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Werner Köhler, ein Mitarbeiter des Mönchengladbacher Bauamtes wird in der Wuppertaler Schwebebahn ermordet. Die Ermittlungen laufen ins Leere. Als ein Jahr später auch der Mönchengladbacher Stararchitekt Klaus Sieckers tot in der Schwebebahn aufgefunden wird, schaltet Anne Weller, Oberkommissarin beim KK 11 in Mönchengladbach, ihre Freundin Jette Berger ein.
Hat Sieckers etwa Mitarbeiter des Bauamts bestochen? Flossen Schmiergelder auch in Wuppertal? Welche Rolle spielt der Bauherr Mark Vogler? War Eifersucht des Gladbacher Womanizers das Tatmotiv? Warum mussten Claudia von Beeck und Caroline Böhmer sterben? Schafft das Damentrio aus Gladbach es, den Sumpf trockenzulegen und den Mörder dingfest zu machen?
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Karin Welters
Jette Berger und der Schwebebahn-Mörder
Cosy Crime aus Mönchengladbach (No. 3)
Copyright © 2018
All rights reserved
Cover-Fotos © 123RF Tasskorn Sriramat & Karin Welters 2018
Cover-Layout © Karin Welters 2018
Jette Berger und die Tote am Geroweiher © Karin Welters
Werner Köhler, ein Mitarbeiter des Mönchengladbacher Bauamtes wird in der Wuppertaler Schwebebahn ermordet. Die Ermittlungen laufen ins Leere. Als ein Jahr später auch der Mönchengladbacher Stararchitekt Klaus Sieckers tot in der Schwebebahn aufgefunden wird, schaltet Anne Weller, Oberkommissarin beim KK 11 in Mönchengladbach, ihre Freundin Jette Berger ein.
Hat Sieckers etwa Mitarbeiter des Bauamts bestochen? Flossen Schmiergelder auch in Wuppertal? Welche Rolle spielt der Bauherr Mark Vogler? War Eifersucht des Gladbacher Womanizers das Tatmotiv? Warum mussten Claudia von Beeck und Caroline Böhmer sterben? Schafft das Damentrio aus Gladbach es, den Sumpf trockenzulegen und den Mörder dingfest zu machen?
*
Wuppertal
Von seiner Plattform aus sah Frank Lehrmann, wie die Schwebebahn ihre Fahrt verlangsamte und schließlich an der vorgeschriebenen Markierung anhielt. Die Fahrgäste strömten dem Ausgang zu und nach wenigen Minuten setzte sich der Waggon langsam in Bewegung, um in der Schleife an der Endstation Vohwinkel wieder in die entgegengesetzte Richtung gedreht zu werden. Frank schaute auf seine Uhr. 18:30 Uhr. In einer halben Stunde würde er seine Schicht beenden. Wird aber auch Zeit, dachte er. Zwei Schichten hintereinander kosten ganz schön Nerven. Ausgerechnet an diesem Samstag, an dem der WSV mal wieder ein Heimspiel hatte, musste der Kollege Wirtz krank werden und Frank einspringen.
Er bestieg die Bahn in der Schleife, damit er kontrollieren konnte, wer seinen Regenschirm, seine Kamera oder seine Brille verloren oder vergessen hatte. Wenn der WSV ein Spiel hatte, blieb immer besonders viel einzusammeln übrig. Und so ging er von Reihe zu Reihe, um eventuelle Fundsachen aufzulesen.
Etwa in der Mitte der Bahn, kurz vor der ‚Brücke‘, wie er das bewegliche Zwischenteil der beiden Waggons nannte, zwischen der vorletzten und letzten Bankreihe, sah er jemanden liegen.
Schon wieder einer, der nicht weiß, wann genug ist, dachte er und stieß den Mann an. Doch der rührte sich nicht.
„He! Hallo!“, rief er laut. „Endstation!“
Er rüttelte den Mann, der sich noch immer nicht bewegte.
Mann, muss der voll sein, dachte Frank und versuchte, den Fahrgast umzudrehen. Es gelang ihm nur halb, weil der Raum zwischen den Reihen ziemlich eng war. Allerdings sah er, dass die Augen des Fremden halb geöffnet waren. „Oh Gott!“, entfuhr es ihm. Mit einem Satz sprang er zurück, drehte sich um und rannte zu seinem Kollegen ins Büro.
