DIE SCHULDIGE - Karin Welters - E-Book

DIE SCHULDIGE E-Book

Karin Welters

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Beschreibung

Grausam misshandelt und brutal vergewaltigt liegt die 39-Jährige Eva Creutz schwer verletzt auf einer Waldlichtung. Um den Folgen seiner begangenen Gewalttat zu entgehen, sticht der unbekannte Täter mit einem Messer auf sie ein und lässt sie, wie er glaubt, allein sterbend zurück.

In den letzten Minuten ihres irdischen Daseins wird sie von einer inneren Stimme überrascht.

Zwischen Leben und Tod hin und her pendelnd wird ihr von dieser Stimme die Bedeutung der körperlichen Existenz auf Erden erläutert. Nach anfänglicher, heftiger Abwehr öffnet sie sich der Stimme und erkennt den tiefen Sinn ihres Lebens, nach dem sie immer gesucht hat.

Eine Offenbarung nach der anderen überrollt die Sterbende…

 

DIE SCHULDIGE ist ein Roman, der sich den essentiellen Fragen des Lebens widmet und auf humanistischen Werten basiert. Er zeigt die tiefen Hintergründe auf, warum ‚die Frau' als das weibliche Prinzip schlechthin, als „Die Schuldige“ globalen Diskriminierungen, Benachteiligungen, sexueller Ausbeutung und Gewalt - bis hin zum Mord - ausgesetzt ist.

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DIE SCHULDIGE

Roman

 

Karin Welters

 

Grausam misshandelt und brutal vergewaltigt liegt die  39-Jährige Eva Creutz schwer verletzt auf einer Waldlichtung. Um den Folgen seiner begangenen Gewalttat zu entgehen, sticht der unbekannte Täter mit einem Messer auf sie ein und lässt sie allein zurück, im Glauben, dass sie sterben wird.

In den letzten Minuten ihres irdischen Daseins wird sie von einer inneren Stimme überrascht.

Zwischen Leben und Tod hin und her pendelnd wird ihr von dieser Stimme die Bedeutung der körperlichen Existenz auf Erden erläutert. Nach anfänglicher, heftiger Abwehr, öffnet sie sich der Stimme und erkennt den tiefen Sinn ihres Lebens, nach dem sie immer gesucht hat.

Eine Offenbarung nach der anderen überrollt die schwer Verletzte…

 

DIE SCHULDIGE ist ein Roman, der sich mit essentiellen Fragen des Lebens beschäftigt, basierend auf humanistischen Werten. Er zeigt die tiefen Hintergründe auf, warum ‚die Frau' als das weibliche Prinzip schlechthin, globalen Diskriminierungen, Benachteiligungen, sexueller Ausbeutung und Gewalt – bis hin zum Mord – ausgesetzt ist.

 

 

 

Impressum

Copyright © 2019

All rights reserved

Cover Layout © Karin Welters

Foto © 123RF Aigars Reinholds

Die Schuldige © Karin Welters

Published by LitArt-World © 2019

 

 

 

 

Kapitel 1

Kapitel 1

 

Wie eine uralte, erschöpfte Schildkröte krieche ich aus der Schwärze des Nichts.

Wo bin ich?, wispert irgendetwas in mir.

Sofort spüre ich meinen unbeugsamen Widerstand.

Nein! Das will ich gar nicht wissen!

Nein! Ich will nicht aufwachen!

Zurück!

Zurück!… BITTE!

Ich spüre mein inneres Flehen; mein Betteln. Liebes, liebes Nichts. Nimm mich wieder auf. Bei dir ist es so geborgen; so schön warm. Bitte, bitte… nimm mich wieder in deine Arme. Trage mich zurück in das unermessliche, unergründliche, unendliche Nirwana. Dahin, wo sich alles in der Leichtigkeit der Leere auflöst.

Aaaah!

Wo bin ich?, frage oh mich erneut.

Diesmal wagt sich dieses gepanzerte Urviech ein winziges Stück weiter in den Bereich zwischen Tag und Traum und ich bemühe mich redlich, die Augen zu öffnen.

Doch meine Lider sind tonnenschwer und leisten einen enormen, mir unbegreiflichen Widerstand. Sie gehorchen mir nicht.

Das Rauschen in meinen Ohren dringt wie aus einer anderen Sphäre zu mir. Zunächst wie ein Säuseln, wie ein flüchtiger Windhauch. Doch… unaufhörlich und gnadenlos schwillt das Rauschen an und mündet in ein brutales Folterinstrument, das alle anderen Sinneswahrnehmungen zu ersticken droht. Eine ganze Horde von randalierenden, aufgepeitschten Vandalen ballert mit gigantischen Presslufthämmern gegen mein inneres Schädeldach.

Die Schildkröte setzt zum Rückzug an.

