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Lesen ist Zaubern
Amelie und ihre Freunde sind aufgeregt: In der Schule findet eine Lesenacht statt! Die Turnhalle ist wunderschön dekoriert, aber viel wichtiger ist natürlich, wer neben wem liegt, wer den lustigsten Schlafanzug anhat und warum Frau Rödelmeiers Kuschelbär Mozart heißt. Als die Kinder endlich zu lesen beginnen, verwandelt sich der Abend in etwas Magisches. Oder sind alle einfach nur von der Geschichte verzaubert, die von einer Lesenacht handelt, in der merkwürdige und unheimliche Dinge vor sich gehen? Doch dann kommen seltsame Geräusche vom Dachboden, und die ganze Klasse begibt sich auf eine abenteuerliche Safari durchs ganze Schulhaus ...
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Seitenzahl: 56
Thomas Montasser
Die magische Lesenacht
Mit Bildern von Sandy Thißen
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1. Auflage 2019
© 2019 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Alle Rechte vorbehalten
Umschlaggestaltung und -illustration: Sandy Thißen
Innenillustrationen: Sandy Thißen
TP · Herstellung: UK
ISBN 978-3-641-23366-2V001
www.cbj-verlag.de
Ein ganz, besonderer Tag
Leseratte im Anflug
Keine Angst vor Meister Müller
Am Schultor
Der große Augenblick
Ein verzauberter Saal
Glück mit Geschmack
Wer liest was?
Kleine Pause
Tohuwabohu
Die coole Clara
Seltsame Dinge
Nachts im Schulhaus
Wo ist Meister Müller?
Die Macht der Zauberei
Wer Angst hat
Sieben Schreckgespenster für Cerberus
Majas schlechtes Gewissen
Abschied von Tollington Castle
Auf Wiedersehen!
Das Mädchen im Spiegel sah anders aus. Aber eigentlich gefiel sich Amelie, als sie sich mit ihrer neuen Brille betrachtete. Man guckte gleich ein bisschen schlauer drein, wenn man eine Brille trug! Amelie hoffte nur, dass die anderen das auch so sahen. Sie seufzte und blickte auf die Uhr. Schon halb sieben! Eigentlich mussten sie längst los. »Papa?«
»Ja, Amelie?«
»Wir müssen los!«
»Wieso? Wohin?«
»Zur Lesenacht!«
»O Gott. Stimmt ja!« Papas Kopf tauchte in der Tür des Kinderzimmers auf. »Warum hast du mich nicht daran erinnert?«
»Hab ich doch. Gerade eben.« Papa hatte mal wieder alles Mögliche im Kopf – nur nicht die Schule. Aber er war eben ein kleiner Schussel. Sagte jedenfalls Mama immer. An diesem Abend war sie aber leider nicht da, um alles unter Kontrolle zu haben, weil sie selber mal wieder zu einem Konzert gegangen war. »Können wir?«
»Können wir was?«, fragte Papa, der den Kopf schon wieder in seine Fachzeitschrift gesteckt hatte.
»Fahren.«
»Ach so. Jaja. Fahren. Klar. Machen wir.« Er guckte ein bisschen doof und fragte: »Und wohin?«
»Zur Schule, Papa. Eine Lesenacht findet nun mal in der Schule statt.«
»Klar«, sagte er. »In der Schule. Das leuchtet ein.« Er setzte seinen Schal auf und wollte sich schon die Mütze umbinden, dann räusperte er sich, steckte den Schal ein, setzte die Mütze auf und schlüpfte in die Schuhe. Im nächsten Augenblick stand er vor der Tür. »Wollen wir?«
»Sicher«, sagte Amelie. »Hast du nicht was vergessen?«
»Der Schlüssel!«, rief Papa. »Gut, dass mir der noch eingefallen ist.« Er griff nach seinem Schlüsselbund und nahm Amelie die Tasche ab. »Hast du alles dabei?«
»Hab ich«, erwiderte Amelie und reichte ihm seine Jacke, die sie noch rasch von der Garderobe genommen hatte. Es war nämlich so, dass ihr Vater ein angesehener Wissenschaftler war. In seinem Kopf waren so viele Gedanken gleichzeitig unterwegs, dass er oft die einfachsten Dinge vergaß. Zum Beispiel, wo er das Auto abgestellt hatte. »Wo hab ich nur geparkt!«, rief er verzweifelt.
