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Think badisch, read Eva Klingler "Frauen wie wir" – den Titel dieses erfolgreichen Buches kann man ruhig wörtlich nehmen. In einer Wiederauflage präsentiert Der Kleine Buch Verlag das Buch zum Kabarettprogramm "Scheusale mit Handtasche". Lore, Elke, Johanna-Marie, Sylvie, Susanne und die Norddeutsche Geeerda meistern ihre großen und kleinen Katastrophen auf die badische Art und lachen sich durch den Alltag zwischen Partnervermittlung, Ärger mit der Schwiegermutter, Zucchinischwemme und unerwünschtem Bibel-Präsent …
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Seitenzahl: 130
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Für das Nordlicht Gerda ist es gar nicht so einfach, ihre badischen Mädels, die an eine Mischung aus »Sex and the City« und die »Golden Girls« erinnern, zu verstehen. Da könnt ich mich neilege? In die Suppe? Redewendungen wie diese gehören zur badischen Lebensart wie die Pyramide zu Karlsruhe. Die unterhaltsamen Anekdoten um die Mädels-Clique zeigen, wie Alltagskatastrophen im sonnigen Südwesten gelöst werden, und bieten zeitgleich eine Übersicht über landestypische Redensarten, die einem gelegentlich aus der Patsche helfen können.
Und übrigens: Die »Scheusale mit Handtasche« kann man auch live in dem gleichnamigen Kabarettprogramm erleben!
Eva Klingler (*1955) arbeitete als Lehrerin sowie Journalistin (u. a. beim Südwestfunk) und ist seit Langem als Autorin tätig. Die meisten ihrer über 30 Veröffentlichungen beschäftigen sich mit badischer Geschichte, dem Lebensgefühl und der Kultur unseres Landes. So auch die Krimireihe um Maren Mainhardt (z. B. »Erbsünde«, 2013 in der 5. Auflage erschienen) und der Satireband »Beinahe Toskana oder Baden für Nichtschwimmer« (2010). Eva Klingler ist in Mannheim aufgewachsen, lebte lange in Baden-Baden und wohnt nun seit 14 Jahren mit Ehemann, Hund und Katze in Karlsruhe.
www.evaklinglerkrimis.de
Eva Klingler
frauen wie wir
Badische Geschichten
Die deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter www.dnb.de abrufbar.
© 2016 Der Kleine Buch Verlag | Lauinger Verlag, Karlsruhe
Projektmanagement: Julia Barisic
Umschlaggestaltung: Sonia Lauinger
Satz und Layout: Beatrice Hildebrand
Korrektorat: Johanna Thoresen, Ettlingen
Umschlagabbildungen:
Hintergrund: djvstock | fotolia.com
Frauen: RetroClipArt | fotolia.com
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes (auch Fotokopien, Mikroverfilmung und Übersetzung) ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt auch ausdrücklich für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen jeder Art und von jedem Betreiber.
ISBN 978-3-7650-2139-8
Dieser Titel ist auch als Printausgabe erhältlich: ISBN 978-3-7650-9120-9
www.derkleinebuchverlag.de
www.facebook.com/DerKleineBuchVerlag
Für meine liebe Freundin Anne Lahres,
die immer ein offenes Ohr für mich hat!
Man könnte ja sagen, um badische Frauen, aber Sylvia hat ihren Dauerbesuch Gerda in unseren Kreis eingeschleppt und Gerda kommt aus Norddeutschland. Da wo die deutsche Wetterkarte aufhört.
Zuerst hat Gerda bei Sylvia in Ettlingen gewohnt, denn die schicke Sylvia ist mit sich selbst in einer innigen Liebesbeziehung und legt deshalb Wert auf Äußeres sowie auf gehobene Wohnkultur mit einem Gästezimmer.
Irgendwann ging ihr Gerda aber auf die Nerven, sodass sie ihr eine Ferienwohnung im benachbarten Malsch gesucht hat. Vorübergehend.
Aber wir werden die Gerda irgendwie nicht mehr los. Es gefällt ihr bei uns, obwohl sie nur die Hälfte versteht.
