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LYKANTHROPUS
von Earl Warren
Furchtbare Schmerzen durchrasten Elmar Larssons Eingeweide. Sein Inneres krampfte sich zusammen. Kalter Schweiß trat aus seinen Poren. Er fror am ganzen Körper.
So also ist es, wenn man stirbt, dachte der alte Mann. Was hätte er gegeben, dem Schnitter noch einmal von der Schippe springen zu können!
Da ertönte ein Glöckchen, und eine dunkle Gestalt in einer Mönchskutte trat ans Bett des Sterbenden.
»Bist du ... der Tod?«
Die Gestalt schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn vertrieben. Aber dafür bist du mir jetzt etwas schuldig, Elmar Larsson!«
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Seitenzahl: 139
Cover
Impressum
LYKANTHROPUS
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
mystery-press
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Mark Freier
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-8718-6
www.bastei-entertainment.de
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Auf Schloss Lethian an der österreichisch-slowenischen Grenze gerät der Reporter Dorian Hunter in ein Abenteuer, das seinen Verstand übersteigt. Die acht Männer, die seine Frau Lilian und ihn begleiten, sind seine Brüder – gezeugt in einer einzigen Nacht, als die Gräfin von Lethian, selbst eine Hexe, sich mit dem Teufel Asmodi vereinigte! Dorians Brüder nehmen die Offenbarung euphorisch auf. Nur Dorian will sein Schicksal nicht akzeptieren. Er tötet seine Mutter und eröffnet die Jagd auf seine Brüder. Danach steckt er das Schloss in Brand und flieht mit seiner Frau. Aber Lilian hat bei der Begegnung mit den Dämonen den Verstand verloren. Übergangsweise bringt Dorian sie in einer Wiener Privatklinik unter, die auf die Behandlung psychischer Störungen spezialisiert ist – und begegnet kurz darauf der jungen Hexe Coco Zamis, die von ihrer Familie den Auftrag erhalten hat, Dorian zu töten. Doch Coco verliebt sich in den Dämonenkiller und wechselt die Seiten, wodurch sie nicht nur ihre magischen Fähigkeiten verliert, sondern darüber hinaus aus der Schwarzen Familie ausgestoßen wird.
Coco wie auch Dorian sind nun gleichzeitig Jäger und Gejagte, denn Dorian hat sich geschworen, seine Brüder, die das Feuer auf Schloss Lethian offenbar allesamt überlebt haben, zur Strecke zu bringen. In London tötet er Roberto Copello, nachdem dieser den Secret-Service-Agenten Donald Chapman auf Puppengröße geschrumpft hat. Mit Hilfe des Secret Service gründet Dorian die »Inquisitionsabteilung«, der nicht nur er selbst, sondern auch Coco und der Puppenmann Chapman fortan angehören. Ein weiteres »inoffizielles« Mitglied ist der geheimnisvolle Hermaphrodit Phillip, dessen Adoptiveltern von Dämonen getötet wurden. Zum Hauptquartier der Inquisitionsabteilung wird die Jugendstilvilla in der Baring Road, in der Phillip aufgewachsen ist, doch gleichzeitig stöbert Dorian Hunter weiter in der Bibliothek seines alten Reihenhauses in der Abraham Road nach Hinweisen auf dämonische Umtriebe – und stößt auf das Tagebuch des Barons Nicolas de Conde, der auf dem Eulenberg nahe Nancy im Jahr 1484 seine Seele dem Teufel verkaufte. De Conde bereute, wurde zum Hexenjäger und Mitautor des »Hexenhammers« und starb als angeblicher Ketzer. Der Fluch erfüllte sich. Seither wird de Condes Seele nach jedem Tod in einem neuen Körper wiedergeboren – und tatsächlich gelingt es ihm als Dorian Hunter, nicht nur sieben seiner Brüder, sondern schließlich auch seinen Vater Asmodi zu vernichten!
Nach der Jagd auf die Dämonen-Drillinge, die Dorian ebenfalls erfolgreich abschließen konnte, erwartet ihn ein neuer Fall in Schweden. Auf dem Gut des Unternehmers Elmar Larsson wurde ein Werwolf gesichtet. Eine illustre Runde verschiedenster »Werwolfjäger« versammelt sich daraufhin auf Gut Falö – und bald fordert die Jagd ihre ersten Opfer …
LYKANTHROPUS
von Earl Warren
Furchtbare Schmerzen durchrasten Elmar Larssons Eingeweide. Sein Inneres krampfte sich zusammen. Kalter Schweiß trat aus seinen Poren. Er fror am ganzen Körper.
