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Britta von Breithagen feiert ihren neunzehnten Geburtstag. Von ihrem Vater nach der Geburt verstoßen, bei der die Mutter starb, wuchs das Mädchen bei der Tante auf. Entbehrt hat Britta dort nichts. Die Baronin schenkte ihr Liebe im Übermaß und ließ sie frei und unbeschwert inmitten der Dorfjugend heranwachsen.
Doch heute, an ihrem Geburtstag, reist der Vater an und überbringt Britta mit emotionslosen Worten die Nachricht von der arrangierten Ehe mit dem Erbprinzen Dietwald von Reinberger. Die alte Baronin sieht dieser Verbindung mit größter Sorge entgegen, ist der Mann doch ein wortkarger und finsterer Zeitgenosse.
Britta nimmt die Entscheidung des Vaters zunächst tapfer hin und fügt sich ihrem Schicksal. Nach außen hin gibt sie sich fröhlich und unbeschwert, aber tief in ihr brennt ein bitteres Leid ...
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Seitenzahl: 159
Cover
Auch Fürstenkinder wollen Liebe
Vorschau
Impressum
Auch Fürstenkinder wollen Liebe
... doch der Vater befahl die Ehe
Von Regina Rauenstein
Britta von Breithagen feiert ihren neunzehnten Geburtstag. Von ihrem Vater nach der Geburt verstoßen, bei der die Mutter starb, wuchs das Mädchen bei der Tante auf. Entbehrt hat Britta dort nichts. Die Baronin schenkte ihr Liebe im Übermaß und ließ sie frei und unbeschwert inmitten der Dorfjugend heranwachsen.
Doch heute, an ihrem Geburtstag, reist der Vater an und überbringt Britta mit emotionslosen Worten die Nachricht von der arrangierten Ehe mit dem Erbprinzen Dietwald von Reinberger. Die alte Baronin sieht dieser Verbindung mit größter Sorge entgegen, ist der Mann doch ein wortkarger und finsterer Zeitgenosse.
Britta nimmt die Entscheidung des Vaters zunächst tapfer hin und fügt sich ihrem Schicksal. Nach außen hin gibt sie sich fröhlich und unbeschwert, aber tief in ihr brennt ein bitteres Leid ...
Die junge Prinzessin ritt mit dem Wind um die Wette, ihr blondes Haar flatterte und ihre braunen Augen strahlten. Vor einem prächtigen Gutshof hielt sie das Pferd an und schwang sich aus dem Sattel.
»Margit!«, erscholl ihre helle Stimme über den Hof.
Dann wurde das Fenster geöffnet, und ein brauner Mädchenkopf erschien darin.
»Komme gleich, Britta!«, rief eine junge, frische Stimme, und der Kopf verschwand.
Wenige Minuten später stand Margit von Benthin vor ihr und lachte sie aus ihren dunklen Augen an.
»Ich denke, du kannst heute nicht?«, sagte sie erstaunt.
Kurz wehrte Britta ab, um dann abfällig zu erwidern: »Ich lasse mir den Morgenritt nicht nehmen, von niemandem.«
Nachdenklich sah Margit von Benthin sie an, dann meinte sie: »Aber dein Vater kommt doch nur deinetwegen, Britta?«
Abwehrend zuckte das Mädchen die Schultern.
»Ist mir ganz gleich, soll er ruhig auch einmal auf mich warten, ich warte ja schon so lang auf ihn.«
Margit gab es auf, denn in dieser Beziehung hatte die sonst so weiche Britta einen furchtbaren Dickkopf.
Die beiden Mädels ritten bis in den nächsten Ort, wo Margit etwas zu besorgen hatte. Freundlich wurden sie bei den Gutsleuten begrüßt und gebeten, doch eine Weile ins Haus zu kommen.
Britta stieg lachend von ihrem Pferd, dabei die Hilfe des jungen Mannes verschmähend, der schnell hinzugesprungen war. Bewunderung schlug ihr aus den dunklen Augen entgegen, dann trat der Fremde mit einer tiefen Verbeugung wieder zurück.
»Komm, Britta«, rief Margit in diesem Augenblick, »du weißt, wir haben nicht viel Zeit.«
Leichtfüßig eilte Britta hinter ihr her.
