Fürsten-Roman 2537 - Sandra Heyden - E-Book

Fürsten-Roman 2537 E-Book

Sandra Heyden

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Beschreibung

Seit einem schweren Unfall hadert Nikolas Prinz Schulte von Bodenbach mit seinem Schicksal und versinkt in Depressionen - obwohl die Ärzte ihm durchaus Hoffnung machen, wieder laufen zu können. Er muss es nur wollen! Doch wofür lohnt es sich zu kämpfen, wenn einen die eigene Verlobte schmählich im Stich lässt, wenn man ein Krüppel ist, mit dem niemand - erst recht keine Frau - etwas anfangen kann?

Nikolas‘ Familie hegt die Hoffnung, durch eine intensive Privattherapie auf Schloss Boden endlich Besserung zu erreichen. Tatsächlich scheint Ina, die junge Physiotherapeutin, Nikolas‘ Herz zu öffnen. Doch dann erscheint Alexander Graf von Hedenau, bester Freund des Prinzen, auf der Bildfläche - und vom ersten Moment an ist es um ihn und Ina geschehen. Ein unsichtbares Band scheint die beiden wie magisch aneinanderzubinden, eine Kraft, der Prinz Nikolas nichts entgegenzusetzen hat ...

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Seitenzahl: 127

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Inhalt

Cover

Impressum

Vom Schicksal ausgebremst

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Zoran Pucarevic / shutterstock

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5631-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Vom Schicksal ausgebremst

Erst durch einen Unfall findet Prinz Nikolas die wahre Liebe

Von Sandra Heyden

Seit einem schweren Unfall hadert Nikolas Prinz Schulte von Bodenbach mit seinem Schicksal und versinkt in Depressionen – obwohl die Ärzte ihm durchaus Hoffnung machen, wieder laufen zu können. Er muss es nur wollen! Doch wofür lohnt es sich zu kämpfen, wenn einen die eigene Verlobte schmählich im Stich lässt, wenn man ein Krüppel ist, mit dem niemand – erst recht keine Frau – etwas anfangen kann?

Nikolas’ Familie hegt die Hoffnung, durch eine intensive Privattherapie auf Schloss Boden endlich Besserung zu erreichen. Tatsächlich scheint Ina, die junge Physiotherapeutin, Nikolas’ Herz zu öffnen. Doch dann erscheint Alexander Graf von Hedenau, bester Freund des Prinzen, auf der Bildfläche – und vom ersten Moment an ist es um ihn und Ina geschehen. Ein unsichtbares Band scheint die beiden wie magisch aneinanderzubinden, eine Kraft, der Prinz Nikolas nichts entgegenzusetzen hat …

Das kleine Café in Blankenese lag ein wenig versteckt im Treppenviertel und galt als Geheimtipp unter den Studenten. Es bot im Sommer von der Terrasse aus einen sensationellen Blick auf die Elbe. Eduard und sie hatten es gleich an ihrem ersten Tag entdeckt, und im Laufe der Zeit war es zu einem ihrer Lieblingsorte geworden. Viele glückliche Stunden hatten sie hier verbracht. So war es nun genau der richtige Ort, Eduard die freudige Nachricht zu überbringen.

Ingeborg Rettler setzte sich mit einem fast schon seligen Lächeln in eine der heimeligen Ecken, die das Café Auszeit kennzeichneten. Sie nahm den voluminösen Schal ab und legte die warme Winterjacke neben sich auf einen Stuhl. Sie war etwas zu früh dran und blickte aus dem kleinen Sprossenfenster. Die Bäume, die davor standen, versperrten ein wenig die Sicht auf den Fluss, doch sah sie es zwischen den laublosen Ästen silbern glitzern. Eduard würde erst in einigen Minuten eintreffen.

Oma Anni, die Besitzerin des Cafés und noch gar nicht so alt, um diesem Attribut gerecht zu werden, trat an ihren Tisch und lächelte sie wissend an.

»Tee, meine Liebe? Und vielleicht eine Nussecke?«

Ingeborg nickte. »Ja, gern.«

Oma Anni mit ihrer weißen, altmodisch bestickten Schürze und den etwas ausladenden Hüften zog sich zurück. Nur wenig später stand der Tee heiß dampfend in einer Kanne auf einem Porzellan-Stövchen vor Ingeborg und verstärkte die ohnehin schon warme, heimelige Atmosphäre.

