Fels in der Brandung - Marie Bernard - E-Book

Fels in der Brandung E-Book

Marie Bernard

0,0

Beschreibung

Eine wahre Geschichte Dieses Buch schildert in ergreifender Weise die hundertjährige Lebensgeschichte einer einfachen Frau, die in ihrem bewegten Leben mit Armut, Abhängigkeit, Freiheit, Liebe und dem Sterben ihrer so geliebten Menschen konfrontiert wurde. Mit ihrem gut ausgeprägten Humor und mit festem Glauben, hielt sie jedem noch so harten Schicksalsschlag stand. Sie lebte ihr Leben für ihre Familie und ihre Mitmenschen, wodurch sie deren Mitte und ruhender Pol wurde. Bewusst wird jeder politische Bezug in dieser Biographie vermieden und das Überleben einer einfach starken Frau geschildert.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 354

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Danksagung

Ich bedanke mich für die Unterstützung und die Mitgestaltung dieses Buches, bei meinem Sohn Peter.

Fels in der Brandung

Eine wahre Geschichte

Dieses Buch schildert in ergreifender Weise die hundertjährige Lebensgeschichte einer einfachen Frau, die in ihrem bewegten Leben mit Armut, Abhängigkeit, Freiheit, Liebe und dem Sterben ihrer so geliebten Menschen konfrontiert wurde. Mit ihrem gut ausgeprägten Humor und mit festem Glauben, hielt sie jedem noch so harten Schicksalsschlag stand. Sie lebte ihr Leben für ihre Familie und ihre Mitmenschen, wodurch sie deren Mitte und ruhender Pol wurde.

Bewusst wird jeder politische Bezug in dieser Biographie vermieden und das Überleben einer „einfach starken Frau“ geschildert.

Inhaltsverzeichnis

Fels in der Brandung

Die ersten Jahre

Die Kinderjahre

Der Erste Weltkrieg

Start in das Berufsleben

Erste Liebe

Erste Ehe

Marias drittes Kind

Ein neuer Anfang

Maria verliebte sich

Marias 2. Ehe

Maria wurde wieder Witwe

Marias Leben, erfuhr wieder einen Wandel

Marias dritte Ehe

Der Zweite Weltkrieg begann

Marias sechste Geburt

Marias siebente Geburt

Das Ende des Krieges

Maria verliebte sich

Marias 4. Ehe

Abschied von der Mutter

Erste Mondlandung

Marias geliebter Sohn starb mit 30 Jahren

Wie schaffe ich das

Maria wurde wieder Witwe

Marias große Trauer um ihre Tochter

Ein neuer Lebensabschnitt

Maria erlitt einen Schlaganfall

Maria kam in Pflege zu ihrer Enkelin

Maria verstarb am Heiligen Abend bei ihrer Enkelin

Autorenbeschreibung

Fels in der Brandung

Maria

Die ersten Jahre

Als Maria zur Welt kam, schrieb man das Jahr 1902. Eine Zeit der Monarchie, in der Kaiser Franz Joseph das Land regierte. Marias Mutter Anna lebte am Rande einer Kleinstadt, wo sie nur eine kleine Wohnung, mit zwei Zimmern, ihr Eigen nannte.

Anna war nicht glücklich über die Schwangerschaft, denn als ihr Freund, Marias Vater, davon erfuhr, verließ er sie.

Somit stand sie alleine da, mit ihren Sorgen und Nöten.

In dieser Zeit wurde man mit einem unehelichen Kind von der Gesellschaft ausgegrenzt. Anna jedoch, war eine starke Persönlichkeit, die nicht so leicht aufgab und einen Weg suchte, in der Gesellschaft anerkannt zu werden.

Sie ließ sich als Hebamme ausbilden, mit nur einem Gedanken, dass diese Gesellschaft, die sie verurteilte, sie doch eines Tages brauchen würde.

Und dem war auch so. Sie wurde eine anerkannte Hebamme und von den Frauen respektiert. Ihr Wunsch ging demnach in Erfüllung. Sie wurde in der Gesellschaft herzlich aufgenommen. Man vergaß schnell diese leidige Geschichte eines unehelichen Kindes und wandte sich wieder anderen Themen zu.

Maria wuchs heran, hatte dunkle Locken, schöne blaue Augen und war sehr beliebt bei der Kundschaft ihrer

Mutter. Maria begleitete Anna, wenn diese zu einer Geburt gerufen wurde.

Diese Berufssparte wurde nicht gut honoriert. Anna war 23 Jahre jung und zu Anfang als Hebamme noch unerfahren. Nach kurzer Zeit jedoch, arbeitete sie schon selbständig und ihr Gehalt verbesserte sich.

Dennoch musste sie sparen und Anna kaufte nur das, was sie unbedingt nötig hatte.

Maria wurde schon in ihrer Kindheit mit Armut konfrontiert. Dies prägte ihr weiteres Leben, wo sie lernte, achtsam mit Geld umzugehen.

Leider bekam Maria nicht die Liebe von ihrer Mutter, die sie sich so sehr wünschte. Sie sehnte sich nach Zärtlichkeit und Verständnis, da sie ihre Mutter abgöttisch liebte. Anna aber, war sehr streng und tadelte sie, wo sie nur konnte.

Damit ist nicht gesagt, dass Anna ihre Tochter nicht liebte, im Gegenteil, Maria war ein Teil von ihr, den sie beschützen wollte und tief in ihrem Herzen all das empfand, wonach Maria sich so sehr sehnte.

Anna war mit ihrer Tochter ständig zusammen. Dies war auch der Grund, dass Maria ihrer Mutter manchmal den Nerv tötete.

Anna war zu jung und unerfahren, um mit dieser Verantwortung, die ein Kind mit sich brachte, umgehen zu können.

Als Maria fünf Jahre alt war, sagte Anna zu ihrer Tochter:„Du bekommst nun einen Vater, er wird für uns sorgen und immer bei uns bleiben, wie gefällt dir das?“ „Wird er mich auch lieb haben?“ fragte Maria. „Aber sicher, du musst auch immer brav sein und tun was er sagt“, erklärte Anna. „Ich bin doch immer brav“, meinte Maria, davon überzeugt.

„Ja, ist schon gut, du bist auch ein braves Mädchen“, sagte Anna, um ihr zu zeigen, dass sie sehr wohl wusste, wie sehr Maria sich bemühte, ihrer Mutter eine gute Tochter zu sein. Anna liebte Maria, sie wusste jedoch nicht, wie sie ihr diese Liebe zeigen konnte.

