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Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die für uns unerklärlich sind . . . . . . Man nennt sie Vorahnungen, den siebten Sinn, oder einfach nur „Mystik.“ Ich weiß, dass mehr dahinter steckt, denn ich habe es durch meine Großmutter selbst erfahren dürfen . . . . Roman
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Seitenzahl: 240
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Die vorliegende Geschichte ist völlig frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind keinesfalls gewollt oder beabsichtigt. Sie wären rein zufällig.
Roman Schmidt MMXIV
Vorwort
Die Traumkatze… Kapitel 1
Kapitel 2 (Erinnerungen an die Oma)
Kapitel 3 (Zwei Wochen vorher)
Kapitel 4 (Freitag in der Firma Import-Export)
Kapitel 5 (Auftragskiller)
Kapitel 6 (Der Mord im Flieger)
Kapitel 7 (Der neue Kollege)
Kapitel 8 (Die weiße Katze)
Kapitel 9 (Die Katze kommt wieder)
Kapitel 10 (Die Chemischen Werke)
Kapitel 11 (Eine peinliche Verwechslung)
Kapitel 12 (Selbstzweifel)
Kapitel 13 (Erste Spuren)
Kapitel 14 (Bremerhaven)
Kapitel 15 (Hilfe aus dem Jenseits)
Kapitel 16 (Volltreffer)
Kapitel 17 (Am Wall 4)
Kapitel 18 (Wohnungsdurchsuchung)
Kapitel 19 (Amtshilfe abgelehnt!)
Kapitel 20 (Illegale, notwendige Aktion)
Kapitel 21 (Steffenson `s Vorahnung)
Kapitel 22 (Erkenntnisreicher Außeneinsatz)
Kapitel 23 (Der Fall ist erledigt!)
Kapitel 24 (Villa Steffenson)
Kapitel 25 (Der Dank für die Arbeit)
Nachsatz zur weißen Katze.
Die weiße Traumkatze… 2.Teil
Der Traum von der weißen Katze
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Nachsatz
Ich bin vor mehr als fünfundvierzig Jahren in meiner Grundausbildung beim Militär, wie tausende von jungen Männern, an verschiedenen Waffen ausgebildet worden. Ich erwähne das hier, weil ich in manchen Filmen oft Darsteller sehe, die wohl noch nie eine scharfe Waffe in ihren Händen hatten. Da erinnere ich mich an einen Fernsehkrimi, der kürzlich gesendet wurde. Eine Kommissarin mit gekonnt aufgesetztem Schmollmund, gestylter Frisur und schickem Kostüm, läuft mit entsicherter Pistole auf Stöckelschuhen hinter einem flüchtenden Mann eine Steintreppe herunter. (!)
Das sagt doch schon alles! In ähnlich gemachten Filmen laufen „sogenannte Kriminalbeamte“ suchend am Tatort in normaler Kleidung und mit Straßenschuhen herum, während im Hintergrund noch Fotos von dem Opfer gemacht werden. Manche von ihnen haben tatsächlich sogar Latexhandschuhe an, mit denen sie sich entweder fälschlicherweise auch noch die Nase putzen oder in ihre Jackentaschen fahren, um eine Plastiktüte hervorzuholen, um kleine Gegenstände dort hineinzupacken. Für mich in dieser Art und Darstellung nicht nachvollziehbar, denn Plastiktüten werden sehr selten und nur für bestimmte Objekte verwandt. Nach einem nächtlichen Einbruch in der Firma meiner ersten Lehrstelle wurde ich morgens zwangsläufig Zeuge von der Arbeit der polizeilichen Spurensicherung. (Auf Distanz, versteht sich!) Mit Mundschutz, Overall, Handschuhen und Plastikhüllen über seinen Schuhen ging dieser Beamte damals alleine ans Werk. Aus seinem Metallkoffer nahm er einen Pinsel, eine Sprühdose mit schwarzem Pulver und bestäubte damit für ihn erkennbare, verdächtige Stellen, die so sichtbar gemachten Spuren wurden anschließend mit Klebefolie abgenommen und gesichert. In Filmen werden diese wichtigen Details nie, oder nur sehr selten gezeigt. Ich könnte mehrere Beispiele nennen, von denen ich der festen Überzeugung bin, dass sich kein Kriminalbeamter so wie die Schauspieler im Film verhalten würde. Fremdspuren kommen in vielfältiger Weise erst durch fahrlässige Aktionen an den Tat,- oder Fundort.
