Die Nackten und die Toten - Norman Mailer - E-Book
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Die Nackten und die Toten E-Book

Norman Mailer

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Beschreibung

Mit seinem Debütroman "Die Nackten und die Toten" wurde der 25-jährige Norman Mailer über Nacht weltberühmt. 1944 meldete er sich freiwillig als Soldat und kämpfte auf amerikanischer Seite im Pazifik. Als Augenzeuge beschreibt er im Stile einer Reportage den Alltag an der Front mit all seinen Schrecken. Vielmehr aber beschäftigt sich Mailer mit den Beschreibungen seiner Kameraden, mit ihren Gefühlen, ihrer Angst und ihrem Leidensdruck. Dadurch werden sie aus ihrer Anonymität sichtbar und lebendig gemacht. Neben der persönlichen Geschichte steht immer die Frage im Vordergrund: Was geht in einem Menschen vor, der auf Befehl sogar in den Tod geht?

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Seitenzahl: 1366

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Copyright und Abdruckerlaubnis der nachfolgenden Liedtexte:

Betty Co-ed von Paul Fogarty und Rudy Vallee. Copyright 1930 by Carl Fischer, Inc., New York

Brother, Can you Spare a Dime? Text von E.Y. Harburg, Musik von Jay Gorney. Copyright 1932 by Harms, Inc. Abgedruckt mit Erlaubnis der Music Publishers Holding Corporation

Faded Summer Love, Text und Musik von Phil Baxter. Copyright 1931 by Leo Feist, Inc.

I Love a Parade, Text von Ted Koehler, Musik von Harold Arlen. Copyright 1931 by Harms, Inc. Abgedruckt mit Erlaubnis der Music Publishers Holding Corporation

Show Me the Way to Go Home, Text und Musik von Irving King. Copyright 1925 by Harms, Inc. Abgedruckt mit Erlaubnis der Music Publishers Holding Corporation

These Foolish Things remind Me of You von Jack Strachey, Hold marvel und Harry Link. Copyright 1935 by Bourne, Inc.

Alle Figuren und Ereignisse in diesem Roman sind frei erfunden; jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen ist rein zufällig.

Die 1. Auflage von »Die Nackten und die Toten« (deutsche Übersetzung von Walter Kahnert) erschien 1950 im Herbig Verlag.

Alle Rechte vorbehalten.

© für die Originalausgabe und das eBook: 2018 LangenMüller in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, Stuttgart

THE NAKED AND THE DEAD

Copyright  1948, Norman Mailer

Copyright renewed 1976, Norman Mailer

All rights reserved

Übersetzung: Peter Torberg, Jürgen Bürger

Lektorat: Tanja Großmann, Frankfurt a. M.

Umschlaggestaltung: STUDIO LZ, Stuttgart

Umschlagillustration: Inès Longevial 

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-7844-3451-3

www.langen-mueller-verlag.de

Ich möchte mich bei William Raney, Theodore S. Amussen und Charles Devlin für die Hilfe und Ermutigung bedanken, die sie mir während des Schreibens dieses Romans zukommen ließen.

Meiner Mutter und Bea gewidmet

INHALT

Teil Eins

Welle

TEIL ZWEI

Ton und Form

TEIL DREI

Pflanze und Gespenst

TEIL VIER

Sog

Teil Eins

Welle

1

Keiner konnte schlafen. Bei Tagesanbruch sollten Landungsboote zu Wasser gelassen und eine erste Welle von Soldaten durch die Brandung gefahren werden, um am Strand von Anopopei an Land zu gehen. Überall auf dem Schiff, im ganzen Geleitzug wusste man, dass in nur wenigen Stunden einige von ihnen tot sein würden.

Ein Soldat liegt in seiner Koje, schließt die Augen und ist hellwach. Um sich herum hört er das Raunen unruhig dösender Männer wie rauschende Gischt. »Ich mach das nicht, ich mach das nicht«, ruft jemand im Traum, der Soldat schlägt die Augen auf, sieht sich langsam im Schiffsraum um, und sein Blick verliert sich im verschachtelten Gewirr aus Hängematten, nackten Leibern und herabhängender Ausrüstung. Er beschließt, aufs Klo zu gehen, und windet sich leise fluchend in eine sitzende Position, lässt die Beine über den Rand der Koje baumeln, während sich das Stahlrohr der Hängematte über ihm quer in seinen gekrümmten Rücken drückt. Er seufzt, greift nach seinen Schuhen, die er an eine Deckstütze gebunden hat, und zieht sie langsam an. Seine Koje ist die vierte von fünf Kojen, er steigt unsicher im Halbdunkel hinunter und achtet darauf, nicht auf einen der Männer in den Hängematten unter sich zu treten. Auf dem Boden bahnt er sich seinen Weg durch das Chaos aus Beuteln und Bündeln, stolpert über ein Gewehr und schafft es zur Schottentür. Er durchquert einen weiteren Laderaum, dessen Gang genauso vollgestopft ist, und erreicht schließlich die Toilette.

Drinnen steht dichter Dampf. Selbst jetzt benutzt einer die einzige Süßwasserdusche, die ununterbrochen in Beschlag ist, seit die Truppe an Bord ist. Der Soldat geht an den Kameraden vorbei, die in den ungenutzten Salzwasserduschkabinen Würfel spielen, und hockt sich auf die feuchten Bretter der Latrine. Er hat seine Zigaretten vergessen und schnorrt sich eine von einem Mann, der ein paar Fuß entfernt sitzt. Während er raucht, starrt er auf den mit Kippen bedeckten, nassen Boden und lauscht auf das Wasser, das durch die Latrine schwappt. Es gab eigentlich keine Notwendigkeit, herzukommen, doch er bleibt über dem Behälter sitzen, weil es hier kühler und der Gestank von Latrine, Salzwasser, Chlor, der klamme, fade Geruch von nassem Metall weniger drückend ist als der schwere Schweißgestank in den Mannschaftsräumen. Der Soldat verharrt lange auf diesem Platz, steht dann langsam auf, zieht seine grüne Uniformhose hoch und denkt an den mühsamen Rückweg zu seiner Koje. Er weiß, dass er dort liegen und auf den Tagesanbruch warten wird, und er sagt sich, wenn es doch nur schon so weit wäre, mir doch scheißegal, wenn es nur endlich so weit wäre. Und er denkt beim Gang zurück an einen frühen Morgen in seiner Kindheit, als er wach gelegen hatte, weil es sein Geburtstag gewesen war und seine Mutter ihm eine Party versprochen hatte.

Am frühen Abend hatten Wilson, Gallagher und Staff Sergeant Croft mit zwei Ordonnanzen aus der Führungstruppe eine Partie Seven Card Stud begonnen. Sie hatten sich den einzigen freien Platz des Frachtdecks gesichert, an dem man die Pokerkarten nach Löschen des Lichts noch sehen konnte. Und selbst da mussten sie die Augen zusammenkneifen, denn die einzige noch brennende Glühbirne war eine blaue Lampe in der Nähe des Aufgangs, und es war schwierig, die roten Spielkartenfarben von den schwarzen zu unterscheiden. Sie spielten schon seit Stunden und befanden sich inzwischen in einer Art Benommenheit. War das Blatt unbedeutend, verliefen die Wettrunden automatisch, beinahe unbewusst.

Für Wilson standen die Chancen von Anfang an ganz gut, aber nach einer Serie, in der er dreimal hintereinander den Pot geholt hatte, lief es einfach nur phänomenal. Er fühlte sich ausgezeichnet. Ein Haufen australischer Pfund-Noten lag nachlässig und wie zum Ausdruck der Verschwendung unter seinen übereinandergeschlagenen Beinen, und auch wenn er meinte, es bringe Pech, das Geld zu zählen, wusste er doch auch, dass er annähernd einhundert Pfund gewonnen haben musste. Das hinterließ ein mächtiges, gieriges Gefühl in seinem Hals, eine Erregung, die ihn bei jeder Art von Überfluss überkam. »Ich sage dir«, verkündete er Croft mit seinem sanften Südstaatenakzent, »so viel Kohle wird noch mein Ruin sein. Aus diesen verfluchten Pfund werd ich niemals schlau. Die Aussies rechnen irgendwie alles rückwärts.«

Croft erwiderte nichts darauf. Er lag ein wenig im Rückstand, hatte aber, und das war ärgerlicher, den ganzen Abend immer wieder nur ein schwaches Blatt bekommen.

