Eine Fürstentochter hat Probleme - Renate Busch - E-Book

Eine Fürstentochter hat Probleme E-Book

Renate Busch

0,0

Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. "Fürstenkrone" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken. »Papa und ich haben beschlossen, den Ball Anfang März zu geben«, sagte Fürstin Katherina und sah ihre älteste Tochter dabei bedeutungsvoll an. Nicola zuckte unmerklich zusammen. Sie wußte, was das bedeutete. Sie sollte dem männlichen europäischen Hochadel präsentiert werden! Bei dem Gedanken überlief sie eine Gänsehaut. Wie sie ihre Eltern kannte, hatten sie sicher schon einen ganz bestimmten Prinzen als ihren zukünftigen Gemahl ins Auge gefaßt. Alles in ihr rebellierte dagegen. »Papa und du, ihr habt mir versprochen, daß ich in diesem Jahr zum Skifahren in die Alpen fahren darf«, erinnerte sie jetzt. »Allerdings, nur weiß ich nicht, wie ich alle Termine und einen Urlaub in Einklang bringen soll«, meinte die Fürstin langgedehnt. Nicola wurde um einen Schein blasser. Versuchte ihre Mutter jetzt etwa, das gegebene Versprechen zu umgehen? »Mama, das kannst du mir nicht antun, die Reise wieder abzusagen«, protestierte sie mit deutlicher Erregung. Ihre Mutter krauste mißbilligend die Stirn. Sie schätzte es nicht, wenn Mitglieder ihrer Familie Gemütsbewegungen zeigten. »Mein liebes Kind, du mußt einsehen, daß die Verpflichtungen, die unsere Stellung im Land mit sich bringt, vorgehen.« Nicola biß sich auf die Lippen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 124

Veröffentlichungsjahr: 2020

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Fürstenkrone – 186 –

Eine Fürstentochter hat Probleme

Muss Nicola ihre Romanze im Schnee vergessen?

Renate Busch

»Papa und ich haben beschlossen, den Ball Anfang März zu geben«, sagte Fürstin Katherina und sah ihre älteste Tochter dabei bedeutungsvoll an.

Nicola zuckte unmerklich zusammen. Sie wußte, was das bedeutete. Sie sollte dem männlichen europäischen Hochadel präsentiert werden! Bei dem Gedanken überlief sie eine Gänsehaut. Wie sie ihre Eltern kannte, hatten sie sicher schon einen ganz bestimmten Prinzen als ihren zukünftigen Gemahl ins Auge gefaßt. Alles in ihr rebellierte dagegen.

»Papa und du, ihr habt mir versprochen, daß ich in diesem Jahr zum Skifahren in die Alpen fahren darf«, erinnerte sie jetzt.

»Allerdings, nur weiß ich nicht, wie ich alle Termine und einen Urlaub in Einklang bringen soll«, meinte die Fürstin langgedehnt.

Nicola wurde um einen Schein blasser. Versuchte ihre Mutter jetzt etwa, das gegebene Versprechen zu umgehen?

»Mama, das kannst du mir nicht antun, die Reise wieder abzusagen«, protestierte sie mit deutlicher Erregung.

Ihre Mutter krauste mißbilligend die Stirn. Sie schätzte es nicht, wenn Mitglieder ihrer Familie Gemütsbewegungen zeigten.

»Mein liebes Kind, du mußt einsehen, daß die Verpflichtungen, die unsere Stellung im Land mit sich bringt, vorgehen.«

Nicola biß sich auf die Lippen.

»Wenn Papa und du nicht fahren könnt, so werde ich allein reisen.« Sie bemühte sich, nicht zu zeigen, wie sehr ihr Herz pochte, als sie diesen Vorschlag machte.

Die Reaktion ihrer Mutter hatte sie im Grunde genommen vorausgeahnt, und sie erfolgte auch prompt.

»Das ist unmöglich! Du bist ein schutzloses junges Mädchen. Eine Reise ohne Begleitung würde gegen die Regeln des Anstandes verstoßen.«

»Mama, ich habe neulich gelesen, daß Mädchen in meinem Alter durchaus ohne Eltern in die Ferien fahren.« Nicolas Stimme war wieder nicht ohne Erregung.

