis in Hoheneck.
Arbeitslager war der Tagesinhalt. Vom Lohn wurde das Leben im Knast bestritten, ein Teil wurde für die Entlastung zurückgelegt.
Der betriebene Gefangenenfreikauf, ausgehandelt durch die Anwälte Vogel und Neumann, Ost- und Westberlin, brachten nach 10 Monaten und 12 Tagen Norbert und Kerstin in die Freiheit zurück.
Sie standen als Personen auf der Anforderungs- und Angebotsliste.
Aus verschiedenen Gefängnissen wurden etwa 40 Personen zu einem MERCEDES Bus gebracht.
Hinter dem Bus fuhr ein LADA mit Stasi-Leuten. Im Bus fuhren zwei Stasi Beamte als medizinisches Personal mit. An dem Grenzübergang Herleshausen/Eisenach wartete in seinem goldenen MERCEDES E-Klasse mit dem Kennzeichen IS 0044 der Anwalt Wolfgang Vogel. Er war vorweg gefahren.
Alle Personen der Liste wurden aufgerufen.
Ein Prozedere, um keine anderen Personen in die BRD einzuschleusen. Eine Person fehlte.
Kerstin Heinze. Offizielle Erklärung: wegen Krankheit nicht reisefähig.
Norbert Heinze wartete vergebens auf das erhoffte Wiedersehen.
Eine Krankheit? War das der wirkliche Grund?
Erst viele Jahre später wird Norbert Heinze die Wahrheit erfahren.
„Heinze, Norbert Heinze?“
„Ja!“
„Einsteigen!“
Der kurze Befehl brachte Wärme in das Herz von Norbert. Vorbei an zwei Stasi-Leuten, die mit langem Ledermantel und tief ins Gesicht gezogenen Hüten das Prozedere beobachteten, betritt Norbert Heinze am 4. Juli 1985 den MERCEDES Bus.
Es folgten weitere Aufrufe.
Der Rechtsanwalt Wolfgang Vogel liest nacheinander die 40 Namen der Ausreiseliste vor.
„Kerstin Heinze?“ Ein Stasi-Mann flüstert dem Rechtsanwalt eine Nachricht ins Ohr. Der Anwalt streicht die Person und ruft den nächsten Namen.
„Ute Volkmann?“
„Ja!“
„Sie können einsteigen, den Platz gleich hier vorne.“
Nach Ute Volkmann betraten zwei Beamte den Bus.
Ein Mann und eine Frau.
Medizinisches Personal als Begleitung für die mehrere Stunden dauernde Busfahrt von Berlin zum Grenzübertritt Herleshausen.
Der Rechtsanwalt warf, neben einem Blick in den gefüllten Bus, noch einen lauten Spruch hinterher.
„Gespräche auf der Fahrt sind bitte zu unterlassen.
Sollten sie irgend einen Wunsch haben, drücken sie die Klingel an ihrem Sitz. Ich wünsche ihnen eine gute Fahrt!“
Zwei Hände klaschten, es blieben die Einzigen. Der Bus bahnte sich den Weg über die Transitstrecke nach Gießen. Den sichtlich für etwas Beruhigung sorgenden Umstand, dass dem Bus voraus der goldenen MERCEDES des Rechtsanwalts Vogel fuhr, ließ das mulmige Gefühl über den dem Bus folgenden LADA der Stasi-Behörden etwas verblassen.
Kerstin Heinze stand wie angewurzelt da. Starr vor Angst. Der sie lange verhörende Stasi-Mann kam langsam auf sie zu. „Es ist jetzt die Zeit zur Entscheidung. Sie können in den LADA steigen. Er bringt sie zum Bus.“
Dann grinst der Mann. „In den goldenen Westen, da wollen sie doch hin. Oder?“ Kerstin Heinze sieht jetzt den verachtenden eiskalten Blick. „Oder sie haben die Chance wieder mit ihrer Tochter zusammenzuleben.“
Wenige Augenblicke später sieht Kerstin Heinze die perfekte Inszenierung. Aus einem Fenster eines parkenden LADA ruft ihre Tochter: „Mama!“
„Immerhin hat Petra sie noch erkannt. Ist doch was nach knapp einem Jahr, oder?“
„Was seid ihr doch für Schweine!“
„Vorsicht junge Frau, das habe ich nicht gehört.