Gallagher knurrte verächtlich. »Scheiße auch! Bei deinem Glück spielt die Kohle selbst doch keine Rolle. Du brauchst doch nur ne Hand, mit der du alles zusammenraffen kannst.«

Wilson gluckste. »Genau, mein Junge, aber das muss schon ne verdammt große Hand sein.« Er lachte wieder voll zwangloser, fast kindlicher Freude und teilte die Karten aus. Er war ein großer, kräftiger Mann von ungefähr dreißig Jahren, mit einer stattlichen Mähne goldbrauner Haare und einem gesunden, klar geschnittenen rötlichen Gesicht. Unpassenderweise trug er eine runde Nickelbrille, die ihn auf den ersten Blick gelehrt oder doch zumindest penibel wirken ließ. Beim Austeilen schienen seine Finger die Berührung mit den Karten zu genießen. Er gab sich Tagträumereien von Alkohol hin und war recht niedergeschlagen, dass er sich trotz all des Geldes, das er jetzt besaß, nicht einmal eine Flasche Schnaps kaufen konnte. »Wisst ihr«, meinte er freundlich lachend, »obwohl ich schon gottverdammt viel gesoffen hab, kann ich mich einfach nicht dran erinnern, wie’s schmeckt – erst, wenn ich die Flasche genau vor mir hab.« Er grübelte kurz, behielt eine noch nicht ausgeteilte Karte in der Hand und lachte dann leise in sich hinein. »Das is genau wie beim Sex. Wenn’s bei einem Mann so richtig gut läuft, genau so, wie’s ihm gefällt, weiß er schon nich mehr, wie’s ohne is. Und wenn er keine hat, ist nichts härter, als sich zu erinnern, wie sich eine Muschi anfühlt. Ich hatte da mal ein Mädel am Stadtrand, die Frau von einem Freund von mir, die hatte es total drauf. Bei all den Mädchen, die ich je hatte, diese Kleine werd ich nie vergessen.« Er schüttelte im Gedenken den Kopf, wischte sich mit dem Handrücken über die hohe Stirn, hob die Hand über seine goldene Schmalztolle und lachte vergnügt. »Mann«, sagte er leise, »das war, als hättest du ihn in einen Honigtopf gesteckt.« Er teilte zwei Karten verdeckt an jeden Mann aus, dann jeweils eine offen.

Ausnahmsweise hatte Wilson ein schwaches Blatt, und nachdem er eine Runde mitgegangen war, weil er bislang immer gewonnen hatte, stieg er aus. Wenn der Feldzug vorbei war, sagte er sich, würde er sich irgendwas einfallen lassen, um selbst Alkohol herzustellen. Da gab es einen Sergeant im Kasino drüben bei der Charley-Company, der locker zweitausend Pfund gemacht haben musste, so wie der den Liter für fünf Pfund vertickte. Man brauchte nichts weiter als Zucker und Hefe und noch ein paar Dosen Pfirsiche oder Aprikosen. Bei dem Gedanken daran spürte er schon ein warmes, liebliches Glühen in der Brust. He, man konnte es auch schon mit weniger hinkriegen. Cousin Ed, erinnerte er sich, hatte Melasse und Rosinen genommen, und sein Sprit war durchaus ordentlich gewesen.

Einen Moment jedoch war Wilson entmutigt. Wenn er selbst was herstellen wollte, dann würde er sich die ganzen Zutaten nachts aus dem Messezelt klauen und eine Stelle finden müssen, wo er das Zeug ein paar Tage verstecken konnte. Und dann würde er noch ein nettes kleines Eckchen brauchen, wo er die Maische stehen lassen konnte. Es durfte nicht zu nahe beim Feldlager sein, sonst würde noch irgendwer darüber stolpern, und doch sollte es auch nicht zu weit weg sein, falls man mal auf die Schnelle was abzapfen wollte.

Es würde ganz einfach eine Menge Probleme mit sich bringen, es sei denn, er wartete, bis der Feldzug vorbei war und sie wieder in einem festen Lager waren. Aber das würde zu lange dauern. Es könnten durchaus drei oder vier Monate werden. Wilson wurde unruhig. Ein Mann musste einfach viel zu viel bedenken, wenn er in der Army was für sich rausschlagen wollte.

Gallagher war bei dieser Partie ebenfalls schon früh ausgestiegen und starrte Wilson nun missgünstig an. Man musste schon so ein blöder weißer Penner sein, um sich jeden Pot zu sichern, der einigermaßen fett war. Gallagher plagten Gewissensbisse. Er hatte mindestens dreißig Pfund verloren, fast einhundert Dollar, und obwohl er das meiste davon vorher auf dieser Fahrt gewonnen hatte, konnte das jetzt nicht als Ausrede herhalten. Er dachte an Mary, seine Frau, gerade im siebten Monat schwanger, und versuchte sich zu erinnern, wie sie aussah. Doch das Einzige, was er spürte, war sein schlechtes Gewissen. Welches Recht hatte er, Geld zu verprassen, das er ihr doch eigentlich hätte schicken müssen? Eine tiefe und wohlvertraute Verbitterung überkam ihn; früher oder später lief es für ihn immer lausig. Er presste die Lippen zusammen. Egal, was er versuchte, egal, wie sehr er sich anstrengte, am Ende schien er doch immer den Kürzeren zu ziehen. Die Verbitterung wurde heftiger und übermannte ihn für einen Augenblick. Da war etwas, das er wollte, etwas, das er spüren konnte, und es quälte ihn immer und verschwand dann wieder. Er sah Levy an, einen der Ordonnanzen, der jetzt die Karten mischte, und Gallagher schnürte es den Hals zu. Dieser Jude hatte verflucht viel Glück gehabt, und mit einem Mal schlug seine Verbitterung in Wut um, blieb ihm im Hals stecken und machte sich in einem Schwall dumpf pulsierender Obszönitäten Luft. »Alles klar, alles klar«, sagte er, »wie wär’s, wenn du endlich mal zu Potte kommst? Hör auf, die Scheißdinger zu mischen, und fang endlich an zu spielen.« Er sagte das mit dem hässlichen, harten Akzent der Bostoner Iren, und Levy sah zu ihm auf und äffte ihn nach. »Alles klar, ich komm dann mal zu Potte und fang endlich an zu spielen.«

»Hahaha, verflucht saukomisch«, brummte Gallagher fast zu sich selbst. Er war klein, hatte einen kompakten, drahtigen Körper, der knorrig und verbittert wirkte. Entsprechend war sein Gesicht dünn und hässlich, überzogen von den tiefen Narben einer üblen Akne, die seine Haut uneben und fleckig rot gemacht hatte. Vielleicht war es seine Gesichtsfarbe, vielleicht war es auch die Form seiner langen, schiefen irischen Nase, jedenfalls sah er immer verärgert aus. Dabei war er erst vierundzwanzig.

Die Herz Sieben lag offen sichtbar da. Er warf einen vorsichtigen Blick auf seine beiden verdeckten Karten, stellte fest, dass es ebenfalls zwei Herzen waren, und erlaubte sich ein kleines bisschen Hoffnung. Er hatte den ganzen Abend noch keinen Flush gehabt, und er sagte sich, jetzt wäre er mal an der Reihe. Nicht mal die kriegen mich diesmal dran, dachte er.

Wilson wettete ein Pfund, und Gallagher erhöhte. »Alles klar, sorgen wir mal dafür, dass der Pot sich auch lohnt«, knurrte er. Croft und Levy gingen mit, und als der andere Mann ausstieg, fühlte Gallagher sich betrogen. »Was ist denn jetzt los?«, fragte er. »Kriegst du Schiss, oder was? Morgen wird dir doch eh deine Scheißrübe weggeballert.« Seine Bemerkung ging unter, als das Geld auf der gefalteten Decke landete, auf der sie spielten, erfüllte ihn aber mit einer kalten, zitternden Besorgnis, so, als hätte er Gotteslästerung begangen. »Heilige Maria, Mutter …«, wiederholte er immer wieder lautlos. Er sah sich auf dem Strand liegen, mit einem blutverschmierten Klumpen, wo eigentlich sein Kopf hätte sein sollen.

Er bekam die nächste Karte, ein Pik. Ob sie seine Leiche wohl nach Hause schicken würden, fragte er sich, und ob Mary sein Grab besuchen würde? Das Selbstmitleid war köstlich. Einen kurzen Moment sehnte er sich nach dem Mitgefühl in den Augen seiner Frau. Sie verstand ihn, sagte er sich, doch während er versuchte, an sie zu denken, sah er stattdessen ein Bild von »… Maria, Mutter …«, das ihm von irgendwelchen Postkarten-Reproduktionen religiöser Gemälde in Erinnerung geblieben war, die er in der Konfessionsschule gekauft hatte. Wie sah Mary, seine Maria, aus? Er strengte sich an, sich zu erinnern und vor seinem geistigen Auge ein exaktes Abbild ihres Gesichts zu erschaffen. Aber es gelang ihm nicht; es entzog sich ihm wie die Melodie eines halb vergessenen Liedes, die immer wieder von anderen, vertrauteren Melodien verdrängt wurde.

Die nächste Karte war ein Herz. Damit hatte er vier Herzen, und es blieben noch zwei Chancen, das fünfte zu ziehen. Seine Unruhe klang ab und verwandelte sich in ein vitales Interesse am Spiel. Er sah sich um. Levy legte seine Karten verdeckt ab und passte, noch bevor die Wettrunde begann, und Croft zeigte ein Zehner-Pärchen.

Croft wettete zwei Pfund, und Gallagher ging davon aus, dass er die dritte Zehn hatte. Falls Crofts Hand nicht besser wurde, und Gallagher war vom Gegenteil überzeugt, würde Croft seinem Flush Tür und Tor öffnen.

Wilson gluckste leise und tastete fahrig nach seinem Geld. Als er die Scheine auf die Decke fallen ließ, sagte er: »Das wird jetzt mal ein mächtig fetter Pot.« Gallagher befingerte seine wenigen noch verbliebenen Scheine und sagte sich, dies sei die letzte Gelegenheit, wieder aufzuholen. »Ich erhöhe um zwei«, brummte er und verspürte sofort so etwas wie Panik. Wilson zeigte drei Pik. Warum hatte er das nicht vorher mitbekommen? Typisch!

