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Als Rudolf I. 1273 als erster Habsburger zum König des Heiligen Römischen Reiches gewählt wurde, war keineswegs abzusehen, welch grandiosen Aufstieg dieses europäische Adelsgeschlecht in den kommenden Jahrhunderten nehmen würde. Kriege, Diplomatie, Heiratspolitik und Erbfälle führten unter Kaiser Karl V. zu einer solchen Ausdehnung des Herrschaftsgebiets, dass in diesem weltumspannenden Reich die Sonne tatsächlich niemals unterging. Zeitweise in eine spanische und eine österreichische Linie aufgeteilt, durchlief das Haus Habsburg eine wechselvolle Geschichte mit Höhen und Tiefen. Das Buch spannt einen Bogen vom Mittelalter bis zum Zusammenbruch des Vielvölkerreiches im November 1918. Die Porträts von 26 bedeutenden Familienmitgliedern sind eingebunden in überblicksartige Einführungstexte über die geschichtlichen Zusammenhänge. Kulturgeschichtliche Sonderkapitel bieten zudem Einblicke in die Lebenswelt der Habsburger. Der Band ist ein Muss für jeden, der mehr über eine der einflussreichsten Dynastien der Geschichte erfahren will.
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Seitenzahl: 250
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Barbara Beck
Vom 13. bis ins20. Jahrhundert
VORWORT
ANFÄNGE UND AUFSTIEG
Rudolf I., römisch-deutscher König
Rudolf IV., »der Stifter«, Herzog von Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain, Graf von Tirol
Friedrich III., römisch-deutscher Kaiser
Residenzen und Schlösser
DAS HABSBURGISCHE WELTREICH
Maximilian I., römisch-deutscher Kaiser
Margarete, Generalstatthalterin der Niederlande
Karl V./I., römisch-deutscher Kaiser, König von Spanien
Ferdinand I., römisch-deutscher Kaiser
DIE GETEILTE DYNASTIE – SPANIEN UND ÖSTERREICH
Philipp II./I., König von Spanien und Portugal
Maximilian II., römisch-deutscher Kaiser
Rudolf II., römisch-deutscher Kaiser
Anna, Königin von Frankreich
Philipp IV./III., König von Spanien und Portugal
Leopold I., römisch-deutscher Kaiser
Karl II., König von Spanien
Karl VI., römisch-deutscher Kaiser
Habsburgische Begräbniskultur
DAS HAUS HABSBURG-LOTHRINGEN
Maria Theresia, Königin von Ungarn und Böhmen
Joseph II., römisch-deutscher Kaiser
Maria Karolina, Königin von Neapel-Sizilien
Marie Antoinette, Königin von Frankreich
Maria Leopoldine, Kurfürstin von Pfalz-Bayern
VOM KAISERTUM ÖSTERREICH BIS ZUM ENDE DER HABSBURGERMONARCHIE
Franz II./I., römisch-deutscher Kaiser, Kaiser von Österreich
Johann, Erzherzog von Österreich, deutscher Reichsverweser
Franz Joseph I., Kaiser von Österreich
Maximilian I., Kaiser von Mexiko
Maria Christina, Königin von Spanien
Karl I., Kaiser von Österreich
Die Habsburger als Hoch- und Deutschmeister
Ausblick
AUSWAHLBIBLIOGRAFIE
Die ursprünglich aus der Schweiz stammenden Habsburger waren eines der mächtigsten Fürstenhäuser Europas. Ihre Geschichte mit all ihren Höhen und Tiefen fasziniert bis heute. Während ihrer langen Herrschaftsdauer von mehr als sechs Jahrhunderten prägten sie in größerem Umfang als andere Hochadelsgeschlechter nicht nur die Geschicke vieler europäischer Völker und Staaten auf mannigfaltige Weise in politischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht, sondern hinterließen selbst Spuren in der Neuen Welt. Sie häuften hierbei eine beeindruckende Vielfalt von Titeln, Würden und Herrschaftssymbolen an und erweckten einen noch immer nachwirkenden Mythos zum Leben.
Der vorliegende Band widmet sich der wechselvollen Historie der Habsburger in ihrem Vielvölkerreich, auf das sie im positiven wie auch im negativen Sinne mit ihren Entscheidungen einwirkten. Das Buch spannt dabei den zeitlichen Rahmen vom 13. bis ins 20. Jahrhundert und behält sowohl die spanische als auch die österreichische Linie im Blick. In 26 knapp gefassten Porträts werden bekannte und interessante Familienmitglieder vorgestellt, die der Autorin als besonders bemerkenswert und vielsagend erscheinen. In ihnen spiegelt sich facettenreich die Geschichte der Dynastie in all ihrem Glanz und ihrer Tragik. Generell zeigten sich die Habsburger durch die Jahrhunderte hindurch von ihrem Gottesgnadentum und dem Recht ihrer Familie auf Krone und Kaisertum überzeugt, wie dies so treffend in Joseph Roths berühmtem, 1932 veröffentlichten Roman Radetzkymarsch formuliert wird: »Die Monarchie, unsere Monarchie, ist gegründet auf die Frömmigkeit: auf dem Glauben, daß Gott die Habsburger erwählt hat, über so und so viele christliche Völker zu regieren.« Den Auftakt macht Rudolf I., der als erster Habsburger 1273 zum König des Heiligen Römischen Reichs gewählt wurde und seine Familie als Landesherren im Donauraum, dem Zentrum ihrer jahrhundertelangen Regentschaft, installierte. Die Reihe der Lebensläufe findet ihren Abschluss mit Kaiser Karl I., durch dessen Verzicht auf eine Beteiligung an den Staatsgeschäften in Österreich und Ungarn 1918 die lange Herrschaftsgeschichte des Hauses Habsburg endete. Ergänzt werden die Biografien durch mehrere überblicksartige Einführungstexte, die eine bessere Einordnung der Porträts in die historischen Zusammenhänge ermöglichen sollen. Zusätzliche Einblicke in die Lebenswelt der Habsburger liefern drei kleine kulturgeschichtliche »Exkurse«, die sich den Schlössern und Residenzen, der habsburgischen Begräbniskultur sowie ihrer Rolle als Hoch- und Deutschmeister widmen.