Der Gebrauch von Schusswaffen wird genauso falsch dargestellt. Mit größtem Respekt und natürlicher Vorsicht wurden wir mit unserer Dienstpistole vertraut gemacht. Auf dem Schießstand musste jeder Schütze den genauen Wortlaut des Ausbilders wiederholen, um auszuschließen, dass man Hinweise und Ratschläge unbedacht überhört und zu schnell falsch machen würde. So prägte man sich mit der Zeit jeden einzelnen Schritt sorgfältig ein.
Wie folgende Hinweise zeigen sollen. z.B.:
(Waffe immer mit dem Lauf nach unten halten! Niemals unkontrolliert zur Seite drehen! Entsichern! Ein Schuss Feuer frei! Usw.) Die Akteure im Film gehen mit ihren Schusswaffen manchmal so um, als seien das Spielzeuge. Eine leichte Handbewegung von wenigen Zentimetern nach links oder rechts kann den gefährdeten Bereich eines Treffers in der Distanz trichterförmig auf mehrere Meter erweitern! Ich will damit lediglich anmerken, dass die Darstellung in Filmen und die reale Arbeit der Experten weit auseinanderklaffen. (Vielleicht ist die Wirklichkeit viel mühsamer und akribischer. Lässt sich also deshalb nicht so spannend und fotogen darstellen!?) Ich versuche in meinen Geschichten die Geschehnisse so zu schildern, wie ich das aus meiner Erfahrung und Menschenkenntnis annehme. Man muss träumen und sich beim Schreiben auf die fiktiven Sachen einlassen, immer mit der Gegenfrage: Was würde ein normaler Mensch jetzt denken, fühlen, tun. Wie begegnet ihm der Täter? Welche Beweggründe veranlassen einen Menschen so oder doch anders zu handeln? Ich hoffe, dass solche Hintergründe von mir gut genug und verständlich geschildert werden und damit eine spannende Handlung in der vorliegenden Geschichte erzeugt wird. Ein Verbrechen mit Todesfolge wird allgemein und voreilig sehr schnell nur Mord genannt. Jedoch können die Fälle höchst unterschiedlich entstanden sein. Geschehen „Morde” im Affekt, in einer überraschten oder bedrohten Lage, oder sogar in Notwehr, so wird zunächst meistens auf Totschlag ermittelt. (Man kennt hinlänglich den Totschlag im Affekt.) Plant aber ein hinterlistiges Gehirn ein Verbrechen im Voraus, und diese Tat sieht dann auch noch eine gezielte Tötung vor, so spricht man von einem vorsätzlichen, manchmal sogar hinterlistigen Mord. Dann kommen vor Gericht noch Abstufungen der Tatbewertung hinzu. (Besonders heimtückisch, wehr,- oder willenlos gemacht, das Opfer hatte keine Chancen u. s. w.) Jedoch scheint immer wieder dasselbe zu passieren. Dass nämlich die Täter an Selbstüberschätzung leiden. Sie gehen einfach bei den Überlegungen ihrer Taten davon aus, dass ihre Gegenüber diese, von ihnen mühsam und teilweise auch sehr sorgfältig ausgearbeiteten Plänen nicht durchschauen werden. Oder schlimmer noch, sie sehen ihre Gegenspieler von vorneherein als zu dumm und unfähig an. Kurz: Man plant immer wieder das perfekte Verbrechen! Und diese Perfektion kann es schon gar nicht geben, da jeder Mensch fehlbar ist! Die auf sich geladene Schuld ist unüberwindbar und führt zu einer Unsicherheit und anormalem Verhalten, dass sich nicht selten in einer Selbstanzeige entlädt um endlich, wenn das überhaupt nach einer solchen Tat noch möglich ist, wieder durchschlafen zu können. Sich aussprechen, anvertrauen können, das sind die Bedürfnisse, die einige Täter danach suchen. Das mag der Beichtstuhl sein, das mag aber auch die schon erwähnte Selbstanzeige sein. In einigen, wenigen Fällen ist sogar von unverhohlener Prahlerei der verübten Taten berichtet worden, um das Unterbewusstsein zu beruhigen und sich selbst zu bestätigen, das Geschehene zu rechtfertigen. Auch eine Art von Aussprache. Ich kann mir keinen Täter vorstellen, an dem ein solches Verbrechen völlig spurlos und eiskalt vorbei geht. Angstschweiß, innere Zerrissenheit, Wahnvorstellungen und Albträume der Ereignisse werden zu ständigen Begleitern, die man ohne Aufklärung nicht mehr loswird. Die innere Unruhe der Täter führt zwanghaft auch dazu, den Ort des Geschehens immer wieder