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Neugier ist eine unserer wichtigsten Eigenschaften. Neugierige Menschen sind offener für neue Erfahrungen, lernen schneller, arbeiten gewissenhafter, haben originellere Ideen und mehr positive soziale Erlebnisse, sie sind erfolgreicher und leben länger. Neugier wurde bereits 2016 vom World Economic Forum an die Spitze der Liste der Charaktereigenschaften des einundzwanzigsten Jahrhunderts gewählt und aktuell wird an den ersten neugierigen KIs gearbeitet. Sie Neugier taucht aber nicht von selbst im Büro oder Home-Office auf. Sie braucht benötigt einen inneren Antrieb sowie ein . Und sie braucht ein stärkendes Umfeld. Carl Naughton beweist, dass Neugier erlernbar ist, erklärt die Neugierbooster und zeigt, wie man den kontraproduktiven Wunsch, Unsicherheit möglichst schnell loszuwerden, aushebeln kann. Das erste populäre Buch zu einer entscheidenden menschlichen Eigenschaft.
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Die Kraft der Neugier
DR. CARL NAUGHTON weiß, wie wichtig es ist, Neugier zu erzeugen. Der Arbeitspsychologe war Gründungsmitglied des Curiosity Counsil der Merck KGaA und hat mit einem internationalen Team die Neugierkultur im Unternehmen messbar und veränderbar gestaltet. Er ist Mitglied der American Psychological Association und der Gesellschaft für angewandte Wirtschaftspsychologie. Er ist Co-Autor des Zukunftsinstitutes, schreibt für den Harvard Business Manager, die Frankfurter Rundschau und ist Gast im Update Wirtschaft der ARD. Sein Credo: Köpfe öffnen und den Wandel wandeln.
Neugierig sind wir alle. Unser Gehirn ist auf Neues ausgerichtet. Und das zu Recht. Wer auf seine Neugier vertraut, ist mit seinem Leben zufriedener und kann mit Stress besser umgehen. Menschen die offener sind für Neues, begeben sich häufiger in Situationen, in denen sie ihre Intelligenz einsetzen können. Deswegen lernen sie mehr und haben bessere Ideen. Wenn Unternehmen besonders kreativ, innovativ und erfolgreich sein und bleiben wollen, sind dafür neugierige Mitarbeiter verantwortlich.
Doch zugleich gibt es den natürlichen Drang Unsicherheit zu reduzieren, indem wir Neuem gegenüber distanziert sind, Erklärungen für Unbekanntes finden und an Gewohntem festhalten. Aber die Vermeidung von Unsicherheit ist keine Erfolgsstrategie. Denn Angst vor Neuem verhindert Kreativität, Fortschritt und das Überdenken eigener Vorurteile.
Carl Naughton erklärt, wie man eine Unternehmenskultur gestaltet, die die Neugier aller Mitarbeiter fördert und zeigt, wie man bei seinen Mitmenschen Leidenschaft hervorruft und eine »ist doch egal-Haltung« durch Neugier beseitigt.
Carl Naughton
Länger leben, leichter leisten, lustvoller lernen
Ullstein
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© 2024 Ullstein Buchverlage GmbH, BerlinAlle Rechte vorbehalten, insbesondere und ausdrücklich die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG.Lektorat: Dr. Annalisa Viviani, MünchenUmschlaggestaltung: FHCM Graphics, BerlinAutorenfoto: © Monika WernekeE-Book-Konvertierung powered by pepyrusISBN: 978-3-8437-3612-1
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Das Buch
Titelseite
Impressum
Einleitung
1. Unsere Innovationsfähigkeit versinkt
2. Wir verlieren uns in der Komplexität
3. Unsere Bildung erodiert
4. Wir versinken in der medialen Flut
5. Wir verlieren unseren Planeten
Die Wege zu einer neugierfreundlichen Gesellschaft
Kapitel 1
Neugier im Alltag
Wie Neugier FOFO verhindert und mediale Kompetenz stärkt
Wann Neugier Freunde bringt und Partnerschaften rettet
Warum Neugier uns Lebensfreude und Lebenszeit schenkt
Wie Neugier Ungewissheit und Krisen zu meistern hilft
Kapitel 2
Neugier mit Leidenschaft
Dimensionen der Neugier: Psychologische Vielfalt als Motor
Vier, fünf oder sechs Dimensionen?
Nervenkitzel
Entdeckerfreude
Neugiertypen: Stärken erkennen und nutzen
Kapitel 3
Neugier im Beruf
Wie mit Neugier die Arbeit leichter fällt und die Performance steigt
Wie Neugier Agilität und Wandel fördert
Wie Neugier Innovation hervorruft
Wie sich mit Neugier die eigene Arbeit gestalten lässt
Wie Neugier zum Unternehmer-Mindset führt
Kapitel 4
Neugier im Unternehmertum
Der State of Curiosity Report
Wo Neugier täglich gekillt wird
Wie neugierorientierte Führung wirkt
Wie Neugierprogramme Unternehmen voranbringen
Auflösung: Fragen und Innovationen
Danksagung
Literaturhinweise
Anmerkungen
Social Media
Vorablesen.de
Cover
Titelseite
Inhalt
Einleitung
Mit viel Weisheit kommt viel Kummer,je mehr Wissen, desto mehr Kummer.
