Exerzitien der Nächstenliebe - Michael Pflaum - E-Book

Exerzitien der Nächstenliebe E-Book

Michael Pflaum

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Beschreibung

Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst! Richtet nicht! Vergib dem Nächsten! Liebet eure Feinde! Seid dankbar! Die Goldene Regel. Das sind zentrale Aspekte der Ethik Jesu. Allgemein wissen wir das. Aber wie können wir das konkret umsetzen? In den letzten 40 Jahren sind drei Übungswege neu entstanden, die alle drei auf ihre Weise helfen, die Nächstenliebe zu fördern – ganz konkret im Alltag: Gewaltfreie Kommunikation, Naikan und The Work. Sie setzen Jesu allgemein formulierte Ethik in durchführbare Übungswege um. Zusammengenommen ergeben die drei Wege eine besondere Art von Exerzitien der Nächstenliebe. Mit 52 Einheiten werden Sie in diese drei Wege im Licht der Ethik Jesu eingeführt. Jede Einheit besteht aus einer Predigt, Übungen und einem Gebet. Eine Einheit kann Sie eine Woche lang begleiten; so ergibt sich ein Jahr, in dem Sie sich besonders in der Nächstenliebe üben.

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Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst

Inhaltsverzeichnis

Vorwort: Wie man dieses Exerzitienbuch nutzen kann

1. Woche – Pfingstwoche: Drei neue Wege, die Nächstenliebe zu üben

2. Woche: Zuhören schafft Verbindung

3. Woche: Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst – Ziel der GfK

4. Woche: Naikan über eine Woche

5. Woche: Naikan Einführung

6. Woche: Beginne mit den Tatsachen!

7. Woche: Gefühle sind Signallämpchen

8. Woche: Bedürfnisse und Strategien

9. Woche: Das Bedürfnis ist der Grund

10. Woche: Aufrichtig bitten

11. Woche: Die 4 Schritte einüben

12. Woche: Naikan und der barmherzige Vater

13. Woche: Egozentrik nach Naikan

14. Woche: Empathisches Zuhören

15. Woche: Beispiele Empathiegespräche

16. Woche: Jenseits vom Schwarzen Peter Spiel

17. Woche: Unkraut im Weizenfeld und die Wolfssprache

18. Woche: Naikan und Eltern

19. Woche: Naikan und Dankbarkeit

20. Woche: Schwierigkeiten, die 3. Frage, Schuldgefühle und Bedauern

21. Woche: Innere Empathie, 1.Teil

22. Woche: Innere Empathie, 2.Teil

23. Woche: The Work Einführung, 1.Teil

24. Woche: The Work Einführung, 2.Teil

25. Woche: Sanftmut mit sich selbst und ein Work-Beispiel

26. Woche: Verzeihen

27. Woche: Kritik annehmen, Tipps für passendes GfK

28. Woche: Glaubenssätze und Balken im eigenen Auge bei Naikan

29. Woche: Die Naikanfragen zu Lügen, Stehlen, Zerstören

30. Woche: Ein Nein sagen und aufnahmen können

31. Woche: Müssen umdeuten

32. Woche – Advents-/Weihnachtswoche: Maria und Elisabeth begegnen sich

33. Woche: The Work ausführlich – sechs Wutsätze bilden

34. Woche: Nichtwissen entdecken

35. Woche: Die drei Angelegenheiten

36. Woche: Gelebte Umkehrung und was man bei den Umkehrungen finden kann

37. Woche: Zwischen Angriff und Erdulden

38. Woche: Vom Mangel und von der Fülle

39. Woche: Illusion der Getrenntheit

40. Woche: Dienend leiten

41. Woche: Die Logik der Gewalt

42. Woche: Die Goldene Regel und das Zusammenspiel der drei Wege

43. Woche: Work mit Ich-Sätzen

44. Woche: Feindesliebe und Work

45. Woche – Woche vor Palmsonntag: Trinität – der zerrissene Gott

46. Woche – Gründonnerstag: Letztes Abendmahl

46. Woche – Karfreitag: Die sieben Worte Jesu am Kreuz

47. Woche – Osterwoche: Osterfreude und Humor

48. Woche: Thomas und die Wundmale

49. Woche: Gelassenheit, wie jeder Tag ein guter Tag wird

50. Woche: Petrus und Paulus zerstritten und wieder versöhnt

51. Woche: Ignatius´ Brief über Gespräche

52. Woche: Spuren für die Ewigkeit bei ihm

Abschluss: Wie kann ich weiter üben?

Anhang 1: Über das Leben von Rosenberg, Yashimoto und Byron Katie

Anhang 2: Kritische Reflexion zu The Work und Spiritualität von Byron Katie

Anhang 3: Vorschlag für ausführliches Naikan in ca. 50 Einheiten

Anhang 4: Beispiele als Anregung für eigenes Naikan

Anhang 5: Vorschlag für den Tagesablauf in einem Mehrtageskurs

Anhang 6: Übersicht GfK

Anhang 7: Tipps für sich gegenseitig begleiten bei GfK, Naikan und The Work

Anhang 8: Arbeitsblätter

Anhang 9: Lösungen für Übungen

Literatur

Literaturnachweise

Vorwort: Wie man dieses Exerzitienbuch nutzen kann

Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst! Richtet nicht! Goldene Regel: Handle so, wie Du von anderen behandelt werden willst! Vergib dem Nächsten! Liebe deine Feinde! Seid dankbar! Das sind zentrale Aspekte der Ethik Jesu. Allgemein wissen wir das.

Aber wie können wir das konkret umsetzen? In den letzten 40 Jahren sind drei Übungswege neu entstanden, die alle drei auf ihre Weise helfen, die Nächstenliebe zu fördern – ganz konkret im Alltag: Gewaltfreie Kommunikation, Naikan und The Work. Sie setzen Jesu allgemein formulierte Ethik in durchführbare Übungswege um. Zusammengenommen ergeben die drei Wege eine besondere Art von Exerzitien der Nächstenliebe.

Heute sind viele mit zwischenmenschlichen Herausforderungen konfrontiert. Die Glaubwürdigkeit von Spiritualität und christlichem Glauben zeigt sich im Zwischenmenschlichen. Gründe genug, sich in der Ethik Jesu mit konkreten Wegen zu üben.

Diese 52 Kapitel präsentieren für die drei Wege alle wichtigen Grundlagen. Sie sind ein Einführungskurs. Aber diese Einführung gibt genügend Material an die Hand, um weiter zu üben. Außerdem kann man sich mit anderer Literatur in die drei Wege vertiefen. (Siehe Literatur).

Exerzitien im Alltag

Diese Exerzitien sind Alltagsexerzitien. Im Alltag begegnen wir Mitmenschen. So haben wir genügend Möglichkeiten, quasi täglich zu üben. Es gibt gewissermaßen zwei Übungsorte: Übungen zuhause mit mir selbst, Übungen, die gewaltfreie Kommunikation trainieren, Übungen, in denen ich meine mitmenschlichen Beziehungen mit Naikanfragen oder Work-Fragen betrachte. Der zweite Ort ist das Leben selbst: Übungen der Nächstenliebe im Alltag, in Gesprächen mit unseren Mitmenschen.

Exerzitien für ein ganzes Jahr

Diese Exerzitien sind als eine Begleitung für ein ganzes Jahr angelegt. Wenn Sie sich für jedes Kapitel ca. eine Woche Zeit nehmen, dann haben Sie genug Zeit, die Ansprache zu lesen, wirken zu lassen, die Übungen zu machen, im Alltag zu üben. Wenn Sie nach Pfingsten die Exerzitien beginnen, können Sie in der Karwoche und Osterwoche im nächsten Jahr die passenden Kapitel dazu lesen. Sie können natürlich auch zu einem anderen Zeitpunkt des Jahres, in Ihrem eigenen Tempo die Exerzitien durchführen. Oder man liest erst einmal nur das Buch mit seinen Predigten, ohne die Übungen zu machen. Die meisten Predigten können auch für sich allein gelesen werden. Ebenso ist es möglich, sich nur die Kapitel mit GfK oder nur die Kapitel mit Naikan oder nur die Kapitel mit Work vorzunehmen, um speziell GfK oder Naikan oder Work zu üben.

Mit wem könnte ich üben?

Sie können alleine diese Exerzitien durchführen. Sie können aber auch einer guten Freundin oder einem guten Freund Ihre Antworten zu den Naikanfragen zeigen, oder sie oder ihn bitten, Ihnen die Work-Fragen zu stellen und Sie bei Ihrem Work-Prozess zu begleiten. Oder es bildet sich eine Gruppe, die sich mehrmals über einen Zeitraum trifft. Vielleicht findet sich auch ein Begleiter, der GfK, Naikan und Work kennt. Ich habe selber die Erfahrung gemacht, dass die Gruppenmitglieder sich gegenseitig sehr unterstützen können. Eine kleine Gruppe, die sich ca. vier bis acht Mal trifft, kann für den Einzelnen sehr motivierend sein. Der Erfahrungsaustausch über die einzelnen Übungen und die verschiedenen Beispiele aus dem Leben der Teilnehmer bereichern alle.

Was gilt es zu beachten?

