Die Schwestern von Killiney - oder: Gleich hinter Wolke 7 - Melissa Hill - E-Book
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Die Schwestern von Killiney - oder: Gleich hinter Wolke 7 E-Book

Melissa Hill

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Beschreibung

Die Vergangenheit birgt so manche Überraschung: Der bewegende Roman »Die Schwestern von Killiney« von Melissa Hill jetzt als eBook bei dotbooks. Wer hat ihr nur diesen Schatz zukommen lassen? Die junge Lektorin Brooke findet eines Tages das Manuskript einer unbekannten Autorin auf ihrem Schreibtisch – und ist von der ersten Seite an fasziniert. Die Hauptfiguren, die Schwestern Eve und Samantha, wachsen ihr schnell ans Herz. Fast wünscht sie sich selbst in die irische Kleinstadt Killiney und die Gesellschaft dieser wunderbaren Frauen. Doch als das Manuskript eine unerwartete Wendung nimmt, drängt sich Brooke die Frage auf, warum ihr die Geschichte so bekannt vorkommt – und ob sie nicht eine dieser Frauen schon längst kennt ... »Seien Sie gewarnt ... Sie werden es nicht aus der Hand legen.« Sunday World Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der gefühlvolle Kleinstadtroman »Die Schwestern von Killiney« von Melissa Hill wird Fans von Lucinda Riley und Corina Bomann begeistern. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 588

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Über dieses Buch:

Wer hat ihr nur diesen Schatz zukommen lassen? Die junge Lektorin Brooke findet eines Tages das Manuskript einer unbekannten Autorin auf ihrem Schreibtisch – und ist von der ersten Seite an fasziniert. Die Hauptfiguren, die Schwestern Eve und Samantha, wachsen ihr schnell ans Herz. Fast wünscht sie sich selbst in die irische Kleinstadt Killiney und die Gesellschaft dieser wunderbaren Frauen. Doch als das Manuskript eine unerwartete Wendung nimmt, drängt sich Brooke die Frage auf, warum ihr die Geschichte so bekannt vorkommt – und ob sie nicht eine dieser Frauen schon längst kennt ...

Über die Autorin:

Melissa Hill ist eine USA-Today-Bestsellerautorin aus dem irischen County Wicklow. Ihre Romane über Familie, Freundschaft und Liebe erschienen bislang in über 26 Sprachen. Ihr Roman »Ich schenk dir was von Tiffany’s« wurde von Reese Witherspoons Produktionsfirma »hello sunshine« für Amazon Prime mit dem Titel »Weihnachtsgeschenke von Tiffany« verfilmt.

Die Website der Autorin: melissahill.info

Auf Facebook: facebook.com/melissahillbooks

Auf Instagram: @melissahillbooks

Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin ihre gefühlvollen Romane »Ich schenk dir was von Tiffany’s«, »Wiedersehen in Irland«, »Der Himmel über Castlegate«, »Die Schwestern von Killiney«, »Wiedersehen in Dublin« und »Das Glücksarmband«.

***

eBook-Neuausgabe Juni 2024

Die englische Originalausgabe erschien erstmals 2007 unter dem Originaltitel »The Last to Know« bei Poolbeg, Dublin. Die deutsche Erstausgabe erschien 2010 unter dem Titel »Gleich hinter Wolke 7« bei Knaur Taschenbuch

Copyright © der englischen Originalausgabe 2007 by Melissa Hill

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2010 bei bei Knaur Verlag. Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München

Copyright © der Neuausgabe 2024 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Covergestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (lj)

ISBN 978-3-98690-970-3

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit gemäß § 31 des Urheberrechtsgesetzes ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Melissa Hill

Die Schwestern von Killiney

Roman

Aus dem Englischen von Peter Durin

dotbooks.

Widmung

Für Sheila Crowley,

meinen Glücksbringer

Kapitel 1

Anna Edwards trank in ihrem Lieblingsrestaurant in Dublin ein Glas von ihrem Lieblingswein zu ihrem Lieblingsessen und amüsierte sich köstlich, als der Mann, der ihr gegenübersaß, durch seinen Heiratsantrag alles kaputtmachte.

»Und?«, drängte Denis, den glänzenden Ring in der Hand, sein erwartungsvoller Blick starr auf das Gesicht seiner Freundin gerichtet. »Wie lautet deine Antwort?«

»Ja, natürlich!« Die junge Frau neben Anna gab einen Freudenschrei von sich, dann sprang sie von ihrem Sitz hoch, umrundete den Tisch und warf sich in die Arme ihres neuen Verlobten. »Ja, Denis, natürlich werde ich dich heiraten.«

Und während das glückliche Paar sich unter den Blicken der anderen Restaurantgäste küsste und herzte, nahm Anna noch einen Schluck Wein und versuchte die beiden ihren Moment der Zweisamkeit auskosten zu lassen. Das sollte also ein beschauliches Abendessen unter Freunden sein. Mit einem Heiratsantrag von Denis an Lauren mitten in einem vollbesetzten Lokal – und in der Gegenwart von einem weiteren Pärchen –, damit hätte sie heute Abend am allerwenigsten gerechnet. Und wenn man in Betracht zog, was er für diesen Abend geplant hatte, wäre da nicht ein Essen nur mit ihm und seiner Liebsten angemessener gewesen, als andere Leute mit hineinzuziehen? Und wenn man es recht bedachte, so enge Freunde waren sie und das neue Paar nun auch wieder nicht. Anna und Lauren kamen zwar gut miteinander aus, aber eigentlich waren sie nur Arbeitskolleginnen und keine lebenslangen Freundinnen.

Doch, dachte Anna etwas herzlos, so war er eben, der Typ von Lauren – auffallen, was das Zeug hält. Andererseits, was spielte es schon für eine Rolle, wie er alles eingefädelt hatte? Zugegeben, dass sie und Ronan mit dabei waren, war unangenehm (wenn auch nur für sie selbst), aber Lauren schwebte über allen Wolken, und Anna wusste, wie lange ihre Kollegin von der Schule, an der auch sie unterrichtete, auf diesen Moment gewartet hatte.

Verstohlen warf sie einen Blick auf ihre bessere Hälfte, die das Schauspiel interessiert und mit einem angedeuteten Grinsen beobachtete. Was dachte wohl Ronan über das Ganze, fragte sie sich und versuchte, in seinem Gesicht eine Antwort zu finden. Lange blieb ihr allerdings nicht Zeit dafür, da sich Lauren gerade mit vor Freude und Aufregung hochrotem Gesicht und Augen voller Freudentränen wieder neben sie hinsetzte.

»Mein Gott, ist er nicht himmlisch?«, brach es aus ihr heraus, und sie streckte stolz ihren Verlobungsring mit dem darauf befindlichen Diamanten von der Größe eines kleinen Hubschraubers von sich. »Hat er nicht einen ausgezeichneten Geschmack – für genau diesen Ring hätte auch ich mich entschieden!«

»Er ist wunderbar«, antwortete Anna und umarmte ihre Freundin herzlich, wobei sie allerdings daran denken musste, dass sie aus Angst, es könnte ihm etwas zustoßen, das Haus nicht mehr verlassen würde, sollte ein so großer Diamant ihr gehören. Gott sei Dank war ihr Leben frei von solchen Gefahren, dachte sie sarkastisch.

Eine Flasche Champagner (eine offensichtlich im Voraus von Denis eingefädelte Überraschung) wurde genau jetzt an den Tisch gebracht, und Ronan schüttelte Denis die Hand, als der Ober allen das Glas füllte. »Herzlichen Glückwunsch, mein Lieber! Sicher musstest du mehr als ein paar Schlitten an den Mann bringen, bevor das Steinchen dir gehörte«, meinte er scherzhaft und mit einer Anspielung auf Denis’ Beruf als Autoverkäufer.

»Na ja, ein oder zwei haben gereicht«, entgegnete Denis mit selbstgefälligem Grinsen. Anna verdrehte innerlich die Augen.

Um ehrlich zu sein, hatte sie immer noch keine Ahnung, was sie vom Partner ihrer Freundin halten sollte. Er und Lauren waren nun schon seit geraumer Zeit zusammen, und während Lauren über seine wunderbare Großzügigkeit ins Schwärmen geriet, hielt Anna ihn für einen eher blasierten und großspurigen Kerl. Der Antrag heute Abend war dafür nur ein weiterer Beweis. Doch was spielte es für eine Rolle, was sie dachte? Er machte Lauren glücklich, und war das nicht die Hauptsache?

Und Lauren hatte Denis heute Abend sehr glücklich gemacht. Aufgrund seines Antrags strahlte sie vor Glück, und als Anna ihr Glas Champagner hob und alle auf die Verlobung anstießen, tadelte sie sich insgeheim für ihre schlechte Meinung über Denis. Sie beschloss, sich zusammenzureißen und anständig mitzufeiern. Was war sie verdammt noch mal für eine Freundin, Lauren wegen ihrer Männerwahl zu kritisieren? Dies besaß eine gewisse Ironie, wenn man die Dinge recht bedachte.

Anna trank einen Schluck Champagner und genoss das seltene Gefühl der auf ihrer Zunge vergehenden Luftbläschen.

