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Arne Fehring, Erbe eines Firmenimperiums wird entführt. Die Entführer schrecken nicht davor zurück, auch drastische Maßnahmen zu ergreifen, um ihr Ziel zu erreichen. Mutter und Großmutter des Entführten drohen daran zu zerbrechen. Die Leiterin der "Soko Fehring", KHKin Amanda Holzschuh und ihr Team, setzen alles daran den Fall zu lösen. Eine wesentliche Hilfe findet Amanda in der Person der Profilerin, Eva von Lüdenau. Die Lösung des Falles ist verblüffend. https://www.juergen-von-rehberg.at
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Seitenzahl: 95
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Die Gazetten waren voll davon und fast jeder TV-Sender berichtete darüber:
Arne Fehring, der Erbe der „Fehring-Werke“, wurde von maskierten Tätern entführt.
Gottfried Fehring hatte die Firma 1920 gegründet, zusammen mit seinem Freund Knut Hansen. Es war nur ein kleiner Betrieb, der aus vier Personen bestand: Gottfried Fehring, Knut Hansen, Helmut Breuer und Melitta Döneken.
Helmut Breuer war ein junger Mann, der Schlosser gelernt hatte, ebenso wie seine beiden Chefs, und Melitta Döneken, eine blutjunge Frau, war für die Büroarbeit zuständig. Sie sollte später die Ehefrau von Gottfried Fehring werden.
Der metallverarbeitende Betrieb wuchs sehr schnell, und schon bald hatte sich die Anzahl der Mitarbeiter beträchtlich erhöht.
Während Knut Hansen für den handwerklichen Teil die Verantwortung beibehielt, wendete sich Gottfried Fehring der kaufmännischen Seite zu. So ergänzten sich die beiden Freunde auf das Vortrefflichste.
Durch die Zusammenarbeit im Büro kamen sich Gottfried und das junge Fräulein Melitta näher, was dazu führte, dass im Dezember 1923 „Klein Uwe“ auf die Welt kam. Zuvor hatten sich die beiden Verliebten jedoch – vor Gott und der Welt - das Jawort gegeben.
Als der 2. Weltkrieg begann, war Uwe einer der Ersten, die zum Dienst an der Waffe eingezogen wurden. Er wurde Maschinist und diente zuletzt auf dem Zerstörer Z 35.
Der Zerstörer wurde zum Minenlegen eingesetzt. In der Nacht zum 12. Dezember war er, zusammen mit weiteren Kriegsschiffen, bei Reval im Einsatz.
Bedingt durch starken Nebel lief er auf eine deutsche Minensperre und sank. Uwe Fehring war einer der 87 überlebenden Besatzungsmitglieder.
Er geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft, aus welcher er 1952 nach Hause zurückkehrte. Es grenzte an ein Wunder, dass er die Gefangenschaft überlebt hatte.
Nur zwei Jahr später verstarb sein Vater, und Uwe Fehring musste den Betrieb übernehmen. 1959 heiratete Uwe Fehring Helga Küppers, eine rheinische Frohnatur.
Es dauerte fast drei Jahre, bis sich der ersehnte Nachwuchs einstellte. Der erhoffte Stammhalter war jedoch weiblicher Natur, und wurde auf den Namen „Antje Elisabeth“ getauft.
Das war der geforderte Kompromiss, denn Helga bestand darauf, quasi als Kontrapunkt zu dem nordischen Namen „Antje“, den rheinischen Wohlklang des Namens „Elisabeth“ hinzuzufügen.
Und so kam es, dass Papa Fehring seinen kleinen Liebling „Antje“ nannte, hingegen Mama Fehring ihre Tochter „Lisbeth“.
Uwe fügte sich, war er doch ohnehin seiner geliebten Helga nicht gewachsen. Uwe war von Anbeginn ihrem natürlichen Charme erlegen.
Die kleine Firma war auf der Woge des Wirtschaftswunders mitgeschwommen, und war zu einem ansehnlichen Unternehmen herangewachsen.