Oder wollen sie noch zwei Jahre länger einsitzen?“
Kerstin Heinze erfasst plötzlich ein Gefühl der Vertrautheit. Sie stellt sich Fragen. Kann der Stasi-Mann ihr wirklich helfen?
„Tut mir leid, Frau Heinze, lange kann ich nicht mehr warten.“
Er deutet mit einer Handbewegung eine Richtung an, in die sie gehen soll. Kerstin Heinzes pochendes Herz beruhigt sich langsam.
Sie geht auf den LADA mit ihrer auf dem Rücksitz sitzenden Tochter Petra zu. Tränen kullerten, Tränen des Glücks. „Eine kluge Entscheidung.“
„Wo bringen sie uns hin?“
„Nach Berlin. Nette Kollegen wollen mit ihnen sprechen.“
Die Fahrt nach Berlin genoss Kerstin Heinze.
Eng umschlungen nahm sie erst wieder die Ankunft im Ost-Berliner Stadtbezirk Lichtenberg wahr.
Dem großräumigen Komplex des Ministeriums für Staatssicherheit. Der Wagen hielt nach der Kontrolle bei der Zufahrt vor dem hochgeschossenen Gebäude HV A an der Frankfurter Allee.
Schnell kam es zum ersten Kontakt mit der Auslandsspionage. Der Begriff „Klassenhass“ wurde abgefragt. „Wir haben keine Gegner, wir haben nur Feinde. Klassenfeinde!“
Schnell begriff Kerstin den Grundbaustein eines echten Kommunisten. Und vor allem war ihr bewusst, dass ihr die Kenntnisse ihre Tätigkeit im Techn.- Wissenschaftlichen Bereich nutzen konnten. Sie arbeitete mehrere Jahre im Werk von ROBOTRON an der Weiterentwicklung von Großrechnern.
Kerstin musste sich lehrreiche Geschichten über DDR und KGB Spione anhören.
Erfolgreiche Agentengruppen im Dienste der DDR.
Wenn schon, denn schon. Sie fasste den Entschluss, über den unmittelbaren Arbeitsbereich hinaus, so viel wie möglich an Informationen aus dem Militärbereich zu bekommen. Dann braucht sie Verbindungen, um in den Bereich der oberen SED-Parteistrukturen eindringen zu können.
„Ihr Operationsgebiet wird die BRD sein!“
Dann wurde es präziser. „Ihre Aufgabe wird sein, Westkontakte herzustellen. Interessante Personen zu kontaktieren.“
Norbert Heinze wischt sich den Schlaf aus den Augen. Der Bus hatte angehalten. Es folgte das gleiche Prozedere mit den Namen. Aufgerufen diesmal vom deutschen Anwalt Neumann.
Alle Businsassen kamen nach der Überfahrt in den Westen ins Notaufnahmelager Gießen. Der Bus fuhr nach dem Ausstieg der Ankömmlinge weg.
Über 40 Neu-Westdeutsche freuten sich über das Versorgungspaket: Capri Sonne, Brötchen, Banane, die Schachtel ERNTE 23 und ein Feuerzeug.
Ute Volkmann sieht, wie sich das Gesicht von Norbert in Falten legt. Sie spricht Norbert Heinze an. „Ich kannte Kerstin aus der Jugendzeit. Wir haben viel zusammen gemacht.“
„Ja, dein Name fiel oft.“
Es dauerte nicht lange, dann ging es weiter.
Statt Verhör durch die Stasi befragten Norbert Heinze nun CIA und der BND. Für die war er, als ein politischer Schutzsuchender, eine hochinteressante Person! Vor allem für die Herren vom BND aus Pullach bei München!
Die alltägliche DDR Idiotie, die die Geheimdienstler gerne hörten, brachte Norbert auf den Tisch.
Die Herren machten sich Notizen, Norbert wartete auf das Angebot. Es musste kommen, es hatten auch die Stasi-Leute schon versucht. Eintreten für eine bessere Welt. Aber welche soll denn besser sein? Der stalinistische Dogmatismus oder die kapitalistischen Weltverbesserer? „Leben ist das eine. Aber was beabsichtigen sie mit ihrem Leben anzufangen?“
Die Amerikaner waren Norbert zu hemdsärmelig, galten als wenig rücksichtsvoll, schützten im Gefahrenfall nur ihre eigenen Landsleute.