»Also ich denke, wir bringen das Ganze möglichst schnell hinter uns. Was meinst du?«, sagte Denis Lauren, die einen Moment lang verwirrt dreinschaute. »Die Hochzeit und das ganze Tamtam, meine ich. Dieser sich ewig hinziehende Verlobungsquatsch ist nicht meine Sache. Wenn man sich schon dazu entschieden hat, den Sprung zu wagen, was soll dann noch die Warterei?«

Bei diesen Worten errötete Lauren und warf Anna aus dem Augenwinkel einen Blick zu.

Als seine Verlobte nicht sofort darauf antwortete, fuhr Denis fort: »Nein, man bringt das schon besser schnell hinter sich, und dann Schwamm drüber, würde ich sagen. Kein Grund, lange herumzufackeln.«

Mein Gott, dachte Anna und versuchte, nicht laut loszulachen, wie viele Klischees schafft er noch, in einen Satz zu packen?

»Nun, eigentlich spielt es wirklich keine so große Rolle, wann wir heiraten«, sagte Lauren unterwürfig und augenscheinlich von dem Thema in Verlegenheit gebracht. »Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir noch viele Dinge klären müssen, Kirche, Brautkleid und ... «

»Ja, aber um all diese Dinge wirst du dich kümmern müssen«, unterbrach sie Denis ein bisschen sehr abweisend, wie Anna fand. »Ich habe das Wichtigste ja schon erledigt, alles andere ist nun Frauensache, oder?« Er verpasste Ronan einen kumpelhaften Stups, und dieser lächelte verkrampft. »Sei’s drum«, sagte er an Lauren gewandt. »Versuchen wir, es spätestens bis Weihnachten hinter uns zu bringen, denn kommendes Jahr wird im Autohandel wahrscheinlich ziemlich hektisch, und Ablenkungen kann ich da nicht gebrauchen.«

Lauren schaute auf diese Bemerkung hin ziemlich enttäuscht drein. Anna sträubten sich alle Haare. Das war auch etwas, das sie an Denis nicht leiden konnte, seine herablassende Art, mit Lauren zu sprechen. Das musste man sich mal vorstellen, er betrachtete seine eigene Hochzeit als Ablenkung vom Geldverdienen! Andererseits war es genau dieses Geld, das es Lauren erlauben würde, eine kostspielige Hochzeit zu feiern, in einem großen Haus im Grünen vor den Toren Dublins zu wohnen und das Luxusleben zu führen, von dem sie schon immer träumte. Nun, dachte Anna, soll sie damit glücklich werden, schließlich bedeutet es, mit einem Schwachkopf wie Denis geschlagen zu sein, und sie war erleichtert, dass Ronan völlig anders war. Obwohl er nur etwa ein Viertel von Denis verdiente, war er (Gott sei Dank) viermal so bescheiden.

»Da wir gerade beim Heiraten sind, wann ist es denn bei euch soweit?«, fragte Denis.

Augenblicklich erstarrte Anna. Nach den Ereignissen des heutigen Abends war es wohl unvermeidlich, dass das Gespräch irgendwann diese Wendung nehmen würde. Aber sie hatte gehofft, dass Denis und Lauren zu sehr mit sich selbst beschäftigt sein würden, um sich über die Hochzeitspläne von jemand anderem Gedanken zu machen.

Oder deren Nichtvorhandensein.

»Im Ernst«, fuhr Denis fort, »ihr zwei seid doch schon zusammen seit ... seit der Schule oder so, hat mir zumindest Lauren erzählt.« Er schaute Ronan um Bestätigung bittend an.

»Stimmt.« Ronan verzog keine Miene.

»Und verlobt seid ihr seit wie vielen Jahren?«

»Seit sechs Jahren.«

»Also, woran liegt’s?« Denis ließ nicht locker und schaute abwechselnd auf Anna und Ronan.

»Sei doch nicht so neugierig, Liebling«, ermahnte ihn Lauren, erschrocken über Denis’ Direktheit und weil sie vermutete, dass die Diskussion des Hochzeitstermins zwischen Anna und Ronan ein wunder Punkt war. Sicher war sie sich dessen nicht, da Anna nie darüber sprach.

»Wieso bin ich neugierig? Ich stelle nur eine einfache Frage«, entgegnete Denis, verärgert über seine frisch Verlobte, und schüttete den Rest seines Champagners hinunter.

Anna rutschte unruhig auf ihrem Stuhl herum. »Wir haben es einfach noch nicht geschafft«, erklärte sie gefasst. »So einfach ist das.«

»Ah ja, verstehe.« Denis nahm einen Gesichtsausdruck an, den Anna inzwischen gut kannte, sobald das Gespräch auf den Hochzeitstermin zwischen ihr und Ronan kam – eine Mischung aus Verlegenheit und Mitgefühl.

Aber Anna konnte weder Denis noch irgendjemandem sonst eine definitive Antwort darauf geben, warum noch kein Hochzeitstermin zwischen ihnen feststand, und zwar deswegen, weil sie selbst noch keine Antwort auf genau diese Frage hatte.

»Na gut, ihr werdet es eines Tages schon noch schaffen.« Denis sah endlich ein, dass ihm ein kleiner Fauxpas unterlaufen war.

»Das werden wir, da bin ich mir sicher.« Anna nickte und versuchte vergeblich, Ronans Blick zu erhaschen. »Wie auch immer, lasst uns mal aus dem Spiel, das ist heute euer Abend«, fügte sie leichthin dazu und lenkte das Thema damit in eine andere Richtung, um auf Laurens großen Abend durch ihre eigene Situation keinen Schatten fallenzulassen. Dann erhob sie ihr Glas Champagner. »Auf euren großen Tag!«

»Auf unseren großen Tag!«, erwiderte Lauren mit einem strahlenden Lächeln, und ihr fetter Autohändlerring glänzte hell im Kerzenlicht.

»War das nicht ein interessanter Abend?«, sagte Ronan, nachdem Anna und er Lauren und Denis mit ihrer Verlobungsfeier allein gelassen hatten und wieder in ihr gemeinsames Haus am Stadtrand von Dublin zurückgekehrt waren.

Anna nahm sein Jackett vom Sofa, wo er es hingeworfen hatte. »Das hatte ich jedenfalls nicht erwartet.«

»Er ist schon ein ziemlicher Angeber, was?« Ronan ging in die Küche und stellte den Wasserkocher an. »Ich meine, was sollte das, lädt uns zum Essen ein, und dann hält er ihr den Ring vor die Nase?« Seine Stimme drang zu Anna in den Flur hinaus.

Er scheint das alles ziemlich leicht zu nehmen, dachte sie, als sie ihre Mäntel aufhängte. Gott sei Dank! Sie hatte sich schon Sorgen gemacht, dass Denis’ insistierende Fragerei zu einer längst überfälligen erneuten Erörterung ihrer eigenen Pläne führen könnte.

»Ich glaube, er brauchte einfach Zuhörer.« Sie ging in die Küche und lehnte sich gegen einen Schrank. »Und speziell dann, als er diesen Schlagring hervorzauberte.«

»Dagegen kam der, den ich dir schenkte, eher aus der Geiz-ist-geil-Ecke, was?« Ronans Finger strichen leicht über Annas winzigen sechs Jahre alten Ring mit Brillantsplittern.

Sie spürte einen Kloß im Hals. »Du weißt, dass mir solche Sachen nicht viel bedeuten, Ronan«, erwiderte sie und zog schnell ihre Hand weg.

»Ja, das weiß ich, und trotzdem wünschte ich, ich hätte mir etwas Besseres leisten können. Heute erscheint mir dieser Ring sehr altmodisch, und es ist doch erst sechs Jahre her ... «

Ronans Stimme wurde merklich dünner, und Anna stellte fest, welche Spuren Denis’ Nachfrage nach ihrer eigenen Hochzeit bei ihm hinterlassen hatte. Und trotzdem konnte sie nicht mit ihm darüber reden, zumindest jetzt nicht.

»Mir gefällt er, und nur das zählt!« Sie versuchte, möglichst unbefangen zu klingen, und wechselte schnell das Gesprächsthema. »Du machst mitten in der Nacht Tee?« Sie blickte auf ihre Uhr. »Wenn ja, dann musst du ihn allein trinken, ich muss morgen früh raus.«

»Oh, hast du einen Auswärtstermin?«

»Nur zum Joggen«, erwiderte sie schnell. Die Ausrede war ihr ganz spontan in den Sinn gekommen.

Ronan lächelte, aber seine Augen lachten nicht mit, wie sie bemerkte – diese fesselnden blauen Augen, die Anna fast ihr ganzes Leben begleitet hatten und neben denen sie die letzten zehn Jahre aufgewacht war. Sie konnte sich an kein Ereignis in ihrer Kindheit oder Teenagerzeit ohne Ronan erinnern, so lang und von solcher Tiefe war ihre Beziehung. Wie hätte es auch anders sein sollen, lebte Ronan doch nur zwei Häuser weiter und war bei jeder Geburtstagsfeier, bei jedem Familienfest und bei allen wichtigen Ereignissen in Annas Leben dabei gewesen. Sie konnte sich ein Leben ohne ihn einfach nicht vorstellen.

Warum in aller Welt, fragte sie sich, als sie dem Schatz ihrer Kindheit einen Gutenachtkuss gab und allein die Treppe zum gemeinsamen Schlafzimmer hinaufging, warum war es nach all den Jahren, die sie nun schon ein Paar, und weiteren sechs Jahren, die sie verlobt waren, so schwierig, einen Hochzeitstermin zu finden?

