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Das erfolgreiche 10-Punkte-Programm
Dauerschmerzen am ganzen Körper, Müdigkeit und Erschöpfung – häufig auch Depressionen und ein gereizter Magen-Darm-Trakt: Hinter solchen diffus erscheinenden Symptomen kann sich Fibromyalgie verbergen, ein Schmerzsyndrom mit vielfältigen Erscheinungsformen, das die Betroffenen gleich auf mehreren Ebenen belastet, körperlich und psychisch.
Mit dem Selbsthilfeprogramm des führenden Fibromyalgie-Experten Dr. med. Thomas Weiss lernen Patienten, die Ursachen und Symptome ihrer Krankheit zu verstehen, und erfahren, wie sie mit einfachen Anwendungen und einem gezielten Ernährungsprogramm den Kreislauf aus Schmerzen und Erschöpfung durchbrechen können – für eine spürbare Steigerung des Wohlbefindens und der Lebensqualität.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 144
Dr. med. Thomas Weiss
Die rätselhafte Krankheit erkennen, verstehen und Beschwerden effektiv lindern
Mit Selbsttest und Ernährungsprogramm
WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN
HERZLICH WILLKOMMEN
WAS IST FIBROMYALGIE?
Fibromyalgie im Faktencheck
Fibromyalgie kurz zusammengefasst
Testen Sie sich selbst
DIE 10-PUNKTE-THERAPIE
1. Schritt – Information und Einstellung
2. Schritt – entspannen und loslassen
3. Schritt – physikalische Therapie
4. Schritt – Fitness schaffen
5. Schritt – gesunden Schlaf fördern
6. Schritt – gesunde Ernährung
7. Schritt – richtig atmen
8. Schritt – Hilfe für die Lymphen
9. Schritt – welche Medikamente helfen?
10. Schritt – die Psychotherapie
ERNÄHRUNGSAUFBAU BEI FIBROMYALGIE
Erste Stufe – Schonkost
Zweite Stufe – erweiterte Schonkost
Dritte Stufe – Übergangskost
Vierte Stufe – normale Kost
WIE GEHT ES WEITER?
SACHREGISTER
REZEPTREGISTER
LITERATUR
ÜBER DEN AUTOR
BILDNACHWEIS/IMPRESSUM
Mit diesem Buch möchte ich Ihnen zwei Dinge geben: Orientierung und Handlungsmöglichkeiten.
Auf den ersten Seiten erfahren Sie in knapper Form die wichtigsten Fakten zum Fibromyalgiesyndrom. Die Symptome der Krankheit sind vielfältig. Mithilfe eines Selbsttests lässt sich der Verdacht auf Fibromyalgie erhärten. Danach geht es sofort mit dem los, was Sie selbst gegen die Beschwerden tun können – ohne aufwendige Geräte oder Ausrüstung, ganz einfach zu Hause.
Der Beitrag von Medikamenten an einer wirksamen Therapie ist bei dieser Erkrankung recht begrenzt. Dagegen liegt in konsequenter Selbsthilfe ein ungeheures Potenzial, das Sie nutzen sollten. Dazu gehören Entspannungsverfahren, aktive Bewegung und manch anderes, das Sie auf den folgenden Seiten kennenlernen werden. In den letzten Jahren wurde jedoch auch wissenschaftlich nachgewiesen, dass vor allem eine richtige Ernährung die Beschwerden lindern kann. Unterstützung bieten Ihnen dabei die vielen schmackhaften Rezepte im hinteren Teil des Buches.
Weitere Informationen zur Fibromyalgie finden Sie auf meiner Webseite: WWW.FIBROMYALGIE.DE
Alles Gute wünscht Ihnen Ihr
DR. MED. THOMAS WEISS
Die Bezeichnung »Fibromyalgie« (oder auch »Fibromyalgiesyndrom« oder »FMS«) wurde 1990 von der amerikanischen rheumatologischen Gesellschaft (American College of Rheumatology) akzeptiert und blickt somit auf eine fast 30-jährige Geschichte zurück. Anfänglich galt das Beschwerdebild als rätselhaft und unklar. Doch in der Zwischenzeit hat sich vieles verbessert:
•Es wurden mehr als 10.000 wissenschaftliche Artikel zu allen Aspekten der Erkrankung veröffentlicht.