Vielleicht deshalb.
Täglich fährt Sylvia in ihrem milchkaffeefarbenen Cabrio nach Weingarten, wo sie in einem Architekturbüro arbeitet.
Mit Lore, die auch Single ist und mitten in Karlsruhe in Bahnhofsnähe lebt, ist Sylvia schon lange befreundet. Lore arbeitet in Achern. Da sie naturverbunden ist, nimmt sie dorthin nicht das Auto, sondern die Stadtbahn. Außerdem ist in Straßenbahnen bekanntlich mehr als nur eine Beziehung geknüpft worden und Lore hätte nichts gegen eine späte Ehe einzuwenden. Vorhandene Kinder willkommen.
Zu unserer Clique gehört außerdem die Elke. Auch Elke wohnt in Karlsruhe, am Stadtrand in einem Reihenhäuschen mit Garten, das sie sich mit einem Mann, zwei Kindern und einem Hund teilen muss. Elkes Mann Manfred – übrigens ist er Sylvias Cousin, obwohl die darauf beharrt, dass es keine Familienähnlichkeit gibt – trifft man häufig im Garten an. Elke macht sich nämlich nichts aus Gartenarbeit. Sie würde sich aber durchaus was aus bezahlter Büroarbeit machen, doch im Moment hat sie keinen Job.
Dafür hat sie eine sehr muntere neunzigjährige Nachbarin namens Frau Wenzle, die mit dem Rollator im Viertel unterwegs ist und so lange von früher erzählt, bis die Leute selbst glauben, sie lebten in einer anderen Zeit.
Wenn’s an der Tür klingelt, muss Elke immer befürchten, ihre ungeliebte Schwiegermutter Lieselotte steht vor der Tür. Enkel besuchen. Die Teenager-Enkel sitzen aber verdrahtet oben in ihren Zimmern, und Elke muss unten die Lieselotte mit Kaffee bei Laune halten.
Außerdem gehört noch Johanna-Marie zur Gruppe.
Meistens wartet sie auf ihren Freund Torsten, der zwischen zwei Dienstreisen in der eigentlich gemeinsamen Wohnung in einem Zweifamilienhaus in Bühl Station macht.
Wenn der Computer angeschaltet ist, gilt dies als Zeichen, dass er zu Hause weilt.
So wie die Flagge auf dem Buckingham Palast die Anwesenheit der Queen verkündet.
Susanne ist die Erfolgreichste in der Runde, obwohl es zuerst gar nicht danach aussah. Sie schreibt sogenannte Regionalkrimis – und Bücher darüber, wie sie ihren Hund ausführt. Ein ziemlich simples Erfolgsrezept. Sie hat zuerst bei Offenburg gewohnt, dann ist sie nach Kuppenheim gezogen, jetzt kann sie sich eine Wohnung in Gaggenau mit Murgblick leisten.
Schließlich gibt’s noch die Ingrid. Das ist eine ehemalige Klassenkameradin von Lore, die einst eine gefeierte Schönheit war. Anstatt schön zu sein, trauert sie derzeit ihrem Ehemann hinterher und geht allen gehörig auf die Nerven.
Jetzt geht’s los.
Mit den Geschichten von uns …
Badener neigen dazu, Konflikte mit begütigenden Gesten und Worten beizulegen. Was nicht bedeutet, dass der Streit etwa vergessen wäre. »Mir wern uns scho einig« beinhaltet deshalb auch eine kleine gepflegte Kampfansage.
Die Singlefrauen Lore und Sylvia wollen sich für ein gemeinsames Wellnesswochenende verabreden. Sie sind allerdings noch nicht ganz einer Meinung, wo genau sie sich in wohltuender Frauenzweisamkeit erholen wollen. Es sollte allerdings »net weit weg«, also am besten im heimischen Baden sein.
Lore neigt mehr zu einer rustikalen Unterkunft, etwa in Sasbachwalden in einem biologisch-dynamischen Heuhotel, wohingegen Sylvia gekachelte und auf spätrömisch getrimmte Wellnesstempel bevorzugt. Etwa das Dollenberg in St. Peterstal-Griesbach oder das Römerbad in Badenweiler.
