Der verbannte Highlander - Monica McCarty - E-Book

Der verbannte Highlander E-Book

Monica McCarty

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Beschreibung

Leidenschaft pur: ein prickelnder Highlander-Roman

Einzig um das angestammte Land seines ausgestoßenen Clans wieder in seinen Besitz zu bringen, wirbt Patrick MacGregor unter falschem Namen um Elizabeth Campbell, die Tochter des verhassten Clan-Chiefs. Lizzie ist fasziniert von dem starken Krieger, der mit verführerischen Küssen ihr Herz erobert, und weckt ein brennendes Verlangen in ihrem wilden Highlander, das bald stärker ist als sein Wunsch nach Vergeltung. Doch Betrug und erbitterte Rache bedrohen ihre Liebe …

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Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel »Highland Outlaw« bei Ballantine, New York.
By Blanvalet, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.
Copyright © 2009 by Monica McCartyCopyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2010 by Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 München. Covergestaltung: HildenDesign, München, unter Verwendung eines Motivs von Oliviero Berni via Agentur Schlück GmbH Redaktion: Sabine Wiermann HK • Herstellung: sam Satz: DTP Service Apel, Hannover
ISBN 978-3-641-11178-6V002
www.blanvalet.dewww.penguinrandomhouse.de

Buch

Einzig um das angestammte Land seines ausgestoßenen Clans wieder in seinen Besitz zu bringen, wirbt Patrick MacGregor unter falschem Namen um Elizabeth Campbell, die Tochter des verhassten Clan-Chiefs. Lizzie ist fasziniert von dem starken Krieger, der mit verführerischen Küssen ihr Herz erobert, und weckt ein brennendes Verlangen in ihrem wilden Highlander, das bald stärker ist als sein Wunsch nach Vergeltung. Doch Betrug und erbitterte Rache bedrohen ihre Liebe …

Autorin

Monica McCarty studierte Jura an der Stanford Law School. Während dieser Zeit entstand ihre Leidenschaft für die Highlands und deren Clans. Sie arbeitete dennoch mehrere Jahre als Anwältin, bevor sie dieser Leidenschaft nachgab und zu schreiben anfing. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihren Kindern in Minnesota.

Weitere Informationen unter: www.monicamccarty.com

Inhaltsverzeichnis

BuchAutorinWidmungHIGHLAND OUTLAWPrologKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Anmerkung der AutorinDanksagungCopyright

Für Reid, meinen strammen Kerl, der noch in der Ausbildung steckt. Ich wünsche dir, dass du einmal ebenso stark, gut aussehend und liebevoll wirst wie die Helden in meinen Büchern (okay, und auch wie dein Dad, aber verrate ihm das bloß nicht!).

HIGHLAND OUTLAW

Wenn der Mond über Seen und Hügeln einkehrt,Trägt der Clan seinen Namen, der bei Tag ihm verwehrt;Dann zusammen, zusammen, zusammen, Gregalach!Zusammen, zusammen, zusammen.

Unser Schlachtruf, von Herrschern wir ihn empfingen,Unser rächend Halali darf des Nachts nur erklingen!Dann Halali, Gregalach! Halali, Gregalach!Halali, halali, halali, Gregalach.

Glen Orchys Gebirg, Coalchuirns Türme zur Wehr,Glenstrae und Glenlyon gehörn uns nicht mehr:Wir sind landlos, landlos, landlos, Gregalach!Landlos, landlos, landlos.

Doch vom Lehnsmann verlassen und Lehnsherrn entehrt,hat MacGregor doch stets noch sein Herz und sein Schwert.Dann mutig, mutig, mutig, Gregalach,Mutig, mutig, mutig.

Wenn den Namen sie uns rauben, uns Hunde hetzen nach,Gebt den Geiern ihr Fleisch und den Flammen ihr Dach!Dann Vergeltung, Vergeltung, Vergeltung, Gregalach!Vergeltung, Vergeltung, Vergeltung.

So noch Laub in den Wäldern, auf den Flüssen Wellen sprühn,soll MacGregor ihnen trotzen und immerdar blühn!So komm, Gregalach, so komm, Gregalach,So komm, so komm, so komm.

Durch die Tiefen Loch Katrines soll das Ross galoppieren, Auf dem Gipfel Ben-Lomonds soll das Boot manövrieren, und die Felsen Craig Roystons wie Eiszapfen schmelzen, eh unsre Unbill verschmerzt, unsre Rache vergessen! Dann zusammen, zusammen, zusammen, Gregalach! Zusammen, zusammen, zusammen.

»MacGregors Zusammenkunft« SIR WALTER SCOTT

Prolog

Gott kann nicht zufrieden seyn … als bis nicht diese elende und abscheuenswerthe rasse ausgerotet und getilget, und niemals gedultet, fuerderhin in diesem lande zu weylen oder auffenthalt zu haben … sie sollen gejagt, verfolget, und vernichtet werden mit feuer und schwert …

Erlass zur Auslöschung von Clan Gregor Kommission erteilt dem Earl of Argyll durch den Geheimen Rat 24. Februar 1603

Inveraray Castle, Juni 1606

Eines Tages würde sein Cousin sie noch alle umbringen. Patrick MacGregor konnte nur hoffen, dass dieser Tag nicht heute war. Doch Alasdair konnte einfach keiner Herausforderung widerstehen, nicht einmal einer, die sie tief in die Höhle des Teufels führte – in diesem Fall nach Inveraray Castle, der Festung von Clan Campbell in den Highlands. Die dicken Steinmauern der strengen Burg ragten hoch über die Bäume hinaus und erinnerten abweisend an die Vorherrschaft ihres Feindes seit mehr als hundertfünfzig Jahren.

Heute allerdings waren die Tore der uneinnehmbaren Festung einladend geöffnet und das Tal, das sich von der Burg bis zu der Reihe strohgedeckter Hütten entlang des Ufers von Loch Fyne erstreckte, wimmelte vor Hunderten von Clansleuten, die von überall aus den Highlands hergekommen waren. Ein Hauch von Aufregung lag in der feuchten Morgenluft. Die Spiele würden bald beginnen.

Als sie die schützenden Schatten des Waldes verließen und sich dem Turnierplatz näherten, musterte Patrick aufmerksam die Umgebung. Die vielen Jahre der Flucht vor Ergreifung hatten seine Sinne geschärft. Vorsicht und Argwohn waren ihm in Fleisch und Blut übergegangen, und im Moment schlugen alle seine Instinkte heftig Alarm.

Sein Blick schoss hierhin und dorthin durch die Menschenmenge, um sich ein genaues Bild der Situation zu machen. Doch niemand nahm übermäßig Notiz von den drei Neuankömmlingen … bis jetzt.

Die MacGregors waren wieder einmal für vogelfrei erklärt worden – was dank der Campbells in den letzten gut siebzig Jahren nur allzu häufig vorgekommen war. Dennoch hatte sein Cousin Alasdair Roy MacGregor, Chief der MacGregors of Glenstrae, darauf bestanden, die Highlandspiele in diesem Jahr zu besuchen, um am Wettkampf im Bogenschießen teilzunehmen. Alasdair war als ›der Pfeil von Glenlyon‹ bekannt und galt als hervorragender Bogenschütze. Doch er war nicht der Beste. Dieser Titel gehörte Rory MacLeod. Es war die Gelegenheit, MacLeod gegenüberzutreten und ihn zu übertreffen, die sie gezwungen hatte, ihr Versteck zu verlassen. Die Tatsache, dass die Spiele in diesem Jahr auf Inveraray – dem Heim ihres erbittertsten Feindes – abgehalten wurden, erhöhte die Gefahr nur noch.

Als die drei Männer den Rand des schlammigen Feldes erreicht hatten, drehte sein Cousin sich zu ihm um. »Du weißt, was zu tun ist?«

»Aye«, antwortete Patrick. Das sollte er besser auch, denn schließlich war es sein eigener Plan. »Aber bist du dir auch sicher, dass du das hier tun willst?« Sein Cousin trug zwar einen stählernen Helm über dem unverwechselbaren roten Haar – ein Merkmal, das die MacGregors mit ihren Feinden, den Campbells, gemeinsam hatten – und eine Kapuze gegen den Regen, die seine Züge überschattete, doch wenn jemand ihn erkannte, bevor ihr Plan in die Tat umgesetzt war, dann war der Chief ein toter Mann.

Die Augen seines Cousins leuchteten erwartungsvoll auf. »Absolut sicher.« Um Unterstützung heischend sah er Patricks Bruder Gregor an. »Es wird Zeit, dass Rory MacLeod ein kleines bisschen Konkurrenz bekommt, und die Gelegenheit, das direkt unter Argylls spitzer Nase zu tun …« Sein Mund verzog sich zu dem vertrauten spitzbübischen Grinsen, das ihm die Herzen seines Clans eingebracht hatte. »Das ist eine Versuchung, der man einfach nicht widerstehen kann.«

»Wir werden längst wieder fort sein, bevor ihnen überhaupt klar wird, was geschehen ist«, fügte Gregor hinzu.

