Die Flunschlippe- Piet Trilogie - Dennis Weiß - E-Book

Die Flunschlippe- Piet Trilogie E-Book

Dennis Weiß

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Beschreibung

Jetzt Teil 1- 3 in einem Band! Teil 1: Opa Piet erzählt seiner Enkelin Marie Geschichten von Piraten. Eines Tages wird er entführt und Marie macht sich zusammen mit ihren Freunden Kotte, Hinnerk und der fetten Annette auf den Weg, um ihn zu retten. Dabei erleben sie mehrere Abenteuer und treffen auf die Gestörten Bäcker. Zudem lösen sie ein großes Geheimnis, dass Opa Piet verbirgt... Teil 2:Marie, Hinnerk, Kotte, Annette, Untermbaum und Opa Piet begeben sich zur Insel des Lebens, um den Lebensstein zu finden. Dabei erwartet sie eine riesige Krake, Meerjungfrauen und ein Volk, die sich die Animali nennen. Lachsfingerlump hängt ihnen dabei dicht an den Fersen, um ihnen die Karte als auch Lapismors- den Stein des Todes- abzunehmen... Teil 3:Marie, Hinnerk, Kotte, Annette, Untermbaum und Opa Piet begeben sich zur Insel des Lebens, um den Lebensstein zu finden. Dabei erwartet sie eine riesige Krake, Meerjungfrauen und ein Volk, die sich die Animali nennen. Lachsfingerlump hängt ihnen dabei dicht an den Fersen...

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Dennis Weiß

Die Flunschlippe- Piet Trilogie

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Die FLUNSCHLIPPE- PIET Trilogie

FLUNSCHLIPPE- PIET

Vorwort

Helgaländer

Opa Piets Geschichte

Sie kommen!

Wir müssen was tun

Reisevorbereitungen

Das Ziel ist das Piratenhauptquartier

Die Insel der Toten

Untermbaum

Erwischt!

Überraschung!

Angriff!

Der Stein des Todes

Epilog

Und die Insel des Lebens

Vorwort

Prolog

Überfall!

Die verbotenen Hörner

Stubenarrest

Octawa

Insel des Lebens

Animali

Angriff ist die beste Verteidigung

Verfolgung

Hilfe aus der Tiefe

Ab in den Süden

Epilog

FLUNSCHLIPPE- PIET

Vorwort

Prolog

Der Klabautermann

Die Tore von Madagaskar

Auf der anderen Seite

Die Sirenen

Der Zyklop

Untermbaums Auftritt

Muro Pirata

Der Bluff

Der Tempel des Nihil

Der große Showdown

Der Wunsch

FLUNSCHLIPPE- PIET

Impressum neobooks

Die FLUNSCHLIPPE- PIET Trilogie

Nach einer Idee von Merle und Dennis Weiß

Cover: freepik (freepik.com)

Text: Dennis Weiß

© Dennis Weiß 2019- 2020

Dieses Buch beinhaltet:

Flunschlippe- Piet (Teil1)

Flunschlippe- Piet und die Insel des Lebens (Teil 2)

Flunschlippe- Piet und die Insel des Nichts (Teil 3)

FLUNSCHLIPPE- PIET

Nach einer Idee von Merle und Dennis Weiß

Cover: freepik (freepik.com)

Text: Dennis Weiß

© Dennis Weiß 2019

Vorwort

Diese Geschichte ist- wie viele andere davor auch- durch Zufall entstanden. Da ich als Vater mein Gesicht für Grimassen im Spiel mit meinen Kindern nutze, ist irgendwann mal der Name Flunschlippe- Piet entstanden, da es mir tatsächlich gelingt, meine Lippe hinunterzuziehen und mit einem traurigen Blick zu komplettieren, damit Mitleid erregt wird. Daraus sind irgendwann mal weitere Piratennamen entstanden, weil wir der Meinung waren, dass Flunschlippe- Piet ein typischer Name für einen Freibeuter war. Der Rest ist dann dazugekommen…

Viel Spaß beim Lesen!

Helgaländer

Das hier ist die Insel Helgaland und sie liegt mitten in der Nordsee. Sie ist so klein, dass sie auf keiner Karte zu finden ist, denn immer, wenn die Leute draufschauten, dachten sie, es handelte sich um einen Fleck, der irrtümlicherweise auf der Karte gelandet war. Vom schussligen Erwachsenen, die ihren Kaffee nicht richtig trinken konnten und kleckerten. Also ließ man den Punkt weg. Dies führte dazu, dass die Helgaländer so gut wie nie aufgefunden wurden. Daher lebten sie für sich. Sie bauten selbst Getreide an, fingen selbst Fische, reparierten selbst ihre kaputten Wasserräder, denn sie waren sehr naturbewusst. Elektrischen Strom gab es auf der ganzen Insel nicht. Das lag nicht daran, dass sie keinen hatten, nein, es gab einfach noch keinen, denn unsere Geschichte spielt weit vor unserer Zeit, zu einer Zeit, als Piraten noch ihr Unwesen auf den Weltmeeren trieben!

Mein Name ist übrigens Marie. Ich bin zehn Jahre alt und lebe schon mein gesamtes Leben auf Helgaland. Auf dieser kleinen Insel kennt jeder jeden. Mit mir gibt es noch Kotte, eigentlich Karl, aber der andere Name passt besser zu ihm, weil er als kleiner Junge immer Kotte zu Karotten sagte und daher verpasste man ihm diesen Spitznamen.

Dann gibt’s da noch Annette. Sie ist die Tochter des ehrenwerten Bürgermeisters von Helgaland und denkt immer, sie sei etwas besonders. Das einzige, was wirklich besonders an ihr ist, das wäre ihr Übergewicht. Annette ist halt wirklich dick. Deshalb nennen wir sie auch Annette, die Fette. Daher ist ihr Zusatz auch nicht verwunderlich.

Das vierte und damit letzte Kind auf unserer Insel ist Hinnerk. Er ist so verplant, dass wir glauben, er muss als kleines Baby vom Wickeltisch gefallen sein. Neulich hat er erst die Klammern seiner Hosenträger nicht richtig verschlossen, sodass sie mitten im Unterricht nach oben wegschossen und seine Latzhose runterrutschte. Hinnerks Kopf wurde rot wie eine reife Tomate.

Wir konnten vor Lachen nicht mehr. Selbst Herr Müller, unser Lehrer, musste grinsen. Und der war eigentlich immer purernst. Vielleicht liegt es daran, dass er uralt ist, sodass keiner mehr weiß, wie alt eigentlich. Man weiß nur, dass er schon da war, als mein Opa noch ein kleines Kind war. In der alten Zeit konnte hatte man wohl nichts zu lachen.

Ich wohne bei meinen Eltern, die eigentlich ganz cool sind. Wenn ich meine Hausaufgaben gemacht habe- und Herr Müller gibt stets viele auf- darf ich mich immer mit meinen Freunden treffen und muss erst zum Abendbrot wieder Daheim sein. Ausgerechnet heute dauert es länger als gewohnt, weil ich viel Mathe aufhabe und das ist nicht meine Stärke.