Doch keiner erhöhte in der nächsten Runde, und Gallagher entspannte sich. Noch hatte Wilson den Flush nicht. Sie lagen auf jeden Fall gleichauf, und Wilson hatte vielleicht kein weiteres Pik im Ärmel; durchaus möglich, dass er auf etwas anderes aus war. Gallagher hoffte, dass die zwei in der nächsten Runde nicht auf seinen Einsatz warten würden. Er würde erhöhen, bis sein Geld alle war.

Croft, Staff Sergeant Croft, empfand eine andere Art Kitzel, nachdem die nächsten Karten aufgedeckt waren. Bis zu diesem Punkt hatte er sich missmutig treiben lassen, doch nun bekam er eine Sieben, womit er zwei Paare hatte. In diesem Moment überkam ihn die völlig unerwartete und mächtige Überzeugung, dass er den Pot holen würde. Irgendwie wusste er einfach, dass er noch eine Sieben oder eine Zehn für ein Full House ziehen würde. Croft zweifelte nicht daran. Eine so intensive Überzeugung wie jetzt musste ja etwas bedeuten. Normalerweise spielte er Poker mit einer glasklaren Beurteilung der Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Karte nicht zu ziehen, und konnte die Männer genau einschätzen, gegen die er spielte. Aber es war diese Portion Zufall, die es beim Poker gab, durch die das Spiel für ihn eine Bedeutung bekam. Er packte alles mit so viel Können und Vorbereitung an, wie ihm nur möglich war, aber er wusste, dass es am Ende immer auch auf sein Glück ankommen würde. Und das begrüßte er. Er war zutiefst und unausgesprochen davon überzeugt, dass, was auch immer dafür verantwortlich war, was passierte, auf seiner Seite war, und jetzt, nach einem langen Abend durchschnittlicher Karten, hatte er ein womöglich starkes Blatt.

Gallagher hatte ein weiteres Herz gezogen, und Croft tippte bei ihm auf einen Flush. Wilsons drei Pik brachte das Karo nichts, das er gekriegt hatte, allerdings vermutete Croft, dass er seinen Flush bereits beisammen hatte und es nun ruhig angehen ließ. Es hatte Croft schon immer beeindruckt, wie gerissen Wilson spielte, was in krassem Gegensatz zu seiner freundlichen, gelassenen Ausstrahlung stand.

»Setze zwei Pfund«, sagte Croft.

Wilson warf zwei in den Pot, und Gallagher kam ihm zuvor. »Erhöhe um zwei.« Damit war klar, dass Gallagher seinen Flush hatte, entschied Croft.

Er legte vier Pfund ruhig auf die Decke. »Und ich erhöhe um weitere zwei.« Er verspürte eine lustvolle Anspannung in seinem Mund.

Wilson gluckste vergnügt. »Scheiße, das wird ein großer Pot«, sagte er. »Ich sollte jetzt besser aussteigen, aber ich kann’s einfach nicht lassen, noch auf die letzte Karte zu linsen.«

Und jetzt war Croft überzeugt, dass auch Wilson einen Flush hatte. Er sah deutlich, dass Gallagher unsicher war – eine von Wilsons Piks war ein Ass. »Ich erhöhe um zwei«, sagte Gallagher leicht verzweifelt. Wenn er das Full House schon hätte, sagte sich Croft, würde er Gallagher die ganze Nacht weiter in die Höhe treiben, aber jetzt wäre es besser, noch etwas Geld für die letzte Runde aufzuheben.

Er legte zwei weitere Pfund auf den Haufen auf der Decke, und Wilson machte es genauso. Levy teilte nun die letzte Karte verdeckt aus. Croft, der seine Erregung in Schach hielt, ließ seinen Blick über den halbdunklen Laderaum wandern und starrte das Netz der Kojen an, das sich um sie herum erhob, Reihe um Reihe. Er sah einen Soldaten, der sich im Schlaf umdrehte. Dann nahm er seine letzte Karte. Es war eine Fünf. Er mischte langsam seine Karten, war fassungslos und konnte überhaupt nicht glauben, dass er so falschgelegen hatte. Empört warf er sein Blatt ohne einen Blick auf Wilson hin. Er wurde langsam wütend. Ruhig verfolgte er die anderen beim Wetten, sah, wie Gallagher seinen letzten Schein in den Pot legte.

»Ich mach hier jetzt ’n schrecklichen Fehler, aber ich will mal sehen«, sagte Wilson. »Was hast du, Junge?«

Gallagher wurde aggressiv, als wüsste er, dass er besiegt war. »Scheiße, Mann, was glaubst ’n, was ich hab? – Es ist ein Herz-Flush, Mann.«

Wilson seufzte. »Ich mach’s ja wirklich echt ungern, Junge, aber ich schlag dich doch mit meinen Pik.« Er zeigte auf sein Ass.

Mehrere Sekunden lang blieb Gallagher still, aber die dunklen Knötchen auf seinem Gesicht nahmen eine tiefrote Farbe an. Dann schien er urplötzlich zu explodieren. »Was für ein gottverdammtes Scheißpech, dieses Arschloch sackt alles ein!« Er saß da und zitterte.

Ein Soldat in einer Koje in der Nähe des Luks stützte sich gereizt auf einen Ellbogen und brüllte: »Scheiße, Alter, wie wär’s, wenn ihr einfach mal die Schnauze haltet und uns ne Mütze Schlaf lasst!«

»Fick dich!«, brüllte Gallagher zurück.

»Wisst ihr nicht, wann Schluss ist?«

Croft erhob sich. Er war ein schlanker Mann gerade mal mittlerer Größe, aber er hatte eine so aufrechte Haltung, dass er groß wirkte. Sein schmales, nahezu dreieckiges Gesicht war im blauen Schein des Lichts völlig ausdruckslos, und sein kantiges, schmales Kinn, die ausgemergelten straffen Wangen und die kurze gerade Nase wirkten kompromisslos. Sein feines schwarzes Haar schimmerte stellenweise indigoblau, was noch durch das Licht betont wurde, und seine eiskalten Augen waren sehr blau. »Pass auf, Soldat«, sagte er mit kalter, ruhiger Stimme, »hör einfach mit deinem Dummgelaber auf. Wir spielen unser Spiel, wie wir Bock haben, und wenn dir das nicht gefällt, kannst du wohl kaum was dran drehen, es sei denn, du willst dich mit uns vieren anlegen.«

Aus der Koje kam daraufhin eine genuschelte, undeutliche Antwort, und Croft fixierte ihn weiter. »Wenn du echt scharf drauf bist, dann leg dich mit mir an«, setzte Croft nach. Er sprach leise und klar und deutlich mit nur dem Hauch eines Südstaatenakzents. Wilson beobachtete ihn aufmerksam.

Diesmal gab der Soldat, der sich beschwert hatte, gar keine Antwort mehr, und Croft lächelte dünn und setzte sich wieder. »Du suchst Streit, Junge«, sagte Wilson zu ihm.

»Mir hat der Ton von dem Burschen nicht gefallen«, erwiderte Croft kurz.

Wilson zuckte die Achseln. »Also, machen wir weiter«, schlug er vor.

»Ich bin raus«, sagte Gallagher.

Wilson fühlte sich schlecht. Es machte einfach keinen Spaß, fand er, einem Mann sein gesamtes Geld abzunehmen. Die meiste Zeit war Gallagher ein netter Kerl, und es war noch mal so gemein, einen Kumpel abzuziehen, mit dem man sich drei Monate ein Zweimannzelt geteilt hatte.

»Hör mal, Junge«, bot er an, »man muss ein Spiel nicht unbedingt hinschmeißen, nur weil man pleitegeht. Ich leih dir was von der Kohle da.«

»Nee, ich bin draußen«, wiederholte Gallagher wütend.

Wilson zuckte wieder die Achseln. Er konnte Männer wie Croft und Gallagher nicht verstehen, die das Pokern so gottverdammt ernst nahmen. Er mochte das Spiel, und ihnen blieben nicht viele Möglichkeiten, die Zeit bis zum Morgen totzuschlagen, aber so wichtig war es auch wieder nicht. Ein Haufen Kohle ausgebreitet vor dir bescherte ihm schon ein gutes Gefühl, aber noch lieber würde er saufen. Oder eine Frau nehmen. Er kicherte traurig. Eine Frau lag in weiter Ferne.

Nach einer ganzen Weile bekam es Red satt, in seiner Koje rumzuliegen, und er schlich sich am Wachposten vorbei nach oben. Nach so langer Zeit im Laderaum wirkte die Luft an Deck richtig kühl. Red atmete sie tief ein und bewegte sich vorsichtig in der Dunkelheit, bis die Umrisse des Schiffs vor seinen Augen deutlicher wurden. Der Mond stand am Himmel und tauchte die Deckaufbauten und Gerätschaften in einen leichten silbernen Schimmer. Er sah sich um, bemerkte das gedämpfte Plätschern der Schiffsschrauben, das träge, verhaltene Schlingern des Schiffs, das er unten in seiner Koje als Vibration gespürt hatte. Das Deck war nahezu menschenleer, und sofort fühlte er sich besser. Ein Matrose stand zwar Wache an der nächsten Kanone, aber verglichen mit dem Laderaum war das hier die pure Einsamkeit.

Red trat an die Reling und schaute aufs Meer hinaus. Das Schiff bewegte sich kaum, und der gesamte Geleitzug schien zu verharren, sich langsam durch das Wasser zu schieben wie ein Jagdhund, der kurz davor war, seine Fährte zu verlieren. Weit in der Ferne stiegen am Horizont die Konturen einer Insel steil an, bildeten einen Berg und fielen dann, einen niedrigeren Hügel nach dem anderen, wieder ab. Das war Anopopei, entschied er und zuckte die Achseln. Was machte das für einen Unterschied? Alle Inseln sahen gleich aus.