„Ruf schnell die Polizei und den Notarzt. Da drin liegt einer, der nicht aufsteht. Ich weiß nicht, ob der nur besoffen ist oder bewusstlos.“
*
*
*
Mönchengladbach
„Wie bitte?“ Anne Weller, Oberkommissarin vom KK11 in Mönchengladbach, glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen. „Ich soll das, was Peters vermurkst hat, jetzt ausbaden? Das kann nicht Ihr Ernst sein, Herr Heckersbach.“
„Nein, Frau Weller“, wehrte der Polizeipräsident ab, „hier geht es um einen neuen Fall.“
„Und was ist aus dem alten geworden?“
„Nun ja…“ Er hantierte mit ein paar Schriftstücken auf seinem ansonsten tadellos aufgeräumten Schreibtisch. „Der ist noch nicht vom Tisch.“
„Dann soll Kollege Peters auch den neuen Fall übernehmen. Er ist ja ohnehin mit den Kollegen in Wuppertal in engem Kontakt.“
„Nach den beiden letzten komplizierten Fällen, die Sie und Frau Stelzmann zusammen mit Frau Berger so rasch und so professionell gelöst haben, möchte ich Ihnen den neuen Fall übertragen. Der Kollege Peters hat selbst nach einem Jahr keine Fortschritte bei seinen Ermittlungen machen können. Aber er kann Sie unterstützen.“
„Nein!“, widersprach Anne heftig. „Wenn ich den Fall übernehme, dann nur, wenn Kollege Peters sich da raushält. Sie werden für ihn sicher eine andere, dringendere Aufgabe haben.“
Der Polizeipräsident atmete tief aus. „Was haben Sie beide bloß für ein Problem?“ Er schüttelte den Kopf.
„War das jetzt eine rhetorische Frage oder wollen Sie das wirklich wissen?“
Anne fing seinen irritierten Blick auf.
„Du meine Güte, Frau Weller. Sie sind doch erwachsene Menschen. Kollegen sollten zusammenarbeiten und nicht gegeneinander!“
Anne hatte keine Lust, sich auf dieses Thema einzulassen. Er würde ihre Argumente sowieso nicht verstehen. Für sie gehörten Heckersbach und Peters ohnehin in die gleiche Kategorie: aufgeblasene Machos. Wichtigtuer, die an Profilierungssucht litten.
„Na gut“, sagte sie, „ich übernehme den Fall… aber Sie sorgen dafür, dass ich alles, was mit dem bisherigen Fall zu tun hatte, auf meinen Schreibtisch bekomme. Kollege Peters kann mir eine schriftliche Zusammenfassung seiner Ermittlungen und Ergebnisse dazulegen.“
„Ich kümmere mich darum“, knurrte er und drückte ihr eine dünne Mappe in die Hand. „Das ist Ihr neuer Fall.“
Anne war entlassen.
*
*
*
Mönchengladbach
„Na?“, grinste Iris sie an, als sie die Bürotür hinter sich zudrückte.
Anne grinste ebenfalls, sagte aber nichts.
„Was wollte der Chef von dir? Gleich am Montagmorgen so kurz nach Dienstbeginn“, wollte Iris wissen.
„Du wirst es nicht glauben, Löwchen“, erwiderte Anne und ließ sich in ihren Bürosessel fallen. „Er hat mir einen neuen Fall übertragen.“
„Was – bitte schön – ist daran ungewöhnlich?“
Wieder grinste Anne. „Das Ungewöhnliche daran ist, dass es offenbar mit genau dem Fall zusammenhängt, den er mir vor einem Jahr entzogen und dem ehrenwerten Herrn Kollegen Peters übertragen hat.“
„Ach, nee!“
„Ich hab es gewusst!“, grinste Anne. „Ich habe damals schon gewusst, dass der das nicht auf die Reihe kriegt.“
„Von welchem Fall sprichst du?“
„Erinnerst du dich nicht? Dieser Fall in Wuppertal. Der Mord in der Schwebebahn. Ein Mitarbeiter der Stadt Mönchengladbach wurde in der Schwebebahn erstochen.“
„Ach, den.“ Iris schüttelte den Kopf.
„Die Spuren sind doch längst eiskalt. Wie sollen wir den Fall jetzt noch aufklären?“
„Nein, Iris. Es gibt einen neuen Fall. Und zwar wieder ein Toter in der Schwebebahn und wieder jemand aus Mönchengladbach.“
„Mit anderen Worten – einen alten, kalten und einen neuen, heißen?“
Anne zögerte. „Ich weiß nicht, ob die beiden überhaupt zusammenhängen. Ich kriege gleich den alten Fall von Peters auf den Tisch. Hier!“ Anne schwenkte die dünne Mappe. „Hier ist der neue Fall.“
„Na, dann lies mal schön“, erwiderte Iris. „Ich arbeite in der Zwischenzeit an unserem Monatsbericht. Du weißt ja – am Donnerstag um 17 Uhr ist Sperrstunde. Bis dahin will Heckersbach den Bericht im Postkasten haben.“
„Ja, ich weiß“, murmelte Anne, hörte aber nicht mehr genau hin. Sie vertiefte sich in das Protokoll der Wuppertaler Kollegen.