•Die Symptomatik wurde auf unzähligen Kongressen debattiert.
•Fibromyalgie wurde von der WHO in die Internationale Klassifikation der Krankheiten aufgenommen.
•In Deutschland ging die medizinische Leitlinie für Ärzte bereits in die dritte Generation.
Die Schaffung des Wortes »Fibromyalgie« kann als Erfolgsgeschichte in der Medizin verstanden werden, die zu einem tieferen Verständnis und zu erfolgreicheren Therapien geführt hat. Doch trotz eindeutiger Fortschritte ist Euphorie fehl am Platz. Zahlreich sind die ungelösten Fragen:
•Was steckt eigentlich hinter der Erkrankung?
•Wie ist das Verhältnis von Seele und Körper bei der Entstehung?
•Warum sind vorwiegend Frauen betroffen?
•Warum sind Schmerzmittel (fast) unwirksam?
•Warum gibt es nach wie vor keine einfache und wirksame Therapie?
Fibromyalgie ist immer noch ein Krankheitsbild, bei dem die Fragen zahlreicher sind als die Antworten. Auch wenn der Schwerpunkt dieses Buches eindeutig auf der Therapie liegt, soll doch vorab versucht werden, ein wenig Orientierung über das Krankheitsbild zu schaffen.
Wenn auch das Wort neu ist, die Beschwerden sind es keineswegs! Sie sind wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. Ausgebreitete Schmerzen, Abgeschlagenheit und Schlafstörungen wurden nur jeweils anders genannt. Im 18. Jahrhundert wurde von »Muskelrheuma« gesprochen. Später tauchten Begriffe wie »Neuralgie«, »rheumatische Myositis«, »Myofibritis«, »Neurofibrositis«, »Tendomyopathie« und viele andere auf. Auch die seelische Seite fand Beachtung, wie aus den Diagnosen »psychogenes Rheuma« oder »Neurasthenie« zu erkennen ist. Sie ahnen es vielleicht schon. Möglicherweise ist auch »Fibromyalgie« nicht das letzte Wort für so eine vielgestaltige Erkrankung.
Tatsächlich lehnen nach wie vor einige ärztliche Kollegen (vor allem Orthopäden und Psychiater/Neurologen) den Begriff ab. Es gibt Tendenzen, sich davon wieder zu distanzieren und die Erkrankung eher in den Bereich der Psychiatrie zu verlagern. Bezeichnungen wie »somatoforme Schmerzstörung« oder »chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren« sollen an dessen Stelle treten.
Info
So lästig und schmerzhaft die Krankheit auch ist – einen Trost gibt es: Bei der Fibromyalgie kommt es nie zu Gelenkdeformierungen oder anderen Spätschäden an den Gelenken.
Das mag wie Wortklauberei klingen. Doch die Wahl der Bezeichnung hat direkte Auswirkung auf die Therapie. Falls bei Ihnen eine der beiden letzten Diagnosen gestellt wurde, dann liegt es sehr nahe, dass bei Ihrer medikamentösen Therapie vermehrt auf Psychopharmaka gesetzt wird, die jedoch nur einen geringen Effekt auf die Beschwerden haben.
Der Begriff »Fibromyalgiesyndrom« hat aus meiner Sicht vor allem einen großen Vorteil: Er sagt nichts über die möglichen Ursachen aus und beschreibt lediglich eine Summe von Symptomen.