Nein!

Bleib hier!

Sie gehorcht mir nicht.

An einer unsichtbaren Schnur, die mich fest umschlungen hält, zieht sie mich mit sich in die Unterwelt. In das Land der Schwerelosigkeit, das sich der Erinnerung entzieht.

Oh, jaaa!

Wo bin ich? Hört das nie auf?

Die Kröte kriecht heran.

Sie steckt den Kopf aus den Tiefen des verhüllten Ur-Ozeans, schnappt nach Luft… und verschwindet.

Ich weiß nicht, wie oft dieses Pendeln zwischen Auftauchen und Davonschleichen in meinem Gemüt wabert; wie Gezeiten eines Wackelpuddings; wie Riesenwellen eines unaufhaltsam heranrollenden Tsunamis, die an den Strand meines Bewusstseins gespült werden und sich wieder in den Tiefen der Unendlichkeit verlieren.

Irgendwann verlangsamt sich der Rhythmus der Tiden. Ich spüre die kühle Nachtluft auf meinem Gesicht. Wie eine zärtliche Brise streichelt sie meine Haut und der Takt meines Herzschlags flüstert: Wo bin ich? – babamm… Wo bin ich? – babamm… Wo bin ich?

Die gewaltigen Strömungen machen mit mir, was sie wollen. Machtlos bin ich ihnen ausgeliefert. Ein Grummeln aus Unmut, Unwillen und Verdruss taucht auf. Aus dem Grummeln wird ein Beben; meine Gefühle schwellen an, bis sie als Zorn, Wut und Ärger über mich hereinbrechen.

Sie wollen mich verschlingen!

Ich zwinge mich zur Ruhe, was mir, mitten im Hurrikan dieser Gefühle, wie eine unlösbare Mammutaufgabe erscheint. Nur mit größter Anstrengung gelingt es mir, meine Augenlider zu öffnen. Bleiern schließen sie sich wieder… wie von Geisterhand gesteuert.

Ich muss mich unbedingt konzentrieren!

Nach ungezählten Versuchen gelingt es mir.

Schwärze…

Totale, vollkommene, ungeteilte Schwärze.

Verflixt nochmal! Wo bin ich?

Und wieso kann ich mich nicht bewegen? Wo ist mein Körper? Ich spüre ihn nicht.

Bin ich… tot?

Mausetot?

Mit noch größerer Anstrengung und äußerster Willenskraft halte ich meine Augen geöffnet. Doch… je mehr ich mich bemühe, zu sehen, desto mehr packt mich das Entsetzen; zieht mich erbarmungslos in den Strudel der Panik; droht, mich zu vertilgen.

Schwärze!

Überall Schwärze!

Bin ich blind geworden?

Ich sehe nichts. Gar nichts mehr.

Ist das so, wenn man tot ist?

Wieso?

Wieso?!

 

Entspanne dich, drängelt es leise am Tumult der Presslufthämmer vorbei.

 

Jetzt höre ich schon fremde Stimmen in meinem Kopf.

Herr im Himmel! Was passiert hier?

 

Entspanne dich!

 

Die Stimme wird klarer. Sie ist weich und sehr… beruhigend.

 

Hör auf, dich zu wehren.

 

Und wie eine selbständig laufende Maschine, reagiere ich vollautomatisch. Ich spüre, wie sich die Panik tatsächlich zurückzieht. Ganz ohne mein Zutun. Mein inneres Chaos weicht einem ruhigeren Fahrwasser.

 

So ist gut, vernehme ich und habe den Eindruck, dass das Wesen hinter der Stimme lächelt.

 

Knalle ich jetzt vollends durch? Eine innere Stimme, die lächelt? Ein Wesen? Ein Wesen?

Was für ein verrückter Gedanke!

Und als hätte ich noch nicht genug mit dieser… dieser, na ja, dieser… ja, was eigentlich? – schreit es wieder in mir auf: Wo bin ich? Ich brülle so laut ich kann. Man muss mich jetzt am äußersten Rand des Universums hören. Habe ich tatsächlich gebrüllt? Oder vielleicht nur gedacht, dass ich brülle?

Aber… wie kann jemand brüllen, der gar keinen Körper mehr hat? Womit sollte der brüllen?

Ich lausche.

In meinem Gemüt regt sich etwas. Irgendetwas, wie eine Gewitterwolke, steigt in mir hoch. Was, um Himmels willen, ist das?

Das fühlt sich an wie ein… wie eine überdimensionale, erwachende, sich reckende Python. Ein… Gebilde, als würde sich etwas bisher Unbekanntes, Namenloses, Unentdecktes aus seinem unterirdischen Verlies befreien. Eine rätselhafte Kraft drängt unaufhaltsam aus meinem tiefsten Inneren an die Oberfläche meines Gemüts. Eine Kraft, der sich niemand entgegenstellen kann.