»Hübsche Mädels«, sagte der Fremde in diesem Augenblick nachdenklich zu seinem Begleiter, der ihn erstaunt ansah.
»Wollen Durchlaucht sich nicht den Damen bekanntmachen?«, fragte er mit feinem Lächeln.
Der Befragte schüttelte ernst den Kopf.
»Sie wissen, Graf, mir liegt nichts an leichtsinniger Bekanntschaft. Bitte, tun Sie mir den Gefallen, und nennen Sie mich nicht immer Durchlaucht, denn ich bin hier, um mich zu erholen.«
***
Fürst Breithagen war noch nicht auf Tettenbach eingetroffen, ein Umstand, den Britta von ganzem Herzen begrüßte. Sie hatte keine Sehnsucht nach dem Vater, der sich nun auf einmal darauf besann, dass er noch eine Tochter hatte.
Iris Baronin von Tettenbach sah den Trotz in den schönen Augen des Mädchens und legte freundlich den Arm um Britta.
»Komm, Britta, setz dich etwas zu mir, ich bin heute wieder einmal so allein.«
Mit einem schnellen Blick sah Britta in das junge ernste Gesicht, in dem die Augen einen eigenartig grübelnden Ausdruck hatten.
Die alte Baronin Tettenbach war eine Schwester ihrer Mutter. Sie hatte das mutterlose Kind aufgezogen, als ob es ihr eigenes gewesen wäre.
Britta liebte die Tante sehr, aber auch den Vetter Rolf, der früher ein lustiger, übermütiger Bursche gewesen war.
Manche Strafe, die eigentlich der jungen Britta zugestand, hatte er schon als Knabe männlich auf sich genommen. Später hatte Rolf sich in ein junges Mädchen verliebt. Maria war die Tochter eines Lehrers aus dem Dorf gewesen.
Britta sah das junge Mädchen noch immer vor sich, denn Maria war ihre beste Freundin gewesen. Die junge Prinzessin hatte es ganz in Ordnung gefunden, dass der Vetter die Freundin liebte und sie heiraten wollte.
Was wusste sie schon von Zwang und Pflichten. Es hatte dann bittere Szenen gegeben zwischen Vater und Sohn, und dann hatte Rolf auf einmal seine Verlobung mit Iris von Hochwart bekanntgegeben.
Und dann war Rolfs Hochzeitstag gekommen. Während er der ungeliebten Frau seinen Treueeid gegeben hatte, hatte Maria ihrem Leben ein Ende gesetzt. Man hatte sie im Bach gefunden.
Seit dieser Stunde hatte der junge Baron Tettenbach das Lachen verlernt. Seine sonst so lustigen Augen waren finster und abweisend geworden, und um seinen Mund hatte sich ein harter Zug eingegraben.
Die junge Baronin Iris war ein liebreizendes, warmherziges Menschenkind und war freundlich und gefällig zu jedermann. Es hatte nicht lange gedauert, und Britta hatte die junge Frau des Cousins von Herzen liebgewonnen. Es hatte ihr in der Seele wehgetan, als sie merkte, wie der Glanz in den feurigen schwarzen Augen der jungen Frau erlosch und einem nachdenklichen Ausdruck Platz machte ...
Das alles ging Britta durch den Kopf, als sie nun neben Iris saß und heimlich forschend das bleiche Gesicht der Frau betrachtete.
Ein heißer Zorn gegen den Cousin erfasste sie. Hatte er schon die andere durch seine Schwäche in den Tod getrieben, so sollte er doch wenigstens versuchen, die Lebende, die vor Gott und den Menschen seine Frau wurde, glücklich zu machen.
»Dein Vater kommt nicht«, sagte Iris jetzt ernst, und ihre dunklen Augen sahen an Britta vorbei.
Tief aufatmend lehnte sie sich auf der Bank zurück.
»Nein, Iris, aber ich bin nicht betrübt deswegen.«
»Liebst du deinen Vater nicht?«
»Lieben, Iris? Wie kann ich jemand lieben, den ich nicht kenne?«, antwortete sie dunkel, und ein leiser Schmerz klang nun doch durch ihre Stimme.
