7,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 6,99 €
Kim, Franzi und Marie sind "Die drei !!!". Mutig und clever ermitteln die drei Detektivinnen und sind jedem Fall gewachsen. Die drei !!! freuen sich auf eine tolle Geburtstagsparty auf Schloss Eulenstein. Doch dort entpuppt sich ein wertvolles Gemälde als Fälschung. Schmuck verschwindet und merkwürdige Schatten treiben in den Schlossgemäuern ihr Unwesen. Wer hat das Bild gefälscht und wo ist das Original? Während Kim, Franzi und Marie ermitteln, bricht das Partychaos los ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 153
Geburtstagsdiebe
Ann-Katrin Heger
KOSMOS
Umschlagillustration von Ina Biber, Gilching
Umschlaggestaltung von Sabine Reddig
Unser gesamtes lieferbares Programm und
viele weitere Informationen zu unseren
Büchern, Spielen, Experimentierkästen, Autoren
und Aktivitäten findest du unter kosmos.de
© 2021, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,
Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-440-50277-8
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Prinzessin Mariola nahm all ihren Mut zusammen. Sie würden den Sprung über den verfluchten Teufelsgraben schaffen. Zusammen! »Los, meine Schöne!«, feuerte sie ihre Apfelschimmelstute Marietta an. Im wilden Galopp kamen sie dem Hindernis immer näher und näher. Mariola spürte die Aufregung in ihrem ganzen Körper, doch die gleichmäßigen, kräftigen Bewegungen von Marietta beruhigten sie. Die Wiese unter ihr verschwamm vor ihren Augen, und sie sah nur noch den Abgrund, der sie zu verschlingen drohte. »Jetzt, Marietta!«, rief Mariola und gab die Hilfen zum Sprung. Marietta sprang nicht, sie flog über den Graben. Weich landete sie auf der anderen Seite. Mariola atmete auf. »Du bist die Beste«, flüsterte sie stolz in ihr Ohr. Sie zog die Zügel an und Marietta fiel in einen leichten Trab. Mariola sah sich um. Dort drüben … war das nicht …? Ja, genau! Am Gatter stand Prinz Florian und winkte ihr zu. Er sah umwerfend aus in seinem blauen Parka und den samtbraunen Reithosen.
Mariolas Herz begann wild zu schlagen, und ohne es zu wollen, grinst sie breit. Schnell lenkte sie die elegante Stute zu ihm.
»Ich habe dich über den Teufelsgraben springen sehen«, sagte Florian. »Du machst das echt gut!«
Mariola wurde rot und stammelte verlegen: »Ach, ich weiß nicht. Das ist doch nur ein kleiner Hopser.«
»Kleiner Hopser? Es ist der schwierigste Sprung überhaupt. Du und Marietta seid ein fantastisches Team.« Florian lachte. »Und das sage ich nicht nur, weil ich dich so leichter überreden kann, mit mir einen Kakao im Hofcafé zu trinken.«
Marie seufzte und ließ den Zettelstapel, den sie in der Hand hielt, für einen Moment sinken. Sie musste Kim unbedingt sagen, wie sehr ihr die Idee mit der königlichen Liebesgeschichte gefiel.
Das war doch mal etwas ganz anderes als die spannenden Krimis und Fantasygeschichten, die Kim sonst schrieb. Es war Marie schon ein paar Mal passiert, dass sie sich dabei vor Spannung die sorgfältig gefeilten Fingernägel abgebissen hatte! Gedankenverloren blickte sie in die Krone des Ahornbaums und zippelte die Auflage der Liege zurecht, auf der sie im Garten der grevenbroichschen Villa saß und die ersten sommerlichen Sonnenstrahlen genoss.
Sie überlegte kurz, ob sie Kim wegen der Geschichte texten sollte, entschied sich aber dagegen. Erst musste sie wissen, wie es mit Mariola und dem Prinzen weiterging! Als sie gerade weiterlesen wollte, um zu erfahren, was Florian Mariola im Hofcafé bei einer Tasse Kakao alles zu sagen hatte, rief jemand am Gartenzaun: »Hallo!«
Marie blickte auf. Es war Lise. Sie war vor einem guten halben Jahr zusammen mit ihrer Mutter in eine Villa ganz in der Nähe gezogen. Sie hatte ihre langen blonden Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und trug ein Flatter-Sommerkleid mit bunten Schmetterlingen.