»Du vergißt, daß wir nicht wie Menschen aus dem Volke leben können. Wir stehen immer im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Die Freiheiten, die die meisten anderen Menschen haben, sind uns nicht gestattet.«

Nicola senkte den Kopf und nickte. Das stimmte, sie lebte in einem goldenen Käfig mit unsichtbaren Stäben. Sie wurde von vielen Menschen außerhalb des Schlosses glühend beneidet, die Illustrierten brachten häufig von ihr und Mitgliedern ihrer Familie Berichte. Niemand wußte, daß sie wahrlich nicht zu beneiden war.

Sie spürte zuweilen einen solchen Freiheitsdrang in sich, daß sie am liebsten ausbrechen und so leben würde wie andere Menschen. Aber der Wunsch würde freilich niemals in Erfüllung gehen.

Sie dachte einen Moment angestrengt nach. »Gib mir die Gräfin mit auf Reisen, Mama, bitte«, flehte sie.

»Die Gräfin«, erwiderte die Fürstin langgedehnt und nachdenklich. Der Gedanke behagte ihr offenbar. Sie nickte. »Darüber müßte ich mit Papa sprechen.«

Am liebsten wäre Nicola aufgestanden, um ihre Mutter stürmisch zu umarmen, aber das hätte ihr nicht sicher nur mißbilligende Blicke eingebracht. So blieb sie äußerlich ruhig sitzen.

»Bitte, tu das bald«, bat sie nur herzlich.

Bis zum Schlafengehen verblieb Nicola noch ein halbes Stündchen. Sie schlüpfte zu der jüngeren Schwester in deren Gemächer.

Beide Schwestern waren nicht nur äußerlich grundverschieden, im Charakter waren sie es auch.

Silvia saß unter der Leselampe in einem bequemen Sessel und hielt ein Buch auf den Knien.

»Ach, du bist es«, meinte sie und hob ihren Kopf. Zwei graue Augen blickten die Ältere an. Sie wurden von langen, dichten Wimpern umrahmt und wirkten meistens recht ernst.

Prinzessin Silvia war schön. Sie besaß ein gut geschnittenes, klares Gesicht, in dem sich ein fester Wille ausprägte. Es wurde von einem Kranz dunkelbrauner Haare umrahmt.

Nicolas Haarfarbe wies ein lichtes Blond auf. Fiel die Sonne darauf, besaß es einen schimmernden Goldton. Sie hatte strahlendblaue Augen und einen Mund, der üppig schwellend war und gern lachte. Beide Prinzessinnen waren gertenschlank und hatten Figuren, die so manches Mal in Illustrierten lobend herausgestrichen wurden.

Nicola kuschelte sich in einen zweiten Sessel. »Hoffentlich störe ich dich nicht bei deiner Lektüre.«

»Nun, ich werde im Bett weiterlesen.« Silvia klappte das Buch gelassen zu und legte es beiseite.

»Liest du Bücher über Staatsformen etwa zur Erbauung?« staunte Nicola.

»Zur Erbauung ist übertrieben, aber mich interessiert das Thema.«

Nicola seufzte. »Das brächte ich niemals fertig. Ich studiere diese Bücher nur, wenn es mir die Gräfin zur Aufgabe macht, und selbst dann lese ich sie nicht gerade mit Begeisterung. Himmel, du bist so ganz anders als ich«, stellte sie mit einem Anflug von Bewunderung fest. »Weißt du, ich habe schon oft gedacht, es wäre besser, wenn du die Ältere und Thronerbin wärst.«

»Nicola, das darfst du niemals wieder sagen«, widersprach Silvia erregt.

»Es stimmt aber. Du wärst sicher sogar noch glücklicher als Thronerbin…«

»Du etwa nicht?« wollte die Jüngere angstvoll wissen.

»Glücklich?« sinnierte Nicola und zuckte die Schultern. »Was ist überhaupt Glück? Ich weiß es nicht! Aber ich wünsche mir oftmals, anders zu leben, als wir es dürfen. Ich habe früher darauf gebrannt, in eine öffentliche Schule mit anderen Kindern gehen zu können – wir durften es nicht. Ich wünschte mir Spielgefährten – wir hatten keine! Ich möchte einfach ein normales Mädchen sein. Kannst du das nicht verstehen?« fragte sie eindringlich.