Doch weitere Änderungen stehen an: Ab dem 1. Januar 2022 wird eine neue Klassifikation der Diagnosen in Kraft treten. Mit dem ICD-11 (»International Classification of Diseases«) der WHO rutscht das Fibromyalgiesyndrom nun als »chronischer ausgebreiteter Schmerz« (M30.01) unter andere chronische Schmerzerkrankungen (M30). Ob sich dies als Vorteil (z. B. weniger »Psychiatrisierung«) oder Nachteil (z. B. zu viele Medikamente) erweist, wird die Zukunft zeigen.
Der Krankheitsverlauf der Fibromyalgie
•Der Krankheitsbeginn ist oft schleichend. Bereits in jungen Jahren leiden Betroffene häufiger unter Kopfschmerzen, Migräne oder Rückenschmerzen. Auch Reizdarmbeschwerden, Schlafstörungen, Schwindel oder depressive Verstimmungen finden sich häufig in der Vorgeschichte.
•Meist treten irgendwann hartnäckige Schmerzen in der Hals- oder Lendenwirbelsäule bzw. an irgendeiner anderen Stelle des Körpers auf, die anfangs kommen und gehen. Irgendwann werden sie zu Dauerschmerzen.
•Später kommt es zur langsamen Schmerzausbreitung über den Körper, bis es schließlich »überall« wehtut.
•Dieser generalisierte Schmerz ist anfangs vor allem in der kalten Jahreszeit oder nach Belastungen zu spüren. Im Verlauf von Jahren werden jedoch die »guten«, d. h. schmerzfreien Zeiten immer seltener.
•Schließlich treten immer häufiger auch »vegetative Beschwerden« wie Abgeschlagenheit, Schlafstörungen, Depressionen und Ängste hinzu: das Vollbild der Erkrankung.
Die Schmerzen bei Fibromyalgie können vielgestaltig sein. Doch meist werden sie als tief sitzende, ziehende Schmerzen wie bei einem Muskelkater oder einer Grippe bezeichnet. Oft fällt es Betroffenen schwer anzugeben, wo es am meisten zieht. Meist in den Muskeln oder Sehnenansätzen, manchmal aber auch in den Gelenken oder den Knochen.
Außer der Wirbelsäule sind fast immer auch Arme und Beine betroffen. Es gibt allerdings Fälle, in denen neben der Wirbelsäule nur einzelne Muskelbezirke (beispielsweise die Schultern) wehtun. Viele Patienten klagen morgens zudem über eine ausgeprägte Steifheit der Gelenke und das Gefühl, diese seien angeschwollen, auch wenn eine Schwellung nicht immer sichtbar ist. Schwellungen treten meist auch im Bereich von Augen, Wangen und Fingern auf, und am Morgen ist oft die Nase verschwollen. Frauen leiden oft unter Spannungsgefühlen in der Brust und im Unterleib.
Ist die Symptomatik fortgeschritten, sind die Schmerzen »immer und überall« vorhanden. Typisch ist die Verschlechterung bei Kälte/Nässe, nach körperlicher Anstrengung und bei Stress/Anspannung. Auch Schlafmangel, Infekte oder andere belastende Lebensereignisse können zur Schmerzverstärkung führen. Die Laboruntersuchungen sind meist unauffällig, größere Abweichungen von den normalen Werten können in der Regel nicht festgestellt werden.
Im Übergang zwischen Muskel und Sehne sitzen besonders viele empfindliche Schmerzfasern. Daher ist diese Übergangsstelle ein »neuralgischer« Punkt bei Fibromyalgie. Hier treten besonders unangenehme Schmerzen auf.
Das Beschwerdebild kann zahlreiche weitere Symptome umfassen, für die es ebenso wenig eine eindeutige körperliche Ursache gibt. Sie fallen unter den Begriff »funktionelle Störungen«, bei denen zwar die Funktion, nicht aber die Struktur des Körpers beeinträchtigt ist. Dazu gehören: Reizdarmsyndrom, Reizblasensyndrom, Unterleibsschmerzen, Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit, »Wattegefühl«, erhöhte Reizempfindlichkeit (vor allem Lärm, Licht, Geruch, Kälte, Wärme), Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Wortfindungsstörungen, Erschöpfung und viele weitere.