Mein Gott!

Was ist das?

Wie ein Echo aus unendlicher Ferne höre ich…

 

Macht!

 

Macht?

Oh, mein Gott! Was für eine Macht?

 

Die Macht der Frau.

 

Ich kann kaum noch denken. WAS für ein Gefühl! WAS für eine Energie!

Die soll die Macht der Frau sein?

Ich verstehe nur Bahnhof. Meine Güte, wie soll ich das verstehen? Irgendwie kriege ich das nicht gebacken. Was ist das nur für eine >Macht der Frau<?

 

Na, die einzige Macht, die es gibt!

 

Dieses Gefühl, diese Kraft ist überwältigend. Mir wird schwindlig. Meine Gedanken überschlagen sich, fliegen Loopings. Du meine Güte! Ich glaube, mir geht gleich wieder die Lampe aus.

Neiiiin!

 

Reiß dich zusammen, Eva Creutz!

 

Noch einmal versuche ich mit aller Kraft des Willens, mich zu konzentrieren.

Ich weiß nicht, wo ich bin. Ich spüre meinen Körper nicht. Um mich herum ist unendliche Schwärze und ich höre eine Stimme im Kopf, die von Macht redet.

Und das soll ich verstehen?, blitzt der Gedanke in mir auf. Nein! Ich kann nur durchgeknallt sein.

Verzweifelt suche ich nach einer vernünftigen Erklärung.

Doch ich greife ins Leere.

Die Verzweiflung verstärkt sich; nähert sich einer überdimensionalen Panik, die meine Denkfähigkeit vollständig außer Kraft setzen will.

PANIK!

So sehr ich auch suche… ich finde keine Argumente, die auch nur annähernd einen Sinn ergeben.

HIIIILFE!

 

Hey! Alles wird gut! Beruhige dich.

Hör auf, verstehen zu wollen. Dazu ist der Intellekt nicht fähig... und auch nicht erschaffen worden. Es geht jetzt nicht um dein intellektuelles Verstehen, sondern um echte Erkenntnis, um das Begreifen! Um deine wahren Gefühle!

 

Himmelherrgott! Wovon redet diese Stimme?

Ich muss Halluzinationen haben. Dabei habe ich seit ewigen Zeiten nichts mehr geraucht. Und diese hellblauen Pillen… habe ich vor… mindestens zwanzig Jahren nur ein einziges Mal ausprobiert.

 

Willst du wirklich wissen, was hier mit dir passiert?

 

Und ob!

 

Dann schalte Deinen Intellekt herunter. Beruhige dich und geh tiefer! Höre! Höre die Stimme, die du im Alltag nicht zu Wort kommen lässt. Höre MICH!

 

Dich? Wer bist du?

Meinen Intellekt… herunterschalten? Pah! Und womit, bitte schön, soll ich dann verstehen, was hier abgeht?

 

Was hier gerade >abgeht<, kann dein Intellekt sowieso nicht erfassen. Also… versuche es nicht weiter.

Kennst du den Unterschied zwischen ‚verstehen‘ und ‚begreifen‘?

 

In meinem Kopf geht es jetzt richtig chaotisch zu. Verstehen? Begreifen? Worin besteht der Unterschied? Nein. Ich raffe gar nichts mehr! Was soll das? Ich habe gerade ein paar andere Probleme – mein Körper ist weg!

Die Stimme kichert!

Sie lacht mich aus!

Das ist doch die Höhe!

Ich möchte aufspringen und meiner Empörung Ausdruck verleihen; mit dem Fuß aufstampfen, die Arme in die Seite stemmen. Meine Meinung herausschreien!

Aber…

Nichts!

Absolut nichts!

Mein Körper ist weg! Ich spüre ihn nicht.

Aber es brodelt in mir – und zwar unerträglich!

 

Hallo, Eva! Konzentriere dich auf meine Stimme. Streng dich an! Richte deine ganze Aufmerksamkeit jetzt auf meine Stimme.

 

Wieder vernehme ich ein Kichern.

 

Je eher du deinen Widerstand aufgibst, desto schneller begreifst du, was mit dir hier gerade passiert.

 

Wo, du Schlaumeier, leiste ich Widerstand? Wo siehst du, wie ich die Arme hochreiße – zu meinem Schutz? Wo gehe ich gekrümmt in Deckung? Hallo? Ich kann nicht einmal meine Arme bewegen, geschweige denn weglaufen. Habe ich überhaupt noch einen Körper?

 

Dein Widerstand – wie jeder menschliche Widerstand – findet im Inneren statt; in deinem Kopf.