Kapitel 2

Eve Callaghan öffnete ihre Haustür mit einem, wie sie meinte, offensichtlich gekünstelten Lächeln. Vor der Tür stand Sara, die ein paar Häuser weiter wohnte, mit Jack, ihrem neun Monate alten Baby.

»Hallo«, grüßte Eve und fuhr mit der Hand unsicher durch ihren widerspenstigen Blondschopf. Ihr war bewusst, dass sie sich heute Morgen die Haare hätte waschen sollen, aber dafür war wirklich nicht die Zeit gewesen. Jetzt sah sie verboten aus im Vergleich mit der stets aus dem Ei gepellten Sara.

Ihre Nachbarin, der es zweifellos völlig egal war, wie Eve aussah, grinste schuldbewusst. »Noch mal, Eve, es tut mir so leid. Du weißt, wie ich es hasse, dich so zu überfallen ... «

Gewissensbisse lagen in Saras Stimme, und gegen ihren Willen hatte Eve Mitgefühl mit ihr.

»Wie ich schon vorhin am Telefon sagte, ich werde dringend in der Firma gebraucht, und mir ist auf die Schnelle niemand eingefallen ... «

»Das geht schon in Ordnung, Sara.« Eve lächelte und wischte die Entschuldigungen mit einer Handbewegung beiseite. Zugegeben, es war nicht das erste Mal, dass Eve für Sara kurzfristig als Babysitter einsprang, weil diese »wegen dringender Geschäfte« wegmusste. Aber heute sah sie wirklich fix und fertig aus. Und ihr schlechtes Gewissen, Jack allein zu lassen, war wahrscheinlich bereits groß genug, ohne dass auch noch Eve in dieselbe Kerbe schlug. »Er ist doch wirklich pflegeleicht, und von Überfallen kann keine Rede sein. Und wie ich schon sagte, ich habe sowieso nichts anderes vor.«

»Ach Eve, du rettest mein Leben. Jetzt stehe ich aber in deiner Schuld.« Saras Erleichterung war deutlich zu spüren. »Es ist einfach ... ziemlich schwierig, der Firma einen Wunsch abzuschlagen, vor allem, da sie bislang mir gegenüber in allen diesen Dingen immer so verständnisvoll war. Und du weißt, welche Schwierigkeiten ich habe, eine Tagesmutter zu finden.«

Und wie ich das weiß, dachte Eve bitter. »Hast du seine Sachen dabei?«, fragte sie und nahm das Baby aus Saras Armen.

»Seine Tasche und die Kindertrage sind im Auto. Ich gehe und bring sie dir.«

Während Sara die Sachen aus dem Auto holte, drückte Eve den schlafenden Jack an die Brust. Er war so ein Wonneproppen, so süß und knuddelig – aber waren das nicht alle Babys? Als sie den zarten Körper so in den Armen hielt, erinnerte sie sich daran, wie lang es schon her war, dass sie eines ihrer eigenen Kinder so gehalten hatte. Zwei lange Jahre waren es seit Max, und du liebe Güte, waren es wirklich schon sieben Jahre seit Lily? Wie gern hätte sie noch eins gehabt, so winzig und hilflos und abhängig von seiner Mutter in allen Dingen. Allerdings war dies sehr unwahrscheinlich, so wie Liam und sie in letzter Zeit miteinander umgingen.

»Sicher wird dein Mann mich bereits hassen«, sagte Sara zerknirscht, als sie die Sachen des Kleinen im Hausflur abstellte. »Er ist wahrscheinlich ziemlich sauer, dass ich Jack immer wieder bei dir ablade, wenn die Firma mich braucht.«

Eve verspürte einen Stich in der Brust, wie jedes Mal, wenn jemand Liam als ihren Ehemann bezeichnete, aber wieder einmal unternahm sie keinen Versuch, die Sache richtigzustellen. Was würde das bringen? Soll Sara doch weiterhin denken, sie seien verheiratet. Schließlich waren sie es ja so gut wie, wenn man das gemeinsame Haus, die zwei Kinder und eine Beziehung von fast neun Jahren in Betracht zog.

Genau genommen war es Eve immer peinlich, zuzugeben, dass sie nicht verheiratet waren, und sogar noch peinlicher, dass ihr langjähriger Lebensgefährte und Vater ihrer Kinder kein großes Interesse zeigte, all das und zwar bald zu ändern.

»Nein, das geht schon in Ordnung, wir helfen doch gerne«, entgegnete sie, und ihr eher beiläufiger Ton verriet nichts von ihrem Unbehagen. »Liam ist kommende Woche sowieso nicht da. Er fliegt heute Abend für einige Tage nach Sizilien.« Sie blickte auf ihre Uhr. »Eigentlich müsste er bald vom Joggen zurück sein. Nach dem Essen bringe ich ihn zum Flughafen.«

»Hat er nicht einen tollen Job?« Sara seufzte verträumt. »Ich glaube, das wäre auch mein Traumberuf.«

Eve lachte. »Das sagen die meisten Leute, wenn sie hören, was er beruflich macht, doch nicht alles daran ist eitel Sonnenschein, zumindest nicht für mich.«

Liam Crowley arbeitete für einen Weinimporteur und war deswegen viel im Ausland unterwegs, um überall auf der Welt Weingüter und Weinkellereien zu besuchen. Augenblicklich hatte er viel in Australien zu tun, wo er in den letzten Monaten für den immer anspruchsvoller werdenden irischen Markt ein spezielles Weinsortiment zusammenstellte. Aber die kommende Reise sollte, gemessen an seinen sonstigen, nur kurz sein. Es handelte sich um einen vier Tage dauernden Standardbesuch bei einem Weingut in Sizilien.

Seine Arbeit führte dazu, dass Eve oft wochenlang mit den Kindern allein zu Hause war, während Liam es sich in irgendeiner Weingegend gutgehen ließ. Manchmal war es eine harte Zeit für sie gewesen, aber inzwischen hatte sie sich damit arrangiert. Ja, eigentlich hätte sie es gar nicht mehr anders haben wollen. Eve mochte es, für Lily und Max als Mutter da zu sein, und Liams Verdienst machte es möglich, dass sie – im Gegensatz zur bedauernswerten Sara, die getrennt lebte – nicht arbeiten gehen musste und so nicht mitbekam, wie ihre Kinder heranwuchsen. Zwar kam sie nicht wie Liam in all die exotischen Gegenden, aber ihre Rolle war für die Familie mindestens so wichtig wie die seine, wenn nicht wichtiger.

Sara schüttelte den Kopf. »Du machst das schon richtig, glaub mir. Ich weiß sowieso nicht, wie du das alles mit den Kindern so allein schaffst. Mir reicht schon, wenn ich das mit Jack einigermaßen hinkriege.« Saras Ehemann, ein arbeitsscheuer Alkoholiker, den Eve noch nie hatte leiden können, war kurz nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes mit einer anderen durchgebrannt – ein weiterer Grund, dass Eve immer gerne bereit war, Sara unter die Arme zu greifen.

Sara blickte wieder auf ihre Uhr. »Ich sollte mich wohl besser etwas beeilen. Ich muss in Kürze auf dem Flughafen sein.«

»Und wo geht es diesmal hin?« Anders als ihr nutzloser Ehemann – der nach Eves Kenntnissen während seiner Ehe keinen einzigen Tag gearbeitet hatte –, war Sara bei einer Dubliner Werbefirma angestellt und bekleidete dort einen ziemlich einflussreichen Posten, soweit Eve das einschätzen konnte. Zumindest musste sie so gut in ihrem Job sein, dass man sie für wichtig genug hielt, sie einfach so in letzter Minute auf eine Auslandsreise zu schicken.

»Ach, leider ist es bei weitem kein so exotisches Reiseziel wie bei deinem Mann«, erwiderte Sara und verzog das Gesicht, »aber schon einigermaßen interessant, falls ich davon überhaupt etwas zu sehen bekomme. Sie wollen, dass ich nach London fliege und versuche, einen verschnupften Kunden zu besänftigen.«

Nun, dachte Eve, mit dem ganzen täglich wiederkehrenden Besänftigungsaufwand bei Lily und Max konnte sie wohl gar nicht anders, als Mitgefühl für Saras missliche Lage zu empfinden.

Und dennoch, das Arbeitsleben schien ihr so unendlich glamouröser. Sie seufzte innerlich und wandte sich versonnen Sara zu.

»Nun ja, sieh mal zu, dass du es trotzdem ein bisschen genießt, auch wenn es eigentlich Arbeit ist. Und mach dir, was Jack betrifft, keine Sorgen, wir passen schon gut auf ihn auf.«

»Das weiß ich. Ich werde mal kurz anrufen, damit ihr wisst, wann ich zurückkomme. In Ordnung? Und nochmals tausend Dank, Eve, dass du dich so kurzfristig um den Kleinen kümmerst. Ich bin dir wirklich was schuldig. Wir sollten uns bald mal wieder treffen und zusammen ausgehen, was meinst du?«

Eve schmunzelte innerlich. »Gerne«, antwortete sie, obwohl sie schon jetzt wusste, dass ein solcher Abend wahrscheinlich nie stattfinden würde. Selbst wenn es Sara gelänge, einen Babysitter zu finden, wäre es immer noch höchst zweifelhaft, ob sich Eve einen ganzen Abend von zu Hause loseisen könnte.