Schmerzende Muskeln sind eigentlich nicht ungewöhnlich – denkt man beispielsweise an Muskelkater oder ähnliche Beschwerden. Bei der Fibromyalgie schmerzen viele Muskeln: häufig und scheinbar ohne Grund.
Erschöpfung, Mattigkeit und Müdigkeit sind für viele Betroffene dabei die wichtigsten Symptome. Abgeschlagenheit fehlt selten und quält die Patienten sehr. Sie ist oft derart ausgeprägt, dass eine regelmäßige Berufstätigkeit nicht (mehr) möglich ist.
Erschwert wird eine Erwerbstätigkeit häufig durch Konzentrationsstörungen: Benommenheit, Erinnerungslücken, eine Störung des Kurzzeitgedächtnisses, das Gefühl einer »Mattscheibe« oder einer allgemeinen Verlangsamung werden beklagt.
Ebenso häufig sind Schlafstörungen. Meist fallen die Betroffenen todmüde ins Bett, aber nach nur zwei Stunden ist es vorbei mit dem Schlummer. Dann wälzen sie sich von einer Seite auf die andere und fühlen sich morgens völlig zerschlagen.
Aufstoßen, Völlegefühl, Sodbrennen, vermehrte Darmgeräusche, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung fehlen beim FMS selten. Bei einer überraschend großen Zahl der Patienten finden sich Allergien. Diese reichen von leichtem Heuschnupfen bis zu schwerem Asthma.
Abgesehen von den Schmerzen, fühlt sich die Mehrzahl der Patienten gedrückt, depressiv oder auch ängstlich.
Fibromyalgiepatienten sind meistens sehr kälteempfindlich und berichten über Zeichen einer gestörten Durchblutung in Händen und Füßen. Ebenfalls häufig tritt ein Karpaltunnelsyndrom auf. Hierbei handelt es sich um die Einengung eines Nervs im Bereich des Handgelenks. Als Konsequenz treten nachts zum Teil heftige Schmerzen im Arm auf.
Beispiele für druckempfindliche Stellen am Körper, die keineswegs alle schmerzhaft sein müssen. Solche Tender Points sind häufig Muskel-Sehnen-Übergänge oder Austrittsstellen von kleinen Nerven.
Viele Betroffene vermuten, dass die Erkrankung selten sei, weil sie niemanden kennen, der so wie sie darunter leidet. Doch das ist ein Irrtum! Die Krankheit ist vergleichsweise häufig. Aktuell wird davon ausgegangen, dass gut 2 Prozent der Bevölkerung Deutschlands betroffen ist.
In die Arztpraxen kommen vor allem Frauen (ca. 90 Prozent) im mittleren Lebensalter. Doch tatsächlich umfasst die Erkrankung ein weites Spektrum von Kindern bis Hochbetagten. Auch wenn die Diagnose bei Männern deutlich seltener gestellt wird, findet sich bei systematischen Studien meist ein deutlich größerer Anteil als nur 10 Prozent. Eine Erklärung könnte sein, dass Ärzte bei Männern sehr viel seltener an die Möglichkeit eines Fibromyalgiesyndroms denken. Männer haben es aus ihrer Sicht eher »im Kreuz« oder sind »überarbeitet«.
Es gibt für die Diagnose keinen beweisenden Laborwert oder Befund bei einem bildgebenden Verfahren. Trotzdem ist eine eindeutige Diagnose für den erfahrenen Arzt nicht schwierig.
In den letzten Jahrzehnten wurden mehrere Diagnoseverfahren beschrieben. Das hat leider auch Verwirrung gestiftet. In Deutschland ist es derzeit nach der aktuellen Leitlinie möglich, auf zwei Wegen zur korrekten Diagnose zu kommen.