Wenn man Traumata erlebt hat oder wenn man psychisch sehr labil ist, sollte man diese Exerzitien nicht alleine durchführen. Das heißt nicht, dass diese Wege für solche Menschen völlig ungeeignet sind. Aber dann sollte man mit einem Weg anfangen und mit einem erfahrenen Trainer oder Begleiter von GfK, Naikan oder Work üben. Jedoch kann es sein, dass in der speziellen Situation einer psychischen Krankheit oder Traumatisierung andere Heilungswege empfehlenswerter sind..

Ein herzliches Dankeschön

An alle Menschen, die mich unterstützt und ermutigt haben, das Buch zu schreiben und zu veröffentlichen, und mich mit Anregungen beschenkt haben!

An alle, bei denen ich die drei Wege kennengelernt und geübt habe: Angela Dietz, dem Naikan-Zentrum in Tarmstedt und Pim Sommer.

Ein besonderer Dank für die Gruppe, die sich auf diese Exerzitien einließen, quasi „getestet“ haben und mir wertvolle Rückmeldungen gaben.

1. Woche – Pfingstwoche: Drei neue Wege, die Nächstenliebe zu üben

Einführende Predigt zu den Exerzitien der Nächstenliebe

„Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung.“ Gal 5,22f.

Der Auferstandene sendete seinen Jünger und uns allen seinen Geist. Dieser gute Geist, der uns zur Nächstenliebe treibt, ist uns allen geschenkt. Er wird umso lebendiger, umso mehr wir uns der Botschaft Jesu öffnen. Genau dazu laden diese Exerzitien ein. Wir öffnen uns der Ethik Jesu und versuchen sie im Alltag und im Leben mit GfK, Naikan und Work umzusetzen, damit wir mit mehr Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung leben können.

Diese Exerzitien laden ein, in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen an die Botschaft Jesu zu glauben, dass Nächstenliebe möglich ist. Wir haben in unseren Beziehungen Gedanken, Worte und Handlungen, Haltungen und Urteile, die uns und andere belasten, trennen, verletzen. Ein weites Feld, auf dem wir Umkehr einüben können. Paulus lädt uns im Galaterbrief genau dazu ein: „Lasst euch vom Geist leiten“, damit nicht „Feindschaften, Streit, Eifersucht, Jähzorn, Eigennutz, Spaltungen, Parteiungen, Neid und Missgunst“ unser Leben bestimmen. (Gal 5, 16.20f)

Jesu Botschaft lädt uns ein, den Nächsten so zu lieben wie sich selbst, dem anderen das zu tun, was ich vom anderen erwarte, nicht zu richten und erst den Balken im eigenen Auge zu suchen, den Feind zu lieben, dem Nächsten zu vergeben, dankbar zu sein. Diese Einladungen sind auch frohe Botschaft. Wer diesen Worten folgt, wird Gnade im alltäglichen Umgang miteinander erleben. Das Reich Gottes wird im eigenen Leben erlebbar.

Aber wie können wir das Gebot der Nächstenliebe, die Goldene Regel, das Nicht-Richten, das Vergeben, die Feindesliebe, die Dankbarkeit konkret einüben und umsetzen? Wie können wir die Liebe, die Paulus so schon besingt, leben?

In den letzten 30-50 Jahren sind drei neue Übungswege entwickelt worden, um die Nächstenliebe zu fördern: die gewaltfreie Kommunikation von Marshall Rosenberg, Naikan von Yoshimoto-Sensei und The Work von Byron Katie. Sie zusammen ergeben eine neue Art von Exerzitien, die sich besonders unserer Beziehungen zu den Nächsten widmen. Sie zeigen auf verschiedene Weise auf, wie wir das Gebot der Nächstenliebe, die Goldene Regel, das Nicht-Richten, das Vergeben konkret einüben und umsetzen können.

Die bekanntesten Exerzitien hat Ignatius von Loyola verfasst. Er hat verschiedenste spirituelle Übungen aufgegriffen und zusammengestellt. Einige seiner Übungen haben ihren Ursprung in der stoischen Philosophie der Antike. Schon vor ihm haben christliche Lehrer diese Übungen im christlichen Kontext neu interpretiert und angewendet.

Seine Exerzitien legen ihren Schwerpunkt auf die Beziehung zu Gott. Natürlich kommen auch die Beziehungen zu den Mitmenschen in den Blick, z. B. in der Gewissenserforschung. Aber das Hauptaugenmerk liegt in der Suche nach Christus bzw. Gott.

Diese Exerzitien wenden sich besonders unseren zwischenmenschlichen Beziehungen zu. Die Beziehung zu Gott, zu mir selbst und zum Nächsten hängen zusammen. Deswegen bewirkt ein Wachstum in einem Beziehungsbereich auch ein Wachstum in einem anderen Beziehungsbereich. Jedoch können wir uns in der Beziehung zu Gott eher Illusionen hingeben. Wir meinen, wir würden Gott lieben. Wir meinen, wir seien weiter und übersehen Schattenanteile und Egotendenzen in uns, die uns am Wachstum hindern. Unsere Beziehungen zu den Mitmenschen dagegen offenbaren uns schonungsloser, wo wir stehen. Schon der Autor der Johannesbriefe schreibt: „Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott!, aber seinen Bruder hasst, ist er ein Lügner.“ (1 Joh 4,20). Man könnte auch sagen: der belügt sich selbst. Und nicht selten gibt es Menschen, die zwar viele Exerzitien und spirituelle Kurse besucht haben und ein Gebetsleben pflegen, jedoch zu ihren Nächsten verletzend, unversöhnlich, arrogant oder distanziert sind.

Deswegen können Exerzitien, die sich besonders der Nächstenliebe widmen, die üblichen Exerzitien, die besonders die Ausrichtung auf Gott einüben, ergänzen. Unsere Nächsten zeigen uns deutlich unsere blinden Flecken und unsere Egotendenzen. GfK, Naikan und Work setzen genau da an und fördern unsere Nächstenliebe auf erstaunlich konkrete Weise und damit auch unsere Selbsterkenntnis, Selbstliebe und Gottesliebe.

Häufig setzt die Umkehr an dem Gedanken an: Er/sie sollte dies tun oder nicht tun. Der Andere redet, verhält sich oder handelt anders, als wir es uns wünschen. Wir wollen vom anderen, ganz allgemein und traditionell spirituell gesprochen, mehr Macht, er soll tun, was wir wollen, Ansehen, er soll mich loben, achten, oder Reichtum, er soll mir das oder jenes geben, und wenn wir es nicht bekommen…? Akzeptieren wir die Freiheit des anderen? Oder werden wir wütend, vorwurfsvoll, distanziert? An diesem Punkt beginnt die Umkehr, zu der die gewaltfreie Kommunikation, Naikan und Work einlädt.

Überblick über die drei Wege

Die gewaltfreie Kommunikation zeigt uns einen Weg, wie wir im Gespräch unsere Anliegen ohne Drängen und Anklage vorbringen können und uns auch dem anderen mit seinen Wünschen, Ansichten und Bedürfnissen öffnen können. In vier Schritten bringen wir unser Anliegen vor: Was ist die Tatsache ohne Bewertung und Deutung? Was ist mein Gefühl und mein Bedürfnis, um das es geht? Und um was bitte ich den anderen, in aller Freiheit? Und gleichzeitig höre ich hin, wie es dem anderen geht, welche Bedürfnisse er hat, was er gerade fühlt und braucht. So kommt Nächstenliebe und Selbstliebe in Balance.

Naikan öffnet unsere Augen für das Geben und Nehmen im Alltag und in der Vergangenheit. Wir sind fixiert auf das, was wir nicht bekommen (haben), und übersehen, was wir bekommen (haben), was wir geben und gegeben haben, wie stark der Fluss der Liebe von Geben und Nehmen wirklich ist, und wann wir anderen Schwierigkeiten bereiten. Drei konkrete Fragen in Bezug auf eine Person und einen Zeitraum verändern unsere eingeschränkte Sichtweise: Was hat die Person für mich getan? Was habe ich für die Person getan? Und welche Schwierigkeiten habe ich der Person bereitet? Die Frage, mit der wir uns üblicherweise besonders intensiv beschäftigen, welche Schwierigkeiten hat die Person mir bereitet, legen wir bei Naikan zur Seite. (Bei Work greifen wir unsere Antworten zu dieser Frage auf und hinterfragen sie. Wir werden sehen, dass Naikan und Work auf verschiedenen Wege oft ähnliche Erkenntnisse offenbaren.)

The Work widmet sich besonders unseren Urteilen. Er/sie tut nicht das, was ich mir wünsche. Und schon beginnen unsere Urteile: Er sollte…, er ist…, ich bin wütend…, ich brauche…, ich will nicht erleben…! Zusammengefasst: Er bereitet mir Schwierigkeiten… Aber stimmen diese Urteile? Oder verzerren sie meine Sichtweisen? Übersehe ich andere Aspekte oder Perspektiven? Das untersucht Work mit vier Fragen, bildet aus dem Urteil drei Umkehrungen und schaut nach, ob diese nicht auch wahr oder sogar wahrer sein könnten. Bsp. Er hört mir nicht zu! – 1. Ist das wahr? 2. Kannst du absolut sicher sein, dass das wahr ist? 3. Wie reagierst du, wenn du das glaubst? 4. Wer wärst du ohne diesen Gedanken? Und wie wahr sind die Umkehrungen? 1. Er hört mir zu! 2. Ich höre ihm nicht zu! 3. Ich höre mir nicht zu! Ganz konkret lädt uns die Untersuchung der Umkehrungen zum Umdenken und Umkehren ein. Viele unserer Urteile sind einseitig, übertreiben und trennen uns vom anderen und von uns selbst. Wenn wir sie mit den vier Fragen und den Umkehrungen hinterfragen, verlieren sie ihre Macht über uns und der Fluss der Liebe kann wieder besser fließen. Alle drei Übungswege zusammengenommen ergänzen sich und gleichen sich in ihren jeweiligen Einseitigkeiten aus. Darauf werde ich an anderer Stelle noch zurückkommen.

