Die Jungens von Mons - Friedrich Wolf - E-Book

Die Jungens von Mons E-Book

Wolf Friedrich

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Beschreibung

Ein Drama über Mut, Loyalität und den Preis der Wahrheit In der turbulenten Zeit der späten 1920er-Jahre, geprägt von wirtschaftlicher Not und gesellschaftlichen Umbrüchen, nimmt die Kriegerwitwe Ellen Celloc eine außergewöhnliche Identität an: Sie wird Captain Collen Campell, charismatische Anführerin des „Klubs der Jungens von Mons“. Als die Anführerin einer paramilitärischen Einheit navigiert sie zwischen Disziplin und Aufruhr, Loyalität und Verrat. Doch ein gefährliches Geheimnis und ein zerbrechendes Netz aus Lügen drohen ihre Welt zu zerstören. Während ein erschütternder Streik im Zechengebiet die Spannungen zwischen Arbeiterbewegung und Obrigkeit eskalieren lässt, stellt Friedrich Wolfs Drama zentrale Fragen: Wie weit gehen wir für unsere Überzeugungen? Kann eine Gemeinschaft bestehen, wenn ihre Grundlagen auf Täuschung beruhen? Mit eindringlicher Sprache und zeitloser Relevanz beleuchtet Wolf die Mechanismen von Macht, Identität und sozialer Gerechtigkeit. Ein mitreißendes Stück, das die Leser in die explosive Atmosphäre seiner Zeit eintauchen lässt und zugleich den Spiegel der Gegenwart vorhält.

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Impressum

Friedrich Wolf

Die Jungens von Mons

Komödie

ISBN 978-3-68912-407-6 (E–Book)

Geschrieben 1931 in Stuttgart

Das Titelbild wurde mit der KI erstellt.

© 2024 EDITION digital®

Pekrul & Sohn GbR

Godern

Alte Dorfstraße 2 b

19065 Pinnow

Tel.: 03860 505788

E-Mail: [email protected]

Internet: http://www.edition-digital.de

PERSONEN

Ellen Celloc, Kriegerwitwe, alias Captain Campell

im Sturm 5 der „Jungens von Mons“:

Sharpe, Oberleutnant a. D.

Flynn, Leutnant a. D.

Morris, ehemaliger „Boss“

Carr, Schlosser, arbeitslos

Toddy, Kriegsbeschädigter

Wood, Chemiestudent

Cibber, Handlungsgehilfe

Garrik, Bankbeamter

Midge, Gymnasiast

Ramsbotton, Direktor im Bergwerkssyndikat

Craik, Aufsichtsrat im Bergwerkssyndikat

Miller, Sekretär der Trade Unions

Hope, Ramsbottons Tochter

Jim, Ellen Cellocs Sohn

Großmutter

Crabtree, Gerichtsbote

Hausverwalter, Portier, HotelCHEF, Kriminalkommissar, Diener, SPRECHER

Die Dokumente zu dieser seltsamen, aber realen Episode fanden sich in „The Evening News“, London, 5. bis 30. März 1929, und in der Fotoreportage vieler englischer und deutscher illustrierter Zeitschriften

ERSTES BILD

Aus dem Dunkel heraus, während der Vorhang langsam aufgeht, der erste Vers des Liedes der „Jungens von Mons“, dazwischen Kommandorufe, Signale.

STIMMEN:

Jungens, jetzt legt die Ohren zurück!

Jungens, den Helm jetzt ins Genick!

Zügel lang, Karabiner frei,

Jungens von der Bengalreiterei,

Bill! Teddy! Joe!

Lasst die Gäule flitzen

Über die Gräben bis zu den Geschützen!

Wisst ihr noch: Mons, Arras, La Bassée?

Das waren noch Tage, verdammtjuchhe,

Ihr Jungens von Mons …

Während das Lied leiser wird, tritt aus dem Dunkel

Der SPRECHER mit einer Zeitung, er liest: The Evening News, London, vom 5. März 29 berichtet: „Das in Erstaunen setzende Leben einer Frau als Mann! Unter dem Namen eines Captain Campell war sie Führer der ,Nationalfaschisten‘ in London. Sie hatte in der Krise Existenz und Arbeit verloren. Als Captain Campell wurde sie Empfangssekretär im Palace-Hotel. Sie gründete den Klub der Jungens von Mons, organisierte den faschistischen Werkschutz und war mit einer Dame der Gesellschaft verlobt. Schließlich wurde sie verhaftet …“

Der SPRECHER verschwindet.