aufzusuchen. Polizeifotos und Filme der Schaulustigen vom Tatort oder der unmittelbaren Umgebung haben nicht selten den Täter per Bild ermittelt. Das gilt auch und im Besonderen für Feuerteufel, die sich an dem von ihnen verursachten Leid ergötzen wollen oder krankhaft befriedigen müssen. Dann kommen gegen den oder die Täter einige, nicht unwichtige Hilfsmittel und Möglichkeiten der Ermittler hinzu: D.N.A. mikroskopische Analysen, Auswertungen kleinster Partikel, exakte Bestimmungen von Substanzen jeglicher Art und Obduktionsergebnisse, die den heutigen hochgerüsteten Kriminallabors und den Speziallisten zur Verfügung stehen. Nicht zu unterschätzen ist zudem der plötzlich, und aus dem Nichts auftretende, berühmt - berüchtigte Kommissar “ZUFALL!” Also wird es demnach nur in ganz verzwickten Einzelfällen und natürlich in Romanen überhaupt zum absolut perfekten Verbrechen kommen! Man kann den Verlauf eines Geschehens nicht so einfach im Voraus planen und gestalten. Das wäre genauso, als würde ich alle Personen, denen ich später begegnen werde, beschreiben können, bevor ich das Haus verlasse und einkaufen gehe. Immer wieder muss man auf unvorhergesehene Ereignisse individuell reagieren können. Passiert das einem Verbrecher kurz vor, während oder sogar nach seiner Tat, so gerät spätestens dann sein vorheriger Plan völlig aus dem Konzept. Es ist kein Zufall, dass auch immer wieder in Geschichten oder Filmen von einem Ausweg, einem sogenannten Plan B gesprochen wird. Aber ich bin überzeugt, dass man all die unterschiedlichen Dinge niemals berücksichtigen kann. Auch nicht mit einem Plan B, C, oder D! Noch einen Punkt gilt es zu erwähnen: Die unscheinbaren, winzigen Fehler, die einfach jedem täglich passieren. Und die führen dann unweigerlich immer wieder hinter die berühmten, schwedischen Gardinen. Das ist meine persönliche Meinung bei der ich natürlich falsch liegen kann aber meine Lebenserfahrungen und der zutreffende Spruch: „Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen“, haben diese Überzeugung in mir wachsen lassen.
Warum werden viele Mörder von Albträumen verfolgt? Massenmörder verdrehen und rechtfertigen ihre Taten sogar solange, bis auch die kleinste Gehirnwindung anfängt, die verdrehte Lüge als Wahrheit anzunehmen. Die meisten jedoch kommen nicht mit ihren Taten zurecht. Manche zeigen sich selber an und stellen sich der Polizei, um endlich „Ruhe“ zu haben. „Das ist das Unbewusste. Das Gewissen in uns!“ sagen einige. Gelehrte predigen vom Gleichgewicht, dass es zu erlangen gilt. Man wird seinen Frieden nicht finden, wenn man anderen einen Schaden, jeglicher Art zugefügt hat. Es lässt einen nicht mehr los! Unsicherheit schleicht sich in den Alltag ein. Im Mittelalter hatten die Menschen eine solche Ehrfurcht, dass sie mehr Angst vor Gottesstrafe hatten, als vor dem Leben. Sie suchten nach eigenen Fehlern in ihrem Tun. Wer hält sich heute noch daran? Ich habe einmal den Ausspruch gehört, hinter jedem Reichtum steckt ein Verbrechen. Ich teile diese Meinung zwar nicht, aber warum wurde das Zitat von einem Schauspieler in einer „Talkrunde“ erwähnt?
Angefangen von Kolumbus, über Pizarro und Cortes hat sich die alte Welt unglaublich an den Bodenschätzen der wieder entdeckten Kontinente und deren Ureinwohnern bereichert. Man hat Menschen zusammengepfercht, als Sklaven verkauft und ausgebeutet, bis man vor Reichtum, Macht und Geld kaum noch laufen konnte. In der alten Welt haben unfreie Bauern im Mittelalter den Adel reich und üppig leben lassen, denn ihr Stand erlaubte das, einfach weil sie hochwohlgeboren waren. Kleriker haben von der Kanzel gepredigt, dass ein jeder wissen solle, wohin er gehört! Damit meinte man, dass der Pöbel schuften und der Adel saufen konnte. Man spricht auch heute gerne noch von sozialer Gerechtigkeit. Es kommt, wie immer im Leben, auf die Sichtweise an. Was für den einen richtig scheint, kann für andere hoffnungslos und falsch sein.
Roman Schmidt
(Wie alles begann . . . .)
