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Als die 23jährige Anglistik-Studentin Bettina Dohren ihren Verlobten Alexander bei einem Seitensprung erwischt, bricht für sie eine Welt zusammen. Kurzerhand entschließt sie sich, an einem Studenten-Austausch-Programm teilzunehmen und für zwei Semester an der UCT, der Universität von Kapstadt, zu studieren.
Kaum dass sie südafrikanischen Boden betritt, wird sie in das fröhlich-bunte Studentenleben hineingezogen, das geprägt ist von unzähligen Freizeitaktivitäten und jeder Menge Partys. Betty hat das Gefühl, zum ersten Mal das wahre Leben kennenzulernen und taucht in eine Welt voller Überraschungen ein.
Während einer der Partys, die auf dem Weingut einer ihrer Mitstudentinnen in Stellenbosch stattfindet, lernt sie Billy kennen, der auf einem benachbarten Weingut arbeitet. Zwischen den beiden funkt es sofort. Als sie jedoch erfährt, dass Billy verlobt ist, zieht sie sich, tief verletzt, von ihm zurück. Sie will keine komplizierte Beziehung – schon gar nicht nach ihrer eigenen Erfahrung mit Alexander.
Am Vorabend ihrer Rückreise nach Deutschland findet eine für sie organisierte, rauschende Ballnacht statt. Als zu später Stunde auch Billy auf dem Fest auftaucht, verlässt sie fluchtartig das Haus und fährt zum Bloubergstrand.
Ein letztes Mal möchte sie den Sonnenaufgang mit Blick auf den Tafelberg erleben. Sie will sich für den Rest ihres Lebens an diesen Morgen am Blauen Strand erinnern.
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Roman von
Karin Welters
Copyright © 2019
All rights reserved
Cover Layout © Karin Welters
Coverfoto © 123RF domenicogelermo
Eine Sommer in Kapstadt © Karin Welters
Published by LitArt-World © 2019
Samstag, 09. Januar 2016
*
Sie spürte das Kribbeln im Bauch und musste unwillkürlich grinsen. Gleich würde sie Alexanders verblüfftes Gesicht sehen, wenn er die Tür seines Appartements öffnete und sie wie aus dem Nichts kommend vor ihm stand. Seine grau-blauen Augen würden strahlen und er würde sie umarmen. Er ahnte ja nicht, dass sie eine Woche früher als geplant zurückkehrte. Nein, sie hatte ihm absichtlich nichts gesagt. Diesmal sollte er sich über eine Überraschung freuen.
Bettina Dohren, die 23jährige Anglistik-Studentin war überzeugt, dass sich Frauen nicht nur auf ihre weibliche Rolle des ‚Blumen-Empfangens‘ begrenzen sollten. Nein, auch Männer sollten von Zeit zu Zeit von ihren Frauen eine freudige Überraschung erfahren. Und das sollte nicht auf einen Kinobesuch reduziert bleiben.
Der eisige Wind pfiff durch die Straßen von Mönchengladbach und Bettina zog ihren Schal enger. Mit gesenktem Kopf versuchte sie, ihr Gesicht vor den gierigen Händen der sibirischen Kälte zu schützen. Schon bald stand sie vor dem großen Appartementhaus und schaute hoch. Im dritten Fenster von rechts, auf der 5. Etage, brannte Licht. Alexander, ihr Verlobter, war also zu Hause.
Sie lächelte.
Gott sei Dank, dachte sie und öffnete die Haustür.
Der Aufzug hatte seine Tore weit geöffnet.
Wenige Minuten später klingelte sie an seiner Wohnungstür und wich umgehend zur Seite. Jetzt konnte er durch den Türspion nicht sehen, wer geläutet hatte.
Sie hörte seine Schritte.
Dann öffnete sich die Tür und sie sah ihren Schatz durch den Türspalt.
Sie streckte den Kopf vor. „Überraschung!“, rief sie fröhlich.
Im gleichen Moment hörte sie eine ungeduldige Frauenstimme. „Wer ist denn da, Alex?“
Erst jetzt bemerkte Bettina, dass ihr Verlobter nur ein Handtuch um seine Hüften geschlungen hatte. Die Frau im Hintergrund zog die Türe weiter auf und Bettina sah eine Blondine in ihrem Morgenmantel. Erstarrt stierte sie auf das champagnerfarbene Seiden-Dessous, das Alexander ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Das war gerade erst zwei Wochen her!
Da standen sie.
Drei Menschen.
Alle wie erstarrt.
Keiner sprach ein Wort.