»Aber nicht zu schnell«, warf der Chief ein. »Ich will, dass jeder weiß, wer gewonnen hat.«

Patrick bedachte seinen verwegenen Cousin mit einem stählernen Blick. »Damit du den goldenen Pfeil von Lady Marian einfordern kannst?«

Alasdair lachte glucksend und schlug ihm hart auf die Schulter, denn er war sich seines Rufs als eine Art Robin Hood sehr wohl bewusst. Ebenso wenig war ihm die Anspielung auf jenen Bogenschießwettbewerb entgangen, der abgehalten worden war, um dem berühmten Geächteten eine Falle zu stellen. »Hinter deiner schwarzen Fassade steckt ein trockener Humor, Cousin. Ich habe nicht die Absicht, heute irgendwelchen Campbells zu begegnen, aber du kannst versichert sein, dass ich ihnen jede Menge Gesprächsstoff hinterlassen werde.«

Daran hatte Patrick nicht den geringsten Zweifel. Sein Cousin hatte einen waghalsigen Zug an sich, der manchmal an Tollkühnheit grenzte. Das Oberhaupt von Clan Campbell  – Archibald der Grimmige, der Earl of Argyll – war kein Mann, den man reizen sollte: Er schlug vernichtend zu. Doch da er wusste, dass Alasdair sich nicht davon abbringen lassen würde, nickte Patrick nur. »Dann viel Glück, Cousin. Und sei vorsichtig. Wenn etwas schiefläuft, dann sei bereit.«

»Mit meinen zwei grimmigsten Kriegern als Rückendeckung, was könnte da schon schiefgehen?«

Patrick zog eine Augenbraue hoch. »Du willst doch nicht wirklich, dass ich darauf antworte, oder?«

Sein Cousin kicherte nur und schlenderte beschwingt auf die Reihe der Wettbewerber zu.

Patrick bewunderte seinen Cousin für dessen unbeschwerte Zuversicht, auch wenn er sie nicht teilen konnte. Er hatte sich in seinem Leben schon zu oft dem falschen Ende einer Hakenbüchse oder eines Pfeils gegenübergesehen, als dass er den Geruch von Gefahr nicht erkannt hätte. Und im Augenblick stank es geradezu zum Himmel.

Während sein Cousin sich dem Wettkampfplatz näherte, brachten er und Gregor sich verstohlen in Position. Patrick gab sein Möglichstes, in der Menge nicht aufzufallen – in Anbetracht seiner Körpergröße und Statur kein leichtes, aber durch jahrelange Übung perfektioniertes Unterfangen.

Obwohl sein Gesicht nicht so bekannt war wie das seines Cousins – und er nicht den charakteristischen Rotschopf, sondern schwarzes Haar hatte –, war er dankbar für die Kapuze und den Helm. Sie hatten sich auf Regen eingestellt, und der Himmel hatte sie nicht enttäuscht. Kalter Regen im Frühling war etwas, das in den letzten paar Jahren mit solcher Regelmäßigkeit vorkam, dass man sich beinahe darauf verlassen konnte. Der braune Wollumhang half dabei, das zerlumpte, schmutzverkrustete leine und breacan feile – die typische Highland-Tracht aus Leinenhemd und Plaid – zu verbergen, aber kein noch so ausgiebiges Bad im Loch konnte die Beweise fortwaschen, dass ein Mann monatelang in der Wildnis gelebt hatte.

Er genehmigte sich einen Krug Ale und stellte sich in die hintere Ecke des überfüllten Pavillons, der für die Zuschauer errichtet worden war. Wie es bereits bei den Turnieren in alten Zeiten üblich gewesen war, hatte man ein großes Zelt aufgestellt, um den obersten Mitgliedern des Clans einen bequemen – und einigermaßen trockenen – Ort zur Verfügung zu stellen, von dem aus sie den Wettkampf verfolgen konnten.

Das Zelt bildete das Herzstück ihres Plans. Mehrere Tage lang hatten sie sicher versteckt von dem bewaldeten Hügel Duniquoich aus mit Blick auf die Burg und das Dorf die Gegend abgesucht, um eine Möglichkeit zu finden, für ein Ablenkungsmanöver zu sorgen. Als das Zelt errichtet wurde, wusste Patrick, dass er sie gefunden hatte.

Nachdem Alasdair den Wettbewerb gewonnen haben würde, sollte er das Zeichen geben, indem er die Kapuze abnahm und sein Bonnet zeigte, das mit einem Kiefernzweig, dem Giuthas nam mòr-shliabh, dem Abzeichen der MacGregors, geschmückt war. Dann würden Patrick und Gregor die Pfosten umstoßen, die das Leinenzelt stützten. Normalerweise wären jeweils mehr als ein Mann nötig, um die gewaltigen Holzpfosten umzureißen, aber er und Gregor verfügten über ungewöhnliche  – oder, wie sein Cousin zu scherzen pflegte, unmenschliche  – Körperkraft.

Sobald das Zelt einstürzte, würde eine Handvoll MacGregor-Wachmänner, die im Wald warteten, eine Salve von Pfeilen auf die Burg herniederregnen lassen und laut schreiend einen Angriff vortäuschen. Den Frieden der Spiele zu stören war ein schweres Vergehen und ein grober Verstoß gegen Tradition und Brauch der Highlands. Aber da es ja kein wirklicher Angriff war, so sagte Patrick sich, blieb die Ehre ihres Clans – zumindest das, was davon noch übrig war – gewahrt.

Die Menge würde durch das Tor in den barmkin strömen, um in die Sicherheit der Burg zu gelangen, und dadurch den Campbells den Weg zu den Stallungen und den Pferden abschneiden. In dem daraus entstehenden Chaos konnten die drei MacGregors den Wald erreichen, wo eine Handvoll ihrer Männer mit Pferden wartete, um ihnen eine schnelle Flucht zu ermöglichen. Natürlich würde man sie verfolgen, aber sobald sie sich erst einmal in den Wäldern und Hügeln befanden, waren die MacGregors im Vorteil.

Sie waren daran gewöhnt, gejagt zu werden.

Von seinem Standort aus hatte Patrick einen guten Blick auf die Reihe von Bogenschützen, die sich darauf vorbereiteten, ihre ersten Pfeile auf die auf Erdhügeln befestigten Zielscheiben abzufeuern. Alles, was ihm noch zu tun blieb, war zusehen und warten. Mit jeder Runde würde die Neugier der Menge auf den talentierten Fremden wachsen, und damit auch das Risiko. Sobald sein Cousin die Kapuze abnahm, blieb nicht mehr viel Zeit.

Bis dahin war es wichtig, dass er nichts tat, das die Aufmerksamkeit auf ihn zog. Eine falsche Bewegung …

Er warf einen Blick zu der kleinen Erhöhung in der Nähe der Burg hinüber, einer hölzernen Konstruktion, die durch den grauen Nebel gerade noch zu erkennen war. Der berüchtigte Hinrichtungshügel. Bis Sonnenuntergang könnten sie alle drei vom häufig genutzten Galgen der Campbells baumeln.

Der Wettbewerb fing an und die Menge wurde immer ausgelassener und lauter, je mehr Ale floss. Besonders eine Gruppe von Männern war schwer zu überhören. Patrick erkannte den Mann mit der lautesten Stimme. Es war John Montgomery, der Bruder des Earls of Eglinton. Es ging das Gerücht, dass der Earl eine Verbindung mit Argyll suchte, um dadurch Verbündete für seine tödlichen Fehde mit den Cunninghams zu gewinnen.

Offensichtlich steckte in dem Gerücht ein Körnchen Wahrheit. Soweit er wusste, hatte sich Montgomery kürzlich mit Elizabeth Campbell verlobt, Argylls Cousine und Schwester des Campbell of Auchinbreck, Jamie Campbell, Argylls Henker. Und wenn das Mädchen keine Campbell wäre, dann hätte Patrick angesichts der unschmeichelhaften Bemerkungen, die ihr Verlobter von sich gab, beinahe Mitleid mit ihr gehabt. Anscheinend stotterte sie, denn sie nannten sie abfällig Elizabeth Monntach, die stotternde Elizabeth.

»Aber ich dachte, du hattest vor, die schöne Bianca zu heiraten?« , meinte einer der Männer. »Die graue Campbell-Maus verblasst doch sicher im Vergleich zu ihr.«

»Sie ist hübsch genug. Für eine Verbindung mit dem Earl of Argyll würde ich sogar ein Pferd heiraten, dem die Hälfte der Zähne fehlt«, verteidigte sich Montgomery, was eine Runde herzhaften Gelächters zur Folge hatte.

»Aber wie sieht es mit der Unterhaltung aus?«, fragte ein anderer Mann. »H-h-hast d-du k-k-keine A-a-ngst, dass es den ganzen Tag dauert, sich ›Guten Morgen‹ zu wünschen?«

An Montgomerys Reaktion konnte Patrick erkennen, dass der Scherz des Mannes ihm peinlich war, doch Montgomery überspielte sein Unbehagen mit einer groben Bemerkung. »Dann muss ich eben dafür sorgen, dass ihr Mund mit anderen Dingen beschäftigt ist.«

Der derbe Humor fand großen Anklang bei seinen Zuhörern, denn die anderen Männer kicherten.

Dreckskerle. Patrick gab sich alle Mühe, sie nicht zu beachten, und sah wieder zum Wettkampffeld hinüber, wo sich die Zahl der Teilnehmer auf nur noch eine Handvoll reduziert hatte, unter ihnen Alasdair, Rory MacLeod und der Campbell-Vollstrecker. Er hoffte inständig, dass sein Cousin vorsichtig war. Jamie Campbell war ein respekteinflößender Gegner  – sogar noch gefährlicher als sein Cousin, der Earl. Glücklicherweise befand Alasdair sich auf der anderen Seite der Reihe und hatte die Aufmerksamkeit des Henkers noch nicht auf sich gezogen. Doch wenn sich das Spielfeld immer mehr zusammenzog …

Von der gegenüberliegenden Seite des Zeltes fing Patrick Gregors Blick auf und signalisierte ihm mit einem Kopfnicken, sich bereitzuhalten.

