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Jährlich werden mehrere Millionen Tonnen Lebensmittel einfach so weggeworfen. Dieses Buch sagt dieser Verschwendung dem Kampf an. In 50 vegetarischen Rezepten aus regionalem Obst und Gemüse entdeckt man, wie man alle Teile der Pflanze schmackhaft verarbeiten kann. Von Aprikosenkernmilch über Blumenkohlblattpesto bis hin zu gebackenen Zucchiniblüten – garantiert frei von Avocaodo, exotischen Superfoods und weitgereisten Zutaten, dafür voller praktischer Infos zu Aufbewahrung, Lagerung und nachhaltigem Einkaufen.
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Seitenzahl: 98
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60 Zero-Waste-Rezepte mit Blatt, Schale, Strunk & StielRegional. Saisonal. Nachhaltig.
Susann KreiheFotografie: Amalija Andersone
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER
EINLEITUNG
DIE FAKTEN
WIE KOCHT MAN KLIMAFREUNDLICH(ER)?
DAS EINMALEINS ZUR »GANZEN PFLANZE«
RAN ANS GEMÜSE
MIT VORSICHT GENIESSEN
DEINE CLEVERE SPEISEKAMMER
ES MUSS NICHT IMMER EXOTISCH SEIN
SAISONKALENDER
APFEL
APRIKOSEN
BLUMENKOHL
BROKKOLI
FENCHEL
GRÜNKOHL
KAROTTEN
KARTOFFELN
KIRSCHEN
KOHLRABI
KÜRBIS
PASTINAKEN
RADIESCHEN
ROTE BETE
SALATGURKE
SELLERIE
TOMATEN
VON ALLEM ETWAS
REZEPT- UND ZUTATENREGISTER
als ich meine Kochausbildung Anfang der 2000er-Jahre machte, war Gemüse eine größtenteils vernachlässigte Beilage zu den fleischlastigen Gerichten im Restaurant. Vegetarier wurden mit einer »bunten Gemüseplatte«, meist blanchiert und in Butter geschwenkt, abgefertigt. Fleisch war der Star und wurde in ordentlichen Portionen serviert. Lediglich bei Suppen hatte Gemüse seine unbestrittene Berechtigung, allerdings gern auch mit einer ordentlichen Fleischeinlage. Fleisch war immer noch ein Zeichen von Wohlstand, die Zeiten, in denen man Gemüse essen musste, »weil es nichts anderes gab«, waren schon lange vorbei. Wir sind die Glücklichen! Denn jetzt, rund 20 Jahre später, wächst eine Generation von bekennenden Gemüse-Liebhabern heran. Und sie lieben Gemüse, nicht weil sie müssen, sondern weil sie wollen. Veganer, Vegetarier, Flexitarier und Foodies, die erkannt haben, dass Gemüse eben nicht nur ein »Sideshow Act« ist. Und dass wir der Natur zuhören und ihr mit Bewusstsein begegnen müssen. Dem Bewusstsein für die Arbeit der Landwirte, die nachhaltig und biologisch wirtschaften, für die Pflanzen, die auf den Feldern wachsen, und natürlich für unseren Körper, der jeden Tag Höchstleistungen für uns vollbringt und es verdient hat, gesund ernährt zu werden. Damit schließt sich der Kreis. Deshalb dreht sich dieses Buch um »die ganze Pflanze«. Weil sie es wert ist, in ihrer Gesamtheit betrachtet und beachtet zu werden. Weil der Bauer sich ganzheitlich um sie gesorgt hat und weil sie in ihrer Gesamtheit so vielfältig und köstlich ist – und wertvoll für unseren Organismus.