Prediger 1:18
Google hatte die Faxen dicke. 2015 haben sich so viele Menschen in Deutschland gegen die digitale Innovation »Google Street View« entschieden, dass das Unternehmen die Verbreitung stoppte. Nicht interessiert. Neugier hat mächtige Gegenspieler, wie den Drang nach Sicherheit und die Angst vor der eigenen Inkompetenz.
Und das ist schon lange so: Athen, Wiege der Demokratie und des modernen Denkens, galt auch als Ort der Neugier. 350 v. Chr. schrieb Aristoteles: »Alle Menschen streben von Natur aus danach, zu wissen.«1 Er unterschied zwischen »thauma« (Wundern) und »perierga« (Schnüffeln) und sah Neugier als Tugend, wenn sie im richtigen Maße genutzt wird. Augustinus von Hippo (354–430 n. Chr.) betrachtete Neugier jedoch als »beschämend« und gleichwertig mit der Erbsünde, was das Mittelalter prägte. Neugier wurde bis ins 17. Jahrhundert oft abgelehnt. John Locke brachte die Neugier in ein besseres Licht und sah sie als wichtig für die Erziehung. 1685 schrieb er: »Die Neugier der Kinder ist der Wissensdurst nach Erkenntnis, darum sollte man diese in ihnen fördern und ermutigen.«2
Und das trug Früchte. Bis hin zur Neugier in der Krise, denn die wurde Jahrhunderte später in Mainz gefeiert. Aber nur im kleinen Kreis. BioNTech hatte gerade den Durchbruch beim Impfstoff belegt. Wissenschaftliche Neugier sorgte für einen Gesundheitsruck in diesem Land und auch in vielen anderen. Aber halt mal, machte das nicht irgendetwas mit dem Erbgut? Was genau … nicht interessiert. Aber Neugier ist eine Grundvoraussetzung für Innovationen und Durchbrüche. Schon seit mehr als 800.000 Jahren. Ohne sie hätten wir das Feuer nicht gebändigt oder den Speer nicht zur Verfügung. Neugier makes cents!
Im Buch Neugier – So schaffen Sie Lust auf Neues und Veränderung habe ich ein paar sehr typische Neugierkiller beschrieben. Sie kamen aus der Erziehung, »Sei nicht so neugierig«, aus gesellschaftlichen Normen, »Dumme Fragen«, und aus der soziologischen Entwicklung, »Alle graben an der gleichen Stelle«. In diesem Update geht es um etwas mehr. Es geht um ein frisches Killeraufgebot, das sich im 21. Jahrhundert etabliert hat. Das Verständnis dieser Faktoren und ihrer Wechselwirkung kann Einblicke in die Förderung und Verbesserung von Neugier bei Einzelpersonen und Gemeinschaften bieten.
Das vorliegende Buch zeigt, wie Neugier Menschen und Organisationen zukunftsfähig macht. Trotz ihres schweren Stands ist Neugier ein Überlebensretter und Innovationsmotor. Große Denker sahen sie oft als unnütze Triebfeder, doch Neugier öffnet Köpfe und verlängert Leben. Kinder mit Neugier erzielen in Intelligenztests 12 Punkte mehr, Erwachsene sind gewissenhafter und ausdauernder, und Ältere erhöhen ihre Lebenserwartung um 12 Prozent.
Die berufliche Neugier, seit 2014 intensiv erforscht, zeigt sich als dynamischer Treiber für Erfolg. Zwischen 2016 und 2021 verdreifachte sich die Anzahl der Veröffentlichungen zu Neugier. Berufliche Neugier gilt als Treiber für persönliches Handeln und unternehmerischen Erfolg. Die Initiative von Merck und der Curiosity Council fördern seit 2015 Neugier und verbinden Forschung mit Praxis.3 Neugierige Menschen hinterfragen ständig und begegnen dadurch Ablehnung, aber sie fördern eigenständiges Denken und stellen Normen infrage, was die Welt ins Wanken bringt.
Machen wir doch einmal eine mini Standortbestimmung der Neugier. Aus dem Bauch heraus, wie würden Sie diese Sätze zu Ende bringen?
Prompt 1: Eines der Themen, das mich am meisten interessiert, ist …
Prompt 2: Die Frage, die mich zu diesem Thema am meisten interessiert, ist …
Prompt 3: Wenn ich ein Problem löse und Schwierigkeiten habe, dann …
Prompt 4: In Situationen der Unsicherheit …
Prompt 5: Wenn ich neue Leute treffe, dann …
Prompt 6: »Es sicher zu spielen« macht mich …
Diese Fragen stammen aus den Dimensionen der Neugier, die später im Buch vorgestellt werden. Ein israelisches Forscherteam um Menucha Birenbaum integrierte sie 2019 in eine Studie. Die Analyse zeigte, dass Menschen, die gut mit Unsicherheit umgehen, auch oft gut mit neuen Leuten und Problemen zurechtkommen. Ebenso stellen Menschen, die viele anspruchsvolle Fragen stellen, eine gute Problemlösungsfähigkeit und Unsicherheitstoleranz auf. Keine signifikante Verbindung bestand zwischen dem Verhalten »es sicher zu spielen« und anderen neugierigen Verhaltensweisen. Dieses Buch geht tief in die zugehörige Skala ein – Sie können den Originaltest später machen.