 

Na, das ist wohl derzeit mein kleinstes Problem. Sag mir lieber, wieso ich mich nicht mehr rühren kann. Weshalb der Totalausfall meines Körpers? Was ist hier los?

 

Statt eine Erklärung von dieser Stimme zu bekommen, überschwemmen mich abrupt, ohne Vorwarnung, die Bilder meiner Erinnerung.

 

Oh, Gott!

Mein Verstand droht, auszusetzen. Da winkt sie wieder! Diese unheimliche Schwärze!

NEEIIIIIN!

 

Ja, der Mechanismus, dich vor der grauenhaften, unmenschlichen und brutalen Erinnerung zu schützen, liegt eben nicht im Intellekt, sondern im Gefühl, in deinem Unterbewusstsein. Da, wo der Intellekt nicht hinreicht. Da, wo dein vermeintlicher Wille außer Kraft gesetzt ist.

Lass die Erinnerung zu!

 

Jetzt überrollt mich die Erinnerung wie ein Bulldozer.

Bilder… Oh, Gott!

 

Olaf! Der Heimweg. Das Waldstück. Der Fremde. Wie aus dem Nichts überfällt er mich. Von hinten hat er sich angeschlichen. Sein Arm umklammert mich wie eine Schraubzwinge. Eine stählerne Hand hält mir den Mund zu. Ich bin starr vor Schreck. Dann wirft er mich zu Boden. Kniet sich auf mich. Seine Faust trifft mich wie eine Abrissbirne an der Schläfe. Ich falle in ein tiefes, dunkles Loch. Wenigstens für einen Moment.

Kurz darauf fühle ich, wie mich jemand über den unebenen Boden schleift. Ich bin nur halb bei Sinnen. Die Wiese auf der Lichtung. Er reißt mir das Kleid auf. Greift nach meinem Slip. Ich versuche zu schreien. Wieder landet seine Faust in meinem Gesicht. Ich höre die raue Stimme. Halt den Mund! Sonst steche ich dich ab! Ich zweifle keine Sekunde, dass er dazu fähig ist.

Er kommt ganz nahe an mein Gesicht.

Oh… was für Augen!

Kalt.

Eiskalt.

Und fast schwarz.

Das Höllenfeuer in seinen Augen versengt mein Gefühl.

Panik!

Ich will weg!

Jetzt hält er mir ein Messer vors Gesicht. Wenn du einen Mucks von dir gibst, bist du tot!, raunzt er, kaum hörbar.

Mit einer blitzartigen Bewegung schneidet er mit dem Messer meinen Slip auf und drückt meine Beine erbarmungslos auseinander. Brutal dringt er in mich ein.

Der Schmerz raubt mir fast den Atem.

Mit eisernen Händen presst er mir meine Arme über den Kopf und drückt meine Handgelenke mit entmenschlichter Kraft auf den Boden.

Mein Unterleib platzt fast vor Schmerz.

Mir wird speiübel.

Sein Mundgeruch ist unerträglich.

Er japst!

Mit einem Stöhnen sackt er auf mir zusammen.

Ich ersticke!

Endlich… Er steht auf.

Es ist vorbei. Gott sei Dank!

Durch meine gequollenen Lider sehe ich dieses dämonische Grinsen.

Bevor ich mich versehe, dreht er mich auf den Bauch wie eine gewichtslose Fensterpuppe, greift mir unter den Leib und faucht: Knie dich hin, du Schlampe!

Seine stahlharte Pranke hält mir den Mund zu.

Niemand hört meinen Schrei, als er in meinen Po eindringt.

Mir schwinden erneut die Sinne, wenn auch wieder nur für kurze Zeit.

Mein Gott!

Was für ein bestialisches Monster!

Endlich! Endlich ist er fertig!

Ich lasse mich zur Seite fallen.

Er steht vor mir, schließt den Reißverschluss seiner Jeans und… grinst mich höhnisch an.

Was für eine Menschenverachtung!

Was für eine Erniedrigung!

Was für eine Entwürdigung!

Und damit du niemandem verrätst, was hier gerade passiert ist, muss ich dich leider töten, zischelt er.

Er tritt mir mit voller Wucht seinen Stiefel in die Rippen.

Ich schnappe nach Luft.

Ein Trommelfeuer an Fußtritten prasselt auf mich ein, betäubt den Rest meiner Gefühle für mich.

Er lässt keinen einzigen Körperteil aus.

Ich komme mir vor wie eine Gummipuppe, die diesem Teufel machtlos ausgeliefert ist.

Was für eine Wut!

Was für ein Hass!

Was für eine unbeschreibliche, grenzenlose Rage quillt wie grüner, giftiger Schleim aus diesem… Unmenschen heraus!

 

NEIN!

Ich will diese Bilder nicht! Ich will sie ausknipsen!

 

Das, meine Liebe, ist nicht dein Wille.