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Auf Drängen seiner Mutter, der Gräfin Olga, willigt Ulf Graf von Roddershaus ein, sich mit Sabina Cenati, der Tochter des sagenhaft reichen Reeders Ernesto Cenati aus Rom, zu verloben. Die Brautleute lieben sich nicht. Es ist ein reines Geschäft, das für beide Seiten seine Vorteile bringen soll. Der Reeder ist bereit, das baufällige, hoch verschuldete Schloss Roddershaus von Grund auf zu sanieren und den Gutsbetrieb durch hohe Investitionen wieder rentabel zu machen. Dafür bekommt seine Tochter eine Grafenkrone, und sie wird in einem herrlichen Schloss wohnen. Doch als Ulf den schlechten Charakter seiner herzlosen Verlobten erkennt, löst er die Verlobung. Nun steht er vor dem Nichts und ist gezwungen, die geliebte Heimat zu verlassen ...
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Seitenzahl: 140
Cover
Der verarmte Edelmann
Vorschau
Impressum
Der verarmte Edelmann
Eine fremde Frau wird ihm zum Schicksal
Auf Drängen seiner Mutter, der Gräfin Olga, willigt Ulf Graf von Roddershaus ein, sich mit Sabina Cenati, der Tochter des sagenhaft reichen Reeders Ernesto Cenati aus Rom, zu verloben. Die Brautleute lieben sich nicht. Es ist ein reines Geschäft, das für beide Seiten seine Vorteile bringen soll. Der Reeder ist bereit, das baufällige, hoch verschuldete Schloss Roddershaus von Grund auf zu sanieren und den Gutsbetrieb durch hohe Investitionen wieder rentabel zu machen. Dafür bekommt seine Tochter eine Grafenkrone, und sie wird in einem herrlichen Schloss wohnen. Doch als Ulf den schlechten Charakter seiner herzlosen Verlobten erkennt, löst er die Verlobung. Nun steht er vor dem Nichts und ist gezwungen, die geliebte Heimat zu verlassen ...
»Ich weiß nicht, warum ich es getan habe, Mutter«, flüsterte der große, schlanke Mann im tadellos sitzenden Gesellschaftsanzug Gräfin Olga ins Ohr.
»Weil du unseren Familienbesitz retten willst, Ulf. Außerdem kannst du dich nicht beklagen, Sabina ist das schönste Mädchen, das ich jemals gesehen habe.«
Ulf Graf von Roddershaus richtete sich auf und trat einen halben Schritt vom Sessel seiner Mutter zurück. Um sie herum waren die Festlichkeiten anlässlich der Verlobung des Erben von Schloss und Gut Roddershaus mit Sabina Cenati, der Tochter des sagenhaft reichen Reeders Ernesto Cenati aus Rom, im vollen Gange.
Sabina hatte schwarzes Haar und dazu, für eine Italienerin eine Seltenheit, Augen von leuchtendem Blau. Für ihren ehrgeizigen Vater ging ein Traum in Erfüllung, dass seine einzige Tochter Gräfin von Roddershaus werden sollte. Er war entschlossen, sich diese Grafenkrone etwas kosten zu lassen. Das alte Schloss sollte von Grund auf instand gesetzt werden. Selbstverständlich sollte auch der Gutsbetrieb durch großzügige Investitionen und vor allem durch Modernisierung rentabel werden.
Ernesto mochte den Grafen Ulf gut leiden. Er hatte sich durch gründliche Erkundigungen davon überzeugt, dass es nicht die Schuld des jüngsten Grafen von Roddershaus war, dass der Besitz vor dem finanziellen Zusammenbruch stand.
Ulf ging langsam über das spiegelnde Parkett des Festsaales der römischen Villa Cenati. Er kannte nur wenige der anwesenden Gäste.
