Kann’s auch etwas mehr sein? - Thomas Weiß - E-Book

Kann’s auch etwas mehr sein? E-Book

Thomas Weiss

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Beschreibung

Sonntagsgedanken über das kleine Glück und die großen Herausforderungen

»Kann’s auch etwas mehr sein?« versammelt die besten Texte aus Thomas Weiß‘ Wochenendkolumne für das Badische Tagblatt. Es sind Sonntagsgedanken, die aber auf den Alltag zielen, auf das kleine Glück und die großen Herausforderungen, aufs Handeln und Wandeln im täglichen Allerlei. Anknüpfungspunkt sind die alltäglichen Erfahrungen, deren Tiefen und Untiefen Weiß in den Blick und manchmal auch ein wenig aufs Korn nimmt. Denn gerade in ihnen erweist sich, ob Gott ein lebendiger, ein begleitender Gott ist – ein alltagstauglicher Gott eben. Das Buch versteht sich als persönlicher Wegbegleiter, Augenöffner und Hinweisgeber für alle, die für eine Gruppe oder zu einem gemeindlichen Anlass einen spirituellen Impuls suchen. Ein Stichwortregister und ein Register der Bibelstellen helfen, die passende Geschichte zu finden.

  • Ein persönlicher Wegbegleiter und Hinweisgeber für alle, die eine Gruppe oder zu einem gemeindlichen Anlass einen spirituellen Impuls suchen

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Seitenzahl: 185

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.
 
 
 
 
 
Copyright © 2013 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München
 
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.Umschlagmotiv: © Ocean – Corbis.com
ISBN 978-3-641-11197-7V002
 
 
www.gtvh.dewww.penguinrandomhouse.de

Inhaltsverzeichnis

Zufall - Ein VorwortSo Sachen
Kann’s auch etwas mehr sein?Ein FreundebuchIn der WerkstattGepäckträgerBitte lächelnGuck-in-die-LuftKeine Schablonen!Leben sattMeine GeschichteOhne G fehlt dir was!Keine HängepartieTränenSpieglein, Spieglein an der Wand ...Von obenZurückbleiben bitte!ZeichensetzungGefüllte ZeitWas gut tutHüpfburgenKeine AusredenLiebenswert!Nah dran seinDenn erstens kommt es anders ...Sattel
Bei Gelegenheit
Warnung!Wir brauchen WorteDankbarkeitEin findiger GottDen Mund aufmachen!Gegen den HungerGottes ThemaGraue HaareKommen Sie gut an!LebensregelnSchulanfangBrandheißDurchblickEigenlobNütze den Tag!Raus bist du noch lange nicht ...Überraschung!Wie ein KindBeim Namen gerufenAm SetBei BedarfFremdsprachenGute FreundeWitzigMuggelsSich fühlenTour de VieWissen, oder: Was eine Reise wert istAbseitsDas war’sDer menschliche FaktorWüsteMuss alles raus?Zu Risiken und Nebenwirkungen …Ganz zufriedenSparenAdieu
Übers Jahr
SonntagsDer Zeit vorausNicht verschlafen!Nicht über den NikolausWinterfestGut Wetter machenEdelsteineWechsel!MaskeradeKleider machen LeuteGut Holz!Auf den zweiten BlickLachen!GeistesgegenwartDrei Ecken, oder: TrinitatisAch, du liebe Zeit!Ferien mit GottVorräte sammelnEin weiter HorizontIm Nebel wandernLieber keinen NebelWerbung!
StichwortregisterBibelstellenregisterCopyright

Zufall

Ein Vorwort

Glauben Sie an Zufälle? Ich schon, und zwar ganz entschieden! Denn es ist mir schon viel zugefallen, das mich leben lehrte, das den Glauben vertiefte und weit machte, das mich herausforderte und wachsen ließ. Und manches, das mir einfach Freude bereitete, ganz unumwunden, ohne Abstriche. Das Verfassen der »Gedanken zum Sonntag« für das Badische Tagblatt zum Beispiel. Seit knapp fünf Jahren schreibe ich alle vierzehn Tage in der Sonntagsausgabe dieser mittelbadischen Tageszeitung eine geistliche Kolumne.