Multiplizieren, addieren, subtrahieren und dividieren kann ich nennen, weil ich mir Sprachen relativ gut aneignen kann. Aber rein anwendertechnisch bin ich in Mathe eine Null und daher sind solche Hausaufgaben stets ein Graus für mich. Ich bin konzentriert als es plötzlich klingelt. Meine Mutter geht an die Tür, dass kann ich von weitem hören.

„Hallo Hinnerk“, begrüßt sie einen meiner Freunde, „willst wohl fragen ob Marie rauskommen kann zum Spielen, was?“

„Ja…?“, antwortet Hinnerk gewohnt schüchtern.

Er ist einfach vor den Erwachsenen immer wie ein kleiner dreijähriger Junge, der sich nicht traut, etwas zu sagen. Mich nervt das manchmal, aber meine Mutter findet das süß.

„Marie!“ ruft meine Mutter hoch, „wie weit bist du mit den Hausaufgaben?“

Als wüsste sie nicht, dass ich noch nicht fertig bin. Denn falls ich heute oder überhaupt jemals diese blöden Aufgaben zum Ende bringen könnte, würde ich nicht in meinem Zimmer sitzen und Däumchen drehen, sondern schon längst draußen sein.

„Nein?“ rufe ich fragenderweise, denn ich will ein wenig Unverständnis auf den Weg nach unten bringen.

„Wie lange brauchst du noch?“ schließt sie als Frage an.

„Unendlich lang“, antworte ich und bin genervt.

„Soll ich dir helfen?“ fragt Hinnerk leiser als meine Mutter, aber immer noch im Bereich des Hörbaren.

„Gerne!“ freue ich mich.

„Das ist ja eine tolle Idee“, zeigt meine Mutter begeistert und bittet Hinnerk in unser Haus.

Er strazt die Treppe hoch, die gewohnt knarzt. Mich stört das Geräusch nicht mehr, weil ich mir immer einbilde, dass sich auf die Art keine hochschleichen kann. Nur falls mal Einbrecher irgendwo herkommen sollten. Hinnerk hat es eilig, denn wir wollen heute unser Baumhausprojekt zum Ende bringen.

„Mathe, hm?“ fragt er nur, als er mein Zimmer betrat.

„Was sonst?“ entgegne ich, „mit den anderen Sachen habe ich ja auch keine Schwierigkeiten.“

„Ich schon“, gibt Hinnerk zu, „aber dafür kann ich Mathe.“

Natürlich hat Hinnerk mir geholfen, indem er die Lösungen schnell hingeschrieben hat und eben nicht sie mit mir zusammen erarbeitet. Wir sind uns einig, dass wir das Baumhaus fertig machen wollen. Heute nageln wir die letzten Bretter an, damit wir morgen, am Freitag, den Anstrich machen konnten.

„So, fertisch…“, sagt Hinnerk, als meine Mutter gerade das Zimmer mit Milch und Keksen betritt.

Meine Mutter ist im Geheimen ziemlich froh, dass ich meine Matheaufgaben nicht schaffen würde. Es ist nicht, weil sie gemein, nein, sie ist die liebest Mami der Welt. Sie will einfach nur, dass ich zu Hause bin, denn ich wurde als Draußenkind geboren und im Gegensatz zu den meisten Eltern, die sich wünschten, dass ihr Nachwuchs die Welt erkundet, kenne ich jedes Haus, jeden Baum, jeden Menschen, jede Wiese, eigentlich jeden Grashalm von Helgaland.

„Ihr seid schon fertig?“ fragt sie irritiert, während ich meinen Kram in meinen Ranzen packe.

„Hast du denn auch alles gemacht?“ will sie wissen.

„Ja“, antworte ich kurz und nehme mir einen Keks vom Teller.

Ich liebe diese Keks. Meine Mutter hatte sie selbstgemacht. Sie hatten Schokotropfen, die, sobald sie sich im Mund befinden, dahinschmolzen. Ein Biss, ein zweiter und Mhhh! Lecker!

„Und Deutsch?“ fragt sie hinterher, während sie Hinnerk den Teller hinhält, denn von allein würde er nie einen der Kekse nehmen, obwohl er sie auch sehr mochte.

„Fon erbebib“, antworte ich mit vollem Mund, denn ich habe mir bereits den zweiten Keks einverleibt.

„Wie bitte?“ fragt sie irritiert, denn sie kann mich nicht verstehen.

„Schon erledigt“, wiederhole ich, „können wir nun raus? Wir müssen unser Baumhaus zu Ende bringen.“

Sie schaut ein wenig bedröppelt, nickt aber anschließend, denn sie will nicht, dass ich gezwungenermaßen ich bleibe. Ich nehme mir die letzten Kekse mit und stecke sie in meine Vordertasche, die sich an meinem Pulli befindet. Meine Mutter guckt etwas verdutzt.

„Proviant“, erkläre ich und mache mich zusammen mit Hinnerk auf den Weg nach unten.

„Kotte und Annette warten schon“, macht Hinnerk Druck.

„Ich bin ja schon unterwegs“, mache ich deutlich, „das brauchst du nicht so ‘n Druck machen.“

„Okay“, sagt er nur.

„Tschüss, Mami, bis heute Abend“, verabschiede ich mich.

„Auf Wiedersehen Frau Perlinski“, ruft der Schleimer hoch, „und vielen Dank für die leckeren Kekse.“

„Gerne“, ruft meine Mutter zurück.

„Hoffentlich rutschst du nicht aus“, meine ich daraufhin und schließe die Haustür.

„Worauf?“ fragt er nach.

„Auf deiner Schleimspur“, antworte ich.

„Haha“, äußert er, „ich bin nur nett.“

„Ja, aber das lässt mich schlecht dastehen“, entgegne ich, „egal, das nächste Mal, wenn wir bei deiner Mama sind, schleime ich auch. Selbst Schnecken würde beeindruckt sein.“

„Du bist eklig“, meint er.

„Das nehme ich mal als Kompliment“, verbuche ich.

Bevor wir noch mehr Zeit verplempern, rennen wir zum Baumhaus, wo sich die fette Annette und Kotte bereits aushalten und mit Nägeln die restlichen Bretter befestigen. Unten sitzt mein Opa Piet, der uns bei der Konstruktion und der Planung geholfen hatte. Er schaut von Zeit zu Zeit immer mal wieder rein, um zu prüfen, ob alles richtig verläuft.

„Hi, Opa“, grüße ich ihn.

Er dreht seinen Kopf zu mir und sein von Falten übersätes Gesicht zaubert mir ein Lächeln hervor. Er sieht dann aus, als wäre er ein kleines Kind, gefangen in einem viel zu alten Körper.

