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Sechzehn Jahre ist sie alt, die glutäugige Mexikanerin Tinka de Freitas, und sie ist sagenhaft reich. Als Hanno Ofterding das verführerisch schöne Mädchen zum ersten Mal sieht, ist es um ihn geschehen. Er vergisst Frau und Kind. Alles will Hanno hinter sich lassen, wenn er Tinka bekommt.
Doch Juan de Freitas, der Ölmillionär, will von einer Ehe seiner Tochter mit dem Geschiedenen nichts wissen. Schließlich fliehen Hanno und Tinka und heiraten heimlich, aber die gegen den Willen des Vaters geschlossene Verbindung bringt ihnen kein Glück.
Juan de Freitas verzeiht dem Verführer seiner Tochter nicht, und die Millionen, die der junge Mann besitzen wollte, werden ihm zum Verhängnis ...
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Seitenzahl: 133
Cover
Impressum
Die Bürde der Schuld
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Kristina_Po / shutterstock
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9788-8
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Die Bürde der Schuld
Erfolgsroman um eine falsche Entscheidung
Große Vorfreude erfüllt Almut Ofterdings Herz. Heute ist ihr sechster Hochzeitstag, und sie möchte dieses Fest mit ihrem geliebten Mann und ihrem süßen kleinen Sohn mit einem netten Abendessen feiern. Der Tisch ist schon festlich gedeckt, und vor jedem Gedeck liegt eine langstielige dunkelrote Rose.
Nun streift Almut ihr Cocktailkleid aus cremefarbener Spitze über, das sich eng an ihre schlanke Figur schmiegt. Noch ein paar Spritzer des französischen Parfüms und ein letzter Blick in den Spiegel. Die hübsche junge Frau strahlt. Alles ist vorbereitet. Auch die Kerzen in dem silbernen Leuchter brennen. Und dann poltert ihr Mann mit mürrischer Miene ins Wohnzimmer – und verlangt sofort die Scheidung …
„Heute ist mein sechster Hochzeitstag, und ich bin noch immer so glücklich wie in meinen Flitterwochen. Sabine, ich kann Ihnen nur raten, heiraten Sie auch! Die Ehe ist etwas Wundervolles, wenn man den richtigen Mann gefunden hat.“ Ihr strahlendes Lächeln machte das Gesicht von Dr. Almut Ofterding jung und bezaubernd. „Und heute Abend werden Hanno und ich ganz groß feiern. Also, tschüss, Sabine, und seien Sie nicht zu fleißig!“
Die Sprechstundenhilfe blieb im Türrahmen stehen und starrte ihrer Chefin nach, als diese die Treppe hinablief. Sie sah so jung und zerbrechlich aus. Niemand würde glauben, dass sie schon zweiunddreißig Jahre alt war und dass sie einen fünfjährigen Sohn hatte. Sie wirkte nicht wie eine Frau, die ihren Haushalt versah, ihrem Kind eine vorbildliche Mutter und dabei auch noch berufstätig war.
Sabine schüttelte den Kopf. Wie war es nur möglich, dass sie so ahnungslos war und nichts merkte? Sie war doch sonst so klug!
♥♥♥
Die weißen Mauern der einstöckigen Ofterding-Villa schimmerten im beginnenden Dämmerlicht. Almut liebte Haus und Garten, obwohl alles nicht Hanno, sondern ihrer Schwägerin Grete Ofterding gehörte.
Kurz vor ihrer Ehe war Johannes Ofterding, der Vater der Geschwister und Begründer der Rheinischen Kunststoff-Fabrik, gestorben. Sein Testament war für Hanno ein Schock gewesen. Sein Vater hatte das große chemische Werk und die Villa seiner Tochter Grete, einer hervorragenden Chemikerin, hinterlassen. Hanno war das Wohnrecht im Haus zugesichert worden und die Stellung eines Verkaufschefs im Werk.
Johannes Ofterding hatte seinen Sohn für unfähig gehalten, das Werk zu leiten. Zwischen Hanno und seiner um zehn Jahre älteren Schwester hatte sich eine Kluft aufgetan.
Bezeichnend dafür, wie Grete über den Bruder dachte, war, dass sie ihn mit seiner jungen Frau in die Mansarde gesteckt hatte. Almut machte das gar nichts aus.