Sabina ließ sich am kalten Büfett von einem dunkelhaarigen Rechtsanwalt aus Mailand den Teller mit ausgesuchten Leckerbissen füllen. Sie nannte den eleganten Juristen beim Vornamen und benahm sich ihm gegenüber so, als wäre dieser ihr Verlobter und nicht der deutsche Graf.
Sie machte kaum ein Hehl daraus, dass es ihr nur um Schloss und Grafentitel ging. Und auch Ulf liebte das schöne Mädchen aus Rom nicht.
Seine Mutter hatte ihn zu der Verlobung gedrängt, und da es die einzige Möglichkeit war, Roddershaus zu behalten, trug Sabina Cenati seit heute Morgen den alten Familienring der Grafen von Roddershaus als sichtbares Zeichen ihres Verlöbnisses.
Gewiss, der junge Graf liebte die heimatliche Scholle und das ehrwürdige Schloss und war bereit, seine ganze Arbeitskraft in den Dienst des großen Landgutes zu stellen. In den letzten Jahren hatte er fast wie ein Knecht gearbeitet und doch das bittere Ende nicht abwenden können.
Die Lösung, Sabina zur Gräfin von Roddershaus zu machen und dafür ein paar Millionen einzustreichen, erschien ihm wie ein unwürdiger Handel.
»Hallo, Ulf!« Sabina hatte ihn entdeckt. Sie küsste Arnaldo flüchtig auf die Wange und winkte dem Grafen zu. »Wo steckst du eigentlich? Wenn ich Arnaldo nicht hätte, müsste ich an meiner eigenen Verlobung Mauerblümchen spielen«, sagte sie in fehlerfreiem Deutsch.
Ulf gesellte sich zu ihr. Ein Diener in Livree reichte Champagner. Der Graf nahm zwei Gläser, reichte eines Sabina und trank ihr zu. Sie sahen einander an, lächelten aber nicht.
Die Ehe zwischen ihnen würde ein Geschäft sein. Sie wussten es beide. Gedruckte Anzeigen mit dem Wappen der Grafen von Roddershaus und einem pompösen Text in italienischer und deutscher Sprache waren verschickt worden. Hatten sie auch das Jawort vor dem Priester noch nicht gesprochen, so war ihr Weg vorgezeichnet.
Auf der Terrasse mit dem blanken, kostbaren Mosaikfußboden wurde getanzt. Die Musiker waren hinter einer Blumenwand verborgen. Die wohlhabende Jugend Roms amüsierte sich wie so oft in der Villa Cenati.
Der Reeder und seine schöne Frau sahen dem Treiben zufrieden zu. Die Hochzeit sollte auf Schloss Roddershaus in Deutschland gefeiert werden. Es sollte Ernesto Cenati nicht darauf ankommen, die Gäste im gecharterten Flugzeug von Rom nach Deutschland zu bringen. Adelige Verwandte und Freunde würden anwesend sein, und die ausgedehnte Trauungszeremonie sollte in der Schlosskapelle vorgenommen werden, wie es seit jeher in der Familie Brauch war.
Ulf wartete geduldig, bis Sabina ihren Teller geleert hatte. Dann wollte die Tochter des Hauses tanzen. Arnaldo verneigte sich, und Sabina reichte ihm mit strahlendem Lächeln die Hand.
»Meinst du nicht, dass der erste Tanz mir gehören sollte, Sabina?«, fragte Ulf leise.
Er verbeugte sich leicht vor dem Rechtsanwalt und führte Sabina zum Tanz.
»Arnaldo und ich sind wie Geschwister, Ulf«, sagte Sabina schmollend. »Du hast ihn beleidigt.«
»Du bist meine Braut, Sabina. Das muss dein Freund schon respektieren.«
Sabinas eisblaue Augen blitzten vor Vergnügen.
»Ich hab's gern, wenn sich zwei Männer meinetwegen streiten, Ulf«, sagte sie lachend. »Und du hast gewonnen. Ich glaube, dass wir uns bald gut verstehen werden.«
Ulf führte Sabina zum Tanz. Sie war verwirrend schön.