Bisher hatte sich sein Navigationsgerät im Auto noch nie gravierend geirrt, also musste das hier auch diesmal, in dieser Einsamkeit die richtige Adresse sein, die von der immer freundlichen, weiblichen Stimme mit dem Satz: „Sie haben ihr Ziel auf der rechten Seite erreicht!“ beendet wurde. Beiderseits der einsamen Straße, die um diese Uhrzeit im Stockdunklen lag, sah er nur dichte, hohe Schatten, die vom Scheinwerferlicht des Wagens spärlich beleuchtet wurden. Es waren die gespenstisch anmutenden, hohen Pappeln, die sich leicht im Wind wiegten. Er schaute noch einmal auf das Display des kleinen elektronischen Helfers: „Im Teufelsmoor 13! Was für eine Adresse!“ Von einer Mauer, einem Schuppen oder gar einem Haus war nichts zu sehen. Andreas kramte sein mobiles Telefon hervor und suchte nach der Nachricht, die ihm sein Freund heute Morgen übermittelt hatte. Er verglich noch einmal die erreichte Adresse mit seinem „Navi“. Eindeutig, das musste hier sein. Wieso lebte Rüdiger so weit außerhalb der Stadt? Seine meisten Aufträge bekam er in Bremen, so hatte er beim letzten Treffen vor einem halben Jahr noch stolz geprahlt und sich daraufhin dort ein kleines Büro angemietet. Andreas schüttelte den Kopf, als er darüber nachdachte. „Und dann nimmt der täglich diesen weiten Weg bis hier in diese Einöde in Kauf?“ Er steckte das Telefon wieder ein, nahm die Taschenlampe aus dem Handschuhfach, löschte das Licht der Scheinwerfer und stellte den Motor ab. Eine solche Stille und völlige Dunkelheit hatte er bisher nur ein einziges Mal mit seiner damaligen Freundin auf einer Almhütte erlebt. Wenn man kein einziges Geräusch hört, so kann Stille auch beängstigend sein. Man sieht plötzlich so viele Sterne am Firmament funkeln, wie man das seit Jahren nicht wahrgenommen hatte. Er knipste die Taschenlampe an, nachdem er den Wagen abgeschlossen hatte und folgte dem Lichtkegel zur rechten Straßenseite, denn das hatte die Computer-Stimme ja gesagt. Ein maroder Zaun, dessen Pfähle anscheinend nur noch von dem verrosteten Draht gehalten wurden, ließ mittig ein altes Holztor erkennen. Ein Eisenring, einfach über die Pfosten gelegt, hielt das Tor geschlossen. Andy, wie ihn seine Freunde nannten, leuchtete in diese Richtung und erkannte einen Kiesweg. Ein großer Schatten war an dessen Ende zu sehen. Beim Näherkommen entpuppte es sich als ein reetgedecktes Haus. Schreiend und fauchend sprang eine kleine, weiße Katze aufgeregt vom Weg und verschwand in der Dunkelheit. Jetzt sah er auch erstmals das schwache Licht hinter einem der untenliegenden Fenster. Neben der Tür hing eine Kordel, die beim Ziehen ein helles Klingeln auslöste. Dumpfe Schritte ertönten im Haus und augenblicklich stand Rüdiger, lichtdurchflutet im Rahmen. „Alter Junge, ich dachte schon, du würdest irgendwo im Moor stecken. Hast ganz schön lange gebraucht. Du bist doch nicht zum ersten Mal hier draußen, oder doch?“ Andy schüttelte mit dem Kopf: „Rüdiger, Rüdiger! Seit wann kennen wir uns nun?“ Der Angesprochene erwiderte seine Frage nicht und schob den Freund vor sich her in die gute Stube: „Komm erst mal rein. Du wirst doch heute nicht wieder zurückfahren?“ Andy neigte seinen Kopf spielerisch hin und her: „Wenn du ein vernünftiges Bett hast, dann nicht!“ Rüdiger lachte und nahm seinem Freund die Jacke ab: „Ein Bier oder ein Tee? Nein, ich weiß was Besseres! Ich mach uns einen Glühwein! Such dir ein schönes Plätzchen.