Die Blondine schien zu erfassen, dass hier etwas geschah, das offensichtlich nicht zum gewünschten Erlebnis passte, denn sie griff nach Alexanders Arm.
Bettina zuckte zusammen.
Sie begriff!
Sie machte einen Schritt rückwärts, drehte sich wortlos um und ging – wie in Trance – zum Fahrstuhl zurück. Sie erlebte sich selbst wie eine Marionette, die mechanische Bewegungen ausführte, ohne beteiligt zu sein. Wie durch eine Nebelwand hörte sie ihren Verlobten. „Bettina! Warte! Ich kann dir das alles erklären!“
Die Fahrstuhltür öffnete sich und Bettina zögerte. Sie stellte ihren Fuß zwischen die Türen, schaute für ein paar Sekunden zurück zu Alex, bestieg den Lift und drückte den Knopf „A“ – für Ausgang.
Wie betäubt machte sie sich auf den Heimweg. War das gerade ein böser Traum, aus dem sie gleich erwachte? Hatte ihr die Phantasie einen Streich gespielt? Bettinas Gedanken fuhren Achterbahn und ihre Gefühle schienen irgendwie abgestorben zu sein.
Nein, das konnte alles nicht wirklich sein!
Sie spürte die Kälte nicht. Sie bemerkte den Verkehr nicht. Sie hörte auch nichts mehr. Alle ihre Sinne schienen wie vernagelt. Ein Vakuum hielt sie umfangen. Sie hatte das Gefühl, in einen leeren Raum hineingefallen zu sein, dessen Unendlichkeit jede Grenze ausschloss.
Erst als sie ihre eigene Appartementtür aufschloss und den noch nicht ausgepackten Koffer erblickte, holte sie die Realität ein. Mit bebenden Händen schloss sie die Tür hinter sich, entledigte sie sich ihres Parkas, der Mütze und streifte die gefütterten Handschuhe ab. Sie ließ alles an Ort und Stelle fallen und sank auf den Parkettboden.
Minutenlang saß sie dort, mit dem Rücken an die Wohnungstür gelehnt. Ihr Kopf war leer wie ein ausgetrockneter Brunnen.
Dann spürte sie, wie ihre Gefühle unaufhaltsam in ihr aufstiegen und sie zu übermannen drohten. Mit größter Mühe riss sie sich zusammen. Sie schaute auf ihre von der Kälte noch immer geröteten Hände, streifte den Verlobungsring ab und schleuderte ihn im hohen Bogen von sich. Mit einem leisen Klimpern verschwand er irgendwo im Zimmer.
Mühsam erhob sie sich, wankte zum Schrank und holte die Cognacflasche aus dem untersten Fach. Im Vitrinenschrank griff sie nach dem Schwenker und goss sich einen Doppelten ein. Mit einem einzigen Schluck kippte sie das bernsteinfarbene Gebräu hinunter. Sie fühlte, wie der Schnaps in der Kehle brannte, die Speiseröhre herunterrann und sich die wohlige Wärme im Magen ausbreitete.
Mit der Flasche und dem Glas in den Händen, ließ sie sich in ihren Ohrenbackensessel fallen.
Erneut füllte sie den Schwenker und wieder kippte sie den Drink in einem Zug herunter.
Das Telefon klingelte.
Mit einem Blick erkannte sie Alexanders Nummer im Display.
Sie ließ es klingeln.
Nachdem es aufgehört hatte, legte sie den Hörer daneben.
Sekunden später meldete sich ihr Mobiltelefon.
Alexander!
Sie schaltete ihr Handy aus.
Der Cognac begann zu wirken. Erschöpft lehnte sie ihren Kopf zurück.
Und jetzt?, fragte sie sich.
Der Schmerz in ihrem Inneren bahnte sich seinen Weg nach draußen. Tränen rollten an ihren Wangen herab. Schließlich schluchzte sie auf und sank nach vorn, den Kopf auf die Knie.
Es klingelte Sturm an ihrer Tür.
Erschrocken sprang sie auf und steckte den Wohnungsschlüssel von innen ins Schloss. Sie hätte seinen Anblick jetzt nicht ertragen.
Wie konnte er mir das antun? Warum? Weshalb hat er mich derart hintergangen? War alles nur eine einzige Lüge gewesen? Bin ich auf einen Mann hereingefallen, der mich nur verarscht hat?
Sie stellte die Klingel ab.
Schließlich kroch sie unter die Decke und weinte sich in den Schlaf.
*
*
*
Montag, 11. Januar 2016
*
Den Sonntag hatte Bettina überstanden, den ersten Schock überwunden und es gelang ihr, wieder einigermaßen klar zu denken.