Das Fest dauerte bis zum Morgengrauen des neuen Tages. Die Stimmung wurde immer ausgelassener. Hübsche Mädchen in kostbaren Abendroben scharten sich um den Grafen aus Deutschland und lachten über sein unbeholfenes Italienisch.
Sabina zeigte immer wieder ihren Wappenring und gab sich außer Arnaldo auch noch mehreren anderen jungen Männern aus Italien gegenüber zärtlich und fast verliebt.
»Es ist ihr Temperament, Ulf«, tröstete ihn Gräfin Olga, als sie im Schein der aufgehenden Sonne in ihr Hotel zurückfuhren.
»Ich erwarte von meiner Braut, dass sie anderen Männern gegenüber zurückhaltend ist«, erklärte Ulf.
»Auf Roddershaus wird das alles von selbst anders werden, Ulf. Sabinas Mutter will übrigens nächsten Monat verreisen. Sabina und ihr Vater werden uns dann auf Roddershaus für ein paar Tage besuchen. Signor Cenati wird einen römischen Architekten mitbringen und außerdem einen Experten für landwirtschaftliche Angelegenheiten, um sich einen Überblick zu verschaffen, wie viel er investieren muss. Roddershaus wird auferstehen, Ulf. Ich bin unendlich glücklich, dass ich Signora Cenati letztes Jahr im Bad getroffen habe.«
Ulf war gegen die kostspielige Badereise seiner Mutter gewesen, aber die Gräfin hatte sich durchgesetzt. Und nun schienen ihr die Entwicklungen recht zu geben.
Der Wagen hatte das Hotel erreicht. Ulf war seiner Mutter beim Aussteigen behilflich und begleitete sie bis vor die Tür ihres Zimmers.
Dann endlich war der junge Graf allein. Er sah der Zukunft mit Sorge entgegen.
♥♥♥
Zwei Tage nach der Verlobung kehrten Mutter und Sohn nach Deutschland zurück. Das Datum für den geplanten Besuch Ernesto Cenatis und seiner Tochter stand bereits fest. Ungefähr am gleichen Tage wollten die beiden Mütter eine Badereise antreten. Sabinas Mutter hatte Gräfin Olga eingeladen, sie auf ihrer Reise zu begleiten.
Ulf fühlte unendliche Erleichterung, als er das baufällige alte Schloss wieder betrat. Er liebte es so sehr, dass er die Ehe mit Sabina dafür in Kauf nehmen wollte.
Benno, der weißhaarige Diener, öffnete die rissige Eichentür.
»Herzlichen Glückwunsch, Graf Ulf«, sagte er, und Ulf schüttelte ihm schweigend die runzlige Hand.
Während die Gräfin sich auf ihre Zimmer zurückzog, vertauschte Ulf die Reisekleidung mit einem einfachen grünen Jackett und hohen Lederstiefeln.
In seinem Arbeitszimmer blätterte er flüchtig die Post durch. Lesen konnte er die Briefe auch später noch. Jetzt wollte er sich erst einmal um den Betrieb kümmern.
Als Ulf über den Wirtschaftshof ging, sah er Christine Torsten, die Gärtnerin, mit einem Arm voller Blumen zum Schloss gehen. Ihr hübsches, kluges Gesicht drückte Erschrecken aus.
»Sie sind schon zurück, Herr Graf? Die Blumen sollten vor Ihrer Ankunft aufgestellt werden. Jetzt ist Benno sicher böse auf mich. Aber ich musste zuerst das Gemüse für den Großmarkt fertig machen.«
»Das Gemüse geht vor, Frau Torsten«, sagte Ulf lächelnd. »Die Blumen kommen immer noch zurecht. Schön sind sie. Vielen Dank auch.«
Christine Torsten, von den Leuten kurz Tine genannt, stammte aus einem Nachbardorf. Ihr Vater war dort Lehrer gewesen. Die Eltern lebten nicht mehr.