In heller Vorfreude hat sie schon mal die Prospekte studiert und dabei die Preisliste wohlweislich in den Papiermüll entsorgt.
Geradezu verinnerlicht hat sie nämlich einen weiteren beliebten badischen Spruch: »Mir gönne uns ja sonscht nix«, der auf sie nicht die Spur zutrifft. Sylvia gönnt sich nämlich andauernd was: Peelings und Frisuren, Sonnenbank, Cocktails und Klamotten. Schuhe und Handtaschen zählen bei ihr nicht zu Klamotten, sondern zu den nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten: Hochwirksam gegen Frust, Ärger im Job oder weinerliche Anrufe von ihrer Mutter.
Ein Psychologe, den sie sich ebenfalls mal gegönnt hat, konnte ihre Konsumfreude erklären: »Sie sind Single, und da brauchen Sie eine Kompensation für den fehlenden Partner! Sie decken ein tief sitzendes Minderwertigkeitsgefühl zu.«
Sylvia, die sich keineswegs minderwertig fühlt, sondern froh ist, dass sie daheim keinen schlecht gelaunten Kerl vor dem Fernseher sitzen hat, ist hochzufrieden, eine Entschuldigung zu haben, und shoppt munter weiter auf Mannheims Planken und Karlsruhes Kaiserstraße oder scannt mit Kennerblick die Läden in Heidelberg ab.
Die beiden Mädels wälzen nun heute Mittag in Sylvias schick aufgeräumter Küche in Ettlingen genussvoll Prospekte.
Prosecco steht bereit.
»Des vorher Raussuche macht am meischte Spaß!«, verkündet Sylvia und schenkt nach. Guckt fragend. Lore schüttelt den Kopf und macht mit der Hand ein Häuschen über ihr Glas.
»Net mehr, Ich vertrag so früh nix!«
»Ärmschte!«
Tatendurstig flimmert der Laptop-Bildschirm daneben, um auf Knopfdruck die Bewertungen bereits abgefrühstückter Gäste auszuspucken.
»Also, ich wollt’ halt mehr mal so raus aus’m Alltag!«, befindet Lore. »Grad wenn mer mal auf den Luxus ganz bewusst verzichtet, kann mer ihn mehr genieße! Natur pur. Hier im Großstädtische habe mer des ja ganz selte. Alles zersiedelt. Baustelle. Neubauviertel. Lärm, wo du hinhörsch!«
»Ich kann Luxus immer genieße! Und wie!«, sagt Sylvia. »Heut simmer noch jung, Ich will net in e kratziges Heubett liege. Wer weiß, was ma sich da holt!«
»I denk net. Des isch getestet. Und desinfiziert. Schlimmer isch’s, wenn du in so e Hotelbett steigsch, wo tausend Leut vorher dring’lege habe un so e Zimmermädle bezieht des lieblos, ohne genau hinzugucke.«
Zwei Prospekte werden nebeneinandergelegt. Das Heuhotel in Sasbachwalden am Waldrand und das Römerbad in Badenweiler.
»Guck mal, wie g’mütlich die Gaststub isch. Wie in frühere Zeite!«, schwärmt Lore und sieht sich schon am Kachelofen sitzen und eine ländlich-sittliche Katze streicheln.
»Ich leb aber heut. Hier im Römerbad hasch Luxus in seiner reinschte Form. So’n russische Dichter …«
»Solschenizyn?«
»Nein, en älterer vom vorige Jahrhundert, der isch da g’storbe. Sag mal nix … Tschechow!«
»Ich will net hin, wo einer g’storbe isch. Und des morbide Ding da ist viel teurer als mei Heuunterkunft.«
»Mir könne aber dort im Badekittel direkt runner ins Wellness gehe! Und richtig entspanne!«
»Des kannsch im duftende Heu auch. Und mir könne steil hoch auf die Schwarzwaldstraß fahre. Und wandern. Da entspannt mer viel besser. Aktivurlaub nennt mer des!«
Sylvia verzieht das Gesicht.