So also ist es, wenn man stirbt, dachte der alte Mann. Oft schon hatte er seine Erben gerufen – die auch jetzt an seinem Bett warteten – und ein grimmiges Vergnügen dabei empfunden, denn immer hatte er gewusst, dass das Leben noch lange nicht aus seinem knochigen, zähen alten Körper, der von der Hüfte abwärts gelähmt war, entweichen würde. Diesmal aber war es ernst. Elmar Larsson spürte das Ende nahen. Sein Atem ging rasselnd, und immer wieder schüttelten Krämpfe seinen Körper.
Die Tür flog auf, und Dr. Tage Erking, der Hausarzt Larssons, trat ein. Er war ein großer, knochiger Mann mit einem eckigen Gesicht und graublondem Haar. Geschäftig zog er den Mantel aus und wusch sich zunächst im Waschbecken am Fenster die Hände. Gunnar Larsson, Elmars Sohn, instruierte ihn über den Zustand des Alten.
1. Kapitel
Dr. Erking trat zu dem alten Mann ans Bett. Er schickte alle hinaus – bis auf Gunnar. Dann deckte er Elmar Larsson ab und streifte sein Nachthemd hoch. Der Greisenkörper war knochig, die Haut welk und fahl. Dr. Erking tastete den Bauch des Kranken ab. Elmar Larsson schrie auf.
»Wollen Sie mich umbringen, Sie verdammter Quacksalber? Sie hätten Viehdoktor werden sollen.«
Dr. Erking war von seinem Patienten einiges gewöhnt. Ruhig setzte er die Untersuchung fort. Er hatte kalte Hände, wie immer.
»Können Sie Ihre Pfoten nicht warmhalten, Erking?«, fragte Larsson. »Man wird ja zum Eiszapfen, wenn Sie einen anfassen.« Wieder schüttelte ein Krampf seinen Körper. Der alte Mann biss die Zähne zusammen und verdrehte die Augen vor Schmerz.
Dr. Erking sah Gunnar Larsson an. »Eine sehr ernste Sache. Die Leibschmerzen und Krämpfe rühren von einer Kolik her. Nierensteine vielleicht. Oder mit der Blase ist etwas nicht in Ordnung. Die Kolik allein wäre nicht so schlimm, aber das Leerschlagen des Herzens und der schwache, schnelle Puls deuten zusätzlich auf einen Kreislaufkollaps hin. Das Blut sackt in den Bauch, die Kolik verschlimmert sich, und dadurch wird wiederum der Kreislauf immer mehr belastet. Es ist ein Teufelskreis.«
Er lagerte den Kopf des Patienten tief, die Beine hoch. Dann zog er eine Spritze auf und stocherte im Arm des fast Bewusstlosen herum, da er die schlaffe Vene nicht gleich finden konnte.
Das Lobelin sollte das Atemzentrum Elmar Larssons anregen. Dr. Erking zog eine zweite Spritze auf; sie enthielt Veritol für den Kreislauf. Anschließend blieb er am Bett Elmar Larssons sitzen. Immer wieder prüfte er den Puls. Er wurde schwächer und schneller.
Larsson ächzte. Jetzt schimpfte er nicht mehr; es ging ihm zu schlecht. Ihm war sterbensübel, im wahrsten Sinne des Wortes, aber zäh klammerte er sich ans Leben. Er spürte kaum, wie ihm eine Heizdecke untergeschoben wurde, wie seine Beine mit elastischen Binden umwickelt wurden.
»Bleiben Sie bei ihm!«, sagte Dr. Erking zu Gunnar Larsson. »Ich will die Klinik in Falun anrufen, damit sie Blutplasma herschickt. Anders können wir Ihren Vater nicht mehr retten. Er ist ein alter Mann. Sein Zustand ist äußerst ernst.«
Gunnar Larsson nickte schweigend, und der Arzt ging hinaus.