»Nein«, gab ihre jüngere Schwester verständnislos zurück. »Ich meine, wir müssen dem Schicksal für unsere außergewöhnliche Stellung in der Gesellschaft dankbar sein. Wir sind Prinzessinnen und werden auch so behandelt, wir…«

»Gerade das will ich nicht«, unterbrach Nicola sie erregt. »Ich will nur ich selbst sein und geachtet werden, weil ich es bin, verstehst du das?«

An Silvias Blicken erkannte Nicola, daß es nicht so war. So gut sie sich in vielen Dingen mit der jüngeren Schwester verstand, in anderen war eine Barriere zwischen ihnen. Silvia konnte ihren Freiheitsdrang nicht verstehen und sah kein Unglück darin, einmal irgendeinen Prinzen zu heiraten, weil ihre Eltern es wünschten.

»Aber du bist eine Erbprinzessin, daran änderst du nichts, und ich meine, darüber kannst du sehr glücklich sein«, sagte sie jetzt eindringlich und wie immer ohne Erregung.

Statt einer Antwort lächelte Nicola ein bißchen bitter. Dann wechselte sie das Thema und kam auf den Winterurlaub zu sprechen.

»Du weißt, ich bin nicht so wild auf das Skifahren«, bekannte die Jüngere. »Für dich bedauerte ich es natürlich, wenn aus der Reise nichts würde. Du bist ja nahezu darauf versessen, dich auf die Pisten zu stürzen.«

Sie seufzte. »In den nächsten Wochen warten besonders viele Repräsentationspflichten auf uns. Nicht, daß ich etwas dagegen hätte«, setzte sie schnell hinzu, »aber sie hindern uns daran, durchgehend etliche Wochen fort zu sein.«

»Himmel, andere Menschen haben auch so und so viel Wochen Urlaub im Jahr.« Nicola erregte sich richtiggehend.

Sie mußte unwillkürlich an die Gräfin denken, als Silvia sie erstaunt und mißbilligend anblickte. Dann sagte die Jüngere ruhig: »Du und ich sind während des ganzen Jahres Prinzessinnen eines regierenden Fürsten. Unsere Stellung im Staate ist kein Beruf, sondern eine Berufung.«

Da gab Nicola es auf, sich mit Silvia weiterhin über dieses Thema zu unterhalten.

*

Es kam, wie es Nicola vorausgeahnt hatte. Die Eltern strichen ihren Winterurlaub.

»Papa und ich haben allerdings beschlossen, daß du mit der Gräfin allein reisen kannst, liebe Nicola«, sagte Fürstin Katherina bedeutungsvoll. »Ich hoffe, du weißt diesen Vorzug zu schätzen.«

Nicolas Wangen färbten sich vor freudiger Erregung. »Gewiß, Mama«, murmelte sie. Erst dann wurde ihr bewußt, was diese Mahnung bedeutete! Sicher sollte sie andererseits keinerlei Schwierigkeiten machen, wenn es um die Gattenwahl ging und der ›Prinz‹ um sie anhielt.

Nun, der Ball lag gottlob vorerst in weiter Ferne. Zunächst durfte sie einen traumschönen Urlaub auf Brettern verleben.

Gräfin von Kaunert wirkte ruhig und ausgeglichen wie immer, als sie im eleganten Pelzmantel unmittelbar vor der Reise stand. Sie war von dem Aufenthalt in den Bergen nicht begeistert.

Wenn die Gute auch nicht dar­über sprach, so wußte Nicola doch, daß sie im Schnee tausend Gefahren lauern sah.

Dann folgte ein letztes Händeschütteln, das Hauchen eines Kusses auf die Wangen, und endlich schritt Nicola an der Seite der Gräfin die breite Freitreppe des Schlosses hinab.

Der Chauffeur verbeugte sich und hielt den Wagenschlag offen.

»Wollen Hoheit den Mantel ausziehen? Es wird bestimmt im Auto sehr warm.«

Ein Diener sprang herbei, der Nicola das Kleidungsstück abnahm, der zweite hielt den der Gräfin. Beide verstauten die kostbaren Mäntel. Der Chauffeur setzte sich hinter das Steuerrad. Der Wächter am großen Ausgangstor salutierte, als der Wagen vorbeirollte.

Am Mittag legte man eine Rast ein und speiste in einem exklusiven Hotel.

»Solch eine Reise ist doch recht anstrengend und strapaziös«, stellte die Gräfin beim Dessert fest.

