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Claire Anderson ist mit einem Mann verheiratet, der es mit der ehelichen Treue nicht so genau nimmt und der oft auf Abwege gerät. Sie will Philipp aber nicht verlieren und lässt ihm seine Freiheiten, solange er ihr nur immer wieder seine Liebe beteuert. Doch dann verliebt er sich in ein blutjunges Bauernmädchen, und das scheint mehr zu sein als ein flüchtiges Liebesabenteuer. Immer wieder treffen die beiden sich nachts heimlich zu einem Schäferstündchen im Wald - bis eines Tages der Vater des Mädchens die beiden erwischt.
In letzter Sekunde kann Philipp fliehen, doch der Bauer verfolgt ihn mit seiner schussbereiten Waffe, fest entschlossen, den Kerl, der seine Tochter geschändet hat, zu vernichten ...
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Seitenzahl: 139
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Schuld einer Nacht
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Impressum
Schuld einer Nacht
Ist ihre Liebe groß genug, alles zu verzeihen?
Claire Anderson ist mit einem Mann verheiratet, der es mit der ehelichen Treue nicht so genau nimmt und der oft auf Abwege gerät. Sie will Philipp aber nicht verlieren und lässt ihm seine Freiheiten, solange er ihr nur immer wieder seine Liebe beteuert. Doch dann verliebt er sich in ein blutjunges Bauernmädchen, und das scheint mehr zu sein als ein flüchtiges Liebesabenteuer. Immer wieder treffen die beiden sich nachts heimlich zu einem Schäferstündchen im Wald – bis eines Tages der Vater des Mädchens die beiden in flagranti erwischt.
In letzter Sekunde kann Philipp fliehen, doch der Bauer verfolgt ihn mit seiner schussbereiten Waffe, fest dazu entschlossen, den Kerl, der seine Tochter geschändet hat, zu vernichten ...
Geisterhaft still lag das Land in seiner frostigen Erstarrung. Tief liegende Nebelschwaden krochen über den Boden der kleinen Flussniederung unterhalb der alten Dorfkirche.
Der Mann, der in der Morgendämmerung seinen Wagen über die leise stöhnende Holzbrücke fuhr, lehnte sich etwas tiefer in das Polster zurück. Wie trunken glitt sein Blick umher, und sein Herz weitete sich vor Glück, endlich wieder zu Hause zu sein.
Nun schoss der Wagen den Hügel hinauf, auf dem sie als Kinder immer herumgeklettert waren. Er führte direkt zu dem Gutshaus, in dem er aufgewachsen war.
Neben ihm saß ein mächtiger Bernhardiner, der sehr interessiert aus dem Fenster sah, als wollte er sich seine neue Heimat genau einprägen.
Zuerst hatte der Mann Bedenken gehabt, ihn mitzunehmen, da Arco nicht gerade ein großer Freund vom Autofahren war. Aber wider Erwarten benahm sich der Hund recht manierlich, und seine neue Heimat schien auch ihm zu gefallen. Diese weiten Felder, diese grünen Wiesen und der breite Bach, der sich quer durch die Wiese zog, der dunkle Wald mit seinen wundervollen Bäumen, das alles versprach eine herrliche Kurzweil.
»Na, habe ich dir zu viel versprochen, Alter?«, sagte der Mann. »Ist es hier nicht wundervoll? Hier wirst du so richtig herumtollen können. Das wird dir guttun, denn du hast in letzter Zeit etwas zu viel Speck angesetzt.«
Jochen Anderson hatte es sich angewöhnt, mit seinem Hund zu sprechen, als wäre er ein Mensch. Arco schien auch jedes Wort zu verstehen, denn er blaffte jetzt ein paarmal kurz, als wollte er seinem Herrn zustimmen.
Lachend hielt der Mann seinen Wagen an und öffnete die Tür.
»Dann lauf schon! Schau dich einmal gründlich um.«
Arco ließ sich das nicht zweimal sagen. Mit einem gewaltigen Satz sprang er aus dem Wagen und jagte davon.
Die Sonne glitt über einen fernen Hügelkamm und ließ die bereiften Sträucher glitzern und funkeln, als wären sie mit Diamanten besät. Rotgoldene Strahlenbüschel brachen sich an dem Berg vor ihm und tauchten die belaubten Hänge in ein leuchtendes Meer von Farben.