Übung:

An diesem ersten Tag lade ich Sie ein, auf Ihre Beziehungen zu Ihren Mitmenschen zu schauen und sich folgende Fragen zu stellen:

Welche Menschen prägen mein Leben? Welchen Menschen verdanke ich viel?

Welche Menschen bereiten mir Schwierigkeiten? Wem kann ich schwer verzeihen?

Welche Situationen, Gespräche, Konflikte mit Menschen belasten mich gerade?

Welche Beziehungen zu wem möchte ich in den nächsten Wochen besonders anschauen?

Diese Fragen machen Ihnen bewusst: Wo stehe ich gerade mit meinen mitmenschlichen Beziehungen? Wo sollte ich meine Umkehr beginnen? Ich empfehle Ihnen, sich ein paar Notizen zu machen. Sie können in den folgenden Wochen sie immer wieder aufgreifen für Ihre Übungen.

Gebet:

Herr Jesus Christus: Du lädst mich ein, umzukehren und an die frohe Botschaft zu glauben: Das Reich Gottes beginnt – auch in meinem Leben.

Gib mir Deinen Geist, damit ich in der Liebe zu meinen Nächsten wachse. Amen!

2. Woche: Zuhören schafft Verbindung

In dieser Woche beginnen wir mit der gewaltfreien Kommunikation. Wir können sie auch gesunde oder heilende oder wertschätzende Kommunikation nennen. Ihr Ziel ist es letztlich, mehr Frieden und Verbindung unter den Menschen zu schaffen. Das können wir nur durch wertschätzendes Zuhören und echte Empathie erreichen. Heute möchte ich eine erste Einführung in das empathische Zuhören geben. Ein Beispiel aus der Friedensarbeit von Marshall Rosenberg verdeutlicht das eindrucksvoll..

Joh 14,23-29: Meinen Frieden gebe ich euch

Der Auferstandene spricht uns seinen Frieden zu. Mit seinem Hl. Geist sollen wir Werkzeuge seines Friedens werden. Unser Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht. Aus diesem inneren Frieden können wir Frieden stiften.

Wie kann das konkret ausschauen? Wie können wir aus einem inneren Frieden heraus Frieden weitergeben? Beeindruckend finde ich immer wieder folgende Erzählung von Marshall Rosenberg, den Begründer der gewaltfreien Kommunikation.

„Einmal präsentierte ich die gewaltfreie Kommunikation in einer Moschee im Flüchtlingslager Deheisha in Bethlehem vor etwa 170 palästinensischen, männlichen Moslems. Die Haltung der Palästinenser gegenüber Amerikanern war zu der Zeit nicht gerade freundlich. Während ich redete, merkte ich plötzlich, wie eine Welle gedämpfter Aufregung durch die Menge ging. „Sie flüstern, dass du Amerikaner bist!“ warnte mich gerade mein Übersetzer, als ein Mann aus dem Publikum auf die Füße sprang. Er sah mir direkt ins Gesicht und schrie aus vollem Hals, „Mörder!“ Augenblicklich fiel ein Dutzend Männer mit ihm in einen Chor ein, „Attentäter!“, „Kinderkiller!“, „Mörder!“.

Auf meinem Weg in das Flüchtlingslager hatte ich mehrere leere Tränengaskanister gesehen, die in der Nacht zuvor in das Lager geschossen worden waren. Auf jedem Kanister stand deutlich lesbar die Aufschrift „Made in USA“. Ich wusste, dass die Flüchtlinge viel Ärger gegen die Vereinigten Staaten aufgestaut hatten wegen der Versorgung Israels mit Tränengas und anderen Waffen. Ich sprach zu dem Mann, der Mörder zu mir gesagt hatte:

Ich: Ärgern Sie sich, weil Sie möchten, dass meine Regierung ihre Mittel anders einsetzt?

Er: Verdammt nochmal, ja, ich ärgere mich! Sie glauben, wir brauchen Tränengas? Wir brauchen eine Kanalisation und nicht euer Tränengas! Wir brauchen Wohnungen! Wir brauchen ein eigenes Land!

Ich: Sie sind also wütend und hätten gerne Unterstützung, um Ihre Lebensbedingungen zu verbessern und auch für Ihre politische Unabhängigkeit?

Er: Wissen Sie, wie es ist, hier 27 Jahre lang zu leben, so wie ich mit meiner Familie - Kindern und allem? Haben Sie auch nur den blassesten Schimmer, wie das die ganze Zeit für uns ist?

Ich: Das klingt so, als wären Sie sehr verzweifelt und würden sich fragen, ob ich oder jemand anders wirklich verstehen kann, wie es ist, unter solchen Bedingungen zu leben.

Er: Sie wollen das verstehen? Sagen Sie, haben Sie Kinder? Gehen die zur Schule? Haben sie Spielplätze? Mein Sohn ist krank! Er spielt in offenen Abwässern! In seiner Klasse gibt es keine Bücher! Haben Sie schon mal eine Schule gesehen, die keine Bücher hat?

Ich: Ich höre, wie weh es Ihnen tut, Ihre Kinder hier aufzuziehen; Sie möchten, dass ich verstehe, dass Sie wollen, was alle Eltern für ihre Kinder wollen eine gute Ausbildung, Möglichkeiten zum Spielen und in einer gesunden Umgebung aufwachsen ...

Er: Stimmt genau, die Grundbedingungen! Menschenrechte - nennt Ihr Amerikaner es nicht so? Warum kommen nicht mehr von euch hierher und schauen sich an, welche Art von Menschenrechten Ihr uns bringt!

Ich: Sie hätten gerne, dass sich mehr Amerikaner über das Ausmaß des Leids hier klar werden und sich die Konsequenzen ihrer politischen Entscheidungen genauer überlegen?

Unser Dialog ging noch weiter; er brachte fast zwanzig Minuten lang seinen Schmerz zum Ausdruck, und ich hörte auf die Gefühle und Bedürfnisse hinter jeder Aussage. Sobald sich der Mann verstanden fühlte, konnte er mir zuhören, als ich den Grund meiner Anwesenheit im Lager erläuterte. Eine Stunde später lud mich derselbe Mann, der mich Mörder genannt hatte, zu einem Ramadan-Essen nach Hause ein.“1

Warum ist in diesem Gespräch Frieden entstanden? – jedenfalls Frieden zwischen Rosenberg und seinen Workshop-Teilnehmern! Ärgern Sie sich, weil Sie möchten, dass meine Regierung ihre Mittel anders einsetzt? antwortet Rosenberg auf die Rufe: Mörder, Attentäter! Wie hätten Sie reagiert? Rosenberg richtet seine Aufmerksamkeit auf die Gefühle dahinter. Diese spricht Rosenberg an als Frage: Ärgern Sie sich? Indem er fragt, zeigt er Respekt: Ich weiß nicht, ob es so ist, ich vermute es, aber ich möchte mit Dir offen reden. Und er nennt den Grund des Ärgers, aber als ersehntes positives Bedürfnis. Er sagt nicht: Ärgern Sie sich, weil die USA den Israelis Tränengas liefert? Diesen Stil des Dialogs zieht er konsequent durch: Das klingt so, als wären Sie sehr verzweifelt und würden sich fragen, ob ich oder jemand anders wirklich verstehen kann, wie es ist, unter solchen Bedingungen zu leben. Er spricht das vermutete Gefühl an: Verzweiflung. Und das erahnte Bedürfnis: Der Palästinenser wünscht sich, dass auch ein Amerikaner wie Rosenberg sich ernsthaft in das Elend des Lebens in den besetzten Gebieten hineinversetzt, so gut das überhaupt möglich ist. Weil er so wenig Verständnis erlebt hat, ist er verzweifelt.

Rosenberg stimmte nicht zu und lehnte nicht ab. Er nahm die Worte auf, aber nicht als Angriffe, sondern als Geschenke eines Mitmenschen, der bereit ist, sein Innerstes und seine tiefe Verletzlichkeit mit ihm zu teilen.

Wir kommen oft in Streit und Unfrieden, wenn wir um richtig und falsch diskutieren. Gerade dann ist das Zuhören, das sich auf die Gefühle und Bedürfnisse dahinter richtet, heilsam. Ich kann dem anderen Verständnis zeigen – auch wenn ich eine andere Meinung habe.

Woher nahm Rosenberg die Kraft, den Mörder-Ruf nicht als Angriff zu verstehen? Nur weil er schon so trainiert war, mit Fragen nach Gefühlen und Bedürfnissen zu antworten, konnte er auch in dieser Situation seine „Technik“ anwenden? Aber wenn es nur eine „Gesprächstechnik“ gewesen wäre, hätten dann die palästinensischen Zuhörer ihm geglaubt? Rosenberg hat hinter die Angriffe gehört, er hat die unerfüllten Bedürfnisse und die Gefühle aufgenommen und in Sprache gebracht. Dieses ernsthafte Interesse an ihren Gefühlen und unerfüllten Bedürfnissen haben die Palästinenser gespürt.