»Das finde ich durchaus nicht«, widersprach Nicola. »Ich fühle mich noch wunderbar frisch und munter.«

Gräfin Kaunert lächelte schmerzlich. »Hoheit sind auch noch etliche Jahrzehnte jünger als ich.«

»Lassen Sie uns vor der Weiterfahrt noch ein Stückchen spazierengehen«, schlug Nicola herzlich vor, als sie wirklich gut gespeist hatten.

Die ältliche Gräfin sah sie nahezu konsterniert an. »Bei dem Wetter, Hoheit? Ich bitte Sie, wir bekämen nur feuchte Füße und würden uns am Ende erkälten.«

Da gab es Nicola auf, weiter in die Gräfin zu dringen und sie dazu zu ermuntern, ihren Kreislauf anzuregen.

Allerdings legte die Gute den Rest der Fahrt auch mit einem griesgrämigen Gesicht zurück.

Natürlich stiegen die hohen Herrschaften im ersten Hotel am Platze ab. Nicola wäre eine gute Pension lieber gewesen, aber in der Beziehung hatte sie keine Wünsche äußern dürfen.

Allerdings empfand sie es als sehr angenehm, daß die Gräfin und sie hier inkognito waren. Diesen Vorschlag hatten ihre Eltern gottlob akzeptiert.

Die Gräfin stockte beim Sprechen, als sie sich in der Rezeption anmeldete. »Ich bin Frau von Kaunert und komme mit meiner Nichte. Unsere Räume sind vorbestellt.«

»Selbstverständlich, Frau von Kaunert!« Der Portier überschlug sich fast vor Höflichkeit. Ein Blick in das Anmeldebuch hatte ihn darüber informiert, daß diese Frau von Kaunert und ihre Nichte je ein nebeneinander liegendes Apartment gemietet hatten. Normalerweise wurden in diese kostspielig ausgestatteten Räume nur hohe und höchste Herrschaften eingewiesen.

Der Hotelpage und der Chauffeur der fürstlichen Familie brachten die zahlreichen Gepäckstücke in die gemieteten Räume. Gräfin Kaunert gab beiden ein großzügiges Trinkgeld.

»Wünschen Ho…« Der Chauffeur wandte sich an Nicola, um sie etwas zu fragen. Eine energische Handbewegung von ihr ließ ihn schweigen.

Erst als der Page das Zimmer verlassen hatte und der Geschäftsführer der Gräfin ihre Räume zeigte, sagte sie strafend:

»Für die Zeit meines Aufenthaltes hier bin ich nur ein schlichtes Fräulein von Perleberg.«

»Entschuldigen Sie, Ho…« Jetzt brach er von selbst ab. »Es ist zu schwer für mich zu vergessen, daß Sie eine Prinzessin sind«, bekannte er dann kläglich.

»Schon gut, Eckehard.« Nicola lächelte ihm freundlich zu. Dann entließ sie ihn. Leider war es inzwischen zu dunkel geworden, um noch viel sehen zu können. Aber im Schein des Lichtes, das aus den zahlreichen Fenstern des Hotels fiel, glitzerte der Schnee wie unzählige Diamanten.

Sie atmete tief und glücklich auf. Sicher lagen die schneebedeckten Berge zum Greifen nahe. Sie wußte nicht, worauf sie sich mehr freute, auf die Wochen Freiheit, die vor ihr lagen, oder auf das Skifahren.

*

Am nächsten Morgen wußte sie im ersten Moment nicht, wo sie sich befand. Sie hatte so herrlich tief geschlafen.

Sie blinzelte und vermißte den duftigen Stoffhimmel über sich. Dann setzte sie sich mit einem Ruck im Bett auf, sprang im nächsten Moment hinaus und eilte über den mit dicken Teppichen belegten Boden zum Fenster.

»Wie schön, wie wunderschön«, murmelte sie ergriffen. Der Blick durch die Glasscheiben zeigte die schneebedeckten Berge in all ihrer Schönheit.

Über ihnen wölbte sich ein klarer blauer Himmel. Hinter einem Berggipfel ging die Sonne auf. Sie tauchte die weiße Landschaft in ein rotgoldenes Licht.

Am liebsten wäre Nicola stehenden Fußes in die Winterlandschaft gestürmt. Das war natürlich unmöglich. So läutete sie nach dem Zimmermädchen, gebot ihr, das Bad zu richten und schlüpfte bis dahin noch einmal unter die Decke.