Sie sah empor zu der Reihe kleiner Fenster unter dem schiefergrauen Walmdach.
Schon als Kind war sie zur Vollwaise geworden und in Internaten aufgewachsen, die ihr Onkel, Dr. Schön, aus seiner Tasche bezahlt hatte. Ebenso hatte er später ihr Studium finanziert. Die kleinen schrägen Zimmer dort oben waren ihr erstes richtiges Zuhause. Für sie war die kleine Dachgeschosswohnung ein Paradies.
Almuts Schritte wurden langsamer. Hanno konnte ja noch gar nicht da sein. Jetzt, während der Fachmesse, war er tagsüber im Ausstellungsstand der „Rekufa“. Abends musste er meistens mit wichtigen Kunden ausgehen.
In der Halle war eine kühle Dämmerung. Während Almut die Treppe hinauflief, überlegte sie noch einmal, was für Vorbereitungen nötig waren, damit die kleine Feier mit Mann und Kind nett und gemütlich wurde.
Unwillkürlich wurde ihr Schritt im ersten Stock leiser. Sie hatte schon die Wendeltreppe zu ihrer Mansarde erreicht, als hinter ihr eine Tür ging. Almut blieb nichts anderes übrig, sie musste sich umdrehen.
„Du bist heute auch schon daheim?“, fragte sie höflich.
Gretes dünner Mund verzog sich zu einem knappen Lächeln. Durch die starken Brillengläser musterte sie die Pakete in Almuts Armen.
„Gibst du heute eine Party?“ Ihre tiefe Stimme hatte einen spöttischen Klang.
„Hanno und ich feiern heute doch unseren sechsten Hochzeitstag.“ Almut wurde sofort verlegen, obwohl sie das gar nicht wollte.
„Und das willst du feiern?“, fragte Grete und zog die Brauen hoch.
„Hat Hanno angerufen?“, wollte Almut wissen. Sie besaßen oben leider kein eigenes Telefon.
„Warum sollte er das tun?“ Grete schien sich über sie lustig zu machen.
Almut verlor allmählich die Geduld.
„Um mir zu sagen, wann er zum Essen kommt.“
„Weiß Hanno denn überhaupt, was für ein besonderer Tag heute ist?“, spottete Grete.
Das Blut stieg Almut ins Gesicht, ihre bräunliche Haut leuchtete rosig.
„Ich habe Hanno in den letzten Tagen kaum gesehen, und auch heute früh konnte ich nicht mit ihm sprechen.“
Hanno schlief jetzt meistens etwas länger. Als sie mit Nicki vom Einkaufen heimgekommen war, hatte er bereits das Haus verlassen.
„Er hat aber noch nie unseren Hochzeitstag vergessen“, fügte Almut hinzu.
„Vielleicht hält ihn diesmal etwas vom Kommen ab“, erwiderte Grete mit einem amüsierten Blick. „Bist du tatsächlich überzeugt, dass er dir immer treu ist?“
Ehe Almut ihr darauf antworten konnte, hörten sie beide das Getrappel von Kinderfüßen. Nikolaus kam die Treppe herauf.
„Mummi, Mummilein, das ist fein, dass du schon da bist!“, rief er, als er seine Mutter sah, und umarmte sie stürmisch.
Erschrocken sah Almut die Eifersucht in Gretes Augen. Nicki war der einzige Mensch, den Grete liebte. Almut merkte wieder einmal, wie sehr Grete sie um den Jungen beneidete.
Wenn es in ihrer Macht stünde, würde sie ihn mir wegnehmen, dachte sie.
„Komm, Nicki“, forderte Almut den Jungen auf.
Als sie in ihrer Wohnung waren, war sie schon wieder gut aufgelegt.
„Und nun, Spatz, gehst du in die Badewanne, und wenn du wieder ein sauberer junger Mann bist, dann kannst du mir helfen!“
Nach den anstrengenden Arbeitsstunden in der Ordination war Almut Ofterding ziemlich erschöpft gewesen. Nun fühlte sie sich schon wieder frisch und unternehmungslustig.
Beschwingt von ihrer Vorfreude, lief sie zwischen der winzigen Küche und dem Wohnzimmer hin und her. Im Handumdrehen hatte sie kalte Platten angerichtet.
Der Tisch im Esswinkel unter der Dachschräge war festlich gedeckt, und die Gladiolen leuchteten in der Bodenvase beim Fenster. Vor jedem der drei Gedecke lag eine langstielige dunkelrote Rose.