Elmar Larsson rang mit dem Tode. Zäh und verbissen leistete er ihm Widerstand. Er wollte nicht sterben, wollte sein Leben und seinen Besitz nicht aufgeben; er wollte ihn den Erben nicht zukommen lassen, die alle darauf spekulierten. Zeitweise war er bewusstlos, dann wieder sah er wie durch einen Nebel das Gesicht seines Sohnes Gunnar. Es hatte einen bösen, gierigen Ausdruck. Kein Zweifel, Gunnar gönnte ihm die Schmerzen und wünschte seinen Tod herbei. Alle warteten sie auf seinen Tod, warteten darauf, dass sie sein Geld bekamen, Gut Falö, die unermesslichen Wälder und die drei Sägewerke. Keiner von seinen Angehörigen und Verwandten mochte Elmar Larsson. Im Grunde ihres Herzens hassten sie ihn wohl alle – außer Birgit vielleicht, Gunnars Tochter.
Heiliger Gott, wenn er doch noch einmal davonkäme! Es musste doch einen Weg geben, den Tod zu überlisten, ihm noch ein paar Jahre abzutrotzen.
Die Krämpfe wurden immer schlimmer. Es war, als würde Stacheldraht durch Elmar Larssons Eingeweide gezogen. Darmschlingen rissen, und Blutungen setzten ein.
Plötzlich wusste Elmar Larsson: Er war vergiftet worden. Noch nie in seinem Leben hatte er mit der Verdauung Schwierigkeiten gehabt. Einer der Erben hatte nicht länger auf das natürliche Ableben des hartherzigen, geizigen, bösen alten Mannes warten wollen und nachgeholfen. Elmar Larsson wusste es, und er würde sein Wissen mit in den Tod nehmen.
Herrgott oder Satan, dachte der Sterbende, hilf mir, wer mir helfen mag! Ich will leben, egal um welchen Preis. Ich will nicht sterben, hörst du, Gott – oder du, Teufel? Rette mich vor dem Tod, und ich will dir gehören! Er konnte nur noch röcheln und stöhnen, aber sein Geist schrie in der Agonie, sandte Gedankenimpulse.
Ein Glöckchen ertönte, und eine dunkle Gestalt in einer Mönchskutte trat ans Bett des Sterbenden. Gunnar Larsson riss die Augen auf. Er konnte das Gesicht des Besuchers nicht erkennen, denn es lag im Schatten der Kapuze. Ein Strick umschnürte die Taille des Mönchs; kein Kreuz baumelte daran.
Mit einer Handbewegung wies der Kuttenträger Gunnar Larsson aus dem Zimmer. Der feiste Mann mit dem blassblonden Haar und den hervorquellenden Fischaugen gehorchte. Sicher wollte der Mönch dem Alten die letzte Ölung geben, ihn mit den Sterbesakramenten versehen. Woher er gekommen war, wusste Gunnar Larsson nicht; er dachte im Moment auch nicht darüber nach. Vielleicht hatte der Pastor von Falun, der bereits angefordert worden war, den Mönch geschickt. Elmar Larsson hatte sich schon ein dutzendmal die letzte Ölung geben lassen und war immer wieder aufgestanden – gesünder, zäher und boshafter als zuvor.
Der Kuttenträger legte Elmar Larsson die Hand auf die Stirn. Es war, als würde ein belebender Strom durch den verkrampften, schweißnassen Körper des im Todeskampf Liegenden fließen. Die Schmerzen ließen nach und verschwanden dann ganz. Elmar Larssons Blick wurde klar. Der alte Mann war todesmatt, aber noch am Leben. Er begriff, dass es kein gewöhnlicher Mönch war, der da an seinem Bett stand.
»Wer – bist du?«, ächzte der Gutsbesitzer.
»Du hast mich gerufen«, erklang eine leise Stimme.
Elmar Larsson konnte nicht einmal erkennen, ob es die eines Mannes oder die einer Frau war. Ein Schauer rieselte über seinen Rücken. Er konnte das Gesicht in der Kapuze nicht erkennen. Die Hände waren in den Falten der weiten Ärmel verborgen.
»Der – Tod?«
Die Gestalt schüttelte den Kopf. »Den hast du nicht gerufen. Er stand schon an deinem Bett, aber ich habe ihn vertrieben.«
»Du bist der Teufel«, sagte Larsson.