Bei den letzten Worten hat der zweite Vers des Mons-Liedes eingesetzt.

STIMMEN:

Vorbei die Zeit, vorüber der Ritt,

Versprengt, was mit uns kämpfte und stritt,

Der steht am Schalter, der hockt im Büro,

Der dritte pennt irgendwo im Stroh …

Alle STIMMENschmetternd, dazwischen eine helle Knabenstimme:

Aber … Bill! Teddy! Joe!

Wenn ich heut wieder das Kommando hörte: Bengalreiter,

auf die Pferde …

Es wird hell. – Wohnküche der Ellen Celloc. Kleiner Raum mit Tisch, Stühlen, Schrank, Gaskocher, an der Wand Bild des im ersten Weltkrieg gefallenen Sergeanten Celloc, darüber gekreuzt Säbel und Säbelscheide mit Regimentsabzeichen und Nummer der „3. Bengalreiter“. Am Tisch sitzen die Großmutter, sechzigjährig, mit Brille, Strümpfe stopfend, ein Schullesebuch vor sich; seitlich Jim, ihr zwölfjähriger Enkel, Ellen Cellocs Sohn. Jim hat gerade den Schluss des Mons-Liedes gesungen.

JIM: Aber … Bill! Teddy! Joe!

Wenn ich heut wieder das Kommando hörte:

Bengalreiter, auf die Pferde …

GROSSMUTTER im Lesebuch kontrollierend, streng: Wo steht das, Jim?!

JIM: Na, wo Ellen mir doch von der Schlacht von Mons erzählt hat … na, und das Lied der Jungens von Mons gehört doch nun mal dazu.

GROSSMUTTER über die Brille: Jim! Man sagt seine Schulaufgaben richtig her; sag es richtig auf, wie es sich gehört.

JIMbeleidigt, monoton: … Schon begannen die englischen Linien unter dem Ansturm der feindlichen Übermacht zu wanken, schon bereiteten sich unsere britischen Grenadiere …

GROSSMUTTER schlägt mit dem Stopfei auf den Tisch: … schon hatten unsere tapferen Grenadiere ihre letzte Patrone verschossen und bereiteten sich zum Todeskampf vor …

JIM: …schon sprang der übermächtige Gegner aus dem grauen Trichtergelände in unsere Gräben, da – ein Signal, Pferdegeschnauf, ein donnerndes Hussa … Er stockt.

GROSSMUTTER aus Lesebuch, mit Stopfei und Schere auf den Tisch trommelnd: … ein donnerndes Hussa, die 3. Kavalleriedivision: die 6. Lancer und 3. Bengalreiter stießen in sausender Attacke in die Flanke des Feindes …

JIM: …viele tapfere Reiter blieben auf der Walstatt, viele Söhne Britanniens deckte der grüne Rasen. – Großmutter! Wieso „grüner Rasen“, wo doch eben stand „aus dem grauen Trichtergelände“? Steht auf.

GROSSMUTTER: Wohin?

JIM: Raus, bis Mamm kommt … Autobewachen, Türöffnen, make moneys.

GROSSMUTTER: Hierher, Jim! Das ist eine Schande, Jim! Bei Mons fiel dein Vater; bist du noch der Sohn des Sergeanten Celloc, Jim? Du bist jetzt zwölf Jahre und sollst begreifen, dass dein Vater den Tod für sein Land starb, dass wir die Hunnen sonst im Lande hätten, verstehst du?

JIM: Klar, Großmutter! Und stolz bin ich auf Pap … kannst du glauben! Ellen hat mir seine Orden gezeigt, Ellen war doch auch …

GROSSMUTTER: Jim, man sagt zu seiner Mutter nicht Ellen.

JIM: Ellen ist mein Freund, bitte; Ellen ist meine smarte Mamm; Ellen war doch auch an der Front.

GROSSMUTTER: Als Lorrieführerin für Verwundete.