Zuträger anderer Nationen ließen die schon mal im Regen stehen. So führten seine Überlegungen eher in die Richtung der Münchener. Er dachte, mit denen kommt er besser zurecht.
Dann stellte Norbert Heinze klar: „Meine Frau ist verschwunden, meine Tochter auch. Wenn ich euch was gebe, bekomme ich was zurück?“
Mit dem BND in Pullach glaubte er das Ei des Kolumbus gefunden zu haben.
Den Pullachern hat er gewissermaßen viel Scheiße erzählt. Er wusste viel. Arbeitete in Dresden in den besten Amtsstuben als Glas- und Gebäudereiniger.
Die Stasi führte ihn als „OV Glas“!
Im Aufnahmelager ging es freudig zu.
Zigaretten wurden gegen Bierdosen getauscht.
Das Begrüßungsgeld wurde schnell umgesetzt.
Norbert suchte Kontakt zu Ute Volkmann.
Sie war seine erste private Ansprechperson.
In den nächsten Tagen sprachen sie viel über die alten Zeiten, viel über Kerstin und Petra. Eine Reihe von Fragen schossen Norbert Heinze durch den Kopf. Er wollte Antworten finden.
Und das möglichst kurzfristig.
Das ROBOTRON Areal in Dresden galt in den 1970ern als eines der größten Bauprojekte.
Bezeichnend dafür die Innenstadtnähe mit Zugang zum GROSSEN GARTEN. Treffpunkt für alle ROBOTRONER ist die gerade fertiggestellte ROBOTRON Kantine.
Der “Fortschritt-Optimismus“ lud heute zum Amateur-Kabarett DIE LACHKARTE ein.
Kerstin Heinze ist gerne eine von den rund 68.000 ROBOTRONERN in den 21 Betrieben. Am liebsten die Miss SILICON SAXONY unter den über 4.000 Mitarbeitern in Dresden.
Kernstück der Arbeit ist die Entwicklung des ROBOTRON A 5105, des Bildungscomputer, der für das ganze Schulsystem der DDR vorgesehen war.
Ihr direkter Vorgesetzter hat sie zum heutigen Kulturabend eingeladen. Der Abteilungsleiter aus dem Bereich Messelektronik hatte Anweisung aus dem Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik. „Wir werden sie vermissen, Frau Heinze. Nur wenige sind eingeweiht. Hier ihre neuen Papiere.“
Kerstin Heinze nimmt ohne Regung den verschlossenen Umschlag von Robert Bauer entgegen. „Ich bin ihr Ansprechpartner. „Egon“.“
„Passt doch zu „Gabi“!“
„Gibt noch was zum Lachen, auch ohne Lachgranate Stumpf!“
„Wenn es so bleibt!“
„Egon“ gab seiner „Gabi“, jetzt Sonja Schulze ,die Instruktionen für die Bewerbung auf eine Ausschreibung von IBM in Essen.
Technologie-Spionage spart dem Staat Millionen.
Wichtiger ist aber durch Informationen einen Technologievorsprung zu erzielen.
„Der operative Vorgang lautet „Buche“. Du wirst eingewiesen in das Kurierwesen, Handhabung der toten Briefkästen, in den chiffrierten Funkverkehr.
Treffs nur mit mir!“
Robert Bauer und Sonja Schulze gehen in den Saal 2 zurück. Nach heftigem Gelächter und langen anhaltenden Applaus bleiben sie noch einige Zeit im Saal 1. „Programmieren beim Klassenfeind!“
Kerstin Heinze steht die Euphorie im Gesicht geschrieben. „Bist geil auf Gold und Silber?“
Kerstin denkt an ihre Sportler Zeit. Durch die Ehe mit Norbert und dessen DDR Gesinnung blieben ihr große Erfolge versagt. Andere fuhren zu den Wettkämpfen.
„Die DDR- und MfS-Führung mögen das Wort „Agent“ nicht. Eigentlich bedeutet es „Agierender“.
Als Agenten wurden nur die westlichen, imperialistischen Geheimdienste bezeichnet. Wir sind „Kundschafter“.“
Patriot, IM, egal. Kerstin Heinze zog in ihr Operationsgebiet nach Essen, bewarb sich bei IBM.