Maria lernte von ihrer Mutter, Gefühle zu unterdrücken. Anna dachte, nur mit Disziplin erreiche man den Gehorsam, der für ihr weiteres Leben notwendig sei. Anna trug die volle Verantwortung für jegliches Tun. Eine große Aufgabe für eine unerfahrene junge Frau, die es doch immer nur gut meinte.

Nun lebten sie zu dritt in einem Haushalt. Anfangs schien alles ganz gut zu gehen. Maria freundete sich mit ihrem Stiefvater an und versuchte seine Liebe zu gewinnen. Es gelang ihr auch, doch je mehr sie sich an ihn klammerte, desto abweisender wurde er.

Maria weinte sich bei ihrer Mutter aus, die sie bei Gott nicht verstand. „Er ist doch so ein liebevoller Vater und immer für uns da“, sagte Anna, was jedoch nicht der Wahrheit entsprach. Er kam oft nachts betrunken nach Hause, beschimpfte Anna, was nicht gerade für Kinderohren bestimmt war.

Maria nahm nach reiflicher Überlegung ihr Schicksal geduldig an. Sie erkannte, dass ihr Bemühen vergeblich war.

Sie ging zur Schule, wie andere Kinder auch, wobei sie sich freute, endlich Spielgefährten gefunden zu haben. Sie hatte davor keine Möglichkeit Freunde zu finden, da sie von ihrer Mutter täglich Arbeit zugewiesen bekam. Maria tat alles, was man ihr auftrug. Sie war ein gehorsames Mädchen.

Maria war keine besonders gute Schülerin, nicht, dass sie dumm gewesen wäre, nein, sie hatte einfach keine Lust. Zu dieser Zeit machte sich schon ihr Dickkopf bemerkbar, den sie auch später, ab und zu einsetzte.

Wenn ihre Mutter zu einer Geburt gerufen wurde, bat Maria, sie begleiten zu dürfen. Dieses Erlebnis war für Maria ein Einzigartiges.

Die Kinderjahre

Die Zeit, in der Maria heranwuchs, war überaus romantisch.

Pferde und Kutschen belebten die Landschaft.

Maria liebte alle Tiere und wünschte sich so sehr ein eigenes, dem sie all ihre Liebe schenken wollte, doch der Stiefvater verneinte ihren Wunsch.

Maria war wütend und zog sich wie ein trotziges Kind, von ihren Eltern zurück.

Bei ihren Schulfreunden jedoch lebte sie auf. Sie verkleidete sich gerne und hatte ihren Spaß daran.

Anna konnte auch sehr witzig sein. Maria aber übertraf sie mit ihrer Ausgelassenheit, die sie nur bei ihren Mitschülern auslebte.

Zuhause gab es für Maria wenig zu lachen. Meist war sie deprimiert und trotzig. Ihre Mutter war sehr streng, teilte sie zur Hausarbeit ein und Maria musste das Spiel mit ihren Freunden vergessen. Es blieb dafür keine Zeit übrig.

Jeden Sonntag begleitete Maria ihre Mutter in die Kirche, wo sie dem Gottesdienst beiwohnten. Für Maria war dies keine Pflicht, sie ging gerne, wandte sich dann immer an ihren lieben Gott, wenn sie etwas bedrückte. So wünschte sie sich, ihr Stiefvater sollte sie für immer verlassen.

Maria bemühte sich, ihrer Mutter jeden Wunsch zu erfüllen, den sie als 10- jähriges Mädchen erfüllen konnte. Dies freute Anna, doch auf ein Lob musste Maria lange warten.

Es wurde von Generation zu Generation so weitergegeben. Die Nachkommen hatten nicht den Mut, in der Kindererziehung eine Änderung vorzunehmen. Die Liebe schlummerte tief in ihren Herzen, sie aber auszusprechen oder zu zeigen, war nicht möglich. Sie hatten Angst vor einer Zurückweisung.

Sie lernten jedoch Verantwortung zu übernehmen und dies machte sie stark.

Der Erste Weltkrieg

Man schrieb das Jahr 1914, wo Europa vor dem Ersten Weltkrieg stand. Der österreichisch-ungarische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin Herzogin Sophie von Hohenberg fielen in Sarajevo einem Attentat zum Opfer. Sie wurden durch Revolverschüsse tödlich getroffen. Diese Tat war ein Racheakt für die Unterdrückung der Serben in Österreich-Ungarn. Dieser Mord an dem Thronfolger und seiner Gattin in Sarajevo war der unmittelbare Anlass für den Ersten Weltkrieg. Am 28. Juli erklärte Österreich- Ungarn Serbien den Krieg.

Marias Mutter las dies in der Freien Presse und erzählte es ihrer 12-jährigen Tochter Maria. Diese verstand nicht was Krieg bedeutete. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass die Menschen sich gegenseitig bekämpften.

Viele Länder waren an diesem Krieg beteiligt und Anna war besorgt um ihre Zukunft. „Wie wird sich das entwickeln und wo soll das noch hinführen?“, sagte Anna zu ihrem Lebensgefährten. „Mache dir nicht immer so viele Gedanken, es wird schon gut ausgehen für uns“, meinte ihr Freund und nahm dies eher auf die leichte Schulter.

Anna versuchte ihr Leben so normal wie möglich zu gestalten. Sie wollte ihre Tochter so gut es ging, vor diesem schrecklichen Krieg beschützen.

Die Jahre bis zu Marias Schulabschluss, den sie mit 14 absolvierte, verliefen für sie mal traurig, mal fröhlich.

Als Maria die Schule verlassen musste, kam die Frage auf: „Was nun?“ Für eine Weiterbildung oder ein Studium fehlten die finanziellen Voraussetzungen. Somit war es eine beschlossene Sache, dass Maria eine Stelle annehmen und sich selbst versorgen musste.

Der Stiefvater war nicht mehr bereit, für Maria zu sorgen und Anna fehlte es an Durchsetzungskraft. Sie tat, was ihr Partner von ihr verlangte, wenn auch widerwillig.

Man versuchte in der Großstadt eine Familie zu finden, die Maria als Hausmädchen bei sich aufnehmen würde.

Nach kurzer Zeit fanden sie das Gewünschte und Maria blieb keine Wahl, als sich der Anordnung zu fügen.

Sie war sehr traurig über diesen Entschluss, denn Wien, wo sie arbeiten musste, lag in so weiter Ferne. Sie wollte ja auch ihre geliebte Mutter nicht verlassen.

Der Tag kam jedoch schneller als sie dachte, wo sie Abschied nehmen musste, von allem was ihr lieb war.

An einem grauen nebligen Tag packte Maria ihre paar Habseligkeiten und ging mit ihrer Mutter zur Bahn.