Der Legende nach sollen die Habsburger, eine der mächtigsten Dynastien Europas, von dem antiken römischen Geschlecht der Colonna oder von den sagenhaften trojanischen Königen abstammen – aber in Wirklichkeit haben sie ihren Ursprung im schweizerischen Aargau. Der erste urkundlich nachweisbare Habsburger ist Graf Guntram der Reiche, der vermutlich Mitte des 10. Jahrhunderts lebte und dem elsässischen Herzogsgeschlecht der Etichonen entstammen soll. Seine Enkel stifteten das im heutigen Schweizer Kanton Aargau gelegene Kloster Muri und das oberelsässische Kloster Ottmarsheim, was auf den bereits in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts stattlichen Besitz dieses Adelsgeschlechts im Elsass, im Breisgau und im Gebiet der heutigen Schweiz hinweist. Guntrams Enkel Graf Ratbod erbaute außerdem um 1020/30 die »Habichtsburg«, die am Zusammenfluss von Reuß und Aare südlich von Basel liegt. Von dieser später »Habsburg« genannten Anlage leitete sich der Name der Familie ab. Viele Adelsgeschlechter nannten sich üblicherweise nach ihrer Stammburg. Der 1111 gestorbene Otto II. führte wahrscheinlich als erstes Familienmitglied den Titel »Graf von Habsburg«.
Im Laufe des 12. und 13. Jahrhunderts gelang es den Habsburgern mittels geschickter Heiratspolitik und dank glücklicher Erbfälle, ihren Besitz an Gütern und Herrschaftsrechten am Oberrhein zu mehren. 1232 teilte sich die Familie in zwei Linien auf. Während der jüngere Zweig, der sich nach seinem Herrschaftssitz Laufenburg nannte, weniger bedeutend war und bloß bis 1415 existierte, ging aus der Hauptlinie Graf Rudolf IV. hervor, der als erster Habsburger auf den deutschen Königsthron gelangte. Mit ihm setzte der Aufstieg des Hauses Habsburg zu einer Dynastie von europäischer Geltung ein.
Nicht allein durch Heirat, sondern auch durch viele erfolgreich geführte Fehden mit weltlichen und geistlichen Rivalen hatte es Rudolf IV. vermocht, seinen Herrschaftsbereich so auszudehnen, dass die Habsburger im 13. Jahrhundert bereits als das einflussreichste Grafengeschlecht im Südwesten des Deutschen Reichs galten. Als ihn die Kurfürsten am 1. Oktober 1273 zum römisch-deutschen König wählten, begann sich aber auch das territoriale Machtgebiet der Habsburger langsam zu verlagern. In der Auseinandersetzung mit seinem größten Widersacher, dem mächtigen König Ottokar II. von Böhmen, der selbst nach der deutschen Königskrone gestrebt hatte und mit Rudolfs Wahl keineswegs einverstanden gewesen war, trug letztlich König Rudolf I. den Sieg davon. Durch seinen Triumph über den Böhmenkönig in der Schlacht bei Dürnkrut auf dem Marchfeld am 26. August 1278 wurden die Habsburger die neuen österreichischen Landesherren. Wenige Tage vor Weihnachten 1282 konnte Rudolf seine beiden Söhne Albrecht und Rudolf mit den österreichischen Ländern der 1246 ausgestorbenen Babenberger belehnen, die sich der in der Schlacht bei Dürnkrut gefallene Ottokar einst angeeignet hatte. Diese Länder sollten von nun an bis zum Ende der Herrschaft der Habsburger im November 1918 ihren wichtigsten Erbbesitz bilden. Die Vermehrung ihrer Hausmacht und die Schaffung eines erblichen Königtums standen seitdem im Fokus der habsburgischen Politik.