Gerade als er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Wettkampf richten wollte, fiel sein Blick auf eine junge Frau, die vom südlichen Burgtor her auf das Zelt zukam. Er wusste nicht, was an ihr seinen Blick auf sich gezogen hatte – vielleicht ihr beschwingter Gang oder das zarte Lächeln auf ihrem Gesicht, das er unter der Kapuze ihres Umhangs nur schwach erkennen konnte. Sie wirkte so jung und sorglos, beinahe überschäumend vor Freude. Doch in ihrem Ausdruck lag eine Unsicherheit – so als ob sie an dieses Gefühl nicht gewöhnt wäre –, die seinen Blick fesselte.

Flüchtig sah er zum Wettkampf hinüber und bemerkte, dass sein Cousin in die nächste Runde gekommen war, und dann kehrte sein Blick unerklärlicherweise wieder zu dem Mädchen zurück. Der teuren Kleidung nach zu schließen, musste sie über beachtlichen Reichtum verfügen. Unter einem edlen, dunkelblauen Samtumhang blitzte ein höfisches Gewand hervor, dessen Saum mit Juwelen besetzt war. Doch sie war ein winziges Ding und schien in den weiten Röcken und den vielen Lagen der schweren Stoffe förmlich zu ertrinken.

Sie kam geradewegs auf ihn zu, und als sie sich näherte, konnte er ihre Züge unter der Kapuze besser erkennen.

Große blaue Augen beherrschten ein elfenhaftes Gesicht, das älter war, als er zuerst angenommen hatte – mindestens ein paar Jahre älter als zwanzig. Doch ihre Augen waren es, die ihn erstaunten, so hell und glasklar, dass sie beinahe unwirklich wirkten. Sie war hübsch, mit blasser Haut, feinen Zügen und einem zarten, rosigen Mund. Die Farbe ihres Haars, das sie unter die Kapuze gestopft hatte, konnte er nicht erkennen, doch er vermutete, dass es hell war. Sie war nicht unbedingt schön oder auch nur apart, doch sie war hübsch auf eine ruhige, zurückhaltende Weise, die ihn seltsam in ihren Bann schlug. Es war die Art von Gesicht, das immer schöner wurde, je länger man es betrachtete. Ein Neigen des Kopfes, der Anblick ihres Profils bot eine völlig neue bewundernswerte Perspektive.

Keine fünf Fuß von ihm entfernt blieb sie stehen und ihr zarter, weiblicher Duft hüllte ihn ein. Sie roch nach Frühling, so frisch wie Tau auf einer Rose. Es war lange her, dass er etwas so Süßes und Unverdorbenes gerochen hatte.

Sie hatte den Blick auf die Männer geheftet, deren Unterhaltung er zuvor mitangehört hatte, und nur, weil er sie so aufmerksam beobachtete, bemerkte er, wie ihr Lächeln gefror, als sie ihnen zuhörte.

»Aber wie hast du Elizabeth Monntach dazu überredet, deinen Antrag anzunehmen?«

Sie zuckte zusammen, als habe man sie geschlagen. Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht, und mit ihr all die zaghafte Freude, die er noch vor wenigen Augenblicken bemerkt hatte.

Montgomery lachte und plusterte sich auf wie ein Pfau. »Bei ihrem Stottern rennen ihr die Verehrer ja nicht gerade die Burgtore ein. Es ist schon erstaunlich, wie leicht es einem fällt, zu lügen, wenn man sich dafür auf eine Mitgift von sechsundzwanzigtausend Silbermerk und Ländereien freuen kann.«

Wenn Patrick gerade von seinem Ale getrunken hätte, dann hätte er sich verschluckt. Sechsundzwanzigtausend Silbermark! Ein Vermögen. Und Ländereien noch dazu? Obwohl es nicht gänzlich undenkbar war, kam es dennoch höchst selten vor, dass eine Frau eigene Ländereien besaß.

»Es war nichts weiter nötig, als ein paar Komplimente und geflüsterte Koseworte«, prahlte Montgomery. »Das Mädel hat sie so dankbar aufgeschnappt wie ein kleines Hündchen.«

Die Frau gab einen erstickten Laut von sich und ihre Augen weiteten sich entsetzt. Dem betroffenen Ausdruck auf ihrem Gesicht nach war es nicht schwer zu erraten, wer sie war: Es musste Elizabeth Campbell sein.

Verdammt. In Anbetracht seines eingeschworenen Hasses gegenüber allem, was mit den Campbells zu tun hatte, traf ihn der Anflug von Mitgefühl unvorbereitet.

Ihr Verlobter hatte den Laut ebenfalls gehört; er riss den Kopf herum und begegnete ihrem Blick. Schock breitete sich auf Montgomerys Gesicht aus, gefolgt von Bestürzung, als ihm klar wurde, dass er sich soeben selber eine Grube gegraben hatte. Es war der Ausdruck eines Mannes, der wusste, dass er soeben etwas Kostbares verloren und sich zugleich auch noch ein paar gefährliche Feinde eingehandelt hatte.

Die Demütigung und der schiere Schmerz auf ihrem Gesicht waren beinahe nicht mitanzusehen, während die Männer um Montgomery verstummten, als sie erkannten, was geschehen war. Sie sah todunglücklich aus, so als habe man ihr gerade eine Traumwelt zerstört. Es war ein Gefühl, das er nur zu gut kannte. Ihr Kinn zitterte, und Patrick fürchtete, dass sie gleich in Tränen ausbrechen würde.

Er tat einen Schritt auf sie zu, doch dann hielt er inne und fragte sich, was zum Teufel er eigentlich glaubte, für sie tun zu können. Es war nicht sein Problem. Das Mädchen war Argylls Cousine und die Schwester des Henkers, um Himmels willen!

In dem langen, unangenehmen Schweigen fingen die Männer um Montgomery an, unbehaglich von einem Fuß auf den anderen zu treten.

Elizabeth Campbell stand wie zu Stein erstarrt, den Blick immer noch auf Montgomery geheftet. Patrick verspürte ein ungewohntes Ziehen in der Brust angesichts der Verletzlichkeit, die sie so angestrengt zu verbergen versuchte. Im Stillen drückte er ihr die Daumen, als sie ihren ganzen Stolz zusammennahm, die Schultern straffte und das bebende Kinn reckte. Sie mochte zwar ein winziges, kleines Ding sein, aber in dieser zarten Gestalt steckte Stärke.

Nun war ihr Gesicht wie eine Maske aus Alabaster, ohne jeden Ausdruck und so zerbrechlich wie Glas. Eine einzige Berührung, und sie würde womöglich zerbrechen. »Nicht so dankbar, als dass ich Euch h-h-hei-r…« Ihre Stimme brach ab, als ihr das Wort im Hals steckenblieb, und mit entsetzt aufgerissenen Augen presste sie die Hand vor den Mund.

Einer der Männer unterdrückte ein Lachen, und Patrick hätte ihn am liebsten dafür getötet. Mit brennenden Wangen wirbelte sie auf dem Absatz herum und fing an, den Weg zum Burgtor zurückzulaufen. Doch sie hatte nur ein paar Schritte zurückgelegt, als das Unheil zuschlug.

Sie glitt mit einem Fuß im rutschigen Schlamm aus, verlor das Gleichgewicht und fiel rückwärts auf ihr Hinterteil, wobei sie mit einem lauten Platsch in einer trüben, braunen Pfütze landete.

Einer der Männer murmelte: »Anscheinend sind ihre Füße genauso ungeschickt wie ihre Zunge.«

Ein paar von ihnen lachten nervös und Patrick betete, dass sie es nicht gehört hatte, doch an der Art, wie sie die Schultern sinken ließ, erkannte er, dass es doch so war.

Es war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Es reichte. Die Rolle des Retters war ihm fremd, aber er konnte nicht länger einfach nur tatenlos danebenstehen. Er wusste, was er riskierte, aber irgendetwas zwang seine Schritte vorwärts. Kein Mädchen – nicht einmal eine Campbell – hatte solche Grausamkeit verdient. Und Patrick verstand vielleicht mehr als jeder andere, was es hieß, niedergeschlagen und hilflos zappelnd im Schlamm zurückgelassen zu werden. Er wusste, was Ungerechtigkeit bedeutete.

Mit wenigen langen Schritten war er bei ihr. Ihre Kapuze war beim Sturz verrutscht und gab eine einzelne dicke Locke flachsblonden Haares frei, das sogar noch im grauen Nebel leuchtend schimmerte. Die schlichte Schönheit traf ihn unvorbereitet. Obwohl er ihr Gesicht nicht sehen konnte, erkannte er am leichten Beben ihrer Schultern, dass sie weinte. Er verspürte ein heftiges Brennen in der Brust und tief in den Eingeweiden seiner dunklen Seele regte sich etwas, von dem er nicht geglaubt hatte, dass er noch in der Lage war, es zu fühlen: Mitgefühl und der unerklärliche Wunsch, zu beschützen.