Dort angekommen belehrte Anna ihre Tochter, indem sie sagte: „Maria du musst schön artig und fleißig sein, und bereite mir ja keine Schande.“ „Nein Mutter, ich werde das tun, was man mir sagt“, versprach sie mit zittriger Stimme.

Sie hätte am liebsten losgeheult, konnte aber die Tränen unterdrücken, wie so vieles in ihrem jungen Leben.

Nun musste Maria den Zug besteigen, denn es war schon an der Zeit abzufahren. Sie winkte ihrer Mutter solange, bis der Zug eine Biegung machte und Anna aus ihrem Blickfeld verschwand.

Anna unterdrückte ihren Abschiedsschmerz, um ihrer Tochter die Trennung zu erleichtern.

Als Maria ihre Mutter nicht mehr sehen konnte, suchte sie sich ein ruhiges Abteil, wo sie alleine war. Sie setzte sich auf die Bank neben dem Fenster und weinte bitterlich. Als sie sich etwas beruhigt hatte, dachte sie zum ersten Mal an ihre Zukunft und was sie ihr wohl bringen möge.

Maria war kein ängstliches Mädchen, im Gegenteil, sie war mutig, entschlossen, stark und dickköpfig.

Ihre Aufregung steigerte sich, je mehr sie sich dem Ziel näherte. Noch nie zuvor war sie in einer großen Stadt gewesen und so malte sie sich alles in den schönsten Farben aus.

In Wien angekommen, wartete schon eine Dame auf dem Bahnsteig, um Maria abzuholen. „Du bist also Maria“, sagte ihre neue Herrin, als sie schüchtern vor ihr stand. „Ja, ich bin Maria“, sagte sie leise. „Und ich bin deine neue Herrin und heiße dich in Wien herzlich willkommen.

Du musst keine Angst haben. Ich verstehe dich, so weit weg von Zuhause“, sagte die Dame verständnisvoll und nahm Maria an der Hand, als sie zusammen den Bahnhof verließen.

Maria weinte, sie fühlte sich von aller Welt verlassen. „Aber Kindchen, du musst nicht weinen. Wenn du ein paar Tage bei uns bist, dann wird alles leichter, du wirst sehen“, tröstete ihre Herrin.

Maria beruhigte sich und dachte: „Die ist ja ganz nett. Ich glaube, sie mag mich.“ Dies hatte zur Folge, dass Maria sich von ihrer neuen Herrin geliebt fühlte.

Sie gingen nun ein Stück des Weges, bis die Dame vor einer schönen Villa Halt machte.

„Siehst du Maria, wir sind schon da. Dies ist nun dein neues Zuhause.“ „Schön ist es hier“, stellte Maria fest und es gefiel ihr tatsächlich. Als sie eintraten, stellte die Dame Maria ihren Kolleginnen vor.

Sie wurde herzlich begrüßt. Auch der Herr des Hauses, ein angesehener Arzt, nahm sich Zeit, mit Maria ein paar Worte zu wechseln.

Er hatte nichts zu tun mit dem Personal. Seine Gattin übernahm die Pflichten des Hauses und kümmerte sich um die profanen Dinge, die auch erledigt werden mussten.

Für Maria war der herzliche Empfang eine große Hilfe.

Dadurch hielt sich der Trennungsschmerz in Grenzen.

Maria wurde in ihr Zimmer geführt, das sie sich mit einem Hausmädchen teilen musste. Es war auch gut so, da sie anfangs ihr Heimweh nicht in den Griff bekam. Die kommenden Tage hatte Maria viel zu tun. Das lenkte sie etwas von der Sehnsucht nach ihrer Mutter ab.

Maria wurde langsam erwachsen und bekam ihre erste Periode, die Angst und Unsicherheit auslöste.

Sie ging zu ihrer Herrin, um zu fragen, was ihre Blutungen zu bedeuten hatten. Sie dachte schon, es sei eine schwere Krankheit.

Die Herrin musste nun die Mutter ersetzen und erklärte ihr nur das, was notwendig war.

Es wurde zu dieser Zeit nicht über Sexualität gesprochen, es war und blieb ein Geheimnis, das die Mädchen selbst entdecken mussten.

Dadurch wurden leider viele uneheliche Kinder geboren.

Von der Stadt und ihren Sehenswürdigkeiten bekam Maria nicht viel zu sehen. Allein durfte sie nicht ausgehen und niemand hatte ihr angeboten, etwas zeigen zu wollen.

Nur einmal durfte sie mit ihrer Herrschaft zu einem Fest.

Maria staunte über die großen Gebäude, Geschäfte, die stilvoll dekoriert waren und Pferde, die überall standen, mit Kutschen hintendran und nicht zu vergessen, die Straßenbahnen, die mit lautem Gebimmel herumfuhren.

Alles war neu für Maria und sie konnte sich an den wunderschönen Kleidern, die von schönen Frauen getragen wurden, nicht satt sehen.

Maria war eitel und wünschte sich, solche Kleider auch einmal tragen zu dürfen, worauf sie aber noch eine lange Zeit warten musste.

Sie war beeindruckt von der Stadt und ihren Menschen.

Zuhause bekam sie dies nicht zu sehen, worüber sie aber auch nicht traurig war.

In ihrer spärlichen Freizeit zog sich Maria in ihr Zimmer zurück, wo es für sie nur eines gab: Schreiben. Einen langen Brief nachhause, an ihre geliebte Mutter, die sie noch immer vermisste.

Das Heimweh stimmte Maria traurig. Nachhause durfte sie nicht, sie sollte ja etwas lernen. Aber was sollte das sein? Sie kannte nur kochen und putzen, sollte dies etwa ihre Lehre sein? fragte sie sich.

So versuchte sie durch das Lesen einiger Bücher, die sie von ihrem Herrn bekam, ihr Wissen aufzubessern.

Am 21. November 1916 trauerten die Menschen überall im ganzen Land, um ihren geliebten Kaiser.

Kaiser Franz Joseph war im Alter von 86 Jahren verstorben.

Marias Herrschaft fand sich am 30. November beim Trauerzug ein.

Der Kaiser regierte fast 68 Jahre das Kaiserreich Österreich.

Nach dem Tod seiner Gattin Elisabeth vereinsamte er. Die gesamte Bevölkerung nahm Anteil an seinem Tode, so auch ihre Herrschaft. Maria war ebenso traurig, obwohl sie den Kaiser nur von Bildern her kannte.

So vergingen vier lange mühsame Jahre, wo Maria dachte, diese hätten nie ein Ende.