Aber wie sieht es heute im privaten und beruflichen Alltag aus? Neugier fehlt an vielen Ecken. Etwas zugespitzt könnte man sagen: Uns kommt die Neugier abhanden! Vier Beispiele:
Deutschland fällt in Innovationsrankings zurück. Der Spiegel titelte am 16. April 2024: »Deutschland auf dem letzten Platz der Industrienationen«4, und der Tagesspiegel fragte am 15. April 2024: »Können wir bei innovativen Technologien noch mithalten?«5 Neugier wird oft nicht gefördert, obwohl sie entscheidend für kreative Lösungen und unternehmerischen Erfolg ist. Studien zeigen, dass neugierige Mitarbeiter innovative Ideen entwickeln. In einer Umfrage gaben 83 Prozent der Führungskräfte an, Neugier sei wichtig, aber nur 52 Prozent der Mitarbeitenden stimmten zu.6 Gehaltserhöhungen als Belohnung für Neugier sehen nur 16 Prozent der Mitarbeiter. Forschung zeigt, dass Gelder für Neugier viele originelle Erfindungen fördern. Ein ausgewogener Ansatz aus Neugier und praktischer Anwendung führt zu mehr Patenten und Veröffentlichungen. Deutsche Arbeitnehmer haben den höchsten Neugierindex, was Hoffnung weckt, auch wenn Deutschland als innovationsarm gilt.
Angestoßen durch unsere Veröffentlichungen in der Harvard Business Review7, hat das Softwareunternehmen SAS 2021 eine weltweite Neugierbefragung durchgeführt. Sie nannten sie den Curiosity@Work Report.8 Knapp 2000 Führungskräfte aus Deutschland, Brasilien, Indien, Singapur, UK und den USA wurden befragt. Die deutschen Antworten schätzten das Potenzial von Neugier deutlich schwächer ein. Nur 59 Prozent sahen diese Persönlichkeitseigenschaft als sehr wichtig bei Mitarbeitenden an, während der Chief Executive Officer von SAS in der Studie mit den Worten zitiert wird: »Unsere Untersuchung zeigt ganz klar: Neugier ist längst nicht mehr nur ein Nice to have. Diese Eigenschaft ist inzwischen ein Muss in der Geschäftswelt, denn sie hilft Unternehmen, entscheidende Hürden zu nehmen und Innovation voranzutreiben.« Aber genau wie wir sieht die SAS-Studie deutlich Luft nach oben.
Die Welt des 21. Jahrhunderts ist durch technologische Fortschritte, Globalisierung, soziale Dynamiken und ökologische Herausforderungen zunehmend komplex. Diese Faktoren erhöhen die kognitive und emotionale Belastung für Einzelpersonen und Gesellschaften. Innovationen wie künstliche Intelligenz (KI) und das Internet der Dinge verändern Leben und Arbeit, bringen aber auch neue Probleme. Globalisierung führt zu wirtschaftlicher Ungleichheit und geopolitischen Spannungen, während soziale Medien die Kommunikation revolutionieren. Klimawandel und ökologische Probleme erfordern koordiniertes Handeln. Diese Komplexität verlangt politische Flexibilität sowie soziale und emotionale Intelligenz.
Die Multischauplatz-Komplexität verursacht Stress, Angst und Burn-out, da Menschen ständig Informationen verarbeiten, fundierte Entscheidungen treffen und sich anpassen müssen. Laut einer Studie der American Psychological Association von 2017 und einer Umfrage von 2022 fühlen sich immer mehr Menschen gestresst. Über die Hälfte der Deutschen gab an, dass Stress ihr tägliches Leben beeinträchtigt, und mehr als ein Drittel konnte aufgrund von Stress über längere Zeiträume nicht arbeiten.
Die Kognitionswissenschaftler Celeste Kidd und Benjamin Hayden haben 2015 beobachtet, dass Neugier dazu führen kann, dass Menschen tiefer nachdenken, bessere Entscheidungen treffen und sich besser an neues Wissen erinnern. Neugier hat also einen echten Bildungsauftrag.
Neugier ist der persönliche und emotionale Ausdruck eines Wunsches, Ignoranz zu beseitigen. Dazu benötigt sie Aufmerksamkeit, Anwesenheit und Wachsamkeit. Eine bedeutungsvoll lebendige Öffentlichkeit erfordert Neugier über andere Menschen und eine aktive Wahrnehmung und Anerkennung anderer Menschen. Aber wir leben in einer Welt verschwindender Aufmerksamkeit, einem Scheitern, wirklich zuzuhören – was schließlich Geduld und Warten beansprucht. Aufmerksamkeit und Neugier, als Gegensätze von Apathie in gewissem Sinne, erfordern ihrerseits Hoffnung. Neugier impliziert ein Gefühl der persönlichen Wirksamkeit und Möglichkeit, ein Glaube daran, dass die eigene Neugier durch die eigenen Handlungen erfüllt werden könnte, sowie ein Gefühl für die Zukunft. Das Gefühl der Machtlosigkeit, das heute die Stimmung vieler Menschen beherrscht, verdrängt und verhindert direkt die Neugier.