Das kam so: Wie ich es zu tun pflege, ging ich samstags morgens zum Bäcker um die Ecke, um Frühstücksbrötchen zu kaufen (vier Laugen, drei Mehrkornstangen, zwei Spitzweck, ein Mohnbrötchen oder ein Krusti – natürlich für die ganze Familie). Da sprach mich einer an, der mir schon irgendwie bekannt vorkam: »Hallo Thomas, kennst du mich noch?« Er ließ mich nicht lange in Verlegenheit. »Ich bin’s, der Markus, wir haben zusammen Abitur gemacht!« (Das muss vor knapp hundert Jahren gewesen sein!) – »Ah ja, stimmt, jetzt, wo du’s sagst.« – »Und, wie geht’s?« – »Gut, ich bin jetzt der Pfarrer hier.« (Was ja über die eigene Befindlichkeit eigentlich keine Aussage ist, aber doch meist positiv rüberkommt). – »Ich weiß. Und ich schaff’ beim Badischen Tagblatt. Du, sag mal, hättest du nicht Lust, für uns zu schreiben?« Na ja, und das hatte ich dann auch.

Aus der Begegnung beim Brötchenholen wurde eine verlässliche Zusammenarbeit. Es war reiner Zufall – und ich bin sicher, Gott hat es mir zufallen lassen. Denn die »Gedanken zum Sonntag«, die mein katholischer Kollege und ich im wöchentlichen Wechsel im »WO«, der Sonntagszeitung des Badischen Tagblattes, schreiben, machen Spaß, sind eine Lust und haben eine sehr große Leserschaft und eine enorme Resonanz.

»Gedanken zum Sonntag« sind es, aber sie zielen, wie der Sonntagsgottesdienst mit seiner Predigt auch, auf den Alltag, auf das kleine Glück und die große Herausforderung, aufs tägliche Einerlei und Allerlei, auf Handeln und Wandeln jeden Tag. Es sind keine wohlfeilen »Sonntagsreden« – indem Gott auch nicht nur für den Sonntag taugt. Die Gedanken knüpfen an alltägliche Erfahrungen an, nehmen die Normalitäten und Untiefen des Alltags in den Blick (und manchmal auch ein wenig aufs Korn). Denn gerade in ihnen erweist sich, ob Gott ein lebendiger, ein begleitender, ein mitgehender Gott ist – ein alltagstauglicher Gott.

Den brauchen wir nämlich (also: Ich brauche ihn jedenfalls und ich unterstelle, es geht vielen Leserinnen und Lesern so; der Leserschaft der »Gedanken zum Sonntag« gewiss, der dieses Büchleins vielleicht auch): Einen Gott, der mir die Tiefe meines Lebens mitten am Tag erschließt, der mich schauen lehrt, was er an Geschenken und Schönheiten verteilt hat auf meinem Weg. Einen ermutigenden Gott, einen, der trägt, und einen, der mich herausfordert ab und zu.

Darum knüpfen diese Gedanken am Alltäglichen an. In drei Kapiteln lesen Sie davon: »So Sachen« haben die Dinge des Alltags im Blick, die ich gewohnt bin und die doch Geheimnisse erschließen, die durchscheinend werden können und einen Blick freigeben auf Gott. »Bei Gelegenheit« erzählt von den Begebenheiten und Gelegenheiten, denen ich meist nicht viel Bedeutung zumesse – und die doch auf Gott verweisen, die doch ermutigen. Und »Übers Jahr« schaut nach den Jahreszeiten und dem Kirchenjahr, um den Gott zu entdecken, der »die Zeit in Händen hat«.

Sie können dieses Büchlein als kleinen, persönlichen Wegbegleiter, Augenöffner, Hinweisgeber lesen. Oder es verwenden, wenn Sie für eine Gruppe oder zu irgendeiner gemeindlichen Gelegenheit einen spirituellen Impuls suchen. Jeder Gedanke schließt mit einem kurzen, persönlichen Gebet, in das Sie einstimmen oder Ihr eigenes finden können. Ein Stichwortregister und ein Register der Bibelstellen, die zitiert werden oder den Hintergrund eines Gedankens bilden, hilft Ihnen, wenn Sie auf der Suche sind – für sich selbst, für andere.