Sie war nun 18 Jahre alt und zu einer hübschen jungen Dame, mit dunklen Locken und zierlicher Figur, herangereift. Maria hatte einen graziösen Gang, wunderschöne blaue Augen, wodurch sie so manche Männerblicke auf sich zog. Aber das kümmerte Maria kein bisschen. Ihr Streben galt nur ihrer Mutter. Eines Tages bekam Maria von Anna einen Brief, in dem stand:

„Liebe Maria!

Dein Stiefvater hat mich verlassen und wenn du möchtest, kannst du nachhause kommen. Ich lebe nun alleine und freue mich auf unser Wiedersehen.

Liebe Grüße, deine Mutter.“

Marias erster Gedanke war:„Gott hat mich nun doch erhört.“ Sie weinte, als sie diese Zeilen las, denn nach so langer Zeit, würde sie ihre Mutter endlich wiedersehen. Es waren Tränen der Freude, sie musste es sofort ihrer Herrin mitteilen.

Als diese hörte, dass Maria ihr Arbeitsverhältnis lösen wollte, zeigte sie sich sehr verständnisvoll. Sie wusste um Marias Heimweh, bezahlte ihr den restlichen Lohn aus und brachte sie am übernächsten Tag zur Bahnstation.

Maria verabschiedete sich, mit einem lachenden und weinenden Auge von ihrer Herrin.

Sie hatte sie lieb gewonnen, da sie immer gut zu ihr war.

„Maria, ich wünsche dir alles Gute für dein weiteres Leben.

Du bist eine hübsche junge Frau geworden und wirst sicher einen lieben Mann finden, mit dem du glücklich leben kannst und Grüße an deine Mutter“, sagte ihre Herrin zum Abschied, wobei sie Maria liebevoll umarmte.

„Danke, das werde ich tun“, sagte sie und stieg in den Zug, der sie endlich nachhause bringen würde. „Hast du auch dein Geld dabei?“ fragte ihre Herrin besorgt.

„Ja, und danke auch für alles“, sagte Maria mit Tränen in den Augen. Maria hatte ein schönes Sümmchen gespart.

Essen und wohnen war gratis, sie hatte nur für neue Kleider und Schuhe Geld ausgegeben. Das Sparen hatte sie schon als Kind von ihrer Mutter gelernt.

Der Zug setzte sich in Bewegung und Maria winkte noch solange, bis sie ihre Herrin nicht mehr sehen konnte.

Während der Fahrt dachte sie:„Wird sie mich wiedererkennen und auch stolz auf mich sein?“Mutter und Tochter hatten sich lange nicht gesehen. Als Maria Anna verließ, war sie ein Mädchen von 14 Jahren und jetzt kehrte sie als junge Dame zurück.

Am Ziel angekommen, ging sie schnell nach draußen, da sie dachte, ihre Mutter würde sie abholen, doch niemand war zu sehen. Etwas enttäuscht machte sie sich auf den Weg, zur Wohnung ihrer Mutter.

Nach einem Kilometer Fußmarsch stand sie vor dem Haus, indem Anna wohnte. Freudig klingelte sie, doch niemand öffnete. So musste sie warten, bis ihre Mutter nachhause kam. Maria setzte sich auf die letzte Stufe im Flur und ruhte sich kurz aus.

„Ich denke, sie ist bei einer Entbindung“, dachte sie und erinnerte sich, wie sie Hand in Hand mit ihrer Mutter, zu den schwangeren Frauen gingen und sie sich immer auf den ersten Schrei des Babys freute. Es war eine schöne Zeit, die sie nicht missen wollte. Auf diesen Wegen gehörte ihre geliebte Mutter nur ihr.

Endlich, Maria hörte Schritte, sie erhob sich und sah aufgeregt die Stufen hinunter.

Anna ging gemächlich nach oben und als sie ihrer Tochter gegenüberstand, ließen beide ihren Tränen freien Lauf. Eine Umarmung ließ sie alles vergessen, was sie je getrennt hatte.

Beide vergaßen in diesem Moment ihre Zurückhaltung.

Maria war überglücklich, ihre Mutter hatte sie umarmt, ein Wunder war geschehen.

Als sich die Begeisterung etwas legte, sagte Anna: „Maria komm, gehen wir hinein. Du musst müde und hungrig sein, ich werde dir sofort einen Kaffee machen.“

Wie selbstverständlich bekam Maria einen Kaffee angeboten. Anna sah ihre Tochter nicht mehr als Kind, sondern als eine junge Dame, die noch dazu sehr hübsch war. Anna war stolz auf Maria. Sie hatte nie eine Beschwerde über sie gehört, im Gegenteil. Marias Herrin hatte sie in ihren Briefen, die sie an Anna schickte, nur gelobt.

Als Maria und Anna ihren Kaffee genossen, sagte die Mutter: „Nun erzähl, wie ist es dir ergangen?“

„Ganz gut, ich hatte eine gute Herrin und viel Arbeit. Ich habe kochen gelernt und alles, was man wissen muss, um einen Haushalt führen zu können.

Ich habe auch viel gelesen und dabei auch gelernt. Was ich aber nicht in den Griff bekam, mein Heimweh, es machte mich immer traurig, wenn ich an dich dachte“, sagte Maria sich erinnernd.

„Es tut mir ja so leid, dein Stiefvater wollte dich nicht mehr im Hause haben. Aber jetzt ist ja alles vorbei und wir sind wieder zusammen“, sagte Anna entschuldigend. Sie machte ihrer Tochter ein Kompliment, indem sie sagte: „Aus einem Landmädel ist eine hübsche junge Frau geworden. Ich bin stolz auf dich.“

Maria freute sich über dieses Lob. Ihre Mutter hatte an diesem Tage ihr Herz geöffnet und Gefühle zugelassen sowie ausgesprochen.

Sie fühlte sich schuldig, dass ihre Tochter viele traurige Jahre erleben musste. Doch nun ließen sie die Vergangenheit zurück und freuten sich auf gemeinsame Jahre, die nun vor ihnen lagen.

Anna hatte nun die Chance, mit ihrer Tochter ein neues Leben zu beginnen und ihr Herz offen zu halten.

Ob sie es schaffte, würde sich bald zeigen.

Start in das Berufsleben

Sie sprachen auch über Marias Zukunft, was zu tun war und wie es nun weitergehen sollte. „Ich habe etwas gespart, das hilft uns für den Anfang und dann werde ich mir eine Arbeit suchen“, schlug Maria vor. „Ja, ich denke als Köchin hättest du gute Chancen. Vielleicht in einem Gasthaus.

Du kannst dich noch ein paar Tage ausruhen und dann musst du auf Arbeitssuche gehen. Ich hoffe du findest bald etwas. Wohnen kannst du ja bei mir“, bot Anna ihrer Tochter an.