Zum einen über die »klassischen Kriterien« der amerikanischen rheumatologischen Gesellschaft (ACR) aus dem Jahr 1990. Sie bestehen aus drei Unterpunkten:
•Schmerzen von mehr als drei Monaten Dauer. Ausgebreitete Schmerzen: im Bereich der Wirbelsäule/Brust und linke sowie rechte Körperhälfte und oberhalb sowie unterhalb der Taille.
•Druckpunkte: Mindestens 11 von 18 Druckpunkten, sogenannte Tender Points, müssen auf Daumendruck eine Schmerzreaktion hervorrufen.
Diese sogenannten ACR-1990-Kriterien waren ein erster Versuch, um zu beschreiben, was als Fibromyalgiesyndrom zu verstehen ist. Doch es gibt berechtigte Kritik. Vor allem die Objektivität der Tender Points bleibt umstritten. Je nachdem, wo und wie bei der Untersuchung gedrückt wird, kann das Ergebnis höchst unterschiedlich ausfallen. Und außerdem bleiben die weiteren typischen Symptome des FMS bei den Kriterien unberücksichtigt.
Für die Diagnostik werden 19 Körperregionen unterschieden. Mindestens sieben davon müssen für die Diagnose FMS schmerzhaft sein.
2010 kam es daher zu einer Überarbeitung der ursprünglichen Beschreibungen, die als »modifizierte Kriterien« (ACR 2010) veröffentlicht wurden. Der ausgebreitete Schmerz wird darin anders beschrieben. Die starre Forderung oben/unten, links/rechts wurde fallen gelassen, die Tender Points durch Schmerzregionen ersetzt. Die neuen Kriterien umfassen nun:
•Schmerzen in mindestens 7 von 19 Körperregionen. Daraus wird ein sogenannter regionaler Schmerzindex ermittelt.
•Ein Symptomschwerescore von mindestens 5 (von maximal 12) Punkten, der die Intensität der Symptome wiedergibt.
•Es muss ausgeschlossen sein, dass eine andersartige Erkrankung (z. B. Entzündung, hormonelle Störungen, Krebs) vorliegt, wodurch die Beschwerden ausreichend erklärt werden können.
Die Rubrik »körperliche Beschwerden« fasst alle funktionellen Beschwerden zusammen: Reizdarm, Reizblase, Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Tinnitus, Sodbrennen, Reizempfindlichkeit und vieles mehr. Für die Diagnose müssen von den maximal 12 Punkten mindestens 5 erreicht werden.
Fibromyalgiediagnose auf einen Blick
•Fibromyalgie oder besser das Fibromyalgiesyndrom ist ein relativ häufiges chronisches Schmerzsyndrom, das mit Ganzkörperschmerzen, Schlafstörungen, Abgeschlagenheit, Erschöpfung, funktionellen Beschwerden, Angst und Depressivität einhergeht.
•Besonders empfindlich sind sogenannte Tender Points, die sich oft mit Muskel-Sehnen-Übergängen oder Nervenaustrittsstellen decken.
•Die Erkrankung, die vor allem Frauen betrifft, verläuft in der Regel chronisch über Jahre oder Jahrzehnte hinweg. Trotz der hohen Dauer gibt es keine Spätschäden, Besserungen sind häufig.
•Da alle gängigen Laboruntersuchungen unauffällig sind, stützt sich die Diagnose auf die typischen Schmerzen, aus denen ein Schmerzindex und ein Symptomschwerescore ermittelt werden, die Tender Points und auch auf die begleitenden vegetativen Beschwerden und Stimmungsschwankungen.
•Die Erkrankung kann meist klar von anderen Krankheitsbildern abgegrenzt werden.
Die meisten Menschen jenseits der Jugend haben gelegentlich Probleme mit der Wirbelsäule oder den Gelenken. Doch darüber hinaus findet sich beim FMS keine organische Ursache für die Schmerzen. Kurz: Es gibt keine typischen Labor- oder Röntgenbefunde, die eine Fibromyalgie beweisen.