»Aber er ist doch dein Vater«, erwiderte Iris.
Hart lachte das Mädchen auf. Es war ein freudloses Lachen.
»Und nur weil er mein Vater ist, muss ich ihn lieben, Iris? Nein, das kann ich nicht. Liebe muss erworben sein, Iris, die kann man nicht wie etwas Selbstverständliches verlangen, nur weil einen Blutsbande verbinden.«
»Aber er hat doch alles für dich getan, was in seiner Macht stand, Britta«, gab Iris zu bedenken.
»Was denn, Iris? Geld, ja, Geld hat er genug gegeben, aber das Wichtigste, die Liebe, ließ er vermissen, und dafür wäre ich ihm so dankbar gewesen, dafür hätte auch ich ihn von ganzem Herzen lieben können.«
Die junge Stimme war ganz leise geworden, eine unendliche Sehnsucht lag darin.
Weich strich Iris über Brittas seidiges Blondhaar, das wie Silbergespinst schimmerte.
So reich und doch so arm, musste sie denken und fühlte, wie ein heißer, stechender Schmerz nach ihrem Herzen griff.
Bin ich denn reicher? Fehlt meinem Leben nicht auch das Schönste? Sie musste an ihren Mann denken und an die eigenartige Veränderung, die mit ihm vor sich gegangen war. Er hatte sie nie mit Liebe überschüttet, Iris hatte es selbstverständlich gefunden, obwohl sie ihn von ganzem Herzen liebte.
Verzweifelt fragte Iris sich immer wieder, womit sie ihn gekränkt habe, dass er sie so völlig übersah und sich die meiste Zeit in seinem Zimmer aufhielt.
Heiße Scham empfand die junge Frau plötzlich. Sie sprang so unvermittelt auf, dass Britta erschrocken zusammenfuhr.
»Was ist mit dir, Iris?«, fragte sie verwundert und sah erstaunt in das kalkweiße Gesicht der Freundin.
»Nichts«, stieß Iris zwischen den Zähnen hervor und wandte sich fluchtartig zum Gehen.
Verdutzt sah Britta hinter ihr her, dann stand sie auch auf und schlenderte ins Haus zurück.
Plötzlich blieb sie nachdenklich stehen.
Eigentlich könnte ich einmal zu Rolf hineinsehen, ich war schon lange nicht mehr bei ihm, eigentlich schon seit seiner Verheiratung nicht mehr, überlegte die Prinzessin.
***
Baron Rolf sah erstaunt auf, als Britta bei ihm eintrat. Sein finsteres Gesicht erhellte sich, als er das Mädchen erkannte.
»Britta, du? Wünschst du etwas?«, fragte er freundlich.
Ein bitteres Lächeln kräuselte den jungen roten Mund.
»Nein, Rolf, ich hatte nur plötzlich den Wunsch, wieder einmal, wie früher, neben dir zu sitzen und zuzusehen, wenn du arbeitest, aber wahrscheinlich sind wir uns schon zu fremd geworden.«
Der Baron senkte beschämt den Kopf. Abbittend ergriff er die schönen, weichen Hände und drückte sie mit einer verzweifelten Bewegung gegen seine Augen.
»Verzeih, Kleines, ich bin ein unausstehlicher Kerl geworden.«
Ernst schüttelte das Mädchen den feinen Kopf und sah den Mann offen an. Aller Groll war aus ihrem Herzen gewichen, und übrig geblieben war nichts als ein Mitgefühl für den Schmerz in seinen ausgebrannten Augen.
»Rolf, lieber Rolf, warum warst du nicht stark, als es galt, um dein Glück zu kämpfen?«, klagte sie leise, während Tränen in ihre Augen traten.
Ein Zittern überlief die hohe Männergestalt.
»Schweig, Britta, ich bitte dich, schweig.«
Fest schüttelte diese den Kopf.