„Hallo Marie“, freut er sich, „hattest du Mathe auf?“

Mein Opa kennt mich, das muss man ihm lassen. Er vergisst derweil einige Dinge, aber er kann sich alles merken, was mit mir zu tun hat. Vielleicht liegt es daran, dass ich seine Lieblingsenkelin bin. Gut, ich bin auch seine einzige, aber das heißt ja nicht, dass man mich mögen muss!

„Ja!“ antworte ich genervt, denn ich mag nicht auf meine Schwächen hingewiesen werden- aber wer mag das schon?

„Ich freue mich, dass du hier bist“, sagt er und mein Genervtsein ist verflogen.

Ich frage mich immer, wie er das macht. Er sagt etwas sehr zutreffendes und schwupp im nächsten Moment kommt etwas so Liebesvolles, dass ich ihm nicht böse sein kann und selbst wenn, dann nicht für lang. Er ist halt auch mein Lieblingsopa.

„Willst du nun mitmachen oder nur dumm rumstehen?“ fragt Kotte und spricht mich damit an.

„Wo denkst du hin?“ entgegne ich, „ich habe mich schon den ganzen Tag darauf gefreut.“

„Dafür bist du ziemlich spät dran“, kann er sich nicht verkneifen, „bestimmt wegen Mathe.“

Es gibt eine Regel auf Helgaland: Was ein Helgaländer weiß, wissen bald alle Helgaländer! Wir sind halt nicht viele und da erzählte man sich alle Neuigkeiten sofort weiter.

„Sehr lustig, bekommst n‘ Sonderpreis für besonders schlechte Witze“, ärgere ich zurück, denn das kann ich nicht auf mir sitzen lassen.

Ich schnappe mir Hammer und Nägel und bringe die Bretter an das Baumhaus. Obwohl es anstrengende Arbeit ist, macht es mir Spaß. Es ist anders als Zimmer aufräumen. Irgendwie zielorientierter. Am Ende schaffe ich mehr als die fette Annette. Sie kann nicht anders, denn jeder Nagel wird bemängelt und jedes Schlagen des Hammers als Qual empfunden. Sie sollte eine Urkunde für die Diva des Jahres erhalten.

„Das sieht sehr gut aus“, lobt uns Opa, als wir alle zu ihm runterkommen und uns auf die Wiese setzen.

Annette lässt sich fallen, als hätte sie drei Mal so viel gemacht wie wir. Mich stört es nicht, denn ich bin gerade glücklich, dass wir einen großen Teil vollbracht haben. Mindestens fünf Minuten lang starren wir zusammen auf unser Werk, bis Opa unsere Gedanken unterbricht:

„Habt ihr schon überlegt, was für ein Baumhaus es werden soll?“

„Ein Piratenhauptquartier“, antwortet Kotte als wäre nichts anderes diskutiert worden.

„Prinzessinnenschloss wollte ja keiner“, beschwert sich Annette.

„Ja, weil nicht jeder so ‘n Baby ist wie du“, ärgert Kotte sie.

„Eine Burg wollte auch keiner“, beginnt Hinnerk sich zu beschweren, nur halt leiser als Annette zuvor.

„Hey, streitet euch nicht“, unterbreche ich die anderen, „wir haben uns doch am Ende darauf verständigt, ein Piratenhauptquartiert daraus zu machen. Es wurde jeder miteinbezogen und es ist eine demokratische Entscheidung.“

Sie schauen bedröppelt auf den Boden, als würden sie sich etwas schämen, gerade einen Streit angefangen zu haben wegen der Nutzung.

„Du hast recht“, sagt ausgerechnet Annette, die sonst nichts zugeben kann, „wir sind fertig und sollten uns darüber freuen und nicht unnötig streiten.“

„Stimmt“, spricht Kotte.

Hinnerk nickt zustimmend.

„Eigentlich haben Piraten kein Hauptquartier“, muss Opa korrigieren.

Opa Piets Geschichte

„Woher wollen Sie das wissen?“ will Kotte wissen.

Mein Opa schaut direkt in die Augen des Jungen. Sein Lachen verschwand, wie der Wind, kurz bevor es Sturm gibt.

„Mein Jung, einst war ich selbst einer von ihnen“, meint Opa dann.

„Ach Quatsch!“, entgegnet Kotte, „das sagen Sie doch nur, um uns etwas Angst zu machen.“

„Nein, mein Jung, das ist mein voller ernst“, verdeutlicht Opa.

„Opa, du kannst gerne einer deiner Geschichten erzählen, aber flunker‘ nicht“, meine ich.

„Meine Marie, du weißt, dass ich nie flunkere“, erwidert er.

Wir setzen uns um ihn herum, um seiner Geschichte zu lauschen. Als Abschluss dieses Tages ist es genau das Richtige, denn der Tag zeigte sich als anstrengend genug.

„Vor vielen, vielen Jahren, als ich noch um einiges jünger war als heute, betrieb ich noch Fischfang, draußen auf dem weiten Meer“, beginnt mein Opa, „die See gab mir reichlich guten Fisch, den ich für deine Mutter und deine Oma fangen konnte. Ich liebte es, wenn die Wellen mich hin und herschaukeln ließen, man von absoluter Ruhe eingeschlossen war und wenn das Wetter sich von der besten Seite zeigte.“

Ich stelle mir in dem Moment vor wie Opa auf einem kleinen Boot auf dem Meer hockt und mit einer einfachen Angel, der eigentlich einen Ast mit Schnur darstellt, Fische aus dem Meer holt. Ich versinke tief in die Geschichte meines Opas.

Eines Tages, als Opa Piet sich erneut üblicherweise mit seinem kleinen Boot auf dem Meer befand, fing er nicht einen einzigen Fisch. Es war, als läge ein Fluch über ihn. Sowas war ihm noch nicht passiert. Trotz der Flaute war er nicht trübsinnig und genoss den weiten, sich verlierenden Blick auf die wunderschöne See, als er etwas am Horizont erkannte.

„Argh, Argh“, rief ein heranfliegender Papagei und landete auf der Schulter von Piet.

„Hey, Mamagei, hast es auch gesehen?“ fragte Piet.

Die Papagei- Dame war ihm vor Jahren zugeflogen als er sich ebenfalls beim Angeln auf dem Meer befand. Seither wich sie ihm nur selten von der Seite, denn er hatte ihr damals einen Splitter aus der Kralle entfernt. Mamagei taufte er sie, da sie ihn an seine Mutter erinnerte, die auch immer meckerte, denn alles, was neu oder anders war, wurde erstmal bemeckert.

Dabei sprach sie nicht, sondern äußerte sich mit einem „Argh, Argh“. Dabei musste Piet lernen, dass der Ton die Musik machte, was soviel heißen sollte, dass es verschiedene Tonlagen gab, die ihren Gemütszustand wiederspiegelten. Wenn sie Piet erblickte, war das „Argh, Argh“ fröhlich oder auch, wenn sie nach Hause gingen beziehungsweise flogen, aber bei anderen Menschen war es ein meckerndes „Argh, Argh“, auch wenn sie sie schon länger kannte.