Nahm Gefahr und Strafverfolgung in Kauf.
Immerhin sah sie es, als positiv an nicht im DDR Staat eingesperrt zu sein. Sie wurde mit Orden bedacht, auf sie wurden in der HV A Zentrale Loblieder gesungen. Kerstin Heinze konnte in Dresden eine noble Wohnung vorhalten. So konnte sie ein perfektes Doppelleben führen.
Der Blick auf den Ausweis begeistert Norbert Heinze. Ausweis C.: Politischer Schutzsuchender..
„Zeig mal deinen.“ Ute Volkmann trinkt gelassen erst ihre Tasse Cappuccino aus. Dann nimmt sie ihren Ausweis aus der umgehängten Handtasche.
„Ja, der wird wichtig sein. Türen öffnen.“
„Und in 15 Jahren eine monatliche Rente.“
Wie recht Ute Volkmann doch hatte. Zuerst half der Ausweis bei der Wohnungsbeschaffung. Ohne Arbeit keine Wohnung. Ohne Wohnsitz keine Arbeit. Im Westen ist nun mal alles anders.
Der Ausweis C war in der Tat Gold wert.
Norbert Heinze quält sich durch den Berufsverkehr in seine kleine angemietete Wohnung in Frankfurt am Main im Stadtteil Westend.
Ein Zusammenleben mit der attraktiven Ute Volkmann kam für ihn nicht infrage. Er ist verheiratet. Aber ohne Frau. Oft denkt er an Kerstin. Und natürlich an seine Tochter Petra.
Vor allem, als er die Berichte im Fernsehen sah.
Über die Unruhen in der DDR wurde laufend berichtet. Seine Qualifizierung als Gebäudereiniger brachte ihn in Frankfurt am Main sofort in Arbeit.
Der heutige Tag hatte es in sich. Als Gehilfe war er eingesetzt bei einer Tatortreinigung. Nach der Freigabe durch die Polizei durften die spezialisierten Gebäudereiniger in die Wohnung.
Die Spuren am Ort des Geschehens, ein Tötungsdelikt an einer allein wohnenden Rentnerin, mussten beseitigt werden. Es handelte sich um eine längere Liegezeit. Die alte Dame lag über drei Wochen unbemerkt in der Wohnung. Der Enkel soll sie gefunden haben. So der Tratsch unter den Nachbarn.
Als die Informationen an die Pullacher BNDler immer spärlicher ausfielen, ja ausfallen mussten, im Prinzip keine Erkenntnisse zu seiner verschwundenen Frau und Tochter kamen, beendete Norbert Heinze die Zusammenarbeit.
Folgte endlich seinem großen Wunsch nach Selbständigkeit.
„Gibt es denn da genug zu tun?“, fragte Ute ihn besorgt. „Mordfälle, Suizid, Unfälle, normale Todesfälle. Es gibt viel zu tun.“
„Aber gleich als Selbstständiger?“
„Ja, das wird angemessen bezahlt. Im Westen kommst du nur richtig zu Kohle, wenn du dich spezialisierst oder noch besser, als ein Spezialist und Selbststständig.“ Dass das stimmt, erfuhr Ute sofort. Per Telefon wurde Norbert Heinze zu einer Villa bestellt. Was er sah, übertraf alle seine Vorstellungen an diesen Beruf: Zersplitterte Fensterscheiben, zerborstene Spiegel, defekte Möbelstücke, eine Blutspur etwa 15 Meter lang, durch mehrere Räume und dem Flur.
Ein aufgebrochener Wandsafe. Schussspuren in den Wänden. „Die Villa gehört einem Industriellen.
Angeblich soll er im Waffengeschäft gewesen sein.
Die Polizei kam hier mit dem ganz großen Besteck.“
Norbert Heinze musterte den jungen Mann.
„Sie sind Fotograf?“
„Fotoreporter. Hier meine Karte!“
„Das ist hier noch nicht zu Ende.“
„Bin sehr gespannt, wer hier als Nächstes einzieht.“
Norbert Heinze tauscht sich mit dem jungen Mann aus. Er erfährt, dass sein Vater Gerichtsreporter ist. Für die FAZ arbeitet.
