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Dorian bemerkte ein Flimmern vor seinen Augen, für Sekundenbruchteile nur. Es ging von einer unsichtbaren Wand in der Luft aus, lief blitzschnell an ihr entlang und erlosch. Die Konturen von Gestalten wurden sichtbar, verschwommen zuerst, dann deutlich.
Zwei kleine Jungen umklammerten sich voll Angst. Beide waren drei Jahre und ein paar Monate alt. Der eine hatte blondes Lockenhaar und ein Engelsgesicht - der Kinddämon Baphomet, die Reinkarnation des Dämonenanwalts Skarabäus Toth -, der andere war schwarzhaarig - Dorians und Cocos Sohn Martin ...
Gerade als Baphomet in Begleitung von Martin Zamis das Theater von Segesta betritt, bricht dort ein unheimlicher Zustand über alle Anwesenden herein, der jegliche Magie neutralisiert. Die Dämonen verlieren die Kontrolle über sich, und es kommt zum Amoklauf der Vampire ...
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Seitenzahl: 149
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Was bisher geschah
AMOKLAUF DER VAMPIRE
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
mystery-press
Vorschau
Impressum
Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen.
Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.
Als Rückzugsort in seinem Kampf bleibt Dorian neben der Jugendstilvilla in der Baring Road in London noch das Castillo Basajaun in Andorra, in dem er seine Mitstreiter um sich sammelt – darunter die ehemalige Hexe Coco Zamis, die aus Liebe zu Dorian die Seiten gewechselt hat. Nach der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes Martin hat Coco diesen zum Schutz vor den Dämonen an einem Ort versteckt, den sie selbst vor Dorian geheimhält.
Auf der Suche nach der Mumie des Hermes Trismegistos findet Dorian den Steinzeitmenschen Unga, der Hermon gedient hat und der sich nach seinem Erwachen schnell den Gegebenheiten der Gegenwart anpasst. Auf Island gewinnt Dorian den Kampf um das Erbe des Hermes Trismegistos.
Die Janusköpfe von der Parallelwelt Malkuth versuchen die Erde zu erobern, aber die Padmas wehren sie mit Dorians Hilfe ab. Dem Anführer der Padmas, dem Padmasambhawa, der niemand anderes als Hermes Trismegistos ist, wird klar, dass er für das Entstehen der fürchterlichen Psychos auf Malkuth verantwortlich ist. Um zu büßen, geht Hermon durch eins der letzten Tore nach Malkuth. Auf der Erde sind zehn Janusköpfe gestrandet. Olivaro, das ehemalige Oberhaupt der Schwarzen Familie und selbst ein Januskopf, beschließt, seine Artgenossen zu jagen. Wenig später verursacht der Erzdämon Luguri die Zerstörung des Tempels des Hermes Trismegistos in Island. Unmittelbar vor der Vernichtung zeigt der magische Tisch sieben düstere Szenen, die Dorian als Prophezeiungen begreift. Vier davon haben sich bereits bewahrheitet, darunter auch jene über Martin Zamis: Der Sohn des Dämonenkillers wird von Luguri und dem Kinddämon Baphomet, der Reinkarnation des Dämonenanwalts Skarabäus Toth, entführt. Dorian und Coco reisen nach Sizilien, wo ein Baphomet-Kult von sich reden macht. Just dort, so behauptet die neuerdings astrologisch interessierte Miss Pickford, soll der Weltuntergang beginnen ...
AMOKLAUF DER VAMPIRE
von Earl Warren
Voll ohnmächtiger Wut starrte Dorian Hunter auf die halbrunde Bühnenfläche vor sich. Luguri hatte ihm und Coco Zamis, die an seiner Seite stand, einen teuflischen Streich gespielt.
Martin, ihr Sohn, den die Dämonen entführt hatten, war hier, in der Begleitung des Kinddämons Baphomet und einer dämonischen Leibwache.