„Was mag das sein?“ fragte sich Piet und holte ein Fernglas aus seiner Tasche, um nachzuschauen.

Er konnte erkennen, dass es sich um ein Schiff handelte, aber für detaillierte Informationen war sein Fernglas einfach zu schwach. Was ihm aber auffiel war eine Flagge, die einen weißen Totenkopf auf schwarzem Untergrund darstellte. Dabei trug der Totenkopf eine Augenklappe.

Piet gefiel die Flagge irgendwie, immerhin fiel sie auf. Andererseits fragte er sich, weshalb jemand einen Totenkopf auf eine Flagge machte. Das würde die Laute doch verschrecken! Seine Frau würde schreiend weglaufen, denn sowas machte ihr Angst und Bange.

Vielleicht wollten die Leute auf dem Schiff genau das!? Plötzlich spürte Piet einen Schauer, der ihm den Rücken hinunterlief. Was wäre, wenn das keine guten Menschen waren, die sich da am Horizont zeigten? Er musste sofort zurück und die anderen warnen!

„Argh, Argh“, rief Mamagei und flog voraus.

„Ja, flieg mal nach Hause und warne sie“, bat er sie, während er seine Ruder sortierte, die ihm fast ins Wasser gefallen wären.

Er gab sich alle Mühe, aber wie das so ist, war er langsamer in seiner Hektik, als wenn er wie jeden Abend einfach zurückruderte an Land. Es fühlte sich an, wie eine halbe Ewigkeit, ehe er das Festland erreichen konnte. Er machte das kleine Boot fest und rannte schreiend ins kleine Dorf.

„Sie kommen!“ brüllte er lauthals.

Man musste sich einmal vorstellen, dass ein junger Mann früh am Morgen schreiend alle Menschen weckte. Daher verwunderte es auch nicht, dass die meisten sich eher gestört fühlten als gewarnt.

„Halt dein Maul“, brüllte einer zurück, „manche Leute schlafen noch.“

„Aber Herr Müller, das war nicht nett“, meinte seine Frau.

„Aber ist doch wahr“, erwiderte er, „ich habe morgen Unterricht zu gestalten.“

„Opa?“ fragt ich verunsichert dazwischen, „jetzt flunkerst du aber…?“

„Nein, er war damals schon Lehrer“, erwidert er mit einem leichten Grinsen und fährt mit seiner Geschichte fort.

Allerdings kamen einige der Helgaländer. Manche aus Neugier und andere, weil sie einen brüllenden Mann ernst nahmen, wenn dieser zu früher Stunde vor etwas warnen wollte.

„Was ist denn los?“ wollte sie wissen und Piet konnte sich vor lauter Aufregung gar nicht klar ausdrücken, „sie… am Horizont… kommen…“

„Jetzt beruhige dich doch erstmal“, sprach eine sanfte Stimme und Piet wusste, dass es sich nur um Emma handeln konnte- seine Frau!

Piet kam runter, sodass er wieder sprechen konnte: „Ich habe auf meinen morgendlichen Angeltour am Horizont ein Schiff entdeckt.“

„Und dafür weckst du alle hier?“ stänkerte Herr Müller.

„Nein, dafür würde ich niemanden aus seinem Schlaf reißen“, erwiderte Piet, „aber sie haben eine schwarze Flagge mit einem weißen Totenkopf, was eine Augenklappe trägt.“

„Und?“ fragte Herr Müller, „was soll das bedeuten? Müssen wir ihren schlechten Flaggengeschmack fürchten?“

„Nein, … doch…“, entgegnete Piet, „es ist vielmehr die Frage, was jemand mit solch einer Flagge will.“

„Möglicherweise eine neue?“ scherzte Herr Müller, „also nichts für ungut, aber ich haue mich jetzt noch mal für eine Stunde auf’s Ohr.“

Er drehte sich um und ging, während seine Frau etwas peinlich berührt dastand und nichts zu sagen wusste. Die Blicke wanderten dann wieder zu Piet.

„Auch, wenn Herr Müller sich wie ein kleines Kind aufführt, so muss ich ihm recht geben“, sprach der damalige Bürgermeister, der Vater des heutigen Bürgermeisters, „und schlage vor, dass alle wieder ins Bett verschwinden. Sicher fährt das Schiff nur vorbei, so wie es alles tun, denn wir befinden uns auf keiner Seekarte und sind somit unsichtbar für den Rest der Welt.“

„Moment, Herr Perlinski“, unterbricht Annette, „soll das mein Opa sein?“

„Ja, ganz genau“, bestätigt mein Opa Piet.

„Der hat doch nicht so geredet“, meint Annette.

„Warst du denn dabei?“ will Opa Piet von ihr wissen.

Annette schüttelte den Kopf und zeigte sich etwas eingeschnappt. Sie bleibt aber bei uns, denn sie ist neugierig, was noch geschehen würde. Mein Opa Piet erzählt unterdessen seine Geschichte weiter:

„Aber…“, konnte Piet nur entgegnen, denn mehr fiel ihm auf Anhieb nicht ein.

Die Leute stimmten ihm zu und gingen alle wieder, während Emma stehenblieb, sowie Hannes, der beste Freund von Piet, wenn man das überhaupt so bezeichnen konnte. Hannes und Piet kannten sich schon ewig und hatten ein paar Angeltouren gemeinsam unternommen. Aber mehr auch nicht.

„Ich glaube dir“, sagte Hannes.

„Ich dir auch“, machte Emma deutlich.

„Ich danke euch, aber es wird uns nicht helfen“, meinte Piet und rannte in Richtung Strand.

„Was hast du vor?“ wollte Hannes wissen und folgte ihm sogleich.

Emma lief ebenfalls hinterher. Piet antwortete nicht, sondern stellte sich hin, nahm sein Fernglas, um zu schauen, wie nah das Schiff bereits war.

„Oh backe“, rief er dann, „sie haben Kurs auf Helgaland genommen und kommen direkt zu uns!“

„Das sind keine guten Nachrichten“, äußerte sich Hannes.

„Wir müssen die anderen warnen“, meinte Emma.

„Und du glaubst allen Ernstes, dass sie uns das dieses Mal abkaufen werden?“ wollte Hannes wissen.

„Willst du sie im Stich lassen?“ entgegnete Emma.

„Guter Punkt“, musste Hannes zugeben, „daher werden wir wohl alle drei schreiend durch die Straßen ziehen müssen.“

Gesagt- getan. Piet, Emma und Hannes rannten zurück und schrien, was das Zeug hielt. Als Unterstützung flog natürlich Mamagei umher und gab ihr „Argh, Argh“ von sich. Zudem nahmen sie Metallgegenstände und hämmerten, sodass sie nach kürzester Zeit alle Helgaländer vor sich hatten. Und sie waren nicht gut gelaunt.

„Seid ihr des Wahnsinns?!“ fragte Herr Müller, der nun noch genervter wirkte als vorhin schon.