Liam fand die Kinder äußerst anstrengend, wenn er mit ihnen allein war, und gerade jetzt, da Max auch noch das schwierige Alter eines Zweijährigen erreicht hatte ... Dennoch, man sollte die Hoffnung nie aufgeben, dachte sie und musste über Sara grinsen, als diese mit ihrem brandneuen Auto aus der Einfahrt fuhr. Ob sie als berufstätige Mutter nun Schuldgefühle verspürte oder nicht, auf jeden Fall schien Sara die angenehmen Seiten ihrer Karriere zu genießen.

Während ihre Nachbarin davonfuhr, warf Eve einen traurigen Blick auf ihren schon älteren und beträchtlich weniger schicken Volkswagen. Eben ein Familienwagen, falls jemals diese Bezeichnung für ein Auto zutraf, dachte sie und fühlte sich plötzlich uninteressant und langweilig, als sie wieder ins Haus ging.

Kurze Zeit nachdem sie den kleinen Jack in sein Kinderbett gelegt und mit der Zubereitung des Essens begonnen hatte, kam Liam von seinem nachmittäglichen Joggen zurück.

»Sag bloß nicht, dass du schon wieder auf den Kleinen von der Nachbarin aufpassen musst«, beschwerte er sich.

»Sara brauchte Hilfe.«

Liam schüttelte den Kopf. »Weißt du, ich denke eher, sie nützt dich aus. Immer wenn es ihr passt, lädt sie ihn bei dir ab. Das ist hier doch keine Kinderkrippe.«

»Immerhin ist sie unsere Nachbarin und war in einer Notlage, also konnte ich schlecht ablehnen. Außerdem ist er pflegeleicht, und ich bin ja ohnehin zu Hause.«

Liam murrte vor sich hin. »Sie scheint immer in irgendeiner Notlage zu sein.«

In diesem Augenblick gab Max von seinem Platz auf dem Fußboden ein erfreutes Gekicher von sich, und seine Eltern wandten sich einmütig ihm zu, nur um festzustellen, dass ihr Zweijähriger – offensichtlich nicht gewillt, auf sein Essen zu warten – an einer von Eves Topfpflanzen Gefallen gefunden hatte und gerade dabei war, feuchte und mit Dünger vermischte Blumenerde in den Mund zu schaufeln beziehungsweise über den Teppichboden und auf seine Anziehsachen zu verteilen.

»Max, nicht!« Eve trocknete sich mit einem Geschirrtuch schnellstens die Hände ab, aber Liam schaffte es, vor ihr am Tatort zu sein.

Er wischte zuerst den größten Teil des widerlichen Düngers von der Kleidung seines Sohns und versuchte dann, ihn dazu zu bringen, den Rest auszuspucken.

»Danke«, sagte sie erfreut, aber auch etwas verblüfft, weil Liam so schnell eingegriffen hatte. Während die Kinder noch ganz klein waren, und eigentlich auch später, hatte Liam grundsätzlich alles ihr überlassen. In letzter Zeit hatte sie allerdings eine winzige Veränderung in seinem Verhalten Max gegenüber bemerkt. Was Lily betraf, verhielt er sich weit zurückhaltender, zum einen, wie Eve vermutete, weil sie ein Mädchen war, zum anderen aber auch, weil sie kein Wunschkind war – eine ungeplante Schwangerschaft bei unverheirateten Eltern, die zur Zeit ihrer Zeugung gerade einmal sechs Monate ein Paar waren.

Eve musste grinsen, als sie sich daran erinnerte, wie erschüttert Liam damals reagiert hatte, als sie ihn von ihrer Schwangerschaft in Kenntnis setzte. Auch sie selbst war erschrocken gewesen, allerdings weniger über die Schwangerschaft als bei dem Gedanken daran, was ihre Eltern wohl dazu sagen würden und ob Liam zu ihr halten würde oder nicht. Und obwohl ihre Eltern dann tatsächlich entsetzt reagiert hatten, war Liam zu ihrer großen Erleichterung seinem Versprechen treu geblieben und hatte sie und ihr Baby unterstützt, wo es nur ging, und so konnten sich ihre Eltern nicht groß einmischen. Zugegeben, bereits im Alter von zwanzig und einundzwanzig hatten Liam und sie nach einer gemeinsamen Bleibe suchen und früher einen eigenen Hausstand gründen müssen, als sie es vielleicht sonst getan hätten, aber sie waren ja total verliebt ineinander, was konnte es da schon ausmachen?

Aus Eves Sicht war ihre kurze gemeinsame Zeit, bevor Lily zur Welt kam, ziemlich unbedeutend – sie schwebten ohnehin im siebten Himmel, das neue Heim und das neue Baby waren so oder so unausweichlich. Natürlich wäre es schön gewesen, den gemeinsamen Weg bis zum Ende zu gehen und zu heiraten, vor allem als das zweite Baby kam, aber Liam hatte ihr nie einen Antrag gemacht.

Eve versuchte, nicht zu sehr darüber nachzudenken, warum das so war. Liam schien sich über die Legalisierung ihrer Beziehung wenig Gedanken zu machen, warum hätte sie es also tun sollen? Vor allem, wie ihr einfiel, als sie ihren Blick auf Vater und Sohn richtete, da sie weiterhin zusammen so außerordentlich glücklich waren (vielleicht einmal ausgenommen die erste Zeit, als Liam mit den unruhigen Nächten und ihrem ständigen Geldmangel nicht zurechtkam).

»Kannst du jetzt eventuell die Sache hier übernehmen und diesen Saustall aufräumen?« Liam bereitete mit seiner Äußerung Eves Freude an dem Bild inniger väterlicher Zuneigung ein schnelles Ende. »Ich muss noch meine Sachen für die Reise zusammensuchen.«

Welche Sachen meint er?, dachte sie plötzlich genervt, dass er sich nicht eine Minute lang um Max kümmern konnte, obwohl er sah, dass sie mit den Essensvorbereitungen alle Hände voll zu tun hatte. Sie war es doch, die immer seine Kleidung auswählte und für seine sämtlichen Auslandsreisen den Koffer packte. Und außerdem musste sie ja nur so früh mit dem Essen fertig sein, weil er auf Reisen ging, also hätte er zumindest etwas mithelfen können.

Ein Blick auf Eves Gesicht verriet Liam, dass er etwas Falsches gesagt hatte. »Okay, okay, ist schon in Ordnung, ich mache es.« Er hob Max in seinen Kindersitz, holte dann Besen und Schaufel und kümmerte sich um den Dreck auf dem Boden.

»Tausend Dank«, sagte Eve leicht verärgert darüber, dass er sich in letzter Zeit darum zu drücken schien, etwas mit den Kindern zu tun zu haben. Vielleicht war es ja ihre Rolle, sich um Lily und Max zu kümmern, während es die seine war, in die Welt hinauszugehen und die Brötchen zu verdienen, aber waren es nicht auch seine Kinder? Selten genug bekamen sie ihn zu sehen oder konnten mit ihm Zeit verbringen.

Eve griff nach dem Schneidebrett. Um die Wahrheit zu sagen, sie war etwas sauer, dass Liam nach der letzten langen Reise – drei ganze Wochen in Australien – schon wieder für längere Zeit wegfuhr. Und dann auch noch der Viertagestrip nach Sizilien an diesem Wochenende, der sich mal ganz ehrlich ziemlich traumhaft anhörte, obwohl er natürlich Arbeit bedeutete. Trotzdem würde Liam sicher nicht den ganzen Tag und auch nicht alle Nächte arbeiten, oder? Am Ende eines arbeitsreichen Tages würde sich die Liebe ihres Lebens schon den Luxus gönnen, sich in einer fabelhaften Trattoria mit Blick auf das Mittelmeer niederzulassen und es sich mit einem Espresso oder eher einem Glas sizilianischen Wein in der Hand gutgehen zu lassen. Ganz im Unterschied zu ihr, die nach einer harten Arbeitswoche im Haushalt und mit den Kindern an Freitagabenden normalerweise im Schlafanzug mit einer Tasse Schokolade vor dem Fernseher anzutreffen war. Sie seufzte leise. In letzter Zeit kamen ihr solche Gedanken häufiger, Gedanken, dass Liam das große Los gezogen hatte, während sie zu Hause festsaß und sich um die Kinder kümmern musste. Allerdings, das war es doch gewesen, was sie wollte, oder etwa nicht? Sie hatte sogar darauf bestanden, es so zu machen.

Dennoch war sie seit Ewigkeiten nicht mehr im Urlaub gewesen, da Liam es vorzog, seine freie Zeit zu Hause zu verbringen. Absolut verständlich, dachte sie, bei all den Wochen, die er fort war, und trotzdem, sie kam nie mal raus. Es war Jahre her, seit sie das letzte Mal zusammen verreist waren, nur sie beide – noch nicht einmal ein Wochenende im County Mayo hatten sie geschafft, geschweige denn eins am Mittelmeer. Und als sie dann auch noch an Sara denken musste, ihre schwer arbeitende Nachbarin, die gerade ebenfalls auf einer spannenden Spritztour hinaus in die große Welt war, wurde Eve zutiefst depressiv.