Ausdruckslos und ohne jede Erwartung dachte er an die bevorstehende Woche. Wenn sie morgen an Land gingen, würden sie nasse Füße bekommen, und ihre Schuhe würden sich mit Sand füllen. Ein Landungsboot nach dem anderen würde entladen werden müssen, Kiste um Kiste ein paar Meter den Strand hinaufgeschleppt und auf einen Haufen geworfen. Mit etwas Glück würde es keine japanische Artillerie geben, und nicht zu viele Scharfschützen würden übrig sein. Ihn überkam eine müde Furcht. Es käme dieser Feldzug und dann noch einer und noch einer, und es würde nie ein Ende nehmen. Er massierte sich den Nacken, blickte verdrießlich aufs Wasser, wobei sein langer, schmaler Körper an allen Gelenken durchzuhängen schien. Es war ungefähr ein Uhr. In drei Stunden würde der Beschuss einsetzen, und die Männer würden ein heißes, ekelerregendes Frühstück verschlingen.

Es blieb nichts zu tun, als von einem auf den nächsten Tag weiterzumachen. Der Zug würde Glück haben, morgen zumindest. Der Strandabschnitt wurde wahrscheinlich bereits seit einer Woche ausgekundschaftet, und die ersten Patrouillen auf allen unvertrauten Wegen wären schon erledigt, und der Feldzug würde sofort in vertraute und erträgliche Routine übergehen. Wieder spuckte er aus und knetete mit seinen groben vernarbten Fingern die rauen geschwollenen Knöchel seiner anderen Hand.

Vor der Reling bestand seine Silhouette praktisch nur aus einer großen Knollennase und einem langen, tief sitzenden Unterkiefer, doch im Mondschein war das irreführend, denn man sah das Rot seiner Haut und Haare nicht. Sein Gesicht wirkte immer hartgesotten und wütend, bis auf die ruhigen, hellblauen Augen, die ein Netz aus Falten und Sommersprossen umrahmte. Wenn er lachte, sah man seine großen, gelben und schiefen Zähne, und verächtliche, ungerührte Heiterkeit dröhnte aus seiner rauen Stimme. Alles an ihm war knochig und knorrig, und auch wenn er über eins achtzig groß war, wog er wahrscheinlich keine siebzig Kilo.

Er kratzte sich am Bauch, tastete einen Moment herum und hielt dann inne. Er hatte seinen Rettungsgürtel vergessen. Unwillkürlich dachte er darüber nach, zurück in den Laderaum zu gehen und ihn zu holen, und ärgerte sich dann darüber. »Die verfluchte Army schafft es, dass man noch Angst hat, sich umzudrehen.« Er spuckte aus. »Die halbe Zeit verplempert man mit dem Versuch, nachzudenken, was sie einem alles gesagt haben.« Einen Augenblick lang überlegte er hin und her, den Gürtel zu holen, doch dann grinste er breit. »Ach, man kommt nur einmal ums Leben.«

Das hatte er auch zu Hennessey gesagt, einem jungen Kerl, der erst wenige Wochen zuvor zur Aufklärung dazugestoßen war, bevor die Einsatzgruppe der Division zu diesem Landeunternehmen eingeschifft worden war. »Ein Rettungsgürtel, um so was macht sich jemand wie Hennessey Gedanken, ein Rettungsgürtel«, sagte er vor sich hin.

Sie waren in einer Nacht zusammen an Deck gewesen, als der Fliegeralarm losging, und sie hatten sich unter ein Rettungsboot gekauert, hatten zugesehen, wie die Schiffe des Geleitzugs durch das schwarze Wasser pflügten, während die Besatzung der nächsten Bordkanone angespannt neben dem Verschluss stand. Eine Zero hatte angegriffen, und ein Dutzend Suchscheinwerfer hatte versucht, die Maschine zu fixieren. Die Bögen Hunderter Leuchtspurgeschosse hatten rote Muster in die Luft gemalt. Diese Szene hatte sich sehr von allen Kampfeinsätzen unterschieden, die er bislang gesehen hatte, ohne Hitze, ohne Erschöpfung, so wunderschön und unwirklich wie in einem Farbfilm oder auf einem Kalenderfoto. Er hatte völlig fasziniert zugesehen, hatte sich nicht einmal geduckt, als eine Bombe in einem fahlen gelben Fächer ein paar Hundert Meter entfernt über einem Schiff explodiert war.

Dann hatte Hennessey ihm die Laune versaut. »Jesus, mir ist gerade etwas eingefallen«, hatte er gesagt.

»Was?«

»Ich hab gar keine Luftpatronen in meinem Rettungsgürtel.«

Red hatte laut losgelacht. »Ich sag dir was. Wenn das Schiff absäuft, reitest du einfach auf einer dicken fetten Ratte an Land.«

»Nein, im Ernst. Himmel, ich sollte sie besser aufpusten.« In der Dunkelheit hatte er dann nach dem Schlauch getastet, ihn gefunden und den Rettungsgürtel aufgeblasen. Red hatte ihn dabei amüsiert beobachtet. Was für ein Kind. Heutzutage waren die Jungs immer darauf aus, sich an die Vorschriften zu halten. Red hatte das beinahe traurig gestimmt. »Jetzt bist du für alles gerüstet, Hennessey, stimmt’s?«

»Hör zu«, hatte Hennessey aufgetrumpft, »ich geh doch kein Risiko ein. Was, wenn das Schiff hier getroffen wird? Ich geh doch nicht einfach so ins Wasser.«

Jetzt glitt der Strand von Anopopei langsam in der Ferne vorbei, fast als wäre die Insel selbst ein riesiges Schiff. Nee, dachte Red, Hennessey würde nicht einfach so ins Wasser gehen. Er war einer dieser Jungs, die Geld für ihre Hochzeit zurücklegten, bevor sie überhaupt eine Freundin hatten. Das hatte man davon, wenn man sich immer an die Regeln hielt.

Er beugte sich weit über die Reling und sah aufs Wasser hinunter. Trotz der Trägheit des Schiffs plätscherte das Kielwasser heftig. Der Mond war hinter einer Wolke verschwunden, und das Wasser sah dunkel und heimtückisch und schrecklich tief aus. Das Schiff schien von einem Strahlenkranz umgeben zu sein, der rundherum fünfzig Meter reichte, dahinter war nur Schwarz, so unermesslich, so undurchdringlich, dass er die Silhouette von Anopopei nicht mehr ausmachen konnte. Das Wasser schwappte in einem dichten grauen Schaum vorbei, wirbelte und bebte entlang der Wellen, die das Schiff bei seiner Fahrt erzeugte. Nach einer Weile überkam Red ein schmerzliches Mitleid, bei dem man alles zu verstehen scheint, alles, was die Menschen wollen und doch nicht bekommen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren fiel ihm wieder ein, wie er im winterlichen Zwielicht aus dem Bergwerk nach Hause gekommen war, seine schmutzig-weiße Haut vor dem Hintergrund des Schnees, wie er das Haus betrat, schweigend aß und seine Mutter ihn missmutig bediente. Ein bitteres, leeres Zuhause, in dem sich alle immer mehr voneinander entfremdeten; in allen seitdem vergangenen Jahren hatte er nur voller Verbitterung daran zurückgedacht. Doch wie er jetzt so aufs Wasser starrte, empfand er ausnahmsweise Mitleid, verstand er seine Mutter, Brüder und seine Schwestern, die er schon fast vergessen hatte. Er verstand vieles, erinnerte sich an traurige Ereignisse und hässliche Begebenheiten aus den Jahren seiner Herumtreiberei, erinnerte sich an einen Betrunkenen, der auf der Treppe, die in der Nähe der Brooklyn Bridge zum Bowery Park hinaufführte, ausgeraubt worden war. Es war ein Verstehen der Art, zu dem er nur in diesem einen Augenblick fähig war, und wie es aus all seinen Erfahrungen erwuchs, aus der erzwungenen Unruhe nach zwei Wochen auf dem Schiff und der Stimmung dieser Nacht, während sie sich den Stränden näherten, die für die Invasion vorgesehen waren.

Doch das Mitleid hielt nur ein paar Minuten an. Er verstand alles, wusste, dass er nichts mehr deswegen unternehmen konnte, und wollte es auch nicht mehr. Wozu auch? Er seufzte, und mit seinem Atem entwich auch alle emotionale Klarheit. Es gab Dinge, die konnte man nicht in Ordnung bringen. Viel zu verfahren. Man musste sich allein auf den Weg begeben, oder man wurde so wie Hennessey und machte sich über jeden Mist Sorgen.

Davon wollte er nichts wissen. Er würde niemandem etwas antun, wenn es sich vermeiden ließ, und er würde sich keinen Scheiß gefallen lassen. Hatte er noch nie, sagte er sich stolz.

Eine ganze Weile starrte er aufs Wasser. Nie hatte er etwas für sich gefunden. Er wusste nur, was er nicht mochte. Er schnaubte, lauschte auf den Wind, der um das Schiff strich. Er vermeinte mit dem ganzen Körper zu spüren, wie jede einzelne Sekunde verstrich und dem nahenden Morgen zuraste. Dies war das letzte Mal, dass er die nächsten Monate allein sein würde, und er genoss das Gefühl. Er war schon immer ein Einzelgänger gewesen.