“ Schon hatte der Hausherr Andys Jacke in den Flur gebracht und war dann hinter einer stabilen Holztür verschwunden. Vorsichtig und leise, wie aus dem Nichts, erschien plötzlich ein angsteinflößender, großer Jagdhund und schlich um den Sessel des nächtlichen Gastes. Andy zögerte, denn der Hund fixierte ihn genau und er wusste ihn nicht einzuschätzen. Vorsichtig streckte er ihm seinen Handrücken entgegen, diese Geste wurde von dem Tier wohlwollend akzeptiert. Es ließ sich ausgiebig kraulen. Die Streicheleinheiten genoss das Tier sichtlich. „Ahh, Sie müssen dieser Andreas sein. Ich habe schon viel von Ihnen gehört!“ Eine attraktive, junge Frau kam aus einem der unteren Zimmer auf ihn zu. „Ich habe Stimmen gehört.“ Dann schaute sie auf den Hund: „Hat sich Lotte schon bei Ihnen eingeschleimt? Sie kann nicht jeden leiden! Darauf können Sie stolz sein.“ Rüdiger kam mit einem Tablett zurück aus der Küche: „Na, habt ihr euch schon bekannt gemacht? Eva, das ist Andreas, Andreas das ist Eva!“ Sie gaben sich die Hände und die Frau setzte sich auf die Ledercouch. Rüdiger stellte sein Tablett auf den groben Tisch und verteilte die dampfenden Tassen: „Vorsicht, sehr heiß!“ sagte er und schlürfte hörbar laut und genießerisch das alkoholische Getränk. Andreas wartete, bis seine Tasse etwas abgekühlt war: „Du Schwerenöter! Uns hast du beim letzten Mal erzählt, wie einsam das bei dir ist. Fünf Monate ist das jetzt her, das wir uns zuletzt gesehen haben und dann muss ich sehen, dass du gar nicht so alleine bist, wie du uns damals weismachen wolltest!“ Rüdiger lachte so laut auf, dass sich sein Hund jaulend in eine Ecke verkroch. „Es muss ja nicht jeder von euch wissen, dass ich mit ihr zusammen bin. Zu schnell kommt da Neid auf. Und denk mal an Klaus, der konnte seine Finger doch nie bei sich halten. Stell dir mal vor, der wüsste von ihr. Ich wäre keinen Tag mehr alleine hier draußen.“ Eva schaute den Gast an: „Was machen Sie beruflich?“ Rüdiger stöhnte auf: „Eva wir sagen du zueinander, ist dir doch auch recht Andreas, oder?“ Andy nickte und beantwortete die gestellte Frage: „Ich schreibe Geschichten.“ Rüdiger fiel ihm ins Wort: „Das weißt du doch, Schatz! Ein Bücherwurm ist er, aber ein guter!“ Andreas verdrehte die Augen: „Ich versuche halt, unterhaltsame Storys zu schreiben! Und was ist mit dir? Seit Monaten haben wir uns nicht mehr gesehen und dann bist du hierher gezogen, in diese Einöde, warum?“ Rüdiger lächelte: „Ich helfe im Augenblick einem Mann, der sich den Zorn eines Verurteilten eingehandelt hat! Er hatte gegen diesen Mann als Zeuge ausgesagt, der daraufhin eingelocht wurde. Nun wird mein Kunde massiv bedroht und bekommt keinen Polizeischutz, obwohl man ihm das vorher zugesichert hatte. Dann hatte ich da noch diesen ominösen Auftrag, den Auftraggeber darf ich nicht nennen, Beweise zu sammeln über einen korrupten Manager. Ich habe dem angeraten, sich selbst zu stellen. Den Fall habe ich abgegeben. War mir zu heiß!“ Andreas drehte sich zu der Frau um: „Kannst du ihm bei seinen Recherchen helfen?“ Sie lächelte charmant: „Tu ich, ja! Wenn es nicht gerade gegen meine Schweigepflicht verstößt!“ Andreas schob noch eine Frage nach: „Was ist denn dein Beruf? Was machst du, Polizistin?“ Die Frau lächelte: „Nein, ich arbeite in einer Kanzlei, bei einem Rechtsanwalt. Die Namen von den Klienten darf ich zwar nicht nennen, aber so manchen Hinweis oder Rat kann ich ihm dennoch geben.“ Jetzt war der Glühwein angenehm warm und Andreas trank genüsslich einen großen Schluck. Die Wärme breitete sich sofort in seinem Innersten aus und er lehnte sich zurück: „Warum sollte ich heute Abend zu dir kommen? Gibt es einen bestimmten Grund dafür?