Er hörte ein halblautes Kichern. »So wichtig ist deine Seele nicht. Ich bin nur ein unwürdiger Diener. Doch ich habe die Macht, dir das zu geben, was du haben willst. Allerdings verlange ich eine Gegenleistung, denn umsonst ist nichts.«
Elmar Larsson empfand Furcht vor seinem Besucher; aber noch mehr Furcht hatte er vor dem Tod, der ihm das Leben und alles andere nehmen würde. »Was verlangst du?«
»Nicht viel«, antwortete der Dämon in der Mönchskutte. »Nur deine Seele nach deinem Ableben. Und du bekommst noch eine Ausnahmeklausel von mir: Ich gebe dir Jugend, Gesundheit und einen starken, widerstandsfähigen Körper. Hundert Jahre und mehr kannst du damit leben, wenn du den Pakt mit mir eingehst.«
Elmar Larsson fühlte sich schon wieder viel besser. Er war ein gerissener alter Bursche, und wenn es ans Schachern und Feilschen ging, war er Meister. Er schacherte auch mit einem Dämon um seine Seele.
»Keine Tricks!«, sagte er. »Du und deinesgleichen, ihr wollt die Menschen nur übers Ohr hauen. Viel versprechen, nichts geben und nur nehmen, das ist eure Devise. Eine Seele findet man nicht alle Tage, eh? Schließlich ist sie unsterblich und kostbar.«
Rotglühende Augen blickten ihn an. Die Stimme klang jetzt lauter und kräftiger, aber hohl und dumpf, als käme sie von weit her. Ob sie weiblich oder männlich war, war beim besten Willen nicht zu erkennen. Doch darauf kam es Elmar Larsson auch nicht an.
»Es gibt Milliarden Menschen auf der Erde, von denen jeder eine Seele hat«, antwortete der Dämon. »Warum sollen wir also deinetwegen Amok laufen?« Er tat, als würde er sich der Tür zuwenden.
Elmar Larsson setzte sich auf. »Halt! So warte doch! Noch habe ich schließlich nicht nein gesagt. Ich habe nur die eine Seele. Da muss ich schon ein wenig überlegen. Und so belanglos ist die Angelegenheit für dich und deinesgleichen auch nicht. Das kannst du mir nicht weismachen. Ich bekomme also einen jungen, starken und gesunden Körper, ja? Wie willst du das denn bewerkstelligen? Ich meine, das fällt doch auf, wenn ich plötzlich als strahlender Jüngling vom Totenbett aufstehe und nicht einmal mehr im Rollstuhl zu sitzen brauche.«
»Das zu bewerkstelligen, ist meine Sache, Larsson. Es wird keinen Verdacht erregen, das garantiere ich dir.«
»Ich muss natürlich der reiche Herr von Gut Falö bleiben, das ist Bedingung. Wenn ich irgendwo als zwar starker und gesunder, aber bettelarmer Holzfäller leben soll, kannst du mir mit deinem Pakt gestohlen bleiben, verstehst du mich?«
Ein leises Lachen war zu hören. Der Dämon amüsierte sich. Andere hätten sich vor ihm zu Tode gefürchtet, aber der alte Elmar Larsson war aus härterem Holz geschnitzt.
»Du bleibst Herr von Gut Falö. Dein Besitz bleibt dir erhalten. Aber beeile dich jetzt! Während ich mit dir spreche, vergeht keine Zeit. Es kann also niemand hereinkommen, nicht deine gierigen Erben und nicht der Doktor. Aber lange kann ich diesen Zustand nicht mehr aufrechterhalten.«
»Ach was? Da versprichst du mir alles Mögliche und bringst nicht einmal ein so leichtes Kunststückchen fertig?«
Larsson war wirklich ein zäher Brocken. Dem Dämon wäre der Schweiß ausgebrochen, wäre das möglich gewesen.
»Also gut«, knirschte er. »Sprechen wir alles in Ruhe durch.«
Es wurde ein langes Gespräch. Elmar Larsson versuchte den Dämon zu überlisten. Er zwang ihm ein paar Zugeständnisse ab und scheute sich keineswegs, alle möglichen Kleinigkeiten in den Pakt mit aufnehmen zu lassen. So verlangte er für den Rest seines Lebens einen gesegneten Appetit, eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen alkoholische Getränke, denen er in jüngeren Jahren einmal sehr zugetan gewesen war, sexuelle Potenz und ein prächtiges Äußeres.