Der Mann stieg auch aus, dehnte weit seine Arme und reckte sich wohlig.
Endlich wieder daheim. Zwei Jahre war er weg gewesen. Jetzt beim Anblick der vertrauten Heimat begriff er sich selbst nicht mehr, dass er es so lange in der Stadt ausgehalten hatte.
Arco hatte einen Schwarm Wildenten aufgestöbert. Laut schnatternd und empört über die unliebsame Störung verschwanden sie im Wasser, während Arco aufgeregt am Ufer hin und her lief.
Ein Pfiff rief ihn zurück. Gehorsam, wenn auch widerwillig, jagte er zu seinem Herrchen zurück, blieb dicht vor ihm sitzen und sah ihn vertrauensvoll an.
»Wir müssen weiter, Arco. Wir sind gleich daheim. Komm schon, Alter, spring rein«, forderte er den Hund auf, und dann fuhr er weiter.
Es war ein Morgen, wie er schöner nicht sein konnte. Es war, als ob die Natur sich besonders festlich geschmückt hätte, um den heimkehrenden Sohn gebührend zu empfangen.
Jochen dachte an seinen Bruder, und er freute sich auf das Wiedersehen mit Philipp. Sie hatten sich immer gut verstanden, wenn auch der um zwei Jahre ältere Bruder genau das Gegenteil von ihm war.
Seine Gedanken umkreisten die junge Schwägerin. Er musste leise vor sich hin lächeln, als er sich daran erinnerte, dass es eine Zeit gegeben hatte, wo er sich eingebildet hatte, sie zu lieben.
Heute wusste er, dass es keine Liebe, sondern nur eine liebe Gewohnheit gewesen war, die ihn glauben ließ, ohne Claire nicht leben zu können. Sie hatten schon als Kinder zusammen gespielt. Aber Claire hatte ihn nicht darüber im Zweifel gelassen, dass sie für seinen Bruder mehr empfand und ihn förmlich anbetete.
Heute missgönnte Jochen dem Bruder sein Glück nicht mehr. Claire war für seinen Bruder Leichtfuß die einzig richtige Frau. Sie hielt die Zügel nicht zu straff, ließ ihm das Gefühl der Freiheit und wusste, dass er immer wieder zu ihr zurückkam, auch wenn sein leicht entflammtes Herz wieder einmal für eine andere schlug.
Claire war der ruhende Pol im unruhigen Leben seines Bruders. Und wenn er sie in seine Arme nahm und ihr seine Liebe gestand, dann wusste sie, dass er die Wahrheit sagte.
♥♥♥
Das Haus lag noch still und verschlafen da. Jochen stieg aus und ging langsam den kiesbestreuten Weg entlang, der direkt zum Haus führte, das von hohen Eichen umstanden war.
Kurz blieb er stehen und tat einen tiefen gepressten Atemzug. Sekundenlang hatte er das warnende Gefühl einer drohenden Gefahr, die hinter der verschlossenen Tür auf ihn lauerte. Jochen spürte das jähe Verlangen, sich wieder abzuwenden und davonzufahren.
Aber im gleichen Augenblick schalt er sich wegen dieser Anwandlung. Er setzte den Messingknopf in Bewegung und wartete, dass ihm geöffnet wurde.
Eine Weile verging, dann wurden schlurfende Schritte laut. Zögernd wurde die Tür geöffnet. Ein junges schwarzhäutiges Mädchen sah den Mann aus kugelrunden schwarzen Augen fragend an.
Jochen war keineswegs überrascht, eine Schwarze vor sich zu sehen. Es war schon immer eine Marotte seines Vaters gewesen, schwarze Dienerschaft einzustellen. Sein Bruder Philipp schien es offenbar genauso zu halten.
»Der Herr wünschen?«, fragte das junge Mädchen in bestem Deutsch.
Einen Moment berührte es ihn seltsam, in seinem Vaterhaus wie ein völlig Fremder behandelt zu werden. Aber dann sagte er sich, dass das junge Mädchen ihn ja nicht kannte.
»Was gibt es, Melitta?«, klang in diesem Augenblick eine dunkle Stimme auf. Ein schneller Schritt, dann stand Bob, der weißhaarige schwarze Diener, der Jochen schon als Kind auf seinen Knien geschaukelt hatte, vor dem jungen Mann.