Marie und Lise hatten immer mal wieder gequatscht, wenn sie sich zufällig getroffen hatten. Und sich stets vorgenommen, sich mal richtig zu verabreden, aber aus diesem Vorhaben war bisher nichts geworden. Maries Terminkalender war einfach zu voll. Ihre vielen Hobbys und die Detektivarbeit nahmen das meiste ihrer Freizeit in Anspruch. Und dann gab es ja auch noch Holger …
Umso mehr freute Marie sich nun, Lise zu sehen. »Komm doch rein, das Gartentor ist offen!«, rief sie. »Ich hole dir einen Stuhl und ein Glas!«
»Cool«, sagte Lise. »Ich wollte dich eigentlich nur etwas fragen, aber ich habe eine halbe Stunde Zeit.«
Kurze Zeit später drückte Marie Lise das Glas in die Hand und klappte einen Holzstuhl für sie auf. »Habt ihr euch gut im Ostviertel eingewöhnt?«, fragte sie. »Wie läuft es in der Schule?«
»Das Ostviertel ist total schön. Ich gehe hier total gerne laufen und meine Mutter ist superglücklich mit ihrem neuen Job. Die Schule ist auch okay. Und die Klasse? Na ja …« Lise lächelte. »Je älter man ist, desto länger dauert es einfach, bis man richtig ankommt. So mit besten Freundinnen und allem Drum und Dran. Ist aber nicht schlimm. Wir sind so oft umgezogen, ich bin es gewöhnt, allein zu sein. Ich lese viel und schreibe Geschichten und …«
»Wie Kim«, unterbrach Marie Lise. »Eine meiner besten Freundinnen schreibt auch Geschichten!« Sie wedelte mit dem Papierstapel in der Luft herum. »Schnuckeliger Liebesroman mit Schnuckelprinzessin und Schnuckelprinz. Und nicht zu vergessen: Ein schnuckeliges Pferd kommt natürlich auch noch vor.«
Lise lachte. »Klingt nach meiner zukünftigen Traumbiografie!«
»Wäre schön, ja!« Dann schüttelte Marie den Kopf und grinste. »Aber daraus wird nichts. Dass ich einen Schnuckelprinzen kennenlerne, ist zwar megaunwahrscheinlich, doch nicht ganz unmöglich. Eine Prinzessin? Wird auf keinen Fall aus mir.«
»Einen Prinzen kann ich zwar nicht herbeizaubern, aber mit der Prinzessin kann ich dienen!« Lise lächelte verschmitzt.
»Du weißt, wie man eine Prinzessin wird?«, fragte Marie erstaunt.
»Nein, das nicht!«, wehrte Lise ab. »Aber ich weiß, wie man eine richtige Prinzessin ist – zumindest eine halbe.«
»Wie meinst du das?« Nun sah Marie endgültig verwirrt aus.
»Meine Mutter stammt aus einem alten Adelsgeschlecht und darf sich Prinzessin nennen. Einen Prinzen hat sie allerdings auch nicht gefunden, deswegen bin ich nur eine Halbprinzessin«, erklärte Lise.
»In dir fließt also hellblaues Blut?« Marie kicherte. »Das wusste ich gar nicht. Du musst mir alles erzählen, ja? Sofort. Das interessiert mich brennend!«
»Na ja. Wenn man blau und rot mischt … wohl eher lila, oder?« Lise grinste. »Das mit der Halbprinzessin ist echt nur halbspannend. Genau genommen ist es überhaupt kein großes Ding. Ich habe ein ganz normales Leben in einem ganz normalen Haus und meine Mutter hat einen ganz normalen Beruf. Ich bekomme mein Frühstück nicht ans Bett serviert, wir haben keine Bediensteten und ich werde auf keine Tanzbälle eingeladen. Ich habe noch nicht mal ein festliches Kleid!« Lise zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Du siehst, da ist wenig Glamour.«
Marie sah Lise enttäuscht an. »Und du kennst auch keinen Prinzen?«
»Doch. Meinen Onkel. Aber der ist definitiv zu alt für dich. Er lebt mit der Schwester meiner Mutter auf einem Schloss, und soweit ich weiß, hat er auch noch Personal! Aber das wirst du ja dann sehen! Deswegen bin ich eigentlich gekommen.«
Lise überreichte Marie einen Umschlag mit goldenem Rand. In goldenen, verschnörkelten Buchstaben stand »Einladung« darauf.