„Mache dir keine Sorgen, mein Geld reicht für einige Monate und dann wird sich schon etwas finden“, beruhigte Maria ihre besorgte Mutter.

Marias Freude war groß, endlich wieder Zuhause. Sie durfte bei ihrer Mutter wohnen bleiben und sie etwas verwöhnen.

Als Maria ihren Koffer öffnete, sah Anna, wie sie ein Päckchen herausnahm und es ihr gab.

„Das ist für mich?“

„Ja, mach auf!“

Anna öffnete es und ein wunderschöner Schal in bunter Farbe kam zum Vorschein.

Anna gab Maria einen Kuss auf die Wange und sagte nur: „Danke!“ Sie war beschämt, da Maria ihr ein Geschenk überreichte, nach all dem, was sie ihr angetan hatte. Ihr Gewissen regte sich und sagte: „Du hast sie gehen lassen.“

Diese Schuldgefühle konnte Anna niemand nehmen.

Als alles geklärt und erzählt war, ging Maria in ihr Zimmer, wo sie ihre Kindheit verbracht hatte.

Sie fand lange keinen Schlaf. Maria dachte an die Vergangenheit und kam zu der Erkenntnis, alles geht vorüber, es brauchte nur Zeit.

Die kommenden Tage war Maria ständig auf Arbeitssuche.

Sie stellte sich in den Gastbetrieben der Umgebung vor.

Sie hatte Glück, nach zwei Monaten fand sie eine Stelle als Köchin in einem Gasthaus. Die Bezahlung war gut und so ging Maria freudig jeden Tag zur Arbeit.

Einen Tag in der Woche hatte sie frei.

Diesen Tag verbrachte Maria mit ihrer Mutter, indem sie zusammen spazieren, oder abends ins Kino gingen. Maria verwöhnte Anna, so gut sie nur konnte.

Leider sollte Maria mit 19 Jahren dasselbe Schicksal ereilen, wie ihre Mutter im 20. Lebensjahr.

ErsteLiebe

Eines Abends ging Maria mit Freunden zum Tanz. Wie es sein sollte, verliebte sich Maria in einen stattlichen jungen Mann. Er zeigte ebenso Interesse an Maria, leider war er schon versprochen, was Maria nicht wusste. Sie hätte sich nie auf etwas eingelassen, das keine Zukunft hatte.

So war sie unbeschwert, verliebt und glücklich.

Schon bald stellte sich heraus, dass Maria schwanger war.

Anna war verzweifelt. „Warum nur, warum?“ fragte sie sich.

„Warum konnte ich es nicht verhindern, alles wiederholt sich.“

Anna war mit Marias Entscheidung nicht einverstanden.

„Mutter, ich werde das Kind zur Welt bringen, egal wie sich mein Freund entscheidet.“

„Ich kann dir helfen“, meinte sie, aber Maria wollte diese Art von Hilfe nicht. Sie hatte sich entschieden und damit basta. Ihr Dickkopf hatte sich durchgesetzt.

Der junge Mann, der bald Vater sein würde, schwieg noch immer. Er ließ Maria in dem Glauben, alles sei gut. Bis zur Geburt des Kindes, es war übrigens ein Junge, war dies auch so. Danach musste er Farbe bekennen.

Konrad, so hieß der Vater des Kindes, wartete den richtigen Zeitpunkt ab, um Maria die Wahrheit über seine Beziehung zu offenbaren.

Maria ging wieder zur Arbeit und Anna sorgte für das Baby.

Nach getaner Arbeit traf sich Maria mit ihrem Freund.

„Konrad, wie soll es nun weiter gehen. Wir haben ein Kind und ich alleine kann es nicht versorgen“, sagte Maria besorgt.

„Maria, hör mir bitte genau zu. Ich muss dir unbedingt etwas sagen. Ich bin verlobt und werde bald heiraten.“

„Was, das ist doch ein Scherz, oder?“„Leider nein, es tut mir so leid, dass ich es dir verschwiegen habe, aber nun kann ich nicht mehr. Ich habe dich geliebt und tue es heute noch, das musst du mir glauben“, sprach er auf die verstörte Maria ein.

Als Konrad Maria dies offenbarte, konnte sie es anfangs nicht glauben. In seinem Gesicht aber, erkannte sie, dass er die Wahrheit sprach, jedoch zu spät.

Maria blieb stumm, sie sagte kein Wort. Sie hatte das Gefühl, jemand würde ihr den Boden unter ihren Füßen wegziehen. Sie fand keinen Halt mehr, als sie erkannte, dass sie ihren Geliebten an eine andere Frau verloren hatte.

„Was mache ich mit meinem Baby“, dachte sie. Dies war in diesem Moment ihre einzige Sorge. Sie musste ihrer Arbeit nachgehen, sie brauchte Geld, um leben zu können. Ihre Ersparnisse waren aufgebraucht. Maria ging, ohne ein Wort zu sagen. Ihr Freund blieb nachdenklich zurück.

Das Baby musste versorgt werden und in ihrem Unglück hatte sie noch Glück, dass ihre Mutter als Hebamme ihr zur Seite stand.

Eines Tages sagte Anna zu ihrer Tochter: „Wenn du denkst, ich werde nur mehr für dein Kind da sein, so irrst du dich. Ich habe einen Beruf und den werde ich nicht aufgeben.“

Maria hatte dies auch nicht angenommen. Aus diesem Grunde auch ihre Verzweiflung.

Sie hatte zurzeit nur eines im Kopf: „Was soll mit meinem Jungen geschehen?“ Als Maria ihren Freund wieder traf, sagte sie: „Meine Mutter hatte Recht. Du wirst mich niemals heiraten, auch nicht wegen des Babys“, sagte sie wütend zu ihrem Freund, den sie noch immer liebte.

„Ich kann nicht, auch wenn ich es wollte, ich habe ein Versprechen gegeben. Ich weiß, wie sehr ich dich enttäuscht habe, aber ich kann es leider nicht mehr rückgängig machen“, entschuldigte sich Konrad.

Maria stand plötzlich auf und wollte gehen. „Warte, wir sprechen später darüber, was geschehen soll. Ich lasse dich jetzt alleine, damit du über alles in Ruhe nachdenken kannst“, sagte Konrad, wobei er versuchte Maria zu umarmen.

Sie zog sich zurück, sie wollte seine Nähe nicht mehr spüren. Ihre Enttäuschung saß zu tief. „Wir treffen uns wieder hier, in drei Tagen, dann reden wir über alles, ja. Bist du einverstanden“, fragte er noch, da Maria keine Antwort gab.