Die Gedanken vom »alltagstauglichen Gott« kommen recht spontan daher, erzählen von meinen kleinen Entdeckungen, von den Überraschungen, die Gott uns bereitet. Das Alt-Vertraute und das von alters her Tragfähige wird neu gesagt, in persönlicher Sprache. Lassen Sie sich, wenn Sie mögen, ebenso persönlich hineinnehmen in den Alltag mit Gott, der Ihnen persönlich nahe ist.

Mein Dank gilt den Redakteuren des Badischen Tagblatts, Markus Mack und Thomas Riedinger, die sich die »Gedanken zum Sonntag« zum Anliegen gemacht haben, und dem katholischen Co-Autoren Nikolaus Wisser, dessen Beiträge ich schätze – und nicht zuletzt und vor allem den Leserinnen und Lesern der »Gedanken zum Sonntag«, die eine Buchausgabe immer wieder nachgefragt haben.

Ich glaube an Zufälle. Möge Gott Ihnen zufallen lassen, dass Sie, angeregt durch dieses Büchlein, ermutigt und gelassen, fröhlich und neugierig durch Ihre Tage gehen.

 

Baden-Baden, im Winter 2012

Kann’s auch etwas mehr sein?

Eigentlich nervt es ja. An der Wurst- und Käsetheke werd ich das oft gefragt: Die freundliche Verkäuferin packt noch zwei Scheiben drauf (dabei sollten’s wirklich genau 150 Gramm Lyoner sein) und schaut mich mit runden Augen, mit gewinnendem Lächeln an: »Kann’s auch etwas mehr sein?« Oder beim Bäcker: Statt: »Zwei Euro vierzig, vielen Dank und schönen Tag« hör ich: »Darf’s noch was sein? Kann ich noch was für Sie tun?« Dabei hab ich an der Ecke Gouda und dem Misch-Mehr-Schrot-und-Korn-Brot einfach genug. Ich will nicht mehr. Wahrscheinlich müssen sie ja so fragen, die Metzger, Bäcker und Verkäuferinnen, der Verkaufszahlen wegen. Nervt aber schon, ein bisschen.

Ab und zu denk ich gleichwohl, ich sollte mich auch mal so fragen – des Mehrwertes wegen.

Kann’s auch etwas mehr sein? Mehr Leben, mehr Lebendigkeit, mehr Lächeln und Lachen und etwas mehr Glück dazwischen? Ein bisschen mehr Leichtigkeit, ein oder zwei Tanzschritte, Freiheit fürs Spielbein – und etwas mehr Standhaftigkeit, wenn es drum geht, wahrhaftig zu sein, einzustehen für jemanden. Und ein bisschen mehr Hoffnung, dass sich die Dinge ändern lassen, die mich bedrängen, und dass das Leben Sinn hat – weit über den Tod hinaus. Weil Leben mehr wert ist als Resignation und Müdigkeit.

Dürfte es schon, es dürfte schon etwas mehr sein. Weil wir ja leiden an den festbetonierten Verhältnissen, an der Lüge und der Missgunst; weil zu wenig Leben uns traurig macht, zu wenig Freiheit uns den Atem nimmt; weil uns die, die ihr Fähnchen nach dem Wind hängen, auf die Nerven gehen und weil auf diese Weise kein Vertrauen wächst zwischen den Menschen (das brauchen wir aber).

Es darf ein bisschen mehr sein. Aber woher soll es denn kommen? Lebensmehrwert-Verkäufer gibt es in den Supermärkten noch nicht (und denen würden wir auch nicht über den Weg trauen), Lebenssinn ist nicht im Angebot. Kann ich nicht kaufen.

