Erinnerungen eines Auslandsschullehrers - Engelbert Manfred Müller - E-Book

Erinnerungen eines Auslandsschullehrers E-Book

Engelbert Manfred Müller

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Beschreibung

Nach den Erinnerungen eines Auslandsschullehrers erscheinen hiermit die Erinnerungen des Autors an seine Zeit in Mexiko, mit weniger Bildern, aber mehr Text, der sich vor allem mit den ambivalenten Erfahrungen an der deutschen Schule in Guadalajara auseinandersetzt. Der aber natürlich auch die angenehmen Seiten des Aufenthalts schildert.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Der Entschluss und der Anfang

2 Das Versprochene und die Realität - Enttäuschungen gleich am Anfang

3 Die Behörden

4 Die Umgebung

5 Elena oder Wagner mit Whisky

6 Unruhige Zeiten

7 Besondere Aktivitäten

8 In den Dramatischen Situationen

9 Der Abschied

10 Es bleibt die Frage: Was Ist Mexiko?

Vorwort

Lange habe ich gezögert, diese Erinnerungen aufzuschreiben. Ich gebe zu, aus Angst. Von dieser Angst weiß ich nicht, ob sie einen realen Hintergrund hatte, oder ob sie psychotisch war. Vielleicht auch aus Angst, mich zu sehr zu ärgern. Ein guter Freund meinte, ich würde nun wohl aus therapeutischen Gründen diese Erinnerungen schreiben. Einige Erinnerungen habe ich literarisch verarbeitet, in dem Band „So nah und so fremd. Erzählungen aus Lateinamerika.“. In diesem vorliegenden Sachbuch konnte ich nicht widerstehen, in einem Kapitel eine weitere Erzählung zu bringen, „Elena oder Whisky mit Wagner“, weil sie bisher nicht veröffentlicht wurde. Wen nur die reine Sachlichkeit interessiert, kann das Kapitel ja auslassen, obwohl nur so die ganze Atmosphäre dieser mexikanischen Welt eingefangen wurde.

Dieses Buch enthält im Gegensatz zum ersten Teil der Erinnerungen nur ganz wenige Fotos. Weitere Fotos kann man in dem Buch „Mit dem VW-Bus in die Kupferschlucht“ sehen. Vielleicht werden Videos auf Youtube mit den reinen Reise-Erinnerungen folgen, die in diesem Band keinen Platz finden.

1 Der Entschluss und der Anfang

Nachdem wir 1982 von unserem ersten Auslandsaufenthalt in Chile zurückkamen, hatte ich zum Schulrat in Köln gesagt:

“Ich freue mich darauf, wieder mit Unterprivilegierten zu arbeiten“, worauf dieser mich prompt in die pädagogische Unterwelt, in die Hauptschule Tiefentalstraße in Köln-Mülheim geschickt hatte. „Und wenn es Ihnen zu viel wird, kommen Sie wieder zu mir.“ Das geschah nach einem halben Jahr, auf Grund der negativen Erlebnisse, die ich dort hatte. Äußerst positiv waren dagegen die Erfahrungen mit einer türkischen Seiteneinsteiger-Klasse, die es damals noch gab, gleich nebenan in der LangemaßStraße. Mit einem türkischen Kollegen arbeitete ich dort wunderbar zusammen, und die Schüler waren sehr motiviert.

Motiviert waren sie auch in der Vietorstraße in Kalk, wo ich davor noch ein halbes Jahr mit 100 türkischen Seiteneinsteigern und vier türkischen Kollegen arbeitete. Diese Schule wurde leider nach einem halben Jahr aufgelöst. Damals fühlte ich mich sehr schwung- und kraftvoll, weil uns unsere letzte Reise in Chile auf Pferderücken eine Woche lang in die Anden geführt hatte, bis auf 4600 m hoch. Und die dementsprechende vermehrte Bildung von Blutkörperchen machte sich dann auch noch in den anschließenden Wochen am Strand bei Bahia positiv bemerkbar. Und nun auch noch in Deutschland. Deshalb war der Schulrat wohl der Überzeugung, dass ich nicht so leicht überfordert sein könnte. Und so war seine Antwort auf meine Bemerkung „Jetzt ist es soweit. Ich kann es in der Tiefentalstraße nicht mehr aushalten“ einfach: „Leider finde ich keinen Ersatz für Sie.“

Gleichzeitig lief aber meine Bewerbung für die Gesamtschule, über die Bezirksregierung, nicht über das Schulamt der Stadt Köln. Das hatte dann sieben erfolgreiche Jahre an der Gesamtschule Kalk/Höhenberg zur Folge, die heute Katharina-Henoth-Schule heißt.