Als Almut den silbernen Leuchter in die Tischmitte stellte, kam Nicki aus dem Bad. Er hatte einen dunkelblauen Samtanzug an, und sein Haar war noch feucht.
„Komm her, Spatz, wir zwei haben uns noch kein Küsschen gegeben!“, rief Almut.
„Kommt Vati auch wirklich zum Essen?“, fragte Nicki.
„Vati kommt ganz bestimmt!“, antwortete Almut, auch wenn sie nicht mehr ganz sicher war.
Gerade als sie ihr Cocktailkleid aus cremefarbiger Spitze übergezogen hatte, hörte sie die Flurtür gehen. Erleichtert lächelte sie ihrem Spiegelbild zu. Sie schüttelte ihr offenes Haar zurecht und betupfte die Arme mit französischem Parfüm. Hanno mochte es nicht, wenn sie noch den Medikamentengeruch der Ordination an sich trug. Seine Schritte klangen jetzt aus der Diele.
„Hanno, du darfst noch nicht ins Zimmer kommen!“, rief sie, „ich bin noch nicht ganz fertig!“
Durch ihr Schlafzimmer lief sie ins Wohnzimmer zurück und entzündete die weißen Kerzen im Leuchter.
„So, Liebling, nun darfst du hereinkommen!“, rief sie endlich und blickte lächelnd auf die sich öffnende Tür …
♥♥♥
Und dann trat Hanno ein, ohne zu grüßen. Er bemühte sich, seine Zigarette anzuzünden, das Feuerzeug wollte aber nicht funktionieren.
Hanno Ofterding war nur mittelgroß und hielt sich sehr gerade, weil er größer erscheinen wollte. Sein dunkelblondes Haar war kurz geschnitten. Er hatte ein breites Gesicht mit hohen Backenknochen. Er wirkte wuchtig und sah sehr männlich aus.
Fluchend zerknickte er die Zigarette, ließ sie zu Boden fallen und schleuderte das Feuerzeug auf den Rauchtisch. Seine grauen Augen richteten sich mit einem so finsteren Ausdruck auf seine Frau, dass es Almut kalt den Rücken hinunterlief.
„Hanno, Liebling, ist etwas geschehen?“ Angst stieg in ihr hoch. „Hattest du einen Unfall?“
Hanno fuhr einen schnellen Wagen. Er spielte gerne Tennis und war in einem Segelklub und in einem Reitklub. Seine noblen Passionen kosteten mehr Geld, als er bei seiner Schwester verdiente, und deswegen war es gut, dass Almut ihren Beruf hatte.
„Willst du ausgehen?“, fragte er und musterte sie wütend.
Ihr Haar fiel offen und schimmernd auf ihre nackten Schultern. Das Cocktailkleid mit den schmalen Trägern umspannte eng ihre Gestalt.
Almut sah ihren Mann fassungslos an.
„Aber Hanno, heute ist doch unser Hochzeitstag.“
Hanno strich sich über die Stirn.
„O Gott, auch das noch“, murmelte er. Jetzt erst bemerkte er die Kerzen auf dem Tisch. „Mach die Kerzen aus und trag das ganze Zeug hinaus!“ Er versuchte hektisch, selbst die Kerzen auszublasen.
Hinter ihm kam Nicki mit dem Sektkübel herein.
„Hallo, Vati!“, rief er. „Heute seid ihr sechs Jahre verheiratet. Mummi hat es mir gesagt!“
Internate sind eine ausgezeichnete Vorschule für das Leben. Schon als kleines Mädchen hatte Almut gelernt, sich zu fügen, Ungerechtigkeiten einzustecken und nie gekränkt zu sein. Sie ertrug deshalb die Launen ihres Mannes schon lange mit lächelnder Geduld, denn sie liebte ihn so, wie er war.
Wenn Hanno wollte, konnte er sehr zärtlich und liebenswürdig sein. Seine häufigen Ausbrüche entschuldigte Almut mit der Situation, in die er durch das Testament seines Vaters geraten war.
Nicki hatte durch die Geschicklichkeit seiner Mutter bisher sehr selten etwas von den Launen seines Vaters gemerkt.