Aber Dorian und Coco konnten ihn ebenso wenig sehen, wie er sie wahrzunehmen vermochte. Eine magische Barriere verhinderte, dass Dorian und Coco zu ihrem Sohn eilen konnten. Sie waren eingekeilt von der Menge der entfesselten Baphomet-Anhängerinnen, die das antike Amphitheater von Segesta füllten und umlagerten.
Die schwarz gekleideten Frauen jubelten und schrien dem Kinddämon zu, der ihr Idol war und sie beherrschte. Das Amphitheater der Ruinenstadt Segesta war ein einziger Hexenkessel.
»Baphomet!«, kreischten die Frauen verzückt und mit verdrehten Augen. »Oh, Baphomet! Segne uns und unsere Kinder! Taufe sie in deinem Namen!«
Ein paar hundert Kinder bis zu sechs Jahren befanden sich auf den Rängen des antiken Theaters. Die Baphometistinnen hoben sie empor, um sie dem Kinddämon zu zeigen.
Seine Anhängerinnen sahen Baphomet. Immer noch warfen sie Blumen auf die Spielfläche vor den im Halbrund ansteigenden Rängen.
Coco nahm Martins Gedanken auf, aber er nicht die ihren. Sie hatte Martin versprochen, anwesend zu sein, wenn er mit Baphomet zusammen auftrat, den er für seinen Spielgefährten hielt. Der drei Jahre und ein paar Monate alte Martin kannte die wahren Zusammenhänge nicht. Jetzt war er furchtbar enttäuscht, denn er glaubte, seine Mutter hätte ihn im Stich gelassen; seine Mutter, der er in der letzten Zeit dringender denn je bedurfte.
Dorian schlug mit dem Kommandostab gegen die unsichtbare Barriere, die stahlhart und federnd zugleich war; doch vergebens. Auch mit Zeichen der weißen Magie, die er mit der Spitze des Kommandostabs zeichnete, konnte er nichts ausrichten.
Der Dämonenkiller spürte ein starkes dämonisches Fluidum. Doch für ihn wie für Coco war die Spielfläche leer. Die Ohren schmerzten ihm von dem Gekreisch der Baphometistinnen. Diese Weiber waren völlig außer Rand und Band geraten.
Dorian schaute auf die Armbanduhr und sah, dass es zwölf Minuten nach elf Uhr vormittags war. Die Prophezeiung der gleichfalls im Amphitheater anwesenden Martha Pickford fiel ihm ein. Mittels ihrer berühmten und speziellen Pickford-Astrologie hatte sie herausgefunden, dass der Weltuntergang unmittelbar bevorstehen sollte. Sogar einen genauen Zeitpunkt, so exakt wie beim Fahrplan eines Zugs, konnte sie nennen. Um elf Uhr dreizehn sollte der Weltuntergang beginnen, hier in den Ruinen von Segesta.
Dorian hielt nicht viel von der Pickford-Astrologie, auch wenn Miss Pickford mit ein paar Voraussagen richtig gelegen hatte. So hatte sie vorhergesagt, dass krakenhafte Ungeheuer die Abwässerkanäle von London unsicher machen und die Millionenstadt an der Themse terrorisieren würden. Diese Plage und andere, die mittlerweile schon der Vergangenheit angehörten, waren Wirklichkeit geworden.
Dorian sah, wie der Minutenzeiger seiner Uhr auf elf Uhr dreizehn vorrückte. Coco, die von der Menge gegen ihn gepresst wurde, versuchte, wieder ihre Zeitmagie anzuwenden. Aber es gelang ihr nicht; sie war mattgesetzt, wie der Dämonenkiller.
Es ist Essig mit Miss Pickfords Voraussage, dachte Dorian.
Da ging ein Aufschrei durch die Menge der Baphomet-Anhängerinnen. Ein dämonisches Schmerzgeheul gellte von der halbrunden, mit Blumen übersäten Spielfläche zu ihnen herüber. Dazwischen jammerten zwei Kinderstimmen.