Tobias Werner lacht. „Ja, bei meinem Vater schreibt der Tod mit!“
„Du machst die Fotos und dein Vater den Text.“
„Nein, ganz so ist es nicht.“
„Wir sehen uns, hab hier bestimmt eine Woche zu tun!“
„Der Verdächtige wird wegen dringender Verdachtsgründe gemäß § 213, 105 StGB operativ bearbeitet. Der Verdächtige zählt zum vertrauten Verbindungskreis von „OV Fuchs“. Zum „OV Fuchs“ liegen Verdachtsgründe für eine nachrichtendienstliche Tätigkeit vor. „OV Glas“ pflegt einen guten Umgang mit „OV Fuchs“. Er nimmt eine verfestigte feindliche Grundeinstellung zu den gesellschaftlichen Verhältnissen in der DDR ein. Es ist davon auszugehen, dass ihm jedes Mittel recht ist, um Staats- und Parteifunktionären Schaden zuzufügen. Er verkehrt mit politisch gleich gesinnten Personen, betreibt zur persönlichen Bereicherung spekulative Geschäfte.“
IMB „Georg“ hatte in vertraulichen Gesprächen mit Norbert Heinze seine Erkenntnisse über den Gebäudereiniger übermittelt.
Er will von Vorbereitungshandlungen erfahren haben, dass Norbert Heinze die DDR in die BRD auf ungesetzlichem Weg verlassen will.
Die Abt. 26 ermittelte, dass div. Einreisen in die VR Ungarn gestellt wurden.
Gemeinschaftlich mit zwei weiteren Familien.
Der Operativplan für „OV Glas“ sah in der Tat am 15. März 1984 aufgrund des Eröffnungsberichtes umfangreiche Maßnahmen vor.
Der Leiter der Kreisdienststelle bestätigte den Operativplan. Benannte Verantwortlich den Hauptmann Uhl.
Weiterer Einsatz von IMB Georg
Aufklärung durch Abt. 26, B-Maßnahme
Einsatz der Abt 3, konspirative Wohnungsdurchsuchung
Konspirative Beobachtung und Kontrolle über Bewegungen
Überprüfung bei ZGK und DUG, ob NSA-Verbindungen vorliegen
Einleitung von Fahndungsersuchen
Einleitung von Maßnahmen der Abt. H und PZF
Sicherung der Staatsgrenze Süd zur Abwehr von strafrechtlichen Handlungen
Beweissicherung der Ausreiseanträge
Überprüfung in der Abt. X zur Reisetätigkeit
Analyse und Komplexität im Zusammenhang mit OV Fuchs
Die Abt. VII stellte weitere Verbindungen von OV Glas fest. Er empörte sich über die bürgerfeindliche Handhabung, die Reise nach Ungarn zu untersagen. Die Türschloss-Einbauanweisung „PUNKT“ wurde getroffen und umgesetzt.
„Herr Genosse Oberst, es gibt strafrechtliche relevante Hinweise zur „OV Glas.“
„Und das wären?“
„Wo soll ich anfangen?“ Der Hauptmann Uhl liest aus dem gefertigten Protokoll vor.
„Vorsätzlicher Versicherungsbetrug. Vortäuschung eines Autounfalls. Beteiligt „OV Fuchs“. Laut ABV-Bericht ein Führerscheindelikt. Stempellöschung vor Ablauf. Verletzung der Meldeordnung. Verkauf von Einrichtungsgegenständen. (Vorbereitungen zum Verlassen der DDR offenkundig).
Untermieteraufnahme zur Wohnungsüberlassung bei Ausreisegenehmigung. Betreiben eines illegalen Taxi-Betriebes. IM-Hinweis von Kenntnissen des „OV Glas“ über Schleuseraktionen. Betreiben spekulativer Geschäfte zur Gewinnerzielung zum Nachteil von Mitbürgern.“
„Zeugen?“ Hauptmann Uhl gibt dem Genossen Oberst eine Liste mit Namen.„Was macht ein Zeuge wie „OPK Fichte“ Sinn?“
„Sehr viel. Der „Operative Vorgang Komplex“ (OPK) sagt sehr viel aus. Es bestand ein enges Verhältnis zu „OV Glas“.
„Einbestellen, sie wissen schon: „Ihr Anliegen“. In unser Wohnobjekt. Heinze und seine Frau. Sie werden kommen. Ganz sicher.“
„In Ordnung Herr Oberst!“
In dem kleinen Verhörzimmer des unscheinbaren Wohnhauses ereiferte sich der Stasi-Mann.
