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Nach den überragenden Anfangserfolgen im Russlandfeldzug im Sommer 1941 ist die Wehrmacht immer tiefer in die Weite des Landes eingedrungen. Der Heeresgruppe Mitte wurde die Aufgabe übertragen, große Teile der Roten Armee einzuschließen und zu vernichten. Diese Kämpfe fordern auch Fred Beyer und Günther Weber alles ab, sie sind seit vielen Wochen schon ununterbrochen im Einsatz. Der Zeitplan der Heeresführung gerät spätestens mit dem Beginn der Schlammperiode ins Wanken, da die Truppenbewegungen nahezu erstarren. Zu dieser Zeit sind auch die Nachschubketten hoffnungslos überdehnt. Erst mit Einsetzen des Winters kommen die Deutschen wieder in Gang, aber sowohl Soldaten als auch Material fehlen aufgrund der hohen Verluste. Beyer und Weber kommen mit ihren Einheiten bis kurz vor Moskau, dann treten die Russen zum Gegenangriff an. Martin Haberkorn erlebt diese Zeit an Bord eines U-Bootes und bereit sich auf seinen Einsatz als LI vor.
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Seitenzahl: 159
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Impressum
Drei Musketiere
Eine verlorene Jugend im Krieg
Band 3
1941
Copyright: © 2016 Frank Hille
Published by: epubli GmbH, Berlin
www. epubli.de
ISBN
Günther Weber, 2. Oktober 1941, Russland
Fred Beyer, 6. Oktober 1941, Russland
Günther Weber, 5. Oktober 1941, Russland
Fred Beyer, 6. Oktober 1941, Russland
Günther Weber, 6. Oktober 1941, Russland
Fred Beyer, 7. Oktober 1941, Russland
Günther Weber, 7. Oktober 1941, Russland
Fred Beyer, 7. Oktober 1941, Russland
Günther Weber, 10. Oktober 1941, Russland
Fred Beyer, 11. Oktober 1941, Russland
Günther Weber, 19. Oktober 1941, Russland
Fred Beyer, 2. November 1941, Russland
Günther Weber, 18. November 1941, Russland
Fred Beyer, 20. November 1941, Russland
Günther Weber, 1.Dezember 1941, Russland
Martin Haberkorn, Anfang Dezember 1941
Fred Beyer, 17. Dezember 1941, Berlin
Günther Weber, Dezember 1941
Fred Beyer, Dezember 1941
Günther Weber, 26. Dezember 1941
Martin Haberkorn, 29. Dezember 1941
Obwohl der Dauerregen nicht aufgehört hatte und die Wege weiterhin extrem verschlammt waren, waren die deutschen Truppen wieder zum Vormarsch angetreten. Günther Weber verstand diesen Entschluss, denn jeder weitere Tag des Anhaltens spielte den Russen in die Hände, die Reserven sammeln und neue Verteidigungsstellungen aufbauen konnten. Dass der Geländegewinn nur gering war nahm man in Kauf, alles war aber besser als den Vormarsch einzustellen. Die Schützenpanzerwagen kämpften sich mühsam durch den aufgeweichten Boden vorwärts und die SS-Männer an Bord unterhielten sich.
„Die Panzergruppen 3und 4 gehen auf Wjasma vor“ sagte einer der Männer.