Die Baphometistinnen gebärdeten sich wie toll. Sie kreischten, aber nicht mehr vor Entzücken, und rauften sich die Haare. So gebärdeten sich Mütter, deren Kinder in tödlicher Gefahr waren.
Dorian bemerkte ein Flimmern vor seinen Augen, für Sekundenbruchteile nur. Es ging von einer unsichtbaren Wand in der Luft aus, lief blitzschnell an ihr entlang und erlosch. Auch auf der Bühnenfläche flimmerte es, aber es war ein anderes Flimmern.
Bewegung entstand. Die Konturen von Gestalten wurden sichtbar, verschwommen zuerst, dann deutlich.
Jetzt sahen Dorian und Coco, wer sich auf der Bühnenfläche befand.
Zwei kleine Jungen umklammerten sich voller Angst. Beide waren drei Jahre und ein paar Monate alt. Der eine hatte blondes Lockenhaar und ein Engelsgesicht, der andere war schwarzhaarig. Der Blonde – der Kinddämon Baphomet, die Reinkarnation des Dämonenanwalts Skarabäus Toth – trug ein hellblaues, goldbesticktes Kinderhemd. Der schwarzhaarige Junge, Dorians und Cocos Sohn Martin, hatte Trägerhosen und einen Pullover an.
Der Kinddämon litt Schmerzen. Hätte Martin ihn nicht gehalten, wäre er zusammengebrochen. Er jammerte, als würde er wahnsinnig.
Dreizehn Dämonen begleiteten die beiden Jungen. Vorher hatten sie gefälligere Gestalten angenommen gehabt, die von Männern und Frauen; jetzt zeigten sie ihr wahres Äußeres.
Dorian sah den Vampirdämon Mimo Brancati und drei weitere Vampire, zwei Werwölfe und sechs andere Ungeheuer. Eine grünschuppige Frau mit einem Raubtiergebiss befand sich unter den Dämonen. Zwei Dämonen trugen altmodische Wämser, deren Kragen hochgestellt waren und aus deren Puffärmeln Krallen ragten. Totenköpfe mit rot glühenden Augen saßen auf ihren Hälsen. Dann war da noch ein bulliger Dämon mit Schlitzaugen, der ein gewundenes Horn auf der Stirn trug. Zwei echsenhafte Dämonen torkelten umher. Der eine flatterte mit großen Lederhautschwingen, konnte sich aber nicht in die Lüfte erheben.
Die Dämonen fuchtelten mit den Armen herum, krümmten sich und taumelten. Ihre Gesichter waren verzerrt. Sie litten unter den Angriffen unsichtbarer Kräfte.
Dorian streckte eine Hand vor. Die magische Barriere existierte nicht mehr.
Baphomet-Anhängerinnen kletterten über die Brüstung und stürmten auf die Bühne, um ihrem geliebten Baphomet beizustehen. Schon saß Dorian rittlings auf der Barriere. Er packte Coco am Arm. »Worauf wartest du noch?«
»Ich habe Kontakt mit Martin!«, rief sie Dorian zu. »Er weiß jetzt, dass ich hier bin, mit dir, seinem Vater. Er ist völlig verwirrt und verschreckt. Sein Freund Theo hat Schmerzen, teilt er mir mit, und er weiß nicht, wo die Ungeheuer herkommen, die ihn und seinen Freund umringen.«
Für Martin war der Kinddämon Baphomet sein Freund und Spielgefährte Theo. Er kannte weder Theos wahre Natur noch seine Absichten.