An diesem Montag fragte sie sich, wie ihr Leben weitergehen sollte. Sie wusste, die Beziehung mit Alexander war vorbei. Ein für alle Mal! Doch… würde sie es ertragen, ihm jeden Tag in der Hochschule zu begegnen?
Sie tastete über ihr Gesicht und schaute sich im Badezimmerspiegel an.
Man sah überdeutlich, dass sie geheult hatte. Ihre geschwollenen Lider verdeckten halb die sonst klaren, grünen Augen und der Glanz ihrer kastanienroten, langen Haare ließ sehr zu wünschen übrig. Statt in weichen Wellen auf ihren Schultern zu ruhen, hingen sie in unordentlichen Strähnen am Kopf herab.
Nein! Sie durfte sich nicht länger mit Alexander und ihrer zerbrochenen Beziehung beschäftigen. Jetzt musste ein Plan her, wie es weitergehen sollte.
Natürlich würde er sich nicht geschlagen geben. Er würde garantiert alles versuchen, sie wieder herumzukriegen.
Der Schlüssel!, schoss es ihr durch den Kopf. Sie musste unbedingt ihren Wohnungsschlüssel wiederhaben. Aber… dazu hätte sie Kontakt zu ihm aufnehmen müssen. Nein! Das kam überhaupt nicht in Frage!
Kurzerhand rief sie den Schlüsseldienst an und orderte den Einbau eines neuen Türschlosses. Nach etwa 3 Stunden war das Schloss ausgewechselt und Bettina fühlte große Erleichterung. Gut, sie würde noch den Hausschlüssel zurückfordern müssen, aber zunächst war sie sicher, dass er nicht ungebeten die Wohnung betreten und mitten in der Nacht an ihrem Bett stehen konnte.
Sie loggte sich in ihren Account an der Hochschule ein.
Nachdem sie sich überzeugt hatte, dass in der laufenden Woche keine dringenden Vorlesungen anstanden, schaute sie auf dem virtuellen Schwarzen Brett nach, welche Neuigkeiten ihre Kommilitonen dort ausgehängt hatten.
Sofort stach ihr die Anzeige ins Auge: Studentenaustauch Afrika!
Rasch überflog sie die Anzeige.
Zwei Semester in Kapstadt – ab Juli 2016!
Da wollte ich schon immer mal hin, dachte sie und notierte die Telefonnummer der Agentur.
Sie erfuhr, dass drei Studentinnen ihre Reise absagen mussten. Zwei der Plätze waren bereits wieder vergeben. Nur ein einziger Platz wartete noch auf einen Interessenten.
Umgehend meldete sie sich per E-Mail verbindlich an.
Innerhalb von wenigen Stunden waren alle Fragebögen ausgefüllt und die notwendigen Unterlagen eingescanned und gemailed. Jetzt fehlte nur noch das Visum.
Seufzend lehnte sie sich zurück.
Rieke! Das Gesicht ihrer besten Freundin schob sich in ihr inneres Blickfeld.
Spontan griff sie zum Hörer und lud die Freundin zum Abend ein – auf ein Glas Wein.
*
Nachdem die beiden es sich im Wohnzimmer gemütlich gemacht und Bettina der Freundin alles erzählt hatte, konnte Friederike kaum glauben, was Bettina im Begriff war, zu unternehmen.
„Nach Afrika? Nach Südafrika?“ Rieke schüttelte den Kopf. „Das kannst du doch nicht machen! Du kannst nicht weglaufen, Tina. Die Welt ist voll von diesen… Alexanders. Zeig ihm lieber, dass du ihn nicht mehr willst, ihn nicht brauchst. Ignoriere ihn einfach. Das wird ihn mehr treffen als alles andere.“
„Du verstehst mich nicht, meine Liebe. Ich will keine Rache. Ich will ihn gar nicht verletzen. Das hat er selbst schon getan. Nein, ich will einen Tapetenwechsel, etwas Neues erleben. Raus aus diesem Kleinstadtmilieu.“
„Nun mach aber einen Punkt. Gladbach ist beileibe keine Kleinstadt. Hier ist was los, wenn du was unternehmen willst. Denk nur an die vielen Studenten-Kneipen. Da triffst du immer welche, mit denen du quatschen kannst.“
„Weißt du was, Rieke? Es liegt nicht an Mönchengladbach… mir geht die gesamte deutsche Denkweise ungemein auf den Keks. Immer muss alles ordnungsgemäß, nach Vorschriften und Anordnungen ablaufen. Dieser Verfügungs- und Einordnungswahn erstickt jede Freude, jedes Leben. Ich will raus aus diesem Mief!“