»Nein, Rolf, ich kann nicht länger schweigen, Maria war meine liebste Freundin, bei ihr fand ich Liebe und Verständnis, wenn ich einmal einsam war. Ich war so glücklich, als du sie liebtest, denn ich habe geglaubt, dass du ein Mann sein würdest und um dein Glück kämpftest. Aber du hast versagt, du hast das Mädchen, das dir vertraute, verlassen und die andere, die dein Vater dir bestimmte, zu deiner Frau gemacht.«
Nun klang die junge Stimme hart und anklagend: »Aber nicht genug damit, du hast dann Iris in dein Haus geholt, aber nicht an dein Herz genommen, du machtest auch dieses vertrauende Geschöpf zu einem armen, unglücklichen Menschen, du lässt sie neben dir verkümmern wie eine Blume ohne Nahrung und Sonne.«
Mehrmals hatte der Baron versucht, die Anklagen Brittas zu unterbrechen, doch diese hatte unbeirrt weitergesprochen. Zusammengesunken saß er nun da.
Jetzt hob er den Kopf. Britta wich erschrocken einen Schritt zurück, als sie in sein völlig von Leid aufgewühltes Gesicht sah. Seine Augen glühten unheimlich, und seine Stimme klang nun wie gesprungenes Glas.
»Du, du, was weißt du denn schon von der Qual und Not schlafloser Nächte, von der Sehnsucht, die einem das Herz zerreißt und das Leben zur Hölle macht?« Wie irr schlug der Baron sich gegen die Brust. »Ich habe sie doch geliebt, geliebt bis in den Tod«, schrie Rolf hinaus, und es klang wie ein Aufschrei aus tiefster Not.
Er barg seinen Kopf in die Hände, und ein stoßweises Schluchzen schüttelte ihn.
Erschüttert eilte Britta zu ihm, und mit einer unendlich weichen Bewegung nahm sie den dunklen Männerkopf an ihre Brust.
»Rolf, lieber Rolf«, weinte sie, »verzeih, dass ich dir so wehgetan habe.«
Langsam fasste er sich wieder und sagte mit müder, ruhiger Stimme: »Du hast ja recht, Britta, wie kannst du auch wissen, wie es gekommen ist, dass ich die junge Iris von Hochwart zu meiner Frau machte. Ich habe Maria geliebt, du weißt es, und ich liebe sie auch heute noch. Aber was würdest du tun, wenn dein Vater vor dir stünde, die Waffe gegen seine Stirn drückte und drohte, sie abzuschießen, wenn du dich nicht seinem Willen fügtest? Sag mir, Britta, was hättest du getan?«
»Rolf!«, schrie Britta entsetzt auf.
»Ja, Britta, so habe ich auch meinen Vater angeschrien, aber er war wie von Sinnen. Er hatte mir gestanden, dass Tettenbach vor dem Ruin stand und nur eine reiche Heirat uns noch retten könnte. Aber als ich mich weigerte, Maria aufzugeben, da griff er zu dem letzten Mittel, drohte, sich vor meinen Augen zu erschießen. Ich habe nachgegeben, ich konnte doch nicht schuldig werden an Vaters Tod, aber mein eigenes Leben habe ich damit zerstört.«
Britta war am Stuhl ihres Cousins in die Knie gesunken. Ihr blonder Kopf lehnte sich wie haltsuchend gegen Rolfs Knie, während ihr schmerzliches Weinen das Zimmer erfüllte.
Während die beiden engumschlungen zusammensaßen, durchlebte im Zimmer nebenan ein junges Weib die bittersten Stunden ihres Lebens.
Iris, die junge Frau des Barons, war ungewollt Zeuge des Gesprächs geworden.
Jetzt wusste sie, warum Baron Tettenbach, den sie schon als kleines Mädchen geliebt hatte, sie auf einmal aus heiterem Himmel zu seiner Gattin begehrte. Und sie Törin, sie hatte an seine Liebe geglaubt, denn nie wäre sie auf den Gedanken gekommen, nur ihres Geldes wegen von dem allgemein für reich gehaltenen Baron von Tettenbach geheiratet zu werden.
Es dauerte eine ganze Weile, bis die junge Frau sich so weit gefasst hatte, dass sie mit mühsam bewahrter Fassung ihr Zimmer aufsuchen konnte. Erst hier, wo sie sich allein wusste, ließ sie ihrem wilden Schmerz freien Lauf.