Aber schenken, schenken lassen kann ich ihn mir. Ein bisschen mehr – nein, viel mehr, Leben die Fülle. Gott bietet es an, völlig kostenlos. Es braucht nur ein wenig Neugierde und ein bisschen mehr Aufmerksamkeit für das, was er bereithält, was er – mit gewinnendem Lächeln – über die Theke reicht. Jeden Tag, alltäglich.

Versuchen Sie es mal, Gottes Mehrwert an Leben ist »für umme« – und kein billiges Schnäppchen.

Hilf mir, mein Gott, auszukosten, was du mir schenkst, den Reichtum zu entdecken, den du mir bietest. Aufmerksam will ich sein und meine Hände auftun, damit du hineintun kannst, was du austeilst. Amen

Ein Freundebuch

Von der Klara in der 2. Klasse hab ich ein Freundebuch bekommen, zum Ausfüllen und mich drin Verewigen. Das ist eine Ehre! Früher gab es diese Poesiealben; ich hatte natürlich keines – ich war ja ein Kerl. Aber ab und zu musste ich doch mal einen altklugen Spruch, den ich nicht wirklich verstand, auf rosafarbene Seiten schreiben.

Da gefällt mir das Freundebuch heutzutage besser; da geht es um den Menschen selbst, der da schreibt und sich vorstellt. Das ist viel persönlicher – auch wenn ich bei mancher Frage etwas ratlos bin. Lieblingsmusiker? So viel sagt Johann Sebastian Bach den Mädels und Jungs in diesem Alter noch nicht. Und mein Lieblingsbuch wird vielleicht mal Sternchenthema im Abitur (Th. Mann, Doktor Faustus). Und das eine oder andere, was das Freundebuch von mir wissen will, ist etwas indiskret: Gewicht? Antwort: etwas mehr als nötig (ausweichend, aber korrekt). Größter Wunsch? Na, wenn’s mal nur einer wäre!

Aber trotzdem: Ein Freundebuch drückt Freundschaft aus. Es ist eine Ehre, wenn ein Schüler, eine Schülerin ihren Relilehrer so schätzt, dass er sich ins Freundebuch eintragen darf.

Ein anderes Freundebuch hab ich schon lange, und – als Pfarrer – sogar in mehreren Ausgaben: die Bibel. Die ist das Freundebuch, das Gott für uns angelegt hat. Da stellt er sich vor (auf den letzten und ersten Seiten eines Freundebuchs tun das seine Besitzer nämlich immer), nennt seine Hobbys (Wandeln im Paradies in der Abendkühle zum Beispiel, oder sich freuen an der Schöpfung), seinen Beruf (Schöpfer und Erhalter), sein Alter (ewig) und seine Leidenschaft (Menschen lieben). Bei der Frage nach Größe und Gewicht(igkeit) ist er genauso zurückhaltend wie andere, und ein Foto im Profil hat er auch noch nicht eingeklebt. Er hat es nämlich ganz gern, wenn es noch ein paar Geheimnisse gibt, die uns neugierig machen. So bleibt Gottes Freundebuch eine spannende Lektüre.

Aber: Wo ist denn der Platz, da wir uns eintragen könnten? Wo sind die leeren Seiten, auf denen wir Fragen zu beantworten haben, Fragen nach dem, was uns beschäftigt und umtreibt, was uns prägt und wachsen lässt, was uns verletzt und schmerzt? Leere Seiten hat die Bibel keine, aber ich habe Platz darin zwischen den Zeilen. In den Menschengeschichten, die erzählt werden, komme ich mit meiner menschlichen Geschichte, ihren Unwägbarkeiten und Träumen, auch vor. Und in den Gottesgeschichten begegne ich einem, der mir zusagt: Hier, bei mir, ist Raum für dich, hier kannst du dich entfalten, hier findest du Zuflucht, hier bist du zuhaus. Die Fragen, die mein Leben mir stellt, werden in Gottes Freundebuch verhandelt.

Und das Beste: Er drückt es mir in die Hand, weil er mich hoch schätzt, weil ich sein Freund bin (und er meiner) – schon lange!