Dann aber holten uns zwei Dinge ein:

Wir sehnten uns auf einmal nach einem südlichen Sternenhimmel. Und unsere Kinder brauchten auf Grund ihres Studiums und ihrer Ausbildung so viel finanzielle Hilfe, dass das Geld aus meinem Gehalt knapp wurde. Und so gaben uns unsere Kinder das Signal „Wir haben nichts dagegen, wenn ihr euch noch einmal für eine Auslandsschule bewerbt.“ Das machte ich dann prompt, musste dazu zwei Stunden vor dem Dezernenten halten. Eine Stunde davon handelte von der Kölner Hexe Katharina Henoth. Der Dezernent war offensichtlich zufrieden. Nun musste ich noch zu der zuständigen Frau beim Regierungspräsidenten. Der gestand ich unverblümt: „Eigentlich halte ich nicht viel von deutschen Auslandsschulen. Aber wenn ich vermittelt werde, wird die Schule trotzdem etwas von mir als Pädagogen haben.“ Mein Eindruck auf sie war wohl so positiv, dass sie mich als Fachleiter für Deutsch vorschlagen wollte. Ich versuchte mit Erfolg, ihr das auszureden, da man nach meinen Erfahrungen mit jeder Art von Leitungsfunktion unweigerlich in die landespolitischen Probleme hineingezogen würde. „Besser ist es, wenn Sie mich als einfachen Lehrer vorschlagen.“ „Aber bei einer Zweitvermittlung muss man doch eine Funktionsstelle haben.“

„Bei Gott und dem Bundesverwaltungsamt ist kein Ding unmöglich“ antwortete ich

Als ich dann trotz erster Widerstände beim Verwaltungsamt vorstellig werden durfte, zeigte sich, dass mein Urteil über dieses Amt richtig gewesen war. Ich bekam, wie es mein Wunsch gewesen war, keine Stelle in Ekuador angeboten, sondern statt dessen eine in Guadalajara in Mexiko. Vor Chile hatte ich mir Mexiko gewünscht. Nun hatte ich Mexiko. Ich wurde aber vom Bundesverwaltungsamt fairerweise gewarnt. Man zeigte mir sogar den negativen Bericht meines Vorgängers Linsenmeier in einer Gewerkschaftszeitung. Daraus gingen der Einfluss der Eltern auf das Schulgeschehen und die negativen Einflüsse einer mexikanischen Direktorin hervor. Das hatte dazu geführt, dass der Kollege schon nach zwei Jahren die Schule wieder verließ. Der normale Turnus in einem tropischen Land wie Mexiko wäre 2 Jahre, plus 1, plus 1, plus 2 gewesen.

Da mir aber gleichzeitig das pädagogisch-organisatorische Profil der Schule gezeigt wurde, sagte ich mir und dem Bundesverwaltungsamt: „Solche Dinge kenne ich ja von meinem ersten Lateinamerika-Aufenthalt in Chile. Deshalb nehme ich das Angebot an.“ Dass die Klassenstärke zumindest im Deutschunterricht mit etwa 15 Schülern nur die Hälfte einer normalen Klassenstärke betrug, fand ich sogar regelrecht verlockend. Später zeigte sich dann, dass das eine falsche Information war. Entweder war diese Änderung noch nicht beim BVA angekommen, oder sie war bewusst von der Schule, sprich vom Direktor, nicht gemeldet worden.

Ich nahm nun zum zweiten Mal in meinem Leben an einem Vorbereitungskurs für Deutsch als Fremdsprache teil, von der Sache her eher überflüssig, für mich eine günstige Gelegenheit, zwei Wochen lang Barcelona kennenzulernen. Beim ersten Mal hatte ich vier Wochen in Valencia an einem solchen Kurs teilgenommen, wo der damalige Schulleiter der jetzige von Guadalajara war. Damals wurde von den deutschen Kollegen kolportiert, er überlege, ob er nicht als Manager bei Ford anfangen solle. Sein Auftreten im Nadelstreifenanzug konnte solche Vermutungen nahelegen.

Nun waren wir schon 50 Jahre alt und in dem Hotel in Guadalajara, in dem wir die ersten Tage verbrachten, überlegten wir, ob wir uns mit diesem zweiten Auslandsaufenthalt nicht zu viel vorgenommen hatten. Das Wetter war schwül-heiß, und wir lagen nackt auf unseren Betten im Hotel und versuchten, die ersten notwendigen Schritte telefonisch zu erledigen.

In Chile war alles von der Schule aus besser für die deutschen Lehrer organisiert gewesen. Es gab einen Betreuungslehrer, der den Neuen eine Wohnung oder ein Haus besorgte. Die zollfreie Einfuhr eines Autos ermöglichte kurze Zeit nach der Ankunft die Übernahme dieses Wagens. Die deutschen Kollegen begrüßten die Neuen schon herzlich am Flughafen und fuhren sie anschließend in ihr Haus. Nun war das teilweise darauf zurückzuführen, dass die staatlichen Bedingungen für Deutsche in Chile besser waren als in Mexiko. Aber die Organisation der Betreuung war auf die Schulleitung zurückzuführen oder auf die Tatsache, dass die Anzahl der deutschen Lehrer mit 25 in Chile viel größer war als in Guadalajara, wo es nur insgesamt 4 waren. Staatlich bedingt war wohl auch die Schwierigkeit, in Mexiko ein Konto einzurichten und Überweisungen vorzunehmen. Obwohl mittlerweile –von 1977 bis 1990- 13 Jahre ins Land gegangen waren. Mein Vorgänger, der schon nach 2 Jahren nach Deutschland zurückgekehrt war, hatte das mit den Worten ausgedrückt: „In Mexiko ist alles anders.“ Ich hatte ihm nicht geglaubt.