Am liebsten hätte er diese Männer mit bloßen Händen dafür erwürgt, dass sie ihr weh getan hatten. Vielleicht würde er das sogar noch tun. »Hier, Mädchen«, sagte er sanft und streckte ihr die Hand hin. »Nehmt meine Hand.«

Zuerst glaubte er schon, dass sie ihn nicht gehört hatte. Doch dann wandte sie leicht den Kopf, so dass er das Glitzern einer einzelnen Träne sehen konnte, die ihr über die blasse Wange kullerte. Der winzige Tropfen fraß sich wie Säure durch das stählerne Band um seine Brust. Langsam hob sie die Hand und legte sie in die seine. Sie war so klein und weich, dass er beinahe zurückgezuckt wäre – erschrocken zuerst, und dann beschämt, als er an seine eigene harte, schwielige und schmutzverkrustete Handfläche dachte.

Doch sie schien es nicht zu bemerken.

Sanft zog er sie auf die Füße. Sie war so ein winziges Ding, dass er sie mit nur einem Finger hätte hochheben können. Er hielt ihre Hand und auf eigenartige Weise widerstrebte es ihm, sie loszulassen, bis sie sich ihm sanft entzog.

Zu verlegen, um ihn anzusehen, hielt sie den Blick gesenkt. »Ich danke Euch«, hauchte sie so leise, dass er sie beinahe nicht gehört hätte.

»Das sind Narren. Ihr habt Glück, dass Ihr ihn los …«, hob er an, doch sie hastete bereits davon. Die Rückseite ihres edlen Umhangs war von der Taille bis hinunter zum Saum völlig durchweicht und troff vor Schlamm.

Instinktiv tat er ihr einen Schritt nach, doch dann pflanzte er die Füße fest auf den Boden und ließ sie gehen. Schließlich hatte er keine Ahnung, wie man ein Mädchen tröstete, selbst wenn das überhaupt möglich wäre. Die Vorstellung, dass ein geächteter MacGregor eine Campbell-Erbin tröstete, war so abwegig, dass er beinahe darüber gelacht hätte, wenn diese Fähigkeit nicht schon vor langer Zeit in ihm gestorben wäre.

Er wandte den Blick von der einsamen Gestalt, die durch die Tore der Burg verschwand, gerade noch rechtzeitig ab, um zu sehen, wie Jamie Campbell, Argylls Vollstrecker und der gefährlichste Mann in den Highlands, geradewegs auf ihn zukam. Der Henker musste mitangesehen haben, wie seine Schwester stolperte, und hatte offensichtlich beschlossen, der Sache nachzuforschen. Und indem Patrick ihr geholfen und die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, hatte er sich selbst zum Mittelpunkt dieser Nachforschung gemacht.

Er stieß einen Fluch aus und sein Blick schoss zu Gregor hinüber. Sein Bruder sah ihn an, als habe er den Verstand verloren, und tatsächlich begann Patrick langsam, sich dasselbe zu fragen.

Was hatte er sich nur dabei gedacht?

Jetzt mussten sie schnell handeln. Campbell kam immer näher und in seinen Augen flammte jähes Wiedererkennen auf.

In Erwartung eines Kampfes, der schon lange überfällig war, pulsierte angespannte Erregung durch Patricks Adern. Es gab keinen MacGregor, der sich nicht Jamie Campbells Tod wünschte, und nichts wäre Patrick lieber, als die Ehre zu haben, den verdammten Henker geradewegs heim in die Hölle zu schicken.

Er krampfte die Hand um das Heft seines Dolches. Ein einziger Wurf …

Gott, er war in Versuchung. Mehr noch als nur in Versuchung  – er brannte darauf. Doch die Vernunft siegte. Es wäre reiner Selbstmord. Drei Männer gegen Hundert war ein ungleicher Kampf, den er nicht riskieren wollte.

Schnell sah er zu seinem Cousin hinüber. Es waren noch drei Teilnehmer auf dem Wettkampffeld übrig, doch ihm blieb nur noch eines, was er tun konnte. Der Chief würde damit warten müssen, den MacLeod zu übertrumpfen, ebenso wie Patrick damit warten musste, Jamie Campbell gegenüberzutreten.

Doch der Tag der Rache würde kommen.

Stumm formte er mit den Lippen ›Jetzt‹, das Signal für seinen Bruder, dann stieß er hart gegen den Pfahl. Der wackelte und begann, umzustürzen, erst langsam und schwankend wie ein Pendel, dann krachte er mit lautem Getöse nieder.

Das Ablenkungsmanöver funktionierte. In der Menge brach die Hölle los. Patrick rannte auf den Wald zu und schloss zu seinem Bruder und seinem Cousin auf, doch irgendetwas ließ ihn noch ein letztes Mal zum Burgturm von Inveraray Castle zurückblicken.

Bedauern, möglicherweise, über etwas, was ihm nie gehören konnte.

Über ein Leben, das ihm genommen worden war. Ein Leben, in dem ein MacGregor-Krieger und ein Campbell-Mädchen nicht durch Hass und Schicksal voneinander getrennt waren.

Mit einem letzten Blick zu der mächtigen Festung schlüpfte Patrick zwischen die Bäume und verschwand im Nebel.

Kapitel 1

Oh düstre Festung! Deine dunklen Hallen Sind nicht erfüllt von schottischer Geschichte; Auf andren Türmen strahlt, oh stolzer Argyll, gekrönt dein alter Ruhm in hellem Lichte. Nur wenig bleibt von längst vergangnen Zeiten, Wenn nun den Hügel hoch wir schreiten, Als vor dem innren Aug zu sehen, Im Wind, oh Castle Campbell, deine Banner wehen!

»Castle Campbell«, von WILLIAM GIBSON

Nahe Castle Campbell, Clackmannanshire, Juni 1608

Elizabeth Campbell ließ das zerknitterte Stück Pergament in den Schoß sinken und blickte schweren Herzens aus dem kleinen Fenster, wo der massige Schatten von Castle Campbell langsam in der Ferne verblasste. Ganz gleichgültig, wie oft sie den Brief las, es änderte nichts an den Worten darin. Wie es schien, war ihre Zeit abgelaufen.

Die Kutsche rumpelte nur quälend langsam den holprigen Weg entlang, denn die jüngsten Regenfälle hatten die ohnehin schon raue Straße in die Highlands noch trügerischer werden lassen. Aber wenn sie mit dieser Geschwindigkeit weiterfuhren, dann würden sie eine ganze Woche brauchen, um Dunoon Castle zu erreichen.

Von der gegenüberliegenden Seite der Kutsche fing Lizzie den verstohlenen Blick ihrer Dienerin Alys auf, worauf die andere Frau schnell wieder die Augen niederschlug und vorgab, ganz in ihre Stickerei vertieft zu sein. Die unsauberen Stiche allerdings straften ihre Versunkenheit Lügen.

Alys machte sich Sorgen um sie, auch wenn sie sich alle Mühe gab, es nicht zu zeigen. In der Hoffnung, sie von unangenehmen Fragen abzuhalten, sagte Lizzie: »Ich weiß nicht, wie du bei all diesem Geholper nähen …«

Doch wie um ihren Standpunkt zu unterstreichen, blieben ihr die Worte im Hals stecken, als sie von der Sitzbank hochgehoben wurde und dann so hart wieder zurückprallte, dass ihr die Zähne aufeinanderschlugen und sie mit der Schulter gegen die holzvertäfelte Wand der Kutsche knallte.

»Autsch«, stöhnte sie und rieb sich den Arm, nachdem sie sich wieder aufgerappelt hatte. Sie warf einen Blick zu Alys hinüber, die ein ähnliches Schicksal erlitten hatte. »Geht es dir gut?«

»Aye, Mylady«, antwortete Alys, während sie es sich auf dem Samtpolster wieder einigermaßen bequem machte. »Gut genug. Aber wenn die Straßen nicht besser werden, dann brechen wir uns noch alle Knochen im Leib, bevor wir ankommen.«

Lizzie lächelte. »Ich glaube eher, dass es noch viel schlimmer wird. Vermutlich war es ein Fehler, überhaupt die Kutsche zu nehmen.« Sie würden zu Pferde weiterreisen müssen, sobald sie Stirlingshire passierten und die Grenze zu den Highlands überquerten. Dann würden die Straßen schmal werden – oder besser gesagt noch schmaler, denn sie waren bereits jetzt kaum breit genug für eine Kutsche – selbst in diesem Teil der Lowlands.

»Wenigstens sind wir trocken«, stellte Alys fest, die stets das Positive an einer Situation sah. Vielleicht genoss Lizzie ihre Gesellschaft deshalb so sehr. In dieser Beziehung waren sie sich sehr ähnlich. Alys griff hinunter und hob das Blatt Pergament auf, das in dem Durcheinander zu Boden gefallen war. »Ihr habt Euren Brief verloren.«

Lizzie widerstand dem Drang, ihr die Nachricht aus der Hand zu reißen, und nahm sie stattdessen gelassen entgegen, um sie sicher in den Falten ihrer Röcke zu verstauen. »Danke.« Sie konnte Alys’ Neugier über den Brief des Earls und darüber, was sie so plötzlich nach Dunoon Castle führte, förmlich spüren, aber sie war nicht bereit, diese Neugier zu stillen. Alys würde, wie alle anderen auch, den Inhalt noch früh genug erfahren. Es würde kein Geheimnis sein, dass ihr Cousin, der Earl of Argyll, beabsichtigte, für Lizzie einen Ehemann zu finden.

Wieder einmal.