Die „Fehring-Werke“ hatten sich als Zulieferer für Schiffsbedarf einen Namen gemacht und zu finanziellem Wohlstand geführt. Eine Villa in Travemünde, direkt an der Ostsee, zeugte davon.
Antje war der Sonnenschein in der Villa Fehring. Papa Uwe vergötterte seine Tochter. Seine anfängliche Enttäuschung darüber, dass ihm der gewünschte Stammhalter verwehrt worden war, wandelte sich schon bald in Bewunderung für Antje.
Nachdem Antje das Abitur mit Auszeichnung bestandenen hatte, studierte sie Betriebswirtschaftslehre und besuchte nebenbei eine Fachhochschule, um das Befähigungszeugnis zum nautischen Wachoffizier zu erwerben. Und kurz vor ihrem 34. Geburtstag bekam Antje das Kapitänspatent ausgehändigt.
Die Freude darüber währte jedoch nur kurz. Es war, als hätte ihr Vater diesen Augenblick unbedingt noch erleben wollen. Die Spätschäden aus der Zeit als russischer Kriegsgefangener hatten seinen Körper unaufhaltsam zerstört.
Den Geburtstag seiner Tochter feierte Uwe Fehring noch mit, bevor er – nur wenige Tage später – seine Augen schloss.
Die Trauergesellschaft wurde zum Auflauf heimischer Prominenz. Außer der Verwandtschaft von Uwe, war auch die rheinische Verwandtschaft angereist. Und die sorgte dafür, dass der anschließende Leichenschmaus zu einer recht unterhaltsamen Angelegenheit wurde.
Antjes Mutter konnte den Verlust ihres geliebten Gatten nur schwer verwinden. Sie hatten eine sehr glückliche Ehe geführt, und nur mit Hilfe Antjes vermochte sie die allgemein vorherrschende Stimmung beim Leichenschmaus zu ertragen.
Als die Verwandtschaft ein paar Tage später wieder abgereist war, bat Helga ihre Tochter um ein Gespräch. Es ging um die Zukunft der „Fehring-Werke“.
Gottfried Fehring hatte den Ersten Weltkrieg nicht aktiv mitgemacht. Ein angeborener Herzfehler hatte dazu geführt, dass er für „untauglich“ befunden wurde.
Anders hingegen sein Freund und Firmenmitbegründer Knut Hansen. Er kam nicht mehr aus dem Krieg nach Hause und galt als verschollen, irgendwo bei Verdun.
Und somit wurde Uwe damals - nach dem Tod seines Vaters - der einzige Nachfolger auf dem Chefsessel.
„Ich habe dich um das Gespräch gebeten, weil wir gemeinsam darüber entscheiden müssen, wie es mit der Firma deines Vaters weiter gehen soll“, begann Helga Fehring das Gespräch mit ihrer Tochter Antje.
„Das ist allein deine Entscheidung, Mutter“, erwiderte Antje.
„Du irrst dich, Kind“, sagte Helga, „ganz so einfach ist das nicht.“
„Wieso, Mutter?“, fragte Antje, und Helga antwortete:
„Weil es unser gemeinsames Erbe ist.“
„Entscheide du, bitte“, sagte Antje, „und ich werde die Entscheidung mittragen.“
„Ach Kind“, erwiderte Helga mit einem tiefen Seufzer und einem feinen Lächeln.
„Was glaubst du, würde Vater wollen?“, fragte Antje.
Helga sah ihre Tochter lange an. Sie musste daran denken, wie stark sie, Gottfried und Antje miteinander verbunden waren. Es gab zu keiner Zeit irgendwelche Eifersüchteleien zwischen ihnen.
„Er würde sich wünschen, dass du die Firma übernimmst, und leitest.“
„Wie kannst du das wissen?“, fragte Antje völlig überrascht.
„Weil er es einige Male gesagt hat, mein Kind“, antwortete Helga.
„Das glaube ich nicht“, antwortete Antje fast ein wenig barsch, „wieso hat er es dann nie zu mir gesagt?“
„Weil er dich über alles geliebt hat“, antwortete Helga.