»Das ist unsere Chance«, antwortete der Dämonenkiller Coco Zamis. »Jetzt musst du deine Zeitmagie anwenden. Jetzt können wir Martin befreien.«
Coco konzentrierte sich, doch sie hatte ebenso wenig Erfolg wie zuvor schon. »Es geht nicht, Dorian. Unmöglich.«
Der Dämonenkiller zerbiss einen Fluch zwischen den Zähnen. »Dann müssen wir es so probieren, ohne Magie! Ich haue Martin heraus, Coco. Halte du nur weiter den Kontakt mit ihm aufrecht!«
Dorian sprang auf die Bühne. Mittlerweile hatten heulende Baphometistinnen einen Schutzring um den Kinddämon und seine Begleitung gebildet. Auf den Rängen spielten sich schauderhafte Szenen ab. Mütter stießen ihre Kinder weg, die sie mitgebracht hatten, damit Baphomet sie segnete. Sie stürzten zur Bühne oder rannten sinnlos umher und jammerten. Säuglinge wurden einfach auf den Boden geworfen, und schwarz gekleidete Frauen trampelten über sie hinweg. Das Jammern und Klagen der Kinder vermischte sich mit dem Gezeter der Erwachsenen.
Auf dem obersten Rang bildeten Miss Pickford und ihre Begleiterinnen eine geschlossene Gruppe. Miss Pickford war auf die Sitzreihe gestiegen und behielt die Übersicht. Die zumeist ältlichen Engländerinnen, fast allesamt mit Regenschirmen bewaffnet, standen wie eine Phalanx da.
»Bewahrt die Ruhe, Schwestern!«, rief Miss Pickford. »Wenn euch welche von diesen irren Weibsbildern zu nahe kommen, schlagt mit den Schirmen zu oder piekt sie mit der Schirmspitze!« Miss Pickford strahlte vor Freude. Sie hüpfte von einem Bein auf das andere. »Ich habe es euch gesagt!«, verkündete sie. »Um Punkt elf Uhr dreizehn beginnt der Weltuntergang. Das ist der Auftakt, und ihm wird eine Kette von Ereignissen auf der ganzen Welt folgen.«
»Ein wirklich faszinierendes Schauspiel«, sagte Esther Pimblebody, eine von Miss Pickfords engsten Freundinnen. »Solche Gestalten, wie sie da unten auf der Bühne stehen, umringt von heulenden Frauen, habe ich noch nie gesehen. Überhaupt, wie diese Frauen sich benehmen! Auch wenn die Welt untergeht, man muss doch weibliche Würde bewahren. Kreischen und zetern wir vielleicht?«
»Wir sind eben Britinnen«, sagte Miss Pickford.
Esther Pimblebody hatte etwas ausgemacht. Im allgemeinen Gezeter und Toben rief sie Martha Pickford zu: »Ist das nicht dein ungehobelter Bekannter, dieser Hunter, der da unten auf der Bühne mit den Baphomet-Anhängerinnen rauft? Ich muss schon sagen, er hat wirklich keine Manieren. Grobe Gewalt gegen weibliche Wesen!«
In der Tat, es war Dorian Hunter, der mit den Baphometistinnen rang und sich zu seinem Sohn vorkämpfen wollte. Auf die Etikette konnte er dabei wenig Rücksicht nehmen. Es ging nämlich um sein Leben. Die Baphometistinnen wollten ihn zerfleischen und erschlagen, und die Dämonen hatten es auf sein Blut abgesehen.
Dorian stürzte sich in den geschlossenen Ring der Baphomet-Anhängerinnen. Er schleuderte und stieß die schwarz gekleideten Frauen zur Seite. Sie griffen nach ihm und wollten ihm die Augen auskratzen.
»Martin!«, schrie Dorian. »Martin!«
Doch im allgemeinen Lärm ging sein Rufen unter.
Die Dämonen konnten ihre Magie nicht einsetzen. Einflüsse, deren Ursprung sie nicht kannten, machten ihre übernatürlichen Kräfte zunichte und fügten ihnen schlimme Qualen zu.
Die Schwarzblütigen waren ratlos. Dann riss Mimo Brancati, der Vampir, dem Dorian Hunter den linken Vampirzahn ausgeschlagen hatte, das Kommando an sich. Er überschrie den Höllenlärm. »Wir verschwinden von hier! Schnell!«
»Wie denn?«, fragte ihn ein anderer Vampir. »Wir können uns nicht wegversetzen.«
»Wozu hast du Beine?«, fauchte Brancati ihn an. »Ich möchte wissen, wer uns das eingebrockt hat? Los, fort von hier, fort! Zur Ostpforte!«
Die Dämonen zogen sich zurück, Baphomet und den völlig verwirrten und schluchzenden Martin mit sich nehmend.