Seine Absicht, einem seiner Söhne die Nachfolge als deutscher König zu sichern und damit eine neue erbliche Königsdynastie zu etablieren, konnte Rudolf I. nicht verwirklichen. Die von ihm angestrebte Kaiserkrönung, die es ihm ermöglicht hätte, schon zu seinen Lebzeiten einen Sohn von den Kurfürsten zum König wählen zu lassen, ließ sich nicht in die Tat umsetzen. Nach Rudolfs Tod im Sommer 1291 entschieden sich die deutschen Kurfürsten, denen die Habsburger zu mächtig geworden waren, gegen Rudolfs Sohn Albrecht und wählten stattdessen den Grafen Adolf von Nassau zum neuen König. Erst nachdem Albrecht seine durch mehrere Adelsaufstände angefochtene Machtposition in den österreichischen Ländern gesichert und König Adolf überdies zunehmend die Unterstützung durch die Reichsfürsten verloren hatte, ließ sich Albrecht im Juni 1298 zum Gegenkönig ausrufen. Die Entscheidung brachte kurz darauf die Schlacht von Göllheim, in der Adolf getötet wurde. Danach wurde der Habsburger von allen Kurfürsten zum neuen Herrscher des Reichs gewählt. Am 24. August 1298 wurde Albrecht I. in Aachen gekrönt. Er erwies sich als tatkräftiger und durchsetzungsfähiger König, der die Haus- und Reichspolitik seines Vaters fortführte. Ihm gelang es sogar, die Oberhand über die Kurfürsten und ihre partikularen Interessen zu gewinnen. Am 1. Mai 1308 fiel er jedoch bei Brugg an der Aare einem Mordanschlag seines Neffen Johann Parricida zum Opfer, der sich von ihm um sein Erbteil betrogen fühlte.
Die Kurfürsten nahmen hieraufhin die sich ihnen bietende günstige Gelegenheit zu einem Dynastiewechsel wahr und wählten den aus dem Haus Luxemburg stammenden Grafen Heinrich zum König. Als der inzwischen zum Kaiser gekrönte Heinrich VII. bereits wenige Jahre später starb, kam es 1314 zu einer Doppelwahl. Ein Teil der Kurfürsten wählte Herzog Friedrich den Schönen, den ältesten Sohn Albrechts I., der andere Teil hingegen Herzog Ludwig IV. von Bayern. Erneut musste Waffengewalt die Entscheidung im Thronstreit herbeiführen. In der Schlacht bei Mühldorf am Inn erlitt Friedrich am 28. September 1322 eine vernichtende Niederlage gegen seinen wittelsbachischen Kontrahenten und geriet in dessen Gefangenschaft. Drei Jahre lang hielt ihn Ludwig auf der Burg Trausnitz an der Pfreimd in ritterlicher Haft. Politisch unter Druck geraten, verständigte sich der Wittelsbacher schließlich mit Friedrich und erkannte diesen 1325 in einem Geheimvertrag als Mitregenten an. Der als hochmütig beschriebene, wenig beliebte und eher schwache Friedrich, der schon 1330 starb, spielte politisch hingegen kaum mehr eine Rolle.
Für über hundert Jahre rückte danach die Reichskrone für die Habsburger in weite Ferne; denn nach dem Tod Kaiser Ludwigs des Bayern im Oktober 1347 setzten sich die Luxemburger durch und besetzten den deutschen Königsthron erfolgreich mit ihren Familienmitgliedern. Neben einer klugen Heiratspolitik, die im Laufe der Jahrhunderte dazu führte, dass sie zu allen europäischen Adelsgeschlechtern in verwandtschaftliche Beziehungen traten, widmeten sich die Habsburger in dieser Zeit hauptsächlich dem Ausbau ihrer landesfürstlichen Stellung. Auf den endgültigen Erwerb von Kärnten und Krain im Jahr 1335 folgte 1363 die Grafschaft Tirol, aber auch erste Herrschaften im Gebiet des heutigen Vorarlberg kamen hinzu. Weitere Teile Vorarlbergs konnten sie 1376 kaufen. 1368 unterstellte sich die Stadt Freiburg im Breisgau den Habsburgern. 1374 gelangten Teile Istriens, 1382 dann die reichsunmittelbare Stadt Triest unter habsburgische Herrschaft. Im Gegenzug gingen ihnen im 14. und 15. Jahrhundert ihre Besitzungen in der Schweiz verloren, wo ihnen die Eidgenossen mehrere vernichtende Niederlagen auf dem Schlachtfeld beibrachten.
Die Überzeugung, dass ihnen die deutsche Königskrone zustehe, gaben die Habsburger während der ganzen Regierungszeit der Luxemburger nie auf. Besonders Herzog Rudolf IV. der Stifter beanspruchte 1358/59 mittels gefälschter »Freiheitsbriefe«, unter denen sich auch das sogenannte Privilegium maius befand, eine über die kurfürstlichen Privilegien hinausgehende Sonderstellung für sich und sein Haus. Von Nachteil für die politische Rolle der Dynastie erwiesen sich die unter den Nachfolgern Rudolfs IV. vorgenommenen Erbteilungen, die häufig mit Bruderzwisten verbunden waren. Zwischen 1379 und 1490 entstanden auf diese Weise vier habsburgische Linien, wodurch nicht allein die habsburgische Hausmacht, sondern ebenso auch die angestrebte Königsgewalt gefährdet wurde, weil die einzelnen Zweige nicht selten gegensätzliche politische Ziele verfolgten.
Nachdem die Luxemburger im Mannesstamm ausgestorben waren, bestieg mit Herzog Albrecht V. 1438 wieder ein Habsburger den deutschen Königsthron. Mit Ausnahme weniger Jahre im 18. Jahrhundert, als nochmals ein Wittelsbacher die Kaiserwürde für sich gewinnen konnte, trugen von da an bis zum Ende des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation im Jahr 1806 immer die Habsburger die Reichskrone.