Gott, mein Freund, gib mir einen neuen Blick auf diese altvertraute Bibel. Ich will sie neu entdecken. Gib mir offene Ohren und ein neugieriges Herz, damit ich mich wieder überraschen lasse. Amen

In der Werkstatt

Ich hab ’ne Schramme im Auto – ach, was sag ich: »Schramme«? Ein richtiger Kratzer ist das, tief im Lack bis auf die Grundierung. Aber ich kann gar nichts dafür, ehrlich! Das muss das Erdbeben im Oberrheingraben gewesen sein, oder der Betonpfeiler vom Zaun hat sich bewegt, von alleine, so was hat man ja schon gehört. Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde ... da staunen Sie bloß!

Ich hab nicht nur gestaunt, ich hab mich auch sehr, sehr geärgert. Heidenblitz, das schöne Auto! Und was das wieder kosten wird! Jetzt muss ich in die Lackiererei und Zeit und Geld drangeben. Ach Mensch!

Ja, Mensch. Als Mensch hab ich auch meine Schrammen und Kratzer, meine Risse und Wunden. Kommt vor: Ganz schnell ist der Lack ab, tiefe Schnitte, bis auf den Grund. Und die ärgern nicht nur, die tun bisweilen richtig weh. Manchmal füg ich mir die selber zu, wenn ich mir selber das Leben schwer mache, Entscheidungen vermeide oder nicht eintrete für das, was mir wichtig ist; aber oft kann ich wirklich nichts dafür. Da werde ich von anderen verletzt, geschnitten, weggestoßen – und immer bleiben blaue Flecken oder gar Narben zurück. Die kosten auch was, kosten Lebenskraft, Lebensmut, Lebenszeit. Die machen ängstlich und müde. Und weit und breit keine Lackiererei, die die Risse und Schrammen heilen könnte – oder wenigstens zukleistern und übermalen, damit ich sie nicht immer sehen muss.

Nein, keine Lackiererei, aber es gibt da einen anderen Handwerksmeister – den Handwerksmeister der Zuwendung. Achten Sie mal auf Jesu Hände! Wenn Sie Zeit (und nicht gerade einen anderen Werkstatttermin) haben, lesen Sie es doch mal nach: Jesus wandte sich den Menschen geschickt und »handgreiflich« zu: Er strich den Kindern übers Haar, er nahm die Bettler beim Arm und legte dem Blinden die Finger auf die Augen. Er berührte und ließ sich berühren – und heilte dabei, heilte Wunden, Narben, Verletzungen, Risse durch Seelen und Leiber, die das Leben schlug. Die Handwerkstatt dieses Meisters ist geöffnet, heute noch und rund um die Uhr – und Reparaturen kosten nichts!

Bitte heile mich, mein Gott, von den Verletzungen, die mich bitter gemacht haben, und von der Angst, wieder getroffen zu werden. Deinen guten Händen vertraue ich mich an. Amen

Gepäckträger

Gut, einen zu haben – der entlastet. Hinten drauf kann ich eine Menge transportieren: den Schulranzen und den Einkaufskorb, und wenn ich noch Satteltaschen dazuhänge, können es sogar Wochenrationen und Zelte sein.

Gut, einen Gepäckträger zu haben!

Wenn’s den doch auch fürs echte Leben gäbe! Dass da manches Päckchen zu schleppen ist und manches Kreuz zu tragen, das wissen wir, das ist eine menschliche Erfahrung: Die Sorge um die Kinder macht uns die Träume schwer in der Nacht; die Angst vor der Krankheit belastet; der Streit macht müde, das Misstrauen nimmt alle Kraft. Da gibt es vieles, was uns so beansprucht, dass es uns den Atem raubt. Dann schleppen wir uns eher durch unsere Tage, als dass wir aufrecht gehen und frei.

Die Last nimmt uns den Lebensmut und die Lebenslust.

Dann fehlt mir auch der Sinn für die schöne Ausfahrt, für die beglückende Wanderung an den Flüssen entlang, über die herrlichen Ebenen, beeindruckende Berge hinauf. Geht mir der Atem schwer vom Tragen, drücken Lasten mich nieder, dann hab ich keinen Blick mehr für das Schöne, das das Leben mir Tag für Tag bietet.