Daher habe ich in diesem Kochbuch nicht nur vegetarische Rezepte gesammelt, sondern mich dabei ganz auf die eher unscheinbaren Teile der Pflanzen konzentriert, die in der Regel weggeworfen werden. »Second Cuts«, wie man in der »From Nose to Tail«-Philosophie sagen würde, und Reste, die durch das Putzen anfallen. Blätter, Stiele, Strunk, Schalen oder Kerne. Nur Blüten verwende ich nicht, da aus ihnen in der Regel die Früchte entstehen. Zudem bilden sie für Insekten die Nahrungsgrundlage und schützen die Bestände. Ansonsten aber wird die ganze Pflanze genutzt, denn es gibt so viele Teile an ihr, die zu Unrecht bisher wenig Aufmerksamkeit erfahren haben. Dabei zählen für mich gerade diese, zum Beispiel Karottenkraut, Blumenkohlblätter oder Radieschengrün, zu den kulinarisch interessanten Zutaten: Aus ihnen kann man entweder komplette Gerichte kochen oder sie verleihen »normalen« Rezepten das gewisse Etwas. Und natürlich gehören sie auch bei Zubereitungen für den Vorrat, wie etwa Chutneys oder Marmeladen, dazu.
Bei der Auswahl der Zutaten habe ich außerdem den Fokus auf heimische Obst- und Gemüsesorten gelegt. Melone, Avocado, Zitrone & Co. zählen zwar inzwischen zu unserer alltäglichen Ernährung und meist machen wir uns wenig Gedanken darüber, woher sie kommen. Das sollten wir jedoch – und da sie zum Teil von weither importiert werden müssen, habe ich beim Kochen hier darauf verzichtet. Stattdessen findest du in diesem Buch alltagstaugliche Rezepte mit Pflanzen, die auch bei dir im Garten oder auf dem Balkon problemlos gedeihen können. Und die eben »ganz« verwendet werden.
Dass diese Idee bei Obst und Gemüse wunderbar funktioniert, kannst du beim Ausprobieren der Rezepte sehen: Die Aromen in den Gerichten sind herrlich intensiv und vielfältiger, wenn wir die Pflanze als Ganzes einsetzen! Da wir aber Gewohnheitstiere sind, ist es anfänglich ungewohnt, sich an neue Teile einer Pflanze heranzuwagen. Doch trau dich, es werden sich dir neue kulinarische Highlights eröffnen.
Ich wünsche dir Freude und Mut, das zu entdecken!
Susann Kreihe
Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft werden in Deutschland rund 12 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen, von der Produktion über Handel, Gastronomie sowie die Haushalte. Rund 7 Millionen Tonnen entfallen davon auf die privaten Haushalte, jeder Einzelne von uns ist damit für rund 80 Kilogramm des Mülls mitverantwortlich.
Weltweit wird ein Drittel der Lebensmittel auf dem Weg von der Erzeugung bis zu uns auf den Teller weggeworfen. Jedes achte Produkt, das wir einkaufen, landet im Müll. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Wir kaufen zu viel ein. Wir lagern die Lebensmittel nicht korrekt. Reste werfen wir in die Tonne. In Restaurants ist die Portionsgröße vorgegeben und nicht individuell anpassbar. Kantinen bieten reich bestückte Büfetts an, die bis zur letzten Minute wie frisch hergerichtet aussehen sollen. Bäckereien füllen ihre Regale bis zum Ladenschluss auf, damit das vollständige Sortiment zur Verfügung steht.
(Quelle: umweltbundesamt.de)
Für ein Gericht wie beispielsweise »Avocado-Tatar mit marinierten Riesengarnelen und Thai-Basilikum-Pesto« ergibt sich folgende Bilanz: Avocados aus Peru legen rund 10000 Kilometer zurück, Riesengarnelen aus Indonesien 11000 und Thai-Basilikum 8600, bis sie in Deutschland angelangt sind. Das sind fast 30000 Kilometer, und da sind Salz aus dem Himalaja, Pfeffer aus Indien, Olivenöl aus Italien und Limetten aus Peru noch nicht mit eingerechnet. Auch andere Produkte reisen zum Teil von weither zu uns an: Äpfel kommen aus Argentinien, Kirschen aus Südafrika, Weintrauben aus Spanien, Gurken und Tomaten aus Holland – um nur einige Importfrüchte zu nennen. Aber wächst das nicht alles ebenso gut bei uns?
Da kommt zu Recht der Gedanke auf, einmal in eine andere Richtung zu denken – zum Beispiel in Richtung »regional«.