Nach dem erschreckenden Abschneiden Deutschlands in der neuesten PISA-Studie von 2022 schlugen Bildungsexperten und Politiker Ende des Jahres Alarm. Die Ergebnisse wurden nicht nur als »besorgniserregend«, sondern als dringender Handlungsbedarf für das Bildungssystem interpretiert. Die Bildungsministerin von Schleswig-Holstein, Karin Prien, unterstrich in einem Bericht der Tagesschau die Notwendigkeit sofortiger Maßnahmen, während Regierungssprecher Steffen Hebestreit im Namen des Bundeskanzlers von »besorgniserregenden Ergebnissen« spricht. Diese Ergebnisse waren die schlechtesten seit 23 Jahren.
Was die Frage aufwirft: Wie wurde mit den bisherigen Ergebnissen umgegangen? Gab es jemals das, was nun wieder gefordert wurde: eine koordinierte Aktion auf höchster Ebene, um die Bildungskrise anzugehen. Die PISA-Ergebnisse bieten Einblicke in die Leistung von Schülern in verschiedenen Ländern und können indirekt auf verschiedene Aspekte des Bildungssystems, einschließlich der Förderung von Neugier, hinweisen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass PISA in erster Linie auf Kernfähigkeiten wie Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften abzielt und keine direkten Messungen für Neugier oder verwandte Konzepte enthält. Dennoch können einige Überlegungen angestellt werden:
Förderung von Interesse an Lernbereichen: Wenn Schüler in den gemessenen Kernbereichen positiv abschneiden, könnte dies auf eine allgemeine Bereitschaft hinweisen, sich mit verschiedenen Themen auseinanderzusetzen. Lehrmethoden und Bildungssysteme, die das Interesse und die Neugier der Schüler fördern, könnten dazu beitragen, dass sie aktiv am Lernprozess teilnehmen.
Kreativität und Problemlösung: PISA bewertet auch die Fähigkeiten der Schüler im Bereich kreatives Denken und Problemlösung. Diese Fähigkeiten sind oft eng mit Neugier verbunden. Wenn Schüler in der Lage sind, innovative Lösungen zu finden und kreative Ansätze zu verfolgen, könnte dies auf eine Förderung von Neugier in der Bildung hindeuten.
Lernumgebung und Lehrmethoden: Die PISA-Ergebnisse könnten auch auf die Effektivität bestimmter Lehrmethoden und Lernumgebungen hindeuten. Bildungssysteme, die Schülern ermöglichen, aktiv am Lernprozess teilzunehmen, ihre eigenen Fragen zu stellen und selbstgesteuert zu lernen, könnten positive Auswirkungen auf die Neugier haben.
Bildungssysteme, die auf standardisierten Tests und festen Lehrplänen basieren, haben zweifellos bestimmte Vorteile, wenn es um Vergleichbarkeit und Bewertung geht. Doch dieses streng strukturierte Umfeld birgt auch die Gefahr, dass die natürliche Neugier der Schüler unbeabsichtigt eingeschränkt wird. Schon Mitte der 1980er-Jahre, als Kindergärten das Spielen priorisierten, fand die Studie von Barbara Tizard und Martin Hughes 1985 bei Vorschulkindern heraus, dass die durchschnittliche Anzahl der gestellten Fragen der Kinder von 26 pro Stunde zu Hause auf zwei pro Stunde im Kindergarten sank. Der Fokus auf einheitliche Lernziele und vordefinierte Pfade lässt wenig Raum für die individuelle Entfaltung von Interessen. Eine der Kehrseiten der Standardisierung liegt im starken Fokus aufs Auswendiglernen. Statt das tiefe Verständnis eines Themas zu fördern, werden Schüler oft auf das Abrufen von Fakten und Formeln reduziert. Dieses Auswendiglernen kann dazu führen, dass die Schüler zwar Wissen akkumulieren, aber die intrinsische Neugier auf die zugrunde liegenden Konzepte und Zusammenhänge verloren geht. Ein weiteres Problem standardisierter Bildungssysteme besteht in der Begrenzung der Erkundung von persönlichem Interesse. Starre Lehrpläne bieten wenig Raum für Abweichungen oder vertiefte Untersuchungen in Bereichen, die die individuelle Neugier der Schüler wecken könnten. Diese Beschränkung führt dazu, dass Schüler weniger geneigt sind, ihre eigenen Leidenschaften zu entdecken und zu entwickeln.