Nun schwiegen die beiden Frauen. Sie sahen einander an, unschlüssig, wer den nächsten Satz sagen soll.
„Deinem Vater war wohl bewusst, wie glücklich du darüber warst, dass du die Ausbildung zum Kapitän geschafft hast. Die Liebe zum Meer hat euch verbunden.
Als Mädel vom Rhein konnte ich da natürlich nicht mithalten. Mir wurde schon schwindelig, wenn wir mit dem Segelboot rausgefahren sind.
Er hätte nie von dir verlangt, dass du dich in die Firma einbringst. Und darum hat er dir das nie gesagt. Ich sage dir das jetzt nur, damit du weißt, dass er dir die Leitung der <Fehring-Werke> bedenkenlos zugetraut hätte.“
„Und du sagst es mir jetzt, um mich moralisch unter Druck zu setzen“, sagte Antje zum großen Erstaunen ihrer Mutter.
„Das denkst du wirklich von mir?“, fragte Helga ihre Tochter, und eine leichte Enttäuschung schwang dabei in ihrer Stimme mit.
„Natürlich nicht, Mutter“, erwiderte Antje schnell, „das war dumm und lieblos von mir. Bitte, verzeih!“
„Ist schon gut, Kind“, sagte Helga, und ergriff die Hand ihrer Tochter.
„Ich erwarte keinesfalls, dass du deinen Traum von <Großer Fahrt> aufgibst, genauso wenig, wie das dein Vater getan hätte.
Es geht nur darum, ob wir einen Geschäftsführer einstellen, oder ob wir die Firma verkaufen. Wie du ja weißt, verstehe ich von geschäftlichen Dingen rein gar nichts.“
„Das kann ich Papa nicht antun“, sagte Antje, „die <Fehring-Werke> waren doch sein Leben.“
Das hätte Helga Fehring von ihrer Tochter nicht erwartet. Sie hätte alles Verständnis der Welt dafür gehabt, wenn Antje ihrem Beruf als Kapitänin nachgegangen wäre.
„Willst du das wirklich tun, Lisbeth?“, fragte Helga. Antje sah ihre Mutter an. Es war lange her, dass Helga sie so genannt hatte.
Als es Uwe immer schlechter ging, und der herannahende Tod sich immer mehr abzeichnete, nannte Helga ihre Tochter nur noch „Antje“. Sie wollte dem geliebten Menschen wohl eine Freude damit bereiten.
Uwe hatte Helga gefragt, warum sie das mache, und Helga hatte mit dem Blick der Wahrhaftigkeit geantwortet, dass ihr „Antje“ einfach viel besser gefiele als „Lisbeth“.
„Ja, Mama, das will ich“, sagte Antje. Sie hatte nicht einen Moment darüber nachdenken müssen.
„Und was ist mit der christlichen Seefahrt?“, fragte Helga mit einem feinen Lächeln.
„Was soll damit sein, Mama“, erwiderte Antje, „die werde ich wohl an den berühmten Nagel hängen.“
„Dabei hast du so chic ausgesehen in deiner Uniform“, sagte Helga.
„Ja, ja“, entgegnete Antje, „der Zauber der Montur.“
Und damit war das Kapitel „Kapitän Fehring“ endgültig geschlossen.
*****
Antje hatte sich überraschend schnell in die Materie eingearbeitet. Eine große Hilfe dabei war ihr Jan Feddersen, ein Vertrauter und langer Mitarbeiter ihres Vaters.
Jan war zwar um sechzehn Jahre älter als Antje, was ihn aber nicht daran hinderte, heftige Gefühle für Antje zu hegen. Seine hanseatische Art war ihm jedoch so sehr im Weg, dass er seine Gefühle Antje gegenüber nicht offenbaren konnte.