Es verlangte ihn nach nichts, sagte er sich wieder. Keinem Kerl, keiner Frau, niemandem. Falls ihm mal nach Gesellschaft war, reichte es, wenn an der nächsten Ecke eine billige Nutte wartete. Ihn würde ja sonst eh keine haben wollen. Er grinste und umklammerte die Reling, spürte den Wind auf dem Gesicht und atmete die üppigen Gerüche der Vegetation ein, die die Brise von der Insel über das Wasser trug.

»Mir egal, was du sagst«, sagte Sergeant Brown zu Stanley, »von denen kannst du keiner trauen.« Sie unterhielten sich mit gedämpfter Stimme in ihren benachbarten Kojen. Auf die Lage der Kojen hatte Stanley geachtet, als sie an Bord kamen. »Es gibt keine Frau, der du vertrauen kannst«, hielt Brown fest.

»Ich weiß nicht, die ganze verfluchte Wahrheit ist das aber nicht«, brummte Stanley. »Also, meiner Frau, der vertraue ich.« Es gefiel ihm nicht, welchen Verlauf die Unterhaltung nahm. Damit fütterte er einen kleinen, nagenden Zweifel in seinem Hinterkopf. Außerdem wusste er, dass Sergeant Brown es nicht schätzte, wenn jemand nicht seiner Meinung war.

»Also«, sagte Brown, »du bist ein guter Kerl, und du bist schlau, aber es zahlt sich einfach nicht aus, einer Frau zu vertrauen. Nimm meine Frau. Sie ist wunderschön, ich hab dir ihr Foto gezeigt.«

»Ja, sie ist wirklich eine gut aussehende Dame«, pflichtete Stanley ihm schnell bei.

»Gar keine Frage, sie ist wunderschön. Glaubst du denn, sie sitzt rum und wartet auf mich? Nein, tut sie nicht. Sie ist unterwegs und amüsiert sich.«

»Also, das würde ich nicht sagen«, meinte Stanley.

»Warum nicht? Du wirst mich schon nicht kränken. Ich weiß genau, was sie macht, und wenn ich zurückkomme, werde ich mit ihr mal ein bisschen Bilanz ziehen. Zuerst werde ich sie fragen: ›Hattest du irgendwelche Verabredungen?‹, und wenn sie sagt, ›Ja‹, dann dauert es keine zwei Minuten, bis ich auch noch den Rest erfahre. Und falls sie sagt: ›Nein, Schatz, ehrlich nicht, du kennst mich doch‹, werde ich mich einfach ein bisschen bei meinen Freunden umhören, und sollte ich herausfinden, dass sie mich angelogen hat, tja, dann schnapp ich sie mir, und, Mann, wenn sie Glück hat, verpasse ich ihr kein Veilchen, bevor ich sie aus dem Haus jage.« Brown schüttelte nachdrücklich den Kopf. Er war etwa mittelgroß, ein wenig dick, hatte ein jungenhaftes Gesicht, eine Stupsnase, Sommersprossen und rotbraune Haare. Aber um seine Augen hatten sich bereits Falten gebildet, und an seinem Kinn fanden sich ein paar Tropengeschwüre. Auf den zweiten Blick war klar, dass er locker achtundzwanzig war.

»Das wäre ganz klar ne miese Geschichte für jeden Kerl, wenn er zurückkommt«, meinte Stanley.

Sergeant Brown nickte ernst, dann wurde seine Miene bitter. »Was erwartest du? Glaubst du, du kehrst als Held nach Hause zurück? Ich sag dir was, wenn du nach Hause kommst, werden dich die Leute ansehen und sagen: ›Arthur Stanley, du warst ganz schön lange weg‹, und du wirst antworten: ›Ja‹, und sie dann: ›Tja, es war ziemlich hart hier, aber ich schätze, jetzt geht’s wieder bergauf. Sei froh, dass du davon nichts mitbekommen hast.‹«

Stanley lachte. »Ich hab ja noch nicht viel gesehen«, sagte er bescheiden, »aber eines weiß ich: Diese armen Zivilisten haben aber auch nicht die geringste Ahnung.«

»Natürlich nicht, Mann«, sagte Brown. »Hör zu, du hast doch genügend Kampfeinsatz auf Motome gehabt, du weißt, was los ist. Und wenn ich mir vorstelle, wie sich meine Frau höchstwahrscheinlich genau in diesem Moment herumtreibt, während ich hier liege und wegen morgen schwitze, dann werd ich langsam sauer … richtig sauer.« Er ließ nervös die Knöchel knacken und befingerte das Stahlrohr zwischen ihren Hängematten. »Aber morgen wird es schon nicht so wild, obwohl sie die Aufklärung schon ganz schön scheuchen werden, aber ein bisschen Arbeit wird uns nicht umbringen.« Er schnaubte. »Scheiße, wenn General Cummings morgen zu mir kommen und sagen würde: ›Brown, Sie überwachen die ganze Zeit das Entladen‹, meinst du, ich würd meckern? Einen Scheißdreck würd ich. Ich hatte schon genug Kampfeinsätze für zehn, und ich sag dir, diese Invasion morgen, selbst wenn wir vom Schiff zum Strand und zurück beschossen werden, das wird nicht mal annähernd so schlimm wie Motome. Das war ein Tag, da wusste ich einfach, ich würde sterben. Ich kapier immer noch nicht, wie ich das überlebt hab.«

»Was ist passiert?«, fragte Stanley. Er beugte vorsichtig die Knie, um den Mann in der Koje darüber nicht zu treten, keinen halben Meter über seinem Kopf. Diese Geschichte hatte er schon zigmal gehört, seit er dem Aufklärungszug angehörte, aber er wusste, dass Brown sie gern erzählte.

»Tja, von Anfang an, schon als sie den Zug wegen dieser Schlauchboot-Geschichte zur Baker-Company abkommandiert haben, war sonnenklar, dass wir im Arsch waren, aber was will man machen?« Er fuhr fort, erzählte die Geschichte, wie sie ein paar Stunden vor Tagesanbruch von einem Zerstörer in Schlauchbooten ausgesetzt, dann von der Ebbe überrascht und prompt von den Japanern entdeckt worden waren. »Mann«, sagte Brown, »vielleicht denkst du ja, ich hätte die Arschbacken nicht richtig zugekniffen, als die Japsen losgelegt und uns mit einer Flak-Batterie beharkt haben. Es gab kein Boot von uns, das nichts abbekommen hat und nicht am Sinken war, und in dem Boot neben unserem war der Kompanieführer, ich glaube, Billings hieß er, und der arme Sack hatte einen Totalzusammenbruch. Er heulte und stöhnte und versuchte, ein Leuchtsignal abzufeuern, damit der Zerstörer das Feuer eröffnete und uns wenigstens ein bisschen Deckung gab, aber er hat so stark gezittert, dass er die Leuchtpistole nicht in der Hand halten konnte.

Und mitten in dem ganzen Schlamassel steht Croft in dem Schlauchboot auf und sagt: ›Mann, du elender Hurensohn, gib mir die Kanone da.‹ Billings gibt sie ihm, Croft steht aufrecht da, für die Japsen am Strand klar und deutlich zu sehen, feuert die Kanone zweimal ab und lädt dann nach.«

Stanley schüttelte zustimmend den Kopf. »Dieser Croft ist ein ziemlicher Teufelskerl«, sagte er.

»Ein ziemlicher Teufelskerl! Ich sag dir, der Mann ist aus Stahl. Das ist der Einzige, mit dem ich’s mir nie verderben würde. Wahrscheinlich ist er der beste Zugführer der ganzen Army und der gefährlichste dazu. So was wie Nerven kennt der Mann gar nicht«, sagte Brown verbittert. »Von all den alten Typen bei der Aufklärung gibt’s keinen, der nicht mit den Nerven am Ende ist. Ich sag dir, ich hab dauernd Schiss, und Red auch. Und Gallagher, der ist erst sechs Monate bei uns, aber er war bei der Schlauchboot-Geschichte dabei, und ich schätze, das zählt auch, der hat Schiss, und Martinez ist der beste kleine Späher, den du dir wünschen könntest, aber der hat sogar noch mehr Angst als ich, und selbst Wilson, obwohl der sich nicht viel anmerken lässt, ist nicht gerade glücklich. Aber Croft – ich sag dir, Croft liebt den Kampf, er liebt ihn einfach. Es gibt keinen schlechteren oder besseren Mann, unter dem du dienen könntest, je nachdem, wie du’s siehst. Wir haben in unserem Zug elf von siebzehn Mann verloren, dabei zähle ich den Lieutenant mit, den wir damals hatten, ein paar der besten Jungs der Welt, und wir anderen waren für eine Woche zu nichts mehr zu gebrauchen, aber Croft wollte direkt am nächsten Tag wieder auf Patrouille gehen, und dann haben sie ihn vorübergehend zur A-Company abkommandiert, bis du und Ridges und Toglio als Ersatz gekommen seid und wir wieder genug Männer waren für einen ordentlichen Trupp.«

Inzwischen interessierte sich Stanley nur noch für einen Aspekt der Geschichte. »Glaubst du, wir bekommen genug Ersatz, um den Zug wieder aufzufüllen?«, fragte er.