JIM: Nicht bloß als Karbolschlange, Spaß! Er hat aus seiner Brusttasche ein Foto gezogen. Ist das Ellen oder nicht?

GROSSMUTTERhinzu: Woher?

JIM zurückweichend: Hab ich! Foto betrachtend. Wie sie auf dem Gaul sitzt … Sache! Wie ein Cowboy, mit Schnürgamaschen und der Coltpistole …

Ellen Celloc, eine etwa dreißigjährige, sportliche und doch weibliche Erscheinung, tritt von rechts ein, in Hut und Mantel, mit Einkaufstasche. – Jim wirft das Foto auf den Tisch und springt auf sie zu.

JIM: Ellen! Ellen! Hast du die Radiolampe?

Ellengibt ihm die Tasche: Da schau!

JIM auspackend, enttäuscht: Tee … Brot … ’nen Klecker Marmelade.

ELLEN: Anständig, Jim!

JIM: Klar, Mamm!

Jim bekommt von Großmutter ein Marmeladenbrot gestrichen; Ellen setzt Tee auf.

GROSSMUTTER leise zu Ellen: Nun?

ELLEN: Wieder nichts.

JIMhellhörig: Wie lange soll Ellen noch rennen um die blöde Stelle?

GROSSMUTTER: Jim! Ein Kind spricht nicht dazwischen!

JIMerregt: Weil sie nicht glaubt, dass du an der Front warst, Mamm, weil ich wissen will, weshalb wir so splendid siegten, und jetzt haben wir kaum Brot und Marmelade, und Ellen rennt um die blöde Stelle … Mit Foto gegen Großmutter. Sag ihr’s, Ellen, warst du bloß Karbolfähnrich oder Soldat?

ELLEN lächelnd: Lorrieführerin beim Roten Kreuz … siehst doch die Armbinde!

JIM: Aber zu Pferd?

ELLEN: Ich musste doch die Verwundeten holen hinter den Gräben. – Nun aber ins Bett, Jim!

JIM: Noch eins, Ellen, noch eins! Sagt ihr etwas ins Ohr.

ELLEN: Heute nicht.

JIMvor ihr: Du kennst mich, Ellen!

Ellen lacht, streicht ihm übers Haar, dann holt sie aus dem Schrank ein dunkles Herrenjackett mit Ordensschnalle.

JIMtriumphierend gegen Großmutter: Hatte Pap drei Orden?

ELLENdreht ihn herum: Kehrt! Ab!

JIM: Ellen, du bist richtig! Er springt an ihr hoch, gibt ihr noch einen Gutenachtkuss, dann zu Großmutter. Bye, bye!

Jim links ab zur Schlafkammer. Die Großmutter schüttelt missbilligend den Kopf; Ellen hat das Jackett ihres Mannes über einen Stuhl gehängt; sie packt noch Seife und Streichhölzer aus. Die Großmutter gießt Tee auf und gibt Brot.

GROSSMUTTER: Er war wieder da.

ELLEN: So?

GROSSMUTTER: Der Verwalter.

ELLEN: Er soll sich was blasen.

GROSSMUTTER: Wir werden noch auf der Straße sitzen.

ELLEN: Kann ich mehr als herumrennen … ist alles besetzt, kein Bedarf, sie stELLEN nur männliche Kräfte ein, selbst in den Hotels sind statt Aufwaschfrauen jetzt Aufwaschfritzen, für ’n Hundegeld.

GROSSMUTTER: Und auf dem Sparbuch?

ELLEN: Kein Schilling, Null gleich Null.

Die Großmutter geht müde in die Schlafkammer. – Ellen sitzt am Tisch; sie nimmt das Zeitungspapier, darin die Sachen gewickelt waren, glättet es, liest, jetzt gespannt, sie tritt ans Licht.

ELLEN: Bande! Liest. „Palace-Hotel sucht Empfangssekretär, repräsentative Erscheinung … zuverlässige, kriegsgediente Herren.“ Sie kaut ein Brotstück. Zuverlässige, kriegsverdiente Herren …

Es klopft. Ein tritt der Hausverwalter, ein vierschrötiger, asthmatischer Mensch, der von der Unentbehrlichkeit seiner Existenz fest überzeugt ist, er zieht aus seiner Mappe einen Zettel, legt ihn vor Ellen auf den Tisch, wischt sich den Schweiß von der Stirn, setzt sich breit hin.