“ Sein Freund nickte: „Ja, den gibt es! Ich habe ein paar Fragen. Dazu brauche ich deine Erfahrung, aber das machen wir morgen, wenn du weißt, worum es dabei geht!“ Mit ein paar leckeren Häppchen, die Eva in der Küche gezaubert hatte und weiteren Gläsern des heißen, schnell betörenden Weines, klang der Abend aus. Andy gelang es nicht mehr, sein Gähnen weiterhin zu unterdrücken. Rüdiger zeigte ihm das Gästezimmer, von dem er nicht mehr viel mitbekam und schnell, wie ein nasser Sack traumlos einschlief. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als Andy mit einem dicken Kopf endlich wach wurde. Wo befand er sich? Es dauerte eine Ewigkeit, bis er sich aufgerappelt hatte und nach mehreren Versuchen endlich die richtige Tür zum Bad gefunden hatte. Nachdem er sich frisch gemacht hatte, zog er sein kleines Metalldöschen aus der Westentasche und entnahm eine Kopfschmerztablette. „Hallo, Rüdiger?“ flüsterte er leise, während er die quietschenden Holzstufen hinunter ging. Er bekam keine Antwort. Als er ins Wohnzimmer kam, dachte er zunächst, er hätte sich vertan, aber es gab keinen Zweifel. Die Möbel waren mit weißen Tüchern bedeckt. Auf dem Teppich waren große, dunkle Flecken, mit weißer Kreide grob umrandet. Es sah aus, als hätte man einen Körperumriss aufgemalt. Andy drehte sich um und ging in den Raum, hinter dem er die Küche vermutete. Vorsichtig öffnete er die Tür. Da stand Eva am Herd, blutverschmiert waren ihr Gesicht und ihre Hände. Sie kam auf ihn zu: „Hilf uns!“ sagte sie und Andy wich entsetzt zurück. „Wo ist Rüdiger und was ist passiert?“ Sie ging auf die Frage nicht ein und wiederholte monoton nur immer wieder die zwei Worte: „Hilf uns!“ Andy wollte zur Tür, aber die wich vor ihm zurück und er befand sich in einem großen Saal. Jetzt hörte er das helle Klingeln der Haustür. Zuerst leise, dann immer lauter, bis sich ein lautes Klopfen anschloss: „Das Frühstück ist fertig, wollen Sie auf dem Zimmer frühstücken oder kommen Sie herunter? Sie wollten doch um acht Uhr geweckt werden.“ Andy öffnete seine Augen. Er saß in seinem Bett und die Haushälterin klopfte an seiner Schlafzimmertür. Um sie zu beruhigen rief er schnell: „Einen Augenblick noch! Ich ziehe mich gerade an!“ dann schwang er die Beine aus der Liege und setzte sich auf den Rand. Hatte er geträumt? Er ging ins Bad und rasierte sich. „Was für ein blöder Mist!“ sagte er sich immer wieder, zog sich an und ging schließlich nach unten. Der Frühstückstisch war, wie immer liebevoll von seiner Adele gedeckt worden. Seitdem ihr Mann verstorben war, machte sie ihm in der alten Villa in Dibbersen den Haushalt. Er hatte das riesige Anwesen an der Weser von seinem Onkel, dem Bruder seines Vaters geerbt, der selbst keine Kinder hinterlassen hatte. Adele und ihr Mann war schon bei ihm als Butler und Köchin angestellt gewesen und der Einfachheit halber hatte er das nette Paar, das sich in seiner frühsten Kindheit liebevoll um ihn gekümmert hatte, mit übernommen. Adele kam und schüttete ihm den frischen Kaffee in den Becher, goss ein wenig Milch hinein und warf zwei Stückchen Zucker dazu: „Umrühren müssen Sie schon selber!“ lächelnd, wie jeden Morgen drehte sie sich um und während sie zurück in die Küche ging, sagte sie beiläufig: „Übrigens, Ihr mobiles Telefon piepst schon die ganze Zeit!“ Andreas nahm das gezahnte Messer und teilte damit ein Brötchen, beschmierte beide Hälften mit Margarine und Honig und biss genüsslich hinein. Ein Schluck heißer Kaffee folgte, erst dann stand er auf und nahm sein mobiles Telefon. „Sie haben eine Nachricht!