Nun mussten wir erstmal ein Auto haben. Und tatsächlich! Wir schafften es, telefonisch mit Hilfe des Telefonbuchs einen Händler ausfindig zu machen, der uns schon bald einen VW Golf verkaufte.

Der Schulleiter war zuerst sehr freundlich zu uns. Vielleicht bewunderte er ein wenig unser Selbstbewusstsein. So nebenbei ließ er nämlich mal eine Bemerkung darüber fallen, dass er das an den beiden anderen deutschen Kollegen vermisste. Die ersten Kontakte mit dem Sekretariat der Schule waren auch sehr freundlich. Wir konnten unsere beiden Metallkisten, in denen unser wichtigstes Gepäck verstaut war, in der Schule unterstellen, und später wurden diese und unsere Koffer von dem Boten der Schule mit dem schuleigenen Transporter zu unserem zweiten Hotel in San Isidro und später in unser Haus gefahren.

Wir wollten vor Schuljahresbeginn noch einen vierwöchigen Urlaub an der mexikanischen Pazifikküste verbringen, um dann erholt und frisch die Arbeit an der Schule und die Einrichtung in dem gemieteten Haus zu beginnen. Schon in dem Hotel in San Isidro wich das anfängliche Gefühl, ob wir uns in diesem Alter nicht übernommen hätten, einem Gefühl der Abenteurer- und Entdecker-Lust. Hier umgab uns nicht mehr die großstädtische und hektische Atmosphäre einer Fünfmillionenstadt. Guadalajara ist ja die zweitgrößte Stadt Mexikos, nach der Metropole Mexiko Stadt. Bei der schwankten die Angaben über die Einwohnerzahl zwischen 21 und 25 Millionen.

San Isidro ist ein –in großen Teilen des Jahres grünes- malerisches Tal, noch außerhalb des Stadtteils Zapopan, der fast 1,3 Millionen umfasst. Eine der Sekretärinnen hatte uns für unseren Urlaub den Tipp Guayabitos im Staate Nayarit gegeben. Dort erwartete uns dann tatsächlich die paradiesische Küste in den mexikanischen Tropen, die immer wieder in den nächsten Jahren unser beliebter Treffpunkt mit unseren Kindern sein würde. Dann allerdings in den Weihnachtsferien, in denen das Klima wesentlich angenehmer sein würde als in diesen schwül-heißen Zeiten im Juli und August.

So verbrachten wir die ersten Wochen in unserer neuen Heimat in einer tropischen Umgebung mit einer ungewohnten üppigen Vegetation, endlos vielen Schmetterlings-arten, Seevögeln wie Pelikanen, Kormoranen und Fregattvögeln, Donner und Blitz, Überschwemmungen und einem Geruch nach Verwesung, der uns aber nicht unangenehm vorkam.

Einfach der totale Kontrast zu unseren letzten Wochen in Deutschland. Dort mussten wir ja unsere Wohnung in Bergisch Gladbach ein paar Wochen vor der Ausreise auflösen und wohnten in einer Ferienwohnung im Bergischen, auf einem Bauernhof mit frischer Luft und dem Geruch nach Dünger und Kuhmist. Unsere Verwandten und Bekannten besuchten uns dort, um sich von uns vor unserem zweiten Auslandsabenteuer zu verabschieden. Einige wenige außer unseren Kindern hatten später den Mut und die Initiative, uns in Mexiko zu besuchen.

Nach Guayabitos hatte ich auch mein Malzeug mitgenommen. So begann ich schon dort, mein Malhobby auszuweiten. Noch nie hatte ich so viel gemalt wie in den vier Jahren in Mexiko.

Die wunderbaren Reisen in Mexiko stellen ja ein ganz anderes Kapitel in meinen Erinnerungen als Auslandslehrer dar, ein Kapitel, dem ein eigenes Buch gewidmet ist mit dem Titel „Mit dem VW-Bus in die Kupferschlucht. Reisen in Mexiko“

Nach erlebnisreichen Wochen an der Pazifikküste kehrten wir wieder nach San Isidro zurück. Hier wohnten nicht nur die drei anderen deutschen Kollegen, sondern hierhin war mittlerweile auch die deutsche Schule umgezogen.

Schon in den letzten Tagen im Hotel begannen wir mit unserem zweiten Hobby, dem Wandern. Wir wussten ja, wir mussten uns bewegen, um gesund zu bleiben. So taten wir etwas, was selbst in dieser