»Soweit’s mich betrifft«, sagte Brown, » hoffe ich, dass wir keinen Ersatz kriegen. Bis dahin sind wir nur ein unvollständiger Trupp, aber falls wir je ins Einsatzgebiet kommen, sind wir immer noch nur zwei Trupps von jeweils lausigen acht Mann. Das ist doch das Problem, wenn man bei einem Aufklärungs- und Erkundungszug ist: Wir wären nur zwei zu kleine Kavallerietrupps, und die schicken einen zu Einsätzen los, bei denen man eigentlich einen vollständigen Infanteriezug bräuchte.«

»Ja, und bei den Einstufungen werden wir auch nur verarscht«, sagte Stanley. »In einem anderen Zug in diesem Regiment wären du und Martinez beim Stab, und Croft wäre Techniker.«

Brown grinste. »Ich weiß nicht, Stanley«, sagte er, »wenn wir die Ersatzmänner bekommen, fehlt immer noch ein Corporal. Das würde dir doch auch gefallen, oder?«

Sosehr er auch dagegen ankämpfte, Stanley spürte, wie er einen roten Kopf bekam. »Ach, Scheiße«, brummte er, »wer bin ich denn, dass ich über so was überhaupt nachdenke.«

Brown lachte leise. »Tja, wäre schon was, worüber man nachdenken sollte.«

Wütend ermahnte sich Stanley, in Zukunft bei Brown vorsichtiger zu sein.

Bei einem berühmten Experiment schlug ein Psychologe jedes Mal ein Glöckchen an, wenn er einen Hund fütterte. Sobald der Hund das Futter sah, führte das natürlich zu Speichelfluss.

Nach einer Weile ließ der Wissenschaftler das Futter weg und schlug nur noch das Glöckchen an. Der Glockenton allein löste bei dem Hund Speichelfluss aus. Dann ging der Psychologe noch einen Schritt weiter: Er ersetzte den Glockenton durch eine ganze Reihe lauter Geräusche. Noch immer verursachte das einen starken Speichelfluss bei dem Hund.

Auf dem Schiff gab es einen Soldaten, der ähnelte in seinem Verhalten diesem Hund. Er war schon lange Zeit in Übersee gewesen und hatte bereits an vielen Kampfeinsätzen teilgenommen. Zunächst war seine Angst stark mit dem Geräusch einer Granate und dem dann folgenden Einschlag verbunden. Doch über die ganzen Monate hatte er zu viel Entsetzliches erlebt, und nun löste jedes unerwartete Geräusch bei ihm Panik aus.

Die ganze Nacht hatte er in seiner Koje gelegen und gezittert; beim Klang lebhafter lauter Stimmen, bei einer Veränderung im steten Stampfen der Schiffsmotoren oder bei dem Krach, wenn jemand über irgendetwas auf dem Boden stolperte. Seine Nerven lagen so blank wie noch nie, und er lag schwitzend in seiner Koje und dachte voller Furcht an den kommenden Morgen.

Der Soldat hieß Sergeant Julio Martinez, und er war der Späher des Aufklärungs- und Erkundungszugs der Stabskompanie des 460. Infantry Regiment.

2

Um 4 Uhr morgens, ein paar Minuten nach Vergehen des Tierkreislichts, begann der Seebeschuss von Anopopei. Alle Kanonen der Invasionsflotte gingen im Abstand von zwei Sekunden los, und die Nacht wurde erschüttert und bebte wie ein großer Baumstamm in der Brandung. Die Schiffe schaukelten und schwankten bei der Entladung, peitschten wütend das Wasser. Einen Moment lang wirkte die Nacht zerklüftet und gewaltig und hatte etwas Dämonisches in der Erschütterung.

Nach den ersten Salven wurde die Schussfolge unregelmäßig, und der Sturm verschwand beinahe in der Dunkelheit. Nur noch vereinzelt war das heftige, scheppernde Dröhnen der Kanonen zu hören, und es klang, als würden sich gewaltige Güterzüge ruckelnd eine Steigung hinaufschleppen. Danach konnte man das seufzende, wehmütige Raunen der durch den Himmel schießenden Granaten hören. Die wenigen vereinzelten Feuerstellen auf Anopopei verlöschten.

Die ersten Granaten landeten im Meer und peitschten in der Ferne ausgelassene Wasserfontänen auf, doch dann erreichte eine ganze Folge den Strand, und Anopopei erwachte zum Leben und begann wie Kohle zu glühen. Wo der Dschungel bis zum Strand reichte, brachen hier und da kleine Brände aus, und an manchen Stellen entzündete eine zu weit geflogene Granate ein paar Dutzend Meter Gebüsch. Die Strandlinie war klar zu erkennen und glitzerte wie eine Hafenstadt weit weg in tiefer Nacht.

Ein Munitionslager geriet in Brand und tauchte einen Abschnitt des Strandes in rosiges Licht. Als mehrere Granaten dort einschlugen, schossen die Flammen bizarr hoch und stiegen zu wütend braunen Rauchwolken auf. Die Granaten zerstörten weiter den Strand und begannen dann, landeinwärts zu ziehen. Der Beschuss hatte bereits ein beständiges, beinahe beiläufiges Muster angenommen. Mehrere Schiffe feuerten gleichzeitig ihre Salven und drehten dann wieder seewärts ab, dann folgte die nächste Angriffswelle. Das Munitionslager stand immer noch in Flammen, aber die meisten Brände am Strand waren verglüht, und im Schein des einsetzenden Morgengrauens gab es nicht annähernd genug tieftreibende Wolkenfetzen, um die Küste zu verbergen. Etwa eine Meile landeinwärts war auf einem Berggipfel etwas in Flammen aufgegangen, und dahinter, weit fort, erhob sich der Mount Anaka aus einem Sockel von kastanienbraunem Rauch. Trotz der neuen purpurnen Beigaben zu seinen Füßen, hockte der Berg unnachgiebig auf der Insel und blickte hinaus aufs Meer. Das Bombardement beeindruckte ihn nicht.

In den Mannschaftsräumen klangen die Geräusche dumpfer und beständiger; es knirschte und rumpelte wie in einem U-Bahnzug. Die elektrische Beleuchtung des Laderaums, ein fahles Gelb, war nach dem Frühstück eingeschaltet worden, und jetzt flackerten die Lampen stumpf, warfen viele Schatten über die Luken und durch die Reihen der Kojen und beleuchteten die Gesichter der Männer, die sich in den Gängen versammelt hatten und um den Aufgang zum Oberdeck drängten.

Martinez lauschte beklommen auf die Geräusche. Er wäre nicht überrascht gewesen, wenn die Luke, auf der er saß, unter ihm weggeglitten wäre. Er blinzelte mit seinen blutunterlaufenen Augen gegen das matte, grelle Licht der Birnen an und versuchte, sich gegen alles abzuschotten. Doch seine Beine zuckten unbewusst jedes Mal, wenn ein lauteres Poltern die stählernen Schotten erschütterte. Ohne ersichtlichen Grund wiederholte er immer wieder die letzte Zeile eines alten Witzes: »I don’t care if I do-die, do-die, do-die.« Wie er da saß, sah seine Haut im gelblichen Licht braun aus. Er war ein kleiner, schlanker, gut aussehender Mexikaner mit gepflegtem, welligem Haar und einem schmalen, klar geschnittenen Gesicht. Selbst jetzt hatte sein Körper die Gelassenheit und Anmut eines Rehs an sich. Egal, wie schnell er war, wirkten seine Bewegungen doch immer geschmeidig und mühelos. Und wie bei einem Reh war sein Kopf nie ganz bewegungslos, seine braunen glänzenden Augen nie völlig ruhig.

Vor dem Hintergrund des beständigen Dröhnens der Kanonen konnte Martinez für einen Moment Stimmen heraushören, die sich dann sofort wieder verloren. Ein babylonisches Sprachengewirr erhob sich von jedem Zug; die Stimme des Zugführers schwirrte um sein Ohr wie ein vorbeifliegendes Insekt, unbestimmt und ziemlich nervend. »Also, ich will nicht, dass sich einer von euch verläuft, wenn wir an den Strand kommen. Bleibt zusammen, das ist verdammt wichtig.« Er zog die Knie fester hoch, ging noch tiefer in die Hocke, bis seine Hüftknochen sich gegen das straffe Fleisch seines Hinterns drückten.

Im Vergleich zu den anderen Zügen wirkten die Männer des Aufklärungstrupps klein und verloren. Croft redete jetzt über das Einsteigen in die Landungsboote, und Martinez hörte gelangweilt und mit wechselnder Aufmerksamkeit zu. »Alles klar«, sagte Croft leise, »es wird genauso laufen wie bei unserer letzten Übung. Es gibt absolut keinen Grund, warum irgendwas schiefgehen sollte, und das wird’s auch nicht.«

Red lachte laut und verächtlich. »Ja, wir gehen alle da rauf«, sagte er, »aber todsicher kommt irgend so ein Arschloch angerannt und sagt uns, wir sollen zurück in den Laderaum.«

»Glaubst du vielleicht, ich gäb einen Furz drauf, wenn wir für den Rest des Krieges hierbleiben müssten?«, sagte Sergeant Brown.