„Sie haben am 1.10. und auch am 2.10. gegenüber Funktionären in ihrem VEB-Dienstleistungskombinat die staatliche Ordnung der DDR verunglimpft. Jetzt stellen sie eine Missachtung der Gesetze in der DDR offen dar.
Drohen mit der Besetzung der ständigen Vertretung der BRD. Dies kommt einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung gleich.“
„Wenn sie unseren Übersiedlungsantrag nicht genehmigen, ist das mein Weg. Und der Weg meiner Frau!“ Norbert Heinze drückte sich klar aus.
„Auf die sie verstärkt Einfluss nehmen, Druck ausüben, dass sie sich schließlich auch eine ablehnende Haltung zur sozialistischen Gesellschaftsordnung bekam und dann im Juli einer Übersiedlung zustimmte.“ Eine klare Antwort.
„Ich habe nichts Weiteres zu sagen.“
„Das Ende hier bestimmen wir. Aber sie können jetzt gehen.“ Norbert Kunze trat aus dem Zimmer vor die Tür. Zwei Herren in Zivil nahmen ihn in Empfang. „Es gibt noch Gesprächsbedarf. Kommen Sie bitte mit.“ „Was soll das?“ Im Fahrzeug erklärte sich der Mann neben Norbert Kunze auf der Rückbank des Wagens sitzend. „Kooperieren sie, Mann. Das haben andere auch gemacht. Sie stehen das nicht durch!“
Kerstin Heinze steht auf der Hauptstraße, an der Ecke Heinrichstr. „Straße der Befreiung“.
Schaut auf das Ensemble, welches von den Bauschaffenden der Stadt und Kreise zum 30.
Jahrestag der DDR erbaut wurde. Dargestellt sind die Kreise Bischofswerda, Radebeul, Kamenz, Freital, Dresden, Bautzen, Löbau, Pirna und Dippoldiswalde.
Sie geht stolz vorbei an den acht barocken Sandsteinfiguren, die in der Mittelachse in zwei Vierergruppen aufgestellt sind. Am Obergraben bleibt sie am Sandsteinbrunnen mit vier Metern Durchmesser stehen. Sie ist endlich zurück in Dresden. Zurück in der Plattenbaumetropole. Sie fragt sich immer wieder: „Wie wird der Wandel in der DDR ausgehen?“ Sie wusste, es kann die chinesische Lösung kommen. SED Führer waren eigens nach China gereist.
„Petra, wo bist du?“
„Am Hauptbahnhof!“
„Scheiße, komm da weg. Sofort.“
„Nein Mama, wir wollen uns nicht mehr verprügeln lassen. Der 3. Oktober bringt die Wende.“
Den ganzen Tag hörte Kerstin Heinze die Sirenen der Krankenwagen. Sie fuhren in der ganzen Stadt.
Petra Heinze sieht, wie eine Gruppe von 52 Personen eine Kirche besetzen.
“Geh du nach Hause, Kleine!“ Dann formuliert die Gruppe der Demonstranten lauthals ihre Forderung. „Wir wollen ausreisen!“
Die Information ging hoch bis Stasi-Chef Erich Mielke. Es dauerte 24 Stunden, dann bekamen alle 52 Personen den Ausreisestempel für die Bundesrepublik.
Kerstin Heinze hatte ihre Papiere als Sonja Schulze.
„Wenn es so kommen soll, wenn ein Staat so blind handelt, geht es bestimmt den Ende zu. Die Grenzen rund um die DDR waren zu. Jetzt hatte sie nur noch eine Wahl. Mituntergehen, oder?“
Sie kontaktete Robert Bauer. „Jetzt geht es um alles.“
„Also ums Geld!“
„Die Gruppe X, du weißt, sie beginnt Millionen beiseitezuschaffen.“
„Millionen?“
„Es werden Milliarden sein!“
„Es gibt einen Plan, den kennen nur wenige. Nur zwölf.“
„Wer sind die anderen?“ Robert Bauer antwortet nicht. „Hier, nimm diese Diskette!“
Kerstin Heinze fährt nach Berlin. Erlebt auch hier Ausschreitungen am 7. Und 8. Oktober. 1000e werden verhaftet. Am 8. Oktober sah in Dresden alles nach einer Eskalation aus. Volk und Polizei standen sich gegenüber.