Bobs dunkle Augen leuchteten vor Freude auf.
»Junger Herr! Ist das eine Freude. Endlich haben Sie wieder heimgefunden!«
Auch Jochen freute sich. Er ergriff die Hände des alten Mannes und drückte sie.
»Bob, altes Haus, lass dich anschauen«, sagte er lachend und sah den Vertrauten seiner Kinderzeit mit warmem Blick an. »Du hast dich gar nicht verändert«, fügte Jochen hinzu, worauf das Mädchen überrascht die Augen aufriss.
»Der junge Herr war schon immer ein Schmeichler«, wehrte der alte Diener ab. Aber das Leuchten in seinen Augen verriet, wie stolz er über die Worte seines jungen Herrn war.
»Oh Bob! Ich bin so glücklich, wieder daheim zu sein.« Jochen betrat die Diele und sah sich prüfend um.
Nein, hier hatte sich kaum etwas verändert. Es war, als wäre die Zeit vor den Mauern stehen geblieben.
Dort an der Wand hing noch der kostbare alte Spiegel, den sein Vater einmal aus Italien mitgebracht hatte.
»Das hätten der gnädige Herr schon lange haben können«, erwiderte Bob vorwurfsvoll. »Bob hatte schon befürchtet, der junge Herr Jochen habe seine alte Heimat da draußen vergessen.«
»Ich habe sie nicht vergessen, Bob. Aber es war besser so, für uns alle«, gab Jochen hart zurück.
Bob nickte nur traurig mit dem weißen Kopf. Er wusste, was den jungen Herrn aus dem Haus getrieben hatte, und er war seinem alten Herrn deshalb bitter gram gewesen. Er hatte nie verstanden, warum sein alter Herr dem Ältesten, diesem Bruder Leichtfuß, all seine Liebe geschenkt hatte, während er für seinen Zweitgeborenen niemals auch nur das geringste Verständnis gezeigt und ihm jede kleine Dummheit hoch angekreidet hatte.
Na ja, der junge Philipp war eben der hübschere der beiden Brüder. Ein Junge, der schon als Kind alle Augen auf sich gezogen und es verstanden hatte, seinen Charme spielen zu lassen. Der temperamentvolle Junge war wie ein Sieger durchs Leben geschritten.
Neben ihm hatte Jochen stets ein wenig unbeholfen und schwerfällig gewirkt und immer im Schatten seines Bruders gestanden, ohne ihm das zu neiden.
Als Jochen vor zwei Jahren nach einer heftigen Auseinandersetzung mit seinem Vater das Haus verlassen hatte, da hatte er sich geschworen, es niemals mehr zu betreten, es sei denn, sein Vater selbst riefe ihn zurück.
Nun war dieses Wunder geschehen.
Sein Vater war schwer krank, und nun hatte er sich darauf besonnen, dass es außer Philipp noch einen Sohn gab, an dem er viel versäumt hatte.
Es war Jochen nicht leichtgefallen, diesem Ruf zu folgen.
Ihm hatte sich gerade die Chance geboten, an einer Expedition, die in unerforschte Gebiete führte, teilzunehmen. Es wäre für ihn die Krönung seiner jahrelangen wissenschaftlichen Arbeit gewesen.
Der unerwartete Ruf seines Vaters hatte ihn aber nun gezwungen, sein Vorhaben aufzugeben und in die Heimat zurückzukehren.
♥♥♥
In diesem Moment klang vom Ende des Ganges eine volltönende Frauenstimme auf.
»Bob, was gibt es?«, rief sie. Sofort darauf näherten sich leichte Schritte. Eine schlanke Frau tauchte auf und blieb beim Anblick des Besuchers jäh stehen. Weit riss sie die graublauen Augen auf und starrte ihn an wie einen Geist.
»Jochen! Bist du es wirklich?«, stieß sie dann hervor.
Ihre Augen leuchteten auf, dann stand sie vor dem Schwager und umfasste sein schmales Gesicht mit ihren zarten Händen.