Rosenberg selbst hat in seinen Schriften und Interviews immer darauf hingewiesen, dass er an eine „liebende göttliche Energie“ glaubt, die besonders wirkt, wenn wir versuchen, ernsthaft und ehrlich dem anderen zuzuhören. Er hat sie immer wieder in seinen Friedensbemühungen in Ruanda, Serbien und im Hl. Land erleben dürfen: Als eine Gnade, die stetig wirkt, in uns und zwischen uns, insbesondere, wenn wir uns um echte verständnisvolle Verbindung zum anderen bemühen.

Unser Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht. Denn der Auferstandene hat uns seinen Frieden geschenkt. Aus diesem Frieden heraus können wir auch in Situationen, in denen wir Wut, Verzweiflung oder Hass spüren, Werkzeuge des göttlichen Friedens werden.

Übung im Alltag:

Versuchen Sie heute, Ihre Mitmenschen aufmerksam zuzuhören. Sie brauchen nicht gleich versuchen, wie Rosenberg die Gefühle und Bedürfnisse nachzufragen. Es reicht die Entschlossenheit, aufmerksamer als sonst zuzuhören.

Folgende Unterstützung von Eugen Gendlin kann Ihnen helfen, sich dem anderen zu öffnen: Schauen Sie den anderen an und sagen sich innerlich: Da ist jemand drin! Dann entsteht leichter die jetzt gelebte Ich-Du-Beziehung. Probieren Sie es aus!

Gebet

Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens,

dass ich liebe, wo man hasst;

dass ich verzeihe, wo man beleidigt;

dass ich verbinde, wo Streit ist;

dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;

dass ich den Glauben bringe, wo Zweifel droht;

dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;

dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;

dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.

Herr, lass mich trachten,

nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;

nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;

nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.

Denn wer sich hingibt, der empfängt;

wer sich selbst vergisst, der findet;

wer verzeiht, dem wird verziehen;

und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben. Amen. Frankreich 1913

3. Woche: Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst – Ziel der GfK

Diese Woche möchte ich Ihnen einige grundlegende Gedanken der gewaltfreien Kommunikation darlegen und sie mit der Frage verknüpfen: Wie kann ich mich UND den anderen lieben? Geht das überhaupt? Die konkrete Umsetzung werden wir heute noch nicht erläutern, damit beginnen wir nächste Woche. Es kann wertvoll sein, nach paar Wochen diese Predigt nochmal zu lesen, weil einige Bedeutungen erst durch die Übungen deutlicher werden. Trotzdem steht sie hier am Anfang, weil sie den Rahmen für alle weiteren Predigten und Übungen steckt.

Mt 22, 34-40: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.

„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Das ist ja gar nicht so einfach… Sich selbst lieben UND genauso den Nächsten lieben. Wann beginnt bei der Selbstliebe der Egoismus? Wann wird die Nächstenliebe zu viel des Guten, so dass ich in Gefahr stehe, ausgenutzt zu werden oder meine berechtigte Selbstliebe aufgebe?

Jedenfalls meint das Gebot doch: Selbstliebe und Nächstenliebe sollte in Balance sein und immer neu ausbalanciert werden. Ich kann nicht immer für andere da sein. Ich brauche auch Zeit für mich, Erholung, Verbindung zu meinem Gott, eigene Bildung etc.

Hier ist es hilfreich, mit der Sichtweise der gewaltfreien Kommunikation unsere Frage anzuschauen. Diese geht davon aus, dass erstens jeder Mensch sich mit seinem Reden und Handeln und Entscheiden Bedürfnisse erfüllt. Und in den Bedürfnissen unterscheiden wir uns Menschen eigentlich nicht: Jeder/Jede von uns wünscht sich Nahrung, Sicherheit, Akzeptanz, Vertrauen, Freude, Zusammenarbeit, Gleichwertigkeit, Hilfe, Freundschaft, Balance von Geben und Nehmen, Arbeit und Freizeit, Zuhören und Reden, Sinnhaftigkeit usw. Zweitens ist diese Sichtweise überzeugt, dass es Menschen von ihrer eigentlichen Natur aus Freude bereitet, zum Wohlergehen anderer beizutragen, wenn sie das freiwillig tun können.

Zwei Straßengräben Wenn ich mich „aufopfere“, dann erfülle ich mir unbewusst mit diesem Verhalten ein Bedürfnis und andere Bedürfnisse von mir kommen zu kurz. Vielleicht will ich Ansehen beim Vorgesetzten erreichen, vielleicht will ich Harmonie in der Familie erreichen. Aber andere Bedürfnisse kommen dann zu kurz, wie z. B. Selbstbestimmung, Erholung, Entlastung. Dann scheint die Selbstliebe nicht ausreichend verwirklicht. Insofern gab es im katholischen Milieu immer eine gefährliche Tendenz mit dem Spruch: Du musst Dich aufopfern. Also gehorche ich. So wurden nicht wenige ausgenutzt und andere profitierten davon!

Das ist der eine Straßengraben, der andere Straßengraben, der Egoismus, lässt sich so beschreiben: Ich will mir meine Bedürfnisse erfüllen, auch auf Kosten von anderen. Deren Bedürfnisse sind mir nicht so wichtig, eigentlich egal. Und wenn ich nicht bekomme, was ich will, dann muss ich irgendwie Druck machen: Drängen, dem anderen schlechtes Gewissen einreden, umwerben, Vorwürfe machen, drohen, zwingen, evtl. durch Gewalt. Und nicht nur irgendwie müssen meine Bedürfnisse erfüllt werden, sondern genauso wie ich will.

Kurz: Selbstliebe wird Egoismus nach der Logik der GfK, wenn jemand mit irgendeiner Form von Gewalt, z. B. Drängen, Verurteilen, Zwingen mit seinen einseitigen unflexiblen Strategien seine Bedürfnisse durchsetzt und dabei die Bedürfnisse der anderen nicht im Blick hat. Und vielleicht übersieht der Egoist auch in sich selbst tiefe und lebensbereichernde Bedürfnisse und Werte.

Alle Bedürfnisse wertschätzen lohnt sich. Jetzt aber die große spannende Frage: Ist das Ausbalancieren meiner Bedürfnisse und der Bedürfnissen der anderen nicht ein Null-Summen-Spiel? Wenn meine Bedürfnisse mehr erfüllt werden, werden die Bedürfnisse des anderen weniger erfüllt? Ja wenn es immer darum gehen würde, Kuchenstücke zu verteilen, dann stimmte diese Logik.

Aber so viele Bedürfnisse funktionieren nach einer anderen Logik: Meine Freude vermehrt sich, wenn sich andere mitfreuen können. Akzeptanz und Vertrauen wächst nur gegenseitig und vertieft sich nur, wenn es sich bei jedem vertieft. Ich erlebe Sinnhaftigkeit, wenn ich anderen helfe, und für diese erfüllen sich andere Bedürfnisse wie vielleicht Schutz, Bildung, Erfolg.

Deswegen hat Rosenberg diese Bedürfnisse auch Werte genannt: Ich erfülle mir mit Helfen mein Bedürfnis nach sinnhaftem Leben, aber ich schaffe damit auch wertvolles Handeln für andere, für viele. Also viele Bedürfnisse sind eigentlich sozial angelegt, wie z. B. Gemeinschaft, Freundschaft... Sie führen oft zu einer win-win-Situation, wenn wir ihnen folgen, wenn wir z. B. fair, ehrlich, sozial engagiert usw. sind. Viele Bedürfnisse enthalten implizit auch die Goldene Regel: Wenn ich mir Aufrichtigkeit vom anderen wünsche, weiß ich irgendwie, dass ich dann auch selbst aufrichtig sein muss, damit das Zusammenleben auf Dauer klappen kann.

In diesem Kontext sollte man auch den zweiten Grundsatz verstehen: Menschen bereitet es Freude, zum Wohlergehen anderer beizutragen, wenn sie das freiwillig tun können. Denn sie erfüllen sich damit bestimmte soziale Bedürfnisse und Werte, die ihnen wichtig sind.

Aber natürlich kann es Konflikte geben. Da streitet sich ein Paar oder eine Gruppe, was sie machen sollen. Ich habe Bedürfnisse, der andere hat im Moment andere unerfüllte Bedürfnisse. Und auch wenn vielleicht alle das gleiche Bedürfnis haben, wie z. B. Essen, können sich die Wege bzw. Strategien stark unterscheiden: Gehen wir zum Chinesen! Bloß nicht chinesisches Essen. Ich möchte ein Schäufele! Basta! Aber wir wollen doch gemeinsam essen gehen. – Dann muss man im Gespräch gemeinsame Lösungen finden.

Das Wichtigste, damit Selbstliebe und Nächstenliebe in Balance wirklich gelebt werden kann, ist: Miteinander aufrichtig und offen reden. Zwischenmenschliche Liebe, davon bin ich fest überzeugt, verwirklicht sich immer in einer Balance von Zuhören und Reden, von aufrichtigem Reden und empathischen Zuhören. In dieser Balance verwirklicht sich die Balance von Nächstenliebe und Selbstliebe.