„Vor zwei Tagen hat Hoth einen Brückenkopf mit der Panzergruppe 3 über den Dnepr errichtet und der Iwan hat ihm mächtig Zunder gegeben, musste sich aber wieder zurückziehen. Die gesamte Front wackelt, die Russen ziehen sich großräumig zurück und das bedeutet, wenn wir schnell genug sind, dass wir sie wieder überflügeln und einkesseln werden. Es sind keine 350 Kilometer mehr bis Moskau.“
„Das stimmt alles“ erwiderte Günther Weber, der jetzt den Rang eines Unterscharführers trug „aber es sind eben noch 350 Kilometer und der Winter steht vor der Tür. Außerdem kriegt ja jeder von uns mit wie schwierig schon die Versorgung mit Treibstoff und anderen Dingen geworden ist.“
Weber war nach dem Kampf um den Bahnhof in Minsk befördert worden und er trug jetzt auch die Nahkampfstange. Sein Rang entsprach dem eines Unteroffiziers der Wehrmacht. Es beeindruckte ihn immer noch, wie dieses riesige russische Reich innerhalb eines Vierteljahres jetzt scheinbar vor dem Kollaps stand, denn offensiv waren die Sowjets kaum aktiv, vielmehr zogen sie sich immer mehr nach Osten zurück. Dass sie Moskau um jeden Preis halten würden wollen stand für ihn fest, denn der Verlust der Hauptstadt würde die Niederlage bedeuten, zumindest im moralischen Sinne. Ob ein militärischer Zusammenbruch damit verbunden wäre war nicht sicher, denn den Russen standen immer noch gewaltige Rückzugsräume zur Verfügung. Weber hatte beim Vorrücken durch das Land auch wahrgenommen, dass wohl viele der Industrieanlagen demontiert worden waren und vermutlich weit im Osten wieder aufgebaut wurden. Wenn der Gegner noch über diese Mittel verfügen würde könnte es durchaus sein, dass die Idee des Blitzkrieges diesmal nicht verwirklicht werden könnte, sondern alles auf eine langwierige Auseinandersetzung herauslaufen würde. Weber schob diesen Gedanken von sich, er als einfacher Soldat hatte nur Einblick in einen winzigen Teil des Geschehens. Dass nördlich von ihnen die Heeresgruppe auf Leningrad vorging und südlich von ihnen der Kaukasus erreicht werden sollte wusste er zwar, aber welche Kräfte sich wo befanden und welche Operationen geplant waren, darüber hatte er keinen Überblick und es war auch nicht seine Aufgabe, den zu haben.
„Wir werden die meisten Einheiten des Iwans bis Weihnachten besiegt haben“ meinte ein anderer Mann „und dann wird dieses Kartenhaus ganz von allein zusammenbrechen. Wenn die ihre Männer mit Waffengewalt gegen uns treiben müssen werden die bald gegen ihre kriminelle Führung aufstehen und meutern.“
„Vergiss nicht, dass wir uns erst gestern wieder mit Partisanen herumschlagen mussten“ antwortete ein anderer Soldat „sieht nicht so aus, als würden die Stalin beseitigen wollen.“
„Das hat mit Stalin wahrscheinlich nicht so viel zu tun“ gab ein weiterer Mann zu bedenken „was würdest du denn tun, wenn die Russen in Deutschland stehen würden?“
„Na mein Land verteidigen, keine Frage. Und zwar bis zum Letzten!“
Die weit auseinandergezogene Reihe der Panzer, der Schützenpanzer, der LKW, der Pferdekarren und der Infanteristen war am Vortrag beim Passieren eines Waldstückes in einen Hinterhalt der Partisanen geraten. Zwei vornweg fahrende leichte Panzer II sollten die Lage ausspähen und bewegten sich langsam vorwärts, die Luken waren geschlossen. Ihnen folgte ein Panzer III, danach kamen die Schützenpanzerwagen und in unregelmäßigen Abständen die Infanteristen. Mitten im Zug fuhren die Trossfahrzeuge und ganz zum Schluss sicherten wieder Panzerfahrzeuge. Der Spitze fahrende Panzer II blieb nach einer Explosion auf dem Weg plötzlich ruckartig stehen, er war auf eine Mine gefahren. Die beiden Männer der Besatzung waren getötet worden oder verwundet, denn die Luken blieben zu. Das dem Panzer II folgende Fahrzeug drehte seinen Turm schnell um die Achse und im nächsten Moment flogen von rechts und links Brandflaschen auf den Panzer. Der Panzer war von dem bewegungsunfähigen Panzer II und dem Panzer III eingeschlossen. Da der Wald dicht war hatte er keine Möglichkeit in irgendeine Richtung auszuweichen. Die Luken flogen auf und die beiden Männer booteten aus. Beide wurden sofort aus automatischen Waffen vom Wald her unter Beschuss genommen. Der Fahrer wurde mehrfach getroffen und stürzte auf den Boden, der Kommandant warf sich schutzsuchend auf die Motorrraumabdeckung hinter dem Turm, aber eine weitere Brandflasche zerplatzte dort und setzte ihn augenblicklich in Flammen. Der Mann kroch zum Heck, ließ sich von dort herunterfallen und wälzte sich schreiend hin und her um das Feuer zu ersticken. Der Panzer III schoss mit dem Turm-MG auf Verdacht in die linke Waldseite und mähte so eine Anzahl von Zweigen ab. Der MG-Schütze von Webers Schützenpanzer feuerte ohne ein Ziel ausmachen zu können nach rechts. Vom Ende der Kolonne war ebenfalls Gefechtslärm zu hören und auch auf die Soldaten, die sich Deckung suchend an den Boden pressten, wurde geschossen, Handgranaten flogen auf die Männer.