Fazit: Die Neugier in der Gesellschaft gelingt, wenn wir nicht missachten, womit wir nicht vertraut sind. Wir gehen davon aus, dass wir entweder bereits wissen, was eine andere Person zu teilen hat, oder dass wir es nie wissen werden. Das ist Anti-Neugier-Gesellschaft pur. Die schlimmste Ignoranz ist das Versäumnis, das Wissen anderer Menschen zu schätzen. Um uns herum und in uns sind jedoch Kräfte und Impulse, die die Neugier zerstören. Wir sind besorgt um unseren eigenen Status. Gesellschaftliche Normen feiern nur unregelmäßig die freie Suche nach Wissen; es ist genauso üblich, korrigiert zu werden, wenn man Autorität und Glauben herausfordert, wie nicht.
Es ist an der Zeit, die Bedeutung der Neugier als Gesellschaft zu erkennen und aktiv zu fördern. Durch das Schaffen einer Kultur, die Fragenstellen und Experimentieren unterstützt, können Bildungseinrichtungen und Unternehmen sowie die Gesellschaft verbessert werden. Wie sieht der Weg zu einer Neugier fördernden Gesellschaft aus?
Die heutige Arbeitswelt operiert oft in Fragmenten: Wir erledigen Aufgaben, ohne ihre Verbindung zum großen Ganzen zu sehen. Diese Zweckentleerung nagt an unserer Motivation und unserem Selbstwertgefühl. Eine passionierte Nebenbeschäftigung kann jedoch den ersehnten Sinnschimmer in unser Dasein bringen und die inneren Lücken füllen.
Unser modernes, digital vernetztes Leben bietet erschreckend wenig echten Rückhalt. Obwohl Online-Netzwerke boomen, fehlt oft die tiefe menschliche Verbindung. Wir sind organisiert um Hobbys und Oberflächeninteressen, doch echte, substanzielle Beziehungen sind rar. Dieses Gefühl der Isolation wächst ironischerweise zeitgleich mit unseren digitalen Verstrickungen und hinterlässt uns emotional entwurzelt.
Die Reizüberflutung ist die moderne Pest. Unsere Gehirne, nicht für nonstop informationsgetriebene Gesellschaften entwickelt, rebellieren gegen die endlose Flut von Daten. Ohne ein System der Entlastung ersticken wir unter der Last der Erwartungen und Verantwortlichkeiten. Um nicht im Sumpf zu versinken, müssen wir Werkzeuge der mentalen Entlastung finden – oder wir ertrinken in der Flut.
Unsere Sinne werden stündlich, ja minütlich von unerbittlichen Ablenkungen bombardiert. Smartphones und E‑Mails reißen uns konstant aus der Fokussierung. Dieses Fraktal des Alltags verhindert tiefe Konzentration und lässt uns am Ende distanziert und verloren fühlen. Unser Geist sehnt sich nach stillen Oasen der Aufmerksamkeit, nach Projekten, die wir mit Hingabe und Ruhe vollenden können. Der Schlüssel liegt darin, die fragmentierten Ablenkungen zu zähmen, um wieder zu uns selbst zu finden.
Im Gegensatz zu den tristen Wellen des Driftens und der Isolation steht ein Leben, das Raum für Leidenschaft, Sinn und tiefe menschliche Verbindungen bietet. Die Sprichwörter sind keine leeren Floskeln: Ein sinnvolles Leben ist tatsächlich der wahre Reichtum. Schaffen wir uns also die Inseln der Ruhe und Bedeutung inmitten des Getöses – und sehen wir, wie sich das Dasein wieder mit Farben füllt.
Obwohl der Klimawandel eine der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit ist, zeigen Umfragen und Studien, dass sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen unzureichend handeln. Laut einer Studie von Ipsos aus dem Jahr 2021 glauben zwar 75 Prozent der Menschen, dass der Klimawandel eine ernste Bedrohung darstellt, doch nur 35 Prozent von ihnen sind bereit, ihre Lebensweise grundlegend zu ändern, um den CO2‑Ausstoß zu verringern. Auf organisatorischer Ebene ist die Situation ähnlich besorgniserregend: Eine Untersuchung des Carbon Disclosure Project (CDP) ergab, dass nur 5 Prozent der weltweit größten Unternehmen sich ehrgeizige Ziele zur Reduzierung ihrer Emissionen gesetzt haben.
Diese Passivität hat schwerwiegende Konsequenzen. Der CO2‑Gehalt in der Atmosphäre erreichte 2021 mit über 419 ppm (parts per million) einen historischen Höchststand, was weit über dem vorindustriellen Niveau von etwa 280 ppm liegt. Dies führt zu einem beschleunigten Anstieg der globalen Temperaturen, mit verheerenden Folgen wie häufigeren Naturkatastrophen. Die Weltbank schätzt, dass bis 2030 bis zu 132 Millionen Menschen aufgrund klimabedingter Ereignisse in die Armut gedrängt werden könnten, wenn keine entschlossenen Maßnahmen ergriffen werden.
Die Wissenschaft zeigt klar, dass menschliche Aktivitäten den Klimawandel vorantreiben. Dennoch wird die Dringlichkeit oft unterschätzt, was zu gefährlicher Selbstzufriedenheit führt. Diese Untätigkeit verstärkt extreme Wetterereignisse, die zu Umweltkatastrophen und erheblichen wirtschaftlichen Schäden führen. Küstenregionen sind durch den Anstieg des Meeresspiegels bedroht, doch viele Entscheidungsträger reagieren unzureichend.