Ach, hör schon auf damit, ermahnte sie sich. Sara war nun wirklich nicht außer sich vor Freude, dass sie nach London geschickt wurde. Viel eher war sie ganz schön verärgert, dass sie alles stehen– und liegenlassen und Jack wieder mal rüberbringen musste. Wie sich Eve erinnerte, ödete Sara die ganze Sache in Wahrheit total an – trotz des aufregenden Reiseziels. Offenbar war es mit diesen Geschäftsreisen doch nicht so weit her, das hatte auch Liam ihr schon immer klarzumachen versucht.

»Glaub mir, ich wäre froh, ich müsste kein Flugzeug mehr von innen sehen«, beklagte er sich nach einem Flug mit vielen Zwischenstopps über den Atlantik bis nach Kalifornien kurz nach der Geburt von Max.

Und so würden zwar sowohl Sara als auch Liam dieses Wochenende an spektakulären Orten verbringen, aber vielleicht würde keiner von beiden die Möglichkeit haben, diese überhaupt zu Gesicht zu bekommen, geschweige denn zu genießen. Vermutlich war sie grundlos eifersüchtig.

»Hallo, Mum, was gibt’s zu essen?«

Lily stürmte in die Küche, vergaß aber sofort jeden Gedanken ans Essen, als sie den kleinen Jack, den sie total anhimmelte, in seinem Kinderbettchen erblickte. Lily betete Kinder im Allgemeinen an. Wie die Mutter so die Tochter, dachte Eve und lächelte sie liebevoll an. Mit ihren dunklen Augen und fast pechschwarzen Haaren war es allerdings schwierig zu glauben, dass Eve und Lily überhaupt miteinander verwandt waren. Sie war sehr nach ihrem Vater geraten.

»Oh, können wir ihn in seinem Kinderwagen ausfahren, Mum, bitte?«, bettelte sie.

»Nicht jetzt, Liebes, ich habe keine Zeit. Dein Dad muss bald zum Flughafen, und deswegen essen wir heute früh zu Abend.«

»Aber ich könnte das auch alleine«, meinte ihre sieben Jahre alte Tochter todernst. »Nur einmal um den Block und wieder zurück?«

Eve schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Lily, doch du bist noch zu jung, um Jack allein auszufahren. Aber wenn dein Dad dich begleiten würde ... « Liams entsetzter Gesichtsausdruck verriet ihr sofort, dass das kein guter Vorschlag gewesen war.

»Vielleicht später«, sagte Liam und meinte kein Wort davon ernst. »Jetzt muss Daddy los und sich für die Arbeit fertigmachen, und bald gibt es ja auch Abendessen.«

Schwer enttäuscht streckte Lily ihre Unterlippe nach vorne und verließ schmollend die Küche.

»Ich habe wirklich keine Zeit, Eve!«, beharrte Liam, als sie ihm einen bösen Blick zuwarf.

Zum Joggen hast du doch auch genug Zeit, oder?, hätte sie eigentlich sagen wollen, schreckte dann aber doch davor zurück, einen Streit vom Zaun zu brechen. Nicht jetzt, da Liam bald fort war und sie ihn einige Tage nicht sehen würde.

Wahrscheinlich war es schon ein großes Glück gewesen, dass er ihr vorhin mit Max geholfen hatte. Es wäre wohl bei weitem zu viel verlangt gewesen, dass er sich am selben Tag auch um noch ein Kind kümmerte.

Nach dem Essen packte Eve die Kinder ins Auto, und mit Liam am Steuer fuhr die ganze Familie zum Flughafen.

»Ich habe mir vorhin im Fernsehen den Wetterbericht angesehen, und auf Sizilien ist es herrlich«, sagte sie verträumt, als sie auf der Küstenstraße in die nördlichen Stadtteile fuhren. »Sechsundzwanzig Grad am Tag und abends etwas weniger – mein Gott! Wäre es nicht toll, wenn wir mit den Kindern mal in so eine warme Gegend fahren würden?«

Aber Liam schien das nicht besonders zu interessieren.

»Ja, vielleicht. Hast du mein blaues Hemd eingepackt? Und die neue Krawatte, die ich mir letzte Woche gekauft habe?«

»Natürlich«, erwiderte sie. Sie war enttäuscht, dass er überhaupt nicht auf ihren Wink einging, dass sie dringend Ferien oder zumindest einen Wochenendurlaub brauche, irgendetwas, um dem Alltag zu entfliehen.

Aber wie auf ein Stichwort begann Max hinten auf der Rückbank zu heulen, und so war jede Möglichkeit zunichte, die Sache weiterzudiskutieren. Kurz danach stimmte auch der kleine Jack ein.

»Ruhe da hinten. Das können wir jetzt nicht gebrauchen!« Eve versuchte die beiden für den Rest der Fahrt zu beruhigen, aber es gelang ihr nicht. Und als sie schließlich den Kurzzeitparkplatz an der Abflughalle des Flughafens erreichten, konnte man Liams Gesicht förmlich die Erleichterung ansehen.

Hatte er dieses Gefühl immer, wenn er sich von ihnen verabschiedete?, fragte sich Eve ein wenig fassungslos. Allerdings, bei einer Wahl zwischen einem erholsamen Hotelzimmer weit weg und einem Auto voller heulender Kinder, wer hätte da nicht dieses Gefühl?

»Ich sehe euch dann in ein paar Tagen wieder.« Liam gab Eve einen schnellen Kuss, danach auch Lily und Max. Sie bekamen allerdings, wie Eve neidisch dachte, auch eine kleine Umarmung dazu.

»Gib mir Bescheid, wann du beim Rückflug landest, damit ich dich abholen kann«, sagte sie und lächelte ihn an. »Und hab eine gute Reise.«

»Du auch«, erwiderte Liam abwesend, bevor er die Autotür zuschlug. Er war in Gedanken bereits unterwegs.

Eve setzte sich auf den Fahrersitz. »Und vermiss uns nicht zu sehr!«, rief sie noch. Doch als sie seinem sich entfernenden Rücken nachblickte, musste sie feststellen, dass sie ins Leere gesprochen hatte.

Kapitel 3

Liebe Sam,

ich habe gerade

Du Glückliche zu Ende gelesen, und da das Buch mir außerordentlich gut gefallen hat, bin ich sofort in die nächste Buchhandlung und habe mir das neue gekauft, Glückssterne. Ich bin schon fast halb durch und wieder so begeistert, dass ich es Ihnen unbedingt mitteilen muss. Ihre Figuren sind so aus dem Leben gegriffen, und sie scheinen instinktiv zu wissen, was eine Leserin von heute sucht.

Vielen Dank für viele Stunden toller Lektüre ohne Schuldgefühle.

Eine große Bewunderin

Samantha Callaghan lächelte vergnügt und strich sich eine Strähne halblanger blonder Haare hinter das Ohr, als sie ihren neuesten Fanbrief zu Ende gelesen hatte. Nun, sie würde zwar nicht behaupten, »instinktiv« zu wissen, was die Frauen von heute wollten oder zu wollen glaubten, aber zweifellos gab sie ihr Bestes.

Nahm man einmal die Menge an Fanpost, die sie in letzter Zeit von ihren Leserinnen zugeschickt bekam, war sie ganz sicher auf dem richtigen Weg. Diese jüngste Zuschrift war eine von vielen, die Sams Verlag im Laufe des Tages an ihre Londoner Anschrift weitergeleitet hatte.

Die Reaktionen auf ihren neuen Roman Glückssterne waren noch intensiver als auf ihren letztjährigen Erstling Du Glückliche. Aus irgendeinem Grund und zu meinem Glück, dachte Sam und amüsierte sich über das Wortspiel, haben meine Geschichten über ganz normale Frauen mit ganz normalen Problemen bei der weiblichen Leserschaft einen Nerv getroffen. Und seit im Vorjahr ihr erstes Buch veröffentlicht worden war, hatte sie auf Wolke sieben geschwebt. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass so etwas jemandem wie ihr passieren könnte, einer stinknormalen jungen Frau aus Dublin, die eigentlich nach London gekommen war, um als Journalistin zu arbeiten.

Als sie vor vielen Jahren hierhergezogen war, schrieb sie in der Anfangszeit regelmäßig Artikel für diverse englische Zeitungen und, wenn sie einmal nicht damit beschäftigt war, arbeitete sie an ihrem Roman weiter, der über die Jahre immer mal wieder von einem Verlag abgelehnt worden war.

Ihr gefiel der Journalismus und ganz besonders das Leben in London – sie schien hier im Vergleich zu Dublin freier atmen zu können –, doch ihre wahre Liebe galt der Literatur, und trotz aller Rückschläge und Ablehnungen, die es für sie gegeben hatte, war sie immer noch wild entschlossen, einen Verlag für ihr Buch zu finden. Das Problem waren Sams Themen – normale Frauen mit ganz gewöhnlichen Sorgen. Sie schienen nicht in Mode zu sein. Die Verleger wollten offenbar ausschließlich Geschichten über verwöhnte Luxusweibchen von der Sorte Femme fatale, die nichts anderes zustande brachten, als Geld auszugeben und Männern den Kopf zu verdrehen. Aber da Samantha weder dieser Typ Frau war noch eigene Erfahrungen mit dieser Spezies hatte, gab es für sie keine andere Wahl, als mit dem weiterzumachen, was ihr vertraut war, und darauf zu warten, dass der Verlegergeschmack sich änderte.