Die junge Frau goss sich ein, und nachdem ein Schlückchen des heißen Labsals die Kälte dieses Winters vertrieb, bemerkte sie die Zeitschrift, die auf dem Nebentisch irgendjemand vergessen zu haben schien. Sie holte sie sich und sah erst dann, dass es sich um eines der bekannten Klatschblätter handelte, die sie sich für gewöhnlich kategorisch weigerte zu lesen.

Aber heute war ein besonderer Tag, dachte sie und machte eine Ausnahme. Desinteressiert begann sie in dem Hochglanz-Magazin zu blättern, um sich die Wartezeit bis zu Eduards Eintreffen zu vertreiben.

Der Gedanke an ihn brachte ihr Herz noch immer heftig zum Klopfen. Dabei kannten sie sich schon gut ein halbes Jahr. Noch nie in ihrem Leben war sie so glücklich gewesen, hatte nie auch nur im Entferntesten geglaubt, dass man überhaupt so glücklich sein konnte.

Ihre Augen nahmen die bunten Bilder des Klatschmagazins nur verschwommen wahr, während ihre Gedanken in glücklicheren Gefilden schwebten und sich rosarote Zukunftsträume ausmalten. Nach und nach jedoch schälte sich ein Foto heraus und drang in ihr Bewusstsein.

Verblüfft starrte sie auf das Bild, das festlich gekleidete Menschen zeigte, die sich auf einem Gala-Konzert amüsierten, das vor einigen Tagen in München zugunsten eines Kinderhilfswerks gegeben worden war. Dieses große Foto wurde von vielen etwas Kleineren umringt, die explizit besonders prominente Paare abbildeten. Von einem dieser Fotos blickte ihr ein lächelnder Eduard entgegen.

Eduard!

Ingeborg mochte es kaum glauben und doch – es gab keinen Zweifel. Er trug einen maßgeschneiderten Smoking und wirkte so elegant, wie sie ihn noch nie gesehen hatte. Doch er war es! Sein Arm lag um die Schultern einer schönen jungen Frau. Blond und sichtlich hochschwanger!

Ingeborg spürte, wie Fassungslosigkeit sie übermannte, und sie hatte Mühe, den Text unter dem Foto zu lesen: Eduard Graf von Hedenau und seine junge Frau Alexandra, eine geborene Prinzessin von Schöneich, freuen sich auf ihr erstes Kind.

Der wachsende Kloß in Ingeborgs Hals nahm ihr die Luft zum Atmen. Sie rang mit sich, bis schließlich ein leiser aber zutiefst verzweifelter Laut ihre Kehle verließ. Fast augenblicklich stand Oma Anni neben ihr und blickte besorgt in ihr bleiches Gesicht.

»Geht es Ihnen nicht gut, Kindchen?«

»Kann man so sagen«, flüsterte die Studentin.

»Kann ich Ihnen helfen?«

Ingeborg schüttelte den Kopf. »Das wird kaum möglich sein, aber trotzdem, vielen Dank.«

Zögernd zog sich Oma Anni zurück, und es dauerte nur wenige Sekunden bis erneut ein Schatten über Ingeborg fiel.

Eduard Hedenau beugte sich zu ihr hinab und wollte sie mit einem leidenschaftlichen Kuss begrüßen. Doch seine Freundin drehte ihr Gesicht zur Seite, und so trafen seine Lippen nur ihre Wangen. Irritiert setzte er sich auf den Stuhl neben sie.

»Was ist denn los?«, wollte er mit dieser angenehm sonoren Stimme wissen, die stets ihre Seele streichelte. Doch jetzt trieb sie Ingeborg die Tränen in die Augen.

Eduard sah es, und er erschrak. »Um Gottes willen, was ist denn passiert?«

Statt einer Antwort schob Ingeborg ihm die aufgeschlagene Illustrierte hinüber, und er sog scharf den Atem ein, als er das Bild erblickte, das ihr einen solchen Schock versetzt hatte.

»Ingeborg …« Er wollte ihre Hand ergreifen, doch sie entzog sie ihm rasch.

»Du willst mir jetzt nicht erzählen, dass du einen Doppelgänger hast oder ähnlichen Schwachsinn«, fuhr sie ihn an.

»Nein, natürlich nicht!«

»Dann ist es ja gut.« Ein bitterer Zug lag plötzlich auf ihren Lippen und das sonst so glückliche Leuchten in ihren schönen Augen war zu Eis gefroren. Er konnte es ihr nicht verübeln.

»Was war ich für dich?«, wollte sie mit klirrender Stimme wissen. »Eine kleine Bettgeschichte, weil du dich hier in Hamburg so schrecklich gelangweilt hast?«

»Wie kannst du so etwas sagen?« Eduard von Hedenau ergriff ihre sich sträubende Hand und hielt sie fest. »Ich konnte doch nicht ahnen, dass ich hier meiner großen Liebe begegnen würde. Ich war glücklich, als ich herkam, und wollte nur mein Studium beenden, um mich für einen leitenden Posten in der Bank meines Vaters zu qualifizieren. Aber dann bin ich dir begegnet, Ingeborg, und meine wohlgeordnete Welt stand auf einmal Kopf. Ich war nicht imstande, mich gegen meine Gefühle für dich zu wehren, glaub mir das bitte.«

»Hast du es denn versucht?«

»Oh ja«, bekannte er. »Ich liebe meine Frau, und ich hatte nie die Absicht, sie zu betrügen, schon gar nicht, als ich erfuhr, dass sie schwanger ist. Alexandra ist ein wundervoller Mensch. Aber das bist du auch. Ganz anders als sie, aber dennoch …« Für einen kurzen Moment brach ihm die Stimme, und Ingeborg war endlich in der Lage, ihm in die Augen zu sehen.

»Ich liebe dich so unendlich …«

Sie glaubte ihm! Sie sah es in seinen Augen. Er liebte sie wirklich! Genauso sehr wie sie ihn liebte.

Und doch! Was er getan hatte, war unverzeihlich! Er hatte ihr nicht die Wahrheit gesagt. Er hatte ihr alles verschwiegen, ihr nichts über seine Herkunft erzählt, nichts von seinem Adelstitel, nichts von seinem Reichtum und vor allem nichts von seiner Ehe. Er hatte wohl geahnt, dass sie ihn abgewiesen hätte, hätte sie all das gewusst. Nichts war ihm wichtiger gewesen als seine Gefühle für sie. Diesen Gefühlen hatte er sein gesamtes Verantwortungsbewusstsein geopfert. Weil er sie unbedingt haben wollte, hatte er sie bewusst in diese Falle laufen lassen!

Sein Verhalten verletzte die junge Frau zutiefst. Er hatte ihre Gefühle, ihr grenzenloses Vertrauen ausgenutzt. Tiefe Bitterkeit lag in ihrer Stimme, getragen von einem schmerzlichen Entschluss, von dem sie wusste, dass er ihn niemals fassen würde – wohl auch nicht fassen konnte!

»Wie stellst du dir vor, dass es jetzt weitergehen soll? Ich werde nicht deine heimliche Geliebte sein«, machte sie ihm unumwunden klar.

»Aber ich kann meine Frau doch jetzt auch nicht verlassen.« Seine Stimme war nur ein Hauch und bat um Verständnis.

»Nein, das kannst du nicht«, stimmte Ingeborg ihm zu.

Sie sah ihn mit traurigen Augen an, so, als wolle sie seinen Anblick für alle Zeiten in ihr Herz festbrennen. Schließlich erhob sie sich langsam, zog sich ihre warme Winterjacke an, wickelte den Schal um ihren Hals und setzte die Wollmütze auf.

»Ich wünsche dir ein wundervolles Leben, Eduard«, sagte sie leise, und ehe er wusste, wie ihm geschah, verließ sie das kleine Café.

Eduard Graf Hedenau sah ihrem schmalen Rücken nach und hatte das Gefühl, als würde ihn sein Leben verlassen. Von Anfang an war es ihm klar gewesen: Die Zeit mit Ingeborg war nur ein Traum. Ein wunderbarer, unglaublicher Traum von Liebe, Glück und Leidenschaft. Von einem so ganz anderen Leben. Und dieser Traum war nun entflohen. Die Seifenblase seines Glücks war geplatzt. Zu schön war dieser Traum gewesen. Zu unwirklich!

***

Als Ingeborg ins Studentenwohnheim zurückkehrte, lief sie ihrer Kommilitonin Elvira Mannhaupt in die Arme. Sie waren nur flüchtig bekannt und sich nur gelegentlich in verschiedenen Arbeitsgruppen begegnet. Elvira war eine eher stämmige Person, mit dunklen Haaren und einem unbeugsamen Frohsinn. Sie würde sicher einmal eine wunderbar warmherzige Ärztin werden, war Ingeborg überzeugt. Doch ihr selbst stand dieser Weg nun nicht mehr zur Verfügung.

»Hey«, wurde Ingeborg von ihr lachend begrüßt. »Kommst du heute Abend zur Semesterparty? Du kannst auch gern deinen Freund mitbringen.«

»Nein, tut mir leid.« Rasch ging Ingeborg weiter zu den Fahrstühlen und ließ eine verwunderte Kommilitonin zurück.

In ihrem Zimmer angekommen warf sie sich auf ihr Bett. Endlich flossen die Tränen. Und endlich kam der unbändige Zorn.

Wie hatte Eduard ihr das nur antun können? Er hatte sie bewusst in ein offenes Messer laufen lassen! Er hätte nicht zulassen dürfen, dass sie solch tiefe Gefühle für ihn entwickelte.

Jetzt war alles zerbrochen. Ihr Leben lag in Scherben. Das Leben, das noch vor wenigen Minuten so wundervoll ausgesehen hatte. Wie sollte sie unter diesen Umständen ihr Medizinstudium fortsetzen? Das war schlicht unmöglich. Die Zukunft, wie sie sie für sich geplant hatte, war zerbrochen.

Ingeborgs Tränen flossen unaufhörlich und versiegten erst nach und nach, nachdem sie eine Entscheidung getroffen hatte.

Kaum setzte sie sich auf, als auch schon ihr Telefon läutete. Eduards Stimme klang bedrückt, war voller Verständnis, aber auch voller Verzweiflung.

»Verlass mich nicht«, hörte sie ihn sagen. »Wie soll ich ohne dich leben!«

»Ich kann nicht nur an mich denken«, gab Ingeborg ruhig zurück und legte auf.

Nein, sie konnte nicht nur an sich denken, so wie Eduard es getan hatte. Nun nicht mehr! Sein Anruf machte ihr deutlich, dass ihre Entscheidung richtig war. Sie konnte nicht in Hamburg bleiben, wo sie Eduard auf Schritt und Tritt begegnen würde. Ihr Leben gehörte nicht mehr ihm.

Erneut nahm sie den Hörer des Telefons auf und drückte einige der Nummerntasten.

»Mama?«, sagte sie, als am anderen Ende abgenommen wurde. »Kann ich nach Hause kommen?«

Für einen Augenblick blieb es still, dann hörte Ingeborg das tiefe Seufzen ihrer Mutter, in dem das ganze Wissen der Welt lag und vor allem das Wissen um ihre Situation.

»Natürlich kannst du nach Hause kommen, Schatz. Wir schaffen das schon!«

***

Sechsundzwanzig Jahre später

Nikolas Prinz Schulte von Bodenbach starrte seine behandelnde Ärztin entsetzt an.

»Was?«

Er war ein großer, sportlich-schlanker Mann und benötigte die gesamte Länge des Bettes, in dem er lag. Nun richtete er sich auf, und die Sonne, die durch das Fenster fiel, setzte rötliche Flammen in sein dichtes, halblanges kupferfarbenes Haar. Er warf einen skeptischen Blick zu der Frau, die aufrecht und sehr gerade in dem Sessel am Fenster saß und ebenso verblüfft wirkte: seine Mutter.

»Wir können hier in der Reha-Einrichtung wirklich nichts mehr für Sie tun, Hoheit«, erwiderte die Ärztin mitfühlend.

»Mein Sohn ist immer noch auf den Rollstuhl angewiesen«, gab Margarethe Fürstin Schulte von Bodenbach zu bedenken.

Prinz Nikolas lachte sarkastisch. »Na, der wird mir wohl für den Rest meines Lebens erhalten bleiben, Mutter.«

»Durchaus nicht!« Dr. med. Elvira Mannhaupt, Fachärztin für Orthopädie und Direktorin der Rehabilitationseinrichtung, die den Prinzen nach seinem lebensbedrohlichen Unfall behandelte, zog sich nun einen Stuhl heran und setzte sich. »Wie ich Ihnen schon mehrfach versucht habe zu erläutern, sind Ihre Nervenbahnen nicht geschädigt. Sie waren massiv gequetscht, sind aber doch soweit wiederhergestellt. Sie sind natürlich nicht vollkommen genesen, Hoheit. Der Unfall, den Sie überlebt haben, war äußerst schwerwiegend. Es bedarf weiterer intensiver Physiotherapie, am besten kombiniert mit einer Ergotherapie, damit Sie eines Tages wieder laufen können. Aber ich denke, dazu müssen Sie nicht hier in der Klinik bleiben. Die häusliche Umgebung wird Ihnen besser bekommen, davon bin ich überzeugt.«

»Verstehen Sie mich nicht falsch, Doktor Mannhaupt«, ließ sich die Fürstin nun vernehmen. Sie sprach sehr deutlich, mit einer sehr eleganten, weichen Stimme, die vollkommen unaufdringlich wirkte und dennoch nicht verhehlen ließ, dass die Fürstin gewohnt war, sich durchzusetzen. »Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als meinen Sohn nach Hause zu holen. Aber sehen Sie, wir leben in der Nähe eines kleinen Dorfes im Münsterland. Dort gibt es keinen Physiotherapeuten, geschweige denn Ergotherapeuten. Münster ist die nächste größere Stadt und liegt gute sechzig Kilometer entfernt. Für eine tägliche Therapie ist das zu weit, meinen Sie nicht auch?«

Elvira Mannhaupt nickte. »In der Tat. Ich habe mir auch meine Gedanken gemacht, Hoheit …«

»… und sind zu welchem Schluss gekommen?«, wollte Prinz Nikolas sarkastisch wissen.

»Oh, wenn ich recht informiert bin, leben Sie auf Schloss Boden, oder nicht?«

Die Fürstin nickte bestätigend.

»Nun, dort sollte es doch Platz genug für ein eigenes Therapiezimmer geben, nicht wahr? Sie könnten einen Therapeuten einstellen, der sich explizit nur um Sie kümmert, Prinz Nikolas. Das würde den Verlauf Ihrer Heilung wesentlich beschleunigen. Hier können wir das nicht gewährleisten, und ein finanzielles Problem wäre es für Sie und Ihre Familie ja wohl auch nicht …«

Die Fürstin hielt es nicht für angebracht, diesen Punkt zu kommentieren. »Das wäre natürlich eine Möglichkeit«, gab sie zu.

Die Ärztin nickte. »Ich bin überzeugt, dass seine Hoheit zu Hause besser aufgehoben ist. Er hat jetzt fast ein Jahr nur in Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen zugebracht. Wenn er noch länger hierbleibt, würden sich zu allem anderen auch noch Depressionen einstellen, und sein Gesundheitszustand ist jetzt so stabil, dass sich eine Entlassung verantworten lässt …«

»Mag ja sein«, fiel ihr der Prinz ins Wort, der sich mit der Aussicht, nach Hause zurückzukehren, offenbar nicht sonderlich anfreunden konnte. »Aber ich fühle mich wohl hier. Hier habe ich doch alles, was ich brauche. Betreuung rund um die Uhr …«

»Eben«, entgegnete die Ärztin lächelnd und wissend.

»Und wie sollen wir einen geeigneten Therapeuten finden?« Der Prinz triumphierte ein wenig.

»Ich bin überzeugt, dass ich Ihnen da behilflich sein kann«, erwiderte seine Ärztin warm.

»Ach, Sie wollen mir aber nicht Herrn Hartmann auf den Hals hetzen?«, murrte ihr Patient.

»Arbeiten Sie nicht gern mit ihm zusammen?« Die Ärztin schmunzelte.

»Er ist ein ziemlich harter Hund«, bekannte Nikolas.