Offensichtlich waren drei geplatzte Verlobungen noch nicht genug. Es war ihre Pflicht, zu heiraten, also musste sie auch heiraten.

Die Brust zog sich ihr zusammen, als die demütigende Erinnerung an ihre letzte geplatzte Verlobung ungebeten vor ihrem inneren Auge aufflackerte. Selbst nach zwei Jahren war der Schmerz immer noch qualvoll. ›Elizabeth Monntach‹ hatten sie sie genannt. Und sie war so begierig auf Komplimente gewesen, dass sie sie ›dankbar wie ein kleines Hündchen‹ aufgeschnappt hatte.

Die Demütigung brannte immer noch. Und was noch schlimmer war, John hatte recht. Sie war viel zu begierig gewesen, viel zu bereit, zu glauben, dass ein gutaussehender Mann wie er sich aus Gründen, die über Clanverbindungen und Reichtum hinausgingen, etwas aus ihr machen könnte. Elizabeths beste Freundin hatte ihr Glück gefunden, und sie hatte sich verzweifelt dasselbe gewünscht. Genug um zu ignorieren, was ihr Bauchgefühl sagte – dass unter dem gutaussehenden Äußeren ein Mann von schwachem Charakter und starkem Ehrgeiz steckte.

Es war schon schlimm genug, zu hören, wie der Mann, dem sie ihr Herz geschenkt hatte, so grausam von ihr sprach, doch dann war es noch schlimmer geworden. Viel schlimmer. Sie schloss die Augen, doch sie konnte die Erinnerung an ihr Stottern nicht verdrängen. Daran, wie sie im Schlamm ausgerutscht war. An den Spott der Männer. »Ihre Füße sind genauso ungeschickt wie ihre Zunge.« Das Gelächter klang ihr immer noch in den Ohren. Beinahe konnte sie noch die heißen, salzigen Tränen schmecken, die ihr in der Kehle und den Augen gebrannt hatten. Am liebsten hätte sie sich in ihrem Bett verkrochen, um niemals wieder hervorzukommen.

Nur ein einziger Mann hatte ihr geholfen. Sie war zu beschämt gewesen, um ihn anzusehen, aber sie konnte sich noch gut an die Freundlichkeit – nicht Mitleid – in seiner Stimme und die tröstliche Stärke seiner schwieligen Hand erinnern. Sie runzelte die Stirn. Ein merkwürdiger Gedanke, dass ihr edler Ritter ein MacGregor gewesen war.

Sie hatte von dem Chaos, das nach ihrem Abgang ausgebrochen war, nichts bemerkt, doch ihr Bruder erzählte ihr später, was sich ereignet hatte. Alasdair Roy MacGregor und seine Männer waren ihnen direkt unter der Nase entwischt und Jamie war alles andere als glücklich darüber. Was er allerdings nicht verstehen konnte, war, warum der Geächtete es überhaupt riskiert hatte, entdeckt zu werden, indem er Elizabeth zu Hilfe kam. Sie wusste es ebenso wenig, doch sie würde ihm für diese gütige Tat für immer dankbar sein.

Elizabeth spürte, dass Jamie mehr über den Mann wusste, der ihr geholfen hatte, als er zugab, doch vielleicht weil er ihr Interesse spürte, hielt er den Mund und weigerte sich, ihre Neugier über den edelmütigen Geächteten zu befriedigen.

Sie hatte die Verlobung mit John Montgomery auf der Stelle gelöst, ohne ihrer Familie nähere Einzelheiten zu verraten, weil sie sich so sehr schämte. Doch als er nur wenig später bei einem Angriff verstümmelt wurde und ein Ohr und einen Teil seines Schwertarms verlor, fragte Lizzie sich, ob ihre Familie auf eigene Faust etwas herausgefunden hatte. Sie hatte ihm nichts Böses gewünscht, doch ihr war ebenfalls bewusst, dass nichts, was sie sagen könnte, ihre Familie davon abgehalten hätte, Vergeltung zu üben. Sie waren ihr gegenüber viel zu beschützerisch. Vielleicht war das Teil des Problems – die Campbells waren ein furchteinflößender Haufen.

Lizzie hatte die unangenehme Erinnerung hinter sich gelassen und versuchte, sie zu vergessen, doch manchmal, so wie in diesem Moment, brach sie in einer lebhaften Welle wieder über sie herein, als wäre es erst gestern gewesen. Und wenn sich die Kunde erst einmal verbreitete, dass der Earl of Argyll wieder einmal eine Verbindung für seine schon so oft verlobte Cousine suchte, würde das Geflüster von neuem losgehen.

Ihr graute vor der Unterhaltung mit ihrem Cousin, denn sie wusste, dass sie dann das ganze Ausmaß ihrer Torheit mit John nicht länger geheim halten konnte.

Auch wenn Archie nicht ausdrücklich gesagt hatte, dass er vorhatte, sie zu verheiraten, hatte Lizzie zwischen den Zeilen des Briefes gelesen. Erneut hob sie das Stück Pergament ans Fenster. Die kühnen schwarzen Tintenstriche enthüllten weit mehr als dort geschrieben stand.

Meine liebe Cousine,

Der Sommer steht kurz bevor. Ich erbitte so bald als möglich das Vergnügen deiner Gesellschaft auf Dunoon, um eine Angelegenheit von einiger Bedeutung zu besprechen. Wie wir bereits letzten Winter besprachen, schenke ich dir für deine Güte nach dem Tod der Countess im letzten Jahr und deiner liebevollen Fürsorge für den kleinen Archie und die Mädchen zum Dank ein ansehnliches Stück Land. Archibald, 7. Earl of Argyll

Noch mehr Land. Wie demütigend. Auch wenn ihr Cousin etwas anderes behauptete, wusste Lizzie, dass ihre Hilfe nach dem Tod der Countess nicht der wahre Grund für das Geschenk war. Archie dachte offensichtlich, dass er es noch schmackhafter machen musste, wenn er jemanden dazu bewegen wollte, sie zu heiraten. Zweifellos wollte er nur helfen, aber ihre Mitgift war bereits eine der großzügigsten im ganzen Land, war das denn nicht genug?

Sie ließ die Schultern sinken. Offensichtlich nicht.

Zum Teil war das hier ihre eigene Schuld. Im Sommer, hatte sie versprochen. Konnte es denn wirklich schon Juni sein? Als ihr Cousin vor all diesen Monaten während des Weihnachtsfestes das Thema einer weiteren Verlobung angesprochen hatte, waren die Tage noch kurz und der Schnee, der die Moore von Inveraray Castle bedeckt hatte, noch tröstlich tief gewesen. Der Sommer schien so weit weg zu sein. Sie schien noch genügend Zeit zu haben, um auf eigene Faust einen geeigneten Ehemann zu finden. Genügend Zeit, um sich zu verlieben.

Nach der Farce ihrer letzten Verlobung hatte sie sich geschworen, nur noch aus Liebe zu heiraten – etwas, das sie mit John gefunden zu haben geglaubt hatte. Doch das war der Schwur eines törichten Mädchens gewesen. Ein Schwur, den sie geleistet hatte, als ihre Gefühle durch seine Grausamkeit noch wund und empfindsam gewesen waren.

Nun, zwei Jahre später, musste Lizzie praktisch denken. Mit sechsundzwanzig Jahren war ihr die Liebe womöglich nicht mehr bestimmt.

Womöglich.

Sie seufzte über ihre eigene Torheit. Selbst angesichts der nackten Realität konnte sie die Möglichkeit nicht ganz aus ihren Gedanken streichen. Doch es war allerhöchste Zeit, diese spezielle Wunschvorstellung aufzugeben. Sie wollte nicht ihr ganzes Leben alleine verbringen. Es würde ihr nicht für immer genügen, die Haushalte ihres Cousins und ihres Bruders zu führen, und so sehr sie den kleinen Archie und die Mädchen auch liebte, es waren nicht ihre eigenen Kinder. Sie wünschte sich ein eigenes Heim und eine eigene Familie – genug, um eine weitere Verlobung zu akzeptieren, die ihr Cousin für sie arrangierte.

Der Gedanke an das Glück ihrer Freundinnen versetzte ihr einen Stich des Bedauerns, doch sie verdrängte ihn schnell wieder. Ihre beiden engsten Freundinnen Meg MacKinnon und Flora MacLeod hatten beide das Glück gehabt, die Liebe mit ihren Ehemännern zu finden. Ironischerweise hatte Meg Floras Bruder Alex geheiratet. Meg hatte zwei kleine Söhne, und Flora hatte vor kurzem Zwillinge zur Welt gebracht. Lizzie freute sich für die beiden, aber gleichzeitig machte es ihr auch deutlich bewusst, was ihr fehlte.

Doch so sehr sie sich auch wünschte, was ihre Freundinnen bereits gefunden hatten, musste sie akzeptieren, dass sie nicht länger auf etwas warten konnte, das möglicherweise niemals geschehen würde.

Es spielt keine Rolle, sagte sie sich, wie immer entschlossen, das Beste aus jeder Situation zu machen. Ich werde mir mein eigenes Glück schaffen. Arrangierte Ehe oder nicht.