Dann muss ein Gepäckträger her – und es gibt ja einen. »All eure Sorge werft auf Gott, denn er sorgt für euch«, sagt Petrus einmal. Für das, was mir zu schwer ist, gibt es einen Ort zum Abladen. Bei Gott werde ich los, was mich am Leben hindert, was mich bedrängt und belastet, was mir die Kraft raubt.

»Ich trage, was du nicht bewältigst, und ich trage dich gleich mit«, verspricht Gott.

Unterschiede gibt es aber dann doch zum herkömmlichen Gepäckträger!

Auf meinem Fahrrad muss ich, wenn ich es belade, doch alles selber schleppen. Ich trage es nicht auf dem Rücken, aber es geht doch in die Beine. Was ich in Gottes Hand lege, das belastet mich nicht mehr.

Und: Jeder Gepäckträger am Rad hat seine Grenze. Belade ich ihn zu sehr, dann riskiere ich einen Rahmenbruch. Tatsächlich – lege ich mir selbst zu viel an Sorge, an Angst und Verantwortung auf, dann laufe ich Gefahr, daran zu zerbrechen. Der göttliche Gepäckträger kennt keine Belastungsgrenzen. Der hält jedem Druck stand und jedem Sturz.

Auf den kann ich mich verlassen.

Dann tun wir es doch! Der Gepäckträger Gott lädt uns ein, es mit ihm zu probieren. Wir werden überzeugt sein am Ende.

Meine Sorgen gebe ich hiermit ab, Gott, ich lege sie in deine Hand; ich lasse die Lasten vom Rücken fallen, bitte trag du sie ein Stück. Du hast es mir zugesagt, und ich brauche ein bisschen Luft zum Atmen. Amen

Bitte lächeln

Ich brauch mal eine neue: eine Dienstkamera. So einen einfach zu handhabenden Fotoapparat (einen idiotensicheren!), damit ich bei der einen oder anderen Veranstaltung, bei diesem oder jenem gemeindlichen Event Bilder machen kann, für den Gemeindebrief, fürs Archiv, zur Erinnerung. Ich brauch mal eine neue – aber das ist gar nicht so leicht. Die einen sind zu teuer, die anderen lösen sich schon beim Betrachten in ihre Bestandteile auf, einige sind viel zu kompliziert, andere verstehe ich sowieso nicht.

Aber jetzt hab ich eine gefunden! Egal, wie sie heißt (für Schleichwerbung kriegt man hier eh nix bezahlt) und wo ich sie besorge: Sie erfüllt ihren Zweck, ist nicht zu teuer – und sie hat eine Funktion, von der ich bisher immer nur geträumt habe.

Wenn ich eine Kamera kaufe, muss sie gegen Verwacklung, gegen Unschärfe gerüstet sein, gegen rote Augen (und am besten noch gegen Rotznasen, Trauerklöße und Nachtschatten). Die meine hat nun auch noch – wundersam – eine »Gesichtserkennung« und eine »Lächelerkennung«. Ist das nicht herrlich?!

Eine Lächelerkennung – das hab ich mir schon immer gewünscht! Dann muss ich gar nicht erst »Bitte lächeln!« rufen, damit die Leute freundlich sind. Ich weiß noch nicht genau, was passiert, wenn meine neue Kamera ein Lächeln erkennt, aber ich weiß, was mit mir passiert, wenn mich jemand anlächelt: Mir wird warm ums Herz, ich lächle unweigerlich zurück, und sollte da Ärger gewesen sein, verfliegt er rasch, ich fühle mich wahr- und angenommen.

Manchmal aber merke ich es gar nicht, wenn Leute mich anlächeln, dann bleib ich unberührt und kalt. Da wäre eine Lächelerkennung schon hilfreich; ich würde sicher entdecken, dass viel mehr Menschen, als ich ahne, es gut mit mir meinen, dass mich viel mehr Lächeln umgibt, als ich glaube.