»Oh Jochen, dass du endlich heimgefunden hast!«, fuhr sie sofort mit leicht bebender Stimme fort. »Ich hatte schon befürchtet, unser Telegramm würde dich nicht mehr erreichen. Er wartet so sehr auf dich.«
»Claire!«, sagte Jochen gerührt. »Mein Gott, wie schön ist es, dich wiederzusehen.«
»So? Davon merke ich aber herzlich wenig, sonst würdest du mir doch wenigstens einen Begrüßungskuss geben«, neckte Claire ihn, gewaltsam ihre eigene Rührung verbergend.
Da umarmte er sie und gab ihr einen brüderlichen Kuss.
»Claire, du bist und bleibst der kostbarste Schatz in diesem Haus.«
Sie errötete leicht, lachte dann aber fröhlich.
»Danke. Ein Kompliment kann man hin und wieder gut brauchen. Es frischt das Selbstbewusstsein auf, was einem als biedere Hausfrau und Gattin so langsam schwindet.«
Ihm schien, als schwänge eine Spur Resignation in ihrer Stimme mit, doch das passte eigentlich nicht zu Claire.
Jochen fasste sie zart an den Schultern, hielt sie etwas von sich ab und betrachtete sie prüfend.
Sie war noch immer die gleiche schöne Frau, die Philipp geheiratet hatte.
Ihr leuchtend blondes Haar hatte sie wie eine Krone um den hübsch geformten Kopf gelegt. Die großen graublauen Augen waren von einem dichten Kranz langer schwarzer Wimpern umschlossen und gaben ihren etwas herben Zügen einen verträumten Ausdruck.
»Du bist noch hübscher geworden, Claire. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen Mann geben soll, der es dir nicht immer wieder sagt.«
Sie lachte. Es klang leicht spöttisch, wie es ihre Art war.
»Das sag mal deinem Bruder, geliebter Schwager. Ich glaube, er hat völlig vergessen, wie ich eigentlich ausschaue. Für ihn falle ich bereits unter die Kategorie: biederes Hausmütterchen.«
Jochen wusste nicht, was er davon halten sollte. Meinte Claire das etwa ernst?
»Komm mit ins Wohnzimmer«, forderte sie ihren Schwager auf. »Du bist sicher völlig durchgefroren. Sag nur, du bist die ganze Nacht durchgefahren?«
Er fuhr sich über die Augen. Eigentlich wurde ihm erst jetzt bewusst, wie erschöpft er war.
»Ja, ich wollte keine Zeit verlieren. Ich fürchtete, es könnte sonst zu spät sein.« Nun erst wurde ihm wieder bewusst, weshalb er eigentlich hier war. »Wie geht es ihm, Claire?«
»Es geht zu Ende, Jochen. Ich glaube, nur das Verlangen, dich noch einmal zu sehen, hat ihn bisher nicht einschlafen lassen. Er hat eingesehen, dass er dir unrecht tat und manches an dir versäumt hat, Jochen. Mache es ihm bitte nicht so schwer. Du weißt, er hat noch nie einen Menschen um Verzeihung gebeten, und es wird ihm auch jetzt sehr schwerfallen, die richtigen Worte zu finden. Du kennst ja seinen Starrkopf.«
Jochen horchte in sich hinein. Er wartete auf den Schmerz, der sich doch einstellen musste bei dem Gedanken, dass sein Vater sich anschickte, für immer diese Erde zu verlassen. Aber es blieb still in ihm. Nur ein tiefes Erbarmen mit dem Mann, der sein Vater war, fühlte er.
Alles, was sein Herz einmal an Liebe für den Vater empfunden hatte, war durch dessen Ungerechtigkeit gestorben. Als Kind hätte er alles für ein liebes Wort, für eine zärtliche Geste, ein väterliches Verstehen gegeben. Aber er war immer nur der Sündenbock gewesen. Was bei Philipp mit einem Lachen gutgeheißen wurde, wurde bei ihm hart bestraft.
Kein Wunder, dass er heute nichts mehr für den Vater empfinden konnte. Nur seine Sohnespflicht hatte ihn getrieben, die Stimme seines Gewissens, die ihn mahnte, den letzten Wunsch eines Sterbenden nicht unerfüllt zu lassen.
Claire kannte ihren Schwager gut und spürte, was in ihm vorging. Bittend legte sie ihm die Hand auf den Arm und sah ihn beschwörend an.