Untätigkeit verschärft soziale Ungleichheiten und bedroht die wirtschaftliche Stabilität. Besonders gefährdet sind einkommensschwache Gemeinschaften, die sich kaum von klimabedingten Katastrophen erholen können. Der wirtschaftliche Schaden durch Naturkatastrophen wächst, und fehlende Investitionen in Anpassungsmaßnahmen erhöhen langfristig die Kosten.
Die Unterschätzung des Klimawandels und die daraus resultierende Untätigkeit verhindern notwendige Maßnahmen zur Minderung der Auswirkungen. Regierungen und Organisationen müssen die Dringlichkeit erkennen und sofort handeln, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren und nachhaltige Praktiken zu fördern. Internationale Zusammenarbeit ist entscheidend, um die schlimmsten Folgen zu vermeiden. Die Untätigkeit gegenüber dem Klimawandel ist eine ernste Gefahr. Ohne sofortige Maßnahmen riskieren wir irreversible Schäden für unseren Planeten. Es ist entscheidend, dass Menschen und Organisationen die Bedrohung ernst nehmen und schnell handeln, um eine nachhaltige Zukunft zu sichern.
Dass das geht und wie das geht, hat 2021 ein Autorenteam des RSA Social Brain Centre bewiesen. Sie nutzten Neugier als Schlüsselmechanismus, um nachhaltige Verhaltensänderungen im Bereich der Energieeinsparung zu fördern. Denn auch in meinem Heimatland gilt: Viele Menschen zeigen derzeit wenig Interesse an ihrem Energieverbrauch, da dieser oft ein abstraktes Konzept darstellt. Durch die Sichtbarmachung und das verständliche Aufzeigen des Energieverbrauchs, beispielsweise durch den Einsatz von Smart Metern, Apps und Rückmeldemechanismen, kann die Neugier der Menschen geweckt werden. Dieses gesteigerte Bewusstsein hat das Potenzial, zu einem energieeffizienteren Verhalten zu führen.
Die Veränderung gewohnheitsmäßiger Verhaltensweisen stellt eine besondere Herausforderung dar, doch Neugier kann hierbei eine unterstützende Rolle spielen. Wenn Menschen beginnen, ihre eigenen Gewohnheiten zu verstehen und zu hinterfragen, kann dies zu nachhaltigen Veränderungen führen. Ein Beispiel hierfür ist die Neugier darauf, wie viel Energie alltägliche Handlungen tatsächlich verbrauchen, was die Menschen dazu motivieren kann, umweltfreundlichere Praktiken in ihren Alltag zu integrieren.
Neugier ist jedoch nicht nur für Einzelpersonen von Bedeutung, sondern auch für die gesamte Energiebranche. Wenn innerhalb der Branche Neugier gefördert wird, kann dies zu verstärkten Innovationen führen, insbesondere bei der Entwicklung von Rückmeldesystemen und Technologien, die die Benutzer effektiver einbinden und somit energiesparendes Verhalten anregen.
Außerdem heben die Autoren die Bedeutung hervor, Neugier bereits in Bildungseinrichtungen zu fördern, um bei jüngeren Generationen ein tieferes Interesse für Nachhaltigkeit und Energieverbrauch zu wecken. Diese frühe Förderung kann dazu beitragen, dass die Schüler auch im Erwachsenenalter ein dauerhaftes Engagement für energiesparende Verhaltensweisen zeigen.
Die Nutzung von Neugier birgt also sowohl auf individueller als auch auf industrieller Ebene ein erhebliches Potenzial, um die Verhaltensänderungen zu fördern, die für eine größere Energieeinsparung und Nachhaltigkeit erforderlich sind.
Stellen Sie sich eine Gesellschaft vor, in der Fragen mehr gefeiert werden als Antworten, in der »Ich weiß es nicht« der Beginn einer Konversation ist und nicht deren Ende. In einer solchen Gesellschaft wird Neugier zur treibenden Kraft – nicht nur für Innovationen, sondern auch für persönliches Wachstum, Empathie und das Staunen über die Welt. Um dies zu erreichen, müssen mehrere zentrale Elemente gefördert werden, die eine Kultur schaffen, in der Neugier gedeiht.
1. Bildung: Jenseits von Lehrbüchern und TestsIn einer neugierfreundlichen Gesellschaft bewegt sich die Bildung weg von der erdrückenden Abhängigkeit von standardisierten Tests (die meist nur die Fähigkeit eines Schülers messen, während eines dreistündigen Ankreuzmarathons wach zu bleiben). Stattdessen setzt sie auf schülergesteuertes Lernen, Kreativität und den Nervenkitzel des Fragens: »Was wäre, wenn?«
Finnland, oft als Bildungsutopie bezeichnet, macht es vor. Finnische Schüler verbringen weniger Zeit im Klassenzimmer und mehr Zeit damit, zu hinterfragen, zusammenzuarbeiten und – was am wichtigsten ist – ihre Bildung zu genießen. In finnischen Schulen werden die Kinder dazu ermutigt, Fragen wie »Warum scheint die Sonne?« und »Wie können wir die Welt verbessern?« zu stellen – Fragen, auf die es selten eine »richtige« Antwort gibt, die aber endlose Diskussionen und Entdeckungen entfachen.