„Raus“ brüllte Günther Weber.
Die Männer rissen die zweiflüglige Tür am Heck auf und sprangen auf den Boden. Alles war vielmals trainiert worden und die 10 Soldaten schwärmten schnell aus um kein konzentriertes Ziel zu bilden. 5 von ihnen sprinteten nach links, die anderen nach rechts. Der ein ganzes Stück links vor Weber laufende Mann verschwand neben der Straße in einer Sprengwolke und fiel hin, dann brüllte er wie ein Tier. Der dichte Baumbestand machte einen freien Blick in den Wald unmöglich und Weber rief:
„Ausschwärmen!“
Zusammen mit seinen Männern drang er in den Wald ein und ließ sich sofort wieder zu Boden fallen, als eine MPI Garbe in die Stämme vor ihm fetzte. Er meinte Mündungsfeuer gesehen zu haben und warf eine Handgranate in den Bereich vor ihm. Als diese explodiert war hörte er Schreie und da jetzt auch die Infanteristen den Wald durchkämmten entwickelte sich ein heftiges Feuergefecht. Es war zu erwarten, dass die Russen in der Minderzahl sein würden und die Deutschen waren soweit trainiert, dass die Soldaten an den Flanken schneller vorrückten als die im Zentrum und so einen Ring um den Gegner schlossen. Es handelte sich beidseits nicht um ein großes Waldstück, vielleicht mit einem Radius von jeweils 500 Metern. Aus dessen Zentrum wurde immer noch auf die Deutschen geschossen aber diese wussten jetzt, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, dass den Russen die Munition ausgehen musste, denn ein Fluchtweg war ihnen abgeschnitten worden. Es dauerte nicht lange, da war der von den Deutschen gebildete Kreis so eng geworden, dass sie die Gegner gut erkennen konnten. Es waren nicht mehr als ungefähr 6 Leute übrig, die aber weiterhin kämpften. Auf sie prasselten jetzt noch Handgranaten ein und nach einer Weile endete die Gegenwehr. Die Deutschen kamen vorsichtig näher.
Günther Weber hielt seinen Karabiner im Anschlag. Auf dem Boden lagen 6 Leute herum, 2 schienen noch am Leben zu sein. Alle trugen Zivilkleidung, ein Mann und eine Frau bewegten sich noch.
„Untersuchen“ befahl Weber.
Vier der Partisanen waren vielfach getroffen worden und auch durch die Splitter der Handgranaten getötet worden, die Frau hatte ein Schuss in den Oberschenkel bekommen, ein weiterer die linke Schulter durchschlagen. Dem noch lebenden Mann hatten Granatsplitter die Fellmütze vom Kopf gerissen und seinen halben Kopf skalpiert. Sein Gesicht schwamm im Blut und er hatte noch zwei Schüsse in die Brust bekommen und atmete mit blutigem Schaum vor dem Mund röchelnd.
„Was machen wir mit denen“ fragte einer seiner Männer Weber.
„Mitnehmen“ antwortete er knapp „das muss der Kompaniechef entscheiden.“
Jeweils zwei SS-Männer packten die Verwundeten und rissen sie hoch, dann schleiften sie sie durch den Wald bis zum Weg.
Die deutsche Einheit hatte sich wieder einigermaßen organisiert. Aus dem ersten Panzer II waren die beiden Männer geborgen worden. Die Splitter der Panzermine hatten die dünne Bodenpanzerung des Fahrzeugs mühelos durchschlagen. Dem Fahrer waren beide Beine abgerissen worden, ihn hatte man unter einer Zeltbahn am Wegrand abgelegt, er war bereits tot. Auch über den Kommandanten hatte man eine Zeltbahn ausgebreitet. Neben den Toten lag der Panzersoldat der in Flammen gestanden hatte, um ihn kümmerte sich ein Sanitäter. Der verwundete Mann lag auf einer Trage und krampfte die verbrannten Hände um die Stangen, er hatte die Augen in dem verkohlten Gesicht geschlossen und keuchte angestrengt. Weber ging näher.
„Wie geht es ihm“ fragte er den Sani leise.
„Er kann vielleicht überleben, aber die Brandwunden sind schlimm. Er hat von mir Morphium bekommen, aber bevor er auf einem Verbandsplatz ankommen wird werden die Schmerzen höllisch sein. An seiner Stelle würde ich lieber sterben.“
Günther Weber sah den Mann an.
Unter seiner Panzerhaube war das Gesicht wegen der Verbrennungen kaum noch zu erkennen, er dürfte nicht älter als Weber sein. Mit rollenden Augen starrte er in den Himmel und ab und an zuckte er. Weber wandte sich ab und ging zu dem Soldaten seines Trupps, der auf eine Mine getreten war. Dem Mann war der rechte Fuß abgerissen worden und der Sani hatte den Stumpf schon abgebunden und die Wunde notdürftig versorgt. Die Soldaten hatten die 6 in beiden Waldstücken gefangenen Partisanen zum Fahrzeug des Kompaniechefs gebracht. Der Obersturmführer stand vor der Reihe und schaute die Leute eine Weile an, dann schlug er einem der Russen mit der Faust voller Wucht ins Gesicht. Der Mann taumelte heftig, aber blieb auf den Beinen, dann spuckte er zwei Zähne aus.
„Bringt diese Banditen zu einem LKW. Im nächsten Dorf knüpfen wir sie auf“ sagte der Kompaniechef voller Hass.
Die Toten und Verwundeten der Deutschen wurden verladen, dann setzte sich die Kolonne wieder in Marsch. Der zerstörte Panzer II war von dem größeren Panzer III einfach an den Wegesrand geschoben worden, er würde später von einer Instandsetzungseinheit geborgen werden.
Nach zwei Stunden näherte sich die Einheit einem Dorf. Auf den Feldern standen abgeschossene Panzer und andere zerstörte Fahrzeuge, russische und deutsche. Als sich die Kolonne neben den Gebäuden verteilt hatte um eventuellen Luftangriffen kein großes Ziel zu bilden ging Weber mit den anderen Männern zu einer Art Dorfplatz. Soldaten hatten Stühle aus den Häusern geschleppt und unter einem weit ausladenden Baum hingestellt. Ein Stabsscharführer, der Spieß der Kompanie, kam mit 4 geflochtenen Seilen an Weber vorbei und grinste diesen an.
„Der erste Einsatz. Beste deutsche Ware“ sagte er „aber leider habe ich nur 4 Seile. Na, dann gibt es eben zwei Durchgänge.“
Die Deutschen hatten die im Ort verbliebenen Einwohner, ausnahmslos alte Leute, zum Dorfplatz getrieben. Drei der Partisanen, diejenigen, die noch gehen konnten, mussten auf die Stühle steigen, dann wurde ihnen die Schlinge um den Hals gelegt. Auf ein Kommando des Kompaniechefs traten hinter den Stühlen stehende Soldaten diese um und die Russen wurden nach unten gerissen. Weber sah, dass ihre Beine zuckten, aber nach kurzer Zeit schwangen die drei leblosen Körper nur noch wenig herum. Die Köpfe der Männer waren zur Seite gesunken, ihre blau angelaufenen Zungen hingen aus den Mündern heraus. Soldaten mühten sich dann die Erhängten abzunehmen und legten diese hinter dem Baum ab. Dann wurden die anderen 3 Partisanen, darunter die Frau, auf die Stühle gehoben. Die Frau hatte wegen ihrer Beinwunde Mühe auf den Füßen zu bleiben, aber sie schaffte es. Allen drei Russen waren schnell bemalte Pappschilder um den Hals gehängt worden. Auf dem, welches der Frau umgehängt worden war, stand in Deutsch und Russisch:
„Ich habe deutsche Soldaten hinterhältig getötet!“
Als ihr die Schlinge um den Hals gelegt wurde schrie sie laut:
„Sa rodinu!“
Die Stühle wurden wieder umgestoßen, dann baumelten die drei Körper am Baum.
Günther Weber sah, dass einige der Offiziere mit Fotoapparaten Bilder der Szene aufnahmen. Auch der Spieß fotografierte.
„Die Bilder werde ich später mal meinen Jungs zeigen wenn ich im Urlaub bin“ sagte er zu Weber „damit die erfahren, wie hart wir gegen diesen Abschaum kämpfen mussten. So was Feiges, aus dem Hinterhalt anzugreifen. Aber bald hat der Iwan ausgekämpft und dann werde ich mich auf einen Wehrbauernhof bewerben. Du musst wissen“ – er bückte sich und nahm ein wenig Erde auf – „das ist bester Boden hier. Zu Hause bei uns in Bayern hat es solchen guten Boden nicht und ich habe mich bei der Feldarbeit immer plagen müssen. Und da meine Brüder älter sind als ich habe ich auch keinen Anspruch auf den Hof der Eltern. Auch deswegen bin ich damals zur Truppe gegangen, aber vor allem, weil der Führer mich mit seinen Ideen begeistert hat. Und wie du siehst, wir sind dabei, sie jetzt in die Tat umzusetzen. Wir müssen diese Schmarotzer ohne Gnade mit Stumpf und Stiel ausmerzen damit die anderen merken, wer hier jetzt das Sagen hat. Was mich aber ärgert ist, dass meine guten Seile hier bleiben müssen, weil die Banditen zur Abschreckung ein paar Tage hängenbleiben sollen. Aber ich habe mir schon Gedanken gemacht. Man könnte doch sozusagen eine Art Staffellauf einrichten. Also ich meine das so: die hier hängen werden in ein paar Tagen von den uns folgenden Einheiten abgenommen und verscharrt. Damit haben die dann meine Seile. Wenn wir andere Erhängte finden gehören die Seile uns. Und so weiter und so fort. Was hältst du davon?“
„Keine schlechte Idee“ antwortete Weber uninteressiert, was gingen ihn solche Dinge an.
„Ich werde mal mit dem Chef reden“ sagte der Spieß von sich selbst begeistert „vielleicht lässt sich daraus eine Dienstanweisung formulieren. Ich werde heute Abend mal was aufschreiben.“
Er ging weg.
Günther Weber stand auf dem sich immer mehr leerenden Dorfplatz. Die Männer der Einheit gingen zu ihren Fahrzeugen oder suchten sich ein Quartier. Sie würden heute hier übernachten und dann morgen weiterziehen. Einige der Männer sahen sich immer noch die Erhängten an, Weber konnte manchmal Lachen hören. Er hatte kein Mitleid mit den toten Russen, sie hatten nach seinem Verständnis als nichtreguläre Kämpfer kein Recht gehabt ihre Einheit anzugreifen. Er zündete sich eine Zigarette an und ging dann langsam zu seiner Kompanie zurück. Es regnete jetzt wieder mehr, er fröstelte und zog den Kragen seiner Feldbluse hoch.
Vor 4 Tagen hatte der Bataillonskommandeur den Tagesbefehl Adolf Hitlers verlesen, der die letzte Entscheidungsschlacht des Jahres ankündigte aber auch auf die Gefahr hinwies, die bei einem Scheitern des deutschen Angriffes auf Moskau entstehen würde, denn dann müsste man Verhältnisse für Europa befürchten wie zu Zeiten der Hunnen- oder Mongolenstürme. Ihr klares Ziel wäre es, binnen kürzester Frist Moskau einzunehmen und so den letzten Widerstand der Bolschewiken zu brechen. Anfangs sah es so aus, dass die Deutschen wieder Schwung gewinnen könnten, denn am 3. Oktober wurde Orjol durch die Panzergruppe 2 blitzstreichartig eingenommen.
Heute aber hatten die Männer der Panzerkompanie ein Erlebnis gehabt, das ihr Selbstvertrauen stark erschüttert hatte. Die Luftaufklärung hatte heranrückende Panzer der Russen in einer Stärke von ungefähr 25 Fahrzeugen gemeldet und die Deutschen hatten sich auf ein kurzes Begegnungsgefecht eingestellt, wie es schon öfter stattgefunden hatte. Die Panzer hatten sich routiniert entfaltet und den Feind in einer Hinterhangstellung erwartet, sie wurden von einigen abgeprotzten 5 cm Pak 38 flankiert. Infanterie war hinter den Panzern in Stellung gegangen. Das Gelände vor der deutschen Stellung fiel leicht ab, so dass die Russen bergan kämpfen mussten. Das würde auch bedeuten, dass der Feind beim Angriff vermutlich wenig Geschwindigkeit entwickeln konnte und so in der schlechteren Lage war. Fred Beyer saß ruhig auf seinem Sitz und schaute durch die Winkelspiegel der Kommandantenkuppel. Er erwartete, dass die Russen wie bislang üblich ungestüm aber schlecht koordiniert angreifen würden und die deutsche Feuerdisziplin ihnen wieder starke Verluste beifügen würde. Erstaunlicherweise kamen die Russen schnell näher und Beyer sah, dass es keine BT 5 oder 7 waren. Diesmal griffen T 34 an, die in noch geringer Zahl zur Verfügung standen aber bei den Deutschen bereits für recht hohe Verluste gesorgt hatten. Während sich der Gegner näherte erinnerte sich Beyer an die Lehrtafeln zu diesem Panzer. Im Gegensatz zu den deutschen Modellen war seine Panzerung abgeschrägt und die 76,2 mm Kanone war ihrer 37 mm Waffe um Längen überlegen. Das Christie Fahrwerk sorgte für hervorragende Geländegängigkeit und die breiten Ketten verhinderten ein Einsinken im weichen Boden.
Fred Beyer war sich ziemlich klar darüber, dass sein Panzer gegen die T 34 wohl nur wenig ausrichten konnte, es sei denn, er landete einen Glückstreffer. Den wenigen Panzer IV mit der Stummelkanone würde die Hauptlast bei der Abwehr des Angriffs zukommen und auch die Pak 38 könnten Erfolg haben. Auch dem Kompaniechef musste der Ernst der Situation bewusst sein, denn er zögerte den Feuerbefehl so lange heraus, bis die Russen auf 600 Meter herangekommen waren. Diese eröffneten das Gefecht aber schon aus mehr als 1.000 Metern. Einer der Panzer III brühte auf, die Männer booteten aus und suchten Deckung im Gelände. Die Pak 38 schossen wie wild, fast 10 Granaten verließen in einer Minute die Rohre. Zwei T 34 wurden getroffen, einer blieb stehen, der andere drehte sich mit ablaufender Kette auf der Stelle und wandte den Deutschen seine linke Seite zu. Auf dieses Fahrzeug konzentrierte sich der deutsche Granathagel und setzte den Panzer in Brand. Die anderen T34 kamen immer näher und schossen noch zwei deutsche Panzer ab. Die Kanone von Beyers Panzer feuerte ununterbrochen, aber wirksame Treffer gab es nicht. Er wunderte sich, dass die Russen sehr ungenau schossen aber sie gaben die Schüsse während der Fahrt ab und legten keinen Schießhalt ein. Außerdem war ihm bekannt, dass die Kommandanten der T34 gleichzeitig die Funktion des Richtschützen übernehmen mussten und ihnen damit der notwendige Überblick über die Lage auf dem Gefechtsfeld fehlte. Funkgeräte waren nicht an Bord, nur der Kompaniechef verfügte über so eine Anlage.