»Vergiss, was war, Jochen. Denke nur daran, dass er ein armer alter Mann ist, der sich danach sehnt, im Frieden von dieser Welt zu gehen. Es liegt nur bei dir, ihm diesen ersehnten Frieden zu geben.«
»An mir soll es nicht liegen, Claire«, beteuerte Jochen. »Ich bin mit dem besten Willen hergekommen.«
»Ich habe es gewusst, Jochen. Ich kenne dich doch.« Sie fuhr ihm weich über das wirre blonde Haar.
»Du bist zu sehr sein Sohn, Jochen, und darum konnte es mit euch beiden niemals gut gehen. Du hast seinen Dickschädel und seine geradlinige Derbheit, deshalb musstet ihr euch immer wieder in die Haare geraten.«
»Ich bin nun mal, wie ich bin«, gab Jochen zurück und zuckte mit den Schultern.
Arco, der die ganze Zeit unbeweglich neben seinem Herrn gelegen hatte, hob jetzt den Kopf, stand dann schwerfällig auf und trottete hinter seinem Herrn her, der mit der Frau dem Wohnzimmer zuging.
Bisher hatte man keinerlei Notiz von dem sich völlig ruhig verhaltenden Tier genommen. Nun aber schrie Bob, der noch nie einen so riesigen Hund gesehen hatte, leise auf und wich mit allen Anzeichen des Entsetzens vor dem Ungeheuer zurück.
Arco trottete direkt auf ihn zu. Seine Augen sahen den schwarzen Mann neugierig, aber freundlich an. Ihm kam es gar nicht in den Sinn, dass man ihn fürchten könnte, denn bisher hatte er alle Herzen im Sturm erobert.
Bob war bis zur Wand zurückgewichen und hob wie in panischer Furcht die Hände.
»Junger Herr, bitte, rufen Sie das Ungeheuer zurück«, bat er flüsternd.
Ruckartig war Jochen stehen geblieben und sah einen Moment verdutzt auf die Szene, die sich seinen Augen bot.
»Himmel, was ist denn das?«, hörte er Claire erschrocken sagen.
»Arco«, rief Jochen, um den Hund von Bob abzulenken, aber es war schon zu spät.
Der große Bernhardiner schien Zuneigung für den schwarzen Mann zu empfinden und tat es auf seine plumpe Art kund. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf, legte seine mächtigen Vorderpranken auf Bobs Schultern, der förmlich einzuknicken schien. Dann fuhr Arco mit seiner rauen Zunge zärtlich über das Gesicht des Schwarzen, dessen Augen weit aufgerissen waren.
Es war ein Bild für die Götter. Die beiden Zuschauer hatten Mühe, nicht in ein lautes Gelächter auszubrechen.
Schnell trat Jochen auf den Hund zu und zog ihn energisch von Bob zurück, der noch immer kraftlos an der Wand lehnte. Langsam kehrte die Farbe in sein graues Gesicht zurück, seine Augen begannen empört zu rollen.
»Das sein ein Teufel! Oh, wie können Sie mitbringen, Master Jochen, so ein Ungeheuer, das auffressen will armen Bob«, stieß er erregt hervor. Der Diener sprach normalerweise sehr gutes Deutsch, und nur wenn er aufgeregt war, geriet es ein wenig durcheinander.
Jochen lachte herzlich und legte dem alten Diener die Hand auf die Schulter.
»Arco ist kein Ungeheuer, Bob. Er ist der beste und treueste Freund, den es nur gibt. Schau, er mag dich. Er wollte dir doch nichts Böses tun. Er wollte dir doch nur damit sagen, wie sehr er dich mag. Und das will bei Arco sehr viel heißen, denn er ist sonst sehr wählerisch und unbestechlich in seiner Gunstverteilung.«
Kurz bellte Arco, als wollte er jedes Wort seines Herrn bestätigen. Er setzte sich nun ganz dicht vor Bob hin und sah ihn unverwandt mit seinen klugen Augen an, als wartete er auf etwas.
Plötzlich schämte Bob sich seiner unbegründeten Furcht. Jetzt erschien ihm der mächtige Hund gar nicht mehr so furchterregend und bedrohlich. Ja, er wagte es sogar, mit einem scheuen Lächeln die Hand auf den mächtigen Kopf des Tieres zu legen.
»Bob ist ein alter Kerl«, sagte er abbittend. »Wie konnte ich auch nur einen Augenblick glauben, du wolltest fressen den dummen Bob.«