„Ihr habt ja nicht alle Tassen im Schrank, oder was?“ regte sich ein anderer auf.

„Tatsächlich habe ich einige herausgenommen“, meinte Hannes, der nicht die hellste Kerze auf der Torte wahr.

„Psst“, flüsterte Emma und stupste ihn von der Seite an, „er fragt damit, ob wir verrückt sind.“

„Achso…“, grinste Hannes verlegen, als er es kapiert hatte, „nein, natürlich nicht.“

„Und warum, zum Seeteufel, weckt ihr uns dann erneut?“ fragte Herr Müller stellvertretend für all, „und sagt nicht, es handelt sich schon wieder um diese Totenkopfflagge.“

„Aber genau das ist es“, antwortete Piet, „sie haben Kurs genommen und fahren direkt auf Helgaland zu.“

„Das kann nicht sein“, meinte der Bürgermeister, „seit Jahren, nein, seit Jahrzehnten hat sich kein einziges Schiff hier her verirrt.“

„Aber schaut doch selbst“, entgegnete Piet, „und folgt mir zum Strand, ihr werdet es sehen.“

„In Ordnung, aber wenn das auch nicht stimmt, das muss ihn jemand einsperren, damit hier endlich Ruhe ist“, äußerte Herr Müller.

„Der ist ja wie heute“, meint Kotte plötzlich.

„Ja, der hat sich kaum verändert und ist noch immer dieser alte grimmige Kauz gewesen“, stimmt Opa Piet zu und berichtet weiter von damals.

Die Helgaländer begaben sich an den Strand. Sie brauchten keine Ferngläser, denn mit bloßem Auge war zu erkennen, dass das Schiff auf die Insel zusteuerte.

„Das muss nichts Schlechtes bedeuten“, merkte der Bürgermeister an, „daher verbreiten wir keine Panik an dieser Stelle.“

Die Leute ließen sich beruhigen, denn der Bürgermeister hatte einen großen Einfluss auf sie. Er war ja nicht umsonst ihr gewählter Vertreter. Außer dem Umstand, dass es einfach kein anderer machen wollte.

Sie kommen!

Da standen sie also, die Helgaländer, und warteten auf die Ankunft des Schiffes, welches sich unaufhörlich näherte. Die Leute versuchten dabei herauszufinden, um was es sich für Ankömmlinge handeln könnte. Nur kannten sie nichts anderes als ihre Insel. Daher konnten sie nicht darauf kommen, wer da zu ihnen kam.

Das Schiff hielt etwa hundert Meter vor dem Strand und ließ zwei Beiboote runter. Einige Männer und Frauen begaben sich in diese und ruderten dann zum Strand. Sie waren merkwürdig gekleidet und trügen wilde Hüte. Einer hatte eine Augenklappe und ein anderer ein Holzbein.

„Das verheißt nichts Gutes“, vermutete Herr Müller und drehte sich um, „ich werde mich nun wegbegeben und verstecken. Denn das ist das Beste, was wir tun können, wenn uns diese Barbaren überfallen werden.“

Seine Frau, wie auch zwei weitere Helgaländer folgten ihm, während der Rest stehenblieb. Zum einen glaubten sie den Worten des Lehrers einfach nicht, denn der Bürgermeister hatte recht, dass man nicht zu schnell nach dem Aussehen einer Flagge urteilen sollten und zum anderen waren sie einfach neugierig, was passieren würde.

Zu diesen gehörte Piet ganz eindeutig, denn sein Verstand warnte ihn immerzu, sich rasch vom Acker zu machen, solange es noch möglich war. Doch die Neugierde war wie ein Magnet, der ihn an Ort und Stelle festkleben ließ. Es war ein Stück weit die Faszination des Unbekannten.

Die Beiboote waren kurz vor dem Strand. Auf dem ersten stand ein Mann ganz vorne, während die anderen ruderten, was das Zeug hielt. Er schien sowas wie der Anführer zu sein. Er trug einen großen schwarzen Hut, der ebenfalls mit einem Totenkopf verziert war. Die Männer waren alle wild gekleidet und wirkten schmutzig und bärtig.

„Die schauen grimmig“, beobachtete einer der Helgaländer.

„Das ist ja auch Arbeit, hierher zu rudern, der Wind ist ablandig“, entgegnete der Bürgermeister, „das kann schon sehr anstrengend sein.“

Im nächsten Moment erreichten die Ankömmlinge den Strand. Der Mann mit Hut sprang vom Beiboot und beugte sich soweit auf den Boden, um ihn zu küssen. Er schien erleichtert zu sein. Die anderen folgten ihm und taten es ihm nach.

Die Helgaländer starrten die Leute an- es sagte niemand etwas- kein Sterbenswort! Der Bürgermeister spürte die Erwartung, dass er nun ein paar Worte verlieren sollte. Er schritt auf die Fremden zu, während das zweite Beiboot ankam. Sie sprangen ebenso raus und küssten den Sand. Teilweise sahen ihre Münder aus wie paniert.

„Ja, ich bin der Bürgermeister dieser Insel und heiße euch Willkommen“, sprach er und streckte dem Mann mit Hut die Hand entgegen, weil man das so machte.

Dieser schaute etwas irritiert und drehte sich zu seinen Männern, als wüsste er nicht, was das zu bedeuten hatte. Das Verhalten erzeugte bei dem Bürgermeister Fragezeichen, sodass es sich genötigt sah, irgendwie zu handeln.

„Vielleicht sind Sie unserer Sprache nicht mächtig“, vermutete er, „Ich… Freund… Willkommen.“

Dabei zeigte er auf sich als er „Ich“ sagte und reichte ihm erneut die Hand als er von „Willkommen“ sprach. Der Mann mit Hut grinste etwas und wandte sich wieder seinen Leuten zu. Von einem auf dem anderen Moment prustete er los und mit ihm seine Leute. Es artete in ein sehr lautes Gelächter aus. Dem Bürgermeister wurde ganz verlegen, sodass er sich gezwungen sah mitzulachen. Er war nur schlecht darin, nur so zu tun als ob.

„Hahaha“, lachte der Mann mit Hut so laut er konnte, „ihr seid witzig. Ich mag witzige Menschen.“

„Ja, dann versteht ihr mich?“ fragte der Bürgermeister verunsichert, obwohl die Antwort ja offensichtlich war, „das ist gut. Dann Willkommen.“

„Hahaha, das ist einfach zu komisch“, grölte der Mann daraufhin und konnte sich kaum halten.

„Was ist denn so komisch?“ wollte der Bürgermeister wissen, der nun kein so gutes Gefühl zu der Sache hatte, die Ankömmlinge wie Gäste zu begrüßen.