»Am Samstag werde ich 13. Und ich wollte dich gerne zu meiner Tante auf Schloss Eulenfels einladen. Es wird eine kleine Feier, ich habe nur dich und meine beste Freundin Ida eingeladen. Wir dürfen sogar über Nacht bleiben. Hast du Lust?«
Lise sah Marie erwartungsvoll an.
Marie nickte. »Klar habe ich Lust!«
Plötzlich fielen ihr die Nachrichten, die sie mit Franzi und Kim gewechselt hatte, wieder ein. Mist. Sie hatten vorhin für das Wochenende eine Detektivsitzung vereinbart. Die letzten drei hatte Marie wegen einer Tanzaufführung immer wieder kurzfristig verschieben müssen und vor allem Kim war schon ziemlich sauer gewesen. Sie konnte auf keinen Fall zum vierten Mal absagen. Aber sie wollte auch unbedingt zu dem Prinzessinnen-Geburtstag. Die Sache mit dem Schloss hörte sich toll an und sie mochte Lise wirklich. Wenn sie absagte, würde Lise alleine mit ihrer Freundin Ida feiern müssen. Nein, das ging auf keinen Fall! Gab es eine Lösung? Sie überlegte fieberhaft hin und her.
»Es ist nur …«, sagte sie schließlich. »Mir ist gerade eingefallen, dass ich mit meinen Detektivkolleginnen verabredet bin.«
»Stimmt, du hast mir ja erzählt, dass ihr sehr erfolgreich seid. Da habt ihr bestimmt immer mehrere Fälle gleichzeitig am Laufen, richtig?«, sagte Lise und versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.
»Im Moment haben wir keinen Fall«, gestand Marie. »Es ist also kein echtes Detektivtreffen, sondern eher ein Freundinnentreffen.«
»Oh, ja schön.« Lise sah Marie an. »Kim schreibt Geschichten? Und wie ist Franzi so drauf?«
»Franzi ist die tierliebste, sportlichste und freundlichste Person, die ich kenne«, erklärte Marie.
Lises Augen begannen zu leuchten. »Das klingt, als ob ich die beiden sehr gerne haben werde. Warum fragst du sie nicht, ob sie mitkommen möchten?« Lise nahm Marie die Einladung aus der Hand, riss sie fein säuberlich in drei Teile und überreichte sie ihr feierlich. »Fangen wir noch einmal an: Ich würde dich, Kim und Franzi gerne zu meinem Geburtstag einladen. Wie und wann? Das könnt ihr Detektivinnen euch mal schön selbst zusammenpuzzeln!«
»Ein Traum wird wahr!« Marie klatschte in die Hände, als die weiße Kutsche um die Ecke bog. »Wir fahren mit der Kutsche zum Schloss!«
»Tja, da kann unser Detektivinnenhauptquartier nicht mithalten«, sagte Franzi. »Unsere Kutsche ist schwarz, gammelig und riecht ganz schön muffig.«
»So ein Quatsch«, beschwerte sich Kim. »Das kann man doch gar nicht vergleichen. Unser Hauptquartier ist supergemütlich und voller schöner Erinnerungen. Außerdem steht unsere Pferdekutsche auf dem Winklerhof. Einer meiner Lieblingsorte auf der ganzen Welt. Ich würde das olle Ding niemals eintauschen.«
Franzi sah Kim gerührt an. »Danke«, sagte sie leise. »Geht mir auch so.«
Als Marie Kim und Franzi von der Einladung erzählt hatte, waren sie sofort begeistert gewesen. Lises Mutter, Ursel, hatte die Eltern von Kim und Franzi angerufen und ihnen versprochen, auf die Mädchen achtzugeben.