Und am Ende wurde sie für ihr Warten belohnt.

Viele Jahre nachdem sie in London begonnen hatte als Journalistin zu arbeiten, schrieb sie für eine Zeitung einen ausführlichen Artikel über den sozialen Druck, dem englische Frauen von heute ausgesetzt waren – normale Frauen. Und als der Artikel schließlich erschien, wurde ihr schnell klar, dass sie unwissentlich irgendeine Art Zeitgeist getroffen hatte, der eine Flut begeisterter öffentlicher Zustimmung nach sich zog und in der Folge zu überwältigendem Interesse vonseiten der Verlage an ihrem zuvor abgelehnten Roman führte.

Und als der Roman dann im letzten Jahr an die Buchhandlungen ausgeliefert wurde, war es mit ihrem Erfolg permanent bergauf gegangen. Ihr bodenständiger Schreibstil und ihre Wahl von Durchschnittsfrauen als Heldinnen waren bei Leserinnen in England wie auch in Irland ein durchschlagender Erfolg.

Sam genoss diese Entwicklung und ihren neuen Status als Star in England, doch eine besondere Freude bereitete es ihr, als sie herausfand, dass ihr gesteigertes Ansehen zu Hause in Irland nicht unbemerkt geblieben war. Sie hatte sich nie einen Begriff davon gemacht, was es hieß, bekannt oder gar berühmt zu sein – ehrlicherweise war alles, was sie je angestrebt hatte, ein guter Job –, aber sie konnte nicht leugnen, dass es schon ein tolles Gefühl war, bei den Menschen daheim als erfolgreich angesehen zu werden. Im Nachhinein erwies sich ihre Entscheidung, Dublin sofort nach der Schule zu verlassen, als richtig, obwohl ihre Schwester immer die Meinung vertreten hatte, sie könne es auch zu Hause zu etwas bringen.

Doch zur damaligen Zeit vermochte Sam den Verlockungen, dem Glanz und Glamour Londons einfach nicht zu widerstehen, und deshalb hatte sie ihrer Heimatstadt den Rücken gekehrt, um dort ihr Glück zu suchen.

Und nun saß sie in ihrer Wohnung im Stadtteil Clapham, ging den Rest ihrer Fanpost durch und musste zugeben, dass die Schreiberin dieses Briefes wahrscheinlich recht hatte. Vielleicht hatte sie wirklich eine Art sechsten Sinn zu erfassen, was Frauen von heute fühlten und welchen Zwängen sie ausgesetzt waren. Wirtschaftlich ging es augenblicklich mit dem Land bergab, und Frauen waren hin- und hergerissen zwischen der Notwendigkeit, arbeiten gehen zu müssen oder zu Hause zu bleiben und Kinder großzuziehen – Entscheidungssituationen, die sie in ihren Büchern immer wieder beschrieb.

Sie musste an ihre jüngere Schwester Eve denken, die diesen Zwiespalt nie empfunden hatte. Ihr war es immer nur um den Mann und die Kinder gegangen, und als sie vor sieben Jahren ihr erstes Kind bekommen hatte, war ihr der Gedanke, einen Beruf auszuüben, total fremd geworden. Sam hatte den Eindruck, Eve wollte ein Leben wie ihre Mutter führen. Auch Lilian schien immer dann am glücklichsten, wenn sie bis zum Hals in Hausarbeit oder Sorgen über Mann und Töchter steckte. Als Sam an ihre Eltern dachte, die vor einigen Jahren gestorben waren, wurde ihr warm ums Herz. Was hätten sie wohl zu ihrem Erfolg gesagt? Wahrscheinlich wären sie gar nicht besonders überrascht gewesen. Sam war immer diejenige mit den Karriereplänen und dem größeren Ehrgeiz gewesen und hatte wenig dafür übriggehabt, sesshaft zu werden und eine Familie zu gründen. In dieser Hinsicht hätten sie und ihre Schwester nicht unterschiedlicher sein können.

Sam freute sich sehr, dass ihre Bücher für einige Frauen ein solcher Trost waren. Dies rechtfertigte all die harte Arbeit und die vielen Gedanken, die sie aufwandte, um die Bücher zu schreiben. Und obwohl ihre Bücher nie auf einem Platz in einer Bestsellerliste aufgetaucht waren, hoffte Sam immer noch, dass sie dies eines Tages tun würden. Aber auch so war sie in höchstem Maße zufrieden mit allem, was sie bisher erreicht hatte.

In diesem Augenblick kam Derek Greene, Sams Freund, mit nur einem Handtuch bekleidet ins Wohnzimmer. Sie hatten vor, an diesem Abend auszugehen, und so war er direkt von der Arbeit zu ihr gekommen und hatte sich hier umgezogen, statt erst den ganzen Weg zu seiner Wohnung in Wimbledon zu fahren.

»Bist du immer noch bei der Fanpost?« Erstaunt sah er sie am Schreibtisch, wie sie ihre Briefe durchging. »Du weißt, dass der Tisch im Restaurant für acht Uhr reserviert ist, Sam?«

»Ja, ich weiß«, erwiderte sie in Gedanken und überflog noch einen weiteren Brief.

Liebe Sam,

bei mir ist es wie bei Cassie in Glückssterne: Ich finde es furchtbar, die Kinder bei Fremden zu lassen, wenn ich arbeiten gehe, aber wir können es uns finanziell nicht leisten, dass ich zu Hause bleibe. Bei der Lektüre von Cassies Geschichte hatte ich fast das Gefühl, es handle sich um mein eigenes Leben.

»Sam, es ist bereits halb acht, und es ist Freitagabend. Würdest du bitte endlich Schluss machen?«

Sie drehte sich auf ihrem Schreibtischstuhl um und lächelte Derek um Entschuldigung bittend an. »Ja, ist ja schon gut, nur noch diese hier, bitte, dann fange ich an, mich fertigzumachen.«

Als Filialleiter einer Bank bestand Dereks Arbeitsleben aus einer stinklangweiligen Fünftagewoche, tagtäglich von neun Uhr morgens bis fünf Uhr abends, keine Sekunde weniger und definitiv auch keine mehr. Deswegen war ihm wohl noch immer nicht klar, dass sich der Beruf seiner Freundin nicht an normale Arbeitszeiten hielt. Derek und sie waren ein Paar geworden, als Sam noch ohne die Aussicht, jemals veröffentlicht zu werden, ihre Texte schrieb. Jetzt gingen ihm ihr Erfolg und die daraus entstandene Beliebtheit an manchen Tagen ziemlich auf die Nerven. Und heute Abend gehörte ganz offensichtlich zu einem dieser Tage.

»Bitte, Sam, beeil dich«, sagte er ungeduldig und trat auf ihr Zimmer zu. »Ich musste um diesen Tisch fast betteln. Wir sollten wirklich nicht zu spät kommen.«

Sam stand von ihrem Schreibtisch auf. »Du weißt doch, ich brauche nur ein paar Minuten, bis ich fertig bin«, versuchte sie ihn zu beruhigen, etwas enttäuscht darüber, dass ihr die Zeit für die Lektüre der Fanpost so gekürzt wurde. »Keine Sorge, wir werden es ganz ohne Zeitdruck schaffen.«

Derek brummte vor sich hin, erwiderte aber nichts.

Warum all die Eile?, fragte sie sich, folgte ihm in ihr Zimmer und ging direkt auf den Kleiderschrank zu, um sich etwas Passendes für den Abend auszusuchen. Es ist doch jedes Mal dasselbe mit ihm, dachte sie und entschied sich blitzschnell für ein rückenfreies schwarzes Bleistiftkleid. Er war einfach zu sehr daran gewöhnt, in seiner Abteilung nur Untergebene zu haben, die nach seiner Pfeife tanzten – da erwartete er dasselbe von ihr. Sie lächelte ihn nachsichtig an, als er mit einem Handtuch hektisch seine Haare trocknete. Nach zwei gemeinsam verbrachten Jahren hätte man eigentlich annehmen können, er würde sie besser kennen.

Und genau wie sie gesagt hatte, war Sam in weniger als dreißig Minuten umgezogen, zurechtgemacht und bereit, die Wohnung zu verlassen. Es war vielmehr Derek, der schließlich Anlass zu einer Verzögerung gab. Sam stellte fest, dass er sich ungewöhnlich fahrig und nervös verhielt, als sie im Taxi durch die Londoner Straßen fuhren. Kein guter Tag in der Bank, vermutete sie.

Das Restaurant lag im Stadtteil Chelsea. Als sie und Derek dem Oberkellner zu ihrem Tisch folgten, spürte Sam nicht wenige interessierte Blicke der anderen Gäste in ihre Richtung. Erkannt zu werden bereitete ihr noch immer ein gewisses Unwohlsein, aber es gehörte wahrscheinlich dazu, wenn man für ein so angesehenes englisches Blatt wie die Mail schrieb. Die Themen ihrer Zeitungskolumne kreisten fast immer um Fragen, mit denen sich die moderne englische Frau konfrontiert sah. Während sie selbst jedoch diese Fragen in einer zum Nachdenken anregenden Weise abzuhandeln versuchte, zog es die Zeitung vor, wenn die Artikel stärker die Sensationslust der Leser befriedigten. Und aus diesem Grund sehnte sie den Tag herbei, an dem ihr eher der Ruf einer Autorin diverser Bestseller voraneilte als der einer mittelmäßigen Sensationsjournalistin.