Helga hatte das längt bemerkt und Antje darauf angesprochen. Antje tat die Bemerkung ihrer Mutter mit den Worten ab:
„Das ist doch Unsinn, Mutter. Jan ist ein lieber Freund und ich mag ihn ja auch. Aber mehr ist da nicht. Außerdem wäre er viel zu alt für mich.“
„Dein Vater war auch sieben Jahre älter als ich“, antwortete Helga, worauf Antje erwiderte:
„Sieben Jahre lasse ich mir gefallen; aber Jan ist sechzehn Jahre älter.“
„Woher weißt du das so genau?“, fragte Helga, und Antje antwortete:
„Aus seinem Personalbogen.“
„Also hast du dich doch für ihn interessiert“, bohrte Helga weiter.
„Ich bin zufällig einmal darauf gestoßen“, erwiderte Antje.
„Es ist schön, dass du noch immer rot wirst, wenn du schwindelst“, sagte Helga lachend.
„Mutter!“
*****
Es war einer jener Tage, der nach einem Besuch im „CE SOIR“ verlangte.
Das „CE SOIR“ war eine kleine Bar, die auf dem Nachhauseweg lag. Antje hatte sie per Zufall entdeckt und sich sofort in sie verliebt.
Es war eine kleine, intime Lokalität auf gehobenem Niveau, in welche sich auch keine Touristen verirrten. Es gab einen Pianospieler und einen tollen Barkeeper.
Der Barkeeper ließ sich „Mischa“ nennen, und hieß wahrscheinlich gutbürgerlich Michael. Aber vielleicht hieß er ja tatsächlich Mischa, obwohl er kein Russe war.
Wie der Mann am Piano hieß, wusste Antje gar nicht. Es hatte sie auch bisher nicht interessiert. Sie hätte ja nur Mischa fragen müssen; aber, wie gesagt, es interessierte sie nicht.
„Hallo Mischa!“
„Guten Abend, gnädige Frau!
Hatten Sie wieder einen schweren Tag?“
Antje musste lächeln. Das Begrüßungsprozedere war „the same as always“.1 Es hatte sich im Laufe der Zeit so eingeschliffen, und beiden Beteiligten gefiel es.
„Machst du mir bitte einen Martini?“
„Sehr gern, Madame, gerührt und nicht geschüttelt.“
Mischa war schätzungsweise schon weit jenseits der Sechzig. Er gehörte praktisch zum Inventar. Er hatte das Gespür, das einen guten Barmann ausmacht.
Er wusste, wann er reden sollte, und wann er schweigen musste. Und er konnte auch sehr gut zuhören.
„Es ist sehr ruhig heute“, sagte Antje, als sie den ersten Schluck genommen hatte. Sie steckte sich eine Zigarette an, und Mischa gab ihr Feuer.
Antje war gewohnt von einem Geräuschpegel umgeben zu sein, der laut genug war, um sie die Probleme vergessen zu lassen, mit denen sie bei der Tür hereingekommen war, aber auch leise genug, um sich nicht davon gestört zu fühlen.
Sie nahm an diesem Abend zum ersten Mal das Spielen des Mannes am Piano wahr, von dem sie den Namen nicht kannte.
„Wie heißt eigentlich der Pianomann?“, fragte sie Mischa, und Mischa antwortete:
„Er heißt Louis Dubois, Madame.“
„Ein Franzose“, sagte Antje, und Mischa erwiderte:
„Nein, Madame, Louis ist Belgier.“
„So, so“, murmelte Antje, „ein Belgier also…“
Nach ein paar weiteren Martinis nahm Antje den Mann aus Belgien etwas genauer unter die Lupe.
„Seltsam“, dachte Antje, „wieso ist mir dieser Schönling bisher noch nie aufgefallen?“
„Spielt der schon länger hier?“, fragte sie daraufhin Mischa, und Mischa antwortete:
„Das weiß ich gar nicht so genau. Aber ein, zwei Jahre sind das bestimmt; wenn nicht sogar noch mehr.“
Als hätte der Pianomann das mitbekommen, schaute er plötzlich in die Richtung von Antje. Er nickte ihr zu, und Antje nickte zurück.
„Was mache ich denn da“,