Edges Verstand - S.E. Smith - E-Book

Edges Verstand E-Book

S.E. Smith

0,0
6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

USA Today Bestseller! Lina Daniels ist es gewohnt Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Sie füchtet sich nicht vor dem Tod, aber sie hat Angst vor Gefangenschaft. Auf der Erde war sie eine Widerstandskämpferin und sich stets der Gefahren bewusst gewesen. Aber in dieser außerirdischen Welt, in der sie sich nun befindet, wirken alle die früheren Bedrohungen unbedeutend.
Edge erinnert sich kaum an seine Gefangennahme, aber an alles, was danach geschehen ist. Er spürt, wie sein Verstand langsam zerbricht, aber eine sanfte Stimme in der Dunkelheit drängt ihn durchzuhalten und dagegen anzukämpfen.
Linas Plan ist simpel: Sie will den mit Drogen betäubten Trivatorkrieger, der bis über den Rand des Wahnsinns hinaus gefoltert worden ist, befreien und zwingen, sie und die anderen Frauen zurück zur Erde zu bringen. Dabei kann so viel schiefgehen, aber es gibt keine andere Möglichkeit.
Die weltberühmte Autorin S.E. Smith präsentiert ein neues aufregendes Buch voller Leidenschaft und Abenteuer. Durch ihren einzigartigen Humor, die lebhaften Landschaften und die beliebten Charaktere wird dieses Buch garantiert ein weiterer Fan-Favorit!

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 348

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Edges Verstand

Die Allianz Buch 6

S.E. Smith

Danksagung

Ich danke meinem Mann Steve dafür, dass er an mich geglaubt hat und so stolz auf mich war, dass ich den Mut hatte, meinem Traum zu folgen. Ein besonderer Dank gilt außerdem meiner Schwester und besten Freundin Linda, die mich nicht nur zum Schreiben ermutigt, sondern auch das Manuskript gelesen hat; und auch meinen anderen Freundinnen, die an mich glauben: Maria, Jennifer, Jasmin, Rebecca, Julie, Jackie, Lisa, Sally, Elizabeth (Beth), Laurelle, und Narelle. Diese Mädels geben mir Kraft!

Und ein ganz besonderes Dankeschön an Paul Heitsch, David Brenin, Samantha Cook, Suzanne Elise Freeman, Laura Sophie, Vincent Fallow, Amandine Vincent, und PJ Ochlan – die wunderbaren Stimmen meiner Hörbücher!

—S.E. Smith

Edges Verstand, Die Allianz Buch 6

Copyright © 2021 bei Susan E. Smith

Erstveröffentlichung des E-Books auf EnglischApril 2018

Erstveröffentlichung des E-Books auf DeutschMai 2021

Umschlaggestaltung von: Melody Simmons und Montana Publishing

ALLE RECHTE VORBEHALTEN: Kein Teil dieses Buches darf ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung der Autorin auf irgendeine Art und Weise vervielfältigt werden, dazu zählen auch vollständige oder teilweise elektronische oder fotografische Vervielfältigungen.

Alle Charaktere und Ereignisse in diesem Buch rein fiktiv. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen oder tatsächlichen Ereignissen oder Organisationen sind rein zufällig und von der Autorin nicht beabsichtigt.

Zusammenfassung: Eine Menschenfrau würde alles tun, um zur Erde zurückzukehren. Dafür rettet sie sogar einen Trivatorkrieger – die Spezies, die für das Chaos auf der Erde verantwortlich ist.

ISBN: 9781955158657 (Taschenbuch)

ISBN: 9781955158640 (eBook)

Science Fiction Romance – Aliens | Romantic Comedy | Action Adventure Romance

Veröffentlicht von Montana Publishing, LLC

und SE Smith von Florida Inc. www.sesmithfl.com

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Epilog

Weitere Bücher und Informationen

Über die Autorin

Die wichtigsten Charaktere

Lina Daniels: Mensch – die Schwester von Tim Daniels

Tim Daniels: Mensch – Linas Bruder; Stellvertreter von Destin Parks

Destin Parks: Mensch – Anführer der Rebellen; verheiratet mit Jersula »Sula« Ikera.

Jersula »Sula« Ikera: Usoleeische Botschafterin auf der Erde

Gail Barber: Mensch: Ehemalige Polizistin in Chicago

Mirela Guinn: Mensch; Kellnerin und professionelle Kickboxerin

Mechelle Guinn: Mensch; Programmiererin für Videospiele und Schauspielerin

Bailey Reynolds: Mensch; Arzthelferin

Andy Curlman: Mensch; Mechanikerin für Dieselmotoren

Edge: Trivatorkrieger; Spezialist für Gefechte; Waffen, Fliegen von Raumschiffen und medizinische Erstversorgung nach Gefechten

Thunder: Trivatorkrieger; Spezialist für Spurensuche und Operationen hinter feindlichen Linien.

Vice: Trivatorkrieger; Spezialist für Spurensuche und Operationen hinter feindlichen Linien.

Jag: Kommandant eines trivatorischen Kriegsschiffes; Spezialist für militärische Manöver und Gefechte.

Razor: trivatorischer Kanzler, verantwortlich für das trivatorische Militär.

Hunter: trivatorischer Diplomat

Jesse Sampson: Mensch; Hunters Gefährtin

Kali Parks: Mensch; Razors Gefährtin

Jordan Sampson: Mensch; Daggers Gefährtin, hervorragende Hackerin

Dagger: Trivatorkrieger; Spezialist für Waffentechnik und Kampf

Prymorus Achler: Waxianer; Hauptanführer

Katma Achler: Waxianerin; Prymorus’ Gefährtin und frühere Kommandantin der waxianischen Streitkräfte

Deppar Achler: Prymorus’ Halbbruder, Oberherr des waxianischen Spaceports Oculus IX

Stitch: trivatorischer Arzt

Dakar (Adron) Mul Kar: kassisanischer Spion für die Kassisaner, arbeitet mit der Allianz zusammen

Übersicht

USA Today Bestseller! Lina Daniels ist es gewohnt Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Sie füchtet sich nicht vor dem Tod, aber sie hat Angst vor Gefangenschaft. Auf der Erde war sie eine Widerstandskämpferin und sich stets der Gefahren bewusst gewesen. Aber in dieser außerirdischen Welt, in der sie sich nun befindet, wirken alle die früheren Bedrohungen unbedeutend.

Edge erinnert sich kaum an seine Gefangennahme, aber an alles, was danach geschehen ist. Er spürt, wie sein Verstand langsam zerbricht, aber eine sanfte Stimme in der Dunkelheit drängt ihn durchzuhalten und dagegen anzukämpfen.

Linas Plan ist simpel: Sie will den mit Drogen betäubten Trivatorkrieger, der bis über den Rand des Wahnsinns hinaus gefoltert worden ist, befreien und zwingen, sie und die anderen Frauen zurück zur Erde zu bringen. Dabei kann so viel schiefgehen, aber es gibt keine andere Möglichkeit.

Die weltberühmte Autorin S.E. Smith präsentiert ein neues aufregendes Buch voller Leidenschaft und Abenteuer. Durch ihren einzigartigen Humor, die lebhaften Landschaften und die beliebten Charaktere wird dieses Buch garantiert ein weiterer Fan-Favorit!

Kapitel 1

Spaceport: Oculus IX – Tief im von Waxianern kontrollierten Territorium.

Grausames Gelächter bohrte sich in Edges Bewusstsein. Er hatte gegen die Dunkelheit ankämpfen wollen, aber sie war zu einem angenehmen Zufluchtsort vor dem konstanten Schmerz geworden, der seinen Körper auseinanderzureißen drohte. Auch wenn ihn seine eigene Schwäche beschämte, war Edge sich dennoch bewusst, dass er jede noch so kurze Unterbrechung bereitwillig begrüßen würde, wenn sie ihm Erleichterung von den Höllenqualen verschaffte, die seinen Geist und Körper zerrissen. Nach dem unbarmherzigen Verhör, das er soeben überlebt hatte, hatte er das Gefühl, dass sein Kopf gleich explodieren würde.

Er war sich nicht sicher, ob »überlebt« das richtige Wort war. Sein Geist war zersplittert und seine Gedanken überschlugen sich so schnell, dass ihm übel wurde. Sobald ein Gedanke sich zu formen begann, wurde er, wie in einem Kaleidoskop aus Farben, von einem anderen abgelöst, bis Edge sich nur noch schwach und desorientiert fühlte. Was auch immer das für Drogen waren, die seine Kidnapper ihm dieses Mal verabreicht hatten, viel hatte nicht mehr gefehlt, um die minimale Kontrolle, die er noch über seinen Geist hatte, zu brechen.

»Hast du gesehen, wie er dieses Mal aus der Nase geblutet hat? Ich schwör’s dir, ich konnte fast riechen, wie das Gehirn von diesem Bastard gebrutzelt hat«, lachte der Wachmann, der ihn am linken Arm festhielt.

»Wir haben echt Glück gehabt, dass Deppar uns befohlen hat, ihn doppelt zu fesseln, sonst wären wir jetzt alle tot«, erwiderte der Wachmann auf der rechten Seite.

»Was redest du da? Ich habe dieses Mal nur darauf gewartet, dass er anfängt, wie ein Baby zu weinen«, gab der erste Wachmann lachend zurück.

»Ich hoffe, dir ist klar, dass er dich als Erstes töten wird, falls er sich jemals befreien kann«, brummelte der zweite Wachmann. »Mach seine Zellentür auf.«

Edge hörte, wie ein weiterer Wachmann leise etwas murmelte, dann erfüllte das kreischende Geräusch von Metall gegen Stein die Luft. Ein Stöhnen vermischte sich mit diesem Geräusch. Es dauerte eine Weile, bis Edge begriff, dass es von ihm kam. Jedes Geräusch verstärkte sich in seinem Kopf und verursachte einen scharfen, qualvollen Schmerz, der immer wieder innen an seinem Schädel abprallte.

»Er sabbert«, gluckste der erste Wachmann. »Als Nächstes pinkelt er sich noch in die Hose. Er kann noch nicht einmal seinen Kopf heben oder seine Spucke im Mund behalten. Glaubst du wirklich, er könnte gegen mich ankommen?«

»Ich habe gehört, dass Deppar genug von ihm hat«, sagte der Wachmann bei der Zelle, während die beiden anderen Wachmänner Edge durch die Tür schleiften und ihn in der Zelle auf den Boden fallen ließen. »Angeblich lässt er jemand anderes kommen, um die Informationen aus ihm herauszubekommen. Ich habe gehört, dass ein anderer Waxianer alles herausfinden will, was der Gefangene über die trivatorischen Truppen und ihre Technologie weiß. Dieser Waxianer soll wohl mit den Drethulanern zusammenarbeiten. Wenn das wirklich stimmt, ist er ein verrückter Bastard. Ich würde mich nicht einmal gegen Bezahlung mit einem Drethulaner abgeben und ich glaube kaum, dass dieser Trivator lange überleben wird, wenn sie ihn erstmal in die Hände bekommen haben.«

»Was könnte der Trivator wissen? Er ist schon viel zu lange in Gefangenschaft, als dass er irgendwelche aktuellen und nützlichen Informationen haben könnte. Wenn du mich fragst, hätten dieser andere Waxianer oder der Drethulaner ihn erwischen sollten, bevor er an die Minen verkauft wurde«, erwiderte der erste Wachmann und spuckte neben Edges Kopf auf den Boden. »Nach der Arbeit in den Minen und den Drogen, die Deppar ihm verabreicht hat, ist bei dem Bastard nicht mehr viel Gehirn übrig, das verhört werden könnte. Deppar sollte den großen Bastard besser jetzt töten, bevor er sich noch befreien kann.«

»Nun, ich habe dich aber nicht gefragt«, brummelte der zweite Wachmann, während er die Zelle verließ. »Du bist nur ein einfacher Krieger und einfache Krieger tun, was man ihnen befielt. Wenn du nicht nur Geld verdienen, sondern auch lange genug leben willst, um es auch ausgeben zu können, halt lieber die Klappe. Nun komm schon, ich brauch was zu essen.« Die Zellentür schloss sich dröhnend und das Geräusch des Riegels hallte durch den schmalen Korridor. »Da fällt mir ein, Deppar hat gesagt, dass der Gefangene weder zu essen noch zu trinken bekommen soll. Er will ihn für den Besuch des Waxianers so weit wie möglich schwächen«, informierte der zweite Wachmann den Zellenwächter.

»Ich habe ihm eh nichts zu essen gegeben. Wir kriegen hier selbst nicht genug, darum habe ich alles gegessen, was hierhergekommen ist. Schmeckt sowieso alles scheiße«, murrte der Zellenwächter.

Edge rollte sich in der engen, dunklen Zelle herum, währen die Wachmänner sich weiter unterhielten. Ein Schauder durchfuhr ihn, als die toxischen Überreste der Drogen, die der Waxianer in ihn hineingepumpt hatte, aus seinen Poren strömten. Er kämpfte gegen den Brechreiz an. Das Zittern seines Körpers verstärkte sich, als die Kälte des Zellenbodens in seine schweißnasse Haut drang.

»Göttin, lass mich sterben«, flüsterte Edge und hoffte, dass sie barmherzig war und ihm diesen Wunsch erfüllte.

»Einen Teufel werde ich tun. Du kannst doch nicht sterben, wo ich dich gerade gefunden habe, Trivator. Ich brauche dich lebendig«, antwortete eine sanfte Stimme.

Lina Daniels spähte durch die schmalen Öffnungen zwischen den Gittern dicht über dem dreckigen Boden der Zelle. Von dem Augenblick an, als sie mitangehört hatte, wie zwei Männer auf dem Markt über einen Trivator gesprochen hatten, war sie auf der Suche nach dem außerirdischen Krieger gewesen. Sie hatte nur einen Tag gebraucht, um zu entdecken, wo er gefangen gehalten wurde, dann fast eine weitere Woche, um herauszufinden, wie sie am besten in das Gebäude hinein und wieder herauskommen konnte. Auf keinen Fall wollte sie sich in der gleichen Zelle wie er wiederfinden, oder aber als Hauptgericht für die Alienbastarde enden, die ihn gefangen hielten.

Dieses Loch, was sie Zelle nannten, war für heute das Letzte auf ihrer Checkliste gewesen. Nach jeder Zelle hatte sie mit leeren Händen zurückkehren müssen, und diese hier war auch leer gewesen. Sie hatte schon aufgeben wollen und sogar begonnen, wieder durch den Abflusskanal zurückzukriechen, als sie plötzlich Schritte näherkommen hörte und die Stimme des Mannes vom Markt wiedererkannte.

Sie hielt die Luft an und wartete, um zu sehen, was sie vorhatten. Ihre Geduld wurde belohnt, als die Tür sich öffnete. Der Mann, nach dem sie gesucht hatte, wurde an den Armen hereingeschleift. Sie beobachtete mit einer Mischung aus Zufriedenheit und Abscheu, wie sie ihn zu Boden fallen ließen.

Der Mann war definitiv ein Trivator! Sie studierte ihn, während die Wachmänner sich unterhielten. Persönlich war es ihr scheißegal, was seine Spezies oder die Regierung der Erde über die außerirdische Antwort auf die Signale, die von der Erde ins All gestrahlt worden waren, gesagt hatten. Ihrer Meinung nach hatten die Trivatoren und die Allianz die Erde überfallen.

Die daraus resultierenden Folgen waren für die Menschen verheerend gewesen. Innerhalb weniger Stunden war ihr Leben und die Leben Millionen anderer Menschen zur Hölle geworden. Seit diesem unvergesslichen Tag vor zehn Jahren hatte sie jeden Tag damit verbracht, für die Freiheit ihrer Mitmenschen – sowohl von den Aliens als auch von anderen Menschen – zu kämpfen.

Es war nicht gerade eine große Hilfe, dass die Erinnerungen daran, von jemandem ihrer eigenen Spezies verkauft worden zu sein, ihren Mund mit einem bitteren Geschmack füllten. Sie wollte zur Erde zurückkehren, damit sie Colbert Allen umbringen konnte. Wen scherte es, dass Rache eine schlechte Idee war? In ihrem Leben hatte sie schon so manche schlechte Idee gehabt, also würde sie mit den Konsequenzen dieser hier genauso umgehen, wie sie es schon immer getan hatte: mit einem Kampf.

Lina knirschte mit den Zähnen, um den Fluch zu unterdrücken, der ihr über die Lippen wollte. Sie hatte Lust, den drei Wachmännern zu sagen, sie sollten mit ihrem sadistischen Gelaber aufhören und endlich abhauen. Jetzt, da sie gefunden hatte, wonach sie gesucht hatte, gab es jede Menge für sie zu tun.

Das wurde aber verdammt noch mal auch Zeit, dachte sie wild, als die Tür sich endlich hinter dem sadistischen Trio schloss.

Erneut richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf den Mann in der Zelle und beobachtete, wie er sich herumdrehte, bis sein Gesicht der Wand – und somit ihr – zugewandt war. Die grimmige Genugtuung, die sie aufgrund des Erfolges bei ihrer Mission erfüllt hatte, wurde von einem Schlag in die Magengegend ersetzt, als sie ihn plötzlich wiedererkannte. Dunkle, schmerzhafte Erinnerungen drohten sie zu ersticken. Blut, Schmerz und Verzweiflung durchfluteten sie, als sein Anblick eine Erinnerung heraufbeschwor, die sie in die Vergangenheit zurückkatapultierte und in der er über einem leblosen Körper stand.

Tief erschüttert schloss sie einem Moment ihre Augen und atmete tief durch. Hier war kein Platz für ihre persönlichen Gefühle. Ob es ihr gefiel oder nicht, sie brauchte diesen Mann, egal wer er war, oder welche schmerzvollen Erinnerungen er in ihr erweckte.

Nachdem sie die Galle, die in ihr aufgestiegen war, wieder heruntergeschluckt hatte, konzentrierte sie sich wieder auf ihre Mission. Hier ging es nicht um sie. Wenn dem so gewesen wäre, hätte sie womöglich der Versuchung nachgegeben, dem Waxianer beim Töten des Trivators zu helfen.

Wenigstens wäre ich dabei barmherziger als der Waxianer, überlegte sie. Möglicherweise werde ich es ja doch tun müssen, falls er nicht weiß, wie man ein Raumschiff fliegt, dachte sie.

»Göttin, lass mich sterben«, murmelte er.

Lina erstarrte, als sie sein kaum hörbares Murmeln vernahm. Ein überraschender Zorn fegte durch sie hindurch, anders als alles, was sie jemals zuvor gefühlt hatte. Nun, fast alles. Die letzte kleine Dosis überwältigenden Zorns hob sie für Colbert Allen auf. Dennoch hatten die Worte auf sie den gleichen Effekt wie Öl ins Feuer zu gießen. Sie ignorierte die Tatsache, dass sie nur eine Sekunde zuvor daran gedacht hatte, ihn zu töten.

»Einen Teufel werde ich tun. Du kannst doch nicht sterben, jetzt wo ich dich gerade gefunden habe, Trivator. Ich brauche dich lebendig«, zischte Lina.

In der Dunkelheit konnte sie gerade so sehen, dass sein Körper sich vor Überraschung versteifte. Eine Reihe von Flüchen murmelnd tastete Lina ihre Hosentaschen ab. Sie fasste hinein, zog eine kleine rote Lampe heraus und schaltete sie ein. Als sie damit zwischen den Gittern hindurchleuchtete, konnte sie zum ersten Mal einen ordentlichen Blick auf das Gesicht des Trivators erhaschen.

Sie atmete tief und unregelmäßig, während Vergangenheit und Gegenwart erneut in ihrem Geist miteinander kollidierten. Zwei Dinge weckten sofort ihre Aufmerksamkeit. Erstens sah er echt übel zugerichtet aus. Zweitens wurde sie von einer Welle des Mitgefühls überrascht, als sie den Schmerz sah, der sich in seine Gesichtszüge gefressen hatte.

»Du warst auf der Erde«, konstatierte sie, nicht sicher, was sie sonst sagen sollte.

»Ja«, war seine heisere Antwort.

»Kannst du diese Raumschiffe fliegen, die sie hier haben?«, fragte sie eindringlich und zwang ihn dazu, sie anzusehen, als sein Kopf begann nach hinten zu rollen.

»Ja«, antwortete er.

Linas Lippen kräuselten sich und sie verstärkte ihren Griff um die Lampe. Sie atmete erneut tief ein und wünschte sich nichts mehr, als seinen Arsch einfach hier lassen zu können. Aber was sie anging, hatten seine Antworten sein Schicksal besiegelt. Er wusste, wo die Erde war, und er konnte fliegen. Sie brauchte ihn lebendig.

»Ich bin bald zurück. Wag es nicht, in der Zwischenzeit zu sterben oder dich töten zu lassen«, befahl sie.

Sie rutschte wieder in den Abflusskanal, wohlwissend, dass ihr nicht viel Zeit blieb. Außerdem würde sie Hilfe brauchen. So ungern sie auch die Leben der anderen Frauen, die mit ihr zusammen geflohen waren, in Gefahr bringen wollte, so hatte sie doch keine Wahl. Sie konnte diesen Kerl schließlich nicht allein herausschleppen, und er machte nicht den Eindruck, als könne er allein laufen, geschweige denn rennen.

Vorsichtig nahm sie den gleichen Weg zurück, den sie gekommen war. Im Geiste passte sie ihre Pläne an, um den Krieger aus dem Gebäude zu schaffen. So schwierig dies auch sein mochte, noch mehr Gedanken machte sie sich darüber, was sie tun sollte, wenn er erst einmal draußen war. Dort, zusammen mit dem Rest der Bewohner des Spaceports, gab es einfach allzu viele Variablen und nicht allzu viele Möglichkeiten, sich auf diesem kleinen Mond mitten im Weltall zu verstecken.

Kapitel 2

»Bist du dir sicher, Lina? Was passiert, wenn er uns angreift?«, fragte Bailey und kaute auf ihrer Unterlippe.

»Natürlich ist sie sich sicher! Lina weiß immer, was zu tun ist«, entgegnete Mirela, bevor sie eine Grimasse schnitt und leise hinzufügte: »Meistens.«

»Haha«, erwiderte Andy, lehnte sich gegen die Wand und streckte ihre Beine aus. »Wie lautet der Plan, Chefin?«

Fünf Gesichter wandten sich erwartungsvoll Lina zu. Gail und Mechelle, Mirelas Zwillingsschwester, saßen schweigend da und dachten über das nach, was Lina soeben allen erzählt hatte. Gail war die Älteste von allen, während Mechelle die Jüngste war, wenn auch nur fünf Minuten jünger als ihre Schwester.

»Seine Verletzungen ändern den eigentlichen Plan kaum. Wir holen ihn raus, flicken ihn so gut wir können zusammen und zwingen ihn dann, uns nach Hause zu bringen«, sagte Lina.

»Na, klingt ja wie ein Kinderspiel«, erwiderte Mirela und verdrehte ihre Augen.

Gail kicherte. »Pass auf, Mirela. Sonst wirst du diejenige sein, die diesen Trivatoren an den Füßen heraustragen muss«, warnte sie.

Mirela warf ihren Kopf zurück. »Um einen von diesen Kerlen herauszutragen, braucht es uns alle. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich erinnere mich sehr gut daran, wie groß sie sind und muskulös und …«

»… süß«, warf Mechelle ein und versuchte, nicht zu grinsen.

Mirela bedachte ihre Zwillingsschwester mit einem Blick. »Ich habe nie behauptet, dass ich sie süß finde«, zischte sie.

Mechelle schmunzelte. »Nein, das hast du nicht. Du hast gepfiffen und gesagt …«

»Genug«, unterbrach Lina sie. »Zurück zum Thema, wie wir ihn aus der Zelle, an den Wachmännern vorbei, aus dem Gebäude hinaus und den Schacht herunterkriegen, ohne dass der ganze Spaceport uns dabei zuschaut«, befahl Lina in einem leicht genervten Ton.

Andy lehnte sich vor und stützte die Ellbogen auf ihren Knien ab. Lina wusste sofort, wann den anderen Frauen plötzlich klar wurde, dass das hier wahrscheinlich ihre einzige Möglichkeit sein würde, jemals wieder nach Hause zu kommen. Bisher hatten sie Glück gehabt, aber ihr Glück würde nicht ewig andauern. Von den achtzehn Frauen, die entführt worden und von der Erde verschleppt worden waren, waren sie die Einzigen, denen die Flucht gelungen war.

»Wir sind ganz Ohr«, sagte Andy mit ruhiger Stimme.

Lina betrachtete die hoffnungsvollen und entschlossenen Gesichter um sich herum. Zusammen hatten sie viel erlebt, sowohl Gutes als auch Schlechtes, aber sie hatten überlebt. Lina atmete tief durch und deutete allen, sich um sie herum in einem Kreis zu versammeln. Sie kniete nieder und benutzte den Staub auf dem Boden als Zeichenbrett.

»Das Ganze wird so ablaufen«, sagte sie mit entschlossener Stimme. »Ich bin nicht sicher, ob er laufen kann, also brauche ich die Hilfe von einer von euch.«

»Ich mach das«, meldete sich Andy sofort.

Lina nickte. »Mechelle, ich will, dass ihr am Eingang zu den Tunneln bereitsteht. Wir müssen und beeilen und dann ganz schnell verschwinden. Mirela, du und Bailey müsst mit einem Handwagen mit Verdeck bereitstehen.«

Mirelas Gesicht verdunkelte sich für eine Weile, bevor sie nickte. »Ich kenn da ein paar Orte, wo ich einen ausleihen kann«, antwortete sie und zeichnete beim Wort ausleihen Anführungszeichen in die Luft.

»Wo sollen wir zu euch stoßen?«, fragte Bailey, die sich nach vorne lehnte, um auf die grobe Skizze des Gebäudeinneren zu starren.

»Das Gebäude gegenüber steht leer. Was auch immer dort produziert wurde, es gibt dort jedenfalls noch einen Schacht. Der Schacht ist auf der anderen Seite des Gebäudes. So bin ich hinein und wieder herausgekommen. Ich habe einen Metallbalken von einem Dach zum anderen gelegt und bin so rüber. Ich schätze, da dies ein Spaceport ist, rechnet niemand damit, dass jemand von oben kommt. Wie dem auch sei, auf dem Gebäude gibt es keine Wachmänner, da es leer steht, und auf dem anderen Dach sind auch keine«, erklärte Lina, damit alle Bescheid wussten, auch diejenigen, die noch nicht in die Details ihrer Erkundungstouren eingeweiht gewesen waren.

»Wie sieht es mit Kameras aus?«, fragte Gail.

Lina schüttelte den Kopf. » Ich habe keine entdecken können. Es wirkt so, als ob sie einfach eingezogen wären, ohne sich großartig um die Sicherheit zu kümmern, außer einen Haufen trotteliger Wachmänner anzuheuern. Der Chef hier ist ein Waxianer und verdammt gruselig. Ich habe gesehen, wozu er in der Lage ist. Es überrascht mich, dass überhaupt irgendjemand dumm genug ist, um für ihn zu arbeiten. Mir scheint, die Lebenserwartung eines Wachmannes ist nicht besonders hoch, wenn er seinen Job vermasselt«, erklärte sie mit einem Ausdruck von Ekel auf ihrem Gesicht.

»Bei Gott, ich hasse die Waxianer. Schwieriger zu töten als die Armatrux«, ächzte Andy.

»Ja, ich glaube, da sind wir alle einig«, erwiderte Gail.

Lina nickte und fuhr fort. »Der Schacht führt zu einem leerstehenden Bereich auf der oberen Etage des Gebäudes. Nachdem ich auf dem anderen Gebäude war, habe ich die Lüftungs- und Abwasserschächte benutzt. Wie dem auch sei, der Schacht endet in einer schmalen Sackgasse, die nur in Richtung des Hauptmarktplatzes führt. Es ist eine dunkle und heruntergekommene Gegend. Stellt den Karren unter den Schacht und haltet euch versteckt. Andy und ich holen ihn aus dem Gebäude heraus, bringen ihn in die obere Etage hier und schieben seinen Arsch durch den Schacht. Er fällt dann in den Karren, wir kommen nach, ihr deckt ihn zu und geht ganz ruhig weiter, über den Markt, während wir für Deckung von den Seiten sorgen. Das Ganze machen wir während der Rushhour, wenn auf dem Markt Chaos herrscht, was in sechs Stunden sein wird«, wies Lina an.

»Was soll ich tun?«, fragte Gail.

Lina lächelte und nickte in Richtung des Blasters, den Gail an ihrer Seite trug. »Du operierst verdeckt. Ich brauche dich, damit du uns den Rücken freihältst. Lass dich zurückfallen und halte die Augen auf. Wenn diese waxianischen Bastarde bemerken, dass wir ihr goldenes Ei gestohlen haben, werden sie ganz schön angepisst sein. Du bist von uns allen die beste Schützin, besonders auf Distanz. Falls wir entdeckt werden, musst du sie ausschalten«, sagte Lina mit einem grimmigen Ausdruck.

»Ich werde sie nicht verfehlen«, versprach Gail.

»Ich habe eine Frage«, sagte Mechelle und sah sie mit gerunzelter Stirn an.

»Und die wäre?«, fragte Lina.

Mechelle rieb sich das Kinn. »Wenn er nicht laufen kann, wie willst du ihn dann über einen Metallbalken fast fünf Stockwerke über dem Boden kriegen?«, fragte sie.

Lina hatte gehofft, dass niemand dieses kleine Detail bemerken würde. Sie blickte zu Andy, die mit den Schultern zuckte. Irgendwie würden sie ihn schon auf die andere Seite bekommen. Linas Blick streifte die Tasche in der Ecke.

»Bailey, was für Medikamente hast du, die uns helfen könnten?«, fragte Lina ruhig.

Schmerz strahlte durch Edges Arme. Seine Wachmänner hatten sie ihm hinter dem Rücken gefesselt. Das Unbehagen hatte ihn schließlich aus seinem ruhelosen Halbschlaf gerissen. Sein Kopf tat noch immer weh, aber der Schmerz war zu dem monotonen Pochen geworden, mit dem er jetzt schon seit mehreren Monaten lebte.

Sein Körper war steif, nachdem er stundenlang auf dem kalten Boden gelegen hatte. Sein Verstand sagte ihm, dass er sich aufsetzen sollte, aber er hatte keine Kraft dazu. Er ließ seine Augen geschlossen. In der Dunkelheit machte es keinen Unterschied. Er konnte sehen, aber es gab nichts zu sehen, außer den schattenhaften Kreaturen, die in seinem Geist und entlang der Wand tanzten.

Hinter seinem Rücken bewegte er seine Finger und versuchte, sich aufs Zählen zu konzentrieren. Er konnte fühlen, wie die Klauen des Biestes, das sie dieses Mal in sein Blut gegeben hatten, an ihm kratzten. Schweiß perlte auf seiner Stirn, trotz der Kälte.

Das Feuer erhitzte ihn von innen und er begann wieder zu zittern. Seine Reaktion auf die Drogen wurde schlimmer. Er riss in dem Versuch, das Unbehagen zu lindern, an seinen Fesseln. Während das Feuer zu einem fiebrigen Inferno wurde, drehte er sich und mühte sich ab, bis er schließlich auf den Knien saß.

Edge begann zu zittern und zu schwitzen, bis eine dünne Schweißschicht seinen ganzen Körper bedeckte. Auf seiner Haut krabbelten imaginäre Insekten. Ein qualvolles Stöhnen entfuhr ihm, als er das Gefühl bekam, lebendig verspeist zu werden. In seinem Gehirn begann erneut ein Feuerwerk zu explodieren und Farben blitzen in einer Übelkeit erregenden Geschwindigkeit auf.

Nach Luft schnappend lehnte er sich nach vorne und legte seine Stirn auf den kalten Boden. Er kniff die Augen zusammen, um die brennenden Tränen zurückzuhalten. Er war dabei zu sterben. Er konnte es spüren. Aber er durfte nicht. Die Stimme … Die Stimme hatte ihm gesagt, dass er es nicht dürfe. Sie brauchte ihn. Sie hatte ihn gefunden und sie brauchte ihn.

Wer hatte ihn gefunden?, verlangte ein weiterer Teil seines Verstandes zu wissen.

Meine Amate, antwortete der andere Teil.

Edge wusste, dass seine Verbindung zur Realität nun wirklich gekappt war. Da war keine Stimme gewesen, die auf seine Bitte an die Göttin um den Tod geantwortet hatte. Es war eine grausame Täuschung gewesen. Die Stimme war nur ein weiterer Trick gewesen, um seine Stärke auf die Probe zu stellen.

Er richtete sich auf und öffnete seine Lippen, um seinen Widerspruch herauszurufen. Er würde den Waxianern niemals geben, was sie wollten. Er war ein Trivatorkrieger und lieber tot als ehrlos.

»Bleib, wo du bist«, befahl eine weibliche Stimme.

Das Geräusch durchbrach die Verwirrung und beruhigte das Chaos. Ein Schauder durchfuhr Edge und er öffnete seine Augen. An der gegenüberliegenden Wand konnte er die Insekten verschwinden sehen, die zuvor über seinen Körper gekrabbelt waren.

»Ich schwöre bei der Göttin, dass ich Widerstand leisten werde«, flüsterte er. »Ich werde wie ein Krieger sterben.«

Ein kaum hörbares Seufzen ließ ihn seine Stirn runzeln. »Naja, dann sag mal deiner Göttin, dass sie mit deinem Ableben noch etwas warten muss, Süßer. Solange ich hier das Sagen habe, stirbst du heute nicht. Jetzt beweg deinen Arsch an die Wand hinter dir, damit ich versuchen kann, ob ich diese verdammten Fesseln losbekomme. Das wird aus diesem Winkel verdammt schwierig«, befahl die Stimme.

Edge neigte seinen Kopf zur Seite. Seine Falten auf seiner Stirn wurden tiefer, so wie auch seine Verwirrung. Er schüttelte seinen Kopf, was prompt einen Schwindelanfall auslöste. Er ließ sich nach hinten fallen, grunzte und streckte seine Beine aus, während er seinen Kopf gegen die Wand hinter sich lehnte.

»Warum testest du mich so?«, fragte er und schloss erneut die Augen.

Als Antwort bekam er ein leichtes Schnauben. »Willkommen in unserer Welt, Süßer. Im Leben geht es nur ums Testen – wer besteht und wer versagt komplett«, antwortete die Stimme. »Kannst du laufen?«

Edge wollte gerade antworten, als er eine Bewegung an seiner Haut spürte. Ein Schauder lief durch ihn und er begann sich auf die Seite zu legen, als er merkte, wie sich schlanke Finger um sein linkes Handgelenk schlangen.

Wärme durchströmte ihn. Es war nicht die gleiche Hitze, wie er sie noch vor ein paar Minuten verspürt hatte, sondern eine beruhigende Wärme, die die Insekten verscheuchte.

»Göttin?«, flüsterte Edge ehrfürchtig.

Dieses Mal bekam er ein Kichern als Antwort. »Schätzchen, du kannst mich nennen, wie du willst, solange ich nicht deinen Arsch hier hinaustragen muss. Das würde mein Leben ungemein erleichtern. Möglicherweise könnte dieser hirnrissige Plan dann sogar eine Chance auf Erfolg haben. So wie es momentan aussieht, werden wir aber wahrscheinlich schon bald mit deiner Göttin anstoßen«, gab die Stimme zurück.

»Ich weiß nicht, ob die Göttin trinkt oder isst«, antwortete Edge und spürte, wie etwas an seinen Handgelenken zog.

»Nun ja, dann muss ich halt dafür sorgen, dass wir ein paar Kisten Bier mitbringen«, murmelte die Stimme, bevor sie eine Reihe von Flüchen ausstieß, woraufhin Edge erstaunt seine Augen öffnete.

»Deine Sprache ist recht farbenfroh«, bemerkte er.

Erneut vernahm er ein leichtes Kichern hinter sich. »Ja, das hat man mir schon öfter gesagt«, antwortete sie.

Die plötzliche Befreiung seiner Arme überraschte ihn. Langsam legte er sie um sich und zuckte zusammen, als seine Muskeln protestierten. Er beugte seine Ellbogen und rotierte seine Schultern, bis das Gefühl in seine Arme zurückkehrte. Während er seine Finger beugte und streckte, drehte er sich plötzlich herum, bis er auf dem Boden lag und die Wand anblickte.

Ein kleines rotes Licht leuchtete in dem Loch, wo zuvor Gitterstäbe gewesen waren. Er kräuselte seine Oberlippe und knurrte. Falls der Waxianer gedacht hatte, dass er seinen Willen brechen könnte, indem er ihm Hoffnung gab, hatte er sich gründlich getäuscht.

»Nun, schnell bist du immer noch, aber das beantwortet nicht meine Frage von vorhin«, zischte die Stimme.

Edge versuchte, einen Blick auf das Gesicht in dem tiefen Loch zu erhaschen, aber das rote Licht schien ihm in die Augen. Ein leises Grollen ließ seinen Körper erzittern. Er wollte in das Loch greifen und die Person am Nacken herausziehen, wer auch immer sie war.

»Welche Frage?«, verlangte Edge zu wissen, während er seine Hände zu Fäusten ballte.

Das rote Lichte schwankte für einen kurzen Augenblick und Edge konnte die feinen Züge eines sehr femininen Gesichts erkennen. Die Frau starrte zurück, so als ob sie ebenfalls seine Gesichtszüge studieren wollte. Ihre braunen Augen schauten tief in seine und fochten einen stillen Kampf aus.

»Kannst du laufen?«, fragte sie.

»Ja«, sagte er und hoffte, dass es stimmte.

Ihre Lippen verzogen sich zu einem schwachen Lächeln. »Das wird reichen, obwohl es besser wäre, wenn du auch rennen könntest. Geh davon aus, dass wir in zehn Minuten Gesellschaft bekommen«, antwortete sie und schaltete das Licht aus.

Edge hörte ein leichtes, kratzendes Geräusch auf der anderen Seite der Wand. Unsicher, ob er sich das Ganze nur eingebildet hatte, streckte er seine Hand aus und schob sie in die Öffnung und tastete so weit, wie er nur kam auf der anderen Seite herum.

Dann zog er seine Hand zurück und drückte sich langsam hoch, bis er wieder in einer sitzenden Position war. Sein Blick wanderte über seine Arme, während er mit seinen Fingern die groben Linien an seinen Handgelenken, wo zuvor die Fesseln gewesen waren, nachzeichneten. Er hob die Fesseln aus Metall mit der linken Hand auf und umfasste sie fest.

Kannst du laufen? Kannst du laufen? Kannst du laufen?

Ihre Worte hallten in seinem Kopf nach. Unsicher legte er seine freie Hand gegen die Wand und stemmte sich hoch. Seine Beine zitterten und er fiel gegen die glatte Wand seiner Zelle. Mit zusammengebissenen Zähnen zwang er seine Beine dazu, sich zu strecken, bis er schließlich stand.

Kapitel 3

Eine Welle der Übelkeit spülte über Edge hinweg und drohte, ihn zurück auf den Boden zu befördern. Wieder war seine Haut schweißbedeckt und er konnte die Insektenbeine auf seinem Körper krabbeln spüren. Der Magen drehte sich ihm um.

Er hielt seinen Kopf aufrecht, fokussierte auf die andere Seite seiner engen Zelle. Bis dorthin waren es drei Schritte. Drei Schritte könnte er schaffen. Er öffnete seine Lippen und fuhr mit der Zunge darüber.

Los, befahl er seinem Körper. Beweg dein Bein.

Sein Körper weigerte sich, seinem mentalen Kommando Folge zu leisten. Der Schweiß begann kleine Bächen zu bilden und tropfte von seinen Schläfen hinab auf seine Schultern. Das Metall der Handfesseln, die er fest in seiner linken Hand hielt, begann sich in seine Haut zu schneiden.

Los, befahl er erneut.

Dieses Mal bewegte sich sein Bein, ruckartig und unkontrolliert. Sich mit einer Hand immer noch an der Wand abstützend schluckte er und gab noch einmal den gleichen Befehl. Seine Schritte waren ruckartig und unsicher, wie die eines Babys, das gerade Laufen lernt. Er schaffte zwei Schritte, bevor er drohte umzukippen. Schnell streckte er seine Arme aus, um sich mit den Händen an der Wand gegenüber abzustützen.

Sein Kiefer schmerzte, so sehr hatte er die Zähne zusammengebissen. Er verspürte den Drang, seine Hände von der Wand zu lösen. Die Insekten kamen wieder aus dem Metall gekrabbelt. Ein Teil seines Verstandes sagte ihm, dass sie nicht existierten, aber seine Augen konnten sie sehen und seine Haut die Berührungen spüren. Der Schweiß rann jetzt an ihm hinab und er begann zu zittern.

Geh davon aus, dass wir in zehn Minuten Gesellschaft bekommen.

Jemand war auf dem Weg hierher. Dieser Gedanke sandte eine erneute Welle der Panik und der Wut durch ihn hindurch. War die Frau wirklich dagewesen? War sie Teil des Plans des Waxianers, um Informationen aus ihm herauszubekommen?

»Laufen«, murmelte er verzweifelt. »Ich muss laufen können. Sie will meinen Arsch nicht hier hinaustragen müssen.«

Er drehte sich um und zwang seinen Köper dazu, auf ihn zu hören, obwohl die Zahl der Insekten sich verdoppelte und dann vervierfachte. Bald hatte er das Gefühl, als ob er durch ein Meer von Insekten watete. Sie krabbelten seine Beine herauf. Sie wurden immer mehr, bis sie ihm bis zu den Knien reichten. Sein Atem ging immer unregelmäßiger. Er konnte sein Herz heftig schlagen hören, bis er sich sicher war, dass es gleich explodieren würde.

Er drehte seinen Kopf, als er einen gedämpften Laut auf der anderen Seite der Tür hörte. Ihm folgte ein dumpfer Schlag. Zitternd hielt er immer noch die metallenen Handfesseln fest und wich von der Tür zurück und gegen die Wand. Blinzelnd klärte er seine Sicht, biss die Zähne zusammen und wartete.

Das Rasseln von Metall auf Metall und das Geräusch eines Schlüssels im Schloss hallte laut in seinem Kopf. Sogar seinen eigenen Atem zu hören, bereitete ihm großes Unbehagen.

Edge bereitete sich auf das vor, was gleich durch die Tür kommen würde. Er weigerte sich, kampflos unterzugehen. Dieses Mal würde ihn nichts aufhalten, keine Insekten, keine Explosionen in seinem Geist, kein Zittern und keine körperliche Schwäche, noch nicht einmal die plötzliche Präsenz einer imaginären Göttin, die ihm Hoffnung versprach. Es war an der Zeit diesen Albtraum ein für alle Mal zu beenden.

Langsam öffnete sich die Tür und in dem Licht dahinter konnte er eine Person erkennen, die sich gegen das Gewicht der Tür stemmte. Edge wartete, während der Schweiß an seinem zitternden Körper hinablief, und er seine einzige Waffe so fest umklammerte, dass er fühlen konnte, wie warmes Blut von seiner aufgerissenen Handfläche zu seinen Handgelenken lief.

»Verdammter Mist! Kann man diese Türen nicht noch schwerer machen?«, murrte die Stimme einer Frau.

»Beeil dich einfach, Lina. Du hast zwar gesagt, dass sie hier keine Kameras haben, aber ich würde mich trotzdem viel besser fühlen, wenn wir hier schon raus wären«, erwiderte eine andere weibliche Stimme.

»Hab’s … gleich«, grunzte Lina.

Ungläubig beobachtete Edge, wie sich die Tür weit genug öffnete, dass die Person hereinkommen konnte. Seine Pupillen verengten sich aufgrund des Lichts. Er stieß sich von der Wand ab und erhob seinen Arm, während er auf die Person zuging, deren Silhouette in der Tür erschienen war.

»Pass auf!«, warnte die Frau hinter der Göttin.

»Du Mistkerl! Zwing mich nicht dazu, dich bewusstlos schlagen zu müssen«, drohte ihm seine Göttin, während sie auf ihn zuging und an seinem Handgelenk packte. »Lass los oder ich werde es tun.«

Edge stockte der Atem. Er musste mehrere Male schlucken, bevor er sprechen konnte. Ungläubig blickte er auf das herausfordernde Gesicht vor sich.

»Du … du bist echt«, sagt er schließlich mit heiserer Stimme.

Die Frau grinste ihn schief an. »Schön zu sehen, dass du stehen kannst. Nun lass uns schauen, ob wir dich lebend hier rausbekommen«, erwiderte sie und trat zur Seite. »Andy, du gehst vor.«

Edge sah, wie die andere Frau nickte und sich umdrehte. Er machte einen Schritt auf die Tür zu. Seine Sicht trübte sich und er schüttelte den Kopf in dem Versuch, wieder klar zu sehen. Aus der Ferne konnte er eine Stimme hören, die eine Reihe sehr farbenfroher Flüchen von sich gab. Warme Hände schlangen sich um seine Hüfte, um ihn zu stützen.

Gesprächsfetzen drangen zu ihm durch. Sein Gehirn brauchte eine Weile, um sie zu übersetzen.

»Halt ihn«, sagt eine Stimme.

»Scheiße! Das wird nicht gutgehen«, antwortete eine andere.

»Wir werden ihn mit uns schleifen müssen«, sagte die Erste.

Edge schüttelte erneut seinen Kopf. »Nein, ich … kann laufen«, murmelte er.

Die Arme hielten ihn noch fester. Die Stimme seiner Göttin klang rau, aber entschlossen. Ihre Entschlossenheit ihn nicht aufgeben zu lassen hatte sich in seinem Kopf festgesetzt.

»Beweis es mir, Krieger. Beweg deine Beine. Wir müssen hier sofort raus, ansonsten werden wir alle sterben«, erklärte sie. »Lauf.«

»Ich kann laufen«, murmelte Edge, hob seinen Fuß und machte einen Schritt nach vorn.

»Andy, du gehst vor. Schieß auf alles, was sich dir in den Weg stellt«, befahl seine Göttin, bevor sie sich wieder ihm zuwandte. »Beweg dich verdammt noch mal schneller, Soldat.«

»Du bist eine sehr … herrische Göttin … mit einer farbenfrohen Sprache«, informierte er sie mit brüchiger Stimme, während er sich darauf konzentrierte, nicht zu fallen.

Die andere Frau weiter vorne schnaubte. Edges Sichtfeld begannen sich zu verkleinern und er blinzelte, um wieder klar sehen zu können. Der Arm um seine Hüfte drückte ihn in die Seite. Sein Arm hing über ihrer Schulter.

»Ich bin zu schwer«, sagte er, außerstande etwas daran zu ändern.

Seine Göttin machte ein wenig damenhaftes Geräusch. »Was du nicht sagst. Was haben die mit dir gemacht?«, fragte sie.

Edge fühlte, wie sie langsamer wurde. Die Frau vor ihnen murmelte, dass die Luft rein sei. Als sie um die Ecke bogen, stützte er sich mit seiner freien Hand an der Wand ab, damit er nicht umkippte. Seine Hand glitt über die glatte Oberfläche.

»Nächste nach links«, sagte seine Göttin.

»Drogen. Schmerzen … im Kopf … auf der Haut«, gab er schließlich zu.

»Verdammt!«, murmelte die Frau weiter vorne.

Edge ergriff den Rahmen der Tür, als diese sich öffnete. Der Raum war dunkler als der Gang. Er atmete erleichtert auf. Das Licht hatte seinen Augen wehgetan. Die Frau zog ihn mit sich in den Raum hinein.

»Weiter hinten ist Gott sei Dank ein Lastenaufzug. Ich hatte vergessen, wie groß ihr Aliens seid«, ächzte seine Göttin.

Die andere Frau eilte nach vorne und drückte auf den Knopf. Die Türen öffneten sich und gaben den Blick auf einen Aufzug frei. Edge stolperte in den kleinen Kasten hinein, schloss die Augen und lehnte sich gegen die Wand. Als der Aufzug sich plötzlich bewegte, musste er tief durch die Nase atmen, damit sein Magen nicht seinen sauren Inhalt von sich gab.

»Wie zur Hölle wollen wir ihn hinüber auf das andere Gebäude bringen?«, fragte die andere Frau.

Seine Göttin hatte ihn in eine Ecke geführt und presste sich gegen ihn, damit er nicht umfiel. Er wollte antworten, aber seine Anstrengungen die Übelkeit unter Kontrolle zu kriegen, verschlossen ihm seinen Mund.

»Er wird es schaffen«, erwiderte seine Göttin. »Er muss.«

»Er sieht nicht gut aus, Lina«, bemerkte die andere Frau, als der Aufzug begann langsamer zu werden.

Seine Göttin antwortete nicht. Edge öffnete mühsam seine Augenlider, als der Aufzug zum Halten kam. Die Frau bei ihnen stand seitlich mit einer Laserpistole auf die Tür gerichtet. Seine Göttin hatte sich beschützend vor ihn gestellt, ihrem Rücken gegen seine Brust gepresst und eine Waffe in den Händen. Die Türen glitten leise auf und ein neuer dunkler Raum wurde sichtbar.

Die Frau an der Tür spähte durch die Öffnung, bevor sie vorsichtig aus dem Aufzug trat. Eine Sekunde später bedeutete sie ihnen, ihr zu folgen. Edge hob wie automatisch seinen Arm, als seine Göttin sich umdrehte und ihre Arme wieder um seine Hüften legte. Während er schwer auf ihrer Schulter lastete, stolperte er vorwärts.

Sie hatten den Raum zur Hälfte durchquert, als er zu sprechen begann. Sein Hals war vom Flüssigkeitsmangel ganz ausgetrocknet und seine Stimme rau vom langen Schweigen. Er konnte die Gefahr um sie herum spüren und wusste, dass er sie aufhielt. Sein Geist und sein Körper waren im Begriff sich abzuschalten.

»Ihr … müsst mich … zurücklassen«, brachte er krächzend hervor.

»Halt’s Maul«, zischte seine Göttin als Antwort.

Edges Blick verdunkelte sich. Wut begann in ihm zu brodeln. Niemand hatte das Recht, ihm den Mund zu verbieten.

Er leckte seine Lippen und versuchte es erneut. »Ich habe gesagt … ihr müsst … mich zurücklassen. Es ist … Es ist zu gefährlich … für euch«, beharrte er.

Die Frau blickte ihn finster an. »Und ich habe gesagt, du sollst dein verdammtes Maul halten«, erwiderte sie.

Edge spürte, wie seine Kiefermuskeln bei ihrer Antwort zu zucken begannen. Ein leises missbilligendes Grummeln polterte in seiner Brust. Göttin oder nicht, er würde nicht zulassen, dass sie ihr Leben für seines riskierte.

Er konzentrierte sich auf sein Inneres und befahl seinem Körper ihn zu gehorchen. Er fühle, wie sich der Körper der Frau vor Überraschung versteifte, als er sich aufrichtete und versuchte, von ihr wegzukommen. Ihre Arme umfassten ihn fester und ihre Finger gruben sich in die Weste, die er trug.

»Ich werde dich nicht in Gefahr bringen«, grollte er.

Ihre Finger gruben sich in seine Seite. »Nun mach bloß nicht einen auf beleidigt und edelmütig. Das kannst du noch zu Genüge tun, nachdem wie deinen Arsch gerettet haben, Trivator. Das hier tun wir nur, weil wir dich brauchen, sonst hätte ich deinen Arsch den Waxianern überlassen«, fauchte sie.

»Das Dach ist frei«, sagte die andere Frau.

Edge war überrascht, als er spürte, wie sein Köper herumgedreht und gegen die Wand geschoben wurde. Die Frau drückte ihre freie Hand gegen seine Brust. Irgendwo, in einer entfernten Ecke seines Verstandes, nahm er zur Kenntnis, dass sie für eine so kleine Person überraschend stark war. Ihre Augen blitzten warnend, was ihn fast zum Lächeln brachte. Diese erstaunliche Tatsache wurde von seinem gefolterten Gehirn registriert. Er wollte lächeln!