Im Duden (26. Auflage) wird »regional« mit »gebietsweise, eine Region betreffend« definiert. Im Sprachgebrauch ist »regional« mittlerweile mehr: Es gilt als ein schöner Begriff, der uns ein gutes Gefühl gibt. Mit dem Wort verbinden wir ein Heimat- und Dazugehörigkeitsgefühl. Deshalb wird »Regionalität« in den Supermärkten oft als Anreiz zum Kaufen propagiert. Dabei bezieht sich die angepriesene Regionalität nicht zwingend auf die Region, in der das Produkt verkauft wird. Oftmals ist es die Region der Produktion oder Abpackung, auf die sich das Werbeversprechen bezieht. Es lohnt sich also ein genauerer Blick aufs Kleingedruckte.
Und: Der Begriff »regional« wird von jedem Einzelnen ganz unterschiedlich wahrgenommen. Ist Obst und Gemüse dann regional, wenn es aus meinem Wohnort kommt? Oder aus einem Umkreis von 20 Kilometern? Oder aus dem Bundesland, in dem ich wohne? Oder aus Deutschland? Frag doch mal in deiner Familie, im Freundes- oder Bekanntenkreis. Was die Gurke und den Apfel aus dem Nachbarort betrifft, sind sich sicher alle einig, das ist regional. Aber stammen diese beiden aus Schleswig-Holstein und ich wohne in Süddeutschland, kann ich die Frage schon nicht mehr mit Ja beantworten. Anders ist es bei frisch gepressten Ölen. Denn die gibt es nicht aus jeder Region. Ölmühlen aus Sachsen oder Sachsen-Anhalt stellen in meinen Augen regionale Öle her, auch wenn ich aus Bayern stamme. Olivenöl aus Italien dagegen ist für mich nicht regional.
Ein viel verwertetes Gemüse in Deutschland sind zum Beispiel Kartoffeln. Sie sättigen gut, lassen sich prima lagern und sind aus kulinarischer Sicht ein echtes Multitalent: von Salz-, Ofen-, Brat- und Herzoginkartoffel über Kartoffelgratin, -püree, -stroh, -chips, -brot und -suppe bis Pommes, Kroketten, Schupfnudeln, Gnocchi, Knödel, Rösti, Hasselback Potatoes & Co. Und genau darauf, nämlich die Verarbeitung, kommt es an, was den CO2-Fußabdruck betrifft: So liegt der von biologisch angebauten Kartoffeln bei etwa 140 Gramm CO2 pro Kilogramm Kartoffeln. Der von Kartoffeln für kochfertige Pommes aus dem Supermarktregal (Verarbeitung, Transport, Tiefkühllagerung, Fertigstellen zu Hause) dagegen bei rund 5,7 Kilogramm CO2 pro Kilogramm Kartoffeln.
Ein anderes Beispiel sind Äpfel. Sie zählen zu den beliebtesten Obstsorten in Deutschland. Die Klimabilanz eines Apfels hat zwei Seiten. Der Apfel aus dem eigenen Garten ist klimaneutral. Regionale Ware ist leicht zu bekommen, er wächst bei uns schließlich überall. Äpfel können zudem gut gelagert werden und so sind auch im Winter die Regale gut bestückt mit frischen Äpfeln. Nach der Ernte in Kühlhäusern aufbewahrt, verbraucht das natürlich Energie. Dabei hat sich gezeigt, dass die gelagerten Äpfel aus Deutschland bis etwa April eine bessere CO2-Bilanz haben als importierte Ware aus Argentinien. Werden sie darüber hinaus gelagert, verbraucht die Kühlung mehr Energie als der Transport aus Argentinien. (Quelle: www.geo.de)
Und wie steht es mit anderen bei uns beliebten Lebensmitteln? Mit dem Klimarechner des ifeu (Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg; www.klimatarier.com) kann man ganz spielerisch erkunden, welches Lebensmittel wie viel Kilogramm CO2-Emission verursacht.
Hier findest du einige der gängigsten regionalen Lebensmittel. Die CO2-Emission wird in Kilogramm angegeben und bezieht sich auf 1 Kilogramm des jeweiligen Produkts. Der Unterschied zwischen pflanzlichen und tierischen Produkten ist dabei besonders hervorzuheben.