Coco sprang jetzt von der Brüstung auf die Bühne. Sofort stürzten sich drei Baphometistinnen auf sie.
Dorian war von heulenden Weibern eingekeilt. Er wollte nicht mit dem Kommandostab um sich stechen, denn im Grunde genommen waren die Baphometistinnen Opfer der Dämonen, die er nicht morden mochte; er hatte auch Hemmungen, die Fäuste und die Füße allzu sehr einzusetzen. Mit Männern hätte er anders gekämpft.
Dorian sollte seine Rücksichtnahme bereuen. Die entfesselten Weiber hängten sich wie Kletten an ihn und rissen ihn zu Boden. Scharenweise fielen sie über ihn her. Jetzt verteidigte sich der Dämonenkiller mit aller Härte, aber viel konnte er nicht mehr ausrichten. Mit Fingernägeln und Zähnen traktierten ihn die Weiber. Der Dämonenkiller brüllte. Büschelweise wurden ihm die Haare ausgerissen. Dorian glaubte, sein letztes Stündlein wäre gekommen. Die verrückt gewordenen Baphometistinnen würden ihn lynchen. Ein unehrenhafter Tod für einen Mann wie den Dämonenkiller – von einer Weiberhorde zerrissen zu werden.
Dorian bäumte sich auf, aber es lagen zu viele auf ihm.
Da verwandelte sich das Gekreische in Schreckensschreie. Entsetzt ließen die Baphometistinnen von dem Dämonenkiller ab und wichen zurück.
Dorian konnte sich aufsetzen. Er schlug einer knochigen Alten, die sich in seine Wade verbissen hatte wie ein Hund, die Faust ins Genick, dass sie bewusstlos zur Seite rollte.
Dorian verstand zunächst nicht, was die Baphomet-Anhängerinnen von ihm abgelenkt hatte. Dann aber merkte er, dass sie voller Schrecken auf sein Gesicht starrten. Und er begriff, als er das Prickeln spürte.
Sein magisches Stigma war sichtbar geworden, seit langer Zeit zum ersten Mal wieder. Dorian hatte schon geglaubt, es verloren zu haben. Die Teufelsfratze des Dämons Srasham, die ihm Manichäer in Istanbul einstmals eintätowiert hatten, leuchtete aus seinem Gesicht. In besonderen Gefahrenmomenten und Stresssituationen zeigte sich das Stigma manchmal. Die Todesangst und Dorians Erregung hatten es sichtbar werden lassen.
Die Kleider des Dämonenkillers waren staubig und zerrissen. Er blutete aus etlichen Biss- und Kratzwunden, stieß einen Schrei aus und hob drohend die Hände. Die Baphometistinnen wichen noch weiter zurück.
Der Dämonenkiller sah, wie Baphomet und Martin von den Dämonen durch eine Pforte an der Ostseite des Amphitheaters geführt wurden.
Bevor er sie verfolgte, schaute er sich jedoch erst einmal nach Coco um. Sie stand an der halbhohen Brüstung. Eine Baphomet-Anhängerin hatte ihr von hinten einen schwarzen Schal um den Hals geworfen und würgte sie. Zwei weitere Frauen hielten ihre Arme fest, eine dritte schlich mit gezücktem Stilett auf sie zu.
Dorian musste Coco zu Hilfe eilen, denn Martin befand sich nicht in unmittelbarer Gefahr. Mit langen Sprüngen rannte der Dämonenkiller zu Coco. Er entriss der Baphometistin das Messer und schnitt damit den Schal durch.
Coco rang nach Luft.