Da Herzog Albrecht die Tochter und Alleinerbin des letzten luxemburgischen Kaisers Sigismund, Elisabeth, geheiratet hatte, fielen die luxemburgischen Territorien an die Habsburger. 1437 ließ sich Albrecht daher zum König von Ungarn, 1438 zum König von Böhmen krönen. In beiden Ländern stieß er jedoch bei den Ständen auf starkes Misstrauen. Zu seiner Unbeliebtheit trug sicher bei, dass er die jeweiligen Landessprachen nicht beherrschte. Als der Habsburger, der sich als römisch-deutscher König Albrecht II. nannte, im Sommer 1439 einen Feldzug gegen die in Ungarn eingefallenen Osmanen begann, erkrankte er vermutlich an der Ruhr und starb am 27. Oktober, sodass er seine frisch gewonnene Machtposition nicht mehr in Anspruch nehmen konnte. Zum Vormund seines nachgeborenen Sohnes Ladislaus Postumus war neben seiner Witwe sein Verwandter, Herzog Friedrich V., aus der innerösterreichischen Linie des Hauses Habsburg bestimmt worden. Bereits 1457 verloren die Habsburger Böhmen und Ungarn wieder, als mit Ladislaus Postumus der letzte Spross der albertinischen Linie starb. Erst 1526 gewann die Dynastie die beiden Königreiche endgültig für sich.
Noch im Todesjahr Albrechts II. wählten die deutschen Kurfürsten seinen Verwandten Herzog Friedrich V. als Friedrich III. zum König. Friedrichs lange Regierungszeit war im Inneren von Ständeunruhen und innerfamiliären Konflikten sowie von außen durch die vordringenden Osmanen und den Machtzuwachs des Ungarnkönigs Matthias Corvinus bedroht. Friedrich erreichte es immerhin als einziger Habsburger und zugleich letzter römisch-deutscher König, dass er 1452 vom Papst in Rom zum Kaiser gekrönt wurde. Dank seines zähen Ausharrens und des glücklichen Umstands, dass er alle seine Gegner überlebte, gelang es Friedrich III., die habsburgischen Erblande wieder zusammenzufassen und die Grundlagen für die habsburgische Weltmacht zu schaffen. Im Gegensatz zu seinen habsburgischen Vorgängern auf dem deutschen Königsthron setzte er es außerdem durch, dass sein einziger Sohn Maximilian noch zu seinen Lebzeiten zum römisch-deutschen König gewählt wurde und damit seine Nachfolge im Sinne der Dynastie sichergestellt war.
* 1218 wohl auf Burg Limburg i. Breisgau† 1291 in Speyer
Der am 1. Mai 1218 als ältester Sohn des Grafen Albrecht IV. von Habsburg und der Heilwig von Kiburg geborene Rudolf legte die Grundlagen für den späteren Aufstieg seines Hauses zu einer der bedeutendsten europäischen Herrscherdynastien. Über Rudolfs erste 20 Lebensjahre ist nichts Sicheres überliefert. Der Legende nach war er ein Patenkind Kaiser Friedrichs II., weil seine Familie zu den Anhängern der Staufer zählte. Nach dem Tod seines Vaters auf einem Kreuzzug in das Heilige Land übernahm Rudolf um 1240 die Herrschaft. Zu seiner wenig friedfertigen Territorialpolitik in den kommenden Jahren gegenüber Konkurrenten hielt ein unbekannter Colmarer Dominikaner fest: »Da nun Graf Rudolf […] sah, daß die ihm benachbarten Grafen große Reichtümer besaßen, […], begann er darauf zu denken, wie er zeitliche Schätze erwerben möchte. Da er aber auch wohl einsah, daß man große Dinge durch Bitten oder gerechtes Verfahren nicht auf einmal erreichen kann, so beschloß er bei sich, seine Nachbarn durch Kampf zu bedrängen.« Durch seine um 1253 geschlossene Ehe mit Gräfin Gertrud von Hohenberg konnte Rudolf dank des Heiratsgutes seiner Braut im Elsass den Besitzstand seines Hauses weiter abrunden. Aus dieser Ehe stammten neun erwachsen gewordene Kinder. Seine Verwandtschaft mit dem Kiburger Grafenhaus wusste der Habsburger ebenfalls zu nutzen, als die Familie seiner Mutter 1264 ausstarb. Es gelang ihm, sich langfristig den Hauptteil ihres Erbes zu sichern, wodurch er nun über die dominierende Territorialmacht im Südwesten des Reichs gebot.
Erst im Alter von 55 Jahren betrat er die Bühne der großen Politik. Graf Rudolf von Habsburg befand sich gerade in einer schweren Fehde mit Bischof Heinrich von Basel, als er im Feldlager vor Basel von der Nachricht überrascht wurde, dass seine Wahl zum König des Heiligen Römischen Reichs bevorstehe. Er schloss daraufhin rasch einen Waffenstillstand und brach nach Frankfurt am Main auf. Der Bischof kommentierte die unerwartete Wendung der Dinge angeblich mit dem Ausruf: »Bleibe fest sitzen, Herrgott, sonst wird Rudolf deinen Platz einnehmen.«
Am 1. Oktober 1273 wurde der Habsburger von allen Kurfürsten – mit Ausnahme des abwesenden Königs Ottokar II. von Böhmen – in Frankfurt zum römischen König gewählt und am 24. Oktober in der alten Krönungsstadt Aachen gekrönt. Für Rudolf sprachen offenbar sowohl seine territoriale Macht, sein persönliches Ansehen als auch seine Kriegserfahrung. Wegen der guten Beziehungen seiner Familie zu den Staufern war außerdem damit zu rechnen, dass er den starken Stauferanhang gleichermaßen auf seine Seite ziehen würde. Einzig Ottokar, der selbst auf die Krone gehofft hatte, war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden. Der reiche und mächtige böhmische König sprach von ihm abschätzig als einem jener Leute, die »von der Last ihrer Armut elend bedrückt« würden und daher der kaiserlichen Würde und dem Reich Abbruch täten. Zwar gehörten Rudolf und sein Haus in der Tat nicht zur exklusiven Gruppe der Reichsfürsten, die seit dem späten 12. Jahrhundert einen in sich abgeschlossenen Stand innerhalb des Adels bildeten, doch er war kein »armer Graf«. Mit der Wahl Rudolfs hatte das Reich zum ersten Mal seit der Absetzung Kaiser Friedrichs II. 1245 und dem »Interregnum« seit 1256 wieder einen König, dessen Herrschaft von vornherein auf dem breiten Konsens der Fürsten und auf der Unterstützung der bedeutenden Städte am Rhein basierte.