Sie hat klare Vorstellungen. Am Pool abliegen, Wellnesstee schlürfen, Leute beobachten, dann Cocktail, mehrgängiges Essen, nochmal Cocktail, tanzen.
Vielleicht jemand kennenlerne, denkt sie.
Lore seufzt. Kräuter, Heuduft, klare Luft und die Berge. Lesen. Dorfleben. Abends in e urige Kneip mit niedrige Decke und Schinkengeruch, der seit Jahrhunderte in de Bretter steckt, denkt sie.
Und: Vielleicht jemand kennenlerne!
Die zwei Frauen sehen sich an. Streite? Nachgebe? Noch e Sektle trinke?, denken jetzt alle beide. Seufzen.
»Mir wern uns scho einig werde!«
Süddeutsche sind nicht für schonungslose Offenheit gemacht. Badenerinnen schon gar nicht. Komplimente werden oft und freigiebig ausgeteilt. Man hört sie selbst gerne, glaubt sie oder glaubt sie nicht, auf jeden Fall kosten sie nichts und schaffen eine angenehme Gesprächsatmosphäre – etwas Wesentliches in einem Land, das von Tourismus lebt.
Lore hat ihre Klassenkameradin Ingrid lange nicht gesehen.
Von der einstigen Klassensprecherin Ruth, die manchmal Mails schreibt, ist aber durchgedrungen, die Ingrid sei von ihrem Mann getrennt. An sich nichts Besonderes. Von den einundzwanzig Mädchen, die sie einst waren, sind nur noch vier so verheiratet, wie es der Papst gerne sieht.
Aber jetzt läuft ihr die Ingrid unerwartet in einem der nicht ganz so guten Wohnviertel in Karlsruhe über den Weg. Genau genommen in der Südstadt, wo man sich die Ingrid eigentlich nicht vorstellen kann. Eher im Märchenviertel in Rüppurr oder auf dem Turmberg.
»Ingrid?«
»Bitte?«
»Kennsch mich nimmer? Ich bin die Lore. Aus unserer Klass, Abiklass. 19 … Ich sag’s besser net, wann des war.«
Die Ingrid kneift die Augen zusammen.
»Jetzt wo du’s sagsch. Was machsch du hier in der Gegend?«
»Mein Vater isch da drübe im Seniorenheim.«
»Ach so.«
Lore sieht Ingrid an. Die Ingrid war die Klassenschönheit gewesen. Bisschen albern manchmal, aber doch atemberaubend. Eine badische Liz Taylor. Lange schwarze Haare.
Lore erinnert sich: Tiefblaue Augen wie Kornblumen. Hatte alle Lehrer damit rumgekriegt, ihr noch einen Gnadenvierer zu geben.
Man hat’s damals sowieso net so genau g’nomme, denkt sie. Es gab noch keine Kurse und keine Punkte. Nur Note. Und fescht zugedrückte Auge.
Ingrid hatte dann einen Schönling geheiratet, der auf dem Hochzeitsbild neben ihr eine gute Figur abgegeben hat. Beide sind Lehrer geworden. Man hat ein schickes Haus gebaut. In Weingarten. Am Rand der Weinberge Richtung Kraichgau. Fernreisen sei ihr Hobby, ist erzählt worden. Kinder? Ja, eine Tochter, bestimmt auch schön.
Danach hat sich die Spur verloren.
Und jetzt steht Ingrid vor der Lore, die ja ihrerseits nie was Besonderes war. Und die Ingrid sieht ganz verhärmt aus, blass, zu dünn, Ringe unter den Augen. Zu lang geheult, zu kurz geschlafen, manchmal auch einen Wein zu viel getrunken. So sieht sie aus. Enttäuscht.
Wie eine retuschierte Erinnerung an die Ingrid von früher. Früher sind ihre schiefen Zähne bei all der Schönheit nicht aufgefallen. Jetzt sieht man fast nur noch die Zähne.
Lore könnte jetzt ehrlich sein. Die Ingrid war nicht immer so freundlich zu ihr gewesen. Früher, als sie noch die Klassenschönheit war.