Ein gähnender Abgrund hatte sich vor dem gläubig vertrauenden Frauenherzen aufgetan und schien alles zu verschlingen. Alles, was sich zwischen dem Gatten und ihr abgespielt hatte, bekam auf einmal für die weinende Frau eine schmachvolle Bedeutung.
Tiefe Scham trieb der jungen Frau dunkle, brennende Röte in das schöne Gesicht. Offen hatte sie ihm ihre Liebe gezeigt, glaubte sie sich doch von ihm wiedergeliebt.
Iris ballte die Hände vor Verzweiflung, presste sie auf den Mund, damit der Schrei nicht laut wurde, der sich in ihr hochdrängte. Mit einem Stöhnen, das nichts Menschliches mehr hatte, warf sie sich auf ihr Bett und wühlte den dunklen Kopf in die Kissen.
Es war ein bitterer, harter Kampf, den das junge, stolze Herz mit seiner Liebe focht, doch als Iris sich nach Stunden erhob, da hatte der Stolz die heiße Liebe besiegt.
Die Frau, die jetzt mit müden Schritten an den Spiegel trat, war eine völlig andere. Das sonst so weiche, ovale Gesicht hatte einen unsagbar hochmütigen Ausdruck angenommen, ihre schwarzen Augen waren nicht mehr warm, sondern strahlten Kälte aus, die einen schaudern ließ. Noch einmal fuhr ihre Puderquaste über das bleiche Gesicht, dann verließ Iris überhastet das Zimmer und wenige Minuten später das Schloss.
***
Erst am nächsten Tag bekamen die Schlossbewohner die junge Baronin wieder zu Gesicht, als sie das gemeinsame Esszimmer betrat.
Verwundert hob Britta den Kopf und sah verblüfft mit offenem Mund auf die junge Frau, die sich so auffallend verändert hatte. Hatte sie sonst immer alle mit einem lieben Lächeln begrüßt, so sah sie jetzt sogar über Britta hinweg. Stumm, doch mit abweisendem Ausdruck, saß Iris am Tisch und aß kaum etwas.
Britta ließ die Freundin nicht aus den Augen, sie sah die Qual auf dem Grund der schwarzen Augen. Iris fühlte den forschenden, prüfenden Blick. Langsam wandte sie den Kopf, und ihre Blicke begegneten denen von Britta. Ein unsagbar spöttisches Lächeln verzog den zu grell geschminkten Mund, und dann lehnte Iris sich mit einer lässigen Eleganz in ihren Sessel zurück, schlug die schlanken Beine aufreizend übereinander, holte zum stummen Entsetzen aller eine Zigarette aus ihrer Rocktasche und zündete sie umständlich an.
Iris wusste, dass sie mit dieser Tat alle Schlossbewohner gegen sich aufbrachte, und es machte ihr Vergnügen.
Die alte Baronin liebte es nicht, wenn in ihren Räumen geraucht wurde.
Einen Moment herrschte über Iris' Tat Schweigen, alle sahen auf die Frau, die so tat, als ob sie die Empörung nicht bemerken würde.
Rolf wurde aus seinen Gedanken gerissen und sah sprachlos auf seine Frau. Die alte Baronin räusperte sich und sah Iris missbilligend an.
Die kühle Stimme der alten Dame unterbrach das peinlich werdende Schweigen.
»Liebe Iris, ich hoffe, dass du aus Unerfahrenheit gehandelt hast«, sagte sie, weil sie wusste, dass die Schwiegertochter ihr Verbot ganz genau kannte.
Baronin Iris hob die feinen Augenbrauen und sah die alte Dame unsagbar hochmütig an.
»Ich weiß nicht, Mutter, was du mit deinen Worten sagen willst.« Gelangweilt zog sie an ihrer Zigarette.
Die Baronin tat so, als ob sie die Ungezogenheit nicht bemerken würde, gleichbleibend freundlich sagte sie: »Ich möchte nicht, dass in meinen Zimmern geraucht wird, Iris.«
Iris' Herz tat einen Sprung, sie hörte wohl den Unterton aus der freundlichen Stimme und wusste auch, wie scharf und kalt die Schwiegermutter ihren Willen durchzusetzen verstand. Im ersten Moment wollte sie die Zigarette hinlegen und ausdrücken, aber da sah sie direkt in die Augen ihres Gatten. Sofort wurde ihr Gesicht hart und abweisend.