Äpfel 0,25 kg*
Aprikosen 0,54 kg*
Birnen 0,29 kg*
Blumenkohl 0,43 kg*
Brokkoli, frisch 0,56 kg*
Brombeeren 0,69 kg*
Butter 9,20 kg*
Champignons 1,31 kg*
Eier 2,04 kg*
Erdbeeren, frisch 0,32 kg*
Fenchel 0,24 kg*
Forelle, Makrele, Hering 6,29 kg*
Frischkäse 5,65 kg*
Gemüsebrühe 1,49 kg*
Grünkohl 0,35 kg*
Hackfleisch, gemischt 5,59 kg*
Hähnchenfleisch 3,70 kg*
Haferflocken 0,36 kg*
Heidelbeeren, frisch 0,54 kg*
Himbeeren, frisch 1,20 kg*
Hirse 0,52 kg*
Honig 1,92 kg*
Joghurt 2,37 kg*
Karotten 0,27 kg*
Kartoffeln 0,40 kg*
Käse (Schnitt- und Hartkäse) 5,82 kg*
Kirschen 0,22 kg*
Kohlrabi 0,43 kg*
Kürbis 0,21 kg*
Lachs 6,29 kg*
Linsen, getrocknet 0,61 kg*
Margarine, vollfette 1,78 kg*
Putenfleisch 4,22 kg*
Rapsöl 2,71 kg*
Rindfleisch 12,3 kg*
Rote Bete 0,32 kg*
Rucola 0,27 kg*
Salatgurke 0,45 kg*
Schmand 3,66 kg*
Schweinefleisch 4,15 kg*
Sellerie 0,33 kg*
Spinat 0,29 kg*
Tomaten 0,77 kg*
Walnusskerne 0,95 kg*
Weizenmehl 0,34 kg*
Wildfleisch 10,48 kg*
Wurst 3,62 kg*
Zucchini 0,25 kg*
Zucker 0,60 kg*
Zwiebeln 0,25 kg*
* CO2-Emission pro 1 Kilogramm verzehrfertiges Produkt. Quelle: klimatarier.com; CO2-Werte ermittelt vom Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu).
Die Rezepte in diesem Buch sind vegetarisch bzw. vegan. Das hat den einfachen Grund, dass wir im Sinne einer nachhaltigen Lebensweise gut beraten sind, mit allen tierischen Produkten sparsam umzugehen. Denn unser Fleischkonsum macht einen Großteil der CO2-Belastung aus.
Gelegentlich mal ein Stück Fleisch oder Fisch darf jedoch zu einer ausgewogenen Ernährung zählen. Das stellt für die Umwelt dann kein Problem dar, wenn wir auf nachhaltige und biologische Haltung, Schlachtung bzw. Fang achten und im besten Fall den Landwirt oder Produzenten kennen. Die »From Nose to Tail«-Philosophie beispielsweise achtet genau das. Das ganze Tier wird verwertet, jedes Teil gehört zum Großen und Ganzen dazu und hat den gleichen Wert. Die Wertschätzung von Tier und Erzeuger stehen an erster Stelle.
Generell lautet die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung »5 am Tag«. Das bedeutet, zwei handgroße Portionen Obst und drei ebensolche Portionen Gemüse pro Tag zu verzehren. Warum fangen wir nicht heute damit an? Dass die Produktion von Fleisch schlecht für die CO2-Bilanz ist, ist bekannt. Dass Gemüse mehr kann, als »Beilage« zu sein, ebenso. Gemüse und Obst sind bestens dafür geeignet, den Großteil unseres Tellers zu füllen! Sie sind voller Vitamine, ballaststoffreich und enthalten lebenswichtige sekundäre Pflanzenstoffe. Die sind übrigens für Farbe und Geruch verantwortlich. Riecht ein konventionell angebautes Gemüse oder Obst nicht mehr nach dem, was es eigentlich ist, dann lieber Hände weg. Denn die sekundären Pflanzenstoffe wurden dann herausgezüchtet, damit sie einem Mainstream-Geschmack entsprechen.