Nur in der Balance von Zuhören und echtem Interesse am anderen und ehrlicher Aufmerksamkeit auf meine Bedürfnisse und offenem Aussprechen kann die Balance von meinen Bedürfnissen und die Bedürfnissen der anderen gefunden werden. Dann können neue Lösungen gefunden werden, in der gutes Leben für alle wächst, Freude und Verbindung gesteigert wird und Dankbarkeit und Staunen gefeiert werden kann. Dann ahnen wir, dass uns ein guter Geist, der Geist der göttlichen Liebe belebt und führt.

Übung:

Wo nehme ich im Alltag mir zu wenig Zeit, innezuhalten, auf mich zu schauen, für mich zu sorgen, mich selbst zu lieben? Was nehme ich mir die nächsten Tage vor, an Gewohnheiten einzuüben oder umzustellen, damit ich Zeit für mich, für mein Reifen, für meine Übungen, für meine Selbstliebe habe?

Bernhard von Clairvaux, der den Zisterzienserorden begründet hat, empfiehlt in einem Brief seinem Mitbruder, der Papst geworden ist, dass er aufpassen soll, dass die vielen Aufgaben ihn nicht verhärten. Er solle bedenken: Auch wenn er für alle Christen da sei, solle er immer wieder sich auch um sich selbst kümmern. Man kann sich nicht adäquat um andere sorgen, wenn man sich gar nicht um sich und seine Reifung sorgt.

Gebet:

Herr, du liebst mich und meinen Nächsten.

Lehre auch mich, meinen Nächsten und mich zu lieben.

Zeige mir, meine Bedürfnisse und Sehnsüchte zu achten wie die meiner Mitmenschen.

Gib mir Liebe zu mir und Liebe zu meinen Nächsten, damit ich mit Geduld immer wieder beides zusammenbringe: Meine und ihre Bedürfnisse.

Lass mich spüren und erkennen: Wir alle sind Menschen, die lieben möchten.

4. Woche: Naikan über eine Woche

Diese Woche führe ich Sie in die Naikanübungen ein. Sie bestehen aus drei Fragen, die sich auf eine bestimmte Person beziehen, z. B. Mutter, Vater, Partner, Kind, Arbeitskollege. Die Naikanfragen sind: Was hat die Person für mich getan? Was habe ich für die Person getan? Und welche Schwierigkeiten habe ich der Person bereitet? Bei dieser ersten Naikan- Übung schauen wir nicht auf bestimmte Personen sondern auf alle möglichen Personen, mit denen wir in Kontakt kommen. Wählen Sie einen Zeitabschnitt, auf den Sie zurückschauen möchten. Ich empfehle Ihnen die letzte Woche. (Man kann natürlich auch mit dieser Übung auf den letzten Tag oder auf den vergangenen Monat oder an Silvester auf das vergangene Jahr schauen.) Schreiben Sie nach jeder Frage ein paar Gedanken auf, die Ihnen kommen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade im Alltag das schriftliche Beantworten hilft, bei den Naikanfragen zu bleiben.

Was hat jemand für mich getan?

Machen wir uns bewusst, wie reich wir Tag um Tag, Monat um Monat, Jahr um Jahr beschenkt werden? – Wahrscheinlich viel zu wenig. Diese Exerzitien sind eine Chance, diese Besinnung nachzuholen. So lade ich Sie ein zurückzuschauen.

Was haben andere Menschen für mich getan? – Vielleicht fallen Ihnen erst einmal besondere Ereignisse ein. Wer hat Ihnen in dieser Woche in Schwierigkeiten geholfen? Wer hat Ihnen zugehört, als Sie ein offenes Ohr gebraucht haben? Wer hat sich für Sie eingesetzt? Wer hat Ihnen geholfen? – Bedanken Sie sich innerlich bei diesen Menschen und spüren Sie nochmal nach, welche Verbundenheit dadurch entstanden ist zwischen Ihnen und der Person.

Was haben andere Menschen für mich getan? – Z. B. Mein Ehepartner, meine Eltern oder meine Kinder. Gerade nahestehende Menschen tun so viel tagtäglich für uns. Was hat diese Person regelmäßig für mich getan? Essen gekocht, eingekauft, Garten gemacht, das Auto zur Inspektion gebracht, … Es tut gut, sich dieser kleinen Dinge des Alltags bewusst zu machen und innerlich aus ganzem Herzen dieser Person Danke zu sagen. Wie machen doch gerade die vielen kleinen Dinge des Alltags unser Leben auf stille Weise reich!

Was haben andere Menschen für mich getan? – Denken Sie auch an Ihren Briefträger und Paketdienst, an den Bäcker und Metzger, an Ihren Hausarzt oder die Kassiererin im Supermarkt. Wir lassen ihnen selten innere Dankbarkeit zukommen. Uns hindern dabei oft drei Vorstellungen: Es steht mir zu. Sie tun ihre Pflicht. Und: Es hat wenig Mühe gekostet. Aber ich lade Sie ein, diese Vorstellungen zu hinterfragen: Die Kassiererin muss nicht freundlich zu mir „Schönen Abend“ sagen und mich anlächeln. Außerdem: Der Laden ist bis 20 Uhr geöffnet und Menschen stehen bereit, damit ich einkaufen kann. Oder möchten Sie im Regen Briefe ausfahren? Möchten Sie unter Zeitdruck in der Vorweihnachtszeit schwere Pakete schleppen? Viele sind nicht da – „Wo nun das Paket abgeben?“ Der Hausarzt hat vielleicht am Tag 20 bis 30 verschiedene Personen in seinem Wartezimmer und versucht, jedem etwas Aufmerksamkeit und Kompetenz zu schenken. Und sind wir nicht eher dabei, uns zu beschweren, dass die Pizza kalt war, als uns bewusst zu machen, wie anstrengend es ist, in der Dunkelheit um 22 Uhr Pizzas auszufahren?

Also was haben andere Menschen für Sie getan, die zwar Geld für ihre Leistungen bekommen, aber die sich wirklich bemühen, etwas für Sie zu tun?

Was haben andere Menschen für mich getan? – Und nun lade ich Sie ein, an Menschen zu denken, die Ihnen auch Schwierigkeiten und Probleme bereitet haben. Wir haben dann in unserem Ärger unseren Blick verengt und schauen hauptsächlich auf die Schwierigkeiten. Fragen Sie sich: „Wenn ich etwas von jemandem erhalte und diese Person mir später Probleme bereitet, macht das die ursprüngliche, mir zugedachte Handlung oder Hilfe ungeschehen?“ Sicher nicht. Aber unser Ärger verdrängt die Verbindung, die wir haben durch das, was die Person für uns getan hat. Holen wir wieder diese Szenen heraus, dann kann leichter der Ärger heilen. Wer kommt Ihnen in den Sinn? Der Arbeitskollege, der Sie nervt? Was hat er für Sie getan, an was Sie sich fast nicht mehr erinnern? Der Nachbar oder der Mitchrist in der Gemeinde? Was haben sie für Sie getan?

Wenn wir uns innerlich bei Menschen bedanken, ändert sich unsere Sicht. Unser Fokus richtet sich weniger auf die Schwierigkeiten und Probleme und mehr auf die Unterstützung.

Was habe ich für andere Menschen getan?

Für nahestehende Personen im Alltag? Was sind meine kleinen, regelmäßigen Tätigkeiten für meinen Partner oder Familienangehörigen? Ich darf ruhig das wohlige Gefühl aufkommen lassen, dass ich froh bin, auch geben zu können. Ja dass ich meinem Schöpfer dankbar bin, für andere Menschen da sein zu dürfen.

Was habe ich für Menschen in besonderen Situationen getan? Wie habe ich geholfen oder beigestanden? Zum Glück hatte ich die Augen auf und das Herz offen und habe anderen Menschen beigestanden – seien wir dankbar, wenn wir helfen können.

Was habe ich für andere in meinem Beruf getan? Wo habe ich es gern getan? Und wo habe ich es trotzdem getan, auch wenn es schwer fiel? Ich brauche nicht grübeln, warum ich es getan habe und mit welchen Mischmotivationen. Schauen Sie lieber einfach die Tatsachen an: Sie haben es getan und es hat das Leben anderer bereichert. Seien Sie dankbar, dass Sie das tun konnten.

Und wann habe ich etwas für Menschen getan, mit denen ich es auch schwer habe? Und wenn ich mir das bewusst mache, versöhnt mich diese Erinnerung vielleicht auch etwas mit der Person?

Welche Schwierigkeiten habe ich anderen bereitet?

Zuletzt eine dritte Frage für Ihren Rückblick: Wem habe ich in der letzten Woche welche Schwierigkeiten bereitet? Versuchen Sie nicht, sich zu rechtfertigen. Legen Sie lieber dieses Ereignis zu Jesus Christus und sagen Sie: Ja ich habe diesem Menschen Schwierigkeiten bereitet. Ich lege das zu Dir, denn bei Dir kann Heilung und Versöhnung geschehen. Und auch da kann Dankbarkeit wachsen: Ich darf auch mit meinen Ecken und Kanten zu Jesus kommen. Andere Menschen ertragen meine Ecken und Kanten und halten trotzdem zu mir.

Rückblick auf die Naikanübung

Wenn Sie nun auf diese Naikanübung zurückschauen – was ist Ihnen deutlich(er) geworden? Was für Gefühle kamen vielleicht auch hoch? Möchte Sie vielleicht jemand für etwas danken?