„Ich warte hier, um dieselbe Zeit“, und dann ließ er Maria mit ihrem Kummer alleine. Maria kam nicht zur Ruhe. Vor Jahren musste sie in eine fremde Stadt, wo sie von Heimweh geplagt wurde. Es machte sie überaus traurig und nun kam die Fortsetzung.

Maria hatte es nicht eilig und blieb noch eine Weile auf der Bank sitzen, wo sie immer mit Konrad saß. Sie erinnerte sich an die Liebe, die sie füreinander empfanden.

Maria war unerfahren, was die Liebe betraf. Sie folgte einfach ihrem Herzen und dachte nicht an die Konsequenzen, die sich daraus ergeben würden.

In der Allee, wo sie alleine auf der Bank saß, sahen die Passanten mitfühlend auf Maria, die bitterlich weinte.

Niemand sprach sie an oder fragte danach, was ihr denn fehlte.

Als es schon dunkel wurde, machte sie sich auf den Heimweg. Ihre Gedanken kreisten um das Kind, das sie vielleicht weggeben musste.

„Was wird meine Mutter sagen?“ „Ich habe es dir ja gesagt.“ Leider hatte sie wie immer Recht behalten.

An den Gedanken das Baby wegzugeben, konnte sie sich nicht gewöhnen, es schmerzte, wenn sie nur daran dachte.

Anna erkannte sofort, was geschehen war, als ihre Tochter eintrat.

Maria versuchte gelassen zu bleiben und setzte sich auf die Ofenbank, die in der Küche stand. Anna gesellte sich zu ihr und meinte: „Es wird schon eine Lösung geben.“

Nun war es vorbei mit gelassen sein, sie schluchzte und die Tränen liefen unaufhaltsam an ihren Wangen herunter.

Anna blieb noch eine Zeit bei ihrer Tochter und erlebte ein Déjà-vu. Eine Situation, die mehr als 20 Jahre zurücklag.

Als sich Maria beruhigt hatte, ließ Anna ihre Tochter alleine und gab ihr Zeit, den Kummer zu verarbeiten. Sie ging zu ihrem Enkelkind und tat, was notwendig war. Das Baby tat ihr leid, aber sie war sich bewusst, dass sie es weggeben mussten.

Für eine Amme waren die finanziellen Mittel nicht ausreichend. Beide verdienten nur so viel, was sie selbst zum Leben brauchten. Zurzeit lebten sie auf der Schattenseite, wie viele andere auch. Es wurde ihnen nichts geschenkt.

Inzwischen musste der Vater des Kindes, seiner Frau die Wahrheit erzählen. Er gestand ihr, dass er Vater eines Jungen geworden sei. Seine Feigheit ließ zu, dass er nicht von Liebe sprach. Es war eben ein schwacher Moment.

Seine Braut reagierte zuerst sehr zornig und enttäuscht, nach kurzer Zeit aber, wurde sie etwas versöhnlicher und verzieh ihm diesen Seitensprung, wie sie es zu nennen pflegte. „Was soll das ganze Theater“, dachte sie, er hat sich für mich entschieden und das zählt.

Maria weinte sich an diesem Abend in den Schlaf und am Morgen sah die Welt schon etwas heller aus.

Sie dachte an ihr Baby und versuchte eine Lösung zu finden.

„Du weißt, dass er hier nicht bleiben kann. Wer soll sich um den Kleinen kümmern?“, sagte Anna.

„Außerdem sind unsere finanziellen Mittel zu gering, um den Jungen zu erhalten. Die Wohnung muss bezahlt werden und weder ich noch du, kann sich erlauben, zuhause zu bleiben. Wir müssen beide zur Arbeit gehen. Sein Vater soll ihn doch nehmen“, meinte Anna und fühlte nicht, wie herzlos dies klang.

Diese Aussage brachte Maria auf eine Idee.

Sie traf sich mit Konrad am dritten Tage und machte ihm eben diesen Vorschlag, den ihre Mutter ausgesprochen hatte.

„Ich muss mit meiner Braut darüber sprechen und dann kann ich dir sagen, wie ich mich entschieden habe“, sagte er und griff nach Marias Hand, die sie ihm sofort entzog.

Sein Gewissen regte sich und er wollte Maria trösten, da er ihre Traurigkeit fühlte.

Sein Herz gehörte Maria, doch hatte er schon vor ihrer Begegnung seiner Braut die Heirat versprochen. Zu dieser Zeit hielt man noch seine Versprechen und Maria verlor das Vertrauen in die Liebe und alles, was damit verbunden war.

Sie glaubte keineswegs an seine Liebe zu ihr, dafür war die Enttäuschung zu groß.

„Ist gut, aber bitte denke daran, es ist auch dein Sohn nicht nur meiner, entscheide dich für sein Wohl“, sagte Maria besorgt. Es tat weh so sprechen zu müssen, wo sie doch seine Braut miteinbeziehen musste.

„Ich komme übermorgen zu unserem alten Treffpunkt und ich hoffe, dass wir eine gute Lösung finden für unser Baby“, sagte Konrad ebenfalls bedrückt. Diesen Ausgang hatte er nicht gewollt, doch nun war es geschehen und er musste eine Lösung für dieses Problem, wie er es nannte, finden.

„Ist gut, ich kann aber erst um 19 Uhr kommen“, erwiderte Maria und vermied es, ihn dabei anzusehen.

Danach trennten sie sich und gingen ihrer Wege.

Konrad erzählte seiner Braut von dem Baby, das er gerne zu sich nehmen wollte.

Sie musste nachdenken, aber dann, zu Konrads Überraschung sagte sie: „Ist gut, aber wenn wir es aufnehmen, dann will nur ich die Mutter sein. Diese Frau muss ihren Sohn aufgeben, sie wird ihn nie mehr wiedersehen.“

Das war hart und Konrad befürchtete, dass Maria nein sagen könnte. Er liebte seinen Sohn und freute sich darauf, für ihn sorgen zu dürfen. Es war nicht selbstverständlich nach dem, was er Maria angetan hatte.

„Gut, ich werde es ihr sagen“, meinte Konrad und versuchte die Entscheidung seiner Braut zu verstehen.

Mit gemischten Gefühlen gingen Konrad und Maria zum angesagten Treffpunkt.

Nun standen sie sich vor dem Brunnen am Hauptplatz, der immer ihr Treffpunkt war, gegenüber.

„Komm Maria, gehen wir in ein Gasthaus, da ist es gemütlicher“, schlug Konrad vor.

Maria zögerte und dann sagte sie ja, weil es in Strömen regnete. Sie war schon ziemlich durchnässt, trotz des Schirmes, den sie zittrig über ihren Kopf hielt.