König Rudolf I. sah sich in erster Linie mit der Herausforderung konfrontiert, das während des Interregnums entfremdete Reichsgut, die materielle Grundlage der Königsherrschaft, zurückzugewinnen und den Landfrieden im Reich wiederherzustellen. Diese wichtigen Maßnahmen bestimmten seine gesamte Regierungszeit. Rudolf führte die Revindikationen, die Rückforderung der entfremdeten Güter und Rechte, mit großem Geschick und Besonnenheit durch, indem er die Reichsfürsten in seine Politik einbezog und sich bei unvermeidbaren Auseinandersetzungen ihres Beistands vergewisserte. Zusätzlich verstand er es, die weltlichen Kurfürsten und damit Königswähler durch eine zielgerichtete Heiratspolitik an sich und sein Haus zu binden. Dank der Ehen seiner Töchter entstand so ein weites Netz an Beziehungen.
Die erste Phase von Rudolfs Regierungszeit stand ganz im Zeichen der konfliktreichen Revindikationsforderungen gegenüber dem böhmischen König Ottokar. Der selbstbewusste Přemyslide weigerte sich nämlich hartnäckig, den Habsburger trotz erfolgter päpstlicher Approbation als König anzuerkennen und die österreichischen Länder, derer er sich während der kaiserlosen Zeit bemächtigt hatte, zurückzugeben. Nachdem die von Rudolf veranlassten reichsrechtlichen Schritte gegen Ottokar ergebnislos blieben, wurde 1276 eine militärische Konfrontation unausweichlich. Rudolf gelang es, den Kontrahenten zu isolieren. Darüber hinaus durch eine Revolte des österreichischen und böhmischen Adels geschwächt, musste Ottokar einlenken. In dem am 21. November 1276 in Wien geschlossenen Frieden verzichtete er auf die österreichischen Länder und nahm seine Stammlande Böhmen und Mähren vom römischen König zu Lehen. Eine geplante Doppelheirat zwischen den beiden Herrscherfamilien sollte den Frieden obendrein absichern.
Der stolze Böhmenkönig war nicht bereit, sich mit der demütigenden Situation abzufinden. In dem erneut ausgebrochenen Krieg führte die am 26. August 1278 ausgetragene Schlacht auf dem Marchfeld zur endgültigen Entscheidung. Zusammen mit seinem Verbündeten König Ladislaus IV. von Ungarn konnte Rudolf einen triumphalen Sieg für sich verbuchen. Einen Schatten auf diesen Erfolg warf allerdings Ottokars Tod, der auf der Flucht von persönlichen Feinden erschlagen wurde. Rudolf bewies danach politisches Augenmaß, da er Ottokars Sohn, Wenzel II., Böhmen und Mähren als Reichslehen überließ. Zur Bekräftigung des Friedens kam es zu der bereits früher geplanten Doppelhochzeit.
Rudolf nutzte die Verfügbarkeit über die österreichischen Länder, um sie auf seine Söhne zu übertragen und damit eine weitere habsburgische Machtbasis im Südosten des Reichs zu errichten. Nachdem er den Kurfürsten ihre Zustimmung dafür abgerungen hatte, belehnte er seine Söhne Albrecht und Rudolf im Dezember 1282 mit Österreich, der Steiermark, Krain und Kärnten und erhob sie dadurch in den Reichsfürstenstand. Mit diesem Belehnungsakt wurde die 650 Jahre dauernde Herrschaft des Hauses Habsburg in Österreich begründet. Kärnten wurde wenige Jahre später an Rudolfs wichtigsten Verbündeten, den Grafen Meinhard II. von Görz-Tirol, abgetreten.
Der Gedanke einer Kaiserkrönung beschäftigte Rudolf seit seiner Königswahl immer wieder. Zwar war mit der Kaiserkrone kein realer Machtzuwachs verbunden, doch sie verschaffte ihrem Träger einen hohen Prestigegewinn. Außerdem bot die Kaiserwürde die Möglichkeit, einen seiner Söhne noch zu seinen Lebzeiten zum König wählen zu lassen und somit seinem Haus die Thronfolge im Reich zu sichern. Bald nach Rudolfs Wahl zum König begannen erste Verhandlungen mit der Kurie über eine Kaiserkrönung. Letztendlich ließ sich das angestrebte Ziel aber trotz seiner Bemühungen gegenüber acht Päpsten nicht verwirklichen, obwohl sich der Habsburger stets konzessionsbereit gezeigt hatte und dreimal sogar ein definitiver Krönungstermin festgesetzt worden war. Neben finanziellen Schwierigkeiten und politischen Hinderungsgründen vereitelte der vorzeitige Tod mehrerer Päpste die Fortführung der Verhandlungen bzw. die Realisierung der geplanten Kaiserkrönung.