Wie der Bildungsreformer Sir Ken Robinson einmal humorvoll bemerkte: »Wir wachsen nicht in die Kreativität hinein, sondern heraus. Oder besser gesagt: Wir werden aus ihr herausgebildet.« Ein neugierfreundliches Bildungssystem kehrt diesen Gedanken um, sodass die Kinder neugierig bleiben – weit über das Alter hinaus, in dem Erwachsene ihnen sagen, sie sollen »aufhören, so viele Fragen zu stellen«.
Ein weiteres unkonventionelles Beispiel ist die School of Thought in San Francisco, wo traditionelle Klassen durch erfahrungsbasierte Lernprojekte ersetzt wurden. Die Schüler beschäftigen sich mit offenen Fragen wie »Was bedeutet es, ein gutes Leben zu führen?« oder »Wie können wir Städte besser gestalten?« – reale Probleme, die ihren Intellekt und ihre Vorstellungskraft herausfordern.
2. Arbeitsplätze: Jenseits des ArbeitsalltagsSeien wir ehrlich – viele von uns haben schon einmal in einem Job festgesteckt, bei dem zu viele Fragen zu stellen als »störend« (oder zumindest als Anlass für mehr Papierkram) angesehen wird. Doch in einer neugierfreundlichen Gesellschaft sind Arbeitsplätze Orte, an denen Fragen, die den Status quo infrage stellen, geschätzt werden.
Ein herausragendes Beispiel dafür ist Pixar. Das Animationsstudio produziert nicht nur herzerwärmende Filme über sprechende Spielzeuge; sie haben eine ganze Unternehmenskultur rund um Neugier und Kreativität aufgebaut. Bei Pixar gibt es eine kuriose Tradition namens »Brain Trust«-Meetings. Diese Treffen sind offene Foren, in denen jeder – vom Junior-Animator bis zum Topregisseur – die Arbeit anderer hinterfragen kann. Das Ziel ist es, Ideen, nicht Menschen, zu kritisieren und jedem die Möglichkeit zu geben, schwierige Fragen zu stellen und neue kreative Lösungen vorzuschlagen. Kein Wunder, dass Pixars Filme für ihre Originalität bekannt sind – dieses unermüdliche Hinterfragen hilft, Geschichten zu entwickeln, die sowohl innovativ als auch zutiefst menschlich sind. Ein weiteres Beispiel ist FAVI, ein französisches Metallverarbeitungsunternehmen, bei dem die Neugier das zentrale Prinzip ist. FAVI erlaubt es den Fabrikarbeitern, den gesamten Produktionsprozess zu ändern, wenn sie eine bessere Idee haben. Diese Arbeiter – die an einem Tag Autoteile montieren und am nächsten den gesamten Produktionsablauf neu überdenken – werden nicht nur für ihre Arbeitskraft geschätzt, sondern auch für ihre Fähigkeit, zu innovieren.
3. Regierungen: Neugier im öffentlichen Sektor? Auf jeden Fall.Regierungen haben oft keinen Ruf für Neugier. Die meisten Menschen verbinden öffentliche Politik eher mit langatmigen Reden und Entscheidungen, die Monate, wenn nicht Jahre dauern. Aber stellen Sie sich eine Welt vor, in der Regierungen die Bürger aktiv ermutigen, Fragen zu stellen, Kritik zu üben und Innovationen voranzutreiben. Futurologe Alvin Toffler sagte einmal: »Die Analphabeten des 21. Jahrhunderts werden nicht jene sein, die nicht lesen und schreiben können, sondern jene, die nicht lernen, verlernen und neu lernen können.« Regierungen, die Neugier fördern, ermutigen ihre Bürger aktiv dazu, veraltete Systeme »zu verlernen« und neue Denkweisen zu erforschen.
Ein faszinierendes Beispiel hierfür ist Estland, ein kleines Land, das in Sachen Innovation große Erfolge feiert. Mit seiner e‑Government-Initiative hat Estland Regierungsdienste in eine digitale Spielwiese verwandelt. Bürger können ein Unternehmen gründen, Steuern zahlen oder sogar online wählen – alles in wenigen Minuten. Estlands Regierung ist transparent und lädt die Bürger dazu ein, sich in Echtzeit mit Daten und Entscheidungen auseinanderzusetzen. Es ist eine Gesellschaft, in der Neugier nicht nur willkommen ist, sondern im System verankert. Ein weiteres überraschendes Beispiel kommt aus Taiwan, wo die Regierung aktiv »Hackathons« abhält, um Probleme der öffentlichen Politik zu lösen. Ja, richtig gelesen – Hackathons, wie man sie normalerweise bei Tech-Start-ups findet. Bürger und Beamte kommen zusammen, um Fragen zu stellen wie: »Wie können wir das Gesundheitssystem verbessern?« oder »Wie sieht die Zukunft des Verkehrs in unseren Städten aus?« Das Ergebnis? Kreative und kooperative Lösungen, die nicht nur funktionieren, sondern Spaß machen.