„Sag dem Jungen, er soll rausgehen, und zwar rasch!“, verlangte Hanno. „Am besten geht er gleich in den Garten runter. Ich habe mit dir zu reden.“
Nicki war viel zu erschrocken, um in Tränen auszubrechen. Rückwärts gehend stolperte er aus dem Zimmer.
Almut ließ sich auf den nächsten Polsterstuhl fallen und legte die Hände vor ihr Gesicht.
„Sag, was los ist, bitte, sag es!“, flüsterte sie.
Hanno ging im Zimmer auf und ab. Vor dem Fenster auf dem höchsten Ast der Blutbuche hob sich die Silhouette einer Amsel klein vom blassgrünen Abendhimmel ab.
„Ich muss dich um etwas bitten, Almut“, begann Hanno zögernd. „Gib mich frei. Willige bitte in unsere Scheidung ein.“
„O Gott … o lieber Gott“, flüsterte Almut mit versagender Stimme.
Hanno ging zu dem in der Bücherwand eingebauten Barschrank und goss sich einen Whisky ein. Mit einem Zug war das Glas leer.
„Also, was ist, sagst du Ja? Oder hast du vor, mir Schwierigkeiten zu machen?“
Almut starrte schweigend in die Ferne.
„Ich mache dich darauf aufmerksam, dass ich fest entschlossen bin, mich von dir scheiden zu lassen.“
„Ich habe ein Kind, nichts kann mich zwingen, dich freizugeben“, erklärte Almut ihm.
„Was hast du davon? Ich gehöre dir doch schon lange nicht mehr!“ Hanno musterte sie spöttisch. „Es ist wirklich erstaunlich, dass du bisher nichts gemerkt hast.“
„Was soll ich nicht gemerkt haben?“
„Dass ich dich betrogen habe, meine Liebe. Die ganzen Jahre über hatte ich Freundinnen, aber du warst ja so naiv und ahnungslos! Du hast es mir leicht gemacht. Auf dem Tennisplatz, im Segelklub, überall gab es Mädchen und Frauen genug, mit denen ich mir die Langeweile vertrieben habe.“
Almuts eben noch weißes Gesicht überzog sich mit brennender Röte.
„Unsere Ehe war also langweilig für dich?“
„So krass meine ich das nicht, aber ich brauche nun mal Abwechslung.“
Almut lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, das Zimmer begann sich um sie zu drehen, kalter Schweiß trat auf ihre Stirn.
„Mir wird übel“, flüsterte sie.
Hanno brachte ihr ein Glas Whisky. Almut stieß seine Hand fort.
„So war unsere ideale Ehe also nur eine Fassade, und dahinter waren Schmutz und Abscheulichkeit.“
„Rede kein dummes Zeug!“
„Du bist also von irgendeiner deiner Geliebten zu mir gekommen und hast mich umarmt. Verstehst du nicht, dass ich mich nun vor dir ekle – und auch vor mir?“
„Werde nicht melodramatisch!“ Sein Spott war nicht echt, ihre Worte hatten ihn getroffen.
„Du liebst mich also schon lange nicht mehr?“ Die Frage kam wie ein Hauch.
„Ich habe dich immer gerngehabt, du bist ein so netter Kerl. Alle haben mich um dich beneidet, weil du immer so vernünftig und großzügig warst und mir meine Freiheit gelassen hast.“
Hanno hatte ein zweites Glas mit Whisky zur Hälfte geleert und sich eine Zigarette angesteckt.
„Du bist ja auch kaum einmal mit mir ausgegangen, immer warst du zu müde dazu!“
„Weil ich den ganzen Tag gearbeitet habe, morgens im Haushalt und nachmittags in der Praxis.“
„Ich habe dich nicht dazu gezwungen.“
„Aber du hast auch nichts dagegen gehabt. Du konntest dein ganzes Gehalt für dein Vergnügen ausgeben, während ich unsere Haushaltskosten fast ganz allein getragen habe.“
„Fang bitte nicht an, mir Vorwürfe zu machen!“, rief er gereizt.
Almut legte den Kopf auf die Lehne und holte ein paarmal tief Atem.
„Und warum willst du dein Doppelleben plötzlich aufgeben? Hast du dich in eine andere verliebt?“
„Ach, Unsinn, ich habe einfach alles satt!“
Almut wusste genau, dass er log.