Maries Eltern kannten Ursel bereits und waren sowieso einverstanden gewesen.
Die Mädchen hatten sich am Samstagmorgen bei Marie getroffen und zusammen im Garten der Villa gefrühstückt. Marie hatte den Tisch gedeckt und jedem Ausrufezeichen eine Blume in der richtigen Farbe auf den Teller gelegt. Kim ein rosafarbenes Gänseblümchen, Franzi lilafarbenen Lavendel und sich selbst ein vierblättriges grünes Kleeblatt.
Außerdem hatte sie eine halbe Stunde Kakao gekocht und immer wieder fein gemahlene Tonkabohne und Zimt untergemischt, bis sie zufrieden war. Der Kakao schmeckte anders als der Kakao Spezial im Café Lomo, aber definitiv nicht schlechter. Sie war gespannt, was Kim und Franzi dazu sagen würden. Und sie freute sich, mit den beiden ein wenig Freundinnenzeit zu haben, bevor Lise sie abholen würde. Sie brauchte dringend ein Update in Sachen Liebe von ihnen und wollte den beiden von ihrem Eifersuchts-Gespräch mit Jakob erzählen.
»Ich präsentiere euch: Kakao Mezial!« Marie goss Franzi und Kim aus einer Kanne ein. »Das Sp fällt weg und wird durch ein M wie Marie ersetzt!«, erklärte sie. »Na?«
Franzi nippte vorsichtig und ein wenig misstrauisch. Doch dann hellte sich ihr Gesicht auf. »Was hast du denn da reingemischt? Das schmeckt vanillig und duftig zugleich.«
»Tonkabohne«, sagte Marie stolz. »Und die Milch ist von glücklichen Kühen.«
»Total lecker«, fand auch Kim.
»Dann seid ihr bereit für ein Geständnis?«, fragte Marie. »Allerdings muss das, was ich euch jetzt erzähle, unter uns bleiben?«
»Freundinnen-Ehrenwort«, sagten Kim und Franzi gleichzeitig.
»Erinnert ihr euch noch an Holgers Freund Jakob?«
»Den, den du mit Lilo verwechselt hast? Und danach hast du Holger eine Mega-Eifersuchts-Szene hingelegt? Das war echt lustig!« Franzi kicherte.
Marie wippte nervös mit dem Fuß auf und ab. »Genau darum geht es. Ich hatte hinterher ein sehr langes Gespräch mit ihm. Und er versteht, warum ich immer wieder so eifersüchtig bin. Ihm ging es nämlich schon einmal ähnlich. Und er meint, Holger müsste einfach mehr Verständnis für mich haben.«
»Das finde ich sehr nett von Jakob. Aber wo bleibt das Geständnis?«, fragte Kim.
»Seit diesem Gespräch muss ich immer wieder an Jakob denken«, meinte Marie und schluckte. »Obwohl mit Holger eigentlich alles prima ist. Bin ich eine Verräterin, weil ich mich bei Jakob verstanden und aufgehoben gefühlt habe? Versteht ihr, was ich meine?«
Franzi nickte. »Klar. Aber du solltest erst mal einen kühlen Kopf bewahren. Du findest Jakob toll. Okay. Und er versteht dich. Auch okay. Möglicherweise bist du ein bisschen durcheinander, weil er gut aussieht und nett ist. Aber ich an deiner Stelle würde mir nicht zu viele Gedanken machen. Manchmal ist so eine Blitzbegeisterung auch blitzschnell wieder weg.«
»Finde ich auch«, pflichtete Kim Franzi bei. »Du bist mit Holger durch dick und dünn gegangen. Ist doch klar, dass eine so lange Beziehung nicht immer Ponyhof mit Lollipop-Wiese ist. Warte mal ab. Vielleicht ist es ganz gut, dass wir das Wochenende auf Schloss Eulenfels sind. Da hast du keine Zeit, darüber nachzudenken.«
Franzi umarmte Marie fest. »Komm, lass dich mal drücken!«, sagte sie. »Und dich auch, Kim!«
»Bitte alle einsteigen!«, rief Lise, und der Kutscher öffnete die Kutschentür, auf der ein Wappen mit einer fliegenden Eule und einem Felsen gemalt war. Das Wappen von Schloss Eulenfels, vermutete Marie. Die beiden weißen Pferde, die vor die Kutsche gespannt waren, schnaubten leise. Marie und Kim verstauten ihre Rucksäcke mit allem, was sie für das Wochenende brauchten, in der hinteren Kutschenklappe. Franzi machte einen Kuschel-Umweg über die Pferde.