Siehe im Anhang 8 auch ein „Arbeitsblatt“, das helfen kann. Oder Sie legen sich ein Naikan-Notizbuch an.

Auf diese Weise können Sie immer wieder einmal den letzten Tag, die letzte Woche, den letzten Monat oder das letzte Jahr anschauen und würdigen: Was haben andere Menschen für mich getan? Was habe ich für andere Menschen getan? Welche Schwierigkeiten habe ich anderen bereitet?

Übung im Alltag:

Bedanken Sie sich ganz bewusst bei den Menschen, die heute etwas für Sie getan haben.

Gebet:

„Wenn das einzige Gebet, das du während deines ganzen Lebens sprichst, „Danke“ heißt, würde das genügen.“ Sagt Meister Eckhart.

Danke Herr, mein Gott, für diese Zeit und für alles, was Du durch Deine Gnade mir geschenkt hast.

5. Woche: Naikan Einführung

Naikan lässt unsere Dankbarkeit wachsen. Wir erkennen deutlicher, wie viel Menschen uns irgendwie unterstützt haben. Der Fluss der Liebe in Geben und Nehmen wird uns bewusster. Insbesondere gegenüber unseren Eltern ist Naikan üben sehr wertvoll. Mit Naikan wächst unsere Dankbarkeit gegenüber den Eltern und Versöhnung mit ihnen wird möglich. Das hat Auswirkungen auch auf alle anderen Beziehungen. Deswegen werden wir heute beginnen, unsere Beziehung zu den Eltern mit den Naikanfragen zu prüfen.

Mt 18,21-35: Das Gleichnis vom unbarmherzigen Gläubiger

Welche Menschen haben uns normalerweise sehr viel gegeben? Welchen Menschen schulden wir quasi zehntausend Talente? Wenn wir das Gleichnis „klassisch“ übersetzen, schulden wir Gott zehntausend Talente. Aber göttliche Gaben werden im Leben immer irgendwie „weltlich“ vermittelt. Und viele der Gottes Gaben werden uns durch die Eltern geschenkt.

Mit den drei Fragen ziehen wir genauer Bilanz. Oft sehen wir nur das, was wir nicht bekommen haben, obwohl wir es uns gewünscht haben. Wir sind dann wie ein Kind, das sich zu Weihnachten ein rotes Auto gewünscht hat, am Heiligen Abend zehn Geschenke auspackt und dann enttäuscht dasitzt: das rote Auto ist nicht dabei – und die anderen Geschenke werden übersehen und nicht gewürdigt. Wir haben eine Vorstellung, wie etwas ablaufen sollte: eine Party, ein Urlaub usw. Wenn ich dann auf das schaue, was nicht vorhanden ist, blockiere ich meine Sicht auf das, was da ist. Zum Beispiel ärgere ich mich darüber, dass Peter nicht zu Party gekommen ist, und übersehe die anderen Gäste. Ich möchte gerne auf meiner Wanderung Gämsen sehen, aber sie sind nicht da und ich übersehe die Blumenwiese.

Eine Geschichte erzählt auf wunderschöne Weise, wie eine Großmutter ihren beiden Enkelkindern mit den drei Fragen eine neue Sichtweise eröffnet und verzeihen ermöglicht:

Es war einmal vor nicht allzu langer Zeit, da lebten zwei muntere Kinder, ein Junge und ein Mädchen, Tom und Pia, bei ihrer Großmutter in einem hübschen, kleinen Dorf auf dem Lande. Nicht von ungefähr lebten die beiden Kinder bei der Großmutter. Ihre Eltern hatten sich scheiden lassen und waren dabei, ihr Leben neu einzurichten. Der Vater war ins Ausland gegangen, um dort sein Glück zu machen. Die Mutter arbeitete sich in ihren alten Beruf als OP-Schwester ein.

Daher war es ein Segen für die Kinder, dass die Großmutter so viel Platz in ihrem Hause hatte. Tom und Pia waren noch klein, deshalb konnten sie im Dorf zur Grundschule gehen.

Eines Tages, es war schon herbstlich und früh dunkel, saßen Pia und Tom zusammen mit der Großmutter auf dem Sofa. Die beiden Kinder waren wütend und traurig, dass ihre Eltern sich so zerstritten hatten und nichts Besseres zu tun wussten, als sich zu trennen und die Kinder zur Großmutter zu schicken. Tom war besonders böse auf den Papa, der ihm so viel von seinen Maschinen, die er konstruierte, erzählt hatte und der mit ihm in fernen, glücklichen Tagen Modelle gebaut hatte. „Der blöde Papa“ - murrte er „warum nur musste er so weit weggehen, nur weil Mama nicht alles so tat, wie er wollte?“ Pia klagt über die Mama: „Sie hat doch gesagt, dass sie immer für uns da ist. Nun aber kümmert sie sich nur noch um ihren blöden Job!“ Diese Klagen der Kinder hatte die Großmutter schon öfter gehört und das Herz tat ihr weh dabei.

An diesem Abend nun, wo sie jedes Kind neben sich im Arm hatte, fielen ihr auf einmal ihre Zauberhaare ein und sie sagte zu den beiden: „Ihr wisst, ich hab nicht nur Euch so sehr lieb, sondern auch Eure Eltern. Es tut mir Leid, dass Ihr so böse auf sie seid. Habe ich Euch nicht erzählt, dass meine drei Zauberhaare eine besondere Kraft haben? Sie bergen Antworten auf drei heilende Fragen.“

Die Großmutter nimmt mit einen Ruck ein Haar und hält es in der Hand. Sie sagte zu Tom: „Frag' Dich einmal ganz tief in Deinem Herzen: 'Was hat Papa, auf den ich so sauer bin, für mich eigentlich alles getan?' Und Du, Pia, frag' Dich: 'Was hat die Mama, die mich so traurig macht, alles für mich getan?'„

Da wurden die Kinder ganz still. Nach einer Weile knurrte Tom vor sich hin: „Der blöde Papa ... Aber - er hat mit mir gespielt. Er ist mit mir am ersten Schultag zur Schule gegangen. Er hat mich nachts getröstet, als ich voll wilden Tieren geträumt habe. Ach ja - und er hat mir das Radeln beigebracht und ist mit mir herumgefahren... - So blöd ist der Papa ja gar nicht! Und jetzt schreibt er mir tolle Briefe mit Zeichnungen und schickt Briefmarken mit Autos drauf und wenn er kommt, fährt er mit uns an die See und zeigt mir, wie das Surfen geht. - Eigentlich ein toller Papa!“

Pia hatte Tränen in den Augen als sie an ihre Mama dachte: „Was hat Mama alles für sie getan?“ - Erst meint sie nur: „Sie hat mir weh getan, weil sie mich allein gelassen hat.“ Aber dann fiel es ihr ein: „Oh - die Mama so leckere Suppe und so tolle Grütze gekocht. Sie hat mir Puppenkleider genäht. Sie hat die Schultüte bis zum Rand gefüllt. Und so gute Schulbrote hat sie gemacht, mit frischem Salat und Käse. Sie hat die wilde Wespe aus dem Zimmer gescheucht, wo ich doch so Angst hatte. Sie hat mir Halswickel gemacht, als ich die Grippe hatte und jetzt ruft sie jeden Tag an und fragt, was wir so machen und erleben. Sie ist doch immer für uns da, meine liebe Mama.“

Die Kinder schauten ganz glücklich zur Großmutter auf, die noch zwei goldene Haare und damit noch zwei weitere Fragen für sie hatte.

„Oma, dürfen wir weitermachen?“ fragten sie eifrig und neugierig. „Oh ja, nehmt nur die Schere und geht achtsam mit den Haaren um.“ Wieder hielten sie ein Stück eines goldenen Haares in ihren Händen und hörten die zweite Frage der Großmutter. Sie lautete: „Was hab ich für die Mama, für den Papa getan?“

Die Kinder kriegten große Augen. „Hab ich das?“ Pia wusste zuerst etwas: „Ich hab Mama Blumen gepflückt.“ Und Tom rief: „Ich hab' Papa beim Autowaschen geholfen. Ich hab' sein Fahrrad in den Schuppen gebracht, damit es nicht nass wird.“ Und Pia ruft dazwischen: „Ich hab' Mama beim Abwasch geholfen und die sauberen Socken sortiert. Ich bin auch ganz leise gewesen, als sie telefoniert hat. Und im Garten, da hab' ich ihr beim Pflanzen geholfen, sie hat die Löcher gemacht und ich hab' die Pflänzchen rein gesteckt. Die Mama kann mich ganz gut brauchen.“ Auch Tom war mit sich zufrieden: „Ich werde mal so tüchtig wie der Papa“ - sagte er.