Kerstin Heinze weiß: Die friedliche Revolution in der DDR war gar keine. Sie war geprägt von vielen kleinen Revolutionen, im ganzen Land der DDR zwischen Elbe und Oder. Nicht alle gingen friedlich vonstatten. Nicht nur in Berlin schwangen Stasi und Polizei ihre Knüppel. Wollten der Opposition Einhalt gebieten. In Leipzig standen die Panzer in Bereitschaft. In Dresden brannte der Hauptbahnhof. Tausende wollte die Gleise stürmen, auf die Züge von Prag nach dem Westen springen.
Tausende gerieten in Haft.
Ausgerechnet in Dresden wendete sich alles.
In einer dramatischen Stunde einigten sich Protestler der Bürgerbewegung und Polizisten. Ein Ein katholischer Kaplan wurde unverhofft zum Wortführer. Auf der Gegenseite ein Offizier der Volkspolizei.
Es gab Polizisten, die sagten: “Da mache ich nicht mehr mit.“
Es kam zu der Dresdener friedlichen kleinen Revolution. 20 Demonstranten durften mit dem Dresdener Oberbürgermeister Berghofer sprechen.
Kerstin Heinze hat jetzt ganz andere Gedanken.
Sie nimmt Petra in den Arm.
Versteckt die Diskette im flauschigen Bauch des Teddybären von Petra, gelernt ist gelernt.
Der Tag, an dem die Mauer fiel.
Die Bürgerinnen und Bürger der DDR spielten dabei die Hauptrolle.
Sie forderten grundlegende Reformen. Ohne seinen Untergang konnte das Regime sie nicht bewilligen.
Der Zwiespalt: Viele wollten den Staat verlassen, ihre Ausreise erzwingen, andere wollten bleiben, aber mit Reformen, u.a. Reisefreiheit.
Unter diesem Druck machte der Staat einige Zugeständnisse.
Aber das Kartenhaus brach innerhalb weniger Stunden trotz Sicherheitsvorkehrungen zusammen.
Der schnelle Verfall der DDR 1989/1990 ebnete den Weg zur Überwindung der Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990.
Einen Moment wird es Norbert Heinze wärmer ums Herz.
Ute Volkmann wirft ihm einen besorgten Blick zu.
Seine beste Freundin nimmt ihr Handy aus der locker umgehängten Handtasche.
Schaut auf den Bildschirm. Die Nachricht ist kurz und knapp gefasst.
Wir sollten miteinander reden!
Im Anschluss an die Nachricht ist ein Standort mit Google Maps in Dresden sichtbar. Prager Straße.
„Was hat das zu bedeuten?“
Norbert Heinze sieht, wie Ute die Stirn runzelt.
„Was gibt es?“
Norbert greift nach dem Arm von Ute. Ute Volkmann weicht zurück. „Ich weiß nicht.“
Seine Freundin ist keine gute Lügnerin, das weiß er. Holt ihn jetzt nach vielen Jahren die Vergangenheit ein?
„Sie sind gekommen, um Kerstin Heinze zu treffen?“
Dann schafft der Mann schnell Klarheit.
„Sie wird nicht kommen!“
Ute Volkmann holt tief Luft.
„Kerstin ist gestorben. Tragisch, es war ein Unfall.“
Ute beißt sich auf die Lippe. Der sehr schlanke Mann kommt schnell zur Sache.
„Uns interessiert, was sie von Kerstin wollten?“
„Uns?“ Der Mann reißt die Augen auf.
„Das wollen sie nicht ernsthaft wissen. Glauben sie mir, es ist besser so.“
Ute Volkmann spürt instinktiv, dass die auf dem Gehweg verweilenden Menschen sie wahrnehmen.
Es gibt ihr eine gewisse Sicherheit.
Wo ist sie reingeraten? Was wollte ihre Freundin aus vergangener Zeit in der DDR mit ihr besprechen?
Jahre hatten sie keinen Kontakt. Genau genommen trennten sich die Wege 1984.
Kerstin Heinze war plötzlich verschwunden.
„Aus dem Strafvollzug entlassen“, hieß es.