4. Medien: Verlangsamung im Namen der NeugierIn einer Welt, in der die meisten Medien in einem 24‑Stunden-Zyklus operieren und alles in 280 Zeichen passen muss, geht die Tiefe leicht verloren. Neugierfreundliche Gesellschaften brauchen Medien, die einen Gang zurückschalten, tief durchatmen und fragen: »Moment mal, aber warum?« Die kognitive Wissenschaftlerin Celeste Kidd fand heraus, dass Menschen viel aufmerksamer sind, wenn sie mit Medien konfrontiert werden, die Wissenslücken aufdecken oder Rätsel präsentieren. Einfach ausgedrückt: Wir hören zu, wenn unser Gehirn durch Neugier angespornt wird. Ein Beispiel für diesen Ansatz ist der »Slow Journalism«. Das britische Magazin Delayed Gratification betreibt einen charmanten Aufstand gegen den schnellen Nachrichtenzyklus. Sein Motto: »Zuletzt bei den Eilmeldungen.« Das Magazin greift globale Ereignisse Monate nach ihrem Auftreten wieder auf und bietet tiefgründige Recherchen an, die zeigen, wie sich die Nachrichten entwickelt haben. Dieser langsamere Ansatz ermöglicht es den Lesern, sich wirklich mit den Themen auseinanderzusetzen, was zu einer Kultur der reflektierten und neugierigen Auseinandersetzung führt.
5. Kulturelle Räume: Wo das Schräge das Wunderbare istEine neugierfreundliche Gesellschaft feiert nicht nur Antworten, sondern auch Ambiguität und Vielfalt im Denken. Kunstgalerien, Theater und öffentliche Foren werden zu Orten, an denen gesellschaftliche Normen hinterfragt und neu gedacht werden. Die Philosophin Hannah Arendt argumentierte, dass Neugier in Kombination mit kritischem Denken für die Gesundheit des öffentlichen Raums unerlässlich ist. Arendt glaubte, dass Gesellschaften aufblühen, wenn die Bürger ermutigt werden, sich durch Kunst, Literatur und öffentliche Debatten mit der Welt auseinanderzusetzen, was eine Kultur der Neugier schafft, die Disziplinen und Erfahrungen überschreitet.
Ein überraschendes Beispiel dafür ist Naoshima Island in Japan, ein eigenartiges Paradies für Künstler und Denker. Einst eine Industriebrache, wurde Naoshima in eine »Kunstinsel« verwandelt, auf der zeitgenössische Kunstinstallationen mit der Natur verschmelzen. Besucher werden dazu eingeladen, die Beziehung zwischen Umwelt, Gesellschaft und künstlerischem Ausdruck zu hinterfragen. Skulpturen, Gebäude und Ausstellungen sind nicht nur zum Anschauen da, sondern sollen Fragen aufwerfen wie: »Welche Rolle spielt die Kunst in der Gesellschaft?« und »Wie definieren wir Schönheit in einer Zeit der Zerstörung?«
Und dann gibt es noch Burning Man – ein einwöchiges Festival in der Wüste Nevadas, bei dem Neugier die absolute Herrschaft hat. Künstler, Ingenieure und Freigeister kommen zusammen, um großartige Installationen zu schaffen, die traditionelle Ansichten von Gemeinschaft, Kunst und Selbstausdruck infrage stellen. In dieser temporären Stadt werden die Regeln neu geschrieben, und Neugier ist die Währung des Landes. Ob es sich um einen riesigen Holzphönix handelt, der aus der Asche emporsteigt, oder ein Camp, das sich vollständig darauf konzentriert, zufälligen Besuchern Quantenmechanik beizubringen – Burning Man ist eine reale Manifestation dessen, was passiert, wenn Neugier und Kreativität frei laufen dürfen.
6. Nachhaltigkeit durch Neugier: Neu denken, wie wir lebenNeugier bezieht sich nicht nur auf abstrakte Ideen – sie ist entscheidend für das Überleben, insbesondere angesichts von Umweltproblemen. Eine neugierfreundliche Gesellschaft fragt ständig: »Wie können wir im Einklang mit dem Planeten leben?« Costa Rica ist ein Paradebeispiel dafür, wie diese Denkweise in der Praxis funktioniert. Trotz seiner geringen Größe ist Costa Rica führend in der Umwelt-Nachhaltigkeit. Mit 99 Prozent seiner Energie aus erneuerbaren Quellen stammen die politischen Maßnahmen des Landes aus einer nationalen Neugier, wie man besser mit der Natur leben kann. Costa Rica hat sich nicht mit den traditionellen Energiemodellen abgefunden, sondern gefragt: »Was wäre, wenn wir ein Land mit reiner grüner Energie betreiben könnten?« Das Ergebnis ist ein Land, das weltweit führend in umweltfreundlichen Praktiken ist.