Einem seiner Söhne die Nachfolge im römisch-deutschen Reich auch ohne Kaiserkrone nach seinem Tod zu verschaffen, gelang Rudolf ungeachtet aller Versuche zeitlebens nicht. Dies entsprach im Übrigen nicht den Interessen der Kurfürsten. Sein zunächst von ihm als Thronkandidat vorgesehener Lieblingssohn Hartmann ertrank 1281 im Rhein. Sein ältester Sohn Albrecht stieß mit seinem energischen Auftreten als Herzog von Österreich und Steiermark vielerorts auf Ablehnung, sodass sich Rudolfs Bemühungen auf seinen jüngsten Sohn Rudolf richteten, der aber noch vor ihm im Mai 1290 starb.
In seiner Regierungszeit kam es zu einer abermaligen Festigung der Königsgewalt aufgrund seiner Landfriedenspolitik, der Förderung der Städte und einer konzentrierteren Verwaltung der Reichsgüter. Wie schon bei den späten Staufern beschränkte sich Rudolfs reale Präsenz jedoch auf den Süden des Reichs. Sein volksnahes und bescheidenes Gebaren machte ihn insbesondere bei der einfachen Bevölkerung beliebt. Mit seinem nüchternen Herrschaftsstil konnte er allerdings nicht das sehnsuchtsvolle Bedürfnis weiter Kreise nach der glanzvollen Zeit der Stauferkaiser befriedigen. Seine Geldforderungen gegenüber den Reichsstädten, die nicht selten den herkömmlichen Rahmen sprengten, erregten häufig heftigen Widerstand, besonders im Rheinland. Diese Situation vermochte der als angeblicher Kaiser Friedrich II. agierende Tile Kolup, auch bekannt als Dietrich Holzschuh, zeitweise für sich zu nutzen, bevor er im Juli 1285 in Haft genommen und in Wetzlar als Ketzer verbrannt wurde.
Nach dem im Januar 1281 erfolgten Tod seiner ersten Ehefrau Gertrud, die sich seit der Krönung 1273 Anna nannte, ging der 66 Jahre alte Rudolf Ende Mai 1284 eine zweite Ehe mit der erst 14 Jahre alten Agnes (Isabelle) von Burgund ein. Auf diese Weise wollte er das Herzogtum Burgund enger an das Reich und vor allem an sein Haus binden. Diese Ehe eines ungleichen Paares, die kinderlos blieb, sorgte für reichlich Spott bei den Zeitgenossen.
Als Rudolf, der seit Längerem an Gicht litt, auf der Reise von Straßburg gen Norden sein Ende herannahen fühlte, entschied er sich dafür, mit seiner Begleitung nach Speyer zu reiten. Er wollte in jener Stadt sterben und bestattet werden, »wo mehr meiner Vorfahren sind, die auch Könige waren«. Kurz nach seiner Ankunft in Speyer starb er am 15. Juli 1291 und wurde wunschgemäß im dortigen Dom beigesetzt. Es entsprach seinem Herrschaftsverständnis, in der traditionsreichen salisch-staufischen Begräbnisstätte seine letzte Ruhe zu finden. Sein Grabdenkmal zeigt ihn mit Zepter und Reichsapfel. Es gilt als das erste lebensgetreue Porträt eines römisch-deutschen Königs. Sein Aussehen auf der Grabplatte stimmt mit der Beschreibung in der Chronik der Dominikaner von Colmar überein: »Er war ein Mann von großer Gestalt, er maß sieben Fuß, war hager, hatte einen kleinen Kopf, ein blasses Gesicht mit einer langen Nase und schütteres Haar.«
* 1339 in Wien† 1365 in Mailand
Unter den Habsburgern des 14. Jahrhunderts gilt der nur 26 Jahre alt gewordene, aber mit politischen Visionen ausgestattete Herzog Rudolf IV. als die interessanteste Persönlichkeit. Bereits mit seiner Geburt am 1. November 1339 sorgte der Prinz für Gesprächsstoff. Da die Ehe von Herzog Albrecht II. von Österreich mit Johanna von Pfirt 15 Jahre lang ohne lebensfähige Nachkommenschaft geblieben war, wollten einige Zeitgenossen nicht so recht an die Vaterschaft des an Händen und Beinen gelähmten Herzogs glauben. Albrecht II. ließ das Gerede von den Kirchenkanzeln als Lügen brandmarken. Zum Verstummen der Zweifler dürfte vor allem die Tatsache beigetragen haben, dass dem Herzogspaar nach Rudolf noch fünf weitere Kinder geboren wurden.