Sie kletterten in den Wagen und setzten sich neben Ursel und Ida, Lises Freundin. Marie fand das Mädchen sofort sympathisch. Sie lachte übers ganze Gesicht und freute sich sichtlich, Kim, Franzi und Marie kennenzulernen.
»Das sind Kim und Franzi«, stellte Marie ihre beiden Freundinnen vor. »Ihr kennt euch ja noch nicht!«
»Alles Gute zum Geburtstag!«, sagte Franzi.
»Danke für die Einladung!«, sagte Kim.
Mit einem Ruck fuhr die Kutsche los.
»Ich freu mich total, dass ihr mitkommt!«, rief Lise. »Mama, Ida, wir haben hier echte Heldinnen an Bord. Die drei sind ein berühmtes Detektivteam, das schon sehr viele Fälle gelöst hat. Sie nennen sich Die drei !!!.«
»Echt?«, fragte Ida. »Mensch, Lise, davon hast du mir ja gar nichts erzählt und dabei überlegte ich, selbst später Detektivin zu werden. Ich sammle alles, was ich zu diesem Thema finde. Ich muss euch nachher mal ausquetschen!« Ihre Augen leuchteten begeistert.
»Das finde ich toll!«, sagte Ursel. »Ich liebe Krimis. Aber nur auf dem Papier. Machen sich eure Eltern denn keine Sorgen, wenn ihr echte Verbrechen aufklärt und euch in gefährliche Situationen begebt?«
»Manchmal schon. Aber wir erzählen ihnen nicht alles«, gestand Marie und zwinkerte Kim und Franzi zu.
»Puh«, sagte Ursel. »Ich bin erleichtert, dass wir euch zum Geburtstag eingeladen haben und nicht zu einer Verbrecherjagd. Schließlich bin ich die nächsten zwei Tage für euch verantwortlich!«
»Also so eine klitzekleine Ermittlung, das würde ich mir schon wünschen«, sagte Lise so leise zu Ida, dass Ursel sie nicht hören konnte.
»Ich mir auch«, flüsterte Ida zurück.
Sie fuhren nun seit einer guten Stunde. Marie sah aus dem kleinen Kutschenfenster. Die Blätter der Bäume strahlten in hellem Grün und die Frühlingssonne schien warm. Ja, es war beinahe schwül. Maries T-Shirt begann bereits, an ihrem Rücken zu kleben. Sie fächelte sich mit der Hand ein wenig Luft zu. Endlich bogen sie von der Hauptstraße auf Nebenstraßen ab und die Dörfer, durch die sie fuhren, wurden immer kleiner. Genau wie Maries Sorgen. Die Sache mit Holger und Jakob würde sich schon regeln. Jetzt würde sie nichts als Spaß mit ihren alten und neuen Freundinnen haben!
Plötzlich erinnerte sie sich, dass sie ein kleines Geburtstagslied für Lise gedichtet hatte, und begann zu singen:
»Wir sind alle zusammen und wir feiern froh.
Du bist heut geboren, das freut uns einfach so!
Wir lassen dich hochleben, Pakete sind auch da,
die schenken wir dir gerne, denn du bist wunderbar!«
Die Straße holperte und Maries Stimme holperte mit. Es klang, als hätte sie einen Frosch verschluckt.