VERWALTER: Hocherfreut, Sie anzutreffen, Mrs. Celloc, hocherfreut.

ELLEN: Bitte?

VERWALTER mit Zettel: Zwei Monate mit der Miete im Rückstand!

ELLEN: Sie wissen …

VERWALTER: Natürlich, Sie sind arbeitslos, wie jeder vierte Mensch. Bedauerlich, mehr als bedauerlich. Aber vom Verwalter Donnog verlangt man höheren Orts die Miete auf Pence und Cent.

ELLEN: Vierzehn Tage renne ich um ’ne Stelle.

VERWALTER: Als Empfangsdame?

ELLEN: Als Zimmerfrau, Aufwäscherin, Büglerin.

VERWALTER: Ein Fehler, Mrs. Celloc, ein grober Fehler, denn dafür haben Sie nun wieder zu ’nen scharfen Schmiss; Sie müssten in ’ne Bar!

ELLEN: Meinen Sie?

VERWALTER: Ich hätte ’ne Empfehlung; aber da muss man nun wieder Näheres wissen. Fasst sie.

ELLEN zieht seine Hände herunter: Sie irren, Mr. Donnog!

VERWALTER sich das Handgelenk reibend: ’nen Griff hat sie!

ELLEN: War nicht umsonst zwei Jahre Verwalterin auf ’ner Pferdefarm.

VERWALTER: Wohl die Biester zugeritten? Na, dass Sie mal die Nase hochgetragen haben, merkt man: Pferdefarm, Sergeantenwitwe, schnittiges Muster … aber heute spielen wir anders; die Miete, bitte!

ELLEN: Morgen.

VERWALTER: Heute!

ELLEN: Woher?

VERWALTER: Ihre Rente!

ELLEN: Die geht für den Jungen drauf.

VERWALTER: Soll wohl studieren?

ELLEN: Er soll wohl als ungelernter Arbeiter Schlange stehen?

VERWALTER: Recht haben Sie! Das heißt, wenn die Arbeiter wirklich arbeiten wollten; aber die bringen das Land ja an den Abgrund … streiken, demonstrieren, debattieren, machen Sauhund, und wo bleibt das Pflichtbewusstsein? Sehen Sie, der Verwalter Donnog könnte sich ja auch auf seine Bude setzen und warten, bis die Miete von den dreißig faulen Kunden von selbst hereinspaziert. Schlägt an seine Brust. Aber da, da ist noch was drinnen, das ruht und rastet nicht, das alte Soldatenherz, das ist eisern, das ist’s, was all den Nichtstuern und Schwätzern draußen fehlt. Das Land geht vor die Hunde! Wissen Sie, im Kohlenrevier von Cardiff und Leeds wird wieder gestreikt!

ELLEN: Interessiert mich nicht.

VERWALTER: Interessiert Sie nicht? So! Bis wir die Roten auch hier auf dem Hals haben und man Ihnen das Bett unterm Hintern wegzieht!

ELLEN: Dann schlafen wir auf dem Boden.

VERWALTER: Dann schlafen Sie auf dem Boden? Und wenn man Ihnen das Dach überm Kopf abbrennt? Sie kommen, die Roten, sie kommen … in Cardiff haben sie die Arbeitswilligen gehindert, in die Gruben zu fahren, zwei Mann vom Werkschutz sind verwundet, sie wollen ’nen Hungermarsch machen.

ELLEN: Da können wir uns ja anschließen.

VERWALTER: Da können Sie sich anschließen? Ihr Mann wird im Grabe rotieren, wenn er das hört! Kommen Sie zu sich, Mrs. Celloc! Auf den Stuhl mit Cellocs Jackett zeigend. Hier sehen Sie das Ehrenkleid von Mr. Celloc! Jeder dieser Orden kann erzählen von den Taten unsrer Jungens, die für ihr Land standen und stritten bis zum letzten Atemzug!

ELLEN: Wo standen Sie im Felde, Mr. Donnog?