*
Am Samstag, dem 25. April, um 18:37 Uhr, wurden die Beamten zur Schwebebahnendstation Vohwinkel gerufen. Einer der Mitarbeiter hatte den leblosen Körper eines Fahrgastes gefunden. Er lag auf dem Boden zwischen zwei Sitzreihen etwa in der Mitte des Wagens. Der herbeigerufene Notarzt konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen. Der Tote, Klaus Sieckers, war ein Architekt mit Hauptwohnsitz in Mönchengladbach und einer Zweitwohnung in Wuppertal. Die Todesursache konnte vor Ort nicht geklärt werden. Er hatte keine äußeren Verletzungen. Der Tote wurde in die Gerichtsmedizin nach Düsseldorf überführt. Seine Identität konnte anhand der mitgeführten Papiere zweifelsfrei festgestellt werden: Personalausweis, Scheck- und Kreditkarten sowie Führerschein und Visitenkarten.
*
Nachdem Anne den Bericht gelesen und sich die Tatortfotos angesehen hatte, legte sie die Mappe auf den Schreibtisch. „Das ist aber ziemlich dünn.“
„Was meinst du?“, fragte Iris verwundert.
„Na, ja.“ Anne zögerte. „Außer die Identität des Opfers herauszufinden, haben die Kollegen in Wuppertal noch keine großen Aktivitäten entwickelt. Ist am Wochenende ja auch schwierig.“
„Was haben wir überhaupt mit einem Mord in Wuppertal zu tun?“
„Das Opfer, dieser Klaus Sieckers, hat seinen ersten Wohnsitz in Mönchengladbach, ist Architekt und hat ein Büro auf der Regentenstraße.“
„Hast du Sieckers gesagt? Der Sieckers?“
„Ja, meine Liebe. Der Sieckers.“
Iris bearbeitete ihre Tastatur, druckte wenig später die recherchierten Ergebnisse aus und las vor: „Klaus Sieckers, 43 Jahre, verheiratet, zwei Kinder. Ist vor drei Jahren bei einer Verkehrskontrolle mit Alkohol am Steuer erwischt worden. Hat Schwein gehabt und kam mit einer deftigen Geldstrafe davon.“
„Hat der nicht sogar Büros in verschiedenen Städten?“
Wieder klapperte Iris‘ Tastatur. „Du hast recht. Insgesamt vier. Das Hauptbüro ist hier in Mönchengladbach. Dann hat er noch Büros in Krefeld, Neuss und Wuppertal.“
„Dann lass uns mal losfahren, Löwchen. Die Kollegen haben seine Frau am Wochenende nicht erreichen können. Vielleicht haben wir heute mehr Glück. Hast du die Adresse?“
„Ja. Am Bunten Garten.“
„Hab ich mir gedacht.“
Um kurz nach neun Uhr klingelten sie an dem weißen Bungalow.
„Ja, bitte?“, ertönte eine Frauenstimme an der Sprechanlage.
Anne stellte sich und Iris vor.
Der Türöffner des schmiedeeisernen Tors summte und Anne ging mit ihrer Kollegin den gepflasterten Weg zum Haus. Anne erkannte auf den ersten Blick, dass der gepflegte Rasen und die üppigen Rhododendren die Handschrift eines professionellen Gärtners trugen.
An der Tür wurden sie von einer Frau in Jeans und Pullover erwartet.
„Frau Sieckers?“, fragte Anne.
„Nein“, wehrte die Frau ab. „Ich bin Bea Kollmann, die Haushälterin. Bitte kommen Sie herein.“
Iris und Anne wurden in einen Raum geführt, der mit Bücherregalen, einem Schreibtisch und einer schwarzen Ledergarnitur ausgestattet war. Ein riesiger Orientteppich bedeckte den Boden des Raums fast vollständig. „Bitte nehmen Sie Platz. Ich sag Frau Sieckers Bescheid.“
Nur wenige Minuten später betrat eine gepflegte Frau den Raum. Blondes, mittellanges Haar, etwa 1,70m groß und sehr ebenmäßige Gesichtszüge, registrierte Anne. In ihrem türkisfarbenen Hausanzug sah die Frau hinreißend aus.
„Guten Tag“, begrüßte sie die beiden. „Ich bin Gina Sieckers. Was führt Sie zu mir?“
Anne beeindruckte die zur Schau gestellte Selbstsicherheit der Architektengattin keineswegs.
„Frau Sieckers“, begann Anne, „wir haben eine bedauerliche Nachricht für Sie.“
„Was ist passiert?“
Anne war nicht entgangen, dass Gina Sieckers ein wenig blass geworden war.