»Du wirst ein Prachtexemplar deiner Rasse werden«, versicherte der Dämon. »Von den üblichen Beschränkungen und den Gesetzen, denen deine Art unterworfen ist, abgesehen.«
»Was soll denn das wieder heißen?«
»Nun, ein Mensch muss in gewissen Zeitabständen schlafen, wenn er sich in den Finger schneidet, dann blutet er, seine Haare und Fingernägel wachsen und anderes mehr.«
»Ich denke, das geht in Ordnung. Nun zu der Ausnahmeklausel. Und denk dir eine gute aus, nichts Unmögliches, sonst riskiere ich lieber, meine Seele dem Letzten Gericht vorzuführen, oder was immer nach dem Tod kommen mag. So schlecht sind meine Aussichten nicht, denn ich habe jedes Jahr der Kirche tausend Kronen gegeben. Und alte Kleider und Schuhe sind bei mir grundsätzlich an die Armen und Bedürftigen gegangen.«
Larsson verschwieg, in welchem Zustand die den Armen gestifteten Kleider und Schuhe gewesen waren. Einen Lumpensammler, dem Larsson sie hätte verkaufen können, gab es im weiten Umkreis nicht, also ging der ganze Plunder einmal im Jahr an den Wohlfahrtsverein in Falun.
»Deine Seele soll gerettet sein, wenn nach deinem Tod auch nur ein Mensch in Liebe deiner gedenkt, Elmar Larsson«, sagte der Dämon.
Larsson versank in tiefes Nachdenken. Liebe war eine Sache, die er bei seinen Mitmenschen, selbst bei seinen nahen Angehörigen nie erweckt hatte. Er hatte auch nicht vor, sich zu ändern und ein Wohltäter zu werden. Aber ein einziger Mensch war ja nicht gerade viel. Das musste sich eigentlich ermöglichen lassen. Einem Menschen konnte er Gutes tun, mit den anderen würde er umspringen wie gewohnt.
»Einverstanden. Soll ich jetzt einen Vertrag mit meinem Blut unterzeichnen?«
»Ein Händedruck genügt.«
Der Dämon in der Mönchskutte schwenkte den Ärmel vor Elmar Larsson hin und her. Larsson steckte eine Hand hinein und ergriff eine feste, kalte und kleine Hand. Wie ein Schraubstock schloss sie sich um die seine. Ein glühender Schmerz raste durch Elmar Larssons Körper. Feurige Kreise wirbelten vor seinen Augen.
»Es ist also abgemacht«, sagte der Dämon. »Eins sollst du noch wissen, Elmar Larsson: Das Gift, das dir eingegeben worden ist, stammte von mir. Jemand von den Deinen kam zu mir und wollte ein absolut tödliches und nicht nachweisbares Gift haben. Ich sah keinen Grund, es ihm nicht zu geben.«
»Wer war es, wer?«, keuchte Larsson.
»Das herauszufinden, überlasse ich dir.«
Der Dämon wandte sich ab und ging davon.
Larsson lag eine Weile ruhig da, von Schmerzen gequält. Dann vergingen die Schmerzen, und er fühlte sich nicht anders als vor dem Mordanschlag. Seine Beine waren taub und gelähmt wie immer. Er fluchte so laut, dass alle Anwesenden zusammenliefen. Die Erben und der Doktor standen staunend am Bett des alten Mannes, den sie im Sterben liegend geglaubt hatten. Alle gafften ihn an; die Augen fielen ihnen fast aus dem Kopf.
»Was glotzt ihr so?«, schrie der Alte. »Los, holt mir den Mönch her, der gerade aus dem Zimmer gegangen ist! Ich habe ein Wörtchen mit ihm zu reden. Schweinerei, verdammte!«
»Aber – aber Schwiegervater«, stammelte Lars Krogager, der Mann von Elmar Larssons Tochter Christina, »wir dachten, mit dir geht es zu Ende. Hast du denn keine Schmerzen mehr?«
Dr. Tage Erking stürzte zu Larsson hin und wollte seinen Puls fühlen.
Der Alte schlug ihm auf die Finger. »Wollen Sie wohl Ihre kalten Pfoten von meinem Arm nehmen? Den Mönch will ich sehen, verdammt noch mal!«
Aber der Mönch war nirgends aufzutreiben. Es war, als sei er vom Erdboden verschluckt. Merkwürdig war, dass niemand ihn außerhalb des Gutshauses gesehen hatte.
Elmar Larsson tobte und fluchte wie ein Teufel, aber das half ihm auch nichts. Schließlich beruhigte er sich etwas. Immerhin war sein Körper geheilt und die Folgen der Vergiftung auskuriert. Vielleicht würde die Verwandlung noch eintreten, die der Dämon ihm zugesagt hatte.