„Wer ist sie, kenne ich sie?“
„Bestimmt nicht!“
„Also gibst du es zu?“
Einen Augenblick kämpfte Hanno mit sich.
„Ich will offen mit dir sein“, sagte er schließlich. „Ja, ich habe ein Mädchen kennengelernt.“ Plötzlich kauerte er vor ihrem Stuhl nieder und umfasste ihre Hände. „Almut, du warst doch bisher mein guter Kamerad, hilf mir auch jetzt. Ich habe die Möglichkeit, ganz reich zu heiraten, unvorstellbar reich. Meine liebe Chefin und Schwester Grete wäre, wenn es klappt, gegen mich eine arme Frau und unsere chemische Fabrik ein Nichts gegen das weltweite Unternehmen, in das ich einheiraten könnte.“
Mit beiden Händen schob Almut ihn von sich.
„O Gott, ich ertrage die Abhängigkeit von Grete nicht länger“, fuhr Hanno fort. „Es ist für mich demütigend, dass wir hier in den Dachkammern hausen müssen, wo früher unsere Dienstboten geschlafen haben. Ich habe das alles satt! Hilf mir, aus allem rauszukommen. Ich will es meiner Schwester beweisen, dieser hochmütigen, kalten Hexe!“
„Ja, ich bin auch dafür, dass wir auseinandergehen“, sagte Almut nun. „Ich könnte keinen Tag länger mit dir zusammenleben.“
„Ich danke dir, ich danke dir vielmals dafür“, beteuerte Hanno und sprang auf. „Und ich schwöre dir, dass ich großzügig für dich und Nicki sorgen werde.“
„Nicht einen Pfennig will ich von dir. Ich kann auch weiterhin sehr gut allein für Nicki und mich sorgen!“
Almut griff nach dem Whiskyglas. Sie musste ihr Entsetzen hinunterspülen.
„Glaubst du, ich ließe mich mit dem Geld der anderen bezahlen? Nein, Hanno, morgen packe ich meine Sachen und verlasse mit Nicki die Villa.“
„Um Gottes willen, das darfst du nicht tun, Almut. Grete darf nichts davon wissen, sonst könnte sie meine Pläne durchkreuzen. Nein, du musst bleiben, Almut! Ich ziehe sofort in ein Hotel, und du musst meine Abwesenheit bei Grete irgendwie erklären! In ein paar Tagen ist die Messe zu Ende, und ich kann meinen Urlaub nehmen.“
„Du verlangst im Ernst, dass ich dir helfe?“ Almut hatte jetzt Mühe, ihre Tränen zu unterdrücken. Sie wechselte das Thema. „Deine Schwester wollte dich sprechen wegen de Freitas.“
„Wegen de Freitas, warum?“ In Hannos Augen spiegelte sich nackte Angst. Almut bemerkte nichts davon. „Ich kann Grete nichts Neues sagen. De Freitas hat mich heute nicht empfangen. Sein Privatsekretär hat mir gesagt, er fühlte sich nicht wohl.“
Der mexikanische Ölkönig Juan de Freitas hatte die Messe besucht und interessierte sich für Grete Ofterdings neuen Schaumstoff als Verkleidung für die Ölleitungen seiner Tanker. Wenn Hanno den Abschluss erreichen könnte, würde es für das Werk einen Millionenauftrag bedeuten.
„Du willigst also in unsere Scheidung ein?“, erkundigte Hanno sich noch einmal.
Als Almut nickte, überfiel ihn eine so große Erleichterung, dass er die Flasche aus dem Sektkübel nahm.
Er hätte nie geglaubt, dass er die Scheidung so leicht und kampflos von Almut erreichen würde.
Almut hatte ihr Gesicht gegen die Sessellehne gepresst, ihre Schultern zuckten.
Hanno sah verständnislos auf seine weinende Frau.
„Sei doch froh, dass du mich loswirst“, sagte er rau. „Ich wünsche dir sogar, dass du bald einen besseren Mann findest.“
Als der Sektkorken knallte, sprang Almut auf, lief ins Schlafzimmer und schloss sich ein.
Nicki war die ganze Zeit über in der Wohnung gewesen. In der Diele auf dem Boden hockend, hatte er die Auseinandersetzung seiner Eltern zu verstehen versucht. Als sein Vater, ohne ihn zu bemerken, die Wohnung verließ, stand der Kleine auf und ging an die Schlafzimmertür.