„Nun ja“, zögerte Anne, „Ihr Mann ist am Samstag verstorben.“
„Klaus? Tot?“ Gina Sieckers war kreidebleich geworden. „Hatte er einen Unfall?“
„Nein, Frau Sieckers. Wir wissen noch nicht genau, woran er verstarb, aber wir können nicht ausschließen, dass Ihr Mann ermordet wurde. Wir ermitteln aus reiner Routine.“
Völlig reglos saß die Frau auf der Sesselkante. Ungläubig wanderte ihr Blick von Anne zu Iris und wieder zurück. Plötzlich sprang sie auf, marschierte zum Fenster und riss die Terrassentür auf. Hörbar sog sie die Luft ein.
Anne wartete.
Langsam drehte sich die Frau um. „Ich habe es geahnt“, flüsterte sie. „Es musste so kommen.“
„Wie meinen Sie das, Frau Sieckers?“ Anne war verblüfft.
„Klaus hat sich viele Feinde gemacht, Frau Kommissarin, sehr viele. Wie oft habe ich ihm gesagt, er soll kürzer treten. Aber nein – er wollte nichts davon hören.“
„Was meinen Sie mit – kürzer treten?“, mischte sich Iris ein.
Gina Sieckers, immer noch leichenblass, setzte sich wieder in ihren Sessel. „Mein Mann und ich führten eine Ehe, die den Namen schon lange nicht mehr verdiente. Manchmal sah ich ihn zehn oder vierzehn Tage lang nicht. Dann pendelte er zwischen seinen Büros und seinen Geliebten hin und her. Nein, unsere Ehe existierte nur noch auf dem Papier.“
„Wussten Sie, dass er am Samstag in Wuppertal war?“
„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Wo ist er denn… gefunden worden? In seiner Wohnung?“
„Nein, Frau Sieckers, in der Schwebebahn.“
Die Architektengattin sah Anne an. „Und wie ist er… ich meine… wissen Sie, wie er gestorben ist?“
„Leider noch nicht. Die Obduktion wird heute erst gemacht.“
„Kann es auch ein Herzinfarkt gewesen sein?“
„Das ist nicht auszuschließen, aber der Notarzt meinte, dass die Todesursache nur durch eine Autopsie geklärt werden könnte.“
„Ich verstehe.“
„Sie sprachen eben von Feinden, Frau Sieckers“, warf Iris ein. „Können Sie uns sagen, wen Sie damit meinten?“
„Ich weiß zwar nicht über alle Fälle Bescheid, aber einen kann ich ihnen nennen: Mark Vogler. Er hat meinen Mann gehasst wie die Pest.“
„Wer ist das? Und warum hat er Ihren Mann gehasst?“
„Mark Vogler ist ein Bauherr hier in Mönchengladbach. Vor etwa zwei Jahren hat er meinem Mann einen Auftrag erteilt. Er sollte ein großes Wohnhaus mit mehreren Ladenlokalen bauen. Es war ein großer Auftrag. Etwa zwei Millionen. Als die Betondecke der 2. Etage gegossen wurde, stellte man fest, dass es einen Fehler in der Statikberechnung gegeben hatte. Der Bau wurde sofort gestoppt und Voglers Finanzierung geriet ins Wanken. Er stand kurz vor der Insolvenz und verklagte meinen Mann.“
Na, wenn das kein Motiv ist, dachte Anne.
„Gibt es noch mehr Feinde?“, hakte Iris nach.
Gina Sieckers schwieg.
„Frau Sieckers“, drängte Anne, „was ist los? Wollen Sie nicht, dass der mögliche Mord Ihres Mannes aufgeklärt wird?“
„Doch, doch“, beeilte sich die Frau. „Es gibt sicher einige Männer, die meinen Mann am liebsten unter der Erde gesehen hätten. Wissen Sie… mein Mann war ein… ein Schürzenjäger.“
„Hatte er eine Geliebte?“
„Eine? Ich weiß nicht, wie viele Geliebte mein Mann hatte. Und es gibt bestimmt mehrere, die er gleichzeitig… beglückte. Es kümmerte ihn absolut nicht, ob die Frauen verheiratet, verlobt oder Singles waren.“
„Können Sie uns Namen geben?“
Die Frau schüttelte den Kopf. „Fragen Sie seine diversen Sekretärinnen. Die haben garantiert den besseren Überblick.“ Nach kurzem Zögern setzte sie hinzu: „Ich habe schon vor Jahren aufgehört, mich darüber aufzuregen. Und… bevor Sie es von jemand anderem erfahren, ich habe auch einen anderen.“
„Wusste Ihr Mann davon?“