Die 3-jährige Petra sei zu einem Pflege-Elternpaar nach Berlin gekommen. Der Vater in den Westen durch Gefangenenfreikauf. Seine Frau erschien damals nicht zum Bustransfer. „Ich beabsichtige herausfinden, warum Kerstin mit mir reden wollte.“
In Gedanken läuft die alte Zeit ab. Sie waren damals sehr jung. Lernten fast gleichzeitig ihre Freunde kennen. Ute rechnet nach. Kerstin müsste jetzt im Alter um die 30 Jahre sein. So wie Norbert.
„Sagt ihnen der Begriff „X“ etwas?“
Der ihr fremde Mann unterbricht schroff Utes Gedanken. Sie überlegt. „X“?“
Schnell erfasst sie etwaige Zusammenhänge.
Geht es um alte Stasi-Geschichten?
Sie lässt sich nichts anmerken. „X“? Keine Ahnung!“
Der Mann legt seinen Mantel über den Arm und verabschiedet sich, indem er freundlich seinen Hut hebt.
Ute Volkmann nickt, lächelt gekünstelt, aber immerhin freundlich zurück.
Ute sitzt im ICE nach Frankfurt am Main. Hält verkrampft den heißen Becher Kaffee in der Hand.
Wie soll sie bloß Norbert die traurige Nachricht beibringen? Und die spannenden Zusammenhänge.
Der fremde Mann. Die Frage nach „X“?
Wer zuerst was sagt, hat verloren. Das weiß auch Norbert. Da ist sich Ute sicher.
Die beiden sitzen aneinandergekuschelt auf dem weißen Ledersofa.
„Der Beaujolais ist lecker.“
„Nun sag schon, was wollte deine Freundin? Mit oder ohne Bart?“
„Ha ha, ohne natürlich!“ Norbert stellt den Ton des Fernsehers leiser. Dann flackert eine Nachricht über den Bildschirm. MDR AKTUELL.
Es ist die Todesnachricht von Kerstin Heinze.
UNGEKLÄRTE TODESURSACHE IN DER DRESDENER HEIDE. Polizei bittet um Mithilfe.
Details an.........!
„Das kann nicht sein! Ich habe seit 1984 kein Lebenszeichen von Kerstin und Petra. Nein, das glaube ich nicht.“
Er geht ans Fenster und schaut auf die hell erleuchtete Straßenlaterne.
Langsam fallen einige Blätter vom Baum. Ein leichter Windzug weht sie einige Meter auf das alte Kopfsteinpflaster.
Ute Volkmann spürt, dass ihr Freund voller Fragen ist. Antworten sucht. Kann sie ihm helfen sie zu finden? “Sprech mit mir, Norbert.“
„Wo soll ich anfangen? 1984?“
Ute Volkmann schenkte Wein nach. „Ich habe Zeit!“
Dann begann Norbert zu erzählen.
„Also, es ist gelaufen wie bei vielen. 1982 stellte ich den Ausreiseantrag. Dann begannen die Bespitzelungen. Das Ende war Knast in Bautzen und für Kerstin in Hoheneck. Den Rest kennst du.
Freikauf durch BRD. Kerstin stand auf der Angebotsliste. Erschien aber nicht. Aus Punkt. Ich weiß nicht, was mit Kerstin passierte. Vielleicht wurde sie angeworben als IM. Als ein Druckmittel gegen die kleine Petra. Das haben die bei mir auch versucht. Ich bin damals standhaft geblieben.“
Norbert Heinze öffnet eine Dose Bier.
„Die Stasi-Akten werden bald zur Einsicht freigegeben. Ob da Klarheit kommt? Ich hoffe es!“
Er wirft Ute auch eine Dose zu.
„Zufrieden?“
„Nein! Okay, mit dem Bier schon.“
Eine Reihe von Fragen schießen den beiden durch den Kopf. „Wie mag sie zu Tode gekommen sein?“
„Die Polizei wird es ermitteln!“
„Die fangen bei einer Beziehungstat an. Du wirst sehen, es dauert nicht lange, dann stehen die Beamten der Polizei vor der Tür.“
„Wir müssen nur bei der Wahrheit bleiben.“
„Klar, Ehemann meldet Ehefrau nicht als vermisst, lebt mit einer Freundin zusammen, Freundin der getöteten. Politischer Geflüchteter. Usw.“
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