Ein paar Schritte nur, dann betraten sie das Lokal.

Konrad bestellte Marias Leibgericht und er begnügte sich mit Kaffee und Kuchen. Maria hatte Einwände, doch er meinte: „Ich lade dich ein, das bin ich dir schuldig.“

Maria konnte nicht mehr warten und fragte: „Nun sag schon, wie habt ihr euch entschieden?“

„Willst du nicht vorher essen?“, fragte er, da ihm bewusst war, wenn sie die Antwort und die Bedingungen hörte, würde ihr der Appetit vergehen. „Nein, ich will es jetzt wissen.“

„Wir nehmen ihn auf“, mehr sagte er in diesem Moment nicht.

Maria fiel eine Last von den Schultern. Sie dachte: „Es ist besser, unser Sohn wächst bei seinem Vater auf, als bei Leuten, die mir fremd sind. Ich kann nicht für ihn da sein, aber sein Vater, er wird ihn lieben und gut für ihn sorgen.“

Maria sah Konrad in die Augen und sagte: „Danke!“

Sie lächelte und dachte, so kann ich meinen Jungen jederzeit besuchen.

Konrad blieb stumm, er sah zum Kellner, der eben das Essen servierte. Er konnte Maria nicht in die Augen sehen, da er wusste, wie grausam es war, ihr den Besuch zu ihrem Sohn zu verweigern.

Maria aß mit Appetit den Teller leer und Konrad blieb fast der Bissen im Munde stecken. Als der Tisch abgeräumt war, erhob sich Maria, denn sie konnte die Nähe ihres Freundes kaum ertragen. Als sie gehen wollte, sagte Konrad: „Du musst auf unsere Hochzeit warten, danach bringst du mir den Jungen.“

„Ist gut und wann wird diese stattfinden?“

„In vier Wochen. Aber da ist noch etwas, was ich dir sagen muss.“

„Ja, was denn?“

„Setz dich bitte!“sagte Konrad.

Sie hatte kein gutes Gefühl, als sie sich setzte und auf seine Worte achtete.

„Maria, es gibt eine Bedingung. Meine Braut möchte die alleinige Mutter sein. Du kannst ihn nicht mehr sehen und darfst ihn auch später nicht besuchen. Meine Frau hat dies entschieden. Das verstehst du doch, oder?“

Maria glaubte nicht, was sie da hörte. „Das heißt, ich muss meinen Sohn aufgeben und vergessen. Er wird nie wissen, wer seine leibliche Mutter ist, habe ich das richtig verstanden?“, sagte sie traurig und wütend zugleich.

„Ja, aber was sagst du. Bist du damit einverstanden?“ „Wie stellst du dir das vor!“ schrie sie ihn an. Maria konnte in diesem Moment keine Entscheidung treffen und als sie sich beruhigt hatte, sagte sie: „Ich brauche Bedenkzeit, schließlich geht es auch um mein Kind, ich werde dir Bescheid geben, nach deiner Hochzeit“, und verließ rasch das Lokal.

Sie eilte nachhause und es schien, als würden ihre Tränen nie versiegen. Sie konnte sich einfach nicht beruhigen.

Der Gedanke allein, ihr Kind nicht mehr in den Armen halten zu können, war für sie unvorstellbar.

Nach Stunden beruhigte sie sich und beriet mit ihrer Mutter, was denn das Beste für den Jungen sei.

„Maria du musst jetzt stark sein. Dein Sohn hat großes Glück, er darf bei seinem Vater groß werden. Seine Frau wird ihm sicher eine gute Mutter sein, dafür wird Konrad schon sorgen, er liebt ja sein Kind“, tröstete Anna ihre Tochter und animierte sie dazu, ja zu sagen.

Ja, zum Verzicht ihres Kindes, das sie überaus liebte.

Maria als Stier geborene, war willensstark und sie besaß eine Portion Mut, der ihr über so manche Hürde hinweghalf.

Sie war auch eine Realistin und keine Träumerin. Sie stand mit beiden Beinen fest auf der Erde, wo die Vernunft über das Gefühl siegte. Dadurch sagte sie sich: „Er wird es gut haben bei seinem Vater und ich muss versuchen, damit klar zu kommen. Vielleicht bekomme ich ja noch einen Sohn und dieser wird mir helfen, Andi zu vergessen.“ Sie hatte ihren Sohn Andreas getauft und nannte ihn liebevoll, Andi.

Mit dieser Erkenntnis hatte sie sich auch schon entschieden.

Nun, dies war für Maria die schwierigste Zeit in ihrem so jungen Leben.

Sie wartete die Hochzeit ab, dann brachte Maria ihren Sohn zu seinem Vater. Sie brach in Tränen aus, als sie ihn das letzte Mal im Arm hielt. Maria gab ihrem Sohn noch einen Kuss und verabschiedete sich schweren Herzens von ihm.

Das Baby weinte, als würde es den Abschiedsschmerz seiner Mutter fühlen.

In diesem Augenblick wurde ihr bewusst, dass sie ihn nie mehr sehen und keine Mutter mehr sein durfte. Zuhause weinte sie sich in den Schlaf und das viele Wochen lang.

Doch wie man so schön sagt: die Zeit heilt alle Wunden und so auch die der Maria.

Als der Herzschmerz langsam schwächer wurde, kehrte Marias Lebensfreude nach und nach wieder zurück. Ihren Sohn aber vergaß sie nicht und wenn sie an ihn dachte, fühlte sie wieder große Trauer. Manchmal stellte sie sich vor, wie er wohl aussehen möge, ihr geliebter Andi und fragte sich, ob er seinem Vater ähnlich war.

Dieses traurige Erlebnis lag nun schon ein Jahr zurück. Das Leben ging weiter, doch es nahm nicht den gewohnten Lauf, sondern einen neuen.

Marias Humor und der tiefe Glaube an ihren Schöpfer sollten ihr helfen, die schwierigsten Momente in ihrem Leben, heil überstehen zu können. Diese Eigenschaft hatte sie auch zu späterer Zeit bitter nötig.

Unvorhergesehene Ereignisse treten mit überdurchschnittlicher Wahrscheinlichkeit auf. Marias Leben änderte den Kurs und führte sie zu neuen Ufern.

Ihre neuen Wege führten sie zu einem Mann, den sie lieben und achten lernte und der, Gott sei es gedankt, ungebunden war. Franz war sein Name und er war drei Jahre älter als Maria.

Maria hatte nun ihr 21. Lebensjahr vollendet, was ihr die Möglichkeit gab, eine Ehe einzugehen, ohne um Erlaubnis fragen zu müssen.