Zu Rudolfs Erziehungsprogramm gehörte offenbar der Erwerb von Schreibkenntnissen, was ihn zu einer Ausnahme unter seinen adeligen Standesgenossen werden ließ. Er konnte später als regierender Fürst seine Urkunden eigenhändig unterschreiben und Zusätze anfügen. Er erfand sogar eine Geheimschrift, von der sich Proben erhalten haben. Schon früh plante Herzog Albrecht II. die weitere Zukunft seines ältesten Sohnes, indem er für ihn eine Braut aus dem benachbarten mächtigen Fürstenhaus der Luxemburger zu erlangen suchte. Im Dezember 1344 gelang es ihm, eine Verlobung des erst fünfjährigen Rudolf mit der ebenfalls noch im Kleinkindalter befindlichen Luxemburgerin Katharina anzubahnen. Der Vater der Prinzessin war Markgraf Karl von Mähren, der wenige Jahre später als König von Böhmen zum römisch-deutschen König und Kaiser Karl IV. avancierte. Als Rudolf zehn Jahre alt war, forderte Albrecht II. die Landherren seiner Herzogtümer auf, seinem Sohn zu huldigen. Nach der zu Ostern 1353 gefeierten Hochzeit mit Katharina begann Rudolf sowohl an der Seite seines Vaters als auch in der Begleitung seines Schwiegervaters politische und militärische Erfahrungen zu sammeln. Bald erfolgte die Übernahme erster Herrschaftsaufgaben. Seit dem Herbst 1357 verwaltete er die westlichen Besitzungen der Habsburger in Schwaben und im Elsass. Zur Stärkung seiner Stellung erhielt er von Karl IV. die Reichslandvogtei im Elsass übertragen.
Nach dem Tod seines Vaters am 20. Juli 1358 kehrte Rudolf IV. nach Wien zurück, um dessen Nachfolge anzutreten. Da seine jüngeren Brüder noch minderjährig waren, konnte er die Alleinherrschaft übernehmen. Drei Jahre vor seinem Ableben hatte Albrecht II. eine Erbregelung, die »Albertinische Hausordnung«, erlassen, in der festgelegt worden war, dass seine Söhne gemeinsam über Österreich, die Steiermark, Kärnten und Krain sowie den Stammbesitz in Schwaben und im Aargau regieren sollten. Auf diese Weise sollte eine Teilung der habsburgischen Hausmacht und damit eine Schwächung vermieden werden. Als Erstgeborenem fiel Rudolf eine besondere Rolle zu.
Während sein Vater ein auf Ausgleich bedachter Herrscher gewesen war, verfolgte der ehrgeizige junge Herzog das Ziel, Macht und Ansehen des Hauses Habsburg und seiner eigenen Person zu steigern. Zunächst genoss Rudolf noch die wohlwollende Förderung durch seinen Schwiegervater Karl IV., der für ihn einerseits ein Vorbild darstellte, andererseits von ihm als Rivale wahrgenommen wurde. Rudolf IV. strebte nach einem geschlossenen Herrschaftskomplex, der sich vom Oberrhein bis nach Ungarn und Italien erstrecken sollte. Schon 1358 trat er an Karl IV. mit dem Wunsch heran, ihn zum »König der Lombardei« zu ernennen, was nicht allein am Widerspruch der Kurfürsten scheiterte. Noch im selben Jahr proklamierte er für sich den Rang eines Generalstatthalters des Reichs in Schwaben und im Elsass, den er alsbald ebenso eigenmächtig zu einem Herzogstitel ausbaute. Dies zielte wohl auf eine Wiederherstellung des untergegangenen Herzogtums Schwaben ab. Von der hohen Bestimmung seines Hauses und seiner fürstlichen Würde durchdrungen, beanspruchte Rudolf für sich und seine Dynastie einen königgleichen Rang innerhalb des Reichs und hegte keinerlei Bedenken, in der Verfolgung seines Vorhabens auf nicht ganz legale Mittel zurückzugreifen. Um die Sonderstellung Österreichs und seines Geschlechts zu begründen, ließ er über den Winter 1358/59 geschickt einen Komplex von insgesamt fünf Urkunden fälschen. Angeblich gingen die darin begründeten Vorrechte teilweise auf die antiken Herrscher Julius Caesar und Nero zurück. Das Herzstück unter den »Österreichischen Freiheitsbriefen«, das sogenannte Privilegium maius, erweiterte und verfälschte dadurch das 1156 von Kaiser Friedrich I. Barbarossa verliehene echte Privilegium minus. Den österreichischen Landesfürsten wurden nun eine fast unabhängige Stellung gegenüber dem Reich, der Titel eines Pfalzerzherzogs und königsgleiche Insignien zugesprochen. Um die Fälschung glaubwürdiger erscheinen zu lassen, wurde das kaiserliche Siegel des echten Dokuments an dem Falsifikat angebracht und das Original wohl vernichtet. Derartiger Urkundenfälschungen bediente man sich damals nicht selten, um Herrschaftsansprüchen einen legitimen Anstrich zu verleihen.