VERWALTERstolz: Wachtmeister bei einer Feldbäckereikolonne! Nimmt das Jackett und betrachtet die Ordensschnalle. Kinder, das war ’ne Zeit … die Monsmedaille, der Orden of the British Empire, das Croix de guerre … ein ausgezeichneter Mann, Ihr Gatte, – befühlt den Rock – und am Rande bemerkt, ein tadelloses Jackett.

ELLEN: Lassen Sie die Finger davon!

VERWALTER: Ein Tönchen! Sie haben wohl auch mal kommandiert? Er gießt sich eine Tasse Tee ein. Sie gestatten?

ELLENmit Nerven: Schlürfen Sie nicht so!

VERWALTER trinkt: Na, nichts für ungut! – Die Miete!

ELLEN: So werfen Sie uns doch auf die Straße!

VERWALTER: Pst, langsam; Sie hatten doch immer was auf der Sparkasse?

Ellen schweigt.

VERWALTER: Los, schreiben Sie einen Scheck, wie früher!

Ellen zögert.

VERWALTER: Greifen Sie mal in die Geheimkiste. Frauen haben stets so ’nen Fonds; lehren Sie den Donnog das kennen. Vorwärts, oder das Schicksal nimmt seinen Lauf!

Ellen hat aus der Schieblade ihr Sparbuch genommen, sie zögert; dann schreibt sie im Scheckbuch schnell einen Scheck; sie gibt ihn Donnog.

VERWALTERliest: „Sparkasse dreiundzwanzig … Scheck über vierzig Schilling.“ Sehen Sie … Donnog, der Höllenhund, der Wauwau … was aber noch die Frage ist. Könnten Sie so ins Innere des Menschen blicken wie ich … na, wie war mein Rat? Schlafen Sie wohl, Mylady! Ab.

Ellen steht zögernd da. – Aus der Schlafkammer kommt die Großmutter.

GROSSMUTTER: Müssen wir raus?

ELLEN: Nein.

GROSSMUTTER: Hast du gezahlt?

ELLEN: Weck den Jungen nicht!

Großmutter in die Kammer. Ellen steht am Tisch; sie räumt auf, nimmt vom Boden die Zeitung, erinnert sich, liest, tritt mit der Zeitung ans Licht.

ELLEN halblaut: „Palace-Hotel sucht Empfangssekretär … repräsentative Erscheinung … zuverlässige, kriegsgediente Herren …“ Sie überlegt, sieht das Jackett ihres Mannes mit der Ordensschnalle, nimmt es, legt es wieder hin; dann geht sie zum Spiegel, streicht sich das Haar zurück, betrachtet sich prüfend … jetzt nimmt sie das Jackett, zieht es mit einem Ruck an, knöpft es zu, geht wieder zum Spiegel, prüft, betastet sich … schnell und nervös isst sie ein Stück Brot. – Es klopft. Sie nimmt ein Umschlagtuch, schlägt es sich um die Schultern und setzt sich an den Tisch, so dass sie der Tür den Rücken zudreht. Der Verwalter tritt noch einmal kurz ein, den Scheck in der Hand.

VERWALTER: Hören Sie … der Scheck ist doch gut?

ELLEN: Wenn Sie’s nicht glauben, geben Sie ihn mir doch zurück!

VERWALTERlachend: Das sollte Ihnen passen! Ab.

ZWEITES BILD

Vor dem Vorhang oder in der ersten Gasse der Bühne. – Von links Wood, ein Chemiestudent, mit einem Tennisschlägerfutteral, das er elegant hin und her schlenkert; von rechts Garrik, ein abgebauter Bankbeamter, und Cibber, ein Handlungsgehilfe.

WOOD gegen Garrik: Komm mir ja nicht in mein Revier mit deinen Staubsaugern, du oller Treppentiger! Bist wohl auch so ’n abgebauter Emil?

GARRIK: Gestatte mir: Garrik, Bankbeamter, jetzt Vertreter für Radioapparate und Heizkissen.

WOOD: Mensch, blase rückwärts oder es riecht nach Sarg!

CIBBER: Aber meine Herren, wir sind doch unter Gebildeten!

WOOD: Scheiße drauf.

CIBBER Hacken zusammenschlagend: Sie gestatten, Cibber, Detaillist, Handlungsgehilfenverband!

WOOD: Habe ich dich gefragt, du Heringsbändiger?