“ Er drückte die entsprechende Taste und las. Täuschten ihn seine Augen? Er setzte sich zurück an den Tisch und las erneut: „Besuch mich heute Abend. Osterholz-Scharmbeck, Im Teufelsmoor 13, Gruß Rüdiger!“ Das war doch die gleiche Adresse, wo er gestern Nacht gewesen war, oder nicht? Er suchte im Index seines Telefons, aber sie war da nicht verzeichnet, er fand nur belanglose, andere Nachrichten die er fast vergessen hatte und unbedingt noch löschen musste. Diese Mitteilung war neu. Das Navi! Er war doch mit diesem elektronischen Wegweiser dorthin gelangt. Es musste diese Anschrift gespeichert haben! Er stürzte in die Garage und öffnete das elektronische Gerät: Zu seinem größten Erstaunen musste er feststellen, dass weder „Osterholz-Scharmbeck“, noch „Im Teufelsmoor 13“ gespeichert waren! Gedankenversunken und irritiert ging er wieder die Treppe hinauf. „Ich wollte schon abräumen, denn ich dachte, Sie würden oben wieder an Ihrem Roman schreiben. Ist was passiert? Sie sehen plötzlich so blass aus, schlechte Nachrichten?“ Sie schaute ihn ängstlich an. „Adele“, begann er, „sagen Sie mir, wann bin ich gestern zurückgekommen?“ Verständnislos schaute sie ihren Arbeitgeber an und schüttelte den Kopf: „Ich verstehe nicht, woher zurückgekommen, was meinen Sie damit?“ Andreas nahm seinen ganzen Mut zusammen. Er war doch nicht schon verkalkt? „Na, ich bin doch gestern Nachmittag zu meinem Freund rausgefahren, oder etwa nicht?“ „Herr Andreas!“ so nannte sie ihn immer, wenn sie förmlich wurde: „Sie sind überarbeitet. „Ihr neuer Roman sollte ein wenig ruhen! Fahren Sie weg! Sie haben sich jetzt schon viel zu lange oben eingeschlossen. Das Manuskript für den Lektor sei bald fertig, haben Sie jedenfalls schon vor drei Tagen gesagt. Seit dieser Zeit haben Sie das Haus nicht eine Minute verlassen und ich höre Tag und Nacht, wenn Sie mit dem, wie nennt man das . . . Notebook? Also, wenn Sie damit arbeiten. Jetzt frühstücken Sie erst einmal in Ruhe zu Ende!“ Andy ging zurück und gönnte sich noch eine Tasse Kaffee. Das weich gekochte Ei war auf den Punkt genauso, wie er es gerne mochte. Er durfte im Augenblick nicht mehr an den verwirrenden Traum denken. Adele hatte wieder einmal Recht gehabt! Er war überarbeitet! Außerdem hatte er sie seit Tagen belogen. Er tippte zwar unermüdlich seine Gedanken in das elektronische Gerät, aber jedes Mal regte er sich morgens darüber auf, was für dummes Zeug er da abgespeichert hatte. Er war innerlich leer. Ihm fiel nichts Gescheites mehr ein. Die Geschichte mit dem Lektor, der das Buch korrigieren könnte, war natürlich auch frei erfunden. Er hatte keinen Ansatz, keine Idee. Adele sollte das nicht wissen, denn sie umsorgte ihn, wie er es die ersten Jahre seines Lebens von seiner eigenen Mutter erfahren hatte. Sie fühlte sich verantwortlich für den Kleinen, der früher so oft hier mit seinem Onkel im Garten gespielt hatte. Nicht nur der hatte den Waisen, der schon so früh seine Eltern bei dem schrecklichen Autounfall verloren hatte, ins Herz geschlossen. Auch Johann, der Butler nahm den Jungen oft mit in die Stadt zum Einkaufen, wenn er aus dem Kinderheim für ein paar Tage in der Villa zu Besuch war. Weihnachten und Ostern! Zwei Feste, die man sich in der Villa ohne den kleinen Andreas gar nicht mehr vorstellen konnte. Mit dem 18. Lebensjahr wurde ihm sein Erbteil ausgezahlt. Er studierte Germanistik und arbeitete als freier Journalist für verschiedene Zeitungen, bis sein Onkel verstarb und er das gesamte Anwesen von ihm erbte. Er zog sich hierher zurück und wurde seitdem von Adele versorgt, die zwei Jahre zuvor ihren Mann verloren hatte.