Doch die Lore lebt nicht in Hamburg und nicht in Bielefeld. Sie lebt im Badischen.
»Siehsch aber gut aus!«, sagt sie.
Dieser Satz fällt in die gleiche Kategorie wie »Siehsch gut aus!«, ist aber mit mehr Vorsicht anzuwenden. So sehr der Badener und vor allem die Badenerin eine angenehme Gesprächskultur pflegen, so schrecklich wäre es für sie, Obiges zu jemandem zu sagen, der gerade vom Arzt kommt und eine schlechte Diagnose gehört hat. Also sagt man das nur zu Leuten, die nicht wesentlich dicker geworden sind, als sie zuvor waren, aber halt auch nicht dünner.
Sylvia hat ein schlechtes Gewissen. Sie hat vergessen, Elke, der Frau ihres Cousins Manfred, zum Geburtstag zu gratulieren, und schon zweimal hat sie sie beim Mittagessen versetzt.
Jetzt muss ich was unnernehme, denkt sie.
Die zwei Frauen haben sich in Baden-Baden in der Allee verabredet. Geplant ist: Kaffee, dann Museum, dann wieder Kaffee. Schon am Telefon spürt Sylvia einen gewissen Vorbehalt. »Diesmal kommsch aber, oder?«
»So sicher wie des Amen in der Kirch!«, entgegnet Sylvia.
»Ich war schon lang net mehr in der Kirch«, tönt es misstrauisch zurück. »Sagt man des heut da überhaupt noch? Ich mein nur, wege deiner allgemeine Glaubwürdigkeit …«
Elke kämpft seit Langem vergebens gegen Röllchen, Pölsterchen und Pfunde.
Sylvia weiß das und beschließt, egal wie fett Elke aussieht, den magischen Satz zu sagen, um sie zu versöhnen. Vorher muss sie aber sicher sein, dass Elke, falls sie zufällig tatsächlich abgenommen haben sollte, nicht etwa dem Tod ins Auge schaut oder depressiv ist oder sonst was Kalorienzehrendes hat.
Deshalb ruft sie am Tag vor dem Treffen ihren Cousin an.
»Du, Manfred, sag mal, die Elke … geht’s der eigentlich gut?«
»Ja, klar, warum denn net?«
»Ich mein halt nur. Also, sie hat nix. Kei Beschwerde, kei Schmerze oder irgendwelche annere Einschränkunge.«
»Nein.«
»Un kei Operation in Sicht? Net emal e B’süchle beim Arzt?«
»Operation? Net, dass ich wüsst.«
Manfred wurde unruhig.
»Hat sie abg’nomme?«
»Net, dass ich wüsst!«
Sylvia ist erleichtert.
Sie kann also den Lügen-Satz mit gutem Gewissen sagen.
Schauplatz ist Baden-Baden, die Perle Badens. Sylvia ist zu spät, weil ihr am Eingang von der Tiefgarage das Parkbillet runtergefallen ist. Zurücksetzen, Tür auf, aussteigen, Parkschein aufheben, wieder einsteigen, anfahren am Berg und dabei noch das Gemeckere des Lackaffen im BMW mit Ludwigsburger Nummer abwehren. »Drecks-Schwob. Fahr doch gleich widder heim!« Das alles dauert nun mal seine Zeit.
Elke wartet schon mit mürrischem Gesichtsausdruck an der Trinkhalle, hat derweil die an die Wand gemalten Sagengestalten betrachtet, die auch alle recht üppig gebaut sind.
Sylvia setzt ihr Cousinen-Gesichtle auf und eilt mit ausgestreckter Hand auf Elke zu.
»Hallo!« Küsschen rechts und links. Das haben sich die Badener von der anderen Rheinseite abgeguckt.
Jetzt kommt’s.
»Elke. Sag mal, hasch du abg’nomme?«
»Wieso? Seh ich so schlecht aus?«
»Schlecht? Nee, gar net. Im Gegenteil. Gut siehsch aus.«
Sylvia denkt, dass es manche Frauen nicht oft genug hören können. Also nochmal.
»Und du hasch abg’nomme, oder?«