Da fragte die Großmutter „Wollt Ihr noch etwas vom dritten Haar abschneiden und die dritte Frage hören? Die ist nicht ganz so einfach.“ - „Oh ja, doch“, kam es wie aus einem Munde und schon zupften die Kinder wieder an Großmutters Haarschopf herum. Großmutter blinzelte und sagte verschmitzt: „Womit habt Ihr Mama und Papa Schwierigkeiten bereitet?“

Tom erinnert sich: „Ich hab Papas Auto verkratzt, als ich den sandigen Lappen zum Putzen genommen habe. Und weißt Du noch, Oma da warst du gerade bei uns - wie mir der Ball in Obermeiers Fenster geflogen ist. Das hat Papa wieder hingekriegt.“ Pia meldete ganz zerknirscht: „Ich hab' Mamis schönste Vase fallen lassen und mich am Finger geschnitten und so laut geschrien, wie am Spieß. Die Mama ist ganz fürchterlich erschrocken.“

Großmutter kann die Kinder kaum stoppen, doch dann sagt sie: „So jetzt ist's genug für heute. Zeit zum Schlafengehen. Hier habt Ihr blaues Seidenpapier, darin könnt Ihr die Haare einwickeln und aufheben. Dann könnt Ihr ja, immer wenn Ihr Lust habt, wieder die drei Zauberfragen stellen.“

Sauber gewaschen und mit frisch geputzten Zähnen lagen die Kinder schließlich im Bett und Großmutter gab jedem einen Gutenachtkuss. Da flüsterte Tom ihr ins Ohr: „Oma, was meinst Du, ich probier das mit den drei Fragen morgen mal mit dem Hassan aus. Du weißt schon, der wilde Türkenjunge in unserer Klasse. Hilfst Du mir dabei?“ Und die Großmutter nickte mit einem zufriedenen Lächeln. Pia war schon halb eingeschlafen, legte noch die Arme um Großmutters Hals und murmelte: „Ich möcht' das mit unserer zickigen Turnlehrerin machen, vielleicht gefällt sie mir dann besser.“

Dann löschte die Großmutter das Licht.2

Die drei Fragen können sehr hilfreich sein, den Weg des Verzeihens zu beginnen.

Die Person kann der Partner, die Eltern, die eigenen Kinder sein, der Arbeitskollege oder der Chef, mit dem man sich verkracht hat. Man sollte einen Zeitraum festlegen: Die letzte Woche, das letzte Jahr. Oder ein früherer Zeitraum, z. B. gegenüber meiner Mutter als ich zwischen 12 und 16 Jahre alt war. Es ist hilfreich, die Antworten zu notieren und sich in die erinnerten Ereignisse geistig hineinzubegeben und sie im inneren Kinofilm bewusst ablaufen zu lassen. Ich kann versuchen, die Ereignisse als unbeteiligter Dritter anzusehen. Was hätte eine Fliege an der Wand gesehen? Dann fällt es leichter, sich die Tatsachen unverzerrt bewusst zu machen.

Was hat die Person für mich getan? Durch diese Frage wächst die Dankbarkeit. Wir haben bei Pia und Tom gesehen, dass sie durch diese 1. Frage die anderen Geschenke wieder sehen und würdigen können. Sie schauen nicht mehr allein auf das rote Auto, das sie nicht bekommen haben. Der Blick weitet sich für die vielen übersehenen Gaben.

Was habe ich für diese Person getan? Der Fluss der Liebe, Geben und Nehmen, wird ganz konkret sichtbar. Die Freude wächst, andere in ihrem Leben bereichern zu können.

Welche Schwierigkeiten habe ich dieser Person bereitet? Diese Frage lädt zum Perspektivwechsel ein: Mich mit den Augen der anderen anschauen, mich mal von außen in dieser Situation erleben.

Schwierigkeiten: Wir erkennen z. B., dass wir als Baby unseren Eltern Schwierigkeiten bereitet haben, wenn wir nachts geschrien haben, obwohl wir nicht absichtlich gehandelt haben. So wächst auch mit dieser Frage Dankbarkeit: Der andere erträgt mich trotz der Schwierigkeiten, die ich ihm bereitet habe. Durch diese Frage wächst Ehrlichkeit: Ja ich habe so gehandelt. Die Verantwortung für eigenes Handeln wächst. Damit wir nicht durch Ausreden und langes Grübeln uns aus der Verantwortung stehlen, ist es wichtig, dass wir nur nach Tatsachen suchen. Was hat die Person für mich getan? Was habe ich für sie getan? Welche Schwierigkeiten habe ich ihr bereitet? Pia und Tom haben nur tatsächliche Ereignisse aufgezählt ohne Grübeln, warum das passiert ist, ohne Ausreden, ich habe so gehandelt, weil usw. Was ist jenseits meiner Deutungen und Interpretationen wirklich passiert? Was hätte ich quasi filmen und aufnehmen können? Ich befreie mich von festgefahrenen Deutungsmustern und schaue ehrlich das Geschehene an.

Warum soll man sich nicht die 4. Frage stellen: „Welche Schwierigkeiten hat die Person mir bereitet?“? Über die vierte Frage denken wir sowieso zu viel nach. Wenn wir sie zu viel bedenken, machen die Antworten auf die 4. Frage uns blind für alles, was wir bekommen (erste Frage), macht uns unfähig zur Dankbarkeit, blockiert uns im gütigen Geben (zweite Frage) und vermehrt in unserem Reden und Handeln die Schwierigkeiten, die wir anderen bereiten. Das Ausklammern der 4. Frage macht uns freier, verantwortungsvoller und liebevoller und ermöglicht Verzeihen.

Geben und Nehmen wird uns wieder deutlicher. Der Fluss der Liebe, der notfalls um Steine herum fließt, wird wieder klarer. Mit der dritten Fragen schauen wir von außen auf uns, mit den Augen des anderen. Vielleicht habe ich auch einen Anteil an dem Streit, über den ich mich nun ärgere…

Übung: Naikan Mutter, 0-9 Jahre

Blicken Sie auf die ersten neun Jahre Ihres Lebens zurück. An was können Sie sich erinnern? Lassen Sie sich Zeit! Vielleicht holen Sie ein Fotoalbum heraus oder kramen in Ordnern Ihres Computers nach alten Bildern. Oder Sie entdecken in Ihrer Wohnung Gegenstände, die Sie an Ihre Kindheit erinnern.

Dann stellen Sie sich die drei Fragen gegenüber Ihrer Mutter:

Was hat sie in dieser Zeit für mich getan?

Was habe ich für sie in dieser Zeit getan?

Welche Schwierigkeiten habe ich ihr in dieser Zeit bereitet?

Achten Sie darauf, allein Tatsachen zu sammeln. Beschäftigen Sie sich nicht mit den Geschichten und Deutungen um die Ereignisse herum. Gerade das, was im Alltag geschieht, die kleinen regelmäßigen Handlungen können dann uns wertvoll erscheinen. Erinnern Sie sich an konkrete Situationen.

Und die vierte Frage, welche Schwierigkeiten hat sie mir bereitet, legen Sie beiseite. Sie können auch Tatsachen aufschreiben, an die Sie sich selber nicht mehr erinnern aber von denen Sie aus Erzählung anderer wissen. Oder an Tatsachen, die Sie quasi erschließen können, wie z. B.: „Meine Mutter hat mir Windeln gewechselt.“

Notieren Sie wenigstens einige Erinnerungen, einige Antworten zu den drei Fragen! Siehe im Anhang 8 auch ein „Arbeitsblatt“, das helfen kann. Oder Sie legen sich ein Naikan-Notizbuch an. Nehmen Sie sich für eine Naikan-Übung mindestens 30 min Zeit. Oder lassen Sie die Naikanfragen einige Tage wirken, gehen Sie mit den Fragen paar Tage „schwanger“, bevor Sie Ihre Ergebnisse notieren.

(Wenn die eigene Mutter nicht die Aufgabe der Erziehung übernommen hat, prüfen Sie sich gegenüber der Person, die diese Aufgabe übernommen hat, z. B. die Großmutter.)

Hinweis: Wer sehr stark mit seiner Mutter bzw. mit seinen Eltern hadert, lese jetzt schon Naikan und Eltern, 18. Woche, und Verzeihen und Vergeben, 26. Woche, bevor er/sie mit Naikan gegenüber der Mutter beginnt.

Hinweis für alle weiteren Naikanübungen: Einige Beispiele zu Naikanübungen im Anhang 4 können Sie vielleicht inspirieren und für den Anfang hilfreich sein.

Gebet:

Herr, mein Gott, meine Mutter hat mir das Leben geschenkt, mich gepflegt, ernährt, geschützt, geknuddelt, getröstet und beschützt. Sie hat mir zugehört, mit mir gespielt und mir vieles gelehrt.

Es mag einiges geben, das mich enttäuschte, frustrierte und verstörte.

Aber ich möchte immer mehr erkennen, dass sie das Beste, was sie geben konnte, mir gegeben hat. Herr schenke mir ein dankbares Herz!

6. Woche: Beginne mit den Tatsachen!

Die gewaltfreie Kommunikation hat zwei Seiten, die sich gegenseitig ergänzen und der Balance von Nächstenliebe und Selbstliebe entsprechen: Aufmerksames und empathisches Zuhören und aufrichtiges Darlegen, was bei mir los ist, wie ich mich fühle, was ich brauche und um was ich bitte. Das Zuhören haben wir schon etwas kennengelernt. In den nächsten sechs Wochen lernen wir das aufrichtige offene Aussprechen meiner Seite kennen. Rosenberg empfiehlt vier Schritte: Erstens nenne die Tatsachen. Zweitens äußere Dein Gefühl und drittens das dazugehörige Bedürfnis, das unerfüllt bzw. erfüllt ist. Und viertens stelle eine konkrete Bitte! Heute widmen wir uns dem ersten Schritt.

Mt 15,21-28: Die Erhöhung der Bitte einer heidnischen Frau:

Jesus möchte dieser Frau erst nicht helfen. Dann überlegt er es sich aber anders, weil sie ihn geschickt zum Hinschauen einlädt. Jesus lernte in dieser Begegnung dazu.