Sie hatte gerade die Pressereise für ihren zweiten Roman hinter sich, die während der vergangenen Wochen so mit Terminen vollgepackt gewesen war, dass sie Derek kaum zu Gesicht bekommen hatte, etwas, das er gar nicht schätzte, wie sie wohl wusste. Zwar hatte er sich damals über den ersten Buchvertrag genauso gefreut wie sie selbst, doch er hatte weder damit gerechnet, dass das Buch solchen Anklang finden würde, noch, dass sich durch den Erfolg dieses und des nachfolgenden Buches für Sam eine solche Inanspruchnahme seitens der Öffentlichkeit ergeben würde. Sam machte das nichts aus. Ein Interview nach dem anderen, die permanenten Fototermine und die zahllosen Partys anlässlich einer Buchpremiere – alles Dinge, die den Verkauf ihrer Bücher fördern sollten – waren für sie ein Wirklichkeit gewordener Traum, den sie für nichts in der Welt hergegeben hätte. Aber in den letzten Monaten hatte sie einfach zu wenig Zeit mit Derek verbracht, und da sie bald mit der Recherche für ihr nächstes Buch beginnen musste, würde sie dann noch weniger haben. Einmal ganz entspannt zusammen auszugehen wie heute Abend, konnte ihnen beiden nur guttun.

Etwa nach der Hälfte des Essens bemerkte Sam, dass – während sie ohne Unterbrechung über alles Mögliche drauflosplapperte – Derek bisher kaum ein Wort gesagt hatte. Sie setzte sich auf ihrem Stuhl auf.

»Derek, ist irgendwas?«, fragte sie behutsam. »Du scheinst in Gedanken ganz woanders zu sein. Hattest du einen anstrengenden Arbeitstag?«

Er sah sie direkt an, blickte mit seinen schiefergrauen in die grünen Augen von Sam. »Nein, bei der Arbeit läuft alles gut. Mir geht momentan etwas anderes im Kopf herum.«

»Und was ist das? Gibt es irgendwas, was ich tun oder ...?«

»Sam, liebst du mich eigentlich?«, unterbrach er sie so unerwartet, dass ihr vor Schreck fast die Gabel aus der Hand fiel.

Wie konnte ihre Unterhaltung mit einem Schlag eine solche Wendung ins Tiefgründige nehmen? Da hatte sie soeben noch über etwas so Belangloses wie am nächsten Tag einkaufen zu gehen geplaudert, und nun stellte er eine derartige Frage? Sie blickte sich besorgt um, ob einer der Gäste an den Nachbartischen etwas mitbekommen hatte, aber jetzt hatten ihre Ängste nichts damit zu tun, dass man von ihr Notiz nehmen könnte. Nein, jetzt ging es darum, dass sie wieder einmal genau wusste, was nun passieren würde. Mein Gott!

»Derek, du weißt, dass ich das tue«, antwortete sie bedrückt und sich vor den Worten fürchtend, die kommen würden.

»Du weißt doch«, sagte er, sein Blick weiterhin auf sie gerichtet, »was ich dich gleich fragen werde, oder?«

Unglücklicherweise wusste sie es. Er hatte ihr diese Frage schon zweimal gestellt und zweimal dieselbe Antwort erhalten.

»Und, willst du?«

Einen langen Moment sah ihn Sam nur an und überlegte, wie sie es ihm am besten beibringen sollte. Doch am Ende hielt sie seinem Blick nicht mehr stand und schaute zur Seite. »Derek, ich ... «, begann sie mit einem tiefen Seufzer, »ich weiß es einfach nicht ... «

»Schon gut«, gab er zurück und stopfte sich mit schwer zu deutender Miene schnell eine Gabel Gemüse in den Mund.

»Es ist nur ... «

»Ich hab doch gesagt, dass es gut ist«, unterbrach er sie. »Du willst mich noch immer nicht heiraten. Okay. Vielleicht probiere ich es nächstes Jahr wieder, vielleicht werde ich es aber auch sein lassen.«

»Verdammt noch mal!« Sam schüttelte den Kopf. »Du könntest mir zumindest mal zuhören, was ich dazu zu sagen habe.«

»Warum sollte ich? Unterscheidet es sich etwa von dem, was du letztes Mal gesagt hast? Oder dem Mal davor?«

»Na ja, nicht wirklich, aber ... «

Sam war sich nicht ganz klar, warum sie eigentlich Dereks Heiratsanträge immer wieder ablehnte. Sie waren ein Paar, seit sie einander vor zwei Jahren von gemeinsamen Freunden vorgestellt worden waren. Doch obwohl sie sich sicher war, dass sie ihn liebte, wusste sie ebenso klar, dass sie noch nicht bereit war, es sich zu Hause gemeinsam gemütlich zu machen.

Unglücklicherweise wünschte sich Derek genau das. Ihm ging es um mehr, als dass Sam seinen Ring am Finger trug. Es ging ihm um das Haus in den Cotswolds, um Kinder, um die Labradorhunde und die Wellensittiche, und was noch schlimmer war, sie wusste, es ging ihm auch darum, dass sie die Karriere als Schriftstellerin, von der sie so träumte und für deren Gelingen sie so viele Jahre gearbeitet hatte, aufgab.

»Ich möchte, dass meine Kinder von ihrer Mutter großgezogen werden und nicht von irgendeiner fremden Frau«, hatte er ihr erklärt und auch, dass er überzeugt sei, die aktuell gestörte Beziehung zu seiner Mutter resultiere aus der Tatsache, dass sie ihn und seinen Bruder schon früh in die Obhut eines Kindermädchens gegeben habe.

Diese Äußerungen hatten Sam zwar verblüfft, doch übermäßig erstaunt war sie nicht über seine konservative Anschauung. Derek hatte auf vielen Gebieten eine sehr traditionelle Weltsicht. Und in gewisser Weise konnte sie sein Drängen sogar verstehen. Mit seinen achtunddreißig Jahren war er nicht nur sieben Jahre älter als sie, sondern auch in seinem gesamten sozialen und beruflichen Umfeld der Älteste, der noch immer unverheiratet war.

Wäre sie jedoch auf Dereks Vorschläge eingegangen, hätte sie ihren eigenen Zielen einen schlechten Dienst erwiesen, und dazu war sie nicht bereit. Jetzt endlich hatte ihre Karriere Fahrt aufgenommen – nach Jahren der Flaute, in denen es nur um die Frage gegangen war, wo sie ihren nächsten journalistischen Auftrag herbekam, und sie darum gekämpft hatte, einen Verlag für ihren Roman zu finden.

Und doch gab es keinen, mit dem sie lieber zusammen gewesen wäre als mit Derek. Die Zeit würde kommen, dessen war sie sich sicher, da sie bereit wäre, kürzerzutreten und über Heirat und Familie nachzudenken. Noch war sie aber nicht so weit.

Der Versuch, das Derek klarzumachen, hatte allerdings kaum Erfolgsaussichten.

»Im Augenblick ist dafür, was mich betrifft, keine gute Zeit, Derek. Vielleicht, wenn ich das neue Buch fertig habe, dann könnten wir ... «

»Und was wird mit dem Buch danach? Und mit dem nach diesem? Gib es zu, Sam, du liebst diese verdammten blöden Bücher mehr als mich.«

»Darum geht es doch nicht«, gab sie zurück, verblüfft, mit welcher Vehemenz er gegen ihre Schriftstellerei zu Felde zog. Ihr war klar, dass ihm die ganzen Werbegeschichten, die sie absolvieren musste, zuwider waren, aber was sollten die Worte »verdammte blöde Bücher«? Eigentlich hätte er doch stolz auf sie sein müssen. »Du tust mir Unrecht, Derek«, fuhr sie in ruhigem Ton fort. »Du weißt genau, dass ich dich liebe, aber ich bin glücklich, wie es ist, und ich kann das jetzt nicht alles aufgeben. Das wäre nicht fair.«

»Fair für wen?«

»Nun, für mich – und meinen Leserinnen gegenüber, denke ich«, fügte sie, als wäre es ihr nachträglich eingefallen, hinzu.

»Als ob es nicht schon genug hirnlose, oberflächliche Bücher gäbe, aus denen sie auswählen können«, prustete er los.

»Sehr nett von dir, Derek!« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Wirklich äußerst nett.«

Er wusste verdammt gut, wie viel Arbeit sie in diese »hirnlosen, oberflächlichen« Bücher steckte, und nur weil er sie nicht las, bedeutete das noch lange nicht, dass sie nicht denselben Wert wie die anderen auf dem Regal hatten.

»Tut mir leid, das war daneben«, gestand Derek ein. Ihm war offensichtlich klar, wie sehr er ihre Gefühle verletzt hatte. »Aber es will mir immer noch nicht in den Kopf, warum du darauf bestehst, Jahr für Jahr ein Buch zu schreiben, und dann jede freie Minute, die dir bleibt, darauf verwendest, für das vorherige die Werbetrommel zu rühren. Ich will die zusätzlichen Artikel für die Mail mal außen vor lassen, die du gar nicht nötig hättest, zumindest nicht finanziell«, fügte er schnell hinzu, als Sam den Mund öffnete, um zu protestieren.

