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Als ob Liebe nicht schon kompliziert genug wäre! Wenn dann Magie oder dunkle Kräfte ins Spiel kommen, kann das nur in einer Katastrophe enden, oder? Fünf Kurzgeschichten über die Tücken der fantastischen Liebe, mal düster und geheimnisvoll, mal voller Romantik.
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Seitenzahl: 65
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Fantastische Liebe
LIEBE IST (KEINE) HEXEREI
DAS MAL
DER KUSS
CHRONISTIN DER GÖTTER
SEELENBLICK
DIE AUTORIN
Impressum
5 romantisch-fantastische Kurzgeschichten von Anja Buchmann
Nicht, dass sie besonders erfahren war, was solche Sachen anging. Ihr Wissen stützte sich im Wesentlichen auf die Lektüre von Liebesromanen und Beziehungsratgebern. Seit ihrer Teenagerzeit las sie solche Sachen und es hatte sie nicht gerade dazu ermutigt, selbst eine Beziehung einzugehen.
Sie war zweiundzwanzig Jahre alt, bewohnte ihre eigene Wohnung und verdiente ihr Geld als Verkäuferin in einer angesagten Boutique. Sie konnte also mit Recht behaupten, erwachsen zu sein. Nur einen richtigen Freund hatte sie noch nie gehabt.
Nicht, dass es ihr an Gelegenheiten gemangelt hätte, doch es fehlte ihr stets der Mut. Einen nach dem anderen hatte sie abblitzen lassen. Anfangs hatte sie sich einfach noch zu jung gefühlt, nun hemmte sie ihre mangelnde Erfahrung. Jeder halbwegs akzeptable Mann würde denken, mit ihr stimme irgendetwas nicht, wenn er erführe, dass sie noch Jungfrau war.
Lange hatte sie über dieses Dilemma nachgedacht, bis sie eine Lösung ersonnen hatte: Was sie brauchte, war ein Übungs-Mann; einen, der sie in die Geheimnisse der Liebe einweihte, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Da ihr Herz nicht an ihm hängen würde, wären etwaige Peinlichkeiten vollkommen egal. Sobald er seine Aufgabe erledigt hatte, würde sie ihn wieder aus ihrem Leben verschwinden lassen.
Sie wusste wohl, dass sich kein Mann wissentlich auf ein solches Arrangement einlassen würde; abgesehen von der Sorte, die dafür bezahlt wurde.
Wäre sie eine gewöhnliche Frau gewesen, sie hätte entweder einen Callboy bezahlen oder einen Mann unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in die Falle locken müssen. Glücklicherweise war Mona keine gewöhnliche Frau, obschon sie nach außen ein ganz und gar gewöhnliches Leben führte.
Mona war eine Hexe. Nicht, dass sie auf Besen ritt, spitze Hüte trug und eine Katze auf ihrem Rücken sitzen hatte, aber zaubern, das konnte sie. Allerdings gab es wohl keine Hexe, die dem Klischee entsprach, all jene, die aussahen wie Hexen, waren gewiss keine. Wahre Hexen waren Meisterinnen der Anpassung. Ganz gleich, in welcher Zeit sie lebten, ein jeder hielt sie stets für gewöhnliche Menschen. Alle diese Aussagen galten im Übrigen auch für Hexer. Nicht einmal untereinander konnten sie einander erkennen. Daher gab es keine zuverlässigen Angaben über ihre Anzahl.
Mona selbst kannte nur eine einzige andere Hexe und das war ihre Mutter. Allerdings war diese keine besonders gute Vertreterin ihrer Art, ständig schlugen ihre Zauber fehl. Dies hielt sie jedoch nicht davon ab, ihre Kräfte immer wieder einzusetzen. Monas Ausbildung in Zauberei hatte darin bestanden, die Fehler ihrer Mutter wieder auszubügeln. Bei so viel Übung war es nicht weiter verwunderlich, dass eine ganz passable Hexe aus ihr geworden war. Daher traute sie sich durchaus zu, sich einen Mann herbeizuhexen.
Dennoch war ihr die Entscheidung dazu nicht leichtgefallen. Der Zauber war kompliziert und gerne hätte sie sich der Unterstützung einer erfahrenen Hexe versichert, doch ihre Mutter konnte sie nicht fragen. Selbst wenn diese eine bessere Hexe gewesen wäre, so war das Thema Männersuche nichts, was man mit seiner Mutter besprach. Also hatte sie sich mit dem Rat ihres Zauberbuches begnügen müssen.
Alles war vorbereitet. Da ein solch aufwendiger Zauber sie erschöpfen würde, hatte sie eine Woche Urlaub genommen. Außerdem hatte sie ein sehr detailliertes Bild ihres Wunschmannes gezeichnet. Wiewohl dies nur ein rein geschäftliches Verhältnis sein sollte, wollte sie sich dennoch nicht mit einem hässlichen Höhlentroll einlassen. Da sie nicht wusste, wie schnell das Ergebnis ihres Zaubers eintreten würde, hatte sie auch in anderer Hinsicht vorgesorgt. Auch wenn es ihr mehr als peinlich gewesen war, hatte sie einen Einkauf im Erotikshop getätigt.