Warum half er ihr zuerst nicht? Er urteilte zu schnell, er bewertete zu schnell. Das ist eine kanaanäische Frau. Ich bin für sie nicht zuständig. Sie ist nur eine Heidin. Aber was passiert in ihm, als sie ganz sanft sein Bildwort von den Kindern und Hunden aufgreift? Ja wir sind nur Heiden, aber die Hunde bekommen ja auch etwas von den Brotresten.

Ich glaube, nachdem sie das gesagt hat, schaut Jesus richtig hin. Er sieht ohne Beurteilung und ohne Bewertung diese Frau, sieht ihr Leid, hört ihre Bitte. Er sieht sie an und hört einfach richtig hin, ohne sie in eine Schublade zu stecken. Dann kann er aus freiem Herzen sagen: Frau, dein Glaube ist groß. Was Du willst, soll geschehen.

Damit wird diese Geschichte auch eine Aufforderung an uns! Überdenke deine vorschnellen Bewertungen und schaue genauer hin, möglichst ohne Filter. Was ist wirklich da? Was kannst Du sehen, hören, erfahren ohne Bewertung?

Denn so etwas wie folgende Szene passiert uns ja wohl allen immer wieder: „Sie sind in einem Geschäft und treffen dort eine entfernte Bekannte, die Sie schon eine Weile nicht mehr gesehen haben. Sie läuft hinter Ihnen, ohne etwas zu sagen. „Was für ein Snob“, denken Sie, oder: „Sie mag mich nicht.“ Später finden Sie heraus, dass sie Sie einfach nicht wiedererkannt hat oder dass sie in Eile war, weil sie für ihre Mutter Medikamente aus der Apotheke besorgen musste. An einem anderen Tag rufen Sie einen Kollegen an, um ihn um Rat zu fragen. Er ruft nicht zurück, und Sie denken „Ich rufe zu oft bei ihm an“, oder: „Er ist so unsensibel. Er sollte wissen, wie wichtig das für mich ist.“ Später erfahren Sie, dass er zwei Wochen lang nicht in der Stadt war oder dass er sehr aufgebracht war, weil seine Frau und er sich gerade getrennt hatten.“3 Wie schnell sind wir dabei, eine Geschichte aus paar Beobachtungen zu machen und sie dann auch noch für wahr zu halten und sie als Grundlage für unser weiteres Verhalten her zu nehmen. Die zwei Beispiele zeigen: Meine Geschichte kann auch total daneben liegen.

Was hilft dagegen? Ich kann mich fragen: Was habe ich wirklich gesehen, was habe ich wirklich gehört? Was hätte ich quasi mit einer Filmkamera festhalten können? Was hätte die Fliege an der Wand gesehen und gehört?

„Bei unserem ersten Beispiel hieße das: Sie waren in einem Geschäft, und jemand, den Sie kennen, ging hinter Ihnen, ohne etwas zu sagen. Das ist alles, was Sie wissen. Beim zweiten Beispiel wissen Sie lediglich, dass Sie Ihren Kollegen angerufen haben und er sich nicht zurückgemeldet hat.“4 Nachdem ich Klarheit darüber gewonnen habe, was tatsächlich passiert ist, kann ich Kontakt mit der Person aufnehmen, um zu erfahren, was mit ihr los ist. Je mehr ich ohne Beurteilungen und Bewertungen beobachte, umso offener werde ich dafür sein, anderen zuzuhören und im Kontakt mit ihnen zu sein.

Mit Tatsachen in einem Gespräch beginnen Ich sollte das Gespräch auch mit dieser beurteilungsfreien Beobachtung beginnen. Wenn eine Mutter mit ihrem Sohn über sein Zimmer sprechen möchte, kann sie mit einem Urteil beginnen: „Was ist das nur für ein Saustall! Wie kannst Du Dich in diesem Chaos wohl fühlen?“ Sie kann aber auch erst mal beschreiben, was sie sieht: „Wenn ich in Dein Zimmer komme, sehe ich am Boden eine Pizzaschachtel und auf dem Stuhl drei getragene Jeanshosen und zwei Pullover.“ Bei dem ersten Satz kann er sagen: Das ist kein Saustall. Das ist meine Ordnung und ich fühle mich wohl. – Über Bewertungen kann man streiten. Aber die Beschreibung ist unangreifbar. Er kann nicht sagen, dass sie falsch sei. Außerdem beginnt dann die Mutter mit einem gemeinsamen Boden das Gespräch. Eine bewertungsfreie Beobachtung verbindet, weil alle ihr zustimmen können und weil keiner sich dadurch erst mal angegriffen fühlen muss.

Dann kann sie nach der Beobachtung weiter ihr Gefühl, ihre Wertvorstellung und ihre Bitte äußern: „Ich bin ganz kribbelig, weil mir Hygiene und Sauberkeit wichtig ist. Kannst Du bitte gleich die Pizzaschachtel wegwerfen und die benutzten Hosen in den Wäschekorb legen?“

Welche Deutungen sind in meinem Kopf? Unsere Bewertungen und Urteile beginnen immer erst in unserem Kopf, in unseren Gedanken. Und hier sollten wir wachsam und selbstkritisch und lernbereit sein. Was ist, wenn Ihre Tochter mit einer gepiercten Augenbraue nach Hause kommt? Denken Sie, dass ihr Piercing sie hässlich aussehen lässt, oder denken Sie, dass ein Augenbrauenpiercing nicht zu Ihrem Geschmack passt?5 Wenn ich glaube, es gäbe ein objektive Schönheit und Augenbrauenpiercing gehöre nicht dazu, dann schaffe ich in Gedanken schon eine Distanz: Sie hat sich hässlich gemacht. Warum kapiert sie das nicht? Wenn ich aber sagen kann: Ich empfinde das nicht als schön, aber das ist mein persönliches Urteil, dann schaffe ich nicht diese Distanz und Konfrontation.

Üben wir uns also darin, in Gedanken genau zu sortieren: Das ist, was ich einfach wahrnehmen kann. Und das ist meine Beurteilung. Das ist meine Vermutung. Dies sind meine Werte und Bedürfnisse, die ich hier nicht erfüllt sehe usw.

Das ist keine Kleinigkeit. Der indische Mystiker Jiddu Krishnamurti meinte sogar: „Die höchste Form menschlicher Intelligenz ist die Fähigkeit, zu beobachten ohne zu bewerten.“ Tröstlich, dass sogar Jesus sich darin üben musste.

Erst wenn wir anfangen zu lernen, bewertungsfreie Wahrnehmungen und unsere Bewertungen zu trennen, erkennen wir mehr und mehr unsere Brillen. Eine Maß mit einem halben Liter Bier gefüllt enthält bewertungsfrei einen halben Liter Bier. Für den einen ist es halb voll, für den anderen halb leer. Wir entscheiden, wie wir Situationen interpretieren, deuten und bewerten. Aber das können wir umso bewusster tun, umso mehr wir uns die reinen Tatsachen bewusst machen. Dann können wir auch bewusst die Deutungen wählen, die lebensförderlicher, versöhnlicher oder hoffnungsvoller sind.

Übung:

Welche Tatsachen (= Wahrnehmungen) liegen möglicherweise den folgenden Bewertungen und Interpretationen zugrunde?

Peter spielt exzellent Klavier.

Frederik ist witzig.

Du nörgelst nur herum.

Du bist zu spät!

Du bist frech!

Du hörst mir nicht zu.

Planlos!

Beobachtung - Ordnen Sie zu: (Lösung siehe Anhang 9)

… Er erzählte eine Viertelstunde einen Witz nach dem anderen.

… Während ich mit dir spreche, blätterst Du in der Zeitung.

… Du hast gerade gesagt: „Das passt nicht! So was ist doch unterirdisch!“

… (Organist zum Pfarrer) Auf dem Ablaufzettel stand, dass das Credo gesungen wird. Und Sie haben es gesprochen.

… Er spielte die Waldsteinsonate von Beethoven.

… Wir haben uns um 19 Uhr verabredet. Jetzt ist es 20 Uhr.

… Du sagst: „Kannst mir den Buckel runter rutschen!“

Übung im Alltag:

Sie haben sich gerade über etwas geärgert! Dann überlegen Sie: Was hat der andere gesagt oder getan? Beschreiben Sie es innerlich ohne Bewertung, ohne Deutung! Was hätte eine Kamera eingefangen?

Gebet:

Herr, öffne meine Augen, damit ich sehe, was wirklich da ist. Öffne meine Ohren, damit ich höre, was mein Mitmensch wirklich sagt. Öffne meinen Geist, damit ich die Tatsachen von meinen Deutungen und Verzerrungen trennen kann.

7. Woche: Gefühle sind Signallämpchen

Diese Woche beschäftigen wir uns mit dem 2. Schritt: mein Gefühl äußern.

Jer 31,7-9 und Mk 10,46b-52: Die Heilung eines Blinden bei Jericho

Die beiden Texte enthalten viele Gefühle: Weinend und traurig sind die Israeliten, die in der Fremde leben müssen. Jubel und Freude breitet sich aus, wenn sie heimgeführt werden. Einige Jünger werden ärgerlich, weil der blinde Bartimäus beharrlich und laut zu Jesus ruft.