Tine war eine umstrittene Persönlichkeit. Ulf selbst hielt große Stücke auf sie. Seit sie die Gärtnerei und den Gemüseanbau einschließlich der Saatzüchterei übernommen hatte, war dies der einzige Zweig seines Betriebes, der regelmäßige Gewinne abwarf. Doch das war nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Graf Ulf hatte nicht den geringsten Grund, sich über Tine zu beklagen. Trotzdem versuchten die Leute ständig, ihr etwas am Zeug zu flicken. Auch seine Mutter war gegen die junge Gartenmeisterin eingenommen, weil sie einen vierjährigen Sohn hatte und niemand wusste, wer Achims Vater war.
Die Leute zerrissen sich darüber den Mund. Dennoch mochte fast jeder den Kleinen mit den strahlenden Augen gut leiden.
Der junge Graf jedenfalls war überzeugt, keine bessere Gärtnerin als die tüchtige Tine finden zu können. Und für ihren Jungen fühlte er sich als Gutsherr sogar ein wenig verantwortlich.
In diesem Augenblick dachte Graf Ulf darüber nach, dass Achim wahrscheinlich keiner ganz einfachen Zukunft entgegensah. Die Vorstellung erfüllte ihn mit seltsamer Traurigkeit.
Später ging er durch die Ställe und besprach mit dem Vorarbeiter die für den folgenden Tag notwendigen Lohnzahlungen. Graf Ulf beschäftigte keinen Gutsinspektor und keine Gutssekretärin, und er selbst arbeitete von früh bist spät.
Gräfin Olga lebte nicht ganz so bescheiden wie ihr Sohn. Sie verlangte ein Mädchen zu ihrer persönlichen Bedienung, ließ sich teure Kleider aus den Großstädten und sogar aus dem Ausland kommen, und sie hielt eine jährliche Badereise für selbstverständlich.
Gegen sieben Uhr kehrte der junge Graf zum Schloss zurück. Die Leute hatten in den Tagen seiner Abwesenheit gute Arbeit geleistet.
Graf Ulf machte sich frisch und begab sich dann in den holzgetäfelten Speisesaal, wo der riesige Tisch mit den vierundzwanzig Stühlen an einem Ende für seine Mutter und ihn feierlich gedeckt war. Sogar Kerzen brannten im Silberleuchter. Das war jeden Abend so auf Schloss Roddershaus, mochte das aufgetragene Mahl auch noch so bescheiden sein.
Benno servierte in seiner fadenscheinig gewordenen dunkelgrünen Livree mit den vergoldeten Knöpfen, auf denen sich das gräfliche Wappen befand. Ulf hätte dieses steife und sinnlose Ritual gern abgeschafft, aber seine Mutter ließ sich nicht davon abbringen.
Nach dem Essen gab es ein kurzes Plauderstündchen im Damensalon. Ulf musste noch dringend schriftliche Arbeiten erledigen, doch Gräfin Olga bestand darauf, ein wenig mit ihrem Sohn zu plaudern.
»Jetzt wird hier bald alles anders aussehen«, sagte Gräfin Olga, als Benno ihr Tee serviert hatte und hinausgegangen war.