»In der Garage vielleicht?«, schlug Amelie vor.
»In der Garage!«, rief Papa. »Klar! Gute Idee!« Anerkennend blickte er seine Tochter an, als hätte sie gerade eine bahnbrechende Entdeckung gemacht. Und sie holten den Wagen aus der Garage und fuhren zur Schule.
Ein bisschen aufgeregt war Tina Rödelmeier schon. Immerhin war es ihre erste Lesenacht. Überhaupt war sie erst seit Kurzem Lehrerin an der Schule und immer noch war alles irgendwie neu für sie.
Leider hatte sie letzte Nacht nicht besonders gut geschlafen. Ausgerechnet heute, dachte sie. Ausgerechnet heute war sie müde. Lesenächte waren schließlich zum Lesen da und nicht zum Schlafen. Da konnte sie ihren Schülern nicht gut etwas vorschnarchen.
Vorsichtshalber hatte sie eine große Tasse Kaffee getrunken. Und noch eine. Und zur Sicherheit noch zwei. Und sie hatte sich am Nachmittag aufs Sofa gelegt. Allerdings hatte sie kein Auge zugetan, was vermutlich am Kaffee lag.
Zum Glück war Frau Rödelmeier beides: eine Langschläferin und eine Leseratte. Mit dem richtigen Buch konnte sie gut wach bleiben. Und sie hatte ein spannendes Buch entdeckt, das sie für die ganze Klasse bestellt hatte: Die magische Lesenacht. Sie konnte es selbst kaum erwarten, darin zu lesen. Aber sie wollte, dass es auch für sie eine Überraschung würde. Also legte sie ihr Exemplar in die Tasche, in die sie noch ihren Schlafanzug (sie hatte sich extra einen neuen gekauft), ihre Bürste, Zahnbürste und Zahnpasta, eine Taschenlampe, ein Fläschchen Baldrian zur Beruhigung und Mozart gepackt hatte.
Mozart war ihr Kuschelbär. Er war sehr klein und trug eine rote Schleife um den Hals. Sie hatte ihn schon, seit sie fünf oder sechs gewesen war. Früher hatte das Schmusetier auch mal Musik gemacht, daher der Name. Aber das war schon lange her. Irgendwann mal war die Musik in der Waschmaschine geblieben.
Zum Schluss nahm Frau Rödelmeier noch ihren Schlafsack, ein ziemlich hässliches, graues Ungetüm, und wollte sich schon auf den Weg in die Schule machen. Gerade rechtzeitig fiel ihr ein, dass sie noch etwas Wichtiges vergessen hatte. Rasch lief sie noch einmal zu ihrem Schreibtisch und nahm das Päckchen mit, das dort stand und das sie gestern Abend noch hübsch in Geschenkpapier eingeschlagen hatte. Jetzt aber los, dachte sie. Denn bald würde die vierzehnte Stunde anfangen, jedenfalls so ungefähr. Neunzehn Uhr. Treffen der ganzen Klasse am Schultor!
Eine Lesenacht, in der alle Klassen bis zum nächsten Morgen im Schulhaus bleiben, ist eine große Sache. Da gibt es viel zu organisieren. Jemand muss darauf achten, dass die richtigen Zimmer aufgesperrt sind und andere verschlossen bleiben. Jemand muss dafür sorgen, dass die Lichter alle brennen und die Toiletten funktionieren. Jemand muss die aufgeregten Lehrerinnen und Lehrer beruhigen. Jemand muss die Durchsagen machen (so was wie: »Wer hat seine müffelnden Schuhe vor meine Tür gestellt?« oder »Vor der 3a klebt ein Leberwurstbrot auf dem Boden. Es hat nach seinem Besitzer geschrien«). Und jemand muss notfalls auch mal auf ein weinendes Kind aufpassen, bis es abgeholt wird. Oder eine weinende Lehrerin. In Frau Rödelmeiers Schule war das der geliebte und gefürchtete Hausmeister, Herr Müller, den alle nur Meister Müller nannten.