„Na, dass ihr so dumm seid“, antwortete der Mann, „ihr wisst offenbar nicht, wer ich bin oder wer wir sind?“

„Dumm… hä?“, fragte der Bürgermeister irritiert, „und wer seid ihr?“

„Wir nennen uns „Die Gestörten Bäcker“ und sind Piraten, Seeräuber und echte Freibeuter“, teilte der Mann mit Hut mit, als priese er seine Mannschaft an, „und ich, mein überraschter Freund, bin der legendäre Lachsfingerlump.“

„Was?!“ brachte der Bürgermeister raus, ehe die die Piratenbande ihre Messer und Säbel zuckte und die Helgaländer überfallen wollte.

Der Bürgermeister war wie angewurzelt, sodass ihn eine Piratendame direkt umrannte und ihn somit zu Boden schmiss. Ihr Atem roch dermaßen nach Verfaultem, sodass der Bürgermeister Mühe hatte, sich nicht gleich zu übergeben.

Piet packte sie Hand seiner Frau und rannte, wie fast jeder, in Richtung Dorf. Sie hatten keinen Plan, es war die reine Panik, die sie erstmal wegrennen ließ. Da sie zumeist nicht mit einem Angriff rechneten, waren sie natürlich nicht mir Waffen oder dergleichen ausgestattet und konnten sich praktisch nicht wehren.

Dies gefiel Lachsfingerlump sehr. Er genoss diesen Überfall, obwohl er stets daran dachte, dass es auch eine Falle sein könnte. Vielleicht versteckte sich die königliche Flotte in dem Dorf oder dahinter- man wusste ja nie!

Die Piraten hatten leichtes Spiel, weil die Inselbewohner wie eine Schar aufgeschreckter agierten und in alle Richtungen liefen. Die Angreifer waren mit der Absicht hier, um zu rauben und bis auf die Zähne bewaffnet. Sie wollten in erster Linie niemanden verletzen, weil das auch einfach eklig war.

So überwältigten sie die meistens, ehe sie das Dorf erreichten und fesselten sie aneinander, sodass sie nicht fliehen konnten. Dann brachten alle zusammen und stellten Wachen ab, damit keiner der Helgaländer auf dumme Ideen kam, obwohl keiner der „Gestörten Bäcker“ daran glaubte, dass einer von ihnen auch nur den Hauch von Klugheit besaß- so naiv wie die hier waren!

„Käpt’n“, meldete eine Frau, die man nur Gestörte Dörte nannte, „wir haben fast alle geschnappt, die sich am Strand befanden. Der Rest ist auf der Flucht.“

„Verfolgen und alle festnehmen“, befahl Lachsfingerlump, „aber seid vorsichtig, denn die königlichen Soldaten könnten uns eine Falle gestellt haben.“

„Jawohl, wird erledigt und wir halten unser Auge offen“, sagte sie und verschwand.

„Die hießen doch nie im Leben so“, unterbricht Kotte.

„Ja, genau Opa, das hast du dir nur ausgedacht“, meine ich zu meinem Opa.

„Nein, nein, mien Jung und mien Dirn“, erwidert Opa Piet, „die heißen alle in echt so.“

Dann setzte er seine Erzählung fort…

Die Gestörte- Dörte erreichte mit ihren Piraten das Dorf. Dort setzten sie gleich mehrere fest. Schlussendlich waren nur noch Herr Müller, seine Frau, Piet und Emma übrig. Sowie Mamagei, die schnell hoch hinausgeflogen war. Aber jetzt, wo die Piraten im Begriff waren, das Dorf anzugreifen, überkam Mamagei der Beschützerinstinkt und sie setzte zum Sturzflug auf die Gestörte- Dörte an.

„Gestörte- Dörte!“ rief Klüsen- Rolf, der so sicke Augen hatte, als würden sie jeden Moment herausspringen, „da kömm wat auf dik to.“

Er zeigte mit seinem Finger in die Luft. Die Gestörte- Dörte verstand natürlich, was Klüsen- Rolf da gesprochen hatte. Er beherrschte leider nur eine Mischung aus Platt und der normalen Sprache. Sie schaute hoch und konnte gerade noch dem Angriff von Mamagei ausweichen.

„Ist das…?“ fragte sie, denn sie war der Meinung, den Vogel erkannt zu haben, „… Federvieh?“

In diesem Moment trat Käpt‘n Lachsfingerlump ein und sah die Vogeldame fliegen. Er nickte und rief:

„Bei verdammten Teufelsdreieck, das ist doch das alte Federvieh!“

Er freute sich, aber erkannte auch, dass sein Federvieh gar nicht darauf reagierte, sodass er zweifelte, ob sich tatsächlich um den Piratenvogel handelte.

„Vielleicht ist das auch nur ein Papagei, der ihr ähnlichsieht“, vermutete Zitterbein- Sven, ein weiterer Pirat.

Er sah im Gegensatz zu den anderen noch recht gepflegt aus, aber sein linkes Bein zitterte, seit er denken konnte. Weshalb? Er hatte keine Ahnung.

„Federvieh!“ brüllte Käpt’n Lachfingerlump.

Mamagei schaute zwar, aber sie reagierte nicht wegen des Namens, sondern wegen des Gebrülls. Als sie in der Luft schwenkte und den Käpt’n angriff, schnappte er sie mitten aus der Luft und hielt sie fest. Er suchte nach einem Tattoo, dass sie unter dem Federkleid haben müsste, um die Identität von Federvieh zu bestätigen.

Dabei handelte es sich- wie sollte es auch anders sein- einen Totenkopf. Er suchte schnell, denn Mamagei wehrte sich, indem sie ihn in die Hand picken wollte. Es gelang ihr nur nicht.

„Da ist es“, sagte er auf einmal und hielt den Vogel hoch, „dann bist du Federvieh. Was haben sie nur angetan?“

Es wirkte so, als wäre er ziemlich gekränkt darüber, dass die Papageiendame ihn nicht erkannte. Er hielt sie nach wie vor fest.

„Gestörte- Dörte“, orderte er die Piratin herbei, „binde Federvieh fest. Sie bleibt solange in Gefangenschaft bis sie wieder normal ist.“

Gesagt- getan. Die Gestörte- Dörte nahm Mamagei und umwickelt sie, damit sie nicht aus Versehen entfliehen konnte. Dann wurde sie zu den anderen Gefangenen gebracht.

„So, nun ist Schluss!“ rief Käpt’n Lachsfingerlump lauthals, „der Rest von euch kommt her oder wir werden an euren Leuten ausprobieren müssen, ob unsere Messer noch scharf genug sind!“

Herr Müller und seine Frau kamen aus ihrem Versteck und wurden sofort gefesselt und zu den anderen verfrachtet. Der Käpt’n schaute sich um und hatte das Gefühl, es waren nun alle gefangen. Um aber wirklich sicher zu sein, nahm er sich einen Jungen und schleppte ihn auf den Boden schleifend bis zu einem Punkt, sodass sie beide vor den Helgaländern standen.