»Ja, Mutter, ich frage mich aber, wie es mit Sabina und mir werden soll«, gab er leise zurück. »Geld ist eine wunderbare Angelegenheit, und wir brauchen es dringend. Aber muss ich nicht zugleich daran denken, dass wir unser ganzes Leben miteinander verbringen wollen, dass Sabina unsere Kinder zur Welt bringen und erziehen soll?«
»Das wird alles wunderbar klappen, Ulf. Die Kinder werden bildschön sein, und warum sollte Sabina ihnen nicht eine gute Mutter sein? Italiener sind vernarrt in ihre Kinder. Sven hätte sich für Sabinas Schönheit begeistert und sich bei seiner Mutter bedankt, dass sie so gut für ihn und für Roddershaus zu sorgen weiß. Und du machst mir beinahe Vorwürfe.«
Ulf schwieg. Sein um ein Jahr älterer Bruder Sven war von jeher der Liebling der Mutter gewesen. Beharrlich hatte sie die Augen davor verschlossen, dass er ein liebenswürdiger Taugenichts war, ein Herzensbrecher, der den Mädchen die Köpfe verdrehte und an der Universität nur herumbummelte, ohne auch nur ein einziges Examen abzulegen. Obendrein war Sven ständig in Geldverlegenheiten, aus denen ihm seine Mutter ungeachtet der schlechten wirtschaftlichen Lage des Gutes immer wieder herauszuhelfen pflegte.
Bis dann die Sache mit dem gefälschten Scheck geschehen war.
Die Summe war so hoch gewesen, dass man eine Hypothek aufnehmen musste, um die Sache auszugleichen und zu vertuschen. Sven hatte aus Neuseeland telegrafiert, dass er sich dort eine neue Existenz aufzubauen gedenke. Vielleicht werde er auch nach Australien reisen. Er werde wieder von sich hören lassen und selbstverständlich das Geld, das er nur geliehen habe, zurückerstatten. Auf das verschuldete Roddershaus hatte er zugunsten seines Bruders Ulf verzichtet.
Das war vor ungefähr vier Jahren geschehen. Seitdem war Sven verschollen.
Gräfin Olga hatte an dem skandalösen Verhalten ihres Ältesten niemals auch nur die leiseste Kritik geübt. Sie war fest davon überzeugt, dass Sven eines Tages als erfolgreicher Mann zurückkehren werde.
Ulf hingegen befürchtete, dass sein Bruder möglicherweise gar nicht mehr am Leben war.
Sicherlich wäre Sven mit der schönen Sabina glücklich geworden. Er hätte gleichzeitig anderen Frauen den Hof gemacht und es ihr nicht verübelt, wenn sie Freunden, wie zum Beispiel Arnaldo, öfter schöne Augen gemacht oder sich hätte küssen lassen. Er hätte ihr Geld genommen und es mit vollen Händen ausgegeben.
Gräfin Olga rührte in ihrer Teetasse. Ulf spürte, dass sie verärgert war.
»Es wird nicht allzu lange dauern, bis du einsiehst, wie gut diese Lösung ist, mein Junge«, erklärte sie.
»Wenn Sabinas Vater mir wenigstens die Organisation der Landwirtschaft überlassen würde«, begehrte Ulf auf. »Den berühmten Architekten aus Rom will ich noch hinnehmen, denn von sachgemäßer Restaurierung eines Barockschlosses verstehe ich nichts. Aber Landwirtschaft habe ich studiert, und ich kenne mich hier besser mit den Verhältnissen aus als ein Ausländer. Dass bei uns alles von anno dazumal stammt und wir deshalb unwirtschaftlich arbeiten, liegt ja nicht an meiner Unkenntnis, sondern an Geldmangel.«
»Er will Millionenbeträge ausgeben, Ulf. Da musst du ihm schon das Recht einräumen, sich genau zu informieren und auch selbst zu bestimmen, wie das Geld verwendet werden soll.«
»Ich tauge wahrscheinlich nicht zum Prinzgemahl, Mutter. Ich hätte von Anfang an wissen müssen, dass mir eine solche Rolle leider nicht auf den Leib geschrieben ist. Jetzt ist es zu spät.«
»Glücklicherweise, Ulf«, sagte die Gräfin, und sie war froh darüber.
♥♥♥
Sie kamen in nicht weniger als drei großen Wagen, die sie am Flugplatz gemietet hatten. Der Architekt saß im ersten, Ernesto Cenati und Sabina im zweiten, und im letzten Auto folgte der Experte für landwirtschaftliche Angelegenheiten.
