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7 Kurz-Krimis von Star Autor Jo Zybell - Spannung, Witz und Pointe garantiert
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Seitenzahl: 59
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Die Rache des Weihnachtsmanns
Sieben Kurzkrimis
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author
© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress/Lengerich/Westf.
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956172601
Cover
Titel
Impressum
Der Weihnachtsmann schlägt zurück
Der neue Boss
„Seniorenkiller“
Der Jäger
Der Witz
Abrechnung
Noch einmal ganz neu anfangen
Blass vor Zorn schlug Max die Tür des Chefbüros hinter sich zu. Einen der Stühle in der Warteecke beförderte er mit einem Tritt gegen die Glastür, die ins Treppenhaus führte. Er verschwand in der Personaltoilette.
In Gedanken hatte er Leo Kalevski, seinen Abteilungsleiter, schon gut und gern ein halbes Dutzend Mal erwürgt, erschossen oder erschlagen. Heute hätte er sich am liebsten den Brieföffner vom Schreibtisch des Chefs gegriffen, um ihm das gute Stück in den Bauch zu rammen.
Gekündigt! Fristlos! Und das vier Wochen vor Weihnachten!
Mit zitternden Fingern zündete Max sich eine Zigarette an. "Dieses Schwein", murmelte er. Nur weil er mit einem Kunden Streit angefangen hatte!
Okay – es war bereits das dritte Mal innerhalb von zwei Wochen. Aber der Kalevski hatte ja keine Ahnung – saß fett und breit in seinem Chefsessel, während Max und die Kollegen sich mit den nörgelnden Kunden auseinandersetzen mussten, die sich Tag für Tag durch die Regalreihen schoben, und immer mehr Leute versuchten in diesen schlechten Zeiten Preisnachlässe herauszuschinden. Man kam sich vor, wie auf einem orientalischen Basar! Aber davon hatte dieser Saftarsch ja keine Ahnung! Als der noch ein kleiner Verkäufer war, hatten die Leute noch Geld.
Max zog einen Flachmann aus der Innentasche seines Jacketts und goss sich einen kräftigen Schluck in den Hals. Er verfluchte den Tag, an dem er vor zwei Jahren als Verkäufer in der Spielwarenabteilung dieses gottverdammten Kaufhauses angefangen hatte.
Ab nächste Woche sollte er seinen Resturlaub nehmen. Und zum ersten Januar eine neue Stelle suchen. Illusorisch! Und wie sollte er das Janine und den Kindern beibringen?
Max warf die Zigarette in die Kloschüssel und verließ die Toilette. Kurz darauf, im Personalraum, durchsuchte er seinen Spind nach den Pfefferminzbonbons, die er gestern gekauft hatte. Der Hass hatte sich in seiner Brust zu einem kalten Klumpen zusammengeballt. Eine tickende Zeitbombe.
*
Vielleicht hätte Max an diesem und den nächsten Tagen weiter nicht getan, als ein paar Kunden zu vergraulen und vor den Kollegen Gift und Galle über den Chef auszuspucken. Im schlimmsten Fall hätte er sich volllaufen und sich für den Rest der Woche krankschreiben lassen. Alles schon da gewesen.
Aber der Teufel wollte es, dass ein Anruf sich von der Zentrale in den Personalraum verirrte, ausgerechnet als Max nach einem Kaugummi suchte, mit dem er seine Fahne vertuschen konnte.
Er ging zum Telefon und nahm ab. Eine männliche Stimme wollte den Abteilungsleiter sprechen. "Am Apparat", knurrte Max und fragte sich zugleich, was in ihn gefahren war.
"Ich soll doch am vierzehnten und fünfzehnten den Weihnachtmann in der Spielwarenabteilung mimen." Der Mann druckste ein wenig herum.
"Ja, und?"
"Es geht um das Honorar, Herr Kalevski." Die Stimme des Mannes wurde unsicherer. "Sie sagten, ich soll deswegen noch einmal anrufen, und …"
"Ach ja – genau!" Max versuchte den jovialen Tonfall des Chefs zu imitieren. "Hören Sie zu, Herr …"
"… Kaulig", sagte die Stimme erwartungsvoll.
"… Herr Kaulig – wir regeln das in diesem Jahr betriebsintern. Das Budget ist elend schmal, Sie verstehen …" Der Mann jammerte noch ein bisschen, aber Max ließ ihn abblitzen und vertröstete ihn auf Ostern.
Grimmige Zufriedenheit erfüllte ihn, als er auflegte. Dem Laden schaden, wo es nur ging. Mehr wollte er nicht. Zunächst jedenfalls.