Ihre Mutter aber hatte bezüglich ihres zukünftigen Schwiegersohnes etwas einzuwenden. Er sei ein Mann, der Abenteuer liebte und schon so manches Wagnis einging.

Maria setzte ihren Kopf durch und Anna hatte keine Chance, ihr diesen Mann zu entfremden. Egal, welches Argument sie auch vorbrachte. Franz, war der Mann, mit dem sie zusammenleben wollte. Sie würde ihn niemals aufgeben, egal was andere auch sagen oder meinen mögen.

„Ich habe diesbezüglich keine Bedenken, du wirst sehen, wenn er etwas älter geworden ist, wird sich die Abenteuerlust legen“, sagte Maria, wenn ihre Mutter wieder ein Veto einlegte.

Sie liebte ihren Franz und wollte ihn unbedingt heiraten.

Den Tag der Hochzeit hatten sie schon festgelegt, es sollte der 10. 4.1923 sein.

Die Zeit bis zum Hochzeitstermin verging Maria viel zu langsam. Sechs lange Wochen trennten sie von ihrem geliebten Franz, doch der Gedanke an ein baldiges Zusammensein, tröstete Maria über diese Wartezeit hinweg.

Franz dachte ähnlich, er liebte Maria von ganzem Herzen.

Sie war so leidenschaftlich und humorvoll. Die perfekte Partnerin und er konnte sich keine andere Frau an seiner Seite vorstellen.

Erste Ehe

Endlich, der Tag der Hochzeit war angebrochen. Maria war überaus nervös, sie wollte für Franz die Schönste sein und zupfte da und dort noch herum, bis ihre Mutter meinte: „Jetzt ist es aber genug, wenn du dich nicht beeilst, kommst du zu deiner eigenen Hochzeit zu spät.“

Das war das Stichwort, sie riskierte noch einen Blick in den Spiegel und war durchaus zufrieden mit dem, was er ihr zeigte.

Eine junge hübsche Frau, die mit der Sonne um die Wette strahlte.„Wie sehe ich aus?“ fragte sie ihre Mutter und zappelte nervös herum. „Du siehst wunderhübsch aus, sieh doch hin, Franz wird stolz auf seine Braut sein.“

„Nun müssen wir aber wirklich“, sagte Maria und verließ das Zimmer, wo sie noch einen verstohlenen Blick in den Spiegel wagte.

Es war ein besonderer Tag für Maria, nach all den Turbulenzen der Vergangenheit. Sie wollte nun endlich zur Ruhe kommen und einfach nur glücklich sein.

Erhobenen Hauptes ging sie die Treppe hinunter und genoss die bewundernden Blicke der Anwesenden.

Sie fühlte sich wie in einem Traum, aus dem sie nie mehr erwachen wollte.

Als sie in ihrem weißen langen Kleid hinaustrat, lachte die Sonne vom Himmel und machte diesen Tag für Maria perfekt. Zwei weiße Pferde, die eine Kutsche eingespannt hatten, standen vor dem Eingang des Hauses, in der Maria, ihre Mutter und ein Onkel, Platz nahmen.

Gemächlich trabten die Pferde mit ihrem Kutscher zur Kirche, wo sich die geladenen Gäste einfanden. Franz stand schon vor dem Altar und wartete ungeduldig auf seine Braut.

Anna führte ihre Tochter zum Altar und übergab sie dem Bräutigam. Maria stellte sich neben ihn und er flüsterte ihr ins Ohr: „Du bist so schön und ich liebe dich über alles.“

Dies hört wohl jede Frau gerne und Maria schwebte im siebenten Himmel.

Ihre Augen strahlten, als der Pfarrer die Worte sprach: „Und nun sind Sie Mann und Frau und Sie dürfen die Braut jetzt küssen.“

Etwas zaghaft, gab Franz seiner Frau einen Kuss auf den Mund. Es war ihm peinlich vor so vielen Leuten.

Danach fuhren sie gemeinsam durch die Stadt zu einem Fotografen.

Anna begleitete die Gäste in das Gasthaus, wo Maria arbeitete. Der Chef übernahm alle Kosten und bereitete ein köstliches Mahl für das Brautpaar und seine Gäste zu. Dies war sein Hochzeitsgeschenk.

Es war der glücklichste Tag in Marias jungem Leben. Es zeigte, dass nach Unglück auch das Glück nahe ist.

Das Lebensrad dreht sich ständig, dadurch befinden wir uns in Höhen und Tiefen. Mal sind wir oben am Gipfel angelangt und dann wieder im Tal, wo wir zur Ruhe kommen, denn immer auf dem Höhepunkt zu stehen, wäre zu anstrengend.

Marias Lebensrad führte sie eben auf den Gipfel und sie durfte diesen wunderschönen Moment genießen. Aber wie gesagt, es dreht sich immer weiter.

Die Feier dauerte bis früh am Morgen und dann kam der Moment, wo sich Mutter und Tochter voneinander verabschieden mussten. „Nun Maria, jetzt bist du eine verheiratete Frau und wirst mit Franz zusammenleben.

Unsere Wege trennen sich hier und ich wünsche dir alles Gute. Ich hoffe, du bist immer so glücklich wie heute“, wünschte Anna ihrer Tochter.

„Danke Mutter, für alles. Ich werde dich besuchen kommen und wenn ich einen Rat brauche, darf ich dich fragen?“

„Natürlich, aber du bist stark und weißt schon selbst, was zu tun ist. Außerdem bist du eine ausgezeichnete Köchin“, lobte sie.

Franz verabschiedete sich von seiner Schwiegermutter und Maria kämpfte mit den Tränen. „Auf Wiedersehen Mutter, wir sehen uns bald“, schluchzte Maria und umarmte ihre Mutter liebevoll. Es fiel ihr nicht leicht, Abschied zu nehmen, war sie doch bis heute ihre Stütze, Ratgeber und ihr Zuhause.

Maria bezog mit Franz eine drei Zimmer Wohnung in der Stadt.

Sie konnte es kaum glauben, nun war sie ihre eigene Herrin.

Niemand sagte ihr, wie und was sie zu tun hatte. Nur in ihrer Arbeitsstelle, aber das war in Ordnung.

Maria machte sich sofort an die Arbeit und gab der Wohnung ihre persönliche Note. Sie war sehr ideenreich und zauberte aus dem Nichts eine gemütliche Oase.

Franz staunte immer, wenn seine geliebte Frau wieder einmal, eine tolle Idee hatte. Er verwöhnte Maria, wo er nur konnte. Mal mit größeren, mal mit kleineren Geschenken, worüber sie sich sehr freute.