Als Kaiser Karl IV. die Schriftstücke zur Bestätigung vorgelegt wurden, betrachtete er diese als einen Forderungskatalog, den er nicht gänzlich zu akzeptieren bereit war. Der zur Begutachtung herangezogene italienische Frühhumanist Francesco Petrarca zeigte sich von den angeblich antiken Privilegien unbeeindruckt und entlarvte sie als Fälschungen. Er spottete, dass sie nicht von Caesar und Nero stammten, sondern von einem »unfähigen, lächerlichen Esel« verfasst seien. Der Kaiser verweigerte die Anerkennung jener Vorrechte, die für das Reich von Nachteil waren, während er jene genehmigte, die dem Königtum nicht abträglich waren. Zunächst gab sich Rudolf davon unberührt, verwendete weiterhin die angemaßten Titel und nutzte als äußeres Zeichen seiner gehobenen Stellung einen kronengleichen Erzherzogshut mit Zacken, Bügel und Kreuz. Zeitweise drohte ein vollständiger Bruch zwischen ihm und seinem Schwiegervater. Der Kaiser entzog ihm 1360 die Reichslandvogtei im Elsass und nötigte ihn zum Verzicht auf die Titel Pfalzerzherzog und Herzog von Schwaben. Außerdem verlangte er, dass sich Rudolf »weder mit keiserlichen oder kuniglichen bogen crucze cronen sceptir swerte noch in andern sachen« schmücke. Erst 1453 erhielt das Privilegium maius seine reichsrechtliche Bestätigung durch den habsburgischen Kaiser Friedrich III. Der von Rudolf kreierte Titel eines Erzherzogs wurde ab dem 15. Jahrhundert zu gültigem Recht und bis 1918 zu einer habsburgischen Besonderheit.
Seine hochfliegenden politischen Ambitionen brachte Rudolf auch durch andere Unternehmungen zur Geltung. Ihm lag an einem Ausbau Wiens zu einer Residenzstadt von europäischem Rang. Er orientierte sich dabei an Prag, das unter Karl IV. zu einer beeindruckenden Metropole aufstieg. 1359 begann der Umbau der Wiener Pfarrkirche St. Stephan zu einer »Erzherzogskathedrale«. Wien zum Sitz eines österreichischen Landesbistums zu machen, dürfte dabei wohl Rudolfs eigentliches Ziel gewesen sein. 1365 setzte er immerhin die Aufwertung von St. Stephan zur Kollegiatskirche, zum »Dom«, durch. Nach Prager Vorbild begründete er im März 1365 die Wiener Universität. Mit der zweitältesten deutschen Universität schuf er die Voraussetzung für die Entfaltung von Wissenschaft und Kultur in den österreichischen Ländern. Auf diese Initiativen geht sein Beiname »der Stifter« zurück, der auf einer Inschrift in St. Stephan fußt.
»Aller Ruhm und alle Macht des Fürstentums beruhen im festbegründeten Glück der Untertanen«. Gemäß dieser Verlautbarung in einer seiner Urkunden setzte Rudolf IV. auf die Förderung von Handel und Wirtschaft in den Städten. In Wien hob er den Zunftzwang auf und schuf wirtschaftliche Anreize durch begrenzte Steuerfreiheiten. Mehr oder weniger ähnlich verfuhr er in anderen Städten. Gleichzeitig beschnitt er die Steuerprivilegien des Klerus, was ihm wenig freundliche Kommentare in den meist von Klerikern verfassten zeitgenössischen Chroniken einbrachte.
Während Rudolf IV. mit der Wiederherstellung eines Herzogtums Schwaben scheiterte, gelang ihm mit der Erwerbung der reichen Grafschaft Tirol ein für den späteren Aufstieg seines Hauses entscheidender politischer Erfolg. Das Fundament hierfür hatte schon sein Vater mit seinen guten Kontakten zum Tiroler Hof gelegt. Nach dem frühen Tod des jungen Tiroler Landesfürsten Meinhard III. im Januar 1363 sicherte sich Rudolf rasch am 26. Januar die Übertragung des Landes durch Meinhards Mutter, der Regentin Margarethe »Maultasch«. Mit Tirol verfügte er über eine Landbrücke zwischen seinen östlichen und westlichen Territorien und eine Basis für die oberitalienischen Interessen seines Hauses. Trotz der Erbansprüche der Wittelsbacher und deren Widerstands erreichte er am 8. Februar 1364 die Belehnung mit allen Tiroler Reichslehen durch Kaiser Karl IV., mit dem er sich aussöhnte. Bei ihrer Zusammenkunft in Brünn kam es überdies zu einem habsburgisch-luxemburgischen Erbvertrag. Drei Jahre zuvor war es Rudolf bereits gelungen, einen Erbvertrag mit dem in Ungarn herrschenden Haus Anjou zu schließen. Auf diese Weise zeichnete sich in der vagen Form eines Denkmodells eine Vereinigung der österreichischen, böhmischen und ungarischen Länder ab. Weitsicht bewies Rudolf IV. auch mit dem im November 1364 mit seinen Brüdern Albrecht III. und Leopold III. geschlossenen Hausvertrag, der den Rang der Habsburger unter den Reichsfürsten stärken sollte. Der Vertrag legte die grundsätzliche Unteilbarkeit der Länder und die Gesamtregierung aller Brüder fest. Der Älteste sollte dabei »die obristen herschaft und den grözzisten gewalt« haben. Diese Regelung sollte nur 15 Jahre Bestand haben, da Rudolfs Brüder dann doch eine Teilung der Länder vornahmen.
Nach schweren Fieberanfällen starb Rudolf IV. überraschend und kinderlos am 27. Juli 1365 in Mailand. Er wurde in der von ihm gestifteten Herzogsgruft des Wiener Stephansdoms beigesetzt. Es passt zu dem rastlosen Habsburger, dass seine Gesichtszüge auf einem der frühesten überlieferten »modernen« Einzelbildnissen der europäischen Kunstgeschichte verewigt wurden. Das Porträt befindet sich heute im Wiener Dom- und Diözesanmuseum.
* 1415 in Innsbruck† 1493 in Linz