„Kindermund tut Wahrheit kund, heißt es“, sprach Lachfingerlump, „so werde ich es testen und wenn du mir nicht die Wahrheit sagst, so werde ich dir die Zunge abschneiden müssen, damit wir uns richtig verstehen.“

Der Junge begann zu weinen, denn er fand die Vorstellung schrecklich, ohne Zunge herumzulaufen und er fürchtet den Säbel, den der Käpt’n demonstrativ gezogen hatte. Er wollte niemanden wirklich verletzen, sondern nur Angst machen. Und das hatte Wirkung.

„Fehlt einer aus deinem Dorf?“ fragte er den Jungen und zeigte auf die Menge aus Gefangenen, die allesamt ruhig blieben, denn niemand wollte auch seine Zunge verlieren.

Der Junge schaute genau in die Menge und versuchte, zusammenzukriegen, wer fehlte. Er blickte jeden an und innerlich glich er ab, aber er kam nicht drauf. Dann schüttelte er den Kopf.

„Wie alt bist du?“ wollte Lachfingerlump wissen.

„Zehn“, antwortete der Junge zitternd.

„Willst du elf werden?“ fragte er den Jungen und dieser nickte schnell, „Dann schau noch mal und überlege gut, wie deine Antwort lautet…!“

Rasch machte der Junge eine weitere Runde und er konnte jemanden ausfindig machen, der fehlte, denn dieser hatte sie bereits vor den Piraten gewarnt. Zudem fehlte auch seine Frau.

„Piet und Emma“, verriet der Junge.

„Piet und Emma?“ wiederholte der Käpt’n, damit er es auch richtig verstanden hatte, „mehr nicht?“

„D-das s-sind a-alle“, bestätigte der Junge stotternd.

Er durfte dann zurück zu seinen Leuten. Dann drehte sich der Käpt’n zum Dorf und brüllte:

„Piet! Emma! Kommt heraus, kommt heraus, wo immer ihr auch seid. Ich weiß, dass ihr euch versteckt habt. Wenn ich bis zehn gezählt habe, kommt ihr oder jemand wird heute noch sein Leben lassen müssen.“

Piet hörte das Gebrüll und konnte von seinem Versteck aus sehen, dass sie alle gefangen waren und er hatte mitbekommen, dass der Käpt’n den Jungen zu sich geholt hatte.

„Das wird nicht gut enden“, meinte Emma.

„Ich weiß, aber wenn wir jetzt nicht erscheinen, dann stirbt jemand wegen uns“, entgegnete Piet seiner Frau.

Sie begaben sich beide auf den Weg und worden, sobald einer der Piraten sie entdeckte, ebenso gefesselt wie alle anderen vor ihnen. Piet und Emma führte man zum Käpt’n, der sich überlegen vor ihnen stellte, während sie das Knie beugen sollten. Dabei wurde ihnen leicht in die Kniekehle gestupst.

„Na endlich“, sagte Lachsfingerlump, „alle wieder vereint. Nun gut. Verratet mir, wo ihr eure Schatzkammer habt.“

Piet und auch Emma schauten verwirrt, denn so etwas besaßen sie auf Helgaland einfach nicht. Den Blick konnte der Käpt’n aber nicht deuten.

„Was ist los? Wo is’ n nun euer Gold?“ fragte er und bekam eine wütende Stimme.

„Wir haben keinen Schatz oder Gold“, verriet Piet.

„Das ich nicht lache“, entgegnete Lachfingerlump, „ich wohl mich wohl verhohnepipeln, oder was?“

„Nein, ehrlich gesagt nicht“, antwortete Piet.

Das hatte Lachsfingerlump in seiner gesamten Karriere als Pirat und natürlich als Käpt’n noch nicht erlebt und er konnte es einfach nicht glauben. Daher wandte er sich seinen Leuten zu:

„Durchsucht alle Häuser, alle Verstecke, mögen sie noch so unscheinbar sein- ich will das Gold- ihr könnt den Rest haben.“

Sofort stürmten die Piraten los und betraten die Häuser, zerstörten Eigentum der Helgaländer und plünderten, mehr als sie tragen konnten. Es wurde alles zusammengetragen, denn sie teilten sich die Beute, bis auf Gold natürlich, das musste zum Chef gebracht werden. Aber sie fanden keines.

Piet sah zu, wie sie auch sein Haus ausräumten und demolierten. In diesem Moment ging sein Blick zu Mamagei, weil sie ein „Argh, Argh“ herausquetschen konnte, obwohl man ihren Schnabel zugebunden hatte, damit sie nicht nerven konnte.

„Was passiert eigentlich mit dem Vogel?“ fragte Piet den Käpt’n und schaute in Mamageis Richtung.

Lachsfingerlump drehte sich um und erkannte, dass Piet seinen Vogel meinte.

„Federvieh?“ fragte er, als wisse er nicht, wer gemeint war, „die kommt mit uns. Weshalb fragst du?“

„Wie nennen sie Mamagei und sie ist mir vor Jahren zugeflogen…“, erklärte Piet.

„Vergiss es“, unterbrach Lachsfingerlump, „sie bliebt bei uns. Du hast sie einer Gehirnwäsche unterzogen und einfach von uns gestohlen. Sie ist unser Maskottchen und damit basta.“

„Aber findet ihr es nicht merkwürdig, und zu bestehlen, während ihr mich beschuldigt, euer Vogel geklaut zu haben?“ entgegnete Piet.

Dabei hätte er lieber seine Klappe halten sollen, denn der Käpt’n war eh schon so miesgelaunt, sodass er solch eine Konfrontation mit einem Klugscheißer erst recht nicht gebrauchen konnte.

„Du weißt alles besser, mh?“, merkte Lachsfingerlump an, „Schangheidi!“

Es kam eine, sagen wir, kräftige Dame daher und stellte sich neben Lachsfinderlump.

„Er kommt mit“, sagte der Käpt’n und Schangheidi ging zu Piet und schulterte ihn, als wäre nicht schwerer als ein Pfund Butter.

„Hey!“ rief Piet und versuchte sich zu wehren, aber es war zwecklos.

„Schnauze“. Meinte Lachsfingerlump, „sonst stopfen wir deins.“

„Aber…“, brachte Piet entgegen und wendete seine Waffe an, die ihm noch blieb: Mitleid.

Er zog seine Lippe nach unten und wendete seinen mitleiderregendsten Blick. Lachsfingerlump hatte alle Müh, dem zu widerstehen, denn Piet sah aus wie eine Mischung aus Baby und Welpen.

„Meine Güte“, sagte der Käpt’n, „da muss man ja vorsichtig sein. Aber ich falle da nicht drauf rein. Weißt du, wir nennen dich ab heute Flunschlippe- Piet.“

Emma wollte ihrem Mann zu Hilfe kommen, wurde aber von zwei weiteren Piraten festgehalten und wieder zu Boden gedrückt.

„Mach keine Dummheiten“, meine die Gestörte- Dörte und demonstrierte ihren Säbel, den sich bei sich trug.