Ihre Stimme klang fast unhöflich, als sie nun sagte: »Entschuldige, das Verbot gilt doch nur für deine Zimmer, und dies ist doch ein gemeinsames Zimmer, wo ich genauso gut Herrin bin wie du.«
»Iris!«, brauste Rolf auf, erhob sich und trat dicht vor seine Frau hin, »sofort entschuldigst du dich bei Mutter für dein schlechtes Benehmen.«
Aufreizend langsam stand die junge Baronin auf. Stumm, wie zwei Kämpfer, sahen sich die Gatten in die Augen, dann verzog ein unsagbar verächtliches Lächeln den Mund, als Iris entgegnete.
»Du hast mir gar nichts zu befehlen, mein Lieber!«
Es klang so spöttisch, dass dem jungen Baron jäh das Blut ins Gesicht schoss.
Iris wurde schneeweiß im Gesicht, und ihr Blick wurde so hass voll und wütend, dass Rolf erschrocken zurückwich.
Nun lachte die junge Baronin höhnisch auf, und ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, ging sie aus dem Zimmer.
Ein betretenes Schweigen war hinter ihr zurückgeblieben, als die Tür sich ziemlich heftig hinter der jungen Frau geschlossen hatte.
Sogar die alte Baronin schien etwas von ihrer ruhigen Würde verloren zu haben.
Als Britta jetzt merkte, wie schlecht die Stimmung wurde, wollte sie sich aus dem Zimmer schleichen, doch die Stimme der Tante bannte sie an ihren Platz.
»Britta, ich verbiete dir, dich mit Iris zu unterhalten, bevor sie sich wegen ihres ungebührlichen Benehmens entschuldigt hat.«
Die junge Prinzessin blieb ruckartig stehen und sah die Tante fassungslos an.
»Aber, Tante Isa, Iris ist doch kein kleines Kind mehr, das man mit Verachtung straft«, entfuhr es ihr unbedacht.
Die Baronin richtete sich straff auf, und ihre sonst so weiche Stimme klang hart und scharf: »Du wirst dich meinen Wünschen fügen, Britta.«
Prinzessin Britta sah die Tante sehr ernst an, dann schüttelte sie fest den Kopf.
»Verzeih, Tante Isa, das kann ich nicht, Iris ist meine Freundin, und wenn sie sich dir gegenüber im Ton vergriffen hat, so ist das nicht meine Sache. Und außerdem finde ich, hatte Iris gar nicht so unrecht damit, als sie sagte, dass sie hier in diesem Raum genauso gut Herrin sei wie du, denn sie ist doch die Frau deines Sohnes.«
Noch nie war Britta der Tante so gegenübergetreten. Die Baronin sah das Mädchen entgeistert an.
Nun aber mischte sich der alte Baron ins Gespräch ein.
»Liebe Isa, es tut mir leid, aber die Kleine hat recht mit dem, was sie sagt. Selbstverständlich ist es eine Frechheit von Iris, hier zu rauchen, aber du kannst sie nicht zwingen, dass sie sich deswegen bei dir entschuldigt. Der Einzige, der ihr in dieser Sache etwas sagen könnte, wäre Rolf.«
Der Baron aber schien von dem Ganzen nichts zu hören, er stand nachdenklich da und sah immer nur die hasserfüllten Augen vor sich.
Vorläufig aber sollte die Familie keine Gelegenheit finden, sich über Iris zu ärgern, denn die junge Frau mied alle.
Und was keiner für möglich gehalten hatte, der leere Stuhl wirkte störend. Das frische Lachen der jungen Baronin wurde von allen vermisst. Selbst Baron Rolfs Blick wurde noch finsterer, während sich auf seine Stirn eine tiefe Falte grub.
Britta aber grübelte vergebens über die jähe Veränderung der Freundin nach, und es tat ihr in der Seele weh, dass Iris auch ihre Nähe mied.
War diese kalte, arrogante Frau noch die junge, fröhliche Iris von einst, die glückstrahlend am Arm ihres Gatten das Schloss betreten hatte?