»Ist etwas nicht in Ordnung, Mistress?«

Ganz in Gedanken versunken hatte Lizzie nicht bemerkt, dass Alys sie erneut beobachtete. Sie zog eine Augenbraue hoch. »Ich dachte, du stickst?«

Diesmal ließ Alys sich nicht ablenken. Wie es schien, hatte die Neugier endlich über die weise Zurückhaltung gesiegt. »Ihr starrt diesen Brief an, als wäre er ein Hinrichtungsbefehl.«

Lizzies Mund verzog sich zu einem trockenen Lächeln. »Es ist leider nichts so Dramatisches.« Der Earl würde wütend sein, aber nicht auf sie.

»Macht Ihr Euch Sorgen wegen der Reise, mit all diesen schrecklichen MacGregors, die die Gegend unsicher machen?« Alys beugte sich vor und tätschelte ihr beruhigend das Knie. »Es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Mein Donnan wird schon dafür sorgen, dass uns nichts zustößt.«

Alys’ Ehemann war Hauptmann der Wachmänner des Earls auf Castle Campbell, und sie war schrecklich stolz auf den außergewöhnlichen Krieger.

»Nein, es ist nicht die Reise«, versicherte Lizzie. Sie wurden gut beschützt von einem Dutzend Wachmänner, und nicht einmal die geächteten MacGregors würden es wagen, die Kutsche des Earls of Argyll anzugreifen. Außerdem befanden sie sich immer noch in den Lowlands, weit weg von den Lomond Hills, wohin der geächtete Clan angeblich nach der Schlacht von Glenfruin geflohen war.

Selbst als die Nachricht von den Gräueltaten, die die MacGregors bei Glenfruin begangen hatten, sich in den Highlands verbreitete, fiel es Lizzie schwer, den Mann, der ihr zu Hilfe geeilt war, mit der Bande skrupelloser Gesetzloser, die auf dem Schlachtfeld von Glenfruin ein Massaker veranstaltet hatten, in Einklang zu bringen. Allerdings stand sie mit dieser Meinung in ihrer Familie allein da. Ihr Cousin war von King James damit beauftragt worden, die MacGregors für ihre Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen, und das hatte er sich in den letzten paar Jahren zur Mission erklärt. Einer Mission, der sich ihre Brüder Jamie und Colin angeschlossen hatten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Gesetzlosen alle zur Strecke gebracht waren.

Was würde mit ihrem Krieger geschehen? Da sie die Antwort kannte, versuchte sie, nicht darüber nachzudenken.

Lizzie begegnete dem Blick der anderen Frau und sah die Besorgnis, die in den warmen, braunen Augen schimmerte. Sie seufzte leise, denn sie wusste, dass Alys sich wirklich Sorgen um sie machte.

Sie hätte ihr den Brief gegeben, aber Alys, eine Highlanderin durch und durch, konnte kein Schottisch lesen, sondern nur ein paar Brocken Gälisch, die Sprache der Highlands. Also las Lizzie ihr die Worte laut vor, während die Kutsche über eine besonders holprige Strecke des Weges rumpelte und ihre Stimme bei jeder Erschütterung vibrierte.

Als sie damit fertig war, runzelte Alys die Stirn. »Warum seid Ihr aufgebracht darüber, dass Ihr mehr Land bekommt?«

»Verstehst du denn nicht? Das Land ist doch nur der Köder. Mein Cousin gedenkt, mir wieder einen Ehemann zu suchen.«

Alys schnaubte. »Höchste Zeit, wenn Ihr mich fragt.«

Da Lizzie schon vermutet hatte, dass die andere Frau so darauf reagieren würde, hatte sie eigentlich gehofft, das Thema gar nicht erst anschneiden zu müssen. Sie verzog die Lippen zu einem ironischen Lächeln. »Dein Mitgefühl ist überwältigend.«

»Pah!«, stieß die andere Frau verächtlich hervor. »Ihr braucht kein Mitgefühl, sondern einen Ehemann und Kinder. Ihr seid ein schönes Mädchen mit einem liebevollen Herzen, und stattdessen zieht Ihr Euch völlig von allem zurück wegen irgendeinem Arsch…«

Lizzie sah sie scharf an.

»Wegen irgendeinem herausgeputzten Pfau«, fuhr Alys fort. »Ich weiß nicht, was der Mann Euch angetan hat, aber er war nicht einmal einen Halfpenny der Tränen wert, die Ihr wegen ihm geweint habt.«

Lizzie wusste, dass jeder Versuch zwecklos war, ihre treu ergebene Dienerin dazu zu bringen, sie zu verstehen. Wie man es auch drehte und wendete, man konnte Lizzie nicht als schön bezeichnen, aber wenn sie versuchte, das jemandem in ihrer Familie begreiflich zu machen, dann sahen sie sie an, als hätte sie den Verstand verloren.

Ihre Familie sah sie eben nicht so wie andere Menschen das taten. Für sie war sie ein lohnender Preis. Eine Frau, von der jeder Mann stolz wäre, sie an seiner Seite zu haben.

Sie liebten sie zu sehr, um in ihrem Stottern etwas anderes als eine unbedeutende Unannehmlichkeit zu sehen. Normalerweise hatten sie damit auch recht. Lizzie stotterte nur vor vielen Menschen oder wenn sie nervös oder aufgeregt war, und inzwischen so gut wie überhaupt nicht mehr. Zumindest eine Sache, für die sie John dankbar sein konnte, vermutete sie. In den letzten zwei Jahren hatte sie endlose Stunden damit verbracht, langsam und leise zu sprechen, um ihr Stottern noch besser unter Kontrolle zu bringen, fest entschlossen, sich niemals mehr zum Gespött der Leute machen zu lassen.

»Vermutlich nicht«, stimmte Lizzie zu, bestrebt, das Thema zu vermeiden.

»Was ist es dann? Habt Ihr Angst, dass Euer Cousin Euch mit einem Mann verlobt, den Ihr nicht ausstehen könnt? Der Earl liebt Euch viel zu sehr, um Euch je unglücklich sehen zu wollen.«

»Das würde er niemals tun«, gab Lizzie zu. Sie konnte sich glücklich schätzen. Nicht nur, dass sie eine Familie hatte, die sie liebte, sondern sie wurde von ihr auch auf eine Weise respektiert, die für die meisten anderen Frauen in ihrer Welt alles andere als typisch war. Sie war zusammen mit ihren Brüdern von Schulmeistern unterrichtet worden, bevor ihre Brüder anschließend das Tounis College besuchten, und wusste ebensoviel über Highlandpolitik wie jeder Mann.

Tatsächlich hatte sich herausgestellt, dass das Problem nicht bei den Entscheidungen des Earls in Bezug auf ihre potenziellen Ehemänner lag. Vielmehr war John Montgomery ihre eigene Wahl gewesen. Die beiden Männer, die der Earl für sie ausgesucht hatte, wären eine unendlich bessere Wahl gewesen, aber widrige Umstände, die sich ihrer Kontrolle entzogen, hatten sie wieder auseinandergebracht.

Ihre erste Verlobung mit James Grant war arrangiert worden, als sie noch ein Kind war, doch nach Duncans Verrat wurde sie wieder aufgelöst.

Duncan. Der Bruder, den sie vergöttert und vor beinahe zehn Jahren verloren hatte. Gott, wie sehr sie ihn vermisste! Trotz der Beweise gegen ihn hatte Lizzie nie daran geglaubt, dass er des Verrats schuldig war, der die Campbells den Sieg in der Schlacht von Glenlivet und ihren Vater letztlich das Leben gekostet hatte. Sie hoffte, dass er eines Tages zurückkehren würde, um es zu beweisen. Schon unzählige Male hatte sie ihn in den gelegentlichen Briefen, die sie ihm heimlich zukommen lassen konnte, darum angefleht. Ihre Korrespondenz war das einzige Geheimnis, das sie vor ihrer Familie hatte. Doch sie war mächtig stolz auf den Namen, den er sich auf dem Festland gemacht hatte, nachdem er in seinem Heimatland fälschlicherweise verleumdet worden war.

Lizzie hatte auch die zweite Verlobung begrüßt. Sie kannte Rory MacLeod schon, seit sie ein kleines Mädchen war, und hätte schon aus Stein sein müssen, wenn sie nicht zumindest ein kleines bisschen für den gutaussehenden Chief geschwärmt hätte. Zu ihrem Leidwesen befahl ihm der König jedoch, sich mit Isabel MacDonald nach dem Brauch des Handfasting, einer Ehe auf Probe, für die Dauer eines Jahres zu vermählen, und er verliebte sich in seine schöne Braut.

»Warum seid Ihr dann so aufgebracht?«, wollte Alys wissen. »Habt Ihr denn nicht den Wunsch, zu heiraten?« Sie klang so, als wäre schon allein die bloße Vorstellung undenkbar.

»Natürlich habe ich das. Ich will einfach nur …« Beschämt brachte Lizzie die Worte nicht über die Lippen. Es klang so dumm, vor allem nach ihrer Enttäuschung mit John. Frauen ihres Ranges heirateten aus Pflicht, nicht aus Liebe. Als sie die verräterische Nervosität in sich aufsteigen spürte, die einem Stottern voranging, holte sie tief Luft, zählte stumm bis fünf und zwang sich dann, langsam und leise zu sprechen. »Ich will, was du hast.«

Alys’ Augen weiteten sich verständnisvoll. Vermutlich war ihr – oder auch überhaupt irgend jemandem aus Lizzies Familie  – nie in den Sinn gekommen, dass sie sich so etwas Ausgefallenes wünschen könnte und nicht einfach mit dem zufrieden war, was von ihr erwartet wurde, so wie sie es immer tat. Sie würde natürlich tun, was ihre Pflicht war, aber das bedeutete nicht, dass sie das leise Flüstern in ihrem Herzen völlig verstummen lassen konnte.