Daher versuchte Emma nicht mehr, sich dagegen zu wehren. Es würde Piet am Ende auch nichts bringen, wenn die Piraten ihre Säble an ihr ausprobierten. Schangheidi brachte Piet bis zum Strand, wo sie ihn auf eines der Beiboote schmiss. Der Aufprall tat weh und würde sicherlich einen blauen Fleck hinterlassen. Piet konnte sich gar nicht befreien, denn die Fesseln waren so angebracht, sodass er seine Hände hinter dem Rücken hatte. Und der Knoten war megafest.

Die Piraten waren nach einiger Zeit fertig und brachten ihre Beute zum Strand. Es gab tatsächlich kein Gold, was Lachsfingerlump Stimmung in den Keller trieb. Irgendetwas wollte er haben. Plötzlich kam Klüsen- Rolf angerannt und hielt dabei etwas in seiner Hand.

„Käpt’n ich hav wat“, sagte er und keuchte ganz schön, denn er war nicht der sportlichste.

„Was gibt’s denn?2 wollte Lachsfinderlump wissen und blieb stehen.

„Eine Schatzkadde“, antwortete Klüsen- Rolf und überreichte sie seinem Boss.

Ab diesem Moment begannen die Augen des Käpt’n zu leuchten, denn neben einer guten Plünderung oder einem schönen Raub liebte er eine ordentliche Schatzsuche. Nun hob sich seine Laune und er begab sich ebenfalls zum Strand.

„Macht nur einer einen Mucks, gibt’s Kloppe“, drohte die Gestörte- Dörte und zog mit den Männern und Frauen ab.

Die ersten befanden sich mit ihren Beibooten schon auf dem Weg zum Schiff, um die Beute dort abzuladen. Piet wurde in das zweite Beiboot geschmissen. Lachsfingerlump stieg hinzu und sie überquerten die See. Emma weinte, denn sie hatte das Gefühl, ihren Mann nie wieder zu sehen.

Wir müssen was tun

„Und, hat sie ihn wiedergesehen?“ wollte Kotte wissen.

„Sag mal, hast du nicht aufgepasst?“ frage ich ihn und musss mein Lachen verkneifen.

„Das habe ja sogar ich kapiert“, meint Hinnerk und musste lachen.

„Haha, sehr witzig“, entgegnet Kotte, „für mich ist diese Geschichte frei erfunden.“

„Selbst, wenn- sie ist doch nett erzählt“, äußert sich Annette.

„Sie ist und bleibt wahr“, sagt mein Opa.

„Schon klar, Opa“, lache ich, stehe auf und umarme ihn, „trotzdem danke. Vielleicht magst du morgen deine Geschichte weitererzählen? Aber erst nachdem wir dem Baumhaus einen Anstrich verpasst haben.“

„Haben Sie denn einen Beweis?“ will Kotte wissen, der noch immer nicht fertig damit war.

„Jetzt ist doch gut Kotte“, versuche ich zu beschwichtigen.

„Nein, nein, es ist in Ordnung“, meint mein Opa, „eine gewisse Grundskepsis hätte uns damals auch geholfen. Von daher zeige ich euch etwas, was es beweisen wird.“

Er greift in die Innentasche eines Jäckchens und holt ein Papier hervor. Er breitet es aus und wir erkennen, dass es sich um einen Schatzkarte handelte. Sie sieht wirklich alt aus, etwas vergilbt und mit alten Zeichen, die ich auf dem ersten Moment nicht verstehe.

„Ist das…?“ frage ich und mein Opa nickt, ehe ich meinen Satz zum Ende bringen kann.

„Das ist doch hanebüchen“, meint Kotte, „die haben sie doch selbst gemalt, um uns an der Nase herumzuführen.“

„Mein Opa kann gar nicht so gut malen“, entgegne ich, „und das ist auch nicht seine Handschrift.“

„Ich sage es nochmal, es ist die absolute Wahrheit“, spricht Opa und faltet die Karte wieder zusammen, um sie anschließend in seine Jacke zu stecken.

„Gut, ich muss los, bis Morgen“, meint Annette du geht.

„Ich auch“, sagt Hinnerk, „Tschö.“

Kotte schüttelt den Kopf: „ich muss auch nach Hause. Es ist eine gute Geschichte. Nur den Teil, dass sie wahr sein soll, den kauf ich Ihnen nicht ab. Bis denne.“

Opa und ich verabschieden uns ebenfalls und ich mache mich auf den Weg nach Hause. Opa wiederum begibt sich in sein Haus, denn er wohnt allein. Oma ist vor einigen Jahren von uns gegangen und schaut nun vom Himmel auf uns herab.

Am nächsten Morgen sind meine Gedanken bei dem Baumhaus, das wir heute mit einem Anstrich endlich fertigkriegen wollen. Das tolle an einem Freitag ist, dass wir definitiv keine Hausaufgaben aufbekommen, also auch kein Mathe!

Die paar Stunden in der Schule vergehen in Zeitlupe. Ich habe das Gefühl, je öfter ich auf die Uhr an der Wand schaue, desto langsamer wird die Zeit. Irgendwann geht sie rückwärts, wenn das so weiter geht. Mir ist klar, dass die anderen drei Schüler, also meine Freunde, ebenso darauf warten müssen, nur sehen die nicht so aus, als würden sie leiden.

Aber der Moment, als der Unterricht sein Ende findet, ist auf einmal da und ich rase aus dem Klassenraum raus. Herr Müller hat sich kaum verabschiedet, da bin ich fast zu Hause. Ich renne, so schnell ich kann. Dabei wäre ich fast gestolpert, denn ich bin gedanklich voll beim Piratenhauptquartier.

„Hi, Mama“, rufe ich als ich durch die Haustür stürme, „ich will gleich weiter, um das Baumhaus zu streichen, sicher weißt du das noch…“

Ich bin gerade im Begriff, wieder genauso rasch zu verschwinden, wie ich eben gekommen war, als mir auffällt, dass Mama am Küchentisch sitzt und Tränen in den Augen hat. Auf einmal komme ich im Hier und Jetzt an. Das Verhalten meiner Mutter ist eher ungewöhnlich für sie und ich habe Fragen.

„Mama, was ist los?“ will ich wissen und gehe zu ihr.

„Opa ist verschwunden“, sagt sie und muss weinen.

Ich gehe zu ihr und umarme sie. So habe ich sie noch nie erlebt. Sie ist die fröhlichste Person, die ich kenne und tröstet eigentlich mich, wenn ich traurig bin, mich verletzt habe oder in der Schule eine schlechte Note in Mathe schreibe.

„Vielleicht ist er nur unterwegs“, versuche ich eine Erklärung zu finden, „im Wald oder am Strand oder er ist angeln. Ich meine, er kann ja nicht wirklich verschwinden.“

„Es ist nicht, dass wir ihn nicht finden können“, meint meine Mutter, „er wurde aus seinem Haus entführt!“

Sie weint erneut und hält mir einen Zettel hin, auf dem geschrieben steht: