5,99 €
Eine friedevolle Weihnachts- und Vorweihnachtszeit ist nur Illusion, denn Mörder und Verbrecher nehmen auf Feiertage keine Rücksicht und auf das Weihnachtsfest, dem Fest der Liebe und Freude, schon gar nicht, auch machen sie zu dieser Zeit keinen Urlaub.
Hier, in diesen 24 kurzen Krimis zum Fest, gibt es (k)eine schöne Weihnachtsüberraschung, werden tödliche Geschenke verteilt und Leichen im Schrank versteckt aber auch zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Hier ist der Heiligabend ein Mörderabend …
In diesem Band sind folgende 24 kurze Krimis enthalten:
1. Dezember: Papas alte Freundin – von Hans-Jürgen Raben
2. Dezember: Leichen im Schrank – von Krzysztof T. Dąbrowski
3. Dezember: Tante Sarahs Tod – von Katharina Schönfeld
4. Dezember: Erlösung in Leinfelden – von Stefan Lochner
5. Dezember: Witwe werden ist nicht schwer – von Walter G. Pfaus
6. Dezember: Das zweite Licht – von Hans-Jürgen Raben
7. Dezember: Des einen Freud ist des anderen Leid – von Lynda Lys
8. Dezember: Gulasch mit Paprika, statt Ente und Rotkohl – von Ute Haese
9. Dezember: Keine schöne Weihnachtsüberraschung – von Ines Schweighöfer
10. Dezember: Der Nachbaumörder – von Rolf Stolz
11. Dezember: Der Mann am Tropf – von Hans-Jürgen Raben
12. Dezember: Gestatten, Gevatter Tod – Anja Gust
13. Dezember: Tote kennen keine Trauer – von Wolf G. Rahn
14. Dezember: Intergalactic Radio Station – von Lion Obra
15. Dezember: Die Weihnachtstradition – von Benyamen Cepe
16. Dezember: Wenn zwei sich nicht mehr lieben – von Roland Heller
17. Dezember: Dickys schönster Schatz – von Horst Bieber
18. Dezember: (K)eine schöne Bescherung – von Lynda Lys & Eliza Simon
19. Dezember: Friesland und das dunkle Licht – von Christian Dörge
20. Dezember: Liebevolle Fürsorge – von Torsten Prawitt
21. Dezember: Gerechtigkeit – von Stefan Lochner
22. Dezember: Zwei Fliegen mit einer Klappe – von Claudia Müller
23. Dezember: Die Rache einer Toten – von Walter G. Pfaus
24. Dezember: Ein tödliches Geschenk – von Hans-Jürgen Raben
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Ein krimineller
Adventskalender
(K)eine schöne Weihnachtsüberraschung
24 kurze Krimis zum Fest
Herausgegeben von Kerstin Peschel
veränderte Neuausgabe
Copyright © by Author/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Kathrin Peschel, 2024
Korrektorat: Bärenklau Exklusiv
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
www.baerenklauexklusiv.de
Die Handlungen dieser Geschichte ist frei erfunden sowie die Namen der Protagonisten und Firmen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht gewollt.
Alle Rechte vorbehalten
Das Copyright auf den Text oder andere Medien und Illustrationen und Bilder erlaubt es KIs/AIs und allen damit in Verbindung stehenden Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren oder damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung erstellen, zeitlich und räumlich unbegrenzt nicht, diesen Text oder auch nur Teile davon als Vorlage zu nutzen, und damit auch nicht allen Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs nutzen, diesen Text oder Teile daraus für ihre Texte zu verwenden, um daraus neue, eigene Texte im Stil des ursprünglichen Autors oder ähnlich zu generieren. Es haften alle Firmen und menschlichen Personen, die mit dieser menschlichen Roman-Vorlage einen neuen Text über eine KI/AI in der Art des ursprünglichen Autors erzeugen, sowie alle Firmen, menschlichen Personen , welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren um damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung zu erstellen; das Copyright für diesen Impressumstext sowie artverwandte Abwandlungen davon liegt zeitlich und räumlich unbegrenzt bei Bärenklau Exklusiv. Hiermit untersagen wir ausdrücklich die Nutzung unserer Texte nach §44b Urheberrechtsgesetz Absatz 2 Satz 1 und behalten uns dieses Recht selbst vor. 13.07.2023
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
In diesem Band sind folgende 24 Kurze Krimis enthalten:
1. Dezember: Papas alte Freundin
2. Dezember: Leichen im Schrank
3. Dezember: Tante Sarahs Tod
4. Dezember: Erlösung in Leinfelden
5. Dezember: Witwe werden ist nicht schwer
6. Dezember: Das zweite Licht
7. Dezember: Des einen Freud ist des anderen Leid
8. Dezember: Gulasch mit Paprika, statt Ente und Rotkohl
9. Dezember: (K)eine schöne Weihnachtsüberraschung
10. Dezember: Der Nachbaumörder
11. Dezember: Der Mann am Tropf
12. Dezember: Gestatten, Gevatter Tod
13. Dezember: Tote kennen keine Trauer
14. Dezember: Intergalactic Radio Station
15. Dezember: Die Weihnachtstradition
16. Dezember: Wenn zwei sich nicht mehr lieben
17. Dezember: Dickys schönster Schatz
18. Dezember: (K)eine schöne Bescherung
19. Dezember: Friesland und das dunkle Licht
20. Dezember: Liebevolle Fürsorge
21. Dezember: Gerechtigkeit
22. Dezember: Zwei Fliegen mit einer Klappe
23. Dezember: Die Rache einer Toten
24. Dezember: Ein tödliches Geschenk
Folgende Weihnahtbände sind ebenfalls erhältlich:
Eine friedevolle Weihnachts- und Vorweihnachtszeit ist nur Illusion, denn Mörder und Verbrecher nehmen auf Feiertage keine Rücksicht und auf das Weihnachtsfest, dem Fest der Liebe und Freude, schon gar nicht, auch machen sie zu dieser Zeit keinen Urlaub.
Hier, in diesen 24 kurzen Krimis zum Fest, gibt es (k)eine schöne Weihnachtsüberraschung, werden tödliche Geschenke verteilt und Leichen im Schrank versteckt aber auch zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Hier ist der Heiligabend ein Mörderabend …
***
1. Dezember: Papas alte Freundin – von Hans-Jürgen Raben
2. Dezember: Leichen im Schrank – von Krzysztof T. Dąbrowski
3. Dezember: Tante Sarahs Tod – von Katharina Schönfeld
4. Dezember: Erlösung in Leinfelden – von Stefan Lochner
5. Dezember: Witwe werden ist nicht schwer – von Walter G. Pfaus
6. Dezember: Das zweite Licht – von Hans-Jürgen Raben
7. Dezember: Des einen Freud ist des anderen Leid – von Lynda Lys
8. Dezember: Gulasch mit Paprika, statt Ente und Rotkohl – von Ute Haese
9. Dezember: (K)eine schöne Weihnachtsüberraschung – von Ines Schweighöfer
10. Dezember: Der Nachbaumörder – von Rolf Stolz
11. Dezember: Der Mann am Tropf – von Hans-Jürgen Raben
12. Dezember: Gestatten, Gevatter Tod – Anja Gust
13. Dezember: Tote kennen keine Trauer – von Wolf G. Rahn
14. Dezember: Intergalactic Radio Station – von Lion Obra
15. Dezember: Die Weihnachtstradition – von Benyamen Cepe
16. Dezember: Wenn zwei sich nicht mehr lieben – von Roland Heller
17. Dezember: Dickys schönster Schatz – von Horst Bieber
18. Dezember: (K)eine schöne Bescherung – von Lynda Lys & Eliza Simon
19. Dezember: Friesland und das dunkle Licht – von Christian Dörge
20. Dezember: Liebevolle Fürsorge – von Torsten Prawitt
21. Dezember: Gerechtigkeit – von Stefan Lochner
22. Dezember: Zwei Fliegen mit einer Klappe – von Claudia Müller
23. Dezember: Die Rache einer Toten – von Walter G. Pfaus
24. Dezember: Ein tödliches Geschenk – von Hans-Jürgen Raben
***
Ein Krimineller Adventskalender
– (K)eine schöne Weihnachtsüberraschung –
von Hans-Jürgen Raben
Weihnachten ist ein Fest für die Familie. Für viele gibt es nichts Schöneres als ein gemeinsames Essen unter dem Lichterglanz des Christbaumes in Erwartung der danach folgenden Bescherung. Was aber wäre, wenn plötzlich ein unerwarteter fremder Gast mit am Tisch säße …
1.
»Papa! Kein Lametta!«
Walter Drieling drehte sich um, über der linken Hand ein dickes Bündel silbrig glänzender Lamettafäden.
»Wieso nicht?«
Vera Forsmann trat einen Schritt näher an den bereits geschmückten Baum, vor dem ihr Vater mit einem ratlosen Gesichtsausdruck stand. Sie war eine resolut wirkende Frau um die vierzig, ein Alter, das sie für eine etwas längere Zeit beibehalten wollte, auch wenn sie in Wirklichkeit im nächsten Jahr bereits fünfundvierzig Jahre alt wurde. Sie verwendete einige Zeit und Energie darauf, weiterhin attraktiv zu erscheinen. Schließlich fühlte es sich immer noch gut an, wenn ihr ein Mann bewundernd nachsah. Ihr eigener Mann hatte das nicht mehr getan. Auch einer der Gründe für ihre Trennung.
Sie befestigte eine der elektrischen Kerzen, deren Klammer sich gelöst hatte. »Lametta verwendet man heutzutage nicht mehr, und es wird in Deutschland auch nicht mehr hergestellt. Es enthält Blei, damit es schwerer wird und besser fällt. Doch Blei belastet die Umwelt, und das wollen wir doch alle verhindern.«
Walter Drieling blickte zwischen seinem Lametta und dem Weihnachtsbaum hin und her. »Dieses Lametta liegt schon seit vielen Jahren im Karton für den Christbaumschmuck, und wir haben es immer wieder verwendet. Es wird ja nicht weggeworfen, also belastet es auch nicht die Umwelt.«
Er blickte seine Tochter triumphierend an, und Vera konnte sich der Argumentation nicht ganz entziehen. Als Referentin im städtischen Ordnungsamt hatte sie jedoch gelernt, mit den manchmal fadenscheinigen Begründungen für eine Ordnungswidrigkeit ihrer Kundschaft umzugehen, und zu diesem Zweck verfügte sie über ein reiches Wissen an Regeln, Gesetzen und Durchführungsverordnungen.
Sie nahm ihrem Vater das Lametta aus der Hand. »Ich lege es wieder zurück. Wir sollten uns an die Empfehlungen halten, was Lametta angeht.«
Walter Drieling ging zu seinem geliebten Ohrensessel, wobei er leise vor sich hin grummelte. Auf jeden Fall hörte Vera die Worte früher und besser heraus.
Sie liebte ihren Vater. Im letzten Jahr war er siebzig geworden, war aber recht gesund und machte immer noch eine gute Figur. Da er jedoch nicht mehr so gern allein aus dem Haus ging, hatte die Familie beschlossen, dieses Weihnachtsfest bei ihm zu feiern. Er lebte in der Wohnung, in der Vera mit ihrem jüngeren Bruder aufgewachsen war. Ihre Mutter war vor einigen Jahren gestorben, doch Walter wollte die für ihn eigentlich viel zu große Wohnung nicht aufgeben. Er fühle sich hier wohl, und die Wohnung biete ihm Sicherheit, hatte er immer gesagt, wenn das Thema mal wieder auf den Tisch kam.
Zugegeben, die Wohnung war sehr schön und lag in einer gut situierten Gegend Hamburgs, nicht weit von der Außenalster. Es gab Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants in der Nähe, und die Straße war recht ruhig.
Vera wohnte nur ein paar Straßen weiter. Auch sie war nach ihrer Scheidung nicht ausgezogen. Ihre Kinder hatten ihr eigenes Leben. Ihr Sohn Gregor studierte im ersten Semester in Münster Deutsch und Geschichte, da er Lehrer werden wollte, und ihre Tochter Marlies arbeitete in einer Klinik in Bremen. Sie hatten beide versprochen zu kommen.
Den Namen ihres Mannes hatte sie nach der Scheidung beibehalten. Vor allem wegen der Kinder, die schließlich auch seinen Namen trugen. Sie wollte jede Art von Irritation vermeiden, die bei Dritten entstehen könnte.
Sie musterte den Baum kritisch von allen Seiten. Er war perfekt, auch ohne Lametta. Vera freute sich auf das gemeinsame Essen mit der Familie. Seit sie wie ihr Vater allein lebte, genoss sie jeden Augenblick, den sie mit ihren Kindern verbringen konnte. Ihren Vater sah sie inzwischen häufiger, schon wegen der räumlichen Nähe.
Dann dachte sie an ihren jüngeren Bruder.
»Was ist mit Stefan?«, rief sie ihrem Vater zu. »Kommt er auch?«
Walter Drieling murmelte einige unverständliche Worte. »Weiß ich nicht«, sagte er deutlicher und in unfreundlichem Tonfall.
Ihr jüngerer Bruder hatte sich also noch nicht festgelegt. Das tat er nie. Er hatte den Beruf eines Barkeepers gewählt. In einem Nachtclub auf der Reeperbahn. Vera erwähnte diese Tatsache ihrem Vater gegenüber ungern. Denn wenn die Rede darauf kam, verschlossen sich seine Gesichtszüge, und er wechselte das Thema. Ein Barkeeper stand für ihn am unteren Ende der Berufsleiter, praktisch auf der gleichen Stufe wie ein Zuhälter. Er war nie darüber hinweggekommen, dass sein Sohn sich ausgerechnet dafür entschieden hatte, anstatt in die Fußstapfen des Vaters zu treten und Anwalt zu werden.
Vera Forsmann betrachtete den Baum und erinnerte sich an die glücklichen Tage der Jugend. Wie aufregend war das Weihnachtsfest immer gewesen! Und ja, Lametta hatte tatsächlich am Baum gehangen. Sie kam sich in diesem Augenblick alt vor, verdrängte den Gedanken jedoch gleich wieder.
Stattdessen erschien das Bild ihrer Mutter vor ihrem inneren Auge. Eine Frau mit gütigen Augen, die ihre Kinder nie anschrie, sondern immer Verständnis für sie aufbrachte, auch wenn Stefan gelegentlich über die Stränge schlug. Ja, es war eine glückliche Zeit gewesen.
Sie musste unwillkürlich grinsen. Mit Lametta am Baum.
»Es kommt übrigens noch jemand zum Essen«, verkündete ihr Vater plötzlich.
Vera sah auf. »So? Wer denn?«
Sie hatte den ganzen Vormittag in der Küche gestanden, um das Essen vorzubereiten. Die berühmte Weihnachtssuppe ihrer Mutter und anschließend Pasteten mit Kalbfleisch und Champignons. Walter hatte ihr mehrmals seine Hilfe aufgedrängt, doch eigentlich störte er nur. Doch er hätte ihr zumindest zu diesem Zeitpunkt von einem weiteren Gast erzählen können. Ein Gast, der offensichtlich nicht zur Familie gehörte.
»Jemand aus der Schule«, kam die kurze Antwort.
Veras Interesse war geweckt. »Vom Gymnasium? Hier in Hamburg?«
Ihr Vater hatte zu einer Zeitschrift gegriffen und blätterte gelangweilt darin herum. »Ja, ja, aus meiner Klasse.«
»Aus deiner Abiturklasse?«
Walter Drieling klang etwas ungehalten. »Ja, sicher.«
»Wie heißt er denn?«
»Es ist eine sie.«
Vera runzelte die Stirn. Ihr Vater war selten so kurz angebunden. Eine Frau? Was hatte das zu bedeuten? Weshalb hatte er sie eingeladen? Was wollte er von ihr? Oder sie von ihm?
Vera spürte, wie ihre empfindlichen Antennen ausgefahren wurden. Sie konnte sich nicht erinnern, dass jemals ein Außenstehender am Heiligen Abend zum Essen eingeladen worden wäre. Normalerweise waren noch nicht einmal die jeweiligen Freunde oder Freundinnen der Kinder erwünscht. Ihr Vater war durch und durch ein Familienmensch.
»Ich kann mich gar nicht entsinnen, dass du noch Kontakte zu deinen Mitschülern hattest.«
»Hatte ich auch nicht. Maxine hat mich angerufen.«
»Maxine?«
»Ja, so heißt sie nun mal. Maxine Paulsen.«
Ihr Vater machte eine kurze Pause. »Du hast doch nichts dagegen, dass ich eine alte Freundin eingeladen habe, oder?«
Eigentlich schon, dachte Vera. »Wie kann sie eine alte Freundin sein, wenn du keine Kontakte zu deinen Mitschülern hattest?«
Ihr Vater reagierte langsam aufgebrachter. »Sag’ mal, was soll diese Fragerei eigentlich? Das ist meine Wohnung, und ich kann einladen, wen ich will.«
»So war das nicht gemeint.«
Vera hatte offensichtlich einen Nerv getroffen. Er hatte ja recht. Andererseits wollte sie schon wissen, worum es bei dieser Einladung ging. Ihr Vater hatte selten Dinge aus seiner Schulzeit erwähnt, und schon gar nichts über alte Freundinnen. Es musste einen wichtigen Grund für diese Einladung geben, und Vera wollte nicht lockerlassen, bis sie den herausgefunden hatte.
Ihr Vater stemmte sich aus seinem Sessel und kam zu ihr herüber. »Tut mir leid. Ich verstehe, dass du wissen willst, weshalb Maxine ausgerechnet heute kommt. Es geht um meine Münzen.«
Vera erschrak. Was hatte diese Neuigkeit zu bedeuten?
»Deine Münzen?« Ihre Stimme klang leicht schrill.
Sie wusste, dass ihr Vater eine kleine, aber wertvolle Münzsammlung besaß, deren größten Teil er seinerseits von seinem Vater übernommen hatte. Vera konnte sich noch gut an ihren Großvater erinnern. Er hatte immer ein großes Geheimnis um seine Münzen gemacht, und sie hatte damals nur ein- oder zweimal einen Blick darauf werfen können. Den Glanz von Gold und Silber hatte sie noch vor Augen.
Die Sammlung befand sich jetzt im Arbeitszimmer ihres Vaters in einer Vitrine. Einige Münzen waren auf speziellen Tableaus ausgestellt, die übrigen ruhten in übereinander gestapelten flachen Boxen. Vera hatte nie ein besonderes Interesse für die Sammlung gezeigt, zumal auch ihr Vater selten über seine Münzen sprach. Sie hatte immer den Eindruck gehabt, dass ihm wichtigere Dinge am Herzen lagen. Sollte sie sich geirrt haben?
»Was will diese Frau denn mit deinen Münzen?«, bohrte sie weiter.
»Nur ansehen!« Ihr Vater drehte sich um, marschierte wieder zu seinem Sessel und nahm die Zeitung zur Hand.
»Du kannst sie selber fragen, sobald sie hier ist«, rief er ihr zu, bevor er wieder hinter seiner Zeitung verschwand.
Das war höchst unbefriedigend, dachte Vera, und sie spürte, wie ihr Interesse an der Sammlung schlagartig nach oben schnellte.
2.
Der Tisch sah sehr hübsch aus, fand Vera. Eine weiße Tischdecke, das alte Porzellan von ihrer Mutter, die Kristallgläser … alles sehr festlich.
Ihr Blick schweifte in das Wohnzimmer, in dem ihr Vater leicht schief mit geschlossenen Augen in seinem Sessel saß. Er hielt gern zwischendurch ein Nickerchen, und jetzt war wohl wieder ein guter Zeitpunkt dafür. Noch war es still in der Wohnung, und die Doppelfenster, die ihr Vater vor einigen Jahren hatte einbauen lassen, hielten den Straßenlärm zurück, der an diesem Tag ohnehin nicht besonders laut war.
Maxine Paulsen – der Name ging ihr nicht aus dem Kopf. Sie war sicher, dass an der ganzen Geschichte irgendetwas faul war.
Sie drehte den Kopf und blickte zu den hinteren Räumen der Wohnung. Dort lag auch das Arbeitszimmer ihres Vaters. Dort bewahrte er seine Sammlung auf, und dort befanden sich auch seine persönlichen Unterlagen. Sie wusste, dass es in einem Regal auch einen Ordner mit Erinnerungen an seine Kindheit und seine Schulzeit gab.
Vera überlegte hin und her, doch sie sah keine Alternative. Sie musste der Sache auf den Grund gehen. Wenig später stand sie in dem kleinen Arbeitszimmer. Die auffälligsten Möbel waren ein englischer Schreibtisch mit einer Arbeitsplatte aus grünem Leder, ein breites Regal aus dunklem Holz und die verglaste Mahagoni-Vitrine, in der sich die Münzsammlung befand.
Auch jetzt hatte sie für die Münzen nur einen flüchtigen Blick übrig. Die Vitrine sah aus, als wäre sie seit Monaten nicht geöffnet worden. Auf den goldenen und silbernen Stücken lag eine dünne Staubschicht. Nun, darum musste sich Walter schon selber kümmern!
Mit dem Finger glitt sie an den ordentlich aufgereihten Ordnern entlang. Für einen Augenblick kam sie sich wie ein Eindringling vor, der verborgenen Geheimnissen auf die Spur kommen wollte.
Da war er!
Sie zog den Ordner vorsichtig aus dem Regal, trug ihn zum Schreibtisch und klappte ihn auf. Zahlreiche Plastikhüllen waren mit allen möglichen Dokumenten gefüllt. Rasch durchblätterte sie alles, bis sie auf die Hülle mit der Aufschrift Abitur stieß. Sie zog den Inhalt der Hülle heraus und breitete alles auf dem Schreibtisch aus.
Sie entdeckte sofort, was sie suchte: ein großformatiges Foto und eine Liste mit Namen. Das Zeugnis, einige Schriftstücke und einen kleinen Stapel mit Fotos der Abiturfeier legte sie zunächst beiseite.
Vera studierte das große Foto. Es zeigte die Klasse ihres Vaters. Sie zählte zwanzig Köpfe, darunter sechs Mädchen, die in der ersten Reihe standen. Alle waren ordentlich gekleidet, also handelte es sich wohl um ein offizielles Foto der Abiturklasse. Die jungen Leute standen in drei Reihen auf den Stufen des Schulgebäudes. Vera kannte den Ort gut, sie war ebenfalls dort zur Schule gegangen.
Ihr Vater stand in der dritten Reihe ganz rechts außen und blickte fröhlich in die Kamera. Dicht neben ihm stand ein anderer Junge mit einem schiefen Grinsen im Gesicht. Es sah aus, als würden sich die beiden über irgendetwas köstlich amüsieren. Ihr wurde plötzlich bewusst, wie schnell die Zeit verflog, und was es bedeutete, älter zu werden.
An dem Foto war ein Zettel befestigt, auf dem die Namen der Abgebildeten handschriftlich festgehalten waren, die Namen so angeordnet, dass sie den Personen auf dem Foto zugeordnet werden konnten.
Vera überflog die Namen der Mädchen. Keine Paulsen, keine Maxine.
Auf ihrer Stirn bildete sich eine tiefe Falte. Sie las die Namen der jungen Männer. Kein Paulsen. Woher auch? Einer hieß immerhin Max mit Vornamen, der Junge, der direkt neben ihrem Vater stand. Sie griff zu der separaten Namensliste. Wieder zwanzig Namen, hier mit den Adressen. Keine Maxine Paulsen. Wieso behauptete ihr Vater, dass sie in seiner Klasse gewesen wäre?
Sie schob die Unterlagen zusammen, stopfte sie wieder in die Plastikhülle und stellte den Ordner an seinen Platz zurück.
Ihr Unbehagen wich allmählich größerer Sorge. Was steckte wirklich hinter dieser Einladung? Wer war Maxine Paulsen?
Zurück im Esszimmer, sah sie, dass ihr Vater die Augen geöffnet hatte und gerade zur Fernbedienung des Fernsehers griff.
»Sag’ mal, Papa, diese Maxine Paulsen …«
»Ja?«
»Hat sie mit dir Abitur gemacht?«
»Ja, natürlich. Warum fragst du?«
Die Stimme eines Nachrichtensprechers ertönte aus dem Fernseher, und Vera verzichtete auf eine Antwort, doch in ihrem Kopf entstanden Bilder, die immer finsterer wurden.
3.
Vera Forsmann blickte auf ihre Uhr, dann zu ihrer Tochter, die ihr in der Küche geholfen hatte.
»Das Essen ist fertig. Wir könnten anfangen.«
»Lass’ uns noch ein paar Minuten auf Gregor warten«, entgegnete Marlies. »Ich habe gestern Abend noch mit ihm telefoniert, und er hat mir versprochen, pünktlich zu sein.«
Als wäre dies ein Signal gewesen, klingelte es an der Haustür.
Vera überprüfte die Pasteten. »Machst du ihm auf?«
Gregor hatte sich in Schale geworfen und seine besten Sachen ausgewählt. Das Strahlen seiner Mutter bestätigte ihn in seiner Wahl. Sie fielen sich um den Hals, denn ihr letztes Treffen lag schon einige Wochen zurück.
»Wie war die Fahrt?«, fragte sie.
»Die Autobahn war ziemlich leer. Es lag kein Schnee, und ich bin gut vorangekommen.«
»Ich bin immer froh, wenn du die Strecke von Münster nach Hamburg problemlos geschafft hast.«
Sie wandte sich an ihre Tochter. »Marlies, sag’ deinem Großvater Bescheid. Wir warten jetzt nicht länger.«
Gregor hatte den gedeckten Tisch im Esszimmer gemustert.
»Fünf Gedecke?«, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. »Kommt dein Bruder tatsächlich noch?«
Vera seufzte. »Eher nicht. Das Gedeck ist für eine Schulfreundin eures Großvaters. Er hat sie eingeladen. Ich weiß nicht so recht, was das Ganze soll. Er war mit seinen Antworten ziemlich zurückhaltend.«
Alle drei starrten schweigend auf den Tisch.
Es klingelte erneut.
»Ich mache auf!«, rief Vera und überwand die Distanz zur Wohnungstür mit drei Schritten. »Ja, bitte?«, flötete sie in die Sprechanlage.
»Paulsen hier. Herr Drieling hat mich …«
»Ich weiß«, unterbrach Vera und öffnete per Knopfdruck die Haustür. »Es ist in der ersten Etage.«
Sie wartete in der offenen Wohnungstür, bis die unerwartete Besucherin die Treppe emporkam. Sie schien keine Probleme mit dem Treppensteigen zu haben und stand schließlich mit freundlichem Lächeln vor Vera, die den angebotenen Händedruck zögernd erwiderte.
Sie sah nicht aus wie siebzig. Vera hätte sie eher auf Ende fünfzig geschätzt, doch bei den modernen Anti-Aging-Produkten konnte man nie sicher sein, wie alt jemand wirklich war.
»Paulsen«, wiederholte die Fremde. »Sie müssen die Tochter sein. Ich bin mit Ihrem Vater zur Schule gegangen.«
Vera wollte das lieber nicht kommentieren und trat beiseite. »Kommen Sie herein und legen Sie Ihren Mantel ab. Mein Vater erwartet Sie schon. Die Garderobe ist dort drüben an der Wand.«
Während Maxine Paulsen ihren Mantel auszog und ihre große Handtasche auf den Boden stellte, musterte Vera die Fremde. Sie war nicht sehr groß, recht schlank und machte einen fast sportlichen Eindruck, Auch ihre Bewegungen ließen nicht unbedingt auf eine Frau im gleichen Alter wie ihr Vater schließen. Doch er schien sie ja zu kennen. Dennoch war Veras Misstrauen nicht geringer geworden. Wenn sie von ihren eigenen Erfahrungen ausging, nahmen die sportlichen Tätigkeiten mit zunehmendem Alter rapide ab.
»Gehen wir ins Esszimmer«, sagte sie und deutete auf die geöffnete Tür und den dahinter erkennbaren, festlich gedeckten Tisch.
Ihr Vater kam aus seinem Arbeitszimmer, das weiter hinten an dem langen Korridor lag, der die einzelnen Räume miteinander verband.
»Es freut mich sehr, dich nach so langer Zeit wiederzusehen.« Sie umarmten sich flüchtig.
Vera beobachtete die Szene genau. Ihr Vater schien keinen Argwohn zu hegen. Maxine Paulsen lächelte ihn an. Sie war keine Schönheit, aber immer noch attraktiv. Ein schmales Gesicht, glatt gekämmte Haare, die bis auf die Schultern fielen, eine etwas zu groß geratene Nase – und eine tiefe Stimme.
»Wollen wir uns erst die Sammlung ansehen?«
»Gern. Deshalb bin ich hier.« Sie verschwanden beide aus Veras Blickfeld.
Sie prüfte ihre eigenen Gefühle. War sie eifersüchtig, dass plötzlich eine fremde Frau bei Papa aufkreuzte? Gönnte sie ihm das nicht? War sie sauer, weil das Familienfest gestört wurde? Was war mit dem Interesse der Frau an der wertvollen Münzsammlung?
Es nagte immer mehr an ihr. Das passte alles nicht zusammen.
4.
Das Essen war in angenehmer Atmosphäre verlaufen. Die Kinder erzählten von ihren Erlebnissen in der Klinik beziehungsweise der Universität. Ihr Vater war relativ schweigsam und äußerte sich nicht zu seiner Schulfreundin. Maxine Paulsen hörte den Gesprächen interessiert zu, beteiligte sich jedoch nur wenig.
Und Vera beobachtete!
Als ihre Tochter den Nachtisch servierte, beugte sich Gregor plötzlich nach vorn und sprach die Frau direkt an.
»Ich habe nicht verstanden, was für ein gemeinsames Projekt Sie mit meinem Großvater haben. Es geht wohl um seine Münzen.«
Veras Vater wollte antworten, doch Maxine Paulsen kam ihm zuvor.
»Ich bin Kunsthistorikerin, und beschäftige mich speziell mit Numismatik. Derzeit berate ich das Kunstgewerbemuseum zu einer Ausstellung über die Geschichte des Geldes. In diesem Zusammenhang habe ich Ihren Großvater aufgesucht, um zu sehen, ob wir ein paar Stücke seiner Sammlung für diese Ausstellung nutzen können.«
»Woher wussten Sie, dass er eine solche Sammlung besitzt?«, warf Vera mit einem gewissen Misstrauen in der Stimme ein.
»Ich habe mich erinnert, dass Walter schon in der Schule von der Sammlung erzählt hat, die sein Vater damals zusammengetragen hatte. Außerdem fand ich im Museum einen Briefwechsel, in dem Walter um eine Begutachtung seiner Stücke bat.«
Walter Drieling nickte heftig. »Ja, das stimmt.«
»Seltene Stücke?«, fragte Gregor nach.
»Ja. Vielleicht wissen Sie, dass die ersten Münzen im Königreich Lydien geprägt wurden«, antwortete Maxine Paulsen.
»Sie meinen Libyen«, unterbrach Gregor.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Lydien. Dieses Land lag einst in der heutigen Türkei. Sie haben möglicherweise von König Krösus gehört. Er war einer der Herrscher dieses Reiches. Dort entstanden die ersten Münzen um das Jahr sechshundert vor Christus. Sie waren ursprünglich aus Elektron, einer Mischung aus Gold und Silber. Krösus prägte später die ersten Münzen aus Gold oder Silber. Solche Münzen sind sehr selten. In der Sammlung Ihres Großvaters befindet sich eine davon, und die würde sich in der Ausstellung gut machen.«
»Ist so ein Stück wertvoll?«, fragte Marlies als praktisch denkende junge Frau.
»Einen vierstelligen Betrag dürfte sie bei einer Auktion schon erzielen.« Maxine Paulsen blickte auf ihre Uhr. »Ich glaube, ich habe Sie jetzt lange genug aufgehalten, und ich sollte die Familienfeier nicht länger stören.«
Vera sprang noch vor ihr auf. »Ich bringe Sie zur Tür.«
Die Fremde nickte Walter zu. »Wir hören voneinander.«
Sie drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange, grüßte in die Runde und folgte Vera nach draußen.
Sie stellte ihre Tasche ab und schlüpfte in ihren Mantel. »Es war nicht meine Idee, ausgerechnet heute herzukommen, doch Ihr Vater wollte es so.«
Vera räusperte sich. »Sie waren nicht in der Abiturklasse meines Vaters. Dort gab es keine Maxine. Wer also sind Sie?«
Ein langer Blick, dann ein trauriges Lächeln. »Das ist eine komplizierte Geschichte.«
»Ich würde sie gern hören.«
Maxine Paulsen knöpfte langsam ihren Mantel zu.
»Ich bin als Junge zur Welt gekommen«, begann sie. »Dass ich schon als Kind lieber Mädchensachen anziehen wollte, hat meine Eltern nicht beunruhigt. Doch als ich mich mit zunehmendem Alter immer mehr für Dinge interessierte, die traditionell den Mädchen vorbehalten sind, haben meine Eltern mich zu Ärzten und Psychologen geschleppt. Es half nichts. Als ich etwa zwanzig Jahre alt war, fühlte ich mich immer mehr als Frau. Es waren schreckliche Jahre. Meine Studienfreunde hielten mich für schwul, weil ich nicht mit Mädchen ausgehen wollte. Ich wurde immer unglücklicher. Jahre später, im Berufsleben, entschloss ich mich schließlich für eine Geschlechtsumwandlung. Bis zu deren Vollendung vergingen noch einmal viele Jahre. Erst danach begann ich mich wieder als richtiger Mensch zu fühlen.«
»Woher kommt dann der Name Paulsen?«, fragte Vera, die immer noch nicht glauben wollte, dass sie keine Trickbetrügerin vor sich hatte.
»Ich habe nach der Umwandlung geheiratet, doch die Ehe hielt kein Jahr. Den neuen Namen habe ich jedoch behalten.«
»Warum haben Sie erst jetzt den Kontakt zu meinem Vater aufgenommen?«
»Ich wusste nicht, wie er reagieren würde. Einige der ehemaligen Mitschüler wollten nichts mit mir zu tun haben. Doch als ich wegen der geplanten Ausstellung einen guten Grund hatte, Ihren Vater anzurufen, wollte er mich so bald wie möglich sehen.«
Vera streckte ihre Hand aus. »Es tut mir leid, dass ich Sie falsch eingeschätzt habe. Immerhin hat die Operation Ihrem Aussehen nicht geschadet. Sie sehen jünger aus, als Sie sein müssten.«
Maxine Paulsen lächelte. »Die Chirurgen haben gute Arbeit geleistet. Das stimmt. Aber ich bin trotzdem nur ein knappes Jahr jünger als Ihr Vater. Das Ganze ist natürlich immer noch ein Tabuthema, und die meisten Menschen in meiner Umgebung wissen nichts von meiner Geschichte. Ich fühle mich als vollwertige Frau und denke nicht mehr an die Zeit, als ich noch ein Junge war. Dennoch war ich froh, dass Ihr Vater mich sofort akzeptiert hat.«
Vera schüttelte Maxine Paulsens Hand. »Ich wünsche Ihnen viel Glück.«
Sie öffnete die Wohnungstür und überlegte kurz. »Dann waren Sie also Max?«
»Ja, ich war Max, der beste Freund Ihres Vaters.«
ENDE
von Krzysztof T. Dabrowski
1.
Die Idee einer Kette von geheimen Motels mit stundenweise zu mietenden Zimmern und verborgenen VIP-Eingängen sowie mit in den Zimmern versteckten Kameras war ein Hit. Keiner wusste von diesen Orten, der es nicht hätte wissen sollen. Es waren Orte für dicke Geschäftsleute, Politiker und Prominente, die sich diskret mit ihren Geliebten treffen wollten. Die meisten dieser Einrichtungen waren so gelegen, dass der Zugang zu ihnen ebenso im Verborgenen lag. Die Nachricht, dass solche Orte existierten, sickerte nur an die Ohren der Auserwählten.
Sie waren auch perfekte Verstecke für die Gangster, die kurzzeitig untertauchen wollten. Es kam auch vor, dass diese Typen dort ein Treffen abhielten, um einen Raub oder ein anderes Verbrechen zu planen.
Es gab nur eine Sache, die all diese Unglücklichen nicht wussten, dass die Kameras die ganze Zeit in Betrieb waren und alles aufzeichneten, was dort gesagt oder getan wurde.
Auch wusste niemand, dass das Geschäft dem Chef der sizilianischen Mafia, Luigi Mascarponne, gehörte.
Mascarponne hatte ehrgeizige Pläne: Er wollte so viele Haken schlagen, wie er nur konnte, damit zu gegebener Zeit die von ihm gesandten Leute das Land vollständig übernehmen würden.
Durch Erpressung von Politikern wollte er die Einführung entsprechender Änderungen erzwingen, die vielen seiner Unternehmen zugutekämen und ihm helfen würden, diesen Markt zu kontrollieren.
Durch Einschüchterung und Erpressung von Geschäftsleuten plante er, sie dazu zu bringen, dem Verkauf ihrer Firmen für lächerliche Summen zuzustimmen.
Er hatte auch Pläne für Künstler und lokale Gangster, aber das interessiert uns an dieser Stelle nicht. Das Einzige, was uns interessiert, ist, was in einem der Zimmer in einem dieser Motels passieren wird.
2.
Paul und Edmund waren unauffällige Gangster. Zu ihren Aufgaben gehörte es, widerspenstige Kerle zu verprügeln, »Schutzgebühren« von Kneipen- und Restaurantbesitzern einzutreiben, ein Auge auf Huren zu haben und gelegentlich in einem Motel zu sitzen und zu überprüfen, was in den gemieteten Zimmern vor sich ging. Und heute war eben einer dieser Tage, an denen sie in einem geheimen Raum saßen und gelangweilt auf die Bildschirme schauten, die sich vor ihnen auftürmten.
Edmund hatte ein markantes Gesicht mit leicht eingefallenen Wangen und dem rotzigen Blick eines Cockerspaniels, und Paul besaß einen kantigen, gut ausgeprägten Kiefer sowie kleine Schweinsaugen, was ihn zu einer wirklich hässlichen Person machte.
Sie machten sich ihre unangenehme Pflicht mit Kaffee, Zigaretten und Gesprächen angenehm.
»Kannst du glauben, dass ich wegen einem verdammten Baustein keine Karriere als Regisseur gemacht habe?«, fragte Paul und machte eine Pause vom Kaugummikauen.
»Wegen eines Baust …?!
»Ja, wegen einem verdammten Lego-Stein.«
»Lego?«
»Ja, ich war ein Kind und mein Kumpel hatte eine riesige Menge Lego-Steine. Einige Tausende von ihnen.« Paul verfiel in seine übliche Tirade. »Und ich hatte nie die Absicht, ein Dieb zu werden. Gangster ist eine andere Sache. Typen abschießen mit Pistolen und so weiter. Aber ein Dieb? Nein, brr«, zuckte er mit den Schultern. »Nun, aber ich war ein Scheißkerl und obwohl ich ihn beneidete, weil ich selbst aus einer armen Familie stammte, wollte ich nicht stehlen. Aber ich wollte einmal dieses Gefühl spüren, wie es sich anfühlt, jemandem etwas zu stehlen. Dieses besondere Gefühl, weißt du?«
Edmund nickte.
»Jedenfalls war es diese Neugierde, die mich schließlich dazu brachte, mein erstes Opfer zu töten. Aber scheiß drauf, darum geht es jetzt nicht. Also habe ich ihn mit diesem einen winzig kleinen Baustein betrogen, einem von vielen Tausenden. Es gab also keine Möglichkeit, dass er es bemerken würde. Wie auch immer, ich wollte ihm das Teil später zurückgeben.