Vielleicht hatte er ja recht damit, dass sie zu viel auf PR-Tour unterwegs war, aber auszugehen und Leute zu treffen war Sams größte Entschädigung für all die einsamen Monate, die sie tippend allein an ihrem Schreibtisch verbrachte. Sie liebte den Spaß und den aufregenden Glanz, die das Erscheinen eines neuen Buches begleiteten, die Signierstunden, Interviewtermine und Fotosessions – einfach alles. Andererseits war wahrscheinlich schon etwas dran, wenn Derek sagte, dass sie das Verfassen der Zeitungsartikel nicht mehr nötig habe. Um ehrlich zu sein, verursachte die immer größer werdende Einflussnahme des Chefredakteurs auf Inhalt und Stil ihrer Kolumne in letzter Zeit bei ihr ein gewisses Unwohlsein. Nach Giles’ Geschmack konnte es gar nicht sensationsheischend genug sein, ganz egal, was das Thema des Artikels war. Aber mit dem Journalismus hatte sie während der letzten Jahre ihren Lebensunterhalt bestritten, und so fiel es ihr schwer, den letzten Schritt zu tun und ihn in der Hoffnung aufzugeben, dass ihre Bücher sich gut verkaufen würden.

»Also gut, vielleicht bin ich wirklich zu viel auf PR-Tour unterwegs, aber all das ist extrem wichtig für den Aufbau einer langfristigen Autorenkarriere. Die Etablierung eines Markennamens, nur darum geht es, das weißt du. Und schau, es wird ja nicht immer so bleiben«, fügte sie hinzu und legte ihre Hand auf seine. »Im Augenblick läuft alles gut, die Leute scheinen die Bücher wirklich zu mögen. Aber vielleicht ist das auch nur der Reiz des Neuen. Deswegen ist es momentan wichtig, dass ich diesen Schwung am Laufen halte und daraus eine längerfristige Erfolgsgeschichte mache.«

Nicht, wenn Derek da ein Wörtchen mitzureden hatte, so schien es.

»Das Ganze kommt mir schon ein bisschen seltsam vor«, entgegnete er. »Du bist jetzt einunddreißig, Sam. In diesem Alter sollte man schon sehr ernsthaft darüber nachdenken, sich häuslich niederzulassen und eine Familie zu gründen, statt ständig wie eine Besessene auf dieser sogenannten ›Karriere‹ herumzureiten. Du weißt, dass ich von meinem Gehalt sehr gut uns beide versorgen könnte.«

Sam biss die Zähne zusammen. Warum wollte er es einfach nicht begreifen? Warum wollte er nicht verstehen, wie wichtig ihr ihre Unabhängigkeit war? Warum meinte er nur, dass sie gerade jetzt, da ihre Karriere nach so vielen Jahren harter Arbeit in Gang kam, bereit wäre, alles aufzugeben, um ein Leben als Hausfrau zu fuhren?

Nun ja, Eve hatte es getan, und sie schien sogar glücklich damit, aber diese Rolle als Hausfrau und Mutter war ja auch immer das große Lebensziel ihrer jüngeren Schwester gewesen. Schon als Kind hatte Eve den Puppen schöne Kleider angezogen und sie dann im Kinderwagen spazieren gefahren, während Sam in einer Ecke in das neueste Abenteuerbuch vertieft war. Sie und Eve waren in dieser Hinsicht schon immer sehr unterschiedlich gewesen.

Vielleicht wäre, wenn sie wie Eve schon früh im Leben ihre Erfüllung darin gesehen hätte, auch sie den Weg häuslichen Familienglücks gegangen, doch für sie begannen die Dinge gerade erst sich zu entwickeln, und sie würde das nicht alles wegwerfen, nur um Derek an ihrer Seite zu behalten. Was hatte es für einen Sinn zu heiraten, wenn nur einer der beiden Beteiligten dabei glücklich war? Mussten nicht beide gewillt sein, eine so weitreichende Verpflichtung offenen Herzens und bereit für alle künftigen Herausforderungen einzugehen?

Sosehr sie Derek also auch lieben mochte, Sam wusste tief in ihrem Inneren, dass sie jetzt nicht ja sagen konnte, nur um ihn glücklich zu machen. Sie würde den nicht ergriffenen Möglichkeiten immer nach trauern, ja, sie würde es ihm vielleicht sogar irgendwann übelnehmen.

Als sie versuchte, ihm das zu erklären, seufzte er tief.

»Lass es gut sein, Sam«, sagte er und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, »ich habe wohl keine Wahl.«

»Wie meinst du das?« Sie mochte den Unterton in seiner Stimme nicht.

»Du weißt, ich liebe dich. Wir sind seit fast zwei Jahren zusammen, zwei glücklichen Jahren, und ich hoffe von Herzen, wir werden noch viele weitere Jahre zusammen sein.«

Als sie das hörte, wurde sie etwas entspannter.

»Aber ich kann nicht ewig warten, Sam. Ich verstehe ja, wie wichtig dir deine Karriere ist und dass du aus deinen Möglichkeiten das Beste machen möchtest, aber ich frage mich, ob du über die Chance, die ich dir biete, wirklich nachdenkst. Was glaubst du eigentlich, wie ich mich bei dieser Zurückweisung fühle?«

»Ich weiß, und das tut mir leid, aber ... «

»Also, du sagtest doch, dass du mit den Recherchen für dein nächstes Buch bald beginnen möchtest, oder?«

Sie nickte und fragte sich, was nun kommen würde.

»Ich schlage vor, dass wir, während du damit beschäftigt bist, einander etwas Zeit geben, Zeit, um darüber nachzudenken, was wir wirklich wollen. Vielleicht besteht ja gerade darin ein Teil unseres Problems. Du denkst nicht ernsthaft genug über mein Angebot nach, weil du dir sicher bist, dass ich schon weiter auf dich warten werde. Aber, Sam, vielleicht werde ich das nicht. Vielleicht reicht es mir mit dem Fragen und Zurückgewiesen werden. Vielleicht bleibt mir nichts anderes übrig, als mich anderswo umzuschauen.«

Eifersucht stieg in ihr hoch, als sie sich Derek mit einer anderen vorstellte. »Du bittest dir Zeit aus, damit du dir eine andere suchen kannst?«, erlaubte sie sich, von dieser Aussicht tief getroffen, zu bemerken.

»Nein, ich möchte, dass wir uns Zeit geben, damit du darüber nachdenken kannst, warum du mich immer wieder abweist. Ich möchte, dass du wirklich darüber nachdenkst, Sam. Und in nicht allzu langer Zeit werde ich dich dann noch einmal bitten, mich zu heiraten, aber das wird das letzte Mal sein.«

»Du stellst mir also ein Ultimatum.« Sie war gekränkt, dass er es so offen aussprach, und trotzdem konnte sie ihn verstehen. Letztendlich war es nicht zu leugnen, ihre Ablehnungen mussten ihn sehr verletzt haben. Schon zweimal hatte sie ihn zurückgewiesen. Nicht viele Männer hätten danach weitere Versuche unternommen.

»So würde ich es nicht gerade nennen«, begann er wieder einzulenken, »aber ich möchte mir darüber klarwerden, woran ich bin. Und ich will wissen, ob du jemals deine Meinung ändern und dich mit mir häuslich niederlassen wirst. Andernfalls vergeuden wir nur unsere Zeit zusammen.«

Sam nickte still, fast ängstlich, ein Wort zu sagen. Ein Ultimatum – mein Gott! Nie hätte sie sich träumen lassen, dass es einmal dazu kommen würde. Derek legte es wirklich darauf an, sie spüren zu lassen, wie wichtig diese Entscheidung war. Ihre Karriere oder Heirat und Kinder. Warum konnte sie nicht beides haben? Es hatte zwar nie sehr weit oben auf ihrer Prioritätenliste gestanden, aber dass sie eines Tages Kinder und ein schönes Heim und den ganzen Rest haben wollte, hatte sie immer gewusst – nur nicht, dass jemand sie so bald zu einer Entscheidung zwingen würde. Doch, sie liebte Derek von ganzem Herzen, sie hatten eine ähnliche Art Humor, die gleichen Interessen, und sie waren – zumindest bis vor kurzem – ein tolles Paar gewesen. In ihrem Herzen wusste sie, dass man Männern wie Derek nicht jeden Tag begegnete. Sie wollte ihn nicht verlieren, aber genauso wenig wollte sie ihre Karriere hinschmeißen. Doch Derek hatte es unmissverständlich klargemacht, dass er nicht bereit war, noch viel länger zu warten. Als ihr das Ausmaß der Entscheidung, der sie sich stellen musste, langsam zu dämmern begann, wurde sie ganz verzweifelt.

»Also, was meinst du dazu?«, fragte Derek schließlich. Seine Andeutung eines Lächelns hellte die ernste Stimmung wieder etwas auf.

Fairerweise musste man ihm wohl zugestehen, dass er die schwierige Lage, in die er sie brachte, zu begreifen schien.

»Glaubst du, du könntest in den nächsten Wochen ohne mich auskommen?«