Er versuchte vergebens, seine Gedanken zu ordnen. Dabei fielen ihm die Geschichten ein, die man über seine verstorbene Großmutter immer erzählt hatte. Sie war als junge Frau mit ihrer kleinen Tochter aus Ostpreußen nach Gelsenkirchen gekommen und hatte da seinen Großvater geheiratet. Schon als ganz junges Mädchen hatte sie oft seltsame Vorahnungen gehabt, die sich danach exakt so ereigneten. Wäre sie im Mittelalter geboren worden, sie hätte als Hexe gelten können, so munkelte man damals hinter vorgehaltener Hand. Diese Fähigkeit behielt sie dann ihr ganzes Leben lang. Wenn sie nach diesen Sachen gefragt wurde, so hat sie immer nur geantwortet: „Ich hab geträumt von kleiner, weißen Katze, “ so erklärte sie es einfach und kurz in dem unverwechselbar verdrehtem Deutsch, was auf ihre östliche „kalte Heimat“ schließen ließ. Manchmal, wenn Fremde sie gefragt, und den Sinn nicht verstanden hatten, ergänzte sie knapp: „Ich sehe das. Das war schon immer so. Erklären kann ich nicht!“ Damit waren die anderen zwar immer noch nicht schlauer, aber ihr genügte die Aussage. Dann ging sie wieder ihrer Arbeit nach. Sie hatte neben ihrem Haushalt in einem Anbau neben dem Stall eine gewerbliche Wäschemangel in einer Bergmannssiedlung im Kohlenpott, genauer gesagt in Gelsenkirchen-Horst. Seltsam und beängstigend war im Nachhinein jedoch, dass das geschilderte Ereignis jedes Mal genau eintrat. Ob ein entfernter Verwandter zu Besuch kam, ein anderer verstarb, sogar ob und wann Fliegeralarm war, sie wusste das vorher! Sie war im Krieg nie in einen Schutzbunker gegangen, denn sie wusste ja, dass es im Haus genauso sicher war. „Fällt Bombe da . . . Menschen alle tot. Fällt hier . . . genauso. Warum soll ich weggehen von Haus?“ Steffenson war leider erst fünf Jahre alt, als sie verstarb. Er hätte gerne mehr von ihr gehabt. Sollte ausgerechnet auch er Dinge vorher erahnen können? Hatte er diese Fähigkeit von ihr geerbt? Lag es in seinen Genen?
Er musste erneut zu seinem Freund ins Teufelsmoor fahren! Dann würde sich alles aufklären! Diesmal schrieb er die Adresse auf und gab sie der Hausdame: „Da bin ich zu erreichen, es kann spät werden, vielleicht schlafe ich bei ihm!“ Die alte Frau nickte: „So ist es recht! Machen Sie sich einen schönen Abend. Sie müssen mal raus, das hab ich doch schon immer gesagt!“ Andreas gab die Daten in das Navigationsgerät ein und startete den Motor: „Fahren Sie die nächste Straße rechts, dann folgen Sie für 3 Km dem Straßenverlauf….“ usw. Nach fünfzehn Minuten war er am nördlichen Stadtrand von Bremen und ließ den dichten Feierabendverkehr hinter sich. Eine weitere halbe Stunde später kam er an der gleichen Stelle an, die er in der Nacht schon einmal gesehen hatte. Nur diesmal war es noch nicht dunkel. Er erkannte alles sofort wieder, obwohl er doch nach Aussage von Adele noch niemals zuvor hier gewesen war. Er dachte unwillkürlich an Eva, die blutverschmiert in der Küche gestanden hatte. Sollte der Abend genauso verlaufen, wie er das geträumt hatte, so musste er seinen Freund und dessen Lebensgefährtin früh genug warnen! Der Zaun, das Tor, der Kiesweg, die Türglocke, er kannte sich bestens aus und doch war er verblüfft, denn so etwas passierte ihm zum allerersten Mal. Ein eiskalter Hauch kroch über seinen Rücken, als er sich an den „Traum“ zurückerinnerte. Hatte da nicht eine kleine, weiße Katze fauchend seinen Weg gekreuzt? Womöglich die Katze, von der seine Großmutter immer geträumt hatte? Ängstlich und angespannt zog er an der Strippe und betätigte damit die Klingel. Die Tür ging auf . . . . und hier endete abrupt seine Vorsehung, denn da stand ein völlig fremder Mann vor ihm: „Ja, bitte? Sie wünschen?“ Andy war irritiert: „Entschuldigung. Wohnt hier nicht Rüdiger? Rüdiger Klein, der Detektiv?“ Der fremde Mann zog die Stirn in Falten und schüttelte nach einer kurzen Überlegung mit dem Kopf. „Wie sagten Sie, soll der Mann geheißen haben? Grein?“ Andreas verbesserte ihn: „Nein, Rüdiger Klein! Er wohnt hier mit seiner Freundin.“ Dann ergänzte er noch: „Eva heißt die!“ Der Fremde drehte sich um und rief ins Haus: „Karin? Kennst du einen Rüdiger Klein und eine Eva? Die sollen hier irgendwo wohnen!“ Kopfschüttelnd kam eine Frau mittleren Alters zur Tür: „Guten Tag. Nein, die wohnen hier nicht. Hier gibt es nur fünf Familien, und das schon seit zwei und mehr Generationen. Eine Familie Klein ist