*
"Wie war es, Schatz?" Janine begrüßte ihn mit einem Kuss auf die Wange.
"Wie immer", sagte Max und schaltete den Fernseher ein. Die Familienserie flimmerte über den Bildschirm, ohne dass er etwas davon mitbekam. Die Wut arbeitete in ihm.
Später nötigten ihn die beiden Mädchen zu einem Spiel – „Fang den Hut“. Er verlor ständig. In seinem Hirn schien ein Karussell zu rotieren: Kalevski, die zickige Kundin, die sich heute bei ihm über Max beschwert hatte, die Kündigung, der Brieföffner auf dem Schreibtisch des Chefs, und dann dieser Anruf – der Weihnachtsmann in der Spielwarenabteilung. Am Vierzehnten also …
"Was ist los mit dir, Max – Ärger in der Abteilung?" Janine musterte ihn besorgt, als sie sich an diesem Abend neben ihn ins Bett legte.
"Nichts Besonderes." Max drehte sich zur Seite und starrte die Garderobenschrankwand an. "Mein Magen macht wieder Schwierigkeiten."
Er litt unter einer chronischen Magenschleimhautentzündung. Seit Jahren schon.
In dieser Nacht tat Max kein Auge zu. Immer wieder die Szene im Chefzimmer: Kalevski rot vor Erregung. Und immer wieder seine Stimme: "Ich hab' Sie zweimal verwarnt – jetzt reicht's!" Und immer wieder der Brieföffner. Max stellte sich vor, wie er's machte. Erst am frühen Morgen fiel er in einen unruhigen Schlaf.
*
Der nächste Tag war eine Katastrophe. Jedem Kunden, der Max ansprach, hätte er am liebsten den Stinkefinger gezeigt. Bis zum Mittagessen hielt er durch. Dann meldete er sich krank.
In einer Kneipe am Marktplatz, ganz in der Nähe des Kaufhauses, trank er ein Bier nach dem anderen. Als hätte man ihm eine unsichtbare Zwangsjacke angelegt, schnürte die Wut ihn ein. Enger und enger.
Der Gedanke, dass Kalevski am vierzehnten umsonst auf seinen Weihnachtsmann warten würde, befriedigte ihn nicht mehr. Viel befriedigender war der Gedanke, der Weihnachtsmann würde den Chef am vierzehnten in seinem Büro besuchen. Und ihm sagen, was für ein Schwein er ist …
Als er am Abend durch die Fußgängerzone wankte, fielen ihm plötzlich die zahlreichen Weihnachtsmänner auf, die Prospekte oder Werbegeschenke verteilten. Am nächsten Vormittag – vor Janine tat er, als würde er zur Arbeit ins Kaufhaus gehen – kaufte er sich ein Weihnachtsmann-Kostüm.
*
Einige Tage vor dem Vierzehnten ging er morgens in die Agentur für Arbeit. Seine Frau glaubte noch immer, er würde ins Kaufhaus zur Arbeit gehen.
Max zog eine Nummer aus dem kleinen Holzkasten im Wartebereich vor dem Büro der Arbeitsberatung. Er sah auf die Uhr und setzte sich auf den letzten freien Stuhl. Etwa fünfundzwanzig Leute warteten mit ihm auf Einlass ins Büro des Beraters.
Zwei Männer beobachtete er – wie sie aufstanden, wie sie ins Büro gingen, wie sie wieder hinauskamen. Und jedes Mal sah er auf die Uhr.
Max überschlug die Anzahl der Wartenden und die durchschnittliche Zeit, die man beim Berater verbrachte. Frühestens in zwei Stunden später man hier die Nummer aufgerufen, die vor ihm dran war.
Er stand auf und verließ die Agentur. Zwei Stunden. Das müsste reichen …
*
Am späten Vormittag des Vierzehnten dann betrat er wieder die Arbeitsagentur. Erleichtert registrierte er, dass einige Leute schon keinen Sitzplatz mehr fanden im Wartebereich.
Es würde länger als nur zwei Stunden dauern, bis er an die Reihe käme. Er zog eine Nummer und verließ das Arbeitsamt. Mehr als zwei Stunden Zeit. Die Wut tanzte ihm in der Brust herum, wie ein lange eingesperrter Hund.
Er fuhr zum Bahnhof, schloss sich in die Toilette ein und holte Kostüm, Perücke und Bart aus seinem Koffer. Als Weihnachtsmann verkleidet verließ er den Bahnhof. Das Kaufhaus war nur wenige Minuten entfernt von hier.