Der Mond stand voll am Himmel, als sie mit dem Ritual begann. Als die ersten Sonnenstrahlen das reifüberzogene Gras küssten, hatte sie den komplizierten Spruch beendet. Jetzt hieß es Warten. Ihr Zauberbuch hatte keinen Aufschluss darüber gegeben, wann mit dem Ergebnis zu rechnen war. Zumal sie darin ohnehin nur einen Spruch zur Beschwörung des Traummannes gefunden hatte, den sie nach ihren Bedürfnissen abgeändert hatte. Bei solch selbst geschriebenen Sprüchen war das Resultat stets ungewiss. Eines aber entsprach ihren Erwartungen: Mona brauchte drei Tage, bis sie sich erholt hatte.
Nun wartete sie schon eine ganze Woche. Langsam wurde sie unruhig. Eigentlich hätte ihr der herbeigezauberte Mann schon längst über den Weg laufen müssen. Täglich zwang sie sich, so viel Zeit wie möglich unter Leuten zu verbringen. Schließlich musste sie dem Zauber eine Chance geben zu wirken. Und so war sie in Bars gegangen und auf Partys, hatte selbst im Supermarkt die Augen offengehalten. Doch nichts, der Übungs-Mann tauchte einfach nicht auf. Morgen würde sie wieder auf Arbeit gehen müssen. Da der Laden nur Damenbekleidung führte, war es eher unwahrscheinlich, dass sich der Mann dorthin verirrte.
Der nächste Vollmond stand unmittelbar bevor, ohne dass sich in Monas Leben irgendetwas ereignet hätte. Quasi über Nacht war es Frühling geworden, jene Zeit, in der ihr das Alleinsein immer besonders schwer fiel. Es war die Zeit, in der küssende Pärchen die Parks bevölkerten und die ganze Natur auf Liebe eingestellt zu sein schien. Zu allem Überfluss hatten gleich zwei Freundinnen um ihre Beratung beim Brautkleidkauf gebeten. So wie es aussah, würde sie zu deren Sommerhochzeiten ohne Begleitung erscheinen, denn ihr Zauber war offensichtlich fehlgeschlagen. Zwar hätte sie es erneut versuchen können, doch sie wollte nicht noch eine Enttäuschung riskieren.
Als der nächste Vollmond über den Dächern der Stadt aufging, geschah etwas Seltsames in der kleinen Wohnung. Mona war vor dem Fernseher eingeschlafen, die Chipstüte hielt sie noch immer in den Händen. Außer dem Ton des Krimis, der über den Bildschirm flackerte, und dem Geräusch des Kühlschrankes war es still. Dann setzten die Trompeten ein, ganz so, als kündeten die himmlischen Heerscharen vom Beginn des Weltenendes. Hätte es einen heimlichen Beobachter gegeben, er hätte gesehen, wie Monas schlafender Körper zunächst durchsichtig wurde und sich dann auflöste. Zurück blieben die leere Wohnung und ein laufender Fernseher, in dem sich gerade wieder einmal zeigte: Der Mörder ist immer der Gärtner.
Trotz der geschlossenen Augen spürte sie das helle Sonnenlicht. Hatte sie etwa vergessen, die Vorhänge zu schließen? Und seit wann war ihre Couch so hart. Warum hatte der Wecker nicht geklingelt, es musste doch schon mindestens acht Uhr sein? Sie würde zu spät zur Arbeit kommen. Als sie die Augen öffnete, folgte der nächste Schreck. Das war nicht ihr Wohnzimmer, es sei denn, dort waren über Nacht riesige Eichen gewachsen. Träumte sie etwa noch?
Sie setzte sich auf. Sie befand sich in einem Wald, am Rande einer Lichtung. Wie war sie hierher gekommen? Hatte sie sich versehentlich hierher gehext. Möglich wäre es. So wie manche Menschen schlafwandelten, so gab es Hexen, die des Nachts unbeabsichtigt zauberten. Sie horchte in sich hinein. Nein, sie hatte nicht gehext, jeder Spruch hinterließ einen Nachhall und sie konnte keinen entdecken. Noch bevor sie ihre Kräfte einsetzen konnte, um festzustellen, wo sie war, vernahm sie plötzlich eine Stimme. »Hab keine Angst, du bist in Sicherheit.«
Sie drehte sich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war … und erstarrt: Dort stand ein Mann und er sah gut aus. Er war nur mit einer Jeans bekleidet und so konnte sie einen Blick auf seinen durchtrainierten Oberkörper werfen. Sie merkte, wie die Verlegenheit sie erröten ließ. Schnell wandte sie den Blick ab. Am liebsten wäre sie vor Scham im Erdboden versunken.
Der Mann schien ihre Verlegenheit nicht zu bemerken. Er trat direkt vor sie, sie wusste nicht, wohin sie ihren Blick wenden sollte. Er streckte ihr die Hand entgegen und half ihr auf. Noch immer hatte Mona nichts gesagt, ihr fehlten einfach die Worte. Bereitwillig ließ sie sich von dem Fremden führen. Nach einer Weile hatte sie sich soweit gefasst, dass sie ihn anzusprechen wagte: »Wo bin ich hier und wer bist du?«
»Ich bin Tom und wir sind dort, wo wir sein sollten.«
Seine Antwort verwirrte sie. Wollte er es ihr nicht sagen oder konnte er nicht? Aber sie hatte Mittel und Wege, es dennoch herauszufinden. Schnell sprach sie einen Zauber. Eigentlich sollte nun eine Landkarte vor ihren Augen erscheinen. Doch es geschah nichts. Vielleicht war sie zu aufgeregt, sie würde es später noch einmal versuchen. Bis dahin würde sie versuchen, mehr über Tom herauszufinden, durch Fragen, nicht durch Hexerei.
»Tom, woher kommst du?«
»Von hier.«
»Und was machst du hier?«
»Leben.«