Dorian wandte den Baphomet-Anhängerinnen sein von der Teufelsfratze entstelltes Gesicht zu, und sie wichen mit Angstschreien zurück. Die Augen in der Teufelsfratze glühten, und als Dorian den Mund öffnete, sah es so aus, als risse Srasham den Rachen auf.
Die Baphometistinnen hielten den Dämonenkiller selbst für einen Dämon.
»Die Dämonen haben Martin durch die Pforte dort verschleppt«, sagte Dorian. »Wir müssen hinterher.«
Coco musste erst zu Atem kommen. Dorian stützte sie, aber bald konnte sie allein gehen. Sie eilten zu der Pforte. Die Baphometistinnen auf der Bühnenfläche flüchteten vor ihnen zur Seite.
Die Pforte stand noch offen. Dorian und Coco schlüpften hindurch, aber nur, um auch draußen in ein Tollhaus zu geraten. Mehr als dreitausend Baphometistinnen, die drinnen keinen Platz mehr gefunden hatten, umlagerten das Amphitheater. Auch sie kreischten, zeterten und führten sich wie Wahnsinnige auf. Sie schrien entsetzt, als sie das grell leuchtende Stigma des Dämonenkillers sahen, und bildeten eine Gasse für ihn und Coco. Dorian und Coco sahen die Dämonen, die jetzt die beiden Jungen trugen – Martin und den Kinddämon Baphomet –, zwischen den Ruinen laufen.
»Hinterher, Coco!«, schrie der Dämonenkiller. Er war nur von dem Wunsch beseelt, seinen Sohn zu befreien.
Die Dämonen verschwanden zwischen den Ruinen. Als Dorian und Coco ihnen nacheilten, stellten sich ihnen drei Schwarzblütige entgegen. Es waren ein Vampir, ein Werwolf und ein Totenkopfdämon. Die schrecklichen drei sprangen plötzlich hinter Mauerresten und antiken Säulen hervor. Der bleiche Vampir fletschte die langen Zähne. Der Werwolf war über und über behaart und hatte klauenartige Hände und ein Raubtiergebiss. Der Totenkopfdämon mit dem schwarzen Wams aber zeigte seine scharfen Krallen.
Dorian zog den Kommandostab zur vollen Länge aus. Er machte sein Hemd auf, riss die gnostische Gemme, die er immer um den Hals trug, von der Kette und steckte sie zwischen Zeige- und Mittelfinger der linken Faust, dass der Rand hervorragte.
Ohne zu zögern, griff Dorian die drei Dämonen an. Der Vampir wollte ihn packen, aber der Dämonenkiller unterlief ihn und stieß ihm den Kommandostab in die Brust, genau ins untote Herz. Der Kommandostab mochte durch die in den Ruinen von Segesta wirkenden übernatürlichen Einflüsse seine magischen Kräfte verloren haben, eine für einen Dämon tödliche Waffe war er noch immer.
Der Vampir brüllte und taumelte sterbend davon. Immer noch leuchtete das Stigma des Dämonenkillers. Dorian parierte einen Klauenhieb des Totenkopfdämons.
Der Werwolf wollte ihn von der Seite her anspringen. Da warf ihm Coco einen schweren Stein an den Kopf. Der Werwolf taumelte, und Dorian nutzte die Gelegenheit, um dem Totenkopfdämon mit der Faust einen krachenden Kinnhaken zu versetzen. Der taumelnde Dämon schlug benommen mit den Klauen um sich und verletzte Dorian an der rechten Schulter. Ein Fußtritt warf ihn zu Boden.
Der Werwolf hatte den Treffer mit dem Stein bemerkenswert gut überstanden und hechtete auf den Dämonenkiller zu. Er packte Dorian und brüllte dabei laut auf.
Dorian und der Dämon stürzten zu Boden und überschlugen sich ein paarmal. Dann lag der Werwolf oben. Aber er konnte diesen Vorteil nicht ausnutzen. Der Kommandostab steckte in seiner Kehle. Der Werwolf hustete und gurgelte. Dorian wälzte ihn von sich herab, stand auf und zog den Kommandostab aus der Wunde.