Aus meiner Sicht ist die Auswahl der Kriterien nicht ganz glücklich, doch ist es ein Fortschritt, Fibromyalgie nicht nur als Schmerzerkrankung zu sehen, sondern die zahlreichen funktionellen Symptome mit zu berücksichtigen.
Nein, bei einem »unkomplizierten FMS« genügt ein Basislabor: Blutsenkungsgeschwindigkeit, C-reaktives Protein, kleines Blutbild, Kreatinkinase, Kalzium, TSH und Vitamin D. Weitere Untersuchungen hängen von den individuellen Beschwerden ab.
Auch die Gefahr der Überdiagnostik darf nicht übersehen werden. Wenn Dutzende Laborwerte und mehrfache CT- oder MRT-Untersuchungen durchgeführt werden, tauchen meist kleine Abweichungen auf, die nur wenig mit den Beschwerden zu tun haben. Allerdings können diese stark beunruhigen, was die Beschwerden ungünstig verstärkt.
Je früher die Diagnose gestellt wird, je umfassender die Therapie ist und je aktiver Betroffene an der Therapie mitwirken, desto besser ist die Prognose.
Schmerzen und Erschöpfung können äußerst unterschiedlich ausgeprägt sein. Sie reichen von leichten, gelegentlichen Beschwerden bis massivster Beeinträchtigung, bei der an Arbeit nicht mehr zu denken ist. Doch existiert derzeit keine »offizielle« Einstufung der Krankheit von etwa »leicht«, »mittelgradig« und »schwer«.
Tendenziell nehmen die Schmerzen mit der Zeit ab. Im höheren Lebensalter geht es vielen – leider nicht allen – Patienten meist besser.
Grundsätzlich kann das Versorgungsamt wegen der Beschwerden »Prozente« aussprechen. Da jedoch keine festen Schweregrade der Krankheit definiert sind, existieren auch keine Regeln für die Einstufung der Behinderung. Lediglich ein Attest mit der Diagnose nützt somit nur wenig. Es kommt immer darauf an, im Einzelfall darzulegen, wie die konkrete Beeinträchtigung im Alltag aussieht. Welche Folgen haben Schmerzen, Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden, Erschöpfungszustände etc.?
Die bisherigen Untersuchungen erlauben noch keine sicheren Aussagen über die Ursachen der Krankheit. Doch es gibt interessante Einzelerkenntnisse. Begünstigend wirken vor allem folgende Faktoren:
•Entzündliche rheumatische Erkrankungen
•Bestimmte genetische Veranlagungen
•Vitamin-D-Mangel
•Rauchen
•Übergewicht
•Bewegungsmangel
•Depression
•Gewalterfahrungen in der Kindheit
Ebenso ist bekannt, dass bei Fibromyalgie die allgemeine Sensibilität zunimmt und sich das vegetative Nervensystem sowie die Stresshormone in einem erhöhten Erregungszustand befinden.
Info
Eine der Hauptgefahren der vergangenen Jahrmillionen stellte das Verhungern dar. Daher war es sinnvoll, bei Überfluss reichlich Vorräte (Speck) anzulegen und in Krisenzeiten (Stress) höchst sparsam mit der wertvollen Energie umzugehen. Diese »guten« Gene machen uns heute bei psychischer Überforderung Probleme: Wir bevorzugen Hochkalorisches, nehmen unkontrolliert zu, und eine Gewichtsabnahme scheint unmöglich. Unser Körper »dankt« es uns mit Übergewicht und Folgeerkrankungen.
Wenn keine körperlichen Ursachen vorliegen, wird oft vermutet, die Symptomatik sei psychisch bedingt. Dementsprechend wird dann vorwiegend mit Psychotherapie oder Psychopharmaka behandelt.