Die Dienerin musterte Lizzies Gesicht einen langen Augenblick, bevor sie antwortete. »Aye, das wünsche ich Euch auch, Mädchen. Aber Ihr habt keinen Grund, Euch zu sorgen. Der Earl wird einen guten Ehemann für Euch finden, und sobald er Euch erst einmal kennengelernt hat, wird der Mann gar nicht anders können, als Euch zu lieben.«

Alys sagte es mit solcher Überzeugung, dass Lizzie erkannte, dass jeder Widerspruch zwecklos war. Es klang so sehr wie etwas, das ihre Mutter gesagt hätte, dass ihr Tränen in die Augen traten und sie sich abwenden musste. Es verging kein Tag, an dem sie ihre Mutter nicht vermisste. Deren Tod nur Monate vor dem Tod von Lizzies Vater war ein grausamer Schlag für sie gewesen, den sie immer noch jeden Tag spürte.

Sie blickte aus dem Fenster, um ihre Gedanken von den Erinnerungen abzulenken. Draußen zog die Landschaft in einer lebhaften Palette von Grün an ihr vorbei. Der starke Frühlingsregen hatte durch seinen großzügigen Segen die Schluchten dicht mit Gras und die Bäume üppig mit frischen Blättern überzogen.

Das Licht wurde schwächer, als die Stunden verstrichen und sie tiefer in den Wald drangen, und ließ lange Schatten über die Wände der Kabine tanzen. Die Kutsche wurde langsamer und eine unheimliche Stille senkte sich auf sie herab. Es fühlte sich an, als würden sie verschlungen. Wie ein Schwamm saugte das Blätterdach der Bäume sie auf und schluckte Licht und Geräusche. Unbewusst schloss Lizzie die Finger um den Griff des kleinen Dolchs, den sie an der Seite umgeschnallt trug, während sie im Stillen ihren Brüdern dafür dankte, dass sie darauf bestanden hatten, ihr beizubringen, wie man ihn benutzte.

Die Kutsche kippte jäh zur Seite und Lizzie wurde erneut aus dem Sitz geschleudert. Doch diesmal richtete das Gefährt sich nicht wieder auf und hielt abrupt an.

Etwas war nicht in Ordnung. Es war zu still. Wie die Ruhe vor dem Sturm.

Ihr Pulsschlag beschleunigte sich und eine feine Gänsehaut überzog prickelnd ihre Haut, als die Temperatur zu fallen schien und ihr die Kälte bis ins Mark kroch.

Sie waren in einem schiefen Winkel zum Stehen gekommen, so dass beide Frauen auf die rechte Seite der Kutsche gegenüber der Tür geschleudert worden waren. Es bedurfte einiger Anstrengung, bis sie sich wieder aufgerappelt hatten.

»Geht es Euch gut, Mylady?«, fragte Alys, während sie ihr hochhalf. An ihrem hastigen, schrillen Tonfall erkannte Lizzie, dass die Dienerin ebenfalls nervös war. »Da ist wohl ein Rad steckenge…«

Ein wilder Schrei zerriss das dichte Blätterwerk der Bäume und jagte Lizzie einen eisigen Schauer das Rückgrat entlang. Ihr Blick schoss zu Alys, in deren Augen dasselbe Verstehen zu lesen war. Gütiger Gott, sie wurden angegriffen!

Von draußen hörte sie die Stimmen der Wachmänner ihres Cousins hektisch Befehle brüllen, und dann einen Namen, glasklar und deutlich: »MacGregors!«

Lizzie konnte es nicht glauben. Die Gesetzlosen mussten verrückt sein, wenn sie riskierten, dass …

Das Blut gefror ihr in den Adern.

Oder so verzweifelt, dass sie nichts zu verlieren hatten.

Angst legte sich ihr um den Nacken. Zuerst als flüsternder Hauch, und dann wie eine eisige Hand mit hartem Griff. Angestrengt versuchte sie, ihren rasenden Herzschlag zu beruhigen, doch es gelang ihr nicht.

Ein Schuss fiel. Dann noch einer.

»Donnan!«, schrie Alys auf und schnappte nach dem Türgriff.

»Nicht!«, hielt Lizzie sie auf. Das unüberlegte Handeln der Dienerin hatte sie endlich aus ihrem Schockzustand gerissen. »Ihm wird nichts passieren«, fügte sie sanfter hinzu, da ihr klar war, dass sie die aufsteigende Panik der anderen Frau besänftigen musste. »Wenn du jetzt hinausgehst, dann würdest du ihn nur ablenken. Wir müssen hier drinnen bleiben, wo sie uns beschützen können.«

Alys nickte nur, denn vor Angst um ihren Ehemann brachte sie vorübergehend kein Wort heraus.

Lizzie hatte tiefes Mitgefühl mit ihr. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, wie schwer es sein musste, dazusitzen und nichts tun zu können, während der Mann, den man liebte, in Gefahr war. »Alles wird gut werden«, sagte sie, ebenso sehr um Alys zu beruhigen wie auch sich selbst. Wenn doch nur Jamie hier wäre! Argylls Wachmänner waren gut ausgebildet, aber die MacGregors waren bekannt für ihre Kampfkunst. Selbst ihr Cousin hatte die geächteten Krieger von Zeit zu Zeit angeheuert, bevor das Verhältnis der Clans zueinander zerbrochen war. Doch niemand konnte ihren Bruder besiegen. Er war der am meisten gefürchtete Krieger in den Highlands.

Die zwei Frauen pressten die Gesichter an das kleine Fenster und versuchten zu erkennen, was draußen geschah, aber der Rauch der Musketen war zu dicht und das Kämpfen schien sich vor der Kutsche außerhalb ihres Sichtfeldes abzuspielen.

Der Lärm war ohrenbetäubend, aber das Schlimmste an allem war die Vorstellung; der Versuch, die Geräusche mit dem, was möglicherweise geschah, in Einklang zu bringen. Unglücklicherweise waren die Geräusche des Todes nicht zu überhören. Sie umschlossen sie wie ein Grabmal, und die Wände der kleinen Kutsche schienen sich um sie herum zusammenzuziehen, bis die Luft stickig wurde und ihnen das Atmen schwer machte.

Alys begann leise zu weinen. Lizzie nahm sie bei den Händen und da sie nicht in der Lage war, Worte zu finden, summte sie ein Lied, um sie zu beruhigen. Die Melodie wirkte ihren Zauber und die ältere Frau entspannte sich langsam.

»Oh, Mylady. Sogar noch mitten in der Hölle habt Ihr die Stimme eines Engels«, meinte Alys mit schimmernden Tränen in den Augen, um die sich die kleinen Fältchen noch tiefer eingruben.

Lizzie brachte ein schwaches Lächeln zustande. Sie hatte es schon immer für ein ironisches Spiel des Schicksals gehalten, dass ein stotterndes Mädchen mit einer wunderschönen Singstimme begnadet war. Wenn sie sang, dann war ihre Stimme schon immer auf wundersame Weise frei von jedem Stottern gewesen.

Sie schlang den Arm um Alys und zusammengekauert lauschten und beteten sie.

Noch nie im Leben hatte Lizzie solche Angst gehabt. Es fühlte sich an, als wären alle ihre Sinne, jede Faser ihres Seins geschärft wie eine Rasierklinge und völlig darauf konzentriert, was geschah. Alles schien zu schnell dahinzurasen: ihre Gedanken, ihr Herz, ihr Atem. Aber auf eigenartige Weise hatte sie sich, in diesem Augenblick äußerster Gefahr, noch nie zuvor so lebendig gefühlt.

Doch für wie lange noch?

Jemand rüttelte am Türgriff und sie zuckte zusammen. Ein furchterregendes Gesicht tauchte im Fenster auf, und mit einem heftigen Schlag blieb Lizzie das Herz stehen.

Alys schrie. Lizzie wollte schreien, doch obwohl sie den Mund öffnete, drang kein Laut hervor. Sie konnte nicht atmen. Alles, was sie tun konnte, war auf das Gesicht im Fenster zu starren. Auf den wilden Mann. Er hatte lange und ungekämmte Haare und der Schmutz und der dichte Bart, die sein Gesicht bedeckten, verbargen seine Züge. Bis auf seine Augen. Sie starrten sie voll glühendem Hass an. Es war, als sähe sie einem wilden Tier in die Augen. Einem Wolf. Einem Ungeheuer.

Zum ersten Mal kam ihr der Gedanke daran, was diese Männer ihnen möglicherweise antun könnten, wenn sie in ihre Gewalt geraten sollten. Die Vorstellung, dass er sie berührte … Galle stieg ihr in die Kehle. Eher würde sie sich selbst den Hals durchschneiden.

Die Tür begann sich zu öffnen und Lizzie packte den Türgriff von ihrer Seite und zerrte fest daran. Die Angst verlieh ihr unerwartete Kräfte, während sie sich einen Zweikampf lieferte, den sie mit Sicherheit verlieren würde. »Hilf mir!«, schrie sie Alys zu.

Doch bevor Alys reagieren konnte, knallte ein weiterer Schuss und der Mann zuckte zusammen und erstarrte mitten in der Bewegung. Seine Augen weiteten sich ungläubig, unmittelbar bevor sein Gesicht mit einem schrecklichen, dumpfen Laut gegen die Scheibe prallte. Vom toten Gewicht seines Körpers nach unten gezogen glitt er am Glas hinab und seine Züge verzerrten sich zu einer grotesken Maske des Todes.