»Ich komme mir vor, wie der Ministerpräsident eines unterentwickelten Landes, dem Entwicklungshilfe gebracht werden soll, aber nicht ohne Prüfung auf Verdienst und Würdigkeit für solch eine gnädige Unterstützung«, sagte Ulf spöttisch.
»Wenn das jemand hört, Ulf«, erwiderte Gräfin Olga leise und sichtlich aufgebracht.
»Es ist die Wahrheit, ich kann's nicht ändern.«
»Am liebsten würde ich bleiben, Ulf. Ich habe Angst, dass du dich unmöglich machst«, stieß seine Mutter nervös hervor. »Aber ich kann Signora Cenati nicht mehr absagen. Der Flug ist für morgen gebucht.«
»Es wird schon schiefgehen, Mutter«, beruhigte Ulf sie.
Jetzt stieg der Architekt aus dem Wagen. Ulf sah, wie sein Blick erstaunt und missbilligend über die Schlossfassade glitt.
Ernesto Cenati organisierte die Begrüßungszeremonie. Der Architekt, der das Gebaren eines großen Künstlers an den Tag legte, hatte den klangvollen Namen Antonio Antonelli. Er schwärmte sofort von dem herrlichen Barockschloss und klagte in lauten Tönen über den bedauerlichen Zustand, in dem es sich befinde. Der landwirtschaftliche Experte namens Signor Martini hielt sich glücklicherweise am Anfang noch zurück.
Ulf umarmte Sabina und küsste sie auf die Wange. Schließlich wurde im Salon der vorbereitete Imbiss von Benno und einem Mädchen serviert. Heute waren keine Kosten gescheut worden, darauf hatte die Gräfin bestanden. Es gab Champagner und dazu Kaviarbrötchen und andere erlesene Delikatessen.
Anschließend machte sich Antonio Antonelli auf einen ersten Streifzug durch das Schloss. Ulf übergab ihm die vorhandenen vergilbten Pläne. Der Architekt nahm einige Kontrollmessungen vor, klopfte die Wände ab und schaute sich sogar auf dem verstaubten Dachboden um.
In überschwänglichen Tönen pries der Baumeister das alte Gebäude. Sogleich fügte er aber hinzu, dass es ein Vermögen kosten werde, Schloss Roddershaus wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen.
Ernesto Cenati fragte Antonelli, wie viel Geld er veranschlage.
Zuerst müsse er gründliche Berechnungen anstellen, erwiderte der Stararchitekt mit wichtiger Miene, nannte dann aber eine immens hohe Summe. Darunter sei es keinesfalls zu machen. Dann allerdings garantiere er dafür, dass Schloss Roddershaus in ganz Europa bekannt würde.
Es dürfe auch mehr kosten, und er solle an nichts sparen, entschied der Reeder, ohne mit der Wimper zu zucken. Seine Tochter sollte auf dem schönsten Schloss von ganz Europa leben.
Später kam der Landwirtschaftsexperte zu Wort. Am liebsten hätte er jedes der vorhandenen Gebäude des Betriebes abgerissen und erneuert. Er schüttelte den Kopf über den veralteten Maschinenpark des Gutes, wenn er auch einräumte, dass die Geräte gut gepflegt und in tadellos funktionsfähigem Zustand seien. Die Beträge, die er sich notiert hatte, ergaben bei der Addition nochmals ein Vermögen.
»Lohnt es?«, fragte Cenati sachlich.
»Selbstverständlich lohnt es«, antwortete Martini überzeugt. »Es ist schwerer, guter Boden. Außerdem gibt es in der Umgebung genügend Absatzgebiete. Wie der Gartenbaubetrieb beweist, kann man hier durchaus rentabel produzieren.«
»Sparen Sie an nichts«, ordnete Ernesto Cenati an. »Je mehr man investiert, desto besser ist es am Ende.«