Lächeln Gottes auch! Aber das ist ganz schwer zu erkennen, oder? Nein, eigentlich nicht. Gott lächelt, wenn im Herbst die bunten Farben aufstrahlen, wenn ein nebliger Novembermorgen einen Zauber verheißt, wenn der Frühling sich duftend breit macht, wenn im Advent die ersten Kerzen angezündet werden, wenn der Sommer in der Luft flirrt – und wenn Menschen die Ruhe wieder finden, einander zu begegnen, einander in die Augen zu sehen. Gott lächelt in den tausend Lächeln, die mich streifen jeden Tag. Kommen Sie, wir machen uns heute Morgen mal auf Lächelerkennungssuche. Ich bin sicher, Gott lässt sich nicht lange bitten – er lächelt schon.

Mein Gott, hilf mir, dein Lächeln zu erkennen, strahle mich an, damit sich das Lächeln hineinzaubert in mein Herz, damit ich fröhlich bin unter deinem Himmel, auf deiner Erde. Amen

Guck-in-die-Luft

»Sieh einmal, hier steht er. Pfui, der Struwwelpeter!« Ich weiß schon, dass das pädagogisch alles andere als sinnvoll ist (und meine Kinder haben das Buch auch nie in die Finger gekriegt) – aber ich konnte, als kleines Büblein mit dem Schalk im Nacken, dem Machwerk von Dr. Heinrich Hoffmann – er ruhe in Frieden – durchaus etwas abgewinnen (manchmal jedenfalls).

Nicht ganz im Sinne des Erfinders freilich: Der Suppen-Kaspar hatte meine ganze Sympathie, wenn ich die kalten Kartoffeln aufessen musste (Kartoffeln mag ich bis heute nicht wirklich); und der fliegende Robert hat immerhin die Freiheit erfahren, abzuheben – ein kindlicher Überflieger sozusagen, eigentlich beneidenswert. Der Zappel-Philipp war ein früher Revoluzzer wider Sitte und Gewohnheit (gut so!) – und ganz besonders angetan hat’s mir Hans Guck-in-die-Luft: »Wenn der Hans zur Schule ging, stets sein Blick am Himmel hing.«

Das ist doch ein guter Tipp! »Wenn ich seh die Himmel, deiner Hände Werk ...«, heißt es in einem König David zugeschriebenen Psalm der Bibel. Die gibt also dieselbe Blickrichtung an, rät, den Blick zu heben, himmelwärts. Weil der Himmel weit ist, weil sich Horizonte auftun, weil ich dann Großes und Erhabenes zu sehen bekomme.

»Vor die eignen Füße dicht, ja, da sah der Bursche nicht«, bemängelt Dr. Hoffmann am Hans, und übersieht doch, dass es genau daran manchmal krankt im Leben: dass wir den Blick zu Boden gehen lassen, niedergeschlagen, bedrückt; dass wir nur glauben und für wahr halten, was vor Augen liegt; dass wir das Naheliegende sehen und es damit gut sein lassen – wo doch so viel mehr möglich ist, wo doch das Leben einen viel weiteren Horizont haben könnte, wir auf Weite und Größe angelegt sind, auf Frei-Atmen, Überfliegen, Abheben vor Glück manchmal.

»Wenn ich seh die Himmel ...« Die Himmel, der Himmel – in allen Kulturen ist er das Symbol für den »Vater im Himmel«, den weiten, großen Gott, der Anteil gibt an seiner Weite und Größe.

So ein wenig (oder mehr) Guck-in-die-Luft kann nicht schaden, denn wenn ich das Herz weit mache und fühle, was meine Möglichkeiten sind, wenn ich mich öffne, dann bekommt auch das, was »vor den eignen Füßen dicht« liegt, seinen Platz – aber eben nicht viel zu viel Aufmerksamkeit. »Also sprach im ernsten Ton der Papa zu seinem Sohn« – will ich mir’s gesagt sein lassen!

Gott, ich schau in den Himmel, ich bewundere seine Weite und spüre, so weit (und weiter noch) bist du – und doch ganz nah. Weil ich zu dir gehöre, muss ich im Klein-Klein der Tage nicht verzweifeln, du weitest meinen Horizont. Amen

Keine Schablonen!