»Na, wenn das so ist.« Kim kicherte. »Da kann meine, ähhh … eigenwillige Stimme nichts mehr kaputt machen.« Sie stimmte mit ein und nach und nach sangen alle in der Kutsche mit.
Marie zippte den Reißverschluss ihrer mit Pailletten besetzten Bauchtasche auf, die genau zu ihren neuen Glitzerpailletten-Turnschuhen passte, und holte eine kleine rote Schachtel mit weißer Schleife heraus.
»Bitte schön«, sagte sie und überreichte Lise das Geschenk. »Ich hoffe, du magst es!«
Lise zog an dem weißen Band und hob den Deckel ab. Dann nahm sie eine silberne Kette heraus, an der ein hellblauer Anhänger in Form einer Krone baumelte.
»Das ist aber hübsch! Vielen Dank!«, rief Lise. »Wegen des hellblauen Bluts der Halbprinzessin, oder?«
»Genau!« Marie lachte. »Ich habe die Kette in einem Schaufenster liegen sehen und dachte mir, die passt perfekt zu dir!«
Instinktiv fasste Marie sich an den Hals. Ja, sie war noch da, die Kette, die ihr ihre verstorbene Mutter geschenkt hatte. Und auch der kleine Herz-Anhänger.
»Mama, machst du mir die Kette um?«, fragte Lise und drehte sich zu ihrer Mutter.
In diesem Augenblick hielt die Kutsche mit einem Ruck an.
»Mach ich gleich, mein Schatz«, antwortete Ursel. »Aber wir sind da, und ich möchte erst mal Bella begrüßen!«
»Herzlich willkommen auf Eulenfels! Wie schön, dass ihr da seid! Ich bin Bella von Eulenfels!« Eine Frau Ende vierzig mit langen braunen Haaren, in die sich weiße Strähnen mischten, lief auf die Kutsche zu und umarmte erst Ursel und dann Lise stürmisch. Anschließend begrüßte sie Ida und die drei !!!.
Ein Mann ungefähr im gleichen Alter wie Bella und Ursel kam den steinigen, gewundenen Weg vom Schloss herunter. Er trug einen schwarzen Frack und weiße Handschuhe. Marie beobachtete ihn staunend. Er schien einer völlig anderen Zeit entsprungen zu sein.
Sie zog Lise sanft zur Seite und flüsterte: »Voll schade. Deine Mutter und deine Tante tragen Jeans und keine Prinzessinnenkleider. Hier gibt es nur einen, der echt echt aussieht!«
Lise grinste: »Du meinst Fred? Ja, er ist ein Diener der ganz alten Schule. Wenn du sein Outfit bereits merkwürdig findest, dann musst du ihn erst einmal reden hören. Er ist aber total in Ordnung. Er ist schon ewig bei meiner Tante und bei meinem Onkel angestellt.« Sie blickte sich suchend um und wandte sich an ihre Tante. »Wo steckt Onkel Manuel überhaupt?«
Tante Bella drehte sich um und schnappte sich einen der Rucksäcke. »Der kommt morgen von einer wochenlangen Geschäftsreise zurück«, sagte sie. »Ich habe ihm gesagt, dass er sich beeilen soll, sonst ist der ganze schöne Geburtstagskuchen, den Emma gebacken hat, aufgefuttert.«
»Emma? Ist das die neue Köchin? Mama hat mir erzählt, dass sie noch nicht lange bei euch ist«, sagte Lise.
Bella nickte. »Sie wird dir gefallen. Ich stelle sie euch gleich vor. Aber erst einmal zeige ich euch die Zimmer!«
Sie schulterte den Rucksack. Fred entfuhr ein spitzer Aufschrei und er hob die Hand. »Durchlauchte Prinzessin, bitte verzeihen Sie, aber hier muss ich Einhalt gebieten. Bitte überlassen Sie das Tragen der schweren Last mir! Und auch die Präsentation der Gemächer obliegt meiner Wenigkeit.«
Bereitwillig ließ sich Bella den Rucksack abnehmen und lachte. »Wenn Sie mich weiter so verwöhnen, Fred, werde ich irgendwann gar nicht mehr wissen, was ich ohne Sie tun soll.«