Lizzies verkrampfte Muskeln entspannten sich ein wenig und ihr Atem, den sie angehalten hatte, ging nun hart und schnell, als ihre Lungen sich wieder mit Luft zu füllen versuchten. Die unmittelbare Gefahr war zwar überstanden, aber Lizzie wusste, dass es noch lange nicht vorbei war.

Ihr Herz raste immer noch, doch ihr Verstand war eigentümlich klar und nur auf eine einzige Sache konzentriert: sie beide am Leben zu erhalten.

Dass es einem Angreifer gelingen konnte, so nahe an sie heranzukommen, verhieß nichts Gutes für ihre Wachmänner. Erneut sah sie aus dem Fenster, wobei sie versuchte, nicht daran zu denken, dass direkt unter ihnen ein Toter lag, und wog ihre Möglichkeiten ab. Sie hatten nur zwei: bleiben, wo sie waren, oder versuchen, sich zu verstecken.

Die Kutsche, die sich vor wenigen Minuten noch wie ein sicherer Ort angefühlt hatte, kam ihr nun wie ein Sarg vor, der darauf wartete, in die Erde hinabgesenkt zu werden. Es war das Risiko wert. Sie wandte sich zu Alys um. »Wir müssen fort von hier.«

»Aber wohin?«

»Wir verstecken uns im Wald, bis es vorbei ist.«

Alys nickte, zu verängstigt, um ihr zu widersprechen. Beiden war klar, dass sogar unabhängig von ihrem Unterschied im Rang Lizzie die Führung übernommen hatte.

»Bist du bereit?«

Die ältere Frau nickte wie betäubt.

Lizzie erkannte deutlich, dass Alys’ Beherrschung nur noch an einem hauchdünnen Faden hing – jeden Augenblick konnte sie in Panik ausbrechen. »Folge mir und bleib dicht bei mir.« Sie machte eine kleine Pause. »Und was immer du auch tust, schau nicht hin.« Tränen des Verstehens schwammen in Alys’ Augen. »Versprich es mir«, forderte Lizzie noch eindringlicher, wobei sie sie an den Schultern packte und heftig schüttelte.

»Ich verspreche es.«

»Gut.« Tief holte sie Luft, dann drückte sie die Türklinke nach unten und schob die Tür auf. Als sie sie weit genug geöffnet hatte, um den Kopf hinauszustrecken, sah sie sich um. Das Erste, was sie wahrnahm, war der beißende Gestank – nach Schießpulver und dem unverwechselbaren, metallischen Geruch von Blut. Er stieg ihr in die Nase und brannte in ihrer Kehle. Hustend hielt sie sich die Hand vor Nase und Mund und kämpfte den Würgereiz nieder.

Obwohl sie ihren eigenen Rat an Alys selbst befolgen wollte, musste sie einfach hinsehen.

Sie wappnete sich dagegen, aber auf den Schock darüber, was sie sah, konnte sie sich nicht vorbereiten. Leichen übersäten den Waldboden, ausgestreckt in seltsamen Verrenkungen. Aufgeschlitzte Bäuche. Löcher in der Brust. Blinde Augen. Blut. So viel Blut.

Das Entsetzen hätte sie gelähmt, wenn sie zugelassen hätte, sich ihre Gesichter anzusehen, denn einige der Männer kannte sie. Stattdessen zwang sie sich, den Blick von den Toten auf die Lebenden zu richten. Zu den Männern, die noch kämpften.

Es war, wie sie befürchtet hatte. Die Campbells waren zahlenmäßig unterlegen. Durch den Überraschungsangriff hatten die MacGregors die Anzahl ihrer Wachmänner sofort stark dezimiert und sich einen Vorteil verschafft. Sie zählte nur noch eine Handvoll Campbells und beinahe doppelt so viele MacGregors, die leicht an ihrer Highlandtracht und dem barbarischen Aussehen zu erkennen waren. Anders als die Männer ihres Cousins, die mit ledernen Wämsern und Breeches bekleidet waren, trugen die MacGregors leines und hatten schmutzige, zerlumpte Plaids um die Hüften gegürtet. Ihre Haare und Bärte waren lang und verfilzt. Nur ein paar von ihnen hatten cotuns, wattierte Waffenröcke aus Leder, als zusätzlichen Schutz, und keiner von ihnen trug eine Rüstung. Bewaffnet waren sie mit Lanzen, Schwertern und Bögen, und sogar eine alte Axt konnte Lizzie entdecken, aber sie trugen keine Schusswaffen. Nicht, dass das den Männern ihres Cousins irgendetwas genutzt hätte. Diese waren zwar gut bewaffnet, aber im Kampf Mann gegen Mann waren ihre Pistolen gegen das mächtige Highland-Breitschwert praktisch nutzlos.

Das Klirren von Stahl auf Stahl klang ihr in den Ohren. Sie wollte sich schon abwenden, doch dann erstarrte sie, als sie Alys’ Donnan erblickte. Er hielt sich einen besonders großen MacGregor vom Leib, doch es war offensichtlich, dass er seinem Gegner nicht gewachsen war. Der Krieger der MacGregors ließ nicht locker und schlug unablässig auf ihn ein, wobei er sein Schwert zwar nicht mit Geschick, jedoch mit grausam brutaler Kraft schwang.

Sie wusste, was geschehen würde, und dennoch konnte sie den Blick nicht abwenden. Als das claidheamhmór des MacGregor schließlich auf Fleisch traf und Donnan den Bauch aufschlitzte, unterdrückte sie ein ersticktes Schluchzen.

Obwohl sie wusste, dass es unmöglich war, schien es ihr, als habe der MacGregor sie gehört. Sein Blick heftete sich auf sie und alles in ihr gefror, als sie in tiefe Schwärze blickte. In die Augen eines Mannes ohne Seele.

Er verzog den Mund zu einem bedrohlichen Grinsen und kam entschlossen auf die Kutsche zu.

Erst als einer der Wachmänner ihres Cousins ihm in den Weg trat, wagte sie wieder zu atmen.

»Was ist los?«, fragte Alys hinter ihr.

»Nichts«, erwiderte Lizzie und versuchte, ihre Stimme ruhig zu halten, obwohl sie innerlich mit jeder Faser ihres Körpers zitterte. »Wir müssen fort von hier. Sofort!«

Lizzie packte Alys an der Hand und stieg vorsichtig aus der Kutsche. Da sie ahnte, was Alys instinktiv tun würde, drehte sie sich zu ihr um und erinnerte sie noch einmal: »Sieh nicht hin!«

Der Boden unter ihren Füßen fühlte sich von Schlamm und Moos, das vom Regen noch feucht war, schwammig an. Die dünnen Lederpantoffeln, die sie trug, boten nur wenig Halt, deshalb musste sie sich vorsichtig bewegen. Sie traten um die kaputte Kutsche herum und hielten auf den Wald zu, doch urplötzlich schrie Alys auf und ihre Hand wurde aus Lizzies Griff gerissen.

Lizzie wirbelte herum und starrte geradewegs in die pechschwarzen Augen des Mannes, der Donnan niedergestreckt hatte. Trotz der eisig kalten Luft brach ihr der Angstschweiß aus. Aus der Nähe betrachtet war er sogar noch größer und furchterregender und Schmutz schien jede Falte und Pore der Hautstellen auszufüllen, die nicht von Haaren bedeckt waren.

»Wollt ihr irgendwo hin?« Er sprach in der Highlandsprache, seine Stimme hatte einen schweren Akzent.

Angestrengt kämpfte Alys gegen die massigen Arme, die sie umklammerten, doch das veranlasste ihn nur dazu, noch fester zuzudrücken, bis die ältere Frau vor Schmerz wimmerte.

»Lass sie los!«, verlangte Lizzie und trat einen Schritt auf ihn zu, mit einem Mut, von dem sie nicht gewusst hatte, dass sie ihn besaß.

»Sonst was?« Höhnisch grinsend hob er den Dolch, den er Alys an die Kehle presste. »Ich glaube nicht, dass Ihr Euch in der Position befindet, Befehle zu erteilen, Mistress Campbell.«

Lizzie sog den Atem ein, ohne den Blick von der Klinge an Alys’ Hals abzuwenden. Er wusste, wer sie war! Aus dem Augenwinkel sah sie, dass ihre Clansmänner noch kämpften und versuchten, zu ihr zu gelangen, doch sie wurden überwältigt. »Lasst uns gehen. Ihr wollt das hier gar nicht. Ihr werdet sterben, wenn ihr uns etwas antut.«

»Ich sterbe so oder so«, meinte er ungerührt. »Aber bevor mich der Teufel zu sich holt, will ich noch etwas Spaß haben.« Er trat einen Schritt auf sie zu, wobei er den Griff um Alys etwas lockerte.

Lizzie sah ihre Gelegenheit und dachte nicht lange nach, sondern handelte instinktiv. Mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung packte sie den Dolch an ihrer Seite und schleuderte ihn so fest sie konnte. Überrascht riss er die Augen auf und stieß ein ersticktes Röcheln aus, als die Klinge ihm mit einem befriedigenden, dumpfen Geräusch in den Bauch drang.

Sie war aus der Übung. Sie hatte auf sein schwarzes Herz gezielt.

Vor Schmerzen umklammerte er sich den Bauch und sank