Später genoß sie das warme, duftende Wasser und summte dabei ein Volkslied.

Als sie später die Gräfin traf, machte diese ein säuerliches Gesicht.

»Geht es Ihnen nicht gut?« erkundigte sich Nicola teilnehmend.

»Ich konnte nicht schlafen und fürchtete, die Höhenluft macht mir zu schaffen.«

»Dann gewöhnen Sie sich langsam an die Umstellung und unternehmen heute besser nicht viel«, riet Nicola fürsorglich.

»Das hätte ich ohnehin nicht getan.« Sie aß auch kaum und trank nur eine Tasse Kaffee.

»Von der großen Glasveranda des Hotels haben Sie einen herrlichen Blick auf die Berge. Außerdem ist es hinter den Scheiben sicher wunderbar warm. Ruhen Sie sich dort auf einer der Liegen aus«, schlug Nicola vor, als sie dann im Skidreß war und darauf brannte, sich in das weiße Vergnügen zu stürzen.

»Ich wollte, ich könnte Sie begleiten«, sagte die Gräfin. Offenbar fand sie es nicht schicklich, daß Nicola ohne Schutz war.

»Gräfin, Ihre Sorge um mich ist wirklich überflüssig«, beschwichtigte diese sie. »Ich bin ja schließlich kein kleines Kind mehr.«

»Ihre hohen Eltern haben Sie mir anvertraut«, sagte die Gräfin daraufhin.

Nicola verzichtete auf eine Antwort, verabschiedete sich und ging. Sie schulterte wie andere Sportler ihre Skier und ging gemächlich durch den gepflegten Ort. Er bestand vor allem aus Hotels und Pensionen, lag in einem Talkessel und war von hohen, durch Lifte erschlossene Berge umgeben. Nicola atmete die kühle Winterluft tief ein und konnte sich an dem einzigartigen Panorama der schneebedeckten Berge nicht satt sehen.

Nicola genoß an diesem Vormittag das Skifahren, das Gefühl des Freiseins.

Sie verfügte über eine großartige Körperbeherrschung und forderte sich, selbst auf die Gefahr hin, in den nächsten Tagen einen schlimmen Muskelkater zu haben.

Am Mittag fand sie die Gräfin in keiner besseren Verfassung vor.

»Ich muß den Klimawechsel wohl erst verkraften«, meinte sie matt, als sie wiederum kaum etwas aß und wirklich müde und abgespannt wirkte.

»Legen Sie sich doch heute nachmittag ins Bett«, riet Nicola.

»Hoheit, wo denken Sie hin«, protestierte die Gräfin entrüstet.

Allerdings fühlte sie sich wohl doch zu schlecht, um Nicola etwas Gemeinsames für den Nachmittag vorzuschlagen.

So stürzte diese sich wieder in das sportliche Vergnügen. Am Abend war sie völlig geschafft, die Gräfin allerdings auch, obwohl sie nur in einem sehr eleganten Café gesessen hatte.

Der zweite Tag verging ähnlich wie der erste. Nicola kam sich richtig ein bißchen schlecht vor, weil sie die Klimaumstellungsschwierigkeiten der Gräfin begrüßte. So konnte sie tatsächlich tun, was sie wollte.

Beim Abendbrot erschienen die Damen stets in großer Garderobe. Obwohl es im Speisesaal angenehm warm war, hüllte sich die Gräfin ganz fest in ihr Nerz­jäckchen.

»Ist Ihnen etwa kalt?« wollte Nicola erschrocken wissen.

»Nein, mir ist gar nicht kalt«, widersprach die Gräfin zwar, aber Nicola glaubte ihr nicht.

Am nächsten Morgen wartete sie vergeblich am Frühstückstisch auf die Gräfin. Der Ober kam mehrmals diskret an ihren Tisch und fragte höflich, ob er servieren könne. »Ich möchte noch warten«, trug sie ihm dann jedesmal auf.

Nach einer halben Stunde endlich stand sie auf und fuhr mit dem Lift nach oben. Sie klopfte an die innere Tür des Apartments der Gräfin.

Von drinnen klang ein klägliches »Herein«.

Sie trat ein und fand die Gräfin im Bett vor. Allerdings machte sie ihr sogleich beschwichtigende Zeichen.

»Prinzessin, treten Sie nicht näher, ich fürchte, ich habe die Grippe. Sie werden sich unter Umständen anstecken.«