»Schluss jetzt mit dem Quatsch«, sagte Croft. »Wenn ihr besser Bescheid wisst als ich, dann könnt ihr euch ja hier hinstellen und reden.« Er runzelte die Stirn, fuhr dann fort. »Wir sind auf Bootsdeckstation achtundzwanzig. Ihr wisst alle, wo das ist, aber wir werden trotzdem gemeinsam raufgehen. Falls jemand plötzlich merken sollte, dass er irgendwas zurückgelassen hat, dann ist das eben Scheißpech. Wir werden nicht zurückkommen.«

»Ja, Jungs, vergesst nicht, eure Gummis mitzunehmen«, schlug Red vor und erntete einen Lacher. Einen Moment lang sah Croft verärgert aus, aber dann meinte er gedehnt: »Ich weiß, Wilson vergisst seine auf keinen Fall«, und sie lachten wieder. »Worauf du einen lassen kannst«, schnaubte Gallagher.

Wilson gluckste ansteckend. »Ich sag euch«, meinte er, »lieber lass ich mein M-1 zurück, denn wenn da tatsächlich eine Muschi auf dem Strand wartet und ich kein Gummi dabei hab, würd ich mich doch abknallen.«

Martinez grinste, aber ihr Gelächter nervte ihn. »Was ist los, bist du leichte Beute für die Japsen?«, fragte Croft ruhig. Ihre Blicke trafen sich auf die vertraute Art alter Freunde. »Ach, Scheißmagen, macht Ärger«, sagte Martinez. Er sprach deutlich, aber mit leiser und zögernder Stimme, als würde er beim Reden aus dem Spanischen übersetzen. Croft sah ihn wieder an, dann sprach er weiter.

Martinez schaute sich im Laderaum um. Die Gänge zwischen den Kojen waren breit und wirkten unvertraut, nachdem die Hängematten jetzt festgezurrt waren, und das bereitete ihm ein diffus mulmiges Gefühl. Es erinnerte ihn an die Anordnung der Regale in der großen Bibliothek in San Antonio, und ihm fiel wieder ein, dass etwas an diesem Bild unangenehm war, denn ein Mädchen hatte ihn dort auf eine unfreundliche Art angesprochen. »I don’t care if I do die, do die« ging ihm durch den Kopf. Er schüttelte sich. Heute würde ihm irgendwas Schreckliches zustoßen. Gott in seiner großen Güte ließ einen immer Sachen wissen, und man musste … musste aufpassen, musste auf sich aufpassen. Den letzten Teil sagte er auf Englisch zu sich.

Das Mädchen war eine Bibliothekarin, und sie hatte gedacht, er wolle ein Buch stehlen. Er war damals noch sehr jung gewesen, er hatte Angst bekommen und auf Spanisch geantwortet, und sie hatte mit ihm geschimpft. Martinez’ Bein zuckte. Sie hatte ihn zum Weinen gebracht, daran konnte er sich erinnern. So ein Scheißmädchen. Heute könnte er sie ficken. Der Gedanke erfüllte ihn mit einer angenehmen Bosheit. Die Bibliothekarin mit ihren kleinen Titten, heute würde er sie anspucken. Doch es war keine Bibliothek, sondern immer noch ein Mannschaftsraum, und seine Angst kehrte zurück.

Eine Pfeife schrillte, und er fuhr zusammen. »Männer für Bootsdeck fünfzehn!«, brüllte eine Stimme nach unten, und einer der Züge setzte sich die Treppe hinauf in Bewegung. Martinez spürte die Anspannung der Männer um sich herum an der Art, wie still sie geworden waren. Warum konnten sie nicht als Erste gehen?, fragte er sich und hasste die zusätzliche Anspannung durch das Warten. Irgendwas würde ihm zustoßen. Das wusste er jetzt. Nach einer Stunde kam ihr Signal, und sie trotteten die Treppe hinauf und lungerten fast eine Minute außerhalb der Lukenöffnung herum, bevor der Befehl kam, zu ihrem Boot weiterzugehen. Die Decks waren im Morgengrauen sehr rutschig, und sie stolperten und fluchten, während sie darüber stapften. Als sie die Davits erreichten, die ihr Landungsboot hielten, stellten sie sich in einer losen Reihe auf und warteten wieder. Red zitterte in der kalten Morgenluft. Es war noch keine sechs Uhr, und doch umgab den Tag bereits die bleierne Schwere, die jeder frühe Morgen in der Army hatte. Es bedeutete, dass sie in Bewegung waren, es bedeutete etwas Neues, etwas Unerfreuliches.

Überall an Bord befand sich die Ausschiffung in verschiedenen Stadien. Einige voll besetzte Landungsboote waren bereits im Wasser und umkreisten das Schiff wie Welpen an der Leine. Die Männer darin winkten dem Schiff zu, ihre fleischfarbenen Gesichter wirkten unwirklich vor dem grauen Anstrich des Landungsboots und dem Blau des Meeres im Morgengrauen. Das ruhige Wasser erinnerte an Öl. In der Nähe des Zugs stiegen Männer in ein Landungsfahrzeug, und ein weiteres, gerade fertig beladen, begann das Absinken aufs Wasser, die Flaschenzüge des Davits ächzten von Zeit zu Zeit. Aber davon abgesehen warteten überall auf dem Schiff die meisten Männer noch, genau wie sie.

Reds Schultern wurden unter dem Gewicht seines Marschgepäcks taub, und die Mündung des Gewehrs schlug immer wieder gegen seinen Helm. Er war nervös und gereizt. »Egal, wie oft man schon mit vollem Marschgepäck dagestanden hat, man gewöhnt sich nie dran«, sagte er.

»Hast du es denn richtig ausbalanciert?«, fragte Hennessey. Seine Stimme klang hölzern und bebte ein wenig.

»Scheiß aufs Ausbalancieren«, erwiderte Red. »Es tut mir einfach immer irgendwo weh. Ich bin nicht gebaut für einen Rucksack, ich hab zu viele Knochen.« Er redete weiter und warf Hennessey gelegentlich einen Seitenblick zu, um zu sehen, ob er weniger nervös war. Die Luft war kalt, die Sonne zu seiner Linken stand immer noch tief und strahlte keine Hitze ab. Er trampelte auf der Stelle, atmete den eigentümlichen Geruch eines Schiffsdecks nach Öl und Teer ein und den Fischgeruch des Wassers.

»Wann steigen wir denn in die Boote?«, fragte Hennessey.

Der Beschuss des Strandes dauerte immer noch an, und die Insel wirkte in der Morgendämmerung blassgrün. Ein zarter, dünner Rauchschleier trieb den Strand entlang.

Red lachte. »Was? Meinst du, das läuft heute anders? Ich vermute, wir werden den ganzen Morgen hier an Deck rumstehen.« Doch während er sprach, bemerkte er eine Gruppe Landungsboote etwa eine Meile von ihnen entfernt auf dem Wasser kreisen. »Die erste Welle trödelt immer noch herum«, versicherte er Hennessey. Einen Moment lang dachte er wieder an die Invasion von Motome, und er spürte, wie ein Anflug der alten Panik ihn wieder überkam. Seine Fingerspitzen erinnerten sich noch genau daran, wie sich die Seite des Schlauchboots anfühlte, als er sich im Wasser daran geklammert hatte. Ganz weit hinten in der Kehle hatte er wieder den Geschmack von Salzwasser, spürte den diffusen, wimmernden Schrecken, unter Wasser zu tauchen, als er völlig erschöpft war und der japanische Beschuss einfach nicht aufhörte. Er sah wieder hinaus, und für einen Moment wirkte sein unrasiertes Gesicht ganz trostlos.

In der Ferne hatte der Dschungel in Strandnähe das nackte, gebrochene Aussehen angenommen, das typisch war für einen massiven Beschuss. Die Palmen würden jetzt, ihrer Wedel beraubt und geschwärzt, wie Säulen aussehen, so als hätten sie gebrannt. Weiter zurück am Horizont war der Mount Anaka im Dunst kaum zu erkennen, ein fahles Graublau, fast wie ein Kompromiss zwischen den Farbtönen des Wassers und des Himmels. Während er hinschaute, landete eine große Granate auf dem Strand und schleuderte eine größere Rauchwolke auf als die zwei oder drei vorausgegangenen. Es würde eine leichte Landung werden, sagte Red sich, aber er dachte immer noch an die Schlauchboote. »Ich wünschte bei Gott, die würden noch was von dem Land für uns übrig lassen«, meinte er zu Hennessey. »Wir werden dort schließlich leben müssen.« Der Morgen hatte etwas Raues, Erwartungsvolles an sich, und er holte tief Luft und hockte sich hin.

Gallagher begann zu fluchen. »Scheiße, Mann, wie lange müssen wir hier noch warten?«

»Halt die Schnauze«, fuhr Croft ihn an. »Der halbe Nachrichtenzug kommt mit uns, und die sind noch nicht mal hier oben.«

»Und wieso nicht?«, fragte Gallagher. Er schob seinen Stahlhelm weiter in den Nacken. »Typisch für die Drecksäcke, uns hier oben an Deck warten zu lassen, wo sie uns die Scheißbirne wegballern können.«

»Hörst du irgendwo die Artillerie der Japsen?«, fragte Croft.

»Das heißt aber nicht, dass sie keine haben«, sagte Gallagher. Er steckte sich eine Zigarette an und rauchte übellaunig, hielt dabei die Kippe in der hohlen Hand, als würde er damit rechnen, dass sie ihm jeden Augenblick weggerissen werden könnte.

Eine Granate zischte über sie hinweg, und Martinez zog sich unwillkürlich an einen Geschützturm zurück. Er fühlte sich nackt.

Der Mechanismus eines Davits war kompliziert, ein Teil davon hing über dem Wasser. Wenn ein Mann sein Marschgepäck angelegt hatte, dazu ein Gewehr, zwei Patronengurte und mehrere Handgranaten, ein Bajonett und einen Helm trug, fühlte er sich, als hätte er einen Druckverband über beiden Schultern und quer über der Brust. Das Atmen fiel schwer, und die Gliedmaßen schliefen immer wieder ein. Über den Deckbalken zu gehen, der hinaus zum Landungsfahrzeug führte, wurde zu einem Abenteuer, das einem Drahtseilakt in voller Ritterrüstung ähnelte.

Als der Aufklärungszug das Zeichen erhielt, ins Landungsboot zu steigen, leckte sich Sergeant Brown nervös über den Mund. »Das hätten die auch irgendwie besser konstruieren können«, murrte er Stanley zu, als sie sich über den Balken vorschoben. Der Trick bestand darin, nicht aufs Wasser zu sehen. »Weißt du, Gallagher ist kein schlechter Kerl, aber er spielt immer die beleidigte Leberwurst«, sagte Stanley.

»Ja«, antwortete Brown abwesend. Er dachte gerade, es wäre schon ein ziemliches Ding, wenn er, ein Unteroffizier, ins Wasser stürzen sollte. Mein Gott, du würdest absaufen, begriff er. »Den Teil jetzt hab ich schon immer gehasst«, sagte er laut.

Er erreichte den Rand des Landungsfahrzeugs und sprang hinein, wobei das Gewicht seines Marschgepäcks ihn beinahe umwarf und seine Knöchel stauchte. Mit einem Mal waren alle ziemlich ausgelassen in dem kleinen Boot, das sanft unter den Davits schwankte. »Hier kommt der alte Red«, brüllte Wilson, und alle lachten, als Red vorsichtig über den Balken balancierte, mit einem Gesicht so runzlig wie eine Backpflaume. Als er die Seite erreichte, warf er ihnen einen verächtlichen Blick zu und sagte: »Scheiße, bin im falschen Boot. Hier sieht keiner blöd genug aus, um bei der Aufklärung zu sein.«

»Komm rein, alter Bock«, meinte Wilson kichernd, sein Lachen locker und verschleimt, »das Wasser ist schön kalt.«

Red grinste. »Ich kenne eine Stelle an dir, die ist nicht kalt. Gerade jetzt ist sie glühend heiß.«

Brown konnte gar nicht aufhören zu lachen. Wir sind schon ein Haufen alter Kumpels, dachte er. Es schien fast, als hätten sie den schlimmsten Teil bereits hinter sich.

»Wie kommt der General in diese Boote?«, fragte Hennessey. »Der ist nicht so jung wie wir.«

Brown kicherte. »Der lässt sich von zwei Soldaten rübertragen.« Er aalte sich in dem Gelächter, das er damit erntete.

Gallagher ließ sich ins Boot fallen. »Scheißarmy«, sagte er, »ich mach jede Wette, die meisten Scheißverletzten sind Kerle, die in Boote steigen.« Brown brüllte vor Lachen. Wahrscheinlich sah Gallagher auch noch wütend aus, wenn er seine Frau vögelte. Einen Moment war er versucht, das auch zu sagen, und bei dem Gedanken musste er nur noch mehr lachen. Mitten in seinem Gegacker schoss ihm ein Bild von seiner eigenen Frau durch den Kopf, die genau in diesem Augenblick mit einem anderen Mann im Bett war, und es entstand eine lange leere Sekunde in seinem Lachen, während der er überhaupt nichts empfand. »He, Gallagher«, sagte er wütend, »ich wette, du siehst selbst dann noch angepisst aus, wenn du’s mit deiner Frau treibst.«

Gallagher sah übellaunig aus, und dann begann er unerwartet zu lachen. »Ach, leck mich«, sagte er, und darüber mussten alle nur noch mehr lachen.

Die kleinen Sturmboote, die mit ihrem stumpfen Bug durchs Wasser drängten und schnaubten, sahen aus wie Nilpferde. Sie waren gut zwölf Meter lang, drei Meter breit, geformt wie offene Schuhkartons mit Motor im Heck. Im Mannschaftsbereich erzeugten die Wellen, die gegen die Bugrampe schlugen, ein lautes, kreischendes Geräusch, und durch die Spalten war bereits vier, fünf Zentimeter hoch Wasser eingedrungen und schwappte über den Boden. Red gab jeden Versuch auf, die Füße trocken halten zu wollen. Ihr Boot kreiste nun bereits seit über einer Stunde, und ihm wurde langsam schwindlig. Immer wieder ging ein Fächer Gischt über sie nieder, erschreckend und jäh und auch ein wenig schmerzhaft.

Die erste Welle Soldaten war vor etwa fünfzehn Minuten an Land gegangen, und der auf dem Strand tobende Kampf knisterte in der Ferne wie ein Freudenfeuer. Es schien weit entfernt und unbedeutend. Um die Monotonie zu durchbrechen, spähte Red über die Seitenwand und suchte den Strand ab. Aus drei Meilen Entfernung wirkte er immer noch leer, aber es gab alle Anzeichen eines Kampfes – eine dünne, neblige Rauchfahne wehte über das Wasser. Von Zeit zu Zeit brummte eine Formation von drei Sturzkampfbombern über sie hinweg Richtung Strand, die Geräusche ihrer Motoren kamen als leises, gedämpftes Rumpeln bei ihnen an. Wenn sie über dem Strand herabstießen, war es schwierig, ihnen zu folgen, denn sie waren nahezu unsichtbar, wirkten wie Flecken reinen, grellen Sonnenlichts. Die Fontänen, die ihre Bomben aufschleuderten, sahen klein und harmlos aus, und wenn der Explosionslärm über das Wasser zu ihnen drang, waren die Maschinen fast schon nicht mehr zu sehen.

Red versuchte, das Gewicht seines Marschgepäcks zu lindern, indem er es gegen den Schott des Boots drückte. Das ständige Kreisen war nervenaufreibend. Als er die dreißig Männer betrachtete, mit denen er hier zusammengepfercht war, und sah, wie unnatürlich grün ihre Uniformen vor dem Blaugrau des Rumpfs wirkten, in dem die Mannschaft saß, musste er ein paar Mal tief durchatmen und bewegungslos verharren. Schweiß lief ihm über den Rücken.

»Wie lange wird das hier noch dauern?«, wollte Gallagher wissen. »Scheißarmy. Mach hinne und warte, mach hinne und warte.«

Red war gerade dabei, sich eine Zigarette anzuzünden, die fünfte, seit ihr Boot zu Wasser gelassen worden war, und sie schmeckte fade und unangenehm. »Was meint ihr?«, fragte Red. »Ich wette, wir gehen nicht vor zehn rein.« Gallagher fluchte. Es war noch nicht mal acht Uhr.

»Hör zu«, fuhr Red fort, »wenn die wirklich wüssten, wie man so was durchzieht, dann würden wir jetzt nämlich frühstücken und erst in zwei Stunden in diese Kisten hier klettern.« Er streifte das bisschen Asche ab, das sich an seiner Zigarette gebildet hatte. »Aber, nein, irgend so ein Scheißlolly, der jetzt noch schön ratzt, wollte uns vom Schiff haben, damit er sich um uns keinen Kopf mehr machen muss.« Mit Absicht sprach er laut genug, dass der Lieutenant des Nachrichtenzugs ihn hören konnte, und grinste, als der Offizier ihm den Rücken zukehrte.

Corporal Toglio, der neben Gallagher hockte, sah Red an. »Hier draußen auf dem Wasser sind wir erheblich sicherer«, erklärte Toglio eifrig. »Verglichen mit einem Schiff ist das hier ein ziemlich kleines Ziel, und wenn wir uns so bewegen, ist es sehr viel schwieriger, uns zu treffen, als man denkt.«

Red grunzte. »Quatsch.«

»Hör mal«, sagte Brown, »ich wäre lieber auf dem Schiff da. Ich halte das für tausendmal sicherer.«

»Ich habe das mal genau untersucht«, protestierte Toglio. »Die Statistik beweist, dass man während einer Invasion hier wesentlich sicherer ist als an jedem anderen Ort.«

Red hasste Statistiken. »Komm mir nicht mit diesen Zahlen«, sagte er zu Corporal Toglio. »Wenn du denen glaubst, gehst du nicht mehr baden, weil das nämlich viel zu gefährlich ist.«

»Nein, ich mein’s ernst«, sagte Toglio. Er war ein stämmiger Italiener mittlerer Größe mit einem birnenförmigen Kopf, breiter am Kiefer als an der Schläfe. Obwohl er sich am Abend zuvor rasiert hatte, verdunkelten die Stoppeln schon wieder das Gesicht unterhalb der Augen, mit Ausnahme des Mundes, der breit und freundlich war. »Ich mein’s ernst«, versteifte er sich, »ich hab die Zahlen gesehen.«

»Du weißt, was du damit machen kannst«, sagte Red.

Toglio grinste, war aber auch leicht gereizt. Red ist ein ziemlich anständiger Kerl, dachte er, aber viel zu selbstbestimmt. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder so wäre wie er? Nirgendwo hin. Immer war Zusammenarbeit nötig. So etwas wie diese Invasion war geplant, sie war rationell, bis hin zum Zeitplan. Man konnte keine Eisenbahn in Gang